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Referat Audience Studies
Fiske, John/Dawson, Robert: Audiencing Violence: Watching Homeless Men Watch Die
Hard. In: Hay, James/Grossberg, Lawrence/Wartella, Helen (eds.): The Audience and its
Landscape. Boulder, COL & London: Westview Press 1996, S. 297-316
In diesem Text wird eine ethnografische Studie über obdachlose Männer vorgestellt, die sich
den Hollywood Actionfilm “Die Hard” ansehen. Ein wichtiger Aspekt bei den cultural studies
ist, dass während des Konsums von Massenkultur ein Prozess im Aufnehmenden stattfindet.
Das bedeutet, dass je nach sozialer Position in der Gesellschaft Menschen unterschiedliche
Bedeutungen von zB Filmen generieren. Die Autoren bezeichnen diesen „Prozess, durch den
das Publikum selektiv Bedeutungen und Vergnügen produziert“ als „audiencing“. Der Text
möchte nun diese Theorie im Bezug auf die persönliche Situation der Obdachlosen anwenden.
Durch ihren Status als extreme Außenseiter, die sich eine kulturelles Massenprodukt, das eben
auch auf die Mehrheit zugeschnitten ist, ansehen, ergeben sie ein interessantes Objekt der
Analyse. Daraus folgend wird auch das mögliche Gefahrenpotential von TV-Gewalt für die
Gesellschaft und die Art wie im Moment in manchen Ländern damit umgegangen wird
(Zensur), analysiert.
Der Text ist sehr klar gegliedert: Zuerst wird die Situation der Obdachlosen geschildert, und
wie diese in Zusammenhang gebracht werden kann mit gesellschaftlichen Veränderungen und
Politik. Darauf folgt eine Analyse der Beobachtungen während des Filmschauens. Es wird
auch erklärt, welchen Zweck Gewalt im Fernsehen haben kann, und wieso sie so populär ist.
Das geht direkt über in die Kritik der Zensur, deren Wirkung laut Autoren mit Hilfe der
Audience Studies ad absurdum geführt werden kann, da weder die Produktion von Kultur
noch soziales Verhalten kontrolliert werden können. Ein großer Teil des Texts schließlich
widmet sich den verschiedenen theoretischen Schulen und ihren Problemen. Dabei wird zum
Beispiel auch über die Schwierigkeiten ethnografischer Studien reflektiert.
Hintergrund der Männer:
Männer ohne Zuhause, Job, Familie; völlig außerhalb der Gesellschaft („keine Klasse“, keine
gesellschaftliche Sicherheit und „Belohnungen“); um Almosen zu erhalten (das heißt, um in
einer von einer Kirche betriebenen Obdachlosenherberge sein zu dürfen) müssen sie sich an
Regeln soziokultureller Mittelklasse-Normen anpassen; so werden sie zusätzlich noch ihrer
Identität beraubt; diese Regeln in der Herberge zu unterwandern hilft daher ihnen es zu einer
Art Zuhause zu machen; (diese Art von Resistenz gegen die Norm ist eigentlich die
Grundessenz der gesamten Analyse)
öffentliche Meinung, dass Obdachlose nicht benachteiligt sind, sondern charakterschwach und
inkompetent; daher können sie den „american way of life“ nicht leben; nur die Starken
kommen durch etc (benötigen Kontrolle in Form von Zensur)
die Umgebung der Männer erfährt eine ebenso genaue Analyse wie das Filmschauen an sich
(auch um die Interpretation des Filmschauens zu fundieren)
Filminhalt:
Filmhandlung: Held=Polizist, seine Ex-Frau arbeitet in einer großen Firma, Terroristen
überfallen diese und töten den Vorsitzenden, Held kämpft allein gegen Terroristen, weil er
von der Polizei keine Unterstützung bekommt, schlussendlich das Happy End mit der er auch
seine Frau zurückgewinnt
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Männlichkeit:
Gewalt in der Filmhandlung wird immer mit Macht assoziiert;
Machtstrukturen können durch Gewalt umgeworfen werden; mit Hilfe von Gewalt kämpfen
Gruppen ohne und solche mit sozialen Ressourcen und die Macht (kein unterschied mehr)
Männlichkeit: der männliche Körper unter Schmerzen (Körper des Helden – völlig
zerschunden); Macht der großen Firma; organisierte Macht der Terroristen; Kämpfe und
Gewalt;
Macht = Dominanz = Männlichkeit
Frauen – ebenfalls Unterdrücker der Männlichkeit? (nehmen Jobs weg...)
Weitergabe der Unterdrückung von Männern an Frauen
Obdachlose zeigen ihre Einstellung pro Gewalt, die sich gegen die etablierte soziale Ordnung
richtet; Begeisterung für sinnlose Zerstörung und Tod;
„Es kann gut sein, dass solche phantastischen Erfahrungen diesen Männern eine der wenigen
letzten Möglichkeiten bieten, um ihre Identität und Verschiedenheit von der sozialen
Ordnung, die sie systematisch ihrer Identität und ihres Selbstbewusstseins beraubt, zu
bestätigen (und aufzuwerten?)...“
„unsere Studie legt nahe, dass die Nutzung von Medien soziale Bedürfnisse (Widerstand und
Feinseligkeit gegen die Formen der Unterdrückung) artikuliert und klar macht, aber sie nicht
befriedigt.“ (Gegensatz zur „gratification theory“)
gleichzeitig Akzeptanz und Widerstand? (wie bei Audience Studies zu Frauen)
Gewalt und soziale Faktoren:
Gewalt – Fernsehen: nicht deterministisch (Ursache – Effekt), sondern Summe von Faktoren:
Popularität von dargestellter Gewalt, Begehen von realer Gewalt in der Gesellschaft und die
momentanen Konditionen des US Kapitalismus;
Zusammenhang zwischen „Reaganomics“, als Sozialleistungen gestrichen wurden und
vermehrte Produktion von Actionfilmen in den 1980ern
„Gewalt ist ein Eingreifen/Teilnehmen in die sozialen Beziehungen, nicht ein Ausdruck eines
unkontrollierten animalischen Instinktes für Aggression.“
Gewalt wird immer wieder beschrieben als Ausdruck der an den Rand gedrängten, die einzig
mit Hilfe ihres Körpers (dem einzigen Besitz sozusagen) in die Machtverhältnisse eingreifen
können
der Held ist nur so lange bei den obdachlosen Männern beliebt, als er mit Hilfe von Gewalt
die Macht erlangen will; je mehr er mit der Polizei assoziiert wird, desto unbeliebter wird er;
Filme mit Gewalt sind laut Studien besonders populär bei sozial unterdrückten Männern aus
den Unterschichten
Ethnie, Klasse, Alter, Nationalität in Zusammenhang mit Macht und Entmächtigung als
wichtige Faktoren
Norm: Held = weiß, Mittelklasse/ohne Klasse, männlich, am körperlichen Höhepunkt;
Feind = Außenseiter
„Symbolische Gewalt ist die konkrete Performanz von sozialer Ungleichkeit“
Die Hard ist bei den obdachlosen Männern sehr beliebt, weil im Film die Schwachen gegen
die Starken kämpfen und auch Teilsiege erlangen, zB Terroristen gegen große Firma, der
Held alleine gegen die Terroristen, der schwarze Polizist gegen seinen weißen Chef
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Zensur und Kontrolle:
„...die Missbilligung von Gewalt in Bildern kommt zum Großteil von den sozial bevorzugten,
und der Versuch der Zensur ist häufig Teil des Prozesses der sozialen Domination.“
“top-down understanding“ (obdachlose zb müssen bevormundet und kontrolliert werden)
Zensur= Mittel der Unterdrückung der sozial benachteiligten
Vorschlag der Autoren, nicht Filme in denen die Gewalt der Unterdrückten gezeigt wird, zu
zensieren, sondern solche, in denen Unterdrückung artikuliert wird (zB Sexismus, Rassismus)
Problem, dass Action-Filme mit hohem Beliebtheitsgrad bei Männern der Unterschicht
sexistische/rassistische Codes enthalten
Zensur zugrunde liegende Theorie ist monokausal: dargestellte Gewalt erzeugt reale Gewalt
(Studien werden von Regierungen und sozialen Lobby-Gruppen finanziert, die daher die
sozialen Bedingungen und damit die Gründe für die große Beliebtheit von Gewalt im
Fernsehen ignorieren)
theoretischer Ansatz im Text: “welche potentielle bedeutungen werden von welchem
publikum unter welchen bedingungen generiert?”
Das Anschauen eines Films ist ebenso produktiv wie dessen Produktion
Vorgangsweise und Probleme:
daten von ethnographen können nie vollständig natürlich sein; (da die präsenz des
wissenschafters die antworten beeinflusst)
es wurde versucht, eine möglichst natürliche Situation zu schaffen, indem Robert Dawson
über 3 Monate zwei Mal die Woche die Obdachlosen besuchte um mit ihnen eine Beziehung
aufzubauen; direkte Aufzeichnungen wurden keine gemacht, da dadurch Misstrauen erregt
wurde;
 versuch, unterschiedliche daten miteinander in verbindung zu bringen: zb aussagen
gegenüber dem interviewer, analyse der umgebung, beobachtetes verhalten
auch die auswahl der daten basiert auf einer gewissen vorgefassten meinung des
wissenschaftlers in bezug auf theorie und politik (im text starke konzentration auf die
politische situation)
daher „muss der diskurs als teil des interpretationsprozesses erkannt werden“
trotzdem: „kein/e ethnograph/in wird annehmen, dass seine/ihre analysen von anderen
wiederholbar sind“
empirische daten aber können theoretische auffassungen herausfordern und zu neuen theorien
führen
„durch das systematische der kulturellen praktiken können wir die strukturellen mächte, die
die soziale ordnung formen, generalisieren“
das publikum ist eine verbindungen zwischen den einzelnen stellen, in denen die bedeutungen
der obdachlosigkeit zutage treten (zb in politik, religiöse institutionen, medien,
wohltätigskeitsorgansationen, die obdachlosen selbst); es ist die aufgabe der analyse, diese
(teilweise unsichtbaren) verbindungen in eine theoretische beziehung zu bringen; und zwar
mit hilfe empirischer als auch theoretischer analyse (zusammengefasstes zitat)
dieses systematische (linguistische) modell ist deswegen dem statistischen vorzuziehen, weil
es nicht das normale betont, sondern das spezifische, abnormale, und die beziehungen
zwischen den einzelnen kulturellen praktiken untersucht, ohne anspruch auf statistische
repräsentativität oder voraussagen
spezifische soziale praktiken als semiotische zeichen verstehen
die entstehung von bedeutungen ist ein wichtiger und fragiler prozess in einer
demokratischen, freien marktgesellschaft; es ist die bemühung der autoren, diesen für die von
diesem prozess ausgeschlossen (hier: die obdachlosen) zum guten zu beeinflussen
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im gegensatz zur theorie der frankfurter schule, in der kapitalismus massenkultur erzeugt, die
die massen beeinflussen soll, stehen die medien in diesem text in beziehung zu den kulturellen
bedürfnissen der menschen, die wiederum von ihren sozialen bedingungen abhängen; eben
davon ist ihr finanzieller erfolg bestimmt;
dieser text hat meiner meinung nach einen hohen politischen anspruch; (obdachlosigkeit als
strukturelles, nicht individuelles problem) die audience studies werden hier verwendet, um die
situation und sichtweise der unterdrückten einer gesellschaft durch die analyse ihrer
fernsehgewohnheiten darzustellen und dadurch verschiedene soziale mechanismen
aufzuzeigen und auch zu beeinflussen; gleichzeitig wird klar, dass zensur obsolet ist, solange
die gesellschaftlichen strukturen unverändert bleiben;
daher ist diese studie ein sehr gutes beispiel für audience studies
„das ziel unserer studie war, zu verstehen, was „audiencing“ mit der unmittelbaren sozialen
situation der Zuschauer zu tun hatte und um zu zeigen, wie diese sozialen konditionen zu den
makrostrukturellen kräften von politik und wirtschaft verbunden sind“
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