Gudrun WolfgruberKindsein in Wien – Sozialpolitische und psychologische Intentionen der Jugendwohlfahrt zu Beginn des 20. Jahrhunderts Die Bekämpfung des Kinderelends in Wien stellte ein seit der Jahrhundertwende gefordertes Anliegen einer primär privat organisierten Wohltätigkeit dar. Erst im Zuge der Reformpolitik der Ära des „Roten Wien“ (1919-1934) wurden sozialpolitische Maßnahmen, insbesondere der Auf- und Ausbau eines engmaschigen öffentlichen Fürsorgenetzes vollzogen. Einerseits zielten diese Maßnahmen darauf ab, Kindern und Jugendlichen sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen bessere Voraussetzungen für eine physische als auch psychische Entwicklung zu ermöglichen. Gleichzeitig verweisen sie auf dahinter liegende Intentionen: In einer Verschränkung fürsorgerischer Praxis und psychologischer Forschung mit bevölkerungspolitischen Intentionen wurde „die Familie“ zur politischen Kampfzone“, „das Kind“ zum zentralen „Objekt der Wissenschaft“ sowie als Hoffnungsträger einer Vision „neuer Menschen“ zum Politikum. Literaturhinweise: BERNOLD, Monika / ELLMEIER, Andrea / HORNUNG, Ela / GEHMACHER, Johanna / RATZENBÖCK, Gertraud / WIRTHENSOHN, Beate: Familie: Arbeitsplatz oder Ort des Glücks? Historische Schnitte ins Private. Wien 1990. BRAININ, Elisabeth (Hg.): Kindsein in stürmischen Zeiten. Reales Trauma und psychische Bewältigung. Wien 2003. PAWLOWSKY, Verena: Mutter ledig, Vater Staat. Das Gebär- und Findelhaus in Wien 17841910. Wien/Innsbruck 2001. SIEDER, Reinhard: Sozialgeschichte der Familie. Frankfurt/Main 1987. WOLFGRUBER, Gudrun: Messbares Glück? Sozialdemokratische Konzeptionen zu Fürsorge und Familie im Wien der 1920er Jahre. In: L’Homme, Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft, 10. Jg. Heft 2/1999, 277-294. ZWIAUER, Charlotte/ EICHELBERGER, Harald (Hg.): Das Kind ist entdeckt. Erziehungsexperimente im Wien der Zwischenkriegszeit. Wien 2001. Kurzbiografie: Historikerin, freie Wissenschafterin, Forschungsschwerpunkte und Publikationen: Fragen der Gender Studies, Geschichte der Theorie und Praxis der Fürsorge und Sozialarbeit, insbesondere der Kinder- und Jugendwohlfahrt; wohlfahrtsstaatlichen Entwicklungen, Reproduktionspolitiken (Sozial- und Familienpolitik), Geschichte der Psychoanalyse, etc. Berufliche Tätigkeiten: u.a. wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forum Politische Bildung, in der Stiftung Kreisky Archiv, am FH-campus wien/ Abteilung Sozialarbeit (Forschung und Lehre), von 1999 – 2006 Mitarbeiterin in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, 2007: wissenschaftliche Mitarbeit am Museum für Angewandte Kunst in Wien: Ausstellungsprojekt: „Spitzen und so weiter ... Die Sammlung Bertha Pappenheims im MAK“, derzeit Lektorin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien und Fertigstellung des Doktoratsstudium an der Universität Wien, Titel der Dissertation: Zwischen Auftrag und „Eigensinn“: Gedächtnis- und Erinnerungskultur von Fürsorgerinnen und SozialarbeiterInnen in der Wiener Jugendwohlfahrt (1921-1998); Theodor-Körner-Förderpreis 2008.