Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 00:28 - 00:45 Kenneth Lieberthal, China Center, Brookings Institution Unsere Länder sind nicht die besten Freunde. Wir verstehen uns nicht vollkommen. Wir haben unterschiedliche Systeme, Werte und Kulturen und unterschiedliche Wirtschaftssysteme. Aber unsere Länder haben gelernt, miteinander umzugehen. 00:47 – 00:58 Elmar Brok, Europäisches Parlament Ich denke, wir müssen den chinesischen Investitionen bestimmte Grenzen setzen. Sie sind eine Gefahr für die Souveränität und die Sicherheit in Europa. 01:00 - 01:13 Lyle White, China-Experte Gerade was Afrika angeht, gibt es in China einen enormen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Entwicklungs- und Handelsbanken; sie alle wollen ein Stück vom afrikanischen Kuchen abhaben. 01:13 - 01:59 Kommentar China hat sich zu einer Supermacht entwickelt, an der kein Weg mehr vorbei führt. Nach den USA ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft weltweit. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts gehörte China zu den reichsten Ländern der Welt. Heute ist das wieder der Fall: Der Aufstieg von großer Armut zu immer mehr Wohlstand hat nur dreißig Jahre gedauert. China ist zum weltweit führenden Exportland geworden, mit den umfangreichsten Devisenreserven der Welt. China investiert auf allen Kontinenten. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann das Land die stärkste Volkswirtschaft der Welt sein wird. Denn China entwickelt sich unaufhörlich weiter. 01:59 - 02:48 Chen Mingming, Vertreter des Außenministeriums Was in Europa, zum Beispiel in Schweden, vor einhundert oder zweihundert Jahren passiert ist, passiert jetzt in China, allerdings in einem viel größeren Maßstab. Das ist eine zwangsläufige Entwicklung. Es ist das Gesetz des wirtschaftlichen Aufschwungs. Es ist darauf zurück zu führen, dass China die Entwicklungsstufe erreicht hat, auf der die Menschen vom Land in die Städte ziehen. 02:31 In China findet der größte Urbanisierungsprozess statt, den die Welt je gesehen hat. Das wird Chinas Wirtschaftwachstum noch mindestens zwanzig weitere Jahre lang antreiben. 02:52 – 03:30 Kommentar Die Entwicklung zu mehr Wohlstand verschlingt riesige Mengen Energie und andere Ressourcen, die China längst nicht mehr alleine aufbringen kann. China muss große Mengen Energie und Rohstoffe importieren. Das Land finanziert diese Importe mit den Profiten aus der Herstellung und dem Export von Konsumgütern. So ist China zum größten Handelspartner der Europäischen Union und von Ländern in Südostasien und Afrika geworden und zum zweitgrößten Handelspartner Lateinamerikas und der USA. © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 03:33 - 03:45 Kommentar Um sich den Zugang zu Energie und Rohstoffen zu sichern, investiert China in asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern, die reich an Bodenschätzen sind. 03:48 – 04:00 Kommentar Am umfangreichsten sind die Investitionen in Afrika; dort hat China gute Kontakte, seit die afrikanischen Staaten in den 1950er Jahren begannen, sich vom Kolonialismus zu befreien. 04:16 - 04:34 Kommentar Der Flughafen von Maputo, der Hauptstadt von Mozambique, expandiert - ein Beweis dafür, dass das Land mit einer Wachstumsrate von über 10 Prozent zu den sich am schnellsten entwickelnden Ländern der Welt gehört. Ein Wirtschaftswunder, das anzuhalten scheint; allerdings beruht es nicht allein auf den Anstrengungen des Landes selbst. 04:40 – 05:06 Lyle White, China-Experte Chinas Investitionen sind rein geschäftlicher Natur. Das hat nichts mit Nächstenliebe zu tun oder mit irgendeiner Art von Entwicklungspartnerschaft zum Wohle Afrikas. Vielmehr hat es mit Chinas eigenen Bedürfnissen zu tun, dem Wachstum und der Entwicklung im eigenen Land und vielleicht mit zukünftigen Absatzmärkten für chinesische Waren. 05:10 - 05:31 Kommentar Wo Mineralien, Öl oder Kohle abgebaut werden, oder wo die Möglichkeit besteht, ein fruchtbares Stück Land zu übernehmen, da kann man so gut wie sicher sein, auf chinesische Geschäftsinteressen zu stoßen. China hat es auf Afrikas umfangreiche, noch nicht erschlossene, Rohstoffquellen abgesehen. 05:33 - 05:41 Kommentar China treibt heute Handel mit 49 von 54 afrikanischen Staaten und hat sich schnell etabliert. 05:43 – 06:01 Herr Wong Wenn ich Mozambique mit China vergleiche... na ja, der Himmel ist blau. Blauer als bei uns. Die Stimmung ist gut. 06:03 Kommentar Mindestens eine Million Chinesen sind bereits nach Afrika gezogen. In Maputo können neu eingetroffene Geschäftsleute chinesische Milch kaufen, in Läden, die Chinesen gehören. 06:17 Kommentar Die Zusammenarbeit zwischen Mozambique und China hat zu einem enormen Wachstum geführt. © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 Man spricht schon von den afrikanischen „Löwen-Volkswirtschaften“; aber in einem der ärmsten Länder der Welt profitieren die politischen Eliten von dem Aufschwung und nicht die einfachen Leute. 06:47 – 07:17 Luo Haoping, Agraringenieur In dem gesamten Gebiet hier wächst Reis. Ich mag Mozambique. Das Wetter ist sehr gut. Nicht so wie in China. Sogar der Boden und die Sonne sind für den Reis-Anbau sehr gut geeignet. Keine Insekten, keine Krankheiten. Man muss nicht zu viele Chemikalien einsetzen. Der Anbau ist sicher, er gefährdet niemanden. 07:18 - 07:33 Kommentar Seit fünf Jahren entwickelt Luo Haoping neue Anbaumethoden in Mozambique. Reis gehört dort zu den Grundnahrungsmitteln. Das Konzept sieht vor, dass sowohl Kleinbauern als auch chinesische Unternehmen vom Reisanbau profitieren. 07:34 - 07:48 Faruk Lalgy Guirda, Landarbeiter Früher haben wir den Reis importiert. Wenn wir diesen Reis probieren, wissen wir, dass er gut ist. Er schmeckt sehr gut. Sehr frisch. Alle mögen diesen Reis. 07:49 – 08:18 Luo Haoping Die Menschen hier verfügen nicht über die nötige Technik, die Maschinen und die Werkzeuge. Sie sind abhängig von anderen Ländern. Das ist schlecht. Wir sind hier, um ihnen zu zeigen, wie es geht. Wir führen die Technik ein, und stellen ihnen die verschiedenen Sorten vor... Wir zeigen den Leuten hier, wie es funktioniert. Wir helfen ihnen, die Reisproduktion zu steigern. 08:19 - 08:28 Faruk Lalgy Guirda Wir testen jedes Jahr, welche Reissorte zu unserem Klima passt. Bis jetzt läuft es gut; der Verdienst ist gut und der Ertrag auch. 08:28 - 09:50 Lyle White, China-Experte, Gordon Institute of Business, Johannesburg Ob es um Ackerland geht oder den Abbau von Bodenschätzen, diese Länder sind in Sachen Diplomatie unerfahren. Sie halten die Chinesen für die einzig möglichen Investoren. Man sieht das in den sehr jungen Staaten. Der Süd-Sudan ist wahrscheinlich das beste Beispiel, oder vielleicht Nigeria, wo sie nach sehr schnellen Lösungen suchen. Das passiert überall in Afrika. Sie suchen nach Konzepten, um die Entwicklung möglichst schnell voran zu treiben, und genau das kann China anbieten. 09:13 China wird gern als homogene Einheit gesehen, die einen Masterplan für die ganze Welt hat. Besonders in Afrika denkt man so; aber das stimmt nicht unbedingt. Unsere Forschungen legen © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 nahe, dass es keinen Strippenzieher gibt, der anordnet: „Wir erhöhen den Kreditrahmen für dieses Land und verrechnen das mit einem Entwicklungsprojekt in einem anderen Land, auf der anderen Seite des Kontinents.“ In China gibt es einen enormen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Entwicklungs- und Handelsbanken; sie alle wollen ein Stück vom afrikanischen Kuchen abhaben. 09:51 – 10:02 Kommentar In Maputo erinnern Straßennamen daran, dass China die afrikanischen Freiheitsbewegungen in den 1970er und 80er Jahren in ihrem Kampf gegen die westlichen Kolonialmächte aktiv unterstützt hat. 10:03 – 10:25 Kommentar Johannesburg, das Finanzzentrum Afrikas, hat bereits sein Chinatown. Das könnte ein Hinweis auf das sein, was die Zukunft bringen wird. Aber wer ist der Herr und wer der Diener, wenn China in Afrika an Boden gewinnt. Oder wird sich eine gleichberechtigte Partnerschaft entwickeln? 10:30 - 10:43 Lyle White, China-Experte Das Rennen ist eröffnet und die Chinesen liegen in Führung, aber die Brasilianer und die Inder sind ihnen bereits auf den Fersen. Ich denke, der Westen muss das begreifen und sich beeilen. 10:52 – 11:30 Kommentar Während sich Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika weiter entwickeln und konkurrenzfähig werden, steckt der Westen in der Krise. Die EU hat sich China zugewandt. Die Europäische Union ist Chinas größter Exportmarkt und die EU und China sind der jeweils größte Handelspartner des Anderen; es gibt also gemeinsame Interessen und eine gegenseitige Abhängigkeit. Die Chinesen wollen den europäischen Markt für sich erobern, weil es dort internationale Marken wie Volvo und Saab gibt und das technologische Know-how, für das sich China interessiert. 11:31 – 11:44 Kommentar Manche Vertreter der EU sehen die Handelsbeziehungen nicht nur positiv. Zu ihnen gehört auch der deutsche Christdemokrat Elmar Brok, der für die Außenhandelsbeziehungen der EU zur Volksrepublik China zuständig ist. 11:44 – 12:38 Elmar Brok, Vorsitzender, Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Europäisches Parlament Die Beziehung zwischen China und der EU ist eine zwiespältige Beziehung. Wir haben gemeinsame Interessen in wirtschaftlichen Fragen, aber wir haben auch Probleme bei Grundsatzthemen wie Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Es läuft auf die klassische Frage hinaus, wie wir es schaffen, unsere wirtschaftlichen Interessen zu wahren, ohne gleichzeitig unsere Werte zu verraten. Wir machen uns Sorgen, weil wir angesichts dieser Entwicklung gespalten sind. China mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern und seiner wachsenden © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 Wirtschaft. hatte bis Anfang des 20. Jahrhunderts einen Anteil von 30 Prozent an der Weltwirtschaft. Diesen Anteil versucht es heute zurück zu gewinnen. 12:57 - 13:12 Li Wan, Direktor, China Enterprises Strategy Service, Brüssel In den vergangenen zwanzig oder dreißig Jahren sind die chinesischen Unternehmen innerhalb von China gewachsen. Jetzt ist für sie die Zeit gekommen, ins Ausland zu gehen, nach Europa. 13:12 - 13:28 Lan Gao, Vorsitzende, EU-China Culture Center Jetzt, da Europa eine Wirtschaftskrise durchmacht, würde China Europa gerne helfen, diese Krise zu meistern. Von einer schwachen Konjunktur in Europa ist auch China betroffen. 13:31 - 13:54 Kommentar China will der EU helfen, indem es Staatsanleihen kauft und Betriebe, die von der Pleite bedroht sind; allerdings zu seinen eigenen Bedingungen. Als China Staatsanleihen des hoch verschuldeten Griechenland kaufte, war die Bedingung dafür ein Vertrag mit dem griechischen Hafen Piräus, mit einer Laufzeit von 35 Jahren. 13:54 – 15:16 Elmar Brok Der Fall Piräus sollte kein Musterbeispiel für chinesische Investitionen sein, sondern ein Warnsignal. Denn er folgt einer Strategie. China hat eine staatliche Wirtschaft und kann strategische Entscheidungen treffen. Unsere Wirtschaft ist überwiegend in privater Hand; wir können solche strategischen Ziele nicht vorgeben. 14:22 Wir müssen Druck auf China ausüben und wir müssen uns mit den USA verbünden. Wenn China beide Märkte verliert, ist es bankrott. Für China sind das die beiden bedeutendsten Märkte. Absprachen zwischen Amerika und der EU sind also sehr wichtig. Ich denke, wir müssen den chinesischen Investitionen bestimmte Grenzen setzen. Sie sind eine Gefahr für die Souveränität und die Sicherheit in Europa, wo wir sonst keine Chance haben, unsere Wirtschaft selbst voran zu bringen – auch was die Beschäftigungssituation angeht, die Arbeitsplätze. Wir müssen unsere Zukunft weiter selbst bestimmen und dürfen sie nicht für schnelles Geld an China verkaufen. Manchmal haben westliche Politiker nicht genug Mut. Ein Problem ist, dass sie europäische Unternehmen völlig aus den Augen verlieren. Ich denke, das ist der falsche Ansatz. 15:18 - 15:46 Kommentar Ganz unbeachtet von den europäischen Medien hat China den Markt von Lateinamerika erschlossen, das traditionell im Interessenbereich der USA liegt. In kurzer Zeit ist China zum zweitgrößten Handelspartner Lateinamerikas geworden. Für die Chinesen ist Lateinamerika eine Goldgrube, denn dort gibt es Bodenschätze und die nötige Technologie. Die zuständigen US-Behörden sehen keinen Grund zur Besorgnis. Noch nicht. © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 15:46 – 16:22 Kenneth Lieberthal, China Center Brookings Institution, Washington Viele Amerikaner wissen sehr wenig über China. Laut Meinungsumfragen glauben die meisten Amerikaner, die chinesische Wirtschaft sei größer als die US-Wirtschaft, aber sie ist nicht annähernd so groß. Die Amerikaner verstehen nicht, dass das durchschnittliche Pro-KopfBruttoinlandsprodukt in China nur knapp ein Zehntel des US-amerikanischen beträgt. Die meisten denken, dass die verarbeitende Industrie in China riesig ist und in den USA dagegen klein. Tatsächlich ist sie in den USA aber genauso groß wie in China. Bis vor kurzem war sie sogar größer. 16:23 Kommentar Die USA sind der zweitgrößte Handelspartner Chinas und ein großer Investor in der Volksrepublik. China dagegen investiert in den USA nur ein Zehntel so viel, weil die USA Investitionen und Firmenübernahmen unterbinden, mit Hinweis auf nationale Sicherheitsbelange. 16:41 Kommentar Der China-Experte Nicholas Lardy geht allerdings davon aus, dass sich das ändern wird. 16:48 – 17:53 Nicholas Lardy, Peterson Institute, Washington Sie fangen an Unternehmen zu kaufen, aber noch spielt sich das in ganz kleinem Maßstab ab, wenn man vergleicht, welche Beträge Kanada oder Großbritannien in den USA investiert haben. Die chinesischen Investitionen sind dagegen verschwindend gering. Aber wir stehen noch am Anfang. Ich denke, in der Zukunft werden sie wichtiger werden. Nichtsdestoweniger ist China der größte ausländische Inhaber von amerikanischen Staatsanleihen. Es ist wie beim Dealer und beim Süchtigen. Es ist ein Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit. Die USA sind der Süchtige. Wir sind süchtig nach Konsum. Wenn wir es uns nicht mehr leisten können, leihen wir uns im Ausland etwas. China ist der Dealer, der uns mit Geldmitteln versorgt, damit wir unserer Gewohnheit nachgehen können. Beide Seiten sind sich dessen bewusst, auch wenn sie die wechselseitige Abhängigkeit nicht explizit anerkennen. Tatsächlich mäßigt die gegenseitige Abhängigkeit das Verhalten beider Seiten bis zu einem gewissen Grad. 17:56 - 18:11 Kommentar Der französische Kaiser Napoleon soll gesagt haben: „Lasst China schlafen, denn wenn es erwacht, wird es die Welt ins Wanken bringen.“ Aber gibt es einen Grund, einen mehr als zweihundert Jahre alten Ausspruch zu zitieren? 18:12 – 18:29 Bates Gill, Direktor, Friedensforschungsinstitut SIPRI, Stockholm Manche sind der Ansicht, dass eine aufstrebende Macht, die versucht ihre Interessen zu ihren eigenen Bedingungen zu sichern, unausweichlich in Konflikt mit der etablierten Macht geraten muss. Ich glaube nicht, dass das zwangsläufig so sein muss. © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 18:30 - 18:44 Kommentar Bates Gill ist der Leiter des Friedensforschungsinstituts SIPRI in Stockholm. Er leitet ein Forschungsprogramm zur Rolle Chinas beim Thema globale Sicherheit. 18:45 - 18:53 Bates Gill, Direktor, Friedensforschungsinstitut SIPRI Es gibt Unterschiede zwischen dem heutigen China als aufstrebender Macht und dem China, das es in der Vergangenheit gab. 18:55 - 19:28 Kommentar Als Maos Nachfolger Deng Xiaoping anfing, die chinesische Wirtschaft zu reformieren, hatten Industrie, Handel und Landwirtschaft Priorität. Chinas Landesverteidigung, die Volksbefreiungsarmee, musste warten. Vor zwanzig Jahren begann China, seine Armee zu modernisieren; der Verteidigungsetat stieg jedes Jahr um mehr als zehn Prozent. Dennoch beträgt er aktuell weniger als ein Fünftel des amerikanischen Verteidigungsetats. 19:28 - 19:41 Kenneth Lieberthal, China Center Brookings Institution, Washington Die meisten Amerikaner denken, dass das chinesische Militär dem der USA ebenbürtig ist. Aber wahrscheinlich wird es noch dreißig bis vierzig Jahre dauern, ehe das chinesische Militär seinen Rückstand aufgeholt hat. 19:41 - 20:48 Bates Gill, Direktor, Friedensforschungsinstitut SIPRI, Stockholm China bleibt in erster Linie eine Regionalmacht mit potentiellen Territorialkonflikten, wie im Südchinesischen Meer oder mit Japan. Was China in punkto militärische Sicherheit am meisten braucht, sind im Prinzip ein paar Dinge. Erstens muss das Land seine territoriale Integrität sichern. Das bedeutet, es muss Ansprüche wie die bezüglich Taiwan behaupten können. Zweitens sieht China die Notwendigkeit, seinen wirtschaftlichen Erfolg zu verteidigen, das heißt, die wichtigsten Städte an der Ostküste und die Schifffahrt gegen potentielle Bedrohungen zu schützen. Historisch gesehen war China immer eine Landmacht. China hat in seiner Geschichte nie versucht, eine Seemacht zu sein, wie etwa die USA oder Japan. 20:49 – 21:10 Kommentar Die USA haben ihre militärischen Interessen von Europa und vom Mittleren Osten in den pazifischen Raum verlagert. Dort unterhalten die USA seit dem Zweiten Weltkrieg Marinestützpunkte und sie haben Bündnisse mit Süd-Korea, Japan und Taiwan, die sie auf andere Staaten in der Region ausdehnen wollen. 21:10 - 21:50 Bates Gill, Direktor Friedensforschungsinstitut SIPRI © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 Es ist ganz klar: Die Zukunft der Welt, ihr Schwerpunkt, liegt seit einiger Zeit im asiatischpazifischen Raum; das wird unter geopolitischen und weltwirtschaftlichen Gesichtspunkten auch so bleiben. Die USA müssen und werden sich dort weiterhin engagieren, als Wirtschaftsmacht und mit verstärkter diplomatischer, aber auch militärischer Präsenz in der Region. Das ist zum Teil eine Reaktion auf die wachsende Bedeutung Chinas. 21:51 – 22:04 Kommentar China wacht sehr genau über das, was in seinen Hoheitsgewässern geschieht. Neben Tibet und Xinjiang gehört auch die Insel Taiwan zur Interessensphäre der Chinesen. 22:05 - 22:39 Chen Mingming, Vertreter des Außenministeriums Vor allem im asiatisch-pazifischen Raum sind wir auch in Zukunft eng aneinander gebunden. In erster Linie beim Thema Taiwan. Taiwan ist wichtig für die chinesische Nation. Wir streben nach Wiedervereinigung, und wir wollen, dass die Vereinigten Staaten an ihrer sogenannten „Ein-ChinaPolitik“ festhalten. Auf dieser Grundlage entwickeln sich die Beziehungen zwischen den USA und China. 22:40 - 22:57 Kommentar 2012 gab es Säbelrasseln im Südchinesischen Meer. China, Vietnam und die Philippinen stritten über Seegrenzen. Ein bewaffneter Konflikt kann aber nicht im Interesse Chinas sein, so Chen Mingming, der Vertreter des Außenministeriums. 22:58 - 23:48 Chen Mingming Die Wahrscheinlichkeit, dass sich China auf einen bewaffneten Konflikt mit anderen Ländern, noch dazu mit anderen Großmächten, einlässt, liegt meiner Ansicht nach bei Null. Das liegt auf der Hand. Erstens ist die Welt zusammengewachsen. Wir haben eine vernetzte Weltwirtschaft. China und die USA sind aufgrund ihrer wirtschaftlichen Beziehungen voneinander abhängig. Denken sie auch daran, dass sowohl China als auch die USA Nuklearmächte sind. Ein bewaffneter Konflikt zwischen zwei Nuklearmächten, das ist undenkbar. 23:49 – 24:14 Kenneth Lieberthal, China Center, Brookings Institution, Washington Wenn wir in zehn oder fünfzehn Jahren in einen Kalten Krieg mit China hineinschlittern würden, wäre das der Beweis für ein gewaltiges politisches Versagen beider Regierungen. Es ist wichtig, dass die politischen Entscheidungsträger in Peking und Washington darüber nachdenken, wie sich die Chancen für eine bessere Zukunft erhöhen lassen. 24:17 - 25:13 Bates Gill, Direktor, Friedensforschungsinstitut SIPRI, Stockholm, Die größten Bedrohungen für China kommen nicht von außen, sie liegen im Innern des Landes: Die negativen Auswirkungen von Chinas wirtschaftlichem Erfolg wie die Umweltverschmutzung und die © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 sich immer weiter öffnende Einkommensschere, führen zu immer mehr Korruption im chinesischen Beamtenapparat. Diese Auswirkungen stoßen immer größere Teile des chinesischen Volkes vor den Kopf, und zwar nicht nur die Armen und die Entrechteten, sondern auch die Eliten; sogar die fortschrittlichen Mitglieder der Chinesischen Kommunistischen Partei erkennen, dass ernsthafte ökonomische und politische Reformen notwendig sind; andernfalls werden die Probleme in China zunehmen. 25:13 – 25:37 Kommentar Im März 2013 findet ein Regierungswechsel statt: Der alte Staatspräsident wird abgelöst. Die neue Führung wird den Kurs fortsetzen, der in Chinas Fünfjahresplan vorgegeben ist. Nach Jahrzehnten rekordartigen Wirtschaftswachstums, aber auch schwerwiegender Umweltverschmutzung, wird China jetzt seine Produktion umstellen und mehr für den Eigenbedarf produzieren. 25:38 – 26:08 Die Chinesen werden zukünftig mehr Geld ausgeben können und mehr Waren kaufen können. Ihre Arbeits- und Lebensbedingungen werden sich verbessern. Während der Rekordjahre mussten Millionen von armen Arbeitern und Bauern zusehen, wie die wachsende Mittelklasse immer reicher wurde. Eine enorm große und beunruhigende soziale Ungleichheit kennzeichnet die chinesische Gesellschaft; das zeigen auch Hunderttausende von Protesten in der jüngeren Vergangenheit. 26:09 - 26:31 Chi Fulin, Präsident, Chin. Institut für Reform und Entwicklung Unser Ziel ist, den Lebensstandard der Menschen zu verbessern. Es liegt in der Verantwortung der Regierung, den Bedürfnissen der Menschen nach Arbeit, Ausbildung, Gesundheitsvorsorge und Unterkunft besser gerecht zu werden. Die öffentlichen Dienstleistungen müssen besser werden. 26:32 - 26: Kommentar Professor Chi Fulin leitet das „Chinesische Institut für Reform und Entwicklung“, das er vor zwanzig Jahren gegründet hat. 26:41 – 27:13 Chi Fulin, Präsident, Chin. Institut für Reform und Entwicklung Die Einkommensunterschiede sind ziemlich groß. Wir müssen unsere Reformen im Hinblick auf die Einkommensverteilung vorantreiben. Die Einkommen der Menschen müssen deutlich steigen. Politisch gesehen, brauchen die Menschen mehr Freiheit und mehr Möglichkeiten, sich einzubringen. Das strebt China an. 27:13 - 27:32 Kommentar Aber wie viel Freiheit und wie viel Mitbestimmung strebt China an? Wird Chinas vom Kapitalismus inspirierte Wirtschaft das Land zu einer Demokratie im westlichen Sinn führen? Wie wird Chinas © Planet Schule 2014 Filmskript zur Sendung „Die Supermacht“ Sendereihe: China DVD-Signatur Medienzentren: 4685423 Zukunft aussehen? 27:33 – 28:11 Chen Mingming, Vertreter des Außenministeriums China war über zweitausend Jahre lang ein feudalistisches, von Kaisern regiertes, Land. Es war nie eine Demokratie und es ist unrealistisch zu glauben, China werde über Nacht zu einer westlichen Demokratie. Aber China ist offen, an die wertvollen Grundlagen der westlichen Demokratien anzuknüpfen. China wird ein sozialistisches Land sein; das heißt, es wird sich von den politischen Systemen im Westen unterscheiden. Aber China bewegt sich in die richtige Richtung. 28:12 Abspann © Planet Schule 2014