DER PREIS DER FREIHEIT ZUR POLITISCHEN ÖKONOMIE VON ZENSUR Ein Symposium 23. – 25. Februar 2001 Unmittelbarer Anlass für diese Veranstaltung ist die nun höchstgerichtlich zu Gunsten des ehemaligen FPÖ-Generalsekretärs Walter Meischberger entschiedene Klage gegen die Secession wegen eines Bildes von Otto Mühl, auf welchem er sich – neben anderen Personen – in sexualisierter Pose ausgestellt sah. Das Bild war in der Jubliäumsausstellung »Das Jahrhundert der künstlerischen Freiheit« 1998 gezeigt worden und damals vom »Pornojäger« Martin Humer mit Farbe überschüttet (»vernitscht«) worden. Obwohl es zuletzt nur mehr um Verfahrensfragen ging, ist damit auch der Grundsatz Persönlichkeitsrecht vor Freiheit der Kunst bestätigt worden. Abgesehen von der juristischen Seite der Argumentation – die insofern problematisch ist, da sie auf jede Form von Satire und Polemik anwendbar ist – geht es aber im derzeitigen politischen Kontext um eine gezielte Einschüchterungspolitik, die mit juristischen und ökonomischen Mitteln zu erreichen versucht, was mit direkter Zensur (noch) nicht machbar ist: die Einschränkung von Öffentlichkeit und das Abstecken von Feldern der politischen Auseinandersetzung um damit eine Diskurshegemonie von rechts zu erringen. Die politische Regulation von Öffentlichkeit ist allerdings nur mehr sehr schwer mit einer eindeutigen moralischen Bestimmung des Begriffspaars »böse« Zensur versus »gute« Freiheit der Meinungsäußerung zu fassen. Gerade die Auseinandersetzungen um Pornografie und rechtsradikale Agitation im Internet haben deutlich gemacht, wie sehr sich die politischen »Vorzeichen« von Freiheit und Unterdrückung geändert haben und dass diese Begriffe nicht unabhängig von politischen Inhalten zu diskutieren sind. So sind z.B. die großen revisionistischen Debatten der letzten beiden Jahrzehnte, die die Neue Rechte losgetreten hatte, stets gegen eine »Zensur« durch eine angeblich linksliberale, 68er dominierte Öffentlichkeit vorgetragen worden. Im Namen welcher Freiheit und Wahrheit geht es also gegen welche Unterdrückung? Nicht nur das Erbe der »sexuellen Befreiung« hat zwiespältige Gefühle hinterlassen. Was bedeutet die Freiheit der bezüglich ihrer Inhalte indifferenten bis politisch konfusen elektronischen Netzwerke? Wie hängen zunehmende ökonomische Deregulierung und politische Regulierung, d.h. Gängelung zusammen? Worin besteht generell der Unterschied zwischen Sprechen und Handeln, zwischen einem Bild und einer Tat? Wie lassen sich Sprechpositionen, d.h. der jeweilige gesellschaftliche Ort einer Aussage, in Rechnung stellen? Und was taugt die künstlerische Freiheit auch noch nach »ihrem« Jahrhundert? Es herrscht also enormer Diskussionsbedarf. Die Veranstaltung will nicht in ein empörtes ZensurGeschrei einstimmen, vielmehr die Verwicklungen und Zusammenhänge zwischen Freiheitsansprüchen und Verbotshandlungen, von Wahrheitsregimen und Sichtbarkeitspolitiken im Kontext der zügigen »Erosion« ehemals als links codierter Begrifflichkeiten ansprechen. So wie sich die Auschwitzleugner und Kinderpornografen auf »Freiheit« berufen, bezieht sich die rassistische Argumentation heute mehr auf »Kultur« als auf Biologie. Kulturelle Praktiken und ästhetischer Widerstand erleben sich demgegenüber vielfach geschichts- und begriffslos. Um praktische Handlungsoptionen jenseits moralischer Empörung zu reflektieren und voranzutreiben wird am ersten Abend des Symposiums der konkrete Anlass im Kontext rechter KulturkampfPolitiken rekonstruiert, am 2. Tag soll es darum gehen, wie Kultur in den nationalen Strategien der unterschiedlichen politischen Lager funktionalisiert wird, und welche Schwierigkeiten sich daraus in den konkreten Verhältnissen zwischen Kunst und Staat ergeben. Am 3. Tag werden die Positionierungen von Individuen und Gruppen (wie z.B. Künstlerlnnen) zwischen bzw. jenseits von Boykott und Normalisierung nach einem Jahr Schwarz-Blau zur Debatte stehen. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Bärbel Holaus und Kathrin Rhomberg, Tel. +43 1 587 53 07-10, Fax. +43 1 587 53 07 –34