41 C-15/SSC/5a INTERNATIONALE TRANSPORTARBEITER-FÖDERATION 41. Kongress Durban, 2. - 9. August 2006 SEKTIONSKONFERENZ DER SEELEUTE Punkt 5a) der Tagesordnung: ORIENTIERUNGSRAHMEN FÜR EINE GENERELLE ITF-KABOTAGEPOLITIK 1. Der Entwurf eines Orientierungsrahmens für eine generelle ITF-Kabotagepolitik (vergl. Anhang 1 ) wurde von einer kleinen Arbeitsgruppe erstellt, die im Rahmen der Sitzung der Sonderarbeitsgruppe Sicherung der Qualifikationsbasis im maritimen Sektor 2005 tagte. Der Entwurf des Orientierungsrahmens ist als Hilfestellung für die Erarbeitung eines Grundsatzpapiers zur Kabotagepolitik gedacht, und hat selbst nicht den Status einer solchen Politik. 2. Die Erstellung eines Grundsatzpapiers zur Kabotagepolitik erwies sich als schwieriges Unterfangen, denn in der Frage der regionalen Kabotage gehen die Meinungen weit auseinander, da dieses Konzept für Länder, in denen nationale Kabotageregelungen gelten, erhebliche Probleme mit sich bringen könnte. Außerdem könnten die Unterschiede bei Bezahlung und Beschäftigungsbedingungen in den einzelnen Ländern einer regionalen Wirtschaftsgemeinschaft zu unlauterem Wettbewerb führen. 3. Ein Grundsatzpapier zur generellen ITF-Kabotagepolitik sollte nach Möglichkeit von allen Regionalausschüssen der Seeleutesektion genehmigt und auf der nächsten Sektionskonferenz der Seeleute verabschiedet werden. Erbetene Maßnahmen 4. Die Teilnehmer/innen an der Konferenz sind um Beratung über den Orientierungsrahmen als Hilfestellung für die Erarbeitung einer generellen Grundsatzerklärung durch die Sonderarbeitsgruppe gebeten. 41 C-15/SSC/5a - Seite 2 - 842/JPW/sh/IK/kb Anhang 1 zu Dok. 41 C-15/SSC/5a ORIENTIERUNGSRAHMEN FÜR EINE GRUNDSATZERKLÄRUNG ZUR GENERELLEN ITF-KABOTAGEPOLITIK Vorbemerkung 1. Die ITF befürwortet die Beibehaltung und Ausweitung von Kabotagediensten auf nationaler ebenso wie regionaler Ebene und erkennt die Bedeutung derartiger Regelungen für die Gewährleistung nachhaltiger, langfristiger Beschäftigungsmöglichkeiten für Seeleute an Bord von Schiffen, die regelmäßig innerhalb eines bestimmten Landes bzw. einer bestimmten Region verkehren. 2. Kabotage ist für Schiffe unter der nationalen Flagge der betreffenden Länder zu reservieren. 3. Die ITF ist der Überzeugung, dass Kabotage zur Unterstützung von Beschäftigungs- und Ausbildungsangeboten für einheimische Seeleute genutzt werden und von daher ein wichtiges Instrument zur Verjüngung und Weiterentwicklung der Qualifikationsbasis einer Nation im maritimen Sektor darstellen kann. Kurz gesagt: Nach Überzeugung der ITF können Regierungen mit Hilfe der Kabotage Fehlentwicklungen des Marktes entgegenwirken und dafür Sorge tragen, dass unverzichtbare maritime Qualifikationen und Kenntnisse im Flaggenstaat erhalten bleiben. 4. Es sei vorangestellt, dass dieser Orientierungsrahmen keineswegs eine Abweichung von den generellen, etablierten politischen Grundsätzen der ITF im Hinblick auf Mindestnormen für Handelsschiffe (die "Politik von Delhi") darstellen sollen. Der vorliegende Orientierungsrahmen sollte daher nicht genutzt werden, um die geltenden globalen Normen für Schiffe, die in nationalen oder Billigflaggenregistern registriert und im internationalen bzw. Punkt-zu-Punkt-Verkehr eingesetzt sind, zu untergraben. Ziele 5. Dieser Orientierungsrahmen soll den Einsatz von Schiffen unter Nationalflagge im Kabotageverkehr und die Beschäftigung einheimischer Seeleute an Bord dieser Schiffe auch in Zukunft sichern. Die ITF lehnt den Einsatz von Schiffen unter Billigflagge und Zweitregisterschiffen1 zu Kabotagediensten ab. 6. Bei der Erarbeitung einer Grundsatzerklärung zur generellen ITF-Kabotagepolitik ist in angemessener Form zu berücksichtigen, welche Verkehre von einer oder mehreren der ITF angeschlossenen Seeleutegewerkschaft(en) zu Kabotagediensten erklärt wurden. 7. In Sinne dieses Orientierungsrahmens sollte gewerkschaftliche Kabotage von der ITF gutgeheißen werden; nähere Informationen sind auf der ITF-Webseite im Internet zu veröffentlichen. Anmerkung: 1 Definition vergl. "Von Oslo nach Delhi", Abs. 86 und 87 Anhang 1 zu Dok. 41 C-15/SSC/5a - Seite 2 - Definitionen 8. Im Kontext dieses Orientierungsrahmens ist Kabotage wie folgt definiert: 9. Das ausschließliche Recht eines Landes, Beförderungsdienste im Güter- und Personenverkehr zwischen den Häfen des betreffenden Landes für Schiffe unter seiner eigenen Nationalflagge zu reservieren. 10. Nationale Kabotage geht auf die politische Entscheidung einer Regierung zur Regulierung des Verkehrs zwischen einheimischen Häfen zurück. Regionale Kabotage basiert in der Regel auf einer politischen Entscheidung mehrerer Regierungen, die den Verkehr zwischen den Häfen verschiedener Länder in der betreffenden Region reguliert. 11. Wo Regierungen Absprachen über regionale Kabotage treffen, sollte dies in keiner Weise den Status vorhandener nationaler Kabotageregelungen beeinträchtigen. 12. Wo es keine nationalen bzw. regionalen Kabotageregelungen gibt, erzwingen ITFSeeleutegewerkschaften gelegentlich gewerkschaftliche Kabotage, die definiert ist als eine Absprache oder Vereinbarung zwischen nationalen Seeleutegewerkschaften über annehmbare Sozialnormen für Schiffe, die zwischen Häfen in ihrem Land bzw. ihren Ländern verkehren. Annehmbare Normen 13. Zu Kabotagediensten eingesetzte Schiffe sollten, vorbehaltlich der Zustimmung der Seeleutegewerkschaften in dem Land bzw. den Ländern, in dem/denen die betreffenden Kabotagedienste erbracht werden, die Normen der ITF-Politik erfüllen. Kontrolle/Verfahren/Schlichtung 14. Die generelle ITF-Kabotagepolitik sollte die Aspekte Kontrolle, Verfahren und Schlichtung regeln. Schlussbemerkungen 15. Der Erhalt und Ausbau von Beschäftigungsmöglichkeiten für einheimische Seeleute ist für die ITF und die ihr angeschlossenen Seeleutegewerkschaften eine vorrangige Aufgabe. 16. Die ITF ist der Überzeugung, dass Kabotagedienste, ob diese auf Regierungsbeschluss oder aufgrund gewerkschaftlicher Maßnahmen eingerichtet wurden, für Schiffe unter nationaler Flagge reserviert sein sollten. 17. Die künftige generelle ITF-Kabotagepolitik muss die Unterstützung aller der ITF angeschlossenen Seeleutegewerkschaften genießen und sollte daher auf den Sitzungen aller Anhang 1 zu Dok. 41 C-15/SSC/5a - Seite 3 Regionalausschüsse zur Diskussion gestellt und und einer Prüfung unterzogen werden. Das ITF-Sekretariat sollte die angeschlossenen Gewerkschaften bei ihren Bemühungen um Erarbeitung nationaler oder regionaler Strategien zur Bereitstellung von Beschäftigungsmöglichkeiten für ihre Mitglieder unterstützen. Empfehlungen 18. Es wird empfohlen, dass die ITF in Einklang mit diesem Orientierungsrahmen eine generelle ITF-Kabotagepolitik erarbeiten sollte. Die Sonderarbeitsgruppe ist der festen Überzeugung, dass diese Orientierungsrahmen im Rahmen des 41. ITF-Kongresses 2006 in Durban (Südafrika) diskutiert und genehmigt werden sollten. 19. Die künftige generelle ITF-Kabotagepolitik sollte von allen Regionalausschüssen sowie der Sektionskonferenz der Seeleute 2008 genehmigt werden. 1. Dezember 2005 Übers.: IK/kb