Fachhochschule Dortmund University of Applied Sciences and Arts Bordnetze im Studiengang Fahrzeug und Verkehrstechnik Vorlesung Prof. Dr.-Ing. Gerhard Babiel 2011 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 2 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Vorwort Die Hilfsblätter zur Vorlesung bilden eine Sammlung der Themen die in der Vorlesung behandelt werden. Ein Großteil der Texte ist durch Paste und Copy aus Wikipedia und anderen Internetquellen entstanden. Die Quellenangaben sind noch nicht vollständig. Die kopierten Stellen sind am Schriftsatz Times New Roman zu erkennen. Die Hilfsblätter sind nicht zur Weiterverbreitung zu verwenden und dienen nur der Lehre in der Vorlesung Bordnetze. 3 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Vorlesungsinhalt 1. Einführung Bordnetzstrukturen 2. Kabel 2.1 2.2 2.3 und Leiter Leiter- und Isolationswerkstoffe Konstruktive Merkmale Isolationswerkstoffe 3. Verbindungstechnik 3.1 Löten 3.2 Crimpen 3.3 Schweißen 4. Hochfrequenzleitungen 4.1 Leitungstypen 4.2.Die Wellenausbreitung auf Leitungen (Leitungsgleichungen) 4.3 Vereinfachungen für verlustfreie Leitungen 5. Komplexe Wärmerechnung 5.1 Allgemeines zur Wärmeausbreitung 5.1.1 Wärmeleitung 5.1.2 Konvektion 5.1.3 Strahlung 5.2 Lineare Vorgänge und Grundgrößen 5.2.1 Definition des Wärmestroms und des Wärmewiderstands 5.2.2 Stationäre Wärmeströme 5.2.3 Dynamische Wärmeströme 5.2.4 Anwendung der Systemtheorie 5.2.5 Lösung für ein RC-Glied 5.2.6 Lösung für hintereinander geschaltete RC-Glieder 5.3 Nichtlineare Dynamische Lösungen 5.3.1 Der Strahlungswiderstand 5.3.2 Zeitabhängige komplexe Wärmewiderstände 5.4 Lösungsbeispiele dynamischer Vorgänge 5.4.1 BUZ 100 auf einem Kühlkörper 5.4.2 Super-MOSFET Modul 5.4.3 Erwärmung und Auslösezeit einer Schmelzsicherung 5.4.4 Temperaturverlauf in einem Warmwasserspeicher 4 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 6. Sicherungen 4.1 Schmelzsicherungen 4.2 Pyrotechnische Sicherungen 7. Schalter 4.1 Mechanische Schalter 4.2 Relais 4.3 Halbleiterschalter 4.4 EMV und Schutzelemente 8. Bordnetzstrukturen 5.1 Konventionelle Bordnetze 5.2 Intelligentes Powermanagement 5.2 Fehlererkennung 9. Spezialleitungen 6.1 LKW 6.2 Flugzeuge 6.3 Bahnen 6.4 Schiffe 10. Prüftechnik 5 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 1 Einführung Bordnetzstrukturen 1.1 Einleitung Im Bordnetz werden sowohl elektrische Energie sowie Informationen transportiert. Vergleicht man ein Fahrzeug mit einem menschlichen Körper, so sind die Kabel die Blutbahnen und Nervenstränge gleichermaßen. Das Bordnetz besteht physikalisch aus dem Kabelsatz bzw. aus mehreren Teilkabelsätzen. In den Kabelsätzen (KS) moderner PKWs werden einige Kilometer an Kabeln und Leitungen verbaut, einige tausend Kontaktstellen sind verbunden, gewichtsmäßig liegt man im Bereich von 50kg. Die Bedeutung des Kabelsatzes kann man auch an seinem Preis ermessen. Es ist das teuerste Zukaufteil für PKWs (auch teurer als z.B. der Motorblock). Daher wird der KS-Entwickler mit hohem Aufwand daran arbeiten Gewicht und Kosten einzusparen und er muss bestrebt sein, dies mit stetig wachsenden Qualitätsanstrengungen zu tun. Hat z. B. ein KS 2000 elektrische Kontakte und dieser würde mit einer Fehlerquote von 0,5‰ für die Kontaktierungen produziert, so wäre jeder KS praktisch fehlerhaft. Nur Fehlerraten im Bereich unter Eins zu einer Million sind akzeptabel. Kapitel 8 ist deshalb der KS-Prüftechnik gewidmet. Der Einsatz von Mikroprozessoren und Halbleitern erfordert eine EMV-feste Konstruktion im Bordnetz und den dazugehörigen Leitungen. Die EMV wird in diesem Buch dort wo es erforderlich angesprochen bzw. es wird auf die DIN 40 839 verwiesen. 1.2 Von der einfachen Verdrahtung zum smarten KS-Design 1.2.1 Fondbeleuchtung Beginnen wir mit dem Beispiel der Fondbeleuchtung. Der Fahrgast auf der Rückbank kann über einen Schalter an der Lampe die Fondbeleuchtung einschalten. Informationsgeber ist dabei der Schalter, die Energie wird aus der Batterie entnommen. 6 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Information + Energie Bild 1.2-1 Fondbeleuchtung Energie-und Informationsfluss Die einfachste schaltungstechnische Lösung zeigt die nächste Abbildung, damit keine Brände durch Kurzschlüsse entstehen können, ist noch eine Sicherung eingefügt. Als Rückleiter kann die Karosserie benutzt werden. + - Bild 1.2-2 Fondbeleuchtung Verdrahtung In einem Schaltplan verwendet man folgende Symbole: Bild 1.2-3 Fondbeleuchtung Schaltplan Eine wichtige Einsparung ist die Verwendung der Karosserie als Rückleiter, im Schaltplan verwendet man dafür das Massesymbol ┴ . Für störempfindliche Bus-, Hochfrequenz- oder Audioleitungen darf der Rückleiter nicht über die Karosserie geführt werden (siehe Kapitel Massekonzepte). Bis in die 70er Jahre war eine solche Schaltung z.B. im VW-Käfer usus, ausländische Automobilhersteller hatten zeitweise auf Sicherungen verzichtet, was dann im Falle eines Crash mit Leitungsbeschädigung leicht zum Abrennen des gesamten Fahrzeugs geführt hatte. 7 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Obige Schaltung führte allerdings auch dazu, dass sich die Batterie entleerte, wenn der Fahrgast vergessen hatte, die Lampe wieder auszuschalten. Also war es sinnvoll die Lampe auch vom Fahrer aus schalten zu können, was zur Einführung einer Wechselschaltung führte. Dabei müssen zwischen den Wechselschaltern zwei Leitungen gezogen werden. Damit geht auch einher eine Leitungslängenverdopplung oder eher Verdreifachung, weil man die Leitungen im Fahrzeug nur über bestimmte Kanäle verlegen kann, auch wird die Sicherung nicht unbedingt in Batterienähe sitzen sondern in einem Sicherungskasten im Frontbereich. Kl. 15 Vorsicherung + - Bild 1.2-4 Fondbeleuchtung Schaltung mit Wechselschalter und Sicherungen Für die Hauptversorgungsleitung von der Batterie zum Bordnetzeinschalter gibt es eine Vorsicherung, damit auch diese Leitung gegen Kurzschluss gesichert ist. Damit bei parkendem Fahrzeug (abgezogenem Zündschlüssel) auf keinen Fall die Batterie belastet wird, entnimmt man die Versorgungsspannung hinter dem Einschalter für die Bordnetzspannung, dieser Punkt trägt die Bezeichnung Klemme 15. Bei modernen Fahrzeugen lässt man nach dem Bordnetzausschalten (Aussteigen) das Licht noch für einige Minuten eingeschaltet und dimmt dann erst langsam ab. Eine Überwachung der Lampe auf Fehlfunktionen (Unterbrechung, Kurzschluss) ist heute ebenfalls üblich. Es werden also für die relativ unbedeutende Fondbeleuchtung eine Reihe an Informationen verarbeitet: Bordnetz eingeschaltet (Zündschlüssel eingesteckt und Fahrzeug eingeschaltet) Batteriekapazität ausreichend Lampentestroutine Türen geschlossen Sitze belegt Fondschalter betätigt Frontschalter betätigt 8 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Lampe defekt Diese Informationen könnte man durch den Einsatz von mechanischen Schaltern und Leitungen allein nicht regeln. In modernen Bordnetzen werden die Informationen von Mikroprozessoren gesammelt, verarbeitet und über Bussysteme digital codiert weitergeleitet. In Verbrauchernähe wird die Information zum Einschalten der Fondlampe von einem nahe gelegenen Bordnetzcontroller auf einen Transistor gegeben. Den Transistor kann man auch pulsweitenmoduliert schalten, so dass man die Lampe dimmen kann. Während der Fahrt kommt die Energie übrigens nicht aus der Batterie, sondern wird von einem Generator (Lichtmaschine oder andere elektrische Maschine) erzeugt. 9 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Informatione n + - G Bild 1.2-5 Bordnetze Energi e University Of Applied Sciences Fondbeleuchtung, Schaltung mit Bordnetzcontroller und Transistor Damit das Bild übersichtlich bleibt, ist die Schaltung nicht komplett gezeichnet. Auch sind EMV-Maßnahmen und Sicherungen der Halbeiter sowie des Generators noch vollkommen unberücksichtigt. In zukünftigen Hybrid- und E-Fahrzeugen wird zwischen Generator und Bordnetz ein Spannungswandler sein, der zwischen den unterschiedlichen Spannungsebenen transformiert. 1.2.2 Starter-Generator Leitung Ein weiteres Beispiel zu den Anstrengungen, die man unternimmt um Leitungsgewicht einzusparen (auch Bauraum in Kabelkanälen), ist der Einsatz von massiven Aluminiumflachleitungen anstelle von flexiblen Kupferlitzen. Der Anlasser (im Eng. Starter) ist der größte Stromverbraucher im Fahrzeug mit einem konventionellen Verbrennungsmotor (nicht Hybrid oder E-Fahrzeug). Für einige Sekunden sind 600A üblich. In den meisten Fällen ist in diesen Fahrzeugen die Batterie im Heck und der Starter im Motorraum untergebracht, damit dann auf der ca. 5m langen Leitung keine übermäßigen Spannungsabfälle entstehen, werden große Querschnitte z. B. 90 mm² Cu-Leitung verlegt. Diese Leitung wiegt immerhin 4 kg. Ein Ersatz des Kupfers setzt voraus, dass der elektrische Widerstand gleich bleiben muss. Es muss gelten: Cu ACu Al AAl bzw. (1.2.2.1) Eine 90 mm² Cu-Leitung kann also durch eine 150 mm² Al-Leitung ersetzt werden. Diese hat dann eine Masse von nur noch 2 kg. 10 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Man ersetzt den flexiblen verseilten vieldrähtigen Cu-Leiter durch einen massiven Leiter, weil man beim Massivleiter weniger Volumen benötigt. Der Massivleiter wird zudem flach ausgeführt damit er besser im Unterbodenbereich verlegt werden kann. Der Flachleiter hat den Vorteil einer größeren Wärmebelastbarkeit für Dauerströme, was allerdings für die kurzzeitigen Anlasserströme nicht ausgenutzt werden kann. Nun stellt sich die Frage warum man nicht den gesamten Kabelsatz eines Fahrzeugs mit Al-Leitern bestückt, man könnte 50% Metallgewicht einsparen und da der Preis für Aluminium an den Metallbörsen zur Zeit auch nur ein Drittel des Preises für Kupfer beträgt, käme man bei den Metallkosten auf ein Sechstel. Nun hat Al gegenüber Cu auch einige Nachteile: - geringere Reißfestigkeit - höhere Korrosionsempfindlichkeit - höheres Volumen bei gleichartigem Widerstand Leiteraufbau und gleichem el. Bei kleinen Querschnitten überwiegen die Nachteile, so dass man hier heute noch bei Cu-Leitern bleibt. In Flugzeugbordnetzen werden übrigens auch bei den kleinen Querschnitten Al-Litzen verwendet, diese sind allerdings verzinnt, so dass Korrosion ausgeschlossen ist. Dem Nachteil der geringeren Reißfestigkeit wird durch konstruktive Maßnahmen begegnet (Bündelverlegung, Zugentlastung). Im Flugzeug ist der Gewichtsvorteil wichtiger als der Nachteil des größeren Volumens. Es bleibt noch anzumerken, dass der Volumennachteil bei Signalleitungen verschwindet, wenn aus rein mechanischen Gründen Mindestquerschnitte verwendet werden. 11 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 2. Kabel und Leiter 2.1.1 Kupfer DIN 1708 Kupfer, Kathoden und Gussformate DIN 1787 Kupfer, Halbzeug DIN 40 500 Kupfer für die Elektrotechnik Kupfer (Cu) ] Kupfer engl. (IUPAC): Copper Symbol von Kupfer: Cu Ordnungszahl von Kupfer: 29 Relative Atommasse: 63,546 g/mol Atomradius: 127,8 pm Kovalenzradius: 117 pm Van-der-Waals-Radius: k.A. pm Dichte: 8,92 g/cm3 Schmelzpunkt Celsius: 1083,5 °C Siedepunkt Celsius: 2595 °C Schmelzpunkt Kelvin: 1356,6 K Siedepunkt Kelvin: 2868 K Elektronenkonfiguration: [Ar] 3d10 4s Oxidationszahlen: 4, 3, 2*, 1 Elektronegativität: Allred: 1,8 Pauling: 1,90 Pearson: 4,48 eV (absolut) Säureeigenschaften: basisch Kristallstruktur: kubisch - flächenzentriert Vaporisationsenergie: 300.5 kJ/mol (= Verdampfungsenthalpie) Fusionsenergie: 13.14 kJ/mol (= Schmelzenthalpie) Spez. el. Widerstand 1,647 µΩ cm Elektrische Leitfähigkeit: 60.7 · m/(Ωmm²) Thermische Leitfähigkeit: 401 Wm-1K-1 (bei 300 K) Spezifische Wärmekapazität: 0.385 Jg-1K-1 (bei 300 K) 12 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Atomvolumen: 7.10 cm3/mol synthetisiert: nein Metalleigenschaften: Metall Entdeckung: Entdecker: unbekannt Jahr: 5000 v.Chr. Häufigkeit: 50 ppm Erste Ionisierungsenergie: 7,726 eV Elektronenkonfig.: [Ar]3d164s1 Atomgewicht 63,546 Stabile Isotope: Cu-63: 69.17% Cu-65: 30.83% Kupfer (engl. Copper) ist das 29. Element im Periodensystem und befindet sich in der 4. Periode. Kupfer hat das Symbol Cu. Quelle: Periodensystem der Elemente: Datenblatt Kupfer periodensystem.info ©2001 by andyhoppe.com · Alle Rechte, Irrtum und Fehler vorbehalten. Kupferleiter gibt es auch verzinnt, versilbert oder mit anderen Edelmetallen beschichtet. Verzinnte Leiter sind besonders korrosionsbeständig, versilberte haben eine gute Leitfähigkeit für Hochfrequenzanwendungen (Skineffekt). In der Elektrotechnik verwendet man E-Cu mit einem Reinheitsgrad von > 99,9 % bzw. OF-Cu mit einem Cu-Anteil > 99,95%. Der Sauerstoffanteil ist entscheidend für die Löt- und Schweißbarkeit. Der Sauerstoffanteil kann durch geringe Phosphorzugaben gebunden werden und damit die Löt- und Schweißfähigkeit verbessert werden. Man kann auch zwischen verschiedenen Härtegraden wählen. Durch Glühen – Ausheilen von Kristallbaufehlern – wird Kupfer weich. 2.1.2 Aluminium 13 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences DIN DIN DIN DIN Bordnetze 1712 Teil 3 Aluminium, Halbzeug 1725 Teil 1 Aluminiumlegierungen, Knetlegierungen 40 501 Aluminium für die Elektrotechnik 40 200 …40 204 Drähte und Seile Aluminium engl. (IUPAC): Aluminium Symbol von Aluminium: Al Ordnungszahl von Aluminium: 13 Relative Atommasse: 26,981539 g/mol Atomradius: 143,1 pm Kovalenzradius: 125 pm Van-der-Waals-Radius: 205 pm Dichte: 2,70 g/cm3 Schmelzpunkt Celsius: 660,5 °C Siedepunkt Celsius: 2467 °C Schmelzpunkt Kelvin: 933,52 K Siedepunkt Kelvin: 2740 K Elektronenkonfiguration: [Ne] 3s2 3p Oxidationszahlen: 3 Elektronegativität: Allred: 1,5 Pauling: 1,61 Pearson: 3,23 eV (absolut) Säureeigenschaften: amphoterisch Kristallstruktur: kubisch - flächenzentriert Vaporisationsenergie: 290.8 kJ/mol (= Verdampfungsenthalpie) Fusionsenergie: 10.7 kJ/mol (= Schmelzenthalpie) Spez. el. Widerstand 2,65 µΩ cm Elektrische Leitfähigkeit: 37.7 · m/(Ωmm²) Thermische Leitfähigkeit: 237 Wm-1K-1 (bei 300 K) Spezifische Wärmekapazität: 0.90 Jg-1K-1 (bei 300 K) Atomvolumen: 10.0 cm3/mol synthetisiert: nein Metalleigenschaften: Metall 14 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Entdeckung: Entdecker: Oersted (Dänemark) Jahr: 1825 Häufigkeit: 82000 ppm Erste Ionisierungsenergie: 5,986 eV Elektronenkonfig.: [Ne]3s23p2 Stabile Isotope: Al-27: 100% Aluminium (engl. Aluminium) ist das 13. Element im Periodensystem und befindet sich in der 3. Periode. Aluminium hat das Symbol Al. Quelle: Periodensystem der Elemente: Datenblatt Aluminium periodensystem.info ©2001 by andyhoppe.com · Alle Rechte, Irrtum und Fehler vorbehalten. Aluminiumleiter werden zur Gewichtseinsparung und teilweise auch zur Kostenreduktion eingesetzt. Rein-Aluminium ist allerdings besonders korrosionsgefährdet. Auskunft über die Korrosionsfestigkeit gibt die elektrochemische Spannungsreihe. Dabei wird die Spannung eines Metalls gegenüber einer von Wasserstoff umspülten Elektrode in wässriger Lösung gemessen. Spannungsreihe der Metalle: Metall n-fach positives Metallion Normalpotential [V] bei 25 °C Li Li+ -3,01 K K+ -2,92 Ca Ca2+ -2,84 Na Na+ -2,71 Mg Mg2+ -2,38 Al Al3+ -2,34 Mn Mn2+ -1,05 Zn Zn2+ -0,76 Fe Fe2+ -0,44 Cd Cd2+ -0,40 Co Co2+ -0,28 Ni Ni2+ -0,23 Sn Sn2+ -0,14 Pb Pb2+ -0,13 15 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze H2 2H+ 0,000 Cu Cu2+ +0,34 Ag Ag+ +0,80 Hg Hg2+ +0,80 Au Au2+ +1,36 Pt Pt2+ +1,60 Zum Korrosionsschutz kann man Al-Leiter mit Edelmetallen wie Zinn beschichten. Verzinnte Al-Litzen werden zum Beispiel in Flugzeugbordnetzen eingesetzt (Airbus). 2.1.2 Messing Messing ist das bevorzugte Material für Kabelschuhe und Kontaktteile. Aus Wikipedia: Messing ist die Sammelbezeichnung für eine Gruppe von Legierungen mit den Hauptbestandteilen Kupfer und Zink. Die Farbe von Messing ist abhängig vom Zinkgehalt und schwankt meist zwischen einem helleren und dunkleren Goldgelb mit großer Farbähnlichkeit zu natürlichem Gold. Bei Zinkgehalten unter 20 % wird Messing bräunlich bis bräunlich-rötlich und bei Gehalten über 36 % hellgelb bis fast weißgelb. Eine ähnliche Legierung aus Kupfer und Zinn wird als Bronze bezeichnet. Abb. 2.1.2: Gefügeschliffbild von gewalztem und geglühtem Messing (Wikipedia) Für Kabelschuhe und Kontaktteile wird die Legierung CuZn37 (37% Zn)verwendet, der spez. elektrische Widerstand dieser Legierung beträgt 66 ∙10-6 mm. 16 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 2.1.3 Andere Leiterwerkstoffe In besonderen Fällen wird Graphit als Leiterwerkstoff eingesetzt wie z. B. in Zündleitungen. Der relativ hohe spez. Widerstand spielt hierbei keine Rolle, weil die Spannung sehr hoch und die Leitungslänge kurz ist. In elektrischen Maschinen kommen Graphit-Kupferlegierungen als Bürsten und Schleifringkontakte zum Einsatz. Supraleiter kommen als Leitermaterial in Spulen zur Magnetfelderzeugung bei der japanischen Magnetschwebebahn Maglev zum Einsatz. 2.2 Konstruktive Merkmale 2.2.1 Allgemeines zu Kabel und Leitungen Von einem Kabel spricht man bei einer steifen Konstruktion mit massiven Drähten, z. B. für die feste Verlegung in der Gebäudetechnik. Leitungen sind flexible Konstruktionen, geeignet z. B. in der Bordnetztechnik. Leitungen wiederum sind aus symmetrisch verseilten Litzen oder aus unsymmetrischen zusammengestellten Drähten aufgebaut. Litzen werden aus Einzeldrähten oder aus Bündeln von Drähten verseilt. Zwickel sind die Hohlräume zwischen den Drähten bzw. Drahtbündeln. 7-drähtige Litze: Isolation Cu-Draht Zwickel Abb. 2.2.1: Symmetrischer Leiteraufbau Bei der Verseilung einer Litze verläuft der mittlere Draht auf einem kürzeren Weg als die äußeren Drähte (neutrale Phase). Die Schlaglänge ist der Weg einer 360°-Grad Umschlingung eines äußeren Drahtes. Die Schlaglänge beeinflusst den Durchmesser und damit auch den elektrischen Widerstand der Litze. 17 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 2.2.2 DIN 72 551 Niederspannungsleitungen Leitungen in Straßenfahrzeugen sind einadrige Litzen. Diese sind aus sieben oder 19 Einzeldrähten aufgebaut (verseilt). Für Querschnitte > 4 mm² können auch mehr Einzeldrähte verwendet werden, um eine besonders hohe Flexibilität zu erreichen. Die Isolation war in der Vergangenheit meist PVC und kann ein- bis dreifarbig sein. In der Norm ist eine Leitfähigkeit von 58,5 S m / mm² festgeschrieben. Die angegebenen Nennquerschnitte sind elektrische Querschnitte. Das heißt, wenn ein Hersteller sehr reines Kupfer mit einer besseren Leitfähigkeit verwendet, kann der geometrische Querschnitt des Cu kleiner sein. Die Bezeichnung einer ungeschirmten Niederspannungsleitung (Fahrzeugleitung FL) mit dünnwandiger Isolierung (R), Werkstoff der Isolierung PVC (Y), einem Nennquerschnitt von 1,5mm² (1,5), Leiteraufbau Typ A (A), verzinnten Einzeldrähten (sn), dreifarbige Kennzeichnung, erste/zweite/dritte Kennfarbe schwarz/weiß/rot ist: FLRY – 1,5 sn - A – BKWHRD 18 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 2.2 Isolationswerkstoffe Als Primärisolation werden Kunststoffe verwendet. Man unterscheidet zwischen Thermoplasten, die bei Temperaturen zwischen 100°C und 300°C aufschmelzen, und Duroplasten die nach einer chemischen Reaktion nicht mehr aufschmelzen. Thermoplaste sind zweidimensional (lange Ketten) strukturiert. Die Ketten sind untereinander mehr oder weniger ungeordnet und können untereinander durch die schwache Wasserstoffbrückenbindung vernetzt sein. Duroplaste bilden dreidimensional vernetzte Strukturen die zusätzlich auch Wasserstoffbrückenbindungen beinhalten. Weiterhin unterscheidet man zwischen aliphatischen und aromatischen Molekülen. Aliphatische sind aus linearen Molekülketten zusammengesetzt und aromatische beinhalten ringförmige Strukturen wie das Benzol. (Der Name ARAL leitet sich daraus ab). Der geläufigste Isolationswerkstoff ist thermoplastisches Polyvinylidenchlorid (PVC). Dieser Kunststoff ist sehr preiswert (< 1€/kg). PVC lässt sich recyceln und kann als Granulat beigemengt werden. Allerdings kann PVC nicht in Verbrennungsanlagen verwendet werden, weil bei der Verbrennung Chlor freigesetzt wird. Auch bei einem PKW-Brand ist Chlor gefährlich, in Verbindung mit Wasserstoff bildet sich Salzsäure (HCl). Neben dem Chlor sind auch die Weichmacher (wie Blei) im PVC problematisch. Die Weichmacher können auch in angrenzende Stoffe diffundieren und diese zerstören. Auch bei der Produktion von PVC sind eventuell freiwerdende Dämpfe giftig. Deshalb bemüht man sich Ersatzstoffe wie Polypropylen oder Polyethylen oder vernetztes Polyethylen einzusetzen. Material PVC PE Vernetztes PE Betriebstemperaturbereich -40°C bis +125°C -40°C bis +100°C -40°C bis +125°C Polypropylen PP -40°C Polyurethan PU -60°C Polyamid PA -40°C (Nylon) Polyesther PT -60°C Kostenfaktor PVC 1 1 2 zu Bemerkungen Giftig beim Brand bis +105°C bis +130°C bis +150°C 1 2 3 Nur kurzfristig +125°C Steif Sehr flexibel Steif bis +150°C 3 Schiffskabel 19 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Silikon Si Polyimid PI Teflon -60°C bis +180°C -60°C bis +250°C -60°C bis +250°C Bordnetze 10 10 10 Als Lack oder Folie weich Die härteren Materialien wie PP oder PA finden oft in Sekundärisolationen wie Wellrohre ihren Einsatz. PA muss dann nicht unbedingt teuer sein, weil man mit reduzierten Wandstärken auskommt. Beim Ersatz von PVC spielen sehr viele Faktoren eine Rolle. Es kann sein, des es zum Beispiel von der Temperaturbelastbarkeit und vom Abriebverhalten einen höherwertigen Stoff gibt, dieser sich aber nicht dauerhaft einfärben lässt. Ein neuer Werkstoff muss auch kompatibel zu den vorhanden Werkstoffen und Chemikalien im Fahrzeug sein. Der Weichmacher von Klebebänder greift zum Beispiel bestimmte Kunststoffe an. Die Kunststoffe müssen auch resistent gegen alle Arten von Kraftstoffen sein wie zum Beispiel Biodiesel oder E10. Die in der DIN festgelegten Prüfungen für Fahrzeugleitungen werden manchmal auch durch besondere Prüfungen ergänzt. Saab und Volvo verlangen z. B. besondere Kälteprüfungen (Abknicken der Leitung bei -40°C). 2.2.1 Chemische Strukturformeln der Isolationswerkstoffe Die Isolationswerkstoffe sind Kunststoffe die durch Polymerisation entstehen. Polymere sind Verbindungen, die aus einer großen Zahl von gleichen Strukturelementen aufgebaut sind. Der Grundbaustein das Monomer, kann dabei auf verschiedene Weise zu langen Ketten kombiniert werden. Aliphatische Stoffe sind aus linearen Ketten aufgebaut. Aromaten beinhalten ringförmige Strukturen. Bei den Leiterisolationswerkstoffen hat man es mit zumeist aliphatischen Stoffen zu tun, die zudem dreidimensional vernetzt sein können. Polyethylen PE -CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2H H Monomer: Äthen C=C H H 20 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Polypropylen PP CH3 CH2 -CH-CH2-CH-CH2-CH2-CH2CH3 Silikone -SiH2 - SiH2 - SiH2 - SiH2 - SiH2- 21 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Polyamid PA Bordnetze O -C–N–CC Polyurethan H -C-N–C–O–C– O aliphatisches PUR: H N C O N C O Urethangruppe NHCOO Biuretgruppe als 3D-Netzpunkt Polyurethane (PU, DIN-Kurzzeichen: PUR) sind Kunststoffe oder Kunstharze, welche aus der Polyadditionsreaktion eines Dialkohols mit einem Diisocyanat entstehen. Charakteristisch für Polyurethane ist die Urethan-Gruppe. − NH − CO − O − Polyurethane können, je nach Herstellung hart und spröde, aber auch weich und elastisch sein. In aufgeschäumter Form ist PUR als Schaumgummi oder als Bauschaum bekannt. 22 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Polyester O C–O–C CH3 Polyester sind Polymere mit Esterbindungen -[-CO-O-]- in ihrer Hauptkette. Zwar kommen auch in der Natur Polyester vor, doch heute versteht man unter Polyester eher die große Familie synthetischer Polymere (Kunststoffe), zu denen die viel verwendeten Polycarbonate und vor allem das Polyethylenterephthalat (PET) gehören. PET ist eines der wichtigsten thermoplastischen Polyester. Das erste synthetische Polyester Glycerinphthalat wurde im Ersten Weltkrieg als Imprägnierungsmittel verwendet. Natürliche Polyester sind seit etwa um 1830 bekannt. Polyimid Polyimid (Kurzzeichen PI) ist ein thermoplastischer (seltener durch Vernetzung auch duroplastischer) Hochleistungskunststoff aus der Gruppe der Polyimide, denen eine charakteristische Imid-Gruppe gemeinsam ist. Polyimid wurde zumeist in Form von hellbräunlichen, halbdurchsichtigen Folien zunächst in der Luftund Raumfahrt und später als Isolationswerkstoff in der Elektrotechnik und Elektronik eingesetzt. Beispielsweise beträgt die Dielektrizitätskonstante von Kapton VN Film (DuPont) ca. 3,5 bei 25 °C. Bei Kupferdraht ist der Überzug zum Teil kaum sichtbar und er sieht aus wie normaler unisolierter Draht. Polyimid ist vor allem unter dem DuPont-Markennamen Kapton bekannt. Weitere Markennamen sind: Kinel, Upilex, Upimol, Vespel Kaptonfolie wird in der Röntgenoptik oft als Transmissionsfenster für Strahlrohre und Detektoren an Synchrotronbeamlines und Laborquellen verwendet, weil es sowohl thermisch als auch mechanisch stabil ist und kaum Strahlenschäden erleidet 23 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Monomere des PI Benzol aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Strukturformel Name Andere Namen Summenformel Benzol Benzen C6H6 Benzol (nach der IUPAC-Nomenklatur als Benzen bezeichnet, ist aber trotzdem kein Alken) ist eine farblose Flüssigkeit mit charakteristischem Geruch. Es gehört zu den aromatischen Kohlenwasserstoffen. Die Summenformel ist C6H6. Benzol ist krebserregend und wurde deshalb als Lösungsmittel durch die weniger gefährlichen methylsubstituierten Benzole Toluol und Xylol weitgehend ersetzt. Benzol wird heute deshalb fast nur noch als Rohstoff zur Herstellung einiger Industriechemikalien verwendet. Als erdölbedingter Begleitstoff ist es immer in Autokraftstoff enthalten. 24 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 2.2.2 Die Wasserstoffbrückenbindung Zwischen den Polymerketten können zusätzliche sekundäre Bindungskräfte über Wasserstoffbrückenbindungen bestehen. Über diese Kräfte können auch Weichmacher eingelagert werden. Das Beispiel zeigt ein Wassermolekül zwischen zwei Polyrethangruppen: Im Wasser findet man übrigens Cluster (Gruppen) von Wassermolekülen, die über die Wasserstoffbrückenbindung zusammengehalten werden. Die Größe der Cluster ist temperaturabhängig und statistisch verteilt. Über 100°C geht die Wahrscheinlichkeit gegen Null Wassercluster zu finden. Unter 0°C bilden sich geordnete Riesencluster bzw. Eiskristalle. Auch in Kunststoffen findet man teilkristalline Bereiche. Das sind Bereiche in denen die Polymere eine geordnete Raumstruktur einnehmen. Kristalline Bereiche können auch eine Flächenstruktur wie im Graphit annehmen. Innerhalb der teilkristallinen Bereiche kann auch die Leitfähigkeit bis hin zur Supraleitung ansteigen. 25 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 3. Verbindungstechnik 3.1 Löten Das Löten ist das Verbinden von Metallteilen durch eine Metalllegierung(das Lot) unter Einfluss von Wärme/Hitze. Die Schmelztemperatur des Lotes liegt unterhalb der anderen zu verbindenden Metallen. Ab einer bestimmten Temperatur fließt das geschmolzene Lot zwischen die beiden Metallteile. Unter günstigen Vorraussetzungen kommt es zwischen dem Lot und den Metallen zu einer festen, dichten, korrosionsbeständigen, strom- und wärmeleitenden Verbindung. Alle weiteren Erläuterungen beziehen sich auf das Löten in der Elektronik und Elektrotechnik(Weichlöten). Das sogenannte Hartlöten soll hier der Vollständigkeit nur erwähnt werden. 3.1.1 Das Lot (Weichlot) Weichlote sind Legierungen aus Zinn(Sn) und Blei(Pb). Zusätzlich werden geringe Mengen von Antimon(Sb), Silber(Ag) oder Kupfer(Cu) hinzugefügt. Die Zusammensetzung des Lotes richtet sich nach dem Anwendungsgebiet. Weichlote sind nach DIN 1707 genormt und durch Kurzzeichen gekennzeichnet. Kurzzeichen Zusammensetzung in % Arbeitstemperatur in °C Anwendung PbSn40 60 Pb, 40 Sn 235 Feinbleche Sn60Pb 60 Sn, 40 Pb 183 Verzinnen Sn50PbCu 50 Sn, 49 Pb, 1 Cu 190 Elektrogeräte Sn60PbAg 60 Sn, 36 Pb, 4 Ag 180 Elektronik Das in der Elektrotechnik übliche Lot wird in der Umgangssprache Lötzinn genannt und ist eine Zinn-Blei-Legierung dessen Schmelzpunkt zwischen 180 °C und 260 °C liegt. Die bekannteste Bauform ist ein Hohldraht, in dem sich Kolophonium befindet. Das Kolophonium dient als Flußmittel, was wiederum Oxidation der Metalle verhindert und die Fließeigenschaften des Lotes optimiert. Das Weichlot wird verwendet, wenn die Verbindung zweier Metalle dicht und leitfähig sein soll und wenn an die mechanische Belastbarkeit keine hohe Anforderung gestellt wird. Folgende Metalle können weichgelötet werden: Zinn 26 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Zink Blei Kupfer Kupferlegierungen weicher Stahl Rotguß Kolophonium ist ein sprödes transparentes Naturprodukt (Balsamharz) von roter bis brauner Farbe. Der Schmelzpunkt liegt zwischen 80 – 125 °C, es ist löslich in Alkohol. In der Großserienproduktion werden auch andere Flussmittel eingesetzt, wobei man darauf achten sollte, dass diese säurefrei sind. Säurehaltige Flussmittel bergen die Gefahr der späteren Korrosion. 3.1 Lötverfahren Generell unterscheidet man die Lötverfahren Weich- und Hartlöten. Weichlote haben einen Schmelzpunkt unter 450 °C. Hartlote haben einen Schmelzpunkt zwischen 450 °C und 1100 °C. Welches Lötverfahren angewendet wird entscheidet der Anwendungszweck. 3.1.1 Labor-Lötgeräte Im Labor verwendet man zwei Typen von elektrischen Lötgeräten: Lötkolben und Lötpistole. Der Lötkolben ist das klassische Lötgerät, das zum Löten von gedruckten Schaltungen verwendet wird. Es handelt sich dabei um einen Griff mit einem Kabel auf der einen und einer metallischen Lötspitze auf der anderen Seite. Das Kabel steckt entweder in der Steckdose oder in einer regelbaren Lötstation, bei der die Temperatur der Lötspitze geregelt werden kann und als Ablage für den Lötkolben dient. Es gibt auch Lötkolben mit Akku- oder Gasbetrieb. Die Lötpistole hat eine typische Pistolenform mit einer Lötspitze vorne und einem Anschlusskabel im Griff. Die Lötpistole hat den Vorteil, dass die Spitze schneller heiss wird. Mit ihr lassen sich auch thermoplastische Werkstoffe und großflächige Metallverbindungen löten. Beim Kohlestiftlötkolben wird ein Kohlestift durch hohen Strom erwärmt. Das Bauteil liegt dabei in einer Vorrichtung, die mit dem Minuspol des Lötgerätes verbunden ist. Beim Widerstandslöten wird ein sehr hoher Strom durch die zu verlötenden Teile geschickt, so dass über den Widerstand der Bauteile die Lötwärme entsteht. 27 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Heißluftlötgeräte eignen Lötstationen sind mit ausgestattet. sich zum großflächigen Löten einstellbaren Luftgeschwindigkeit Bordnetze und Entlöten. Heißluftund Temperaturregler 28 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 3.1.2 Der Lötvorgang Vor dem Löten müssen folgende Dinge sichergestellt werden: Das Lötgerät hat die richtige Lötleistung(Temperatur/Watt). Die Größe der Lötspitze ist für die Größe der Lötstelle geeignet. Das Lot ist für die Lötleistung geeignet. Die Lötstelle ist metallisch rein, d. h. frei von Verunreinigungen und Oxydationsschichten(evt. mit Alkohol reinigen). Die Festigkeit der Lötstelle ist höher als die des Lotes. Die Lötspitze muss verzinnt und frei von Verunreinigungen sein. Für eine geeignete Ablage für das Lötgerät ist zu sorgen(z.B. Metallständer). Zum Reinigen der Lötspitze eignet sich ein kleiner nasser Schwamm. Einmal verlötete Stellen lassen sich nicht mehr rückstandsfrei vom Lötzinn befreien. Deshalb sollte sparsam mit dem Lötzinn umgegangen werden. 3.1.3 Lötarbeitsschritte 1. Soweit es möglich ist, sollte zwischen den beiden zu verbindenden Metallen eine mechanische Verbindung bestehen. Drähte sollten miteinander verdrillt werden. Die Beinchen von elektronischen Bauelementen sollte an der Lötstelle auf der Platine umgeknickt werden, damit sie nicht verrutschen. 2. Metalle, die vor dem Lötvorgang nicht mechanisch miteinander verbunden werden können, sollten verzinnt werden. 3. Das Verlöten von elektronischen Bauteilen ohne mechanische Verbindung dauert länger und kann deshalb zu einem Hitzeschaden an diesem Bauteil führen. Das Bauteil sollte deshalb mit einer metallischen Spitzzange oder ähnlichem während dem Lötvorgang fixiert werden. 4. Um zwei Metalle zu verlöten werden sie an der Lötstelle auf die richtige Arbeitstemperatur gebracht. Dazu wird das Lötgerät verwendet. Hat die Lötspitze des Lötgerätes die richtige Temperatur, dann dauert das ca. 2 bis 3 Sekunden. 5. Danach wird das Lötzinn kurz hinzugeführt(ca. 1 bis 3 Sekunden). Das Lötzinn beginnt im Optimalfall zwischen die Metalle zu fließen. Dabei steigt ein kleiner Rauchfaden auf und es knistert etwas an der Lötstelle. Je nach Größe der Lötstelle dauert das zwischen 2 bis 5 Sekunden. Sauber fließendes Lötzinn glänzt silbrig. Hat sich das Zinn verteilt, wird das Lötgerät entfernt. 6. Danach kühlt die Lötstelle ab. Haben die Metalle eine mechanische Verbindung und werden keiner Erschütterung(Verwackeln, Zittern) ausgesetzt glänzt die Lötstelle silbrig. 7. Hat die Lötstelle keine Möglichkeit erschütterungsfrei zu erstarren, so entsteht eine sogenannte kalte Lötstelle bei der es zu keiner Legierung der Metalle kommen konnte. Diese Lötstelle führt zu einem sehr hohen Übergangswiderstand, der bei ungünstigen Umständen zu keiner elektrischen Verbindung führen kann. Diese Lötstelle muss noch einmal nachbearbeitet werden(ab Schritt 4). 8. Überflüssiges Lötzinn oder Flußmittel an der Lötspitze sollte umgehend mittels eines nassen Schwammes entfernt werden. 3.1.4 Entlöten Lötstellen sind mechanisch dauerhafte Verbindungen. Diese lassen sich nur mit viel Mühe und Aufwand wieder entlöten. Muss Lötzinn entfernt werden, dann kann man sich zwei verschiedener Hilfsmittel bedienen. Das eine Hilfsmittel ist die Entlötpumpe. Sie wird gespannt auf die erhitzte und flüssige Lötstelle aufgesetzt und ausgelöst. Dabei wird das heisse und flüssige Lötzinn nach oben weg gezogen. Die 29 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Lötstelle ist dann mit einem leichten Zinn-Rückstand frei gelegt. Die Metalle lassen sich im Regelfall voneinander lösen. Das zweite Hilfsmittel ist die Entlötlitze. Sie ist ein Drahtgeflecht, aus Kupfer und führt in Verbindung mit der erhitzten Lötstelle zu einem abfließen des Zinns in die Litze. Dazu muss sich die Entlötlitze zwischen Lötstelle und Lötspitze des Lötgerätes befinden. 3.1.5 Lötsysteme in der Serienproduktion In der Großserienproduktion verwendet man Gaslötgeräte, Widerstandslöt-systeme, Wellenlötsysteme, Infrarotstrecken und Dampfphasenlötgeräte . Bei Widerstandslötsystemen werden beispielsweise beim Verlöten eines Kabelschuhs an das Ende einer Cu-Leitung die vorgefügten Bauteile zwischen zwei wassergekühlte Hochstromelektroden geklemmt und mit Strom beaufschlagt. Durch den elektrischen Widerstand der Bauteile werden diese schnell (Sekundentaktzeiten) bis zur Löttemperatur aufgeheizt. Die Bauteile werden automatisch zugeführt sowie mechanisch und elektrisch zu 100% geprüft. Beim Wellenlöten werden die zu verlötenden Bauteile über eine flüssige Welle aus Lot geführt, beispielsweise bedrahtete Bauelemente eines Elektronikboards. Diese Technik ist abgelöst worden durch das Reflow-Löten (Wiederaufschmelzlöten). Dieses Lötverfahren eignet sich besonders gut für das Verlöten von SMD (SurfaceMount Device = Oberflächenmontierbare Bauteile) Aus Wikipedia: Im ersten Schritt wird beim Reflow-Löten das Weichlot in Form von Lötpaste vor der Bestückung auf die Platine/Leiterplatte aufgetragen. Hierin liegt der Hauptunterschied zu anderen Lötverfahren, wie Lötkolbenlöten, Tauchlöten oder Wellenlöten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Lotauftrags, z. B. mittels Schablonendruck (Siebdruck), Dispenser, durch Lotformteile (Preforms) oder auch galvanisch. Im nächsten Schritt werden dann die Bauteile bestückt. Die Verwendung von Lötpaste hat den Vorteil, dass diese klebrig ist und so die Bauteile bei der Bestückung direkt an der Paste halten. Sie müssen also nicht eigens aufgeklebt werden. Beim Aufschmelzen des verbleiten Lotes zentrieren sich die bestückten Bauteile durch die Oberflächenspannung auf den Landepads und setzen sich ab. Bei bleifreien Loten (z. B. SnAgCu) entfällt dieser Effekt fast vollständig (siehe auch RoHS). Mögliche Lötfehler die bei dem Reflow-Löten auftreten können sind der Wicking-Effekt, das Verschwimmen und der Grabsteineffekt. 3.1.6 Gängige Reflow-Lötverfahren 3.1.6.1 Heizplatte Das mit Bauelementen bestückte Trägersubstrat wird auf eine Heizplatte gelegt und aufgeheizt. Nachdem das Lot gleichmäßig geschmolzen ist, wird das Trägersubstrat von der Platte genommen. 30 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Dieses Verfahren kann bei anorganischen Trägersubstraten eingesetzt werden. Hierbei wird das gesamte Trägersubstrat auf Löttemperatur gebracht. Organische Träger sind normalerweise infolge ihrer Glasübergangstemperatur (z. B. Glasübergangstemperatur bei Standardleiterplatte ca. 140 °C) für das Kontaktlötverfahren auf der Heizplatte nicht geeignet. Es ist beim Kontaktlötverfahren einseitige Bestückung möglich. Es gibt Systeme, bei denen das bestückte Trägersubstrat durch ein gleichzeitig angewendetes Vakuumverfahren lunkerfreie und daher extrem zuverlässige Lötverbindungen aufweist. Hauptanwendungsgebiete des Vakuumkontaktlötens sind das Löten von Leistungshalbleiterchips (Löten ohne gasförmige Einschlüsse), das hermetische Verschließen mittels Löten und das flussmittelfreie Kontaktieren. Durch den Einsatz einer Vakuumkammer kann inertes Prozessgas wie Stickstoff, reduzierendes Prozessgase wie Formiergas, bis 100 % Wasserstoff oder nassaktivierende Ameisensäure geregelt im Lötprozess eingesetzt werden. Um vollständig rückstandsfrei zu löten, kann im Vakuum eine Plasmaaktivierung während des Lötprozesses angewandt werden. Durch diese Front-End-Tauglichkeit können auch MOEMS, MEMS und auf Wafer-Level reflowgelötet werden. Plasmaunterstütztes Löten bietet auch für das Löten von Leistungshalbleiterchips Vorteile, da der normalerweise nach dem Löten notwendige Reinigungsprozess vor dem Drahtbonden entfällt. 3.1.6.2 Beheizte Formteile, Bügel und Stempel Ein auf die Gehäuseform des zu lötenden Bauteils angepasster Stempel oder Bügel wird mit einer Widerstandsheizung erwärmt. Dieser drückt dann die Bauteilanschlüsse auf die Lötstelle und schmilzt das Lot auf. Die Heizung wird dann abgeschaltet und der Stempel erst nach dem Erstarren wieder abgehoben. Die Lötstellen federnder Bauteilanschlüsse können so sicher gelötet werden. In der Regel werden so nur einzelne Bauteile nacheinander gelötet. 3.1.6.3 Infrarotstrahler Die zu lötenden Platinen werden in Durchlauflötstrecken gelötet. Das Lötgut wird dabei von einem Fördersystem durch einen Ofen gefahren. Der Lötvorgang kann durch die Verweildauer in den verschiedenen Temperaturzonen gesteuert werden. Üblicherweise gibt es vier Zonen, eine zum Aufwärmen der gesamten Schaltung, die zweite zum Aktivieren des Flussmittels, die dritte zum Löten und die vierte zum Abkühlen. Das Reflowlöten mit Infrarotstrahler ist ein einfaches Verfahren, um Platinen in Serie zu fertigen. Nachteilig beim Infrarotstrahler ist die starke Absorption der Strahlungsenergie durch schwarze Bauelemente (IC-Gehäuse) was eine ungleichmäßige Wärmeverteilung zur Folge hat und zur lokalen Überhitzung führen kann. Beim Vakuumlöten (lunker- und flussmittelfrei) ist die Übertragung der Wärme durch Strahlung, neben der Übertragung der Wärme durch Kontakt die physikalisch einzige Möglichkeit. Übertragung der Wärme durch Konvektion ist im Vakuum wegen des fehlenden Übertragungsmediums nicht möglich. Daher wird beim Vakuumlöten sowohl die Übertragung der Wärme durch Kontakt (Kontaktlöten), als auch die Übertragung durch Strahlung genutzt. 3.1.6.4 Vollkonvektions-Reflow-Löten [Bearbeiten] Die Vollkonvektions-Reflow-Lötsyteme ähneln den Infrarotstrahler-Systemen, jedoch wird hierbei Luft erhitzt und über ein Düsensystem an das Lötgut geführt. Dadurch erreicht man eine gleichmäßigere Wärmeverteilung, als es mit Infrarotstrahlern möglich ist. Ein weiterer Vorteil ist die größere Wärmekapazität des Ofens. In der Elektronikfertigung wird dieses Verfahren am häufigsten eingesetzt. 31 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 3.1.6.5 Dampfphase (Kondensationslöten) Das Dampfphasenlöten, (engl.: vapor phase), nutzt zur Erwärmung der Baugruppe die bei der Phasenänderung eines Wärmeträgermediums vom gasförmigen in den flüssigen Zustand freigesetzte Wärme. Dabei findet eine Kondensation an der Oberfläche des Lötgutes statt bis die gesamte Baugruppe die Temperatur des Dampfes erreicht hat. Siedet die Flüssigkeit, bildet sich über ihr eine gesättigte, chemisch inerte Dampfzone, deren Temperatur mit dem Siedepunkt der Flüssigkeit weitgehend identisch ist, so dass sich eine optimale Schutzgasatmosphäre ausbildet und Oxidationen im Dampfphasen-Lötprozess ausschließt. Als Wärmeträgermediums werden heute Perfluorpolyether (GALDEN™) eingesetzt. Diese flüssige Polymere sind ausschließlich aus Kohlenstoff (C)-, Fluor (F)- und Sauerstoff (O)-atomen aufgebaut. Die im Molekül vorhandenen C-=- und C-F-Bindungen sind äußerst beständig. Sie zählen zu den stabilsten Bindungen in der Kohlenstoffchemie. Die an die zentrale Polymerkette gebundenen Fluoratome schirmen das Kohlenstoffgrundgerüst perfekt ab und schützen so die empfindlicheren CC-Bindungen gegen chemische und thermische Angriffe. Sie haben hervorragende Wärmeübertragungskoeffizienten sowie gute dielektrische Eigenschaften. Gegenüber den FCKWhaltigen Gasen die in der Vergangenheit eingesetzt wurden besitzen (PFPE) kein Ozonschädigungspotential. [1]. Die Wärmeübertragung ist schnell und geometrieunabhängig, es entstehen keine Kaltzonen im Schatten großer Bauteile. Durch die genau definierte Löttemperatur und die gleichförmige Erwärmung ist keine Überhitzung der Bauteile möglich. Dies ermöglicht ein Löten mit gering aktivierten Flussmitteln. Die Anforderung an Vorwärmzonen ist geringer, dadurch sind Dampfphasenlötanlagen meist kompakter als Infrarotöfen. Einsatzschwerpunkt ist die Serienproduktion. [2]. 3.1.6.6 Laserstrahl Die Lötstellen werden mit einem Laserstrahl erhitzt, dieser kann punktgenau sehr viel Energie übertragen. Die Lötstelle wird zeitlich (Lötzeit ca. 0,2–0,4 s) und räumlich sehr eng begrenzt erwärmt. Dadurch tritt an den Bauteilen nahezu keine thermische Belastung auf. Ein Ablegieren der Leiterbahnen kann vermieden werden. Aufgrund der hohen Kosten ist dieses Verfahren eigentlich nur in der Massenproduktion oder bei hochempfindlichen Bauteilen rentabel. Literatur Klein Wassink, R. J.: Weichlöten in der Elektronik. 2. Auflage. Eugen G. Leuze Verlag, 1991, ISBN 3-87480-066-0. Scheel, Wolfgang: Baugruppentechnologie der Elektronik. 1. Auflage. Verlag Technik, 1997, ISBN 3-341-01100-5. Bell, Hans: Reflowlöten : Grundlagen, Verfahren, Temperaturprofile und Lötfehler. Bad Saulgau: Leuze, 2005. ISBN 3-87480-202-7 Rahn, Armin: Bleifrei löten: Ein Leitfaden für die Praxis. Bad Saulgau: Leuze, 2004. ISBN 387480-195-0 Einzelnachweise [Bearbeiten] 1. ↑ http://www.asscon.de/d/pages/technologie/dampfphasenloeten.html 2. ↑ http://englert-berlin.de/englert_baugruppen/ Weitere Quelle : Weller Dampfpasenlötanlage WAM 3000 Bedienungsanleitung 32 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 3.1.6.7 Dampfphasenlöten 33 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 34 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 35 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 36 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 37 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 38 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 3.1.7 Eutektische Blei-Zinnlegierung Die Blei-Zinnlegierung mit einem Anteil von 37% Blei und 63% Zinn besitzt einen definierten Schmelzpunkt bei 182 °C. Dem nachfolgenden Zustandsdiagramm kann man entnehmen, dass diese eutektische Legierung die optimale Zusammensetzung für ein Blei-Zinnlot darstellt. 39 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 40 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 3.1.8 Bleifreies Löten Seit einigen Jahren arbeitet die Elektro- und auch Automobilindustrie an bleifreien Alternativen für das Löten. Dabei kristallisieren sich Zinn-Silberlegierungen als geeignete Lote heraus, diese sind zwar teurer als Blei-Zinn Lote, bieten aber auch den Vorteil einer höheren Temperaturbeständigkeit. In der folgenden Tabelle sind einige alternative Legierungen mit ihren Eigenschaften aufgeführt: 41 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 42 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 3.2 Crimpen Crimpen ist die am meisten eingesetzte Verbindungstechnik in Bordnetzkabelsätzen. Crimpen ist das Verquetschen eines Kontaktteils mit einem litzenförmigen Leiter. Das Kontaktteil muss auf den Leiter abgestimmt sein und es muss ein definiertes Crimpwerkzeug verwendet werden, damit eine einwandfreie Kontaktierung entsteht. Die häufigste Crimpart ist der B-Crimp. Diese Crimpform hat ihren Namen von der Querschnittsform des Crimpkontaktes im fertigen Zustand. Eine andere Art ist der sogenannte Rohrcrimp für einen rohrförmigen Crimpbereich. Der Rohrcrimp wird mittels eines sechseckförmigen Werkzeugs gleichmäßig verpresst. Im Gegensatz zu einem verlöteten oder verschweißten Kontakt ist die Crimpverbindung nicht gasdicht. In der Serienproduktion werden Geräte mit Crimpkraftüberwachung verwendet, um die Qualität der Verbindung und des Werkzeugs sicherzustellen. 43 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Abb. : B-Crimp aus verzinntem Messingblech an 0,35mm² Cu-Leitung mit Isolationscrimp und Stahlüberfeder 44 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Abb. : B-Crimp an 10mm² Cu-Litze mit verlötetem Litzenkopf und Isolationscrimp Rechtform als Verdrehschutz 45 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Abb. : Rohrcrimp mit zweifacher Sechskantverpressung und zusätzlicher Verlötung an 50mm² Cu-Leitung Abb. : Abgewinkelter Kabelschuh mit offenen Crimpkrallen für Leiter und Isolationscrimp 46 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Abb. : Ultraschallverdichtete Litze abgewinkelt an Batterieklemme mit intelligentem Batteriesensor gelötet 47 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 3.2.1 Begriffe aus der Crimptechnik B H W L B : Crimpbreite H : Crimphöhe L : gestreckte Länge V : Verpressungsgrad V = X/Y mit X = geometrischer Leiterquerschnitt vor dem Crimpen Y = geometrischer Leiterquerschnitt nach dem Crimpen CBH : Crimphöhenverhältnis CBH = B/H W : Wandstärke des Crimpkontaktes Eigene empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass die absoluten Maße für einen beliebigen Nennquerschnitt durch Skalieren ermittelt werden können, wenn man zuvor für einen Querschnitt die optimalen Maße gefunden hat. Prinzipielle Unterschiede ergeben sich nur durch den Einsatz unterschiedlicher Litzen. Hochflexible Litzen mit Einzeldrahtdurchmessern ≤ 0,2 mm stellen den „Worst Case“ dar. Skalieren bedeutet, dass Flächenmaße quadratisch anwachsen. Wird der Leiterquerschnitt A vorgegeben, errechnet sich beispielsweise die Wandstärke nach der Formel: 48 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze W 0,4 A 0,15mm Diese Formel gilt für Nennquerschnitte von 0,1 mm² bis 50 mm² Um die Vielzahl der Wandstärken zu minimieren, gibt die nachfolgende Tabelle empfohlene Wandstärken an, so dass für mehrere Querschnitte mit einem Blechmaterial gearbeitet werden kann. Nennquerschnitt A / mm² 0,1 0,25 0,3 0,5 0,75 1,0 1,2 1,5 2,5 4,0 5,0 6,0 10 12 15 16 20 25 30 35 38,8 50 Wandstärke W / mm 0,28 0,35 0,37 0,43 0,5 0,55 0,59 0,64 0,78 0,95 1,04 1,13 1,41 1,54 1,70 1,75 1,94 2,15 2,34 2,52 2,64 2,98 Empfohlene Wandstärke 0,3 0,35 0,5 0,5 0,5 0,7 0,7 0,7 0,8 1,0 1,0 1,0 1,6 1,6 1,8 1,8 2,1 2,1 2,5 2,5 2,5 3,0 Ab 50 mm² liefert die Formel Werte für die Wandstärken aus denen dann extreme Presskräfte folgen, die nur noch mit hydraulischen Pressen erreicht werden können. Daraus kann man auch schließen, dass andere Systeme wie das Verschweißen oder zusätzliches Verlöten sinnvoll werden. 49 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Beim Crimpen ist prinzipiell darauf zu achten, dass ein weicher Übergang zwischen Crimpzone und freier Litze einzuhalten ist. Man spricht auch von der erforderlichen Crimptrompete. Zusätzlich zum Leitercrimp kann man zur Zug- und Biegeentlastung einen Isolationscrimp vornehmen. Trompetenförmiger Verlauf 50 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 3.3 Schweißen 3.2.1 Elektronenstrahlschweißen Ein durch Erwärmung eines Wolframheizdrahtes erzeugter Elektronenstrahl der durch ein Hochspannungspotential zwischen Kathode und Anode beschleunigt ist, wird in einer Vakuumkammer durch ein elektromagnetisches Linsensystem zu einem präzisen sehr schlanken Strahl (Ø0,1mm) mit höchster Leistungsdichte gebündelt. Damit lassen sich Materialien Hochspannungsversorgung verschweißen, die mit mit Elektrode 1 konventionellen Methoden sich Kathode 2 nicht oder nur sehr schlecht Anode 3 verbinden lassen. Ablenksystem 4 Kanonenabdichtventil 5 Beobachtungstelescope 6 Magnet-Fokusierspulen 7 Strahlablenkspulen 8 Absaugung, Vakuumkammer 9 Werkstück 10 Die Anwendung des Elektronenstrahlschweißens ermöglicht in vielen Fällen bei gleicher oder verbesserter Form eines in seiner Funktion festgelegten Teiles die Verwendung anderer Werkstoffe, Verringerung des Gewichts, Änderung des Herstellungsverfahrens und somit als angestrebtes Ergebnis eine Kosteneinsparung. Werkstücke, bislang wegen der hohen Beanspruchung oder Präzision aus einem Stück gefertigt, werden in einfache Teilstücke unterschiedlicher Werkstoffe geändert und anschließend geschweißt. Beachtliche Vorteile des Elektronenstrahlschweißens sind weiterhin Erzeugung von Schweißnähten höchster Präzision ohne Zusatzwerkstoffe bei minimalem Verzug des Teiles unter Anwendung hoher Schweißgeschwindigkeit 51 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Quelle: Ellinger GmbH Schweißtechnik und Maschinenbau 1554 Weissach im Tal Quelle: www.ellinger-schweisstechnik.de/elektronenstrahlschweissen.html Bearbeitungsbeispiele: Elektronenstrahlgeschweißtes Blockzahnrad: In vorliegender Form kann dieses Zahnrad nicht verzahnt werden. Vorteile des gebauten Teiles: Platzersparnis geringer Verzug Anwendung vereinfachter Fertigungsverfahren für die Einzelteile Elektronenstrahlgeschweißtes Motorenteil aus 16 MnCr 5 Die Abbildung zeigt fließgepresste Hohlkörper aus Werkstoff 17 Cr 3 verschweißt mit Bodenplatte aus X 210 Cr 12 W Schweißnähte Motorenteil, bei dem im Grundkörper eine Druckfeder Präzisionsspanndorn mit geschweißter Außenspannhülse Hydraulische Innenspannhülse 52 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze eingeschweißt wird. 53 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 3.2.2 Reibschweißen Aus Wikipedia: Beim Reibschweißen werden zwei Teile relativ zueinander bewegt, wobei sich die Teile an den Kontaktflächen berühren. Durch die entstehende Reibung kommt es zur Erwärmung und Plastifizierung des Materials. Am Ende des Reibvorganges ist es von entscheidender Bedeutung, die Teile richtig zueinander zu positionieren und einen hohen Druck auszuüben. Die Vorteile dieses Verfahrens sind, dass die so genannte Wärmeeinflusszone deutlich kleiner ist als bei anderen Schweißverfahren und dass es nicht zur Bildung von Schmelze in der Fügezone kommt. Es können eine Vielzahl von Werkstoffen, wie beispielsweise Aluminium mit Stahl, miteinander verschweißt werden. Auch die Verbindung von metallischen Werkstoffen, die keine Legierungen miteinander eingehen, ist vielfach möglich.[15] [Bearbeiten] Rotationsreibschweißen Schwungradreibschweißen Das Rotationsreibschweißen ist ein Pressschweißverfahren. Dabei muss mindestens ein Fügeteil in der Fügezone eine rotationssymmetrische Gestalt aufweisen. Die Energiezufuhr wird ausschließlich durch eine Relativbewegung der Fügeteile zueinander unter Druck eingebracht. Dabei steht ein Fügeteil still und das zweite Teil wird in Rotation versetzt. Weit verbreitet ist die Anwendung, um an Rohre (Bohrgestängen) Verbinder unterschiedlicher Materialgüte anzuschweißen. Das Verfahren wird in Deutschland seit den 1970er Jahren eingesetzt. Die unterschiedlichsten Materialkombinationen sind der große Vorteil dieses Verfahrens. So werden millionenfach im Jahr Auslassventile für Verbrennungsmotoren geschweißt (hochwarmfester Stahl an härtbaren Stahl) und das mit Taktzeiten von weniger als zehn Sekunden. Die verwendeten Maschinen ähneln Drehmaschinen. Sie enthalten eine rotierende Spindel und ein nicht rotierendes Gegenstück, das auf einen axial zustellbaren Schlitten gespannt und auf das rotierende Teil gedrückt wird. Die Axialkräfte können je nach Abmessung von wenigen 100 N bis über 10.000 kN (entsprechend etwa der Gewichtskraft von 1000 t) reichen. Die jeweiligen Maschinen sind dann so groß wie ein Schreibtisch oder aber auch wie eine Lokomotive. Positioniertes Reibschweißen stellt eine (optionale) Sonderanwendung dar und bedingt eine Sondersteuerung und einen Spezialantriebsmotor. Anwendungsfälle hierfür sind Gelenkwellen, Trailerachsen und Achsstabilisatoren. 54 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 3.2.3 Ultraschallschweißen Sonotrode mit Katenoiden-Form zum Ultraschallschweißen Das Ultraschallschweißen ist ein Verfahren zum Fügen von thermoplastischen Kunststoffen und metallischen Werkstoffen. Bei den metallischen Werkstoffen kommt es vor allem bei Aluminium, Kupfer und deren Legierungen zum Einsatz. Die nötige Wärme wird durch eine hochfrequente mechanische Schwingung erreicht, welche zwischen den Bauteilen durch Molekular- und Grenzflächenreibung entsteht. Somit gehört das Ultraschallschweißen zur Gruppe der Reibschweißungen. 55 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Mit Hilfe eines Generators wird hochfrequenter Wechselstrom erzeugt und über ein geschirmtes Kabel zu einem Ultraschallwandler, dem sogenannten Konverter übertragen, der daraus mit Hilfe des piezoelektrischen oder des magnetostriktiven Effekts mechanische Ultraschallfrequenz erzeugt. Diese Schwingungen werden über ein Amplitudentransformationsstück auf die Sonotrode übertragen. Unterschiedliche Anwendungen erfordern unterschiedliche Bauformen von Sonotroden, die meist aus Stahl, Aluminium oder Titan hergestellt werden. Die Amplitude der Schwingung und die Impedanzanpassung wird durch die Form und Masse des Amplitudentransformationsstückes beeinflusst. Die Schwingungen werden unter Druck auf die zu verbindenden Werkstücke übertragen. Sie erhitzen sich und beginnen zu erweichen, wodurch der Dämpfungskoeffizient ansteigt. Die Zunahme des Dämpfungsfaktors führt zu höherer innerer Reibung, was die Temperaturerhöhung beschleunigt. Beim Ultraschallschweißen von Aluminium, insbesondere bei Folien, dünnen Blechen oder Drähten, wie zum Beispiel bei Drahtbonden in Chips werden die Fügepartner nicht bis zum Schmelzen erhitzt. Die Verbindung entsteht nach Aufbrechen der Oxidschicht im wesentlichen durch ein Ineinanderverzahnen der Fügepartner. Das Verfahren ist durch sehr geringe Schweißzeiten und hohe Wirtschaftlichkeit gekennzeichnet.[16] 3.2.4 Orbitalreibschweißen Orbitalreibschweißen gemäß ISO 15620 ist ein Reibschweißverfahren. Im Unterschied zum verwandten Rotationsreibschweißen müssen die Teile hier nicht rotationssymmetrisch sein. Die Energiezufuhr wird mittels einer zirkularen Kreisschwingbewegung der Fügeteile ähnlich wie bei einem Schwingschleifer - unter Druck eingebracht. Hierbei bleibt die Ausrichtung der Achsen gleich. Beim Multiorbitalreibschweißen schwingen beide Bauteile, im Unterschied zum Orbitalreibschweißen, welches deshalb „Single Orbitalreibschweißen“ genannt wird. [17] 3.2.5 Laserstrahlschweißen Laserstrahlschweißen wird vor allem zum Verschweißen von Bauteilen eingesetzt, die mit hoher Schweißgeschwindigkeit, schmaler und schlanker Schweißnahtform und mit geringem thermischem Verzug gefügt werden müssen. Das Laserstrahlschweißen oder Laserschweißen wird in der Regel ohne Zuführung eines Zusatzwerkstoffes ausgeführt. Die Laserstrahlung wird mittels einer Optik fokussiert. Die Werkstückoberfläche der Stoßkante, also der Fügestoß der zu verschweißenden Bauteile befindet sich in der unmittelbaren Nähe des Fokus der Optik (im Brennfleck). Die Lage des Fokus relativ zur Werkstückoberfläche (oberhalb oder unterhalb) ist ein wichtiger Schweißparameter und legt auch die Einschweißtiefe fest. Der Brennfleck besitzt typische Durchmesser von einigen Zehntel Millimetern, wodurch sehr hohe Energiekonzentrationen entstehen, wenn der eingesetzte Laser die typischen Leistungen von einigen Kilowatt Laserleistung besitzt. Durch Absorption der Laserleistung erfolgt auf der Werkstückoberfläche ein extrem schneller Anstieg der Temperatur über die Schmelztemperatur von Metall hinaus, so dass sich eine Schmelze bildet. Durch die hohe Abkühlgeschwindigkeit der Schweißnaht wird diese je nach Werkstoff sehr hart und verliert in der Regel an Zähigkeit.[26] 56 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Laserschweißen von Metallen Beim Laserschweißen wird zwischen Lasertiefschweißen und Wärmeleitungsschweißen unterschieden. Beide Verfahren unterscheiden sich hauptsächlich durch die verwendeten Strahlintensitäten. Tiefschweißen Lasertiefschweißprozeß Bei hohen Strahlintensitäten im Fokus (wie bei Stahlwerkstoffen ca. 4 MW/cm² abhängig u. a. von der Verfahrgeschwindigkeit; bei einer Geschwindigkeit von 1 m/min reichen unter Umständen auch etwa 2 MW/cm²) bildet sich in der Schmelze in Strahlrichtung eine Dampfkapillare (mit Metalldampf oder teilionisiertem Metalldampf gefüllter, schlauchförmiger Hohlraum, auch keyhole genannt) in der Tiefe des Werkstückes aus. Der Werkstoff wird dadurch auch in der Tiefe aufgeschmolzen, die Schmelzzone kann tiefer als breit sein. Die Dampfkapillare erhöht aufgrund von Mehrfachreflexionen an den Wandungen die Absorption der Laserstrahlung im Material, wodurch ein gegenüber dem Wärmeleitungsschweißen vergrößertes Schmelzvolumen erzeugt werden kann. 15 Gerd Witt u.a.: Taschenbuch der Fertigungstechnik. Carl Hanser Verlag, München 20006, ISBN 344622540-4. (online auf Google-Books) 16 Christian Bonten: Produktentwicklung: Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. Carl HanserVerlag, München, ISBN 3-446-21696-0 (online auf Google Books) 17 Bayrische Forschungsstiftung: Orbitalreibschweißen – eine neue Schlüsseltechnologie zum Fügen metallischer Werkstoffe 26 technolix.net (8. Juli 2007) 57 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 4. Hochfrequenzleitungen Signale und Informationen werden im KFZ zumeist über Busleitungen übertragen. Dabei werden die Datenraten und damit auch die Übertragungsfrequenzen immer höher. Die Hochfrequenzeigenschaften von Leitungen gewinnen so auch immer mehr an Bedeutung. In diesem Kapitel werden die Grundlagen der Wellenausbreitung elektromagnetischer Wellen auf Leitungen und allgemein behandelt. Insbesondere wird auf mögliche konstruktive Qualitätsprobleme hingewiesen. 4.1 Die homogene Leitung Die Ausbreitung elektromagnetischer Energie geschieht durch ein ständiges Wechselspiel zwischen dem elektrischen und magnetischen Feld. Ein elektrisches Feld breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit im Raum aus und baut dabei ebenfalls ein magnetisches Feld auf. Das sich ändernde magnetische Feld (bei Wechselgrößen) verursacht gleichermaßen wieder ein elektrisches Feld usw. E B E B E B E B c Die elektromagnetische Energie kann sich entweder ungebunden durch den freien Raum (z. B. als Funkwelle) ausbreiten oder aber in geführter Form längs einer Leitung. Für Hochfrequenzsignale sind verschiedene Leitungsarten möglich: Doppelstegleitung Koaxial-. leitung Abgeschirmte Zweidrahtleitung Hohlleitung 58 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 10µm CPW Coplanar Waveguide (Uchimura 1998) Grounded CPW Die offene Zweidrahtleitung hat die Eigenschaft, dass sich ihr elektromag-netisches Feld sehr weit in den Raum ausbreitet und umgekehrt auch elektromagnetische Fremdfelder leicht eingekoppelt werden können. Sie findet Anwendung als Telefonleitung oder Antennenleitung. Für KFZ-Anwendungen ist dieser Leitungstyp nicht geeignet. Eine Variante der offenen Zweidrahtleitung ist die verdrillte Zweidrahtleitung. Diese findet man im KFZ als Lautsprecherleitung. Das Einkoppeln von Störfeldern wird durch die Verdrillung vermieden. (Es findet zwar in jeder Verdrillungsschleife eine Einkopplung statt, diese hebt sich jedoch wechselweise mit der jeweiligen benachbarten Schleife auf.) Die Koaxialleitung besteht aus einem zentralen Innenleiter und einem Außenleiter. Ein elektromagnetisches Feld tritt nur zwischen den Leitern auf, so dass diese Leitung die Eigenschaft hat, dass sie „abgeschirmt“ gegen äußere Einfüsse ist. Vorausgesetzt ist dabei, dass der Schirm (der Außenleiter) auch dicht ist, das heißt einen möglichst geschlossenes metallisches Schirmgeflecht bildet. Sehr hochwertige Koaxleitungen besitzen ein doppeltes Schirmgeflecht und einhergehend damit eine hohe Dämpfung für äußere HF-Felder. Die Koaxiale Leitung wird bis zu höchsten Frequenzen (ca. 20 GHz = 20 *109 Hz) eingesetzt. Die abgeschirmte Zweidrahtleitung besitzt den Vorteil der Symmetrie der beiden inneren Leiter bezüglich des Außenleiters, der z. B. geerdet sein kann. Diese Leitung findet Anwendung in der Tonstudiotechnik. Die Hohlleitung besteht nur noch aus „Abschirmung“, innerhalb deren sich eine elektromagnetische Welle (möglichst ungedämpft) ausbreiten kann. Der sogenannte Hohlleiter wird in der Höchstfrequenztechnik (1 – 200 GHz) verwendet. Die Hohlleitung wird hier nicht näher behandelt; es kann aber gezeigt werden, dass für 59 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze sie grundsätzlich die gleichen Gesetze für die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen gilt wie für die Drahtleitungen. Die Coplanar Waveguides werden auf Mikroelektronikboards eingesetzt und werden in Lithographie-Ätztechnik hergestellt. Sie werden ebenfalls für Höchstfrequenzen bis 300GHz eingesetzt. Die Leitungsabstände sind abhängig vom Wellenlängenbereich. Alle Leitungen sollen unabhängig von ihrer Querschnittsform als homogen bezeichnet werden, wenn der Querschnitt der Leitung längs der Leitung konstant bleibt. Diese Voraussetzung bedeutet, dass die die elektrischen Eigenschaften beschreibenden Parameter unabhängig von der Längskoordinate angesehen werden können. Bei der Behandlung der Leitung soll zunächst vorausgesetzt werden, dass die Spannungen und Ströme auf der Leitung sinusförmig von der Zeit abhängen. Da sich die Ströme und Spannungen ebenfalls längs der Leitung ändern, sind sie Funktionen der Längskoordinate und der Zeit. Sendet man digitale Signale (Rechteckförmige Spannungen und Ströme) über Leitungen, so muss man deren Spektrum sinusförmiger Frequenzen berücksichtigen. 4.2 Die Leitungsgleichungen in Differentialform Wir betrachten ein kleines Stück einer homogenen Zweidrahtleitung. Der Widerstand des Leitungsstücks sei R, zwischen den Drähten befindet sich der Isolationsleitwert G. Das betrachtete Leitungsstück besitzt außerdem die Kapazität C sowie eine Induktivität L. i(x,t) u(x,t) i(x+x,t) u(x+x,t) R L i(x,t) i(x+x,t) G C x Auf das gezeichnete Leitungsstück wenden wir die Maschenregel an: 60 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences u ( x, t ) Ri ( x, t ) u ( x x, t ) L di( x, t ) 0 dt Bordnetze (4.2.1) Der letzte Term in der Gleichung ist die Selbstinduktionsspannung die äquivalent auch aus der magnetischen Flußänderung berechnet werden kann u ( x, t ) Ri ( x, t ) u ( x x, t ) d( x, t ) 0 dt (4.2.2) Aus der Knotenregel folgt: i ( x, t ) i ( x x, t ) u ( x, t )G C du ( x, t ) dt (4.2.3) 61 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Die Spannung und der Strom an der Stelle x+x kann durch die Spannung und den Strom an der Stelle x mit Hilfe der linearen Näherung ausgedrückt werden: u(x) u(x+x) u(x) x x x+x Die im Allgemeinen gekrümmte Kurve wird auf dem kleinen Stück x durch eine Gerade angenähert. Der Wert an der Stelle x+x ergibt sich aus dem Wert an der Stelle x und der Steigung der Geraden (1.Ableitung nach x): u ( x x, t ) u ( x, t ) u ( x, t ) x x (4.2.4) bzw. für den Strom: i ( x x, t ) i ( x, t ) i( x, t ) x x (4.2.5) Mit dieser Näherung gehen wir in die Maschen- und Knotengleichungen: (Die Näherung wird im Grenzübergang x --> dx zur exakten Lösung) 4.2.4 in 4.2.1 eingesetzt und 4.2.5 in 4.2.3 eingesetzt: 62 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze u ( x, t ) i ( x, t ) x Ri ( x, t ) L 0 x t (4.2.6) i ( x, t ) u ( x, t ) x Gu( x, t ) C 0 dx t (4.2.7) bzw. u ( x, t ) R L i ( x, t ) i ( x, t ) 0 x x x t Glg 4.2.I i ( x, t ) G C u ( x, t ) u ( x, t ) 0 x x x t Glg. 4.2.II (4.2.8) (4.2.9) Die Größen R´=R/x, G´=G/x, L´=L/x und C´=C/x bezeichnen wir als Widerstandsbelag, Ableitungsbelag, Induktivitätsbelag und Kapazitätsbelag der Leitung. Sie sind ein Maß für den Widerstand, den Ableitungsleitwert, die Induktivität und die Kapazität pro Längeneinheit der Leitung. Die bisher hergeleiteten Gleichungen gelten nicht nur für die Zweidrahtleitung sondern gleichermaßen auch für die anderen homogenen Leitungsarten. R´, G´, L´und C´sind bei homogenen Leitungen konstante Größen. Wird die Gleichung 4.2.8 nach x differenziert und Glg. 4.2.9 nach t differenziert so gilt: 2 u ( x, t ) í ( x, t ) ² i ( x, t ) R L 0 x ² x xt (4.2.10) ² i ( x, t ) u ( x, t ) ²u ( x, t ) G C 0 xt t t 2 (4.2.11) durch Einsetzen von Glg. 4.2.9 und Differentialgleichung für die Spannung: Glg. 4.2.11 in Glg. 4.2.10 folgt eine ² u ( x, t ) u ( x, t ) ² u ( x, t ) R G u ( x, t ) ( R C L G ) L C x ² t t ² (4.2.12) Glg. 4.2.12 ist für jede beliebige Zeitabhängigkeit der Spannung (z.B. Rechteckimpulse) gültig und wird auch „Telegraphengleichung“ genannt. Die gleiche Form der DGL ergibt sich auch für den Strom i(x,t) gültig. ² i ( x, t ) i( x, t ) ² i ( x, t ) R G i( x, t ) ( R C LG ) L C x ² t t ² (4.2.13) 63 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 64 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 4.3 Die Leitungsgleichungen für sinusförmige (harmonische) Ströme und Spannungen Es soll nun angenommen werden, dass ein Generator die sinusförmiger Spannung bzw. rein sinusförmigem Strom speist. Leitung mit rein Als Lösungsansatz für die Differentialgleichungen 4.2.12 wird ein Produktansatz der Form u(x,t)= u(x)∙ u(t) gemacht und speziell für die Zeitabhängigkeit die Form komplexer Zeiger - wie sie aus der Wechselstromrechnung geläufig sind - gewählt: u(t ) Re{uˆe jt } (4.3.1) bzw. U ( x, t ) uˆ e jt e x mit =+j (4.3.2) (4.3.3) (4.3.4) x U ( x) e U (t ) uˆ e jt Die Ableitungen nach t ergeben dann U ( x, t ) j U ( x , t ) t (4.3.5) ²U ( x, t ) ( j )² U ( x, t ) t ² (4.3.6) damit lassen sich die Differentialgleichungen Schreibweise vereinfachen zu: 4.2.12 ²U ( x, t ) ( R j L)(G jC )U ( x, t ) 0 x ² (4.3.7) ² I ( x, t ) ( R j L)(G jC ) I ( x, t ) 0 x ² (4.3.8) und 4.2.13 in komplexer Mit ( R jL)(G jC ) dem Ausbreitungsmaß, kann Spannungszeiger in der Form (4.3.9) eine Lösung für die komplexen Strom- und 65 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences x U ( x, t ) U 1 (t ) e U 2 (t ) e x I ( x, t ) I 1 (t ) e I 2 (t ) e x Bordnetze (4.3.10) x (4.3.11) angegeben werden. Aus Gleichung 4.2.8 findet man einen Zusammen zwischen Strom und Spannung der Art: dU ( x) ( R jL ) I ( x) dx (4.3.12) bzw. wenn man 4.3.10 nach x ableitet: d U ( x, t ) x x U 1 (t ) e U 2 (t ) e ( R jL ) I ( x, t ) dx d U ( x, t ) x x ( R jL )( I 1 (t ) e I 2 (t ) e ) dx daraus folgt für I ( x, t ) (4.3.13) (4.3.14) I(x): (G jC ) (G jC ) x x U 1 (t ) e U 2 (t ) e ( R jL ) ( R jL ) (4.3.15) Die Größe ZW ( R j L) (G jC ) (4.3.16) wird als Wellenwiderstand der Leitung bezeichnet. Die gefundene Lösung für die Strom- und Spannungszeiger längs der Leitung x U ( x) U 1 (t ) e U 2 (t ) e I ( x) x U 1 (t ) x U 2 (t ) x e e ZW ZW (4.3.17) (4.3.18) 66 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze beschreibt eine Wellenausbreitung in Richtung der x-Koordinate. Schreibt man die Zeitabhängigkeit aus ergibt sich z. B. für die Spannung: x jt U ( x, t ) uˆ1 e uˆ2 e x jt x jt (4.3.19) Die Funktion e beschreibt gedämpfte Welle. Ist nämlich j j 2 mit dem Dämpfungsmaß und eine in positiver x-Richtung fortschreitende, (4.3.20) dem Phasenmaß dann gilt: Re{e x jt } e x cos(t x) (4.3.21) (Von den komplexen Leitungsgleichungen muss man in der Realität nur den Realteil in Betracht ziehen) ist die Wellenlänge, d.h. die Länge längs der Leitung (bei konstanter Zeit), bei der eine Phasenverschiebung von 2 gemessen werden kann. x jt Umgekehrt beschreibt die Funktion eine in negativer x-Richtung e fortschreitende gedämpfte Welle. Die Gesamtlösung für Strom und Spannung auf der Leitung setzt sich also zusammen aus einer Welle, die auf der Leitung in positiver x-Richtung fortschreitet ( „hinlaufende Welle“), und einer Welle, die auf der Leitung in negativer x-Richtung fortschreitet („rücklaufende Welle“). 67 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 4.4 Darstellung von Strom und Spannung durch die Größen am Leitungsende L Zi Uq I(x=l) = Io U(x=L)= Uo x Z U0 Z l Es wird eine neue Koordinate l eingeführt, diese beginnt am Leitungsende: l =L – x Damit gehen die Leitungsgleichungen über in: U ( x) U 1 (t ) e I ( x) ( L l ) U 2 (t ) e ( L l ) U 1 (t ) U (t ) ( L l ) ( L l ) (t ) e 2 e ZW ZW Für Spannung und Strom am Leitungsende gilt: Z Uo Io mit U (l 0) U 1 (t ) e I (l 0) L U 2 (t ) e L Uo U 1 (t ) U (t ) L L (t ) e 2 e I o ZW ZW die zweite Gleichung wird mit Zw multipliziert, anschließend werden die beiden Gleichungen einmal addiert und zum anderen voneinander subtrahiert. Dann folgt: U 1 (t )e L 1 (U o Z w I o) 2 68 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences U 1 (t ) Bordnetze 1 L (U o Z w I o)e 2 und U 2 (t ) 1 L (U o Z wI o)e 2 damit kann man die Leitungsgleichungen im neuen Koordinatensystem schreiben U (l ) 1 1 L L (U o Z w I o)e (U o Z w I o)e 2 2 I (l ) 1 1 L L (U o Z w I o)e (U o Z w I o)e 2Z w 2Z w Werden jeweils die Anteile von Uo und Io mit den Exponentialfunktionen zusammen gefasst unter Berücksichtigung von e x ex sinh x 2 x e e x cosh x 2 folgen die Leitungsgleichungen mit Hyperbolikus-Funktionen U (l ) U o cosh( l ) Z w I o sinh( l ) I (l ) Uo sinh( l ) I o cosh( l ) Zw 4.5 Leitungskenngrößen Betrachtet man eine unendliche lange Leitung so berechnet sich der Eingangswiderstand ZE aus dem Verhältnis von Spannung und Strom am Eingang der Leitung: 69 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences ZE Bordnetze U (l ) U o Z w I o Zw Uo I (l ) Io Zw Betrachtet man eine endliche Leitung, die mit dem Wellenwiderstand Z w abgeschlossen ist, so kann man den Wellenwiderstand durch eine unendlich lange Leitung ersetzen. Insgesamt sieht man am Eingang der Leitung wieder eine unendlich lange Leitung. Folglich ist der Eingangswiderstand einer Leitung, die mit dem Wellenwiderstand abgeschlossen ist, der Wellenwiderstand Z w . ZE =Zw => Zw Allgemein gilt für den Wellenwiderstand: ZW ZW 4 ( R j L) Z W e j (G jC ) R² ² L² G ² ²C 2 und den Phasenwinkel 1 2 arctan[ (G L R C ) ] R G ² L C Wellenwiderstand für hohe Frequenzen: ZW R L j G C j mit Zw L C Dämpfung für hohe Frequenzen: 70 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze G Z w R 2 2Z w Phasenmaß für hohe Frequenzen L C 4.6 Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle Die Ausbreitungsgeschwindigkeit geschwindigkeit: v Ph der Welle ist identisch mit der Phasen- dx 2 f f dt 2 für hohe Frequenzen gilt v Ph L C Bei kleinen Frequenzen ist die Phasengeschwindigkeit abhängig von der Frequenz. Diese Eigenschaft nennt man Dispersion. Die Dispersion bewirkt zum Beispiel, dass ein Rechteckimpuls, der über eine Leitung übertragen wird und sich im Spektrum aus vielen Frequenzen zusammensetzt, am Ende der Leitung nicht mehr rechteckförmig sein muss. Bei hohen Frequenzen kann die Dispersion vernachlässigt werden. 71 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5. Wärmeausbreitung 5.0 Allgemeines zur Wärmeausbreitung Bei der Entwicklung von neuen elektronischen Bauteilen und Systemen der Leistungselektronik ist es wünschenswert, vor dem Hardwaretest die Erwärmung von Bauteilen berechnen zu können. Sowohl die kurzfristige Bauteiltemperatur, wie auch die sich einstellende Temperatur bei Dauerbetrieb sind von Interesse, weil sie im direkten Zusammenhang mit der Lebensdauer der Bauteile stehen. Erwärmt sich z. B. ein konventioneller Siliziumtransistor kurzzeitig über 200°C führt dies zur sofortigen Zerstörung, weil die Bonddrähte sich vom Chip lösen. Wird der Transistor bei der maximalen Betriebstemperatur gefahren, erfüllt er seine Funktion zumindest über die garantierte Lebensdauer zum Beispiel 10000 Stunden bei 150°C am Silizium. Will man das Bauteil innerhalb der spezifizierten Grenzen betreiben, muß man jedoch die Temperaturentwicklung in Abhängigkeit vom elektrischen Strom und der damit verbundenen Verlustleistung kennen. Für die Abschätzung der Lebensdauer kommt für den Entwickler oft erschwerend hinzu, dass viele Bauteile sich in einem Gehäuse befinden und der direkten Temperaturmessung verschlossen bleiben. Auch hier sind vorab Berechnungen sinnvoll. Bei der Lösung von wärmetechnischen Aufgaben stößt man im Allgemeinen auf eine komplizierte vierdimensionale Raum-Zeit-Differentialgleichung aus der Wärmelehre, deshalb habe ich eine eigene Methode zur Wärmeberechnung entwickelt. Diese Methode hat den Vorteil, daß Sie auf Lösungsansätze zurückgreift, die in der Elektrotechnik bekannt sind. Weitere Vorteile sind: - Die Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit von Wärmewiderständen - Die Einführung von zusätzlichen Strahlungswiderständen - Die Möglichkeit auch zeitabhängige Anlasserimpulse zu simulieren elektrische Ströme wie zum Beispiel 72 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences In der vorliegen Arbeit werden Wege aufgezeigt, wärmetechnischen Ersatzschaltbildern gelangt. Bordnetze wie man zu vereinfachten Für lineares Bauteilverhalten wird der Temperaturverlauf an den Ersatzgrößen mit den Standardmethoden der Elektrotechnik und der Systemtheorie berechnet. 73 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.1 Wärmeleitung 5.1.1. Die Wärmeleitung im homogenen Material Mit Hilfe der Vektoranalysis lässt sich die Wärmeleitungsgleichung elegant herleiten. Ausgangspunkt ist ein skalares Temperaturfeld T(x,y,z,t). Man gelangt zu einem Vektorfeld indem man den Gradienten von T bildet: T f Abkürzung: = Gradient x y z Der Temperaturgradient ist ein Vektor der in Richtung der Temperaturabnahme zeigt. Der Wärmefluss ist ein Vektor der aus der Multiplikation einer Konstanten mit dem Temperaturgradienten folgt: P f T (1.1.2.2) mit = Wärmeleitfähigkeit Die Energiedichte (Energie pro Volumeneinheit) betrage: c 0T (1.1.2.3) mit c = spezifische Wärme 0= Dichte Aus der Energieerhaltung folgt mit dem Integralsatz von Gauss: d dV P dA dt Die Änderung der Energiedichte innerhalb eines Volumens ist gleich der Summe der Ströme durch die Oberfläche des Volumens. Differenzieren liefert: d divP dt 74 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences => => => Bordnetze d divP 0 die Quelle des Wärmeflusses ist die Änderung der Energiedichte dt T c 0 divgradT 0 t T T 0 t c 0 mit der Abkürzung divgrad = = Laplaceoperator 2 2 2 x y z folgt die allgemeine Wärmeleitungsgleichung in Differentialform: T T t c 0 5.1.2 Totzeiteffekt Die materiegebundene Wärmeleitung beruht auf der Tatsache, dass Wärme immer nur von heißer Materie auf kältere Materie geleitet wird. Materiegebundene Wärme äußert sich in einer unregelmäßigen statistisch verteilten Bewegungsenergie von Materieteilchen. Die mittlere Energie E eines Teilchens ist dabei direkt proportional zur mittleren Temperatur T : E ~ T Für ideale Gase gilt für die mittlere Energie pro Freiheitsgrad E= ½ k T Mit k = Boltzmannkonstante Wichtig zu wissen ist, dass die im Mittel schnelleren (heißeren) Teilchen häufiger auf kältere (langsamere) treffen als umgekehrt und deshalb die Wärme immer nur von Materie höherer Temperatur zu Materie niedrigerer Temperatur fließt. Der thermische Strom wird in Materie durch das statistisch unregelmäßige Anstoßen von benachbarten Teilchen übertragen. Das ist ein ähnlicher Vorgang wie bei der Schallausbreitung, bei welcher die Schallenergie durch Anstoßen und Schwingen benachbarter Teilchen übertragen wird. 75 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Dadurch ist die maximale Wärmeausbreitungsgeschwindigkeit in Materie gegeben. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer thermischen Schockwelle ist gleich der Schallgeschwindigkeit cakustisch, die bei einigen hundert bis tausend Metern pro Sekunde liegt. Bei großen Entfernungen muss man berücksichtigen, dass die thermische Ausbreitung eine gewisse Zeitverzögerung (Totzeit) bedeutet. 76 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Beispiel: 10m lange Leitung mit cakustisch = 1000m/s l X wenn zum Zeitpunkt t=0 an der Stelle x=0 eine thermische Anregung erfolgt, so dauert es mindestens = l/cakustisch = 10-2s bis eine Reaktion am Ende erfolgt. Man kann also am Ende der Leitung keine Ergebnisse im Bereich unter 10ms betrachten. Bei Abmessungen im mm-Bereich (Transistor-Beispiel) sind Berechnungen unterhalb von 10s sinnlos! Diese Grenzbetrachtungen muß man übrigens auch bei elektrischen Schaltungen berücksichtigen, nur ist hier die Ausbreitungsgeschwindigkeit die Licht-geschwindigkeit, so dass man erst bei größeren Abmessungen die Ausbreitungszeit berücksichtigen muss, was auch zu den bekannten Wellenphänomenen führt. 5.2 Konvektion Wärmeübertragung durch Konvektion ist jedem von der Heizung im Haushalt bekannt. Hier wird zum Beispiel warmes Wasser in Heizungsrohren transportiert. Dieser Wärmetransport funktioniert durch Schwerkraftunterschiede von heißem und kaltem Wasser in den Rohren. Das heiße Wasser ist von geringerer Dichte und erfährt so Auftrieb. Das kalte Wasser fällt in der Rückleitung nach unten, es entsteht ein Konvektionskreislauf. Der Wärmetransport wird über einen Massetransport bewerkstelligt. Wird dabei eine Pumpe eingesetzt spricht man auch von erzwungener Konvektion. Wie mit Flüssigkeiten kann man auch mit Gasen Konvektionskreisläufe betreiben, Gerippte Transistorkühlkörper sind oft als Konvektionskühlkörper ausgelegt, die angegebenen Wärmewiderstandswerte gelten deshalb nur für den Fall, dass Luft frei durch die Kühlrippen strömen kann. 77 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 78 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.3 Wärmestrahlung Bei der Wärmestrahlung wird die Energie durch masselose Photonen übertragen. Da Photonen keine Ruhemasse besitzen funktioniert die Wärmestrahlung auch im Vakuum (z. B. Weltraum). Die Energie, die dabei von einem Photon übertragen E h wird, beträgt: mit und h = Plancksches Wirkungsquantum = Frequenz Man kann dem Photon auch eine relativistische Masse m zuordnen, es breitet sich ja mit der Lichtgeschwindigkeit c aus. Die Masse des Photons berechnet sich über die Einsteinsche Formel E m c2 Bei einem schwarzen Körper (ein Körper der seine Wärme 100%ig abstrahlen kann) mit einer Temperatur T besitzen die abgestrahlten Photonen aber auch im Mittel die Energie E k T mit k = Boltzmannkonstante Die drei genannten Energieformen eines Photons sind dabei nicht nur äquivalent zueinander. Es kann auch passieren das bei einem Zusammentreffen sehr heißer Photonen - also aus reiner Strahlung - Materie (Teilchen und Antiteilchen) entsteht. Die relativistische Masse der beteiligten Photonen muss dabei mindestens der Ruhemasse des entstehenden Materie-Teilchen- Antiteilchenpaares sein. Ist die Energie größer, erfahren die entstehenden Teilchen zusätzlich noch eine Beschleunigung.[2] Für die leichtesten denkbaren Materieteilchen, nämlich die Elektronen e- und die Positronen e+, beträgt die Schwellentemperatur allerdings 6 Millarden °C, was auf der Erde praktisch nicht vorkommt (Ausnahme: Hochenergieteilchenbeschleuniger) Deshalb werden wir uns mit der „Abkühlung“ durch Materiebildung auch nicht weiter befassen. Im Kapitel 3 leite ich allerdings aus der Strahlungsleistung eines schwarzen Körpers den nichtlinearen Strahlungswiderstand ab, den man dann wiederum in Ersatzschaltungen einsetzen kann. 79 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 80 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4 Lineare Vorgänge und Grundgrößen 5.4.1 Grundgrößen Bei der Wärmeleitung breiten sich Teilchen (Phononen) statistisch von einem warmen Bereich (mit energiereicheren Phononen) zu einem kalten Bereich (mit energieärmeren Phononen) aus. Der Energietransport pro Zeiteinheit ist der Wärmestrom. Zwischen Wärmestrom und Wärmefluss gilt der Zusammenhang: P P A Im eindimensionalen Fall wird aus Glg. (1.1.2.2) P A dT dx mit = Wärmeleitzahl A = Durchtrittsfläche (Das Minuszeichen besagt, dass der Wärmefluss in Richtung Temperaturabnahme verläuft – im Folgenden betrachten wir den Betrag) Der Wärmestrom P ist proportional zur Durchtrittsfläche A und zum Temperaturgefälle dT/dx. Näherungsweise kann man ansetzen: P A T T x 1 x A Den Term unter dem Hauptbruchstrich kann man als Wärmewidertstand R bezeichnen: R 1 x A Bei einem Wärmetransport nur in x-Richtung und bei einem Körper mit kleiner Länge l =x gilt dann R 1 l A 81 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Für den Wärmeübergang zwischen Gasen und Festkörpern definiert man den Wärmeübergangswiderstand R 1 A mit A = Wärmedurchtrittsfläche = Wärmeübergangszahl Nach Nusselt gilt für die Wärmeübergangszahl zwischen Festkörpern und Gasen näherungsweise für Gasgeschwindigkeiten v 5m/s W / m² K 5,8 4 v m/s Weitere physikalische Grundgrößen: die Wärmemenge Q in J oder Ws Q cmT mit c : Spez. Wärmekapazität (cp bei konst. Druck) mit m : Masse mit T: Temperaturdifferenz die Wärmekapazität C in J/K C cm c = cp oder cv spez. Wärmekapazität bei konst. Druck p bei konst. Volumen v Die Wärmemenge gibt auch die im Kondensator gespeicherte Energie E Q C T 5.4.2 Stationäre Wärmeströme Nehmen wir einen einfachen rechteckigen Körper, durch den ein Wärmestrom geführt wird: l T2 82 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 83 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Wenn man die Wärmekapazität außer Betracht lässt und nur einen Wärmetransport in x-Richtung annimmt (Der Quader nimmt nur an der vorderen Stirnfläche Wärme auf und gibt nur Wärme an der hinteren Stirnfläche ab), gilt der Zusammenhang: T1 T2 R P T R P Das ist analog zum „Ohmschen Gesetz“ der Elektrotechnik: U R I Hier R = elektrischer Widerstand I = elektrischer Strom U = elektrische Spannung Mit der Analogie zur elektrischen Gleichstromlehre kann man auf einfache Weise alle stationären Vorgänge ausrechnen. Beispiel: Ein Transistor erzeugt einen konstanten Wärmestrom durch die in ihm entstehende Verlustleistung. Der Wärmestrom wird über eine Kupferplatte und ein dünnes Isolationsscheibchen an einen Kühlkörper abgegeben: P Daraus ergibt sich dann das folgende Wärmeersatzschaltbild und das analoge elektrische Ersatzschaltbild. P=1W I=1A RCu = 0,03 K/W RCu = 0,03 RIsolation = 0,1 K/W RIsolation = 0,1 T U RKühlkörper = 3 K/W RKühlkörper = 3 22°C 22V 84 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Nun kann man die Temperaturdifferenz mit Hilfe der Wärmegleichung ausrechnen: T = P (RCu + RIsolation + RKühlkörper ) = 3,13°C Bei einer Umgebungstemperatur von 22°C (=295K) steigt die Temperatur am Transistor auf 25,13°C (=298,13K)*. Man hätte die Wärmegrößen aber auch in elektrische umwandeln können: Temperaturdifferenz T -> U Spannungsdifferenz Wärmestrom P -> I elektrischer Strom I Wärmewiderstand R R -> R elektrischer Widerstand R Umgebungstemperatur TU -> 0V Massepotential Aus dem ohmschen Gesetz folgt aus dem el. Ersatzschaltbild: U = I (RCu + RIsolation + RKühlkörper ) = 3,13V Durch den umgekehrten Analogieschluss Spannungsdifferenz -> Temperaturdifferenz U = 3,13V -> 3,13°C =T kann man dann zur gesuchten Temperaturdifferenz T gelangen. Warum dieser Umweg? Bei einfachen Anordnungen ist dies sicherlich nicht erforderlich. Bei komplizierten Netzwerken kann man jedoch auf die Methoden der Elektrotechnik zurückgreifen. Insbesondere wenn man auch die Wärmekapazitäten berücksichtigt und die dadurch entstehende dynamische (zeitabhängige) Temperaturentwicklung. Man kann dann auch Simulationsprogramme für elektrische Schaltungen wie z.B. P-Spice einsetzen. 85 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.3 Dynamische Wärmeströme Kommen wir noch einmal zurück auf den einfachen Quader durch den ein Wärmestrom fließt Dem gesamten Quader kann man eine Wärmekapazität C zuordnen, die sich aus seiner Masse m und der materialabhängigen speziellen Wärmekapazität cp (bei konst. Druck) berechnet: C = cp m Die Wärmekapazität ist mit der Wärmemenge Q über die einfache Differentialgleichung C=dQ/dT verknüpft. Für einen elektrischen Kondensator gilt analog (hier Q=Ladungsmenge): C=dQ/dU oder nach T bzw. U aufgelöst: T 1 Pdt C U 1 I (t )dt C für die wärmetechnischen wie elektrischen Kapazitäten greifen also die gleichen mathematischen Formeln. Im Ersatzschaltbild für den einfachen Quader liegen R und C parallel: T1 R T2 l T2 P T1 P C Nun ist dies nicht mehr ganz einleuchtend, wenn man bedenkt, dass der Wärmestrom der von links einfließt zunächst einen Wärmewiderstand überwinden muss, um zur Masse der rechten Hälfte des Blocks zu gelangen. 86 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Deshalb findet man in der Literatur auch gelegentlich ein T-Glied als Ersatzschaltung: T1 R/2 R/2 T2 P Das ist dann aber auch nicht ganz korrekt, weil der Wärmestrom auf der linken T2 Hälfte zunächst nur durch einen Widerstand fließt, obwohl eigentlich sofort ein Teil der Kapazität wirksam ist. Das Problem der Ersatzschaltung löst sich auf, wenn man einen realen Quader in eine Vielzahl n von kleinen Quadern zerlegt und für jeden kleinen Quader den Widerstand und die Kapazität berechnet. 1 2 3 i Ci Ri n Rn Cn Die Reihenschaltung der Widerstände ist trivial. Die Ersatzschaltung der Kapazität ist etwas schwieriger zu verstehen. Man wird als Elektrotechniker dazu verleitet, die Bezugselektroden jeweils links und rechts anzuordnen. Für einen Wärmekondensator existieren aber keine Kondensatorplatten, sondern es zählt allein die Masse des Scheibchens. Bezugspotential ist die Umgebungstemperatur, deshalb ist jede Wärmekapazität einseitig an Bezugspotential (Masse) geklemmt. Die Erwärmung des Quaders durch einen linearen Wärmestrom der von links nach rechts fließt, lässt sich anschaulich wie folgt erklären: Zuerst wird sich die Wärmekapazität der ersten Scheibe aufladen, Punkt 2 ist dabei noch auf Umgebungstemperatur. Deshalb erfolgt die Aufladung wie bei einem RCGlied nach einer e-Funktion, wie weiter unter näher erläutert. Die Temperatur des ersten Scheibchens nähert sich einem bestimmten Endwert. Mit zunehmender Temperatur von Scheibchen 1 kann dann allmählich auch Scheibchen 2 geladen werden usw. 87 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Diese Ersatzschaltung wird in der E-Technik auch Eimerkettenschaltung genannt. Der Name Eimerkette rührt von der Vorstellung, dass die Ladungen wie bei einer Eimerkette weitergereicht werden. 88 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.4 Anwendung der Systemtheorie An dieser Stelle wird es auch interessant die Systemtheorie für lineare zeitinvariante Systeme zu betrachten. Die Systemtheorie bietet den Vorteil, dass man zunächst die physikalischen Einheiten fallen lässt. Es ist dann egal, ob man elektrische Spannungen oder Temperaturen oder andere physikalische Signale betrachtet. Alle Größen sind normiert: Zeiten auf 1s, Spannungen auf 1V und Temperaturen auf 1K. Man muss nur am Ende der Berechnungen die Einheiten wieder einführen. Vorteil der Systemtheorie ist es auch, dass man das Problem im Zeitbereich und in einem transformierten Bereich (z.B. Frequenzbereich) berechnen kann. Die Berechnung im transformierten Bereich ist oft einfacher und führt deshalb leichter zum Ziel. 5.4.4.1 Lösung für RC-Glieder Beginnen wir die Systembetrachtungen wieder für einen einfachen nur in x-Richtung leitendes Scheibchen (Strahlung und Konvektion zu den anderen Richtungen seien vernachlässigt). Dieses zeigt RC-Verhalten. Die Sprungantwort erhält man durch Lösung des Zeitverlaufs der dargestellten Wärmeströme und Temperaturdifferenzen. t=0 PR(t) P(t) PC(t) P0 T(t) Zum Zeitpunkt t=0 wird der konst. Wärmestrom P0 eingeschaltet: P(t) = P0 (t) mit (t) : Sprungfunktion P(t) P0 t 89 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze nach der Knotenregel gilt: Die Summe aller Ströme ist gleich Null P(t) = PR(t) + PC(t) dies führt auf die Differentialgleichung P0 (t ) T (t ) dT (t ) C R dt die sich mit Hilfe der Laplace Transformation lösen lässt: P0 (t ) P0 T (t ) dT (t ) C R dt 1 T ( s) C[ sT ( s ) T (t 0)] s R T ( s ) T ( s) P0 s (1 / R Cs) P0 / C s(1 / RC s ) T (t ) P0 R(1 e t / RC ) P0R T(t) τ 90 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Mit der Zeitkonstanten : Bordnetze = RC Und dem Endwert der Temperatur Tende : Tende = P0R 91 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.4.2 Signaltheoretische Lösung RC-Glieder Die Signaltheorie liefert den Zusammenhang, dass die Stoßantwort die Ableitung der Sprungantwort ist, und zwar auf den Einheitssprung (P0 =1): h(t ) erste 5.4.4.2.1 dg (t ) dt d ( R(1 e t / )) h(t ) dt 5.4.4.2.2 In unserem Fall also 5.4.4.2.3 1 t / e C Die Stoßantwort h(t) ist das, was ein System eindeutig charakterisiert. Kennt man die Stoßantwort eines Systems, so kennt man automatisch alle Antworten g(t) des Systems auf beliebige Eingangssignale s(t) über das Faltungsintegral g(t). h(t ) Signal s(t) AntAntwort h(t) R e t / g(t) Antwort t g (t ) s(t x)h( x)dx 5.4.4.2.4 Die Gleichung 5.4.4.2.4 ist das sogenannte Faltungsintegral, dafür schreibt man abkürzend g(t) = s(t) * h(t) * ist der Faltungsoperator Wie oben erwähnt bietet die Systemtheorie den Vorteil, dass man das Signalverhalten auch in einem transformierten Bereich betrachten kann, z.B. im Frequenzbereich. Zeitbereich Frequenzbereich Signal s(t) h(t) g(t) Antwort S(f) H(f) G(f) Signalspektrum Übertragungsfunktion Antwortspektrum 92 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 93 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Der Zusammenhang zwischen dem Zeitbereich (mit der Variablen t) und dem Frequenzbereich (mit der Variablen f) ist über die Fouriertransformation gegeben. F {s (t )} s(t )e j 2ft dt Für eine Vielzahl von Funktionen liegen Transformationen in Tabellenform vor (z.B. Bronstein Semendjajew). Es gibt allerdings eine Reihe von Integralen, die sich nicht lösen lassen, weshalb man dann die komplexe Frequenz s einführt. Anstelle der Fouriertransformation verwendet man dann die Laplacetransformation: L{s(t )} s(t )e st dt 0 mit s=-j2f Auch für diese Transformationsvariante gibt es eine Vielzahl bereits berechneter Funktionen. Heutzutage kann man auch Mathematikprogramme wie Maple oder Mathcad einsetzen, um die Transformationsintegrale lösen zu können. Der Vorteil der Betrachtung im Frequenzbereich wird deutlich, wenn man die Antwort aus Signal- und Übertragungsfunktion berechnet: G( f ) S ( f ) H ( f ) g(t) = Im Zeitbereich galt s(t) * h(t) Der Faltung im Zeitbereich entspricht eine einfache Multiplikation im Frequenzbereich. Dieser Vorteil wird umso deutlicher, wenn mehrere Systeme hintereinander geschaltet werden: s1(t) h1(t) g1(t) s2(t) h2(t) g2(t) S1(f) H1(f) G1(f) S2(f) s3(t) h3(t) g3(t) H2(f) G2(f) S3(f) H3(f) G3(f) Im Zeitbereich müsste man mehrfach die Faltungsintegrale lösen, im Frequenzbereich erhält man die Gesamtantwort durch mehrfaches Multiplizieren 94 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze G( f ) S1 ( f ) H 1 ( f ) H 2 ( f ) H 3 ( f ) Will man die Gesamtantwort im Zeitbereich haben, muss man nur noch einmal die Rücktransformation durchführen, also die inverse Fourier- oder Laplacetransformation durchführen: g (t ) L1{G( s)} g (t ) F 1{G( f )} bzw. g (t ) G ( f )e j 2f g (t ) G( s)e sf df df 0 Für die Rücktransformation löst man entweder die Integrale oder benutzt wiederum die Transformationstabellen. Für unseren Quader galt als Stoßantwort: h(t ) 1 t / e C In der transformierten Form (=RC): H ( s) 1 1 C1 s H(s) nennt man auch die Übertragungsfunktion. In unserem Fall gibt die Übertragungsfunktion den Zusammenhang zwischen Eingangsspannung und Eingangsstrom wieder. Bei Kurzschluss des Ausgangs ist in unserem Fall der 1 1 C 1 s Ausgangsstrom = Eingangsstrom. Damit ist der Term identisch mit der Kurzschlußkernimpedanz Zk. Zur Zk gelangt man auch, wenn man den komplexen Widerstand des RC-Glieds bei kurzgeschlossenem Ausgang berechnet und j durch s substituiert: R P(t) C T(t) Zk 1 1 jC R 1 1 C 1 j RC 95 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 96 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.5 Vom komplexen Widerstand zur Sprungantwort im Zeitbereich Zu einem wärmetechnischen Problem kann man relativ einfach ein Ersatzschaltbild aus Widerständen und Kapazitäten erstellen. In den meisten Fällen wird eine Seite der Schaltung auf Umgebungstemperatur liegen, welche im Ersatzschaltbild als Bezugspotential bzw. Masse erscheint. Zur Ermittlung des Zeitverlaufs der Erwärmung ermittelt man zunächst die Übertragungsfunktion der Schaltung. Die Übertragungsfunktion H(j) erhält man durch Bildung der Kurzschlusskernimpedanz ZK(j) der Schaltung, das ist der komplexe Widerstand der Schaltung den man von der Wärmequelle aus betrachtet „sieht“. P ZK(j) => Netzwerk aus R und C Eine Übertragungsfunktion gibt allgemein das Verhältnis von Ausgang zu Eingang im Frequenzbereich an: Übertragungsfunktion Ausgangsfunktion Eingangsfunktion Für die Kurzschlusskernimpedanz gilt bei unserer Betrachtung Z K ( j ) T ( j ) P( j ) Damit können wir ZK(jω) als Übertragungsfunktion identifizieren. Mit Hilfe der Übertragungsfunktion kann man die Zeitantwort des Systems auf jede beliebige Anregung erhalten unter der Voraussetzung eines linearen Verhaltens (Linear Time Invariant). Für die Wärmerechnung wird man in den meisten Fällen ein plötzliches Einschalten einer Wärmequelle berechnen wollen. In der Sprache der Systemtheorie ist das die Ermittlung der Sprungantwort (t). Bevor man zur Sprungantwort gelangt ermittelt man zunächst die Stoßantwort (t), weil diese sich aus der inversen Fourier-Transformation der Übertragungungsfunktion 97 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze berechnen lässt [Lüke]. In vielen Fällen ist es auch sinnvoll, dazu die inverse Laplace-Transformation zu benutzen, weil diese einen größeren Lösungsbereich abdeckt. (Die Fouriertansformation ist quasi eine Achse im komplexen Lösungsbereich der Laplacetransformation). Hat man die Stoßantwort, so muss man nur noch einmalig integrieren, denn zwischen Stoß- und Sprungantwort besteht der allgemeine Zusammenhang: (t ) (t )dt Die prinzipielle Vorgehensweise ist also: Berechnung des komplexen Widerstands (Kurzschlußkernimpedanz) Substitution der imaginären Frequenz j durch die Variable s, das ergibt direkt die Laplacetransformierte der Übertragungsfunkion [1] Bildung der inversen Laplacetransformation der Übertragungsfunktion ergibt die Stoßantwort im Zeitbereich Integration der Stoßantwort ergibt die Sprungantwort des Wärmestroms Die Sprungantwort ist das, was letztendlich benötigt wird, weil der Wärmestrom P in vielen technischen Anwendungen sprungförmig aufgeschaltet wird. Beim letzten Schritt muss man darauf achten, dass eine Konstante addiert werden muss. Diese ermittelt man aus dem Wert für t gegen unendlich. 5.4.6 Lösungsbeispiele linearer dynamischer Vorgänge 5.4.6.1 Temperaturverlauf in einem Warmwasserspeicher Mit Warmwasser-Solarkollektoren kann besonders umweltfreundlich Energie sparen. Dabei tritt immer wieder die Frage auf, wie lange man bei gegebener Speichergröße noch warmes Wasser zur Verfügung hat. Bei großen Anlagen versucht man die Speicherzeit auch über 6 Monate zu bringen, um die überschüssige Sommersonnen- wärme im Winter nutzen zu könne. Hier ist dann die Speichergröße und der Isolationswiderstand zu berechnen, damit man auf eine entsprechende Speicherzeit kommt. 98 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Ein mit Hartschaum isolierter Wassertank (300l) hat sich über einen Wärmetauscher, durch den bei Sonnenschein heißes Wasser fließt, am Tage auf 60°C aufgeheizt. Die Umgebungstemperatur beträgt durchschnittlich 21°C. Die Abhängigkeit der Temperatur von der Zeit soll ermittelt werden. Dazu muß zunächst eine Ersatzschaltung aus Wärmewiderständen und – Kapazitäten aufgestellt werden. In diesem Fall ist dies besonders einfach. Die Wassermasse stellt im Wesentlichen eine Wärmekapazität dar und die Hartschaumisolierung einen Wärmewiderstand: P P(t) 60°C R TR(t) C R 1 C TC(t) 21°C Tagsüber hat sich der Speicher wie ein Kondensator aufgeladen, nachts fließt ein Entladestrom, die Temperatur sinkt. In der Elektrotechnik gilt die Regel: Die Summe aller Spannungen in einem geschlossenem Stromkreis ist gleich Null. In der Wärmetechnik gilt analog: Die Summe aller Temperaturdifferenzen in einem geschlossenen Wärmekreis ( 1) ist gleich Null, also TR (t ) TC (t ) 0 oder P (t ) R 1 P (t )dt 0 C P (t ) 1 P (t )dt 0 RC Die Lösung dieser Integralgleichung für den Strom ist: t P(t ) P0 e RC mit P0 T0 R 99 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Die Lösung für die Temperatur erhält man über das ohmsche Gesetz der Wärmelehre (T=RP): t T (t ) R P(t ) R P0 e RC T (t ) T0 e t RC Die zahlenwertmäßige Berechnung sei hier mit Maple demonstriert: > restart; > with(plots): > with(plottools): > To:=60; Anfangstemperatur des Speichers in °C To := 60 > Tu:=21; Umgebungstemperatur in °C Tu := 21 > Delta:=To-Tu; Anfangstemperaturdifferenz des Speichers in °C Delta := 39 > t_Ende:=100; Ende der Zeitskala in Stunden t_Ende := 100 > H:=1.35; Höhe des Tanks in m H := 1.35 > d:=0.62; mittlerer Durchmesser des Isolationsmantels in m d := .62 > lambda:=0.03;spez. Wärmeleitfähigkeit des Isolationsmaterials in J/msK lambda := .03 > m:=300; Wassermenge in kg (1l = 1kg) m := 300 > W:=0.03; Wandstärke der Isolation in m W := .03 100 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze > c:=4.18*10^3; spezifische Wärmekapazität von Wasser in J/kgK c := 4180.00 > A:=(2*Pi*d*H)+((Pi*d^2)/2); Oberfläche A des Isoaltionsmantels A := 1.866200000 Pi > evalf(%,5); Mantelfläche in m² 5.8629 > R:=(1/lambda)*W/A; Wärmewiderstand R der Isolierung in K/W R := .5358482477 / > C:=m*c; Wärmekapazität C in J/K oder Ws/K C := 1254000 > tau:=R*C: Zeitkonstante tau; in Sekunden > evalf(tau,10); 213889.5065 > tau:=tau/3600; tau in Stunden tau := 59,4137 > T:=Tu+Delta*exp(-t/tau); T := 21 + 39 exp(- t / 59,4137) > plot(T,t=0..t_Ende); T/°C 101 t/h Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Man erkennt anhand des Kurvenverlaufs, dass man durchaus über einen Tag hinaus mit einem gut isolierten 300l-Tank warmes Wasser zum Duschen speichern kann. (Bei dieser Rechnung ist nicht die Wärmeableitung über die Anschlussrohre berücksichtigt, in Wahrheit wird die Abkühlung etwas schneller ablaufen.) Im Zusammenhang mit der Anschaffung einer Warmwasser-Solaranlage wird auch immer wieder die Frage gestellt, wieviel Energie E man einsparen kann. Wenn wir obiges Beispiel zu Grunde legen, können wir die Energieersparnis aus dem Wärmestrom P(t) berechnen: E P (t )dt E P0 e t RC dt 0 t RC E P0 ( RC ) e 0 t RC E T0 C e 0 E T0 C E 39 K 1254000 J / K E 48906000Ws E 13,585kWh Nehmen wir an, dass 1kWh ca. 0,25 Euro kostet und man die gespeicherte Wärme an 100 Tagen im Jahr nutzen kann, so erwirtschaftet die oben genannte Anlage mit dem 300l-Tank jährlich 250 Euro. 102 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Man kann auch sofort erkennen, dass eine um 10K höhere Speichertemperatur (T=70°C und T0 = 49K) schon ca. 20% mehr Energiegewinn bringen. 103 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.6.2 RRC-Glied Gegeben ist ein Kondensator: System bestehend T1(t) P(t) aus zwei Widerständen und einem T2(t) R2 R1 C T(t) Der Wärmestrom wird sprungförmig eingeschaltet: P(t ) (t ) P0 Zu berechnen sind die Gesamttemperatur T(t), T1(t) undT2(t) 104 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Lösung: Bestimmung der Kurzschlusskernimpedanz: Z K ( j ) R1 1 R2 jC Ersetzen von jω durch s: Z K ( s ) R1 1 R2 sC Z K ( s ) R1 1 1 C 1 s mit 2 R2 C2 2 H ( s) Z K ( s) Eingangssignal ist die Sprungfunktion des Wärmestroms: s(t ) (t ) P 0 die Laplacetransformierte S ( s) s (t ) S (s ) G( s) S ( s) H ( s) P0 s h(t ) g (t ) H(s) G(s) P0 PR P /C 1 1 1 [ R1 ] 0 1 0 s C 1 s s 1 s s 2 2 Die Rücktransformation liefert die Sprungantwort: t 2 g (t ) T (t ) P0 R1 (t ) P0 R2 (1 e ) 105 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.6.3 Fünffach RC-Glied Lösung mit Maple: [> restart; [> with(plots); [> with(inttrans); [> k:=1: [> C:=1/5: [> R:=1/5: [> Yp:= s*C + 1/R; Yp := s 5 5 [> for k to 4 do Zk := 1/Yp + R: Yp := 1/Zk + s*C: [> od: 1 Zk := 1 1 1 1 s 5 1 1 5 1 s 5 1 1 5 1 s 5 1 1 5 s 5 5 5 [> Zk:= 1/Yp; s 5 Zk = H(s) [> h5:=invlaplace(Zk, s, t); Berechnung der Stoßantwort aus der inversen Laplacetransformierten h5 := ( t ) 1 ( 100 ) e 55 RootOf( 5859375_Z9765625546875_Z217500_Z3225 _Z4_Z5 ) 106 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze [> sprung5:=int(h5,t=0..x); Sprungfunktion durch Integration von h5 x sprung5 := 0 ( t ) 1 dt ( 100 ) e 55 217500_Z3225 _Z4_Z5 ) RootOf ( 5859375_Z 9765625 546875_Z [> plotsprung5 := plot(sprung5, x = 0..10, colour=green ): [> plotsprung1 := plot(1-exp(-x), x = 0..10, colour = red): [> display({plotsprung1,plotsprung5}); t 107 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.6.4 Schmelzsicherungen 5.4.6.4.1 Variante 1 Zinn-Messing-Sicherung Messing Zinn Die Sicherung besteht aus einem sich verjüngenden 1,5mm Dicke. In der Mitte befindet sich ein 2mm * Übersteigt die Temperatur die Schmelztemperatur des Sicherung aus. Der Engpass von 10mm * 10mm *1,5mm hat einen 50µ. Messing-Blechstreifen von 10mm breiter Zinnstreifen. Zinns (232°C), löst die elektr. Widerstand Rel von In allererster Näherung nimmt man an, dass die Verlustwärme mittig eingespeist wird und zu gleichen Teilen links und rechts abfließt. Für kurze Zeiten kann man annehmen, dass sich die Anschlusslaschen auf Umgebungstemperatur befinden. Für die Engstelle kann man jeweils einen Wärmewiderstand und einen Wärmekondensator für den Wärmestrom nach links und rechts berechnen: P P Tu Tu Rl C Rr Zusammengefasst: P R Mit R = 2,22K/W (= Rr/2) C und C =0,378J/K Dieses RC-Glied erwärmt sich nach einer e-Funktion: t T TEnd (1 e ) 108 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze mit TEnd P R R C Der Wärmestrom P ist identisch mit der elektrischen Verlustleistung, die sich aus dem elektr. Strom I und dem elektr. Widerstand Rel berechnet: P I ² Rel Fließen zum Beispiel 300A an elektrischem Strom durch die Sicherung entpricht das einer Verlustleistung von 4,5W. Der Wärmestrom P ist dann ebenfalls 4,5W. Für diesen Strom kann man dann den Endwert der Temperatur TEnd und die Zeitkonstante berechnen: K 10 K W J K 0,378 2,22 0,84 s K W TEnd 4,5W 2,22 Die Zeit ist die Zeit, nach der die e-Funktion den 1/e-fachen Wert also etwa 63% des Endwerts erreicht hat. Diese Sicherung wird sich also bei 300A nach einigen Sekunden um 10K über die Umgebungstemperatur aufheizen. Ist die Umgebungstemperatur 25°C so wird die Endtemperatur dann 35°C sein. Man kann jetzt natürlich auch ausrechnen bei welchem el. Strom der Temperaturendwert von 232°C erreicht wird. Bei dieser Temperatur wird das Zinn schmelzen und die Sicherung auslösen. Bei Tu = 25°C beträgt TEnd = 232°C - 25°C = 207K Und P TEnd 207 K 93,24W K R 2,22 W Aus Leistung P berechnet man dann den elektrischen Strom 109 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences I Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze P 1363 A R el Im Einsatz als PKW-Sicherung löst diese Sicherung erst bei Kurzschlussströmen über 1363A aus. 110 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.6.4.2 Variante 2 : 35 25 14 10 60 Der Sicherungsstreifen besteht aus einem 2mm dicken Messingblech. Der schmale mittlere Steg mit einer Breite von 3,3mm ist das auslösende Element, weil es den höchsten elektrischen Widerstand aufweist und damit bei el. Stromfluss am wärmsten wird. Steigt die Temperatur über die Schmelztemperatur von 900°C löst die Sicherung aus. Genau genommen muss man dann noch die Schmelzwärme und die Verdampfungswärme des Metalls in einem Bereich von 1-2mm in der Mitte berücksichtigen. Beim Aufschmelzen verringert sich der elektrische Querschnitt, so dass die letzte Stufe explosionsartig erfolgt und die Zeitspanne im Vergleich zur gesamten Aufheizzeit vernachlässigbar ist. Der elektr. Widerstand beträgt Rel = 225µ. Der Wärmewiderstand nach oben genanntem Ersatzschaltbild R = 12K/W Die Wärmekapazität C = 0,4 J/K Daraus folgt eine Zeitkonstante = 4,8s Bei 300A gilt für die Temperaturerhöhung TEnd = 243K Die Berechnung des Stroms, bei dem die Schmelztemperatur von Messing 900°C erreicht wird, ergibt. I = 569A 111 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 112 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.6.4.3 Vergleich der beiden Sicherungen Im Kurzeitbereich (<5s ) reagiert Variante 2 träger wegen 2 > 1 (Das ist zum Beispiel wichtig für Anlasserimpulse) Variante 2 löst aus bei Kurzschlussströmen ab 570A Variante 1 löst aus bei Kurzschlussströmen ab 1370A Das Auslöseverhalten von Variante 1 ist wegen des niedrigen Schmelzpunktes (232°) stark abhängig von der Umgebungstemperatur Variante 2 ist auch als Hochtemperaturbauteil bis 160°C Dauerbetriebs temperatur einsetzbar, ohne dass sich die Auslösecharakteristik ändert. 5.4.6.5 Die Eigenerwärmung einer elektrischen Leitung in erster Näherung In einer elektrischen Leitung entsteht die Erwärmung durch die ohmschen Verluste am elektrischen Widerstand der Leitung. Die Verlustleistung entsteht homogen an jedem Punkt der Leitung, die Leitung wird sich Längsrichtung gleichmäßig erwärmen (T(x)=konst.) (Dies gilt streng genommen nur für el. Gleichstrom, bei dem Stromverdrängung und Skineffekt keine Rolle spielen. Da der radiale Wärmewiderstand des metallischen Leiters jedoch wesentlich kleiner ist, als alle anderen Wärmewiderstände gilt dies näherungsweise auch für el. Wechselspannung. Das soll heißen, falls durch Stromverdrängung oder Skineffekt sich der Leiter am äußeren Umfang mehr erwärmt als im Inneren, dann findet über den im Verhältnis zur Längenausdehnung kleinen Radius ein schneller Wärmeausgleich statt.) Betrachtet man z. B. eine 1m lange Kupferleitung und unterteilt diese gedanklich in 100cm, so wird wärmemäßig jeder Zentimeter von der gleichen Verlustleistung dem gleichen Wärmestrom - gespeist. Jeder Zentimeter der Leitung wird sich gleichermaßen erwärmen. Nur an den Leitungsenden könnten Unterschiede auftreten, diese lassen wir zunächst unberücksichtigt. Die folgenden Betrachtungen gelten also für eine langen Leitung mit l >>r. Da sich also jeder Zentimeter der Leitung gleichermaßen erwärmt, kann keine Wärme in Längsrichtung der Leitung fließen, dazu wäre ja ein Temperaturgefälle erforderlich. 113 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Die Wärme kann nur über die Mantelfläche der Leitung abfließen, dass heißt über Strahlung oder Konvektion. 114 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Daraus ergit sich folgendes Ersatzschaltbild: P RCu P RIso P RStr RKon CCu Der radiale Wärmewiderstand des Leiterkupfers RCU ist wesentlich kleiner als der Isolationswiderstand und auch wesentlich kleiner als die anderen Wärmewiderstände der Leitung, deshalb kann man ihn vernachlässigen. In erster Näherung kann man die verbleibenden Wärmewiderstände zu einem konstanten Wärmewiderstand zusammenfassen. Dann gelangt man wieder zu dem schon bekannten RC-Verhalten. Bei den verbleibenden Größen ist es egal welche Längeneinheit man betrachtet. Man kann wegen der Parallelschaltung die gesamte Leitungslänge und die gesamte Leistung ansetzten oder n-mal einen n-ten beliebigen Bruchteil, es führt immer zum gleichen Ergebnis: P0/n P0 R CCu = n∙ n∙R CCu/n Die Erwärmung erfolgt nach der bekannten Gleichung: 115 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences T (t ) P0 R e Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze t RC Cu 116 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 4.4.6.6 Die Eingangswärmeimpedanz einer Leitung 4.4.6.6.1 Rekursive Lösung In vielen Fällen wird eine Leitung von einer Seite von einer Wärmequelle gespeist, zum Beipiel durch eine Sicherung, eine Glühlampe oder einen Halbleiter. Die Leitung dient dann als Wärmesumpf. Dabei interessiert dann neben der Eigenerwärmung die eingangsseitige Wärmeimpedanz für die externe Wärmequelle. Die Berechnung der Wärmeimpedanz lässt sich leicht nachvollziehen, wenn man die Leitung gedanklich wieder in kleine Stücke aufteilt z.B.in cm. Jeder Zentimeter besitzt einen radialen Strahlungswiderstand RStr, einen radialen Wärmewiderstand der Isolation RIso, einen Wärmewiderstand in Längsrichtung Rl sowie eine Wärmekapazität Cm durch die Masse des metallischen Leiters. Den radialen Wärmewiderstand des Leiters kann man vernachlässigen, weil er wesentlich kleiner ist, als alle anderen Wärmewiderstände. Rl RIso P Yp RStr Cm Bei einer 1m langen Leitung hat man also 100 dieser Teilstücke in Reihe zu schalten. Das Ende der Leitung kann man auf Umgebungstemperatur (Masse) annehmen. (Wenn die Leitung lang genug ist, ist das exakt so.) externe Quelle Po Ze P 100. 99. …. P P 4. 3. P P 2. 1. P Die Eingangsimpedanz lässt sich sukzessive berechnen. Riso und Rstr liegen in Reihe zueinander und parallel zu Cm. Diese drei Elemente haben den komplexen Wärmeleitwert Yp: 1 1 YP jC m bzw. YP sC Rstr Riso Rstr Riso am Leitungsende (1.cm) liegen Rl und YP parallel und ergeben den komplexen Wärmeleitwert Y1: 117 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Y1 Y p Bordnetze 1 Rl Für den 2. cm liegen Rl und Y1 in Reihe und ergeben Z1: 1 Y1 und dazu liegt wiederum Yp parallel. Der Eingangsleitwert für den 2.cm lautet dann: Z 1 Rl Y2 YP 1 Z1 Für die weiteren Stücke folgt immer wieder die Reihenschaltung von Rl bzw. die Parallelschaltung von YP. Will man den Eingangsleitwert des dargestellten Beispiels einer Leitung mit 100 Teilstücken berechnen muss man dies folglich 99mal tun und einmal am Leitungsende den Widerstand Rl parallel rechnen. Das wiederum macht man elegant mit einem Programm. Dazu ein Programmierbeispiel in Maple: k:=1: Y1:=Yp+(1/Rl): for k to 99 do Zk:=Rl+(1/%): Yk:=Yp+(1/%): od: Ze:=1/Yk komplexer radialer Wärmeleitwert des 1. cm der Leitung sukzessive Berechnung der Wärme-Leitungsimpedanz (Das %-Zeichen bedeutet: Verwende das Ergebnis der letzten Berechnung.) Diese sieben Programmzeilen reichen also aus, um die eingangsseitige komplexe Wärmeimpedanz der Leitung zu berechnen. Um die Temperaturerhöhung am Eingang der Leitung zu bestimmen, geht man wieder den Weg über die inverse Laplace-Transformation zur Stoßantwort [> Stoßantwort := invlaplace(Ze,s,t); und mit einmaligem Integrieren gelangt man zur Sprungantwort: [> Sprungantwort := int(Stoßantwort, t=0..x); 118 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.4.6.5 Transistorkühlung 5.4.6.5.1 Beispiel 1: IPB072N153G auf einem Cu-Board Ein MOSFET Transistor mit einem Ron von 7,2m wird mit einem konstanten Strom von 50A betrieben. Der Transistor ist direkt auf ein Cu-Board gelötet mit den Abmessungen 2,5cm x 1,5cm x 0,5cm. Die Wärmeableitung über die Anschlussdrähte wird vernachlässigt. CSi = 3,5∙10-3 J/K RthJC = 0,5 K/W RthJA = 21 K/W CCu = 5 J/K Lösung mit OrCAD Capture PSpice: Abb. 5.4.6.5.1.1: Schaltplanansicht in PSpice Bei der Eingabe in PSPice ist R12 erforderlich weil der Schalter einen endlich hohen Widerstand (1M) auch im offenen Zustand hat. Bei den Kapazitäten muss darauf geachtet werden, dass der Parameter IC (Initial Condition) auf 0V gesetzt wird. 119 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Das Ergebnis der Temperaturerhöhung erhält man in grafischer Form: Temperaturerhöhung am Silizium (Junction) Temperaturerhöhung am Gehäuse (Case) Abb. 5.4.6.5.1.2 : PSpice liefert den Temperaturverlauf als Grafik. Die Einheit V (Volt) entspricht K (Kelvin). Beispielweise beträgt die Gehäusetemperatur nach zehn Sekunden 35K (plus die Umgebungstemperatur) 120 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze 5.5.1 Der Strahlungswiderstand Kommen wir noch einmal auf das Beispiel der Transistorerwärmung zurück. Ursache der Erwärmung ist der Ron des Feldeffekttransistors. Im stationären Zustand erwärmt sich der Transistor auf einen bestimmten Endwert. Im Beispiel waren dies 25,31°C. Bei der erhöhten Temperatur steigt aber auch der Ron. Bei konstantem elektrischem Strom steigt dann auch die Verlustleistung bzw. der Wärmestrom. Mit größer werdendem Wärmestrom steigt wiederum die Endtemperatur und damit wächst der Ron bis ins Unendliche. Wenn der Wärmestrom nicht unterbrochen wird oder ein Wärmewiderstand mit negativem Temperaturkoeffizienten vorhanden ist, steigt die Temperatur am Transistor stetig an. In dem aufgeführten Beispiel ist keiner der Widerstände so geartet, dass er mit steigender Temperatur kleiner wird. Also müsste dies letztendlich zur unendlichen Temperaturerhöhung bzw. zur Zerstörung des Bauteils führen. Glücklicherweise existiert in der Realität jedoch der Strahlungswiderstand des Kühlkörpers, der mit der 3. Potenz der Temperatur abnimmt. Die Definition des Strahlungswiderstands gelingt über den Ansatz: Rstr T Pstr Pstr ist die Strahlungsleistung nach dem Planckschen Strahlungsgesetz Damit gilt für den Strahlungswiderstand Rstr: Rstr T A(( 273C T TU ) 4 (273C TU ) 4 ) mit T = Temperaturdifferenz zur Umgebung in °C = 5,669 10-8 Wm-2K-4 Strahlungskonstante eines schwarzen Körpers A = Strahlungsfläche in m² TU = Umgebungstemperatur in °C Mit zunehmender Temperatur sorgt der Strahlungswiderstand dafür, dass ein Teil des Wärmestroms kurzgeschlossen wird. Das gesamte System kann sich bei entsprechender Dimensionierung des Kühlkörpers auf einen festen Endwert einregeln. 121 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 5.5.1.1 Eigenerwärmung einer Leitung unter Berücksichtigung des Strahlungswiderstands In einer elektrischen Leitung entsteht die Erwärmung durch die ohmschen Verluste am elektrischen Widerstand der Leitung. Die Verlustleistung entsteht homogen an jedem Punkt der Leitung, die Leitung wird sich Längsrichtung gleichmäßig erwärmen (T(x)=konst.) (Dies gilt streng genommen nur für el. Gleichstrom, bei dem Stromverdrängung und Skineffekt keine Rolle spielen. Da der radiale Wärmewiderstand des metallischen Leiters jedoch wesentlich kleiner ist, als alle anderen Wärmewiderstände gilt dies näherungsweise auch für el. Wechselspannung. Das soll heißen, falls durch Stromverdrängung oder Skineffekt sich der Leiter am äußeren Umfang mehr erwärmt als im Inneren, dann findet über den im Verhältnis zur Längenausdehnung kleinen Radius ein schneller Wärmeausgleich statt.) Betrachtet man z. B. eine 1m lange Kupferleitung und unterteilt diese gedanklich in 100cm, so wird wärmemäßig jeder Zentimeter von der gleichen Verlustleistung dem gleichen Wärmestrom - gespeist. Jeder Zentimeter der Leitung wird sich gleichermaßen erwärmen. Nur an den Leitungsenden könnten Unterschiede auftreten, diese lassen wir zunächst unberücksichtigt. Die folgenden Betrachtungen gelten also für eine langen Leitung mit l >>r. Da sich also jeder Zentimeter der Leitung gleichermaßen erwärmt, kann keine Wärme in Längsrichtung der Leitung fließen, dazu wäre ja ein Temperaturgefälle erforderlich. Die Wärme kann nur über die Mantelfläche der Leitung abfließen, dass heißt über Strahlung oder Konvektion. Daraus ergit sich folgendes Ersatzschaltbild: P RCu P RIso P RStr RKon CCu 122 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Der radiale Wärmewiderstand des Leiterkupfers RCU ist wesentlich kleiner als der Isolationswiderstand und auch wesentlich kleiner als die anderen Wärmewiderstände der Leitung, deshalb kann man ihn vernachlässigen. Die Konvektion soll im folgenden zunächst außer Acht gelassen werden. Dann bleibt wieder ein RC- Esatzschaltbild P0 RIso P RStr CCu Bei den verbleibenden Größen ist es egal welche Längeneinheit man betrachtet. Man kann die gesamte Leitungslänge und die gesamte Leistung ansetzten oder einen beliebigen Bruchteil, es führt immer zum gleichen Ergebnis: P0/n P0 nRIso RIso P = RStr CCu P n∙ nRStr CCu/n Am einfachsten ist es, wenn man auf ein Meter Leitungslänge bezieht, dann sind die Größen beispielsweise für eine 35mm²-Cu-Leitung mit Wandstärke der Kunststoffisolation 1,5 mm 123 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Außendurchmesser der isolierten Leitung Wärmewiderstand der Kunststoffisolation Wärmekapazität der Leitung RIso 12 mm = 0,08 K/W CCu= 93,45 J/K Der Strahlungswiderstand ist nicht konstant und stark nichtlinear, er wird erst bei Erreichen eines Temperaturendwertes der Leitung konstant bleiben. Man kann den Strahlungswiderstand sukzessive berechnen, wenn man die Temperaturdifferenz kennt. Die kennt man aber nicht, weil man den Strahlungswiderstand anfänglich nicht kennt. Das scheint zunächst unlösbar, ist es aber nicht: Wir wissen, dass die Erwärmung exponentiell beginnt, wie in Kap. 2.5 gezeigt T (t ) P0 R(1 e t / RC ) Der Beginn der e-Funktion ist eine Gerade mit dem Anstieg, den man aus der ersten Ableitung zum Zeitpunkt t=0 berechnen kann T (t ) P0 R 1 t / RC e RC T (t 0) P0 C bzw. Die anfängliche Erwärmung ist also unabhängig vom Widerstand im RC-Glied. Hier wird also die Anfangserwärmung nur von P0 und CCu abhängen und damit kann man die sukzessive Berechnung starten. Auf das gleiche Ergebnis kommt man auch durch folgende Überlegung. Für t=0 existiert keine Temperaturdifferenz, folglich ist die abgestrahlte Leistung Null und folglich entspricht dies einem unendlich hohen Strahlungswiderstand. Damit bleibt im Ersatzschaltbild nur die Kapazität CCu wirksam. Ein Kondensator lädt sich auf nach der Integralformel T (t ) 1 C Cu P dt 0 da P0 konstant ist, folgt als Lösung des Integrals T (t ) P0 t CCu 124 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze als Anfangsbedingung. Es folgt die konkrete Berechnung mit Hilfe eines Maple-Programms für eine 35mm² Cu-Leitung: restart; Materialkonstanten roCu:=1.7*10^(-8): cCu:=.3: lamdaiso:=.5: a:=0.0015: sigma:=5.669*10^(-8): spez. el. Widerstand von Cu in Ohm Mete spez. Wärmekapazität von Cu in J/gK Wärmeleitzahl von Polymer in W/mK linearer TK des spez. el. Widerstands Strahlungskonstante eines schwarzen Körpers in Wm-2K-4 Abmessungen riso:=0.006: rCu:=0.003337: Radius der Leitungsisolation in m Radius der 35mm² Cu-Leitung (rechnerisch ohne Litzenfreiräume) Wandstärke der Isolation 1,5 mm Länge der Cu-Leitung 1m Cu-Querschnitt in m² Mantelfläche der Leitung Masse der Cu-Leitung in g elektrischer Widerstand der Leitung wiso:=0.0015: lCu:=1: ACu:=35*10^(-6): Aiso:=2*3.14*riso*lCu: mCu:=8.9*lCu*ACu*10^6; RelCu:=roCu*lCu/ACu; mCu := 311.5000000 RelCu := 0.0004857142857 CCu:=cCu*mCu; Riso:=wiso/(lamdaiso*Aiso); Wärmekapazität der Cu-Leitung in J/K Wärmewiderstand der Kabelisolierung in radialer Richtung CCu := 93.45000000 Riso := 0.07961783439 Tu:=25: Umgebungstemperatur 25°C Io:= 600: el. Strom in A Tliste:=NULL: Rliste:=NULL: Temperturwertearray initialisieren T:=Tu: t:=1: PCu:=Io^2*RelCu; Elektrische Verlustleistung = Wärmestrom Deltaeigen:=(PCu/CCu)*t; Eigenerwärmung nach der ersten Sekunde T:=Deltaeigen+Tu; Rstr:=Deltaeigen/(sigma*Aiso*((273 + T)^4-(273+Tu)^4)); Strahlungswiderstand nach dem ersten 125 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze Zeitintervall PCu := 174.8571429 Deltaeigen := 1.871130475 T := 26.87113048 Rstr := 4.381124922 from t to 600 do PCu:=Io^2*RelCu*(1+a*(T-25)): Verlustleistung mit linearem TK des el. Widerstands Deltaeigen:=PCu*Rstr*(1-2.718^(-(t/(Rstr*CCu)))): ΔT T:=Deltaeigen+Tu; Rstr:=Deltaeigen/(sigma*Aiso*((273 + T)^4-(273+Tu)^4)): t:=t+1: if (t mod 10) = 0 then alle 10s Tliste:=(Tliste),T: Speichern der Temperaturwerte Rliste:=(Rliste),Rstr: Speichern der Strahlungswiderstandswerte fi: od: i:=1: from i to 60 do print(evalf(Tliste[i],5)): i:=i+1: od: i:=1: from i to 60 do print(evalf(Rliste[i],5)): i:=i+1: od: 126 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Eigenerwärmung einer 35mm² Cu-Leitung 350 Temperatur in °C 300 250 200 Reihe1 150 100 50 0 1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 Zeit in 10s Der Kurvenverlauf ist etwas progressiver als der rein exponentielle Verlauf bei konstantem Rstr. Als Vergleich dazu die e-Funktion: 127 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Anhang A1. Fehlerrechnung zur Widerstandsmessung eines Sicherungsstreifens R l bd Eine Abweichung R berechnet sich aus der Summe der Abweichung der verschiedenen Variablen Der Fehler einer Variablen berechnet sich aus der Steigung (Ableitung) multipliziert mit der Abweichung der Variablen R d R R R R R l b d l b d R l l l l b d A A db2 bd 2 d Beispiel: Der spez. Widerstand sei konstant 5,9 10-6cm (Messing). l=2,5cm, d=0,2cm, b=0,3cm R beträgt dann 245,8 10-6 In der Fertigung tritt eine Breitenabweichung (b) von 1µm auf. R l bd 2 d R b 1 245,8 106 0,08 b 3000 Um diese Abweichung messen zu können, müsste ein Gerät 1/100µ messen können bzw. 0,33 Promille auflösen können. Beispiel: 128 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Bei der 275A Generatorsicherung ist der Querschnitt 6,85 mm² +/- 0,125mm². Der spez. Widerstand der verwendeten Legierung CuZn37 beträgt: 66 * 10-6 mm. Falls man die Abweichungen im Querschnitt A berücksichtigen will lautet die Fehlerformel: R R l 66 106 mm 24, 5mm A A (0,125mm 2 ) 4, 3 2 2 2 A A (6, 85mm ) Der Sollwert des inneren Sicherungsstreifens beträgt (l = 24,5mm): R l A 66 106 mm 24, 5mm 6, 85mm 2 236 4, 3 129 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze A2. Materialwerte 1J=0,00234kcal 1kcal= 4186 Joule Material Spezifische Wärmeleitfähigkeit in W/mK Spezifische Wärmekapazität cp in J/gK Ag Al Bernstein Beton Blei Chromstahl Cu CuCrZr Eis Eisen Glas Glaswolle Graphit Hartschaum Holz Kohle Konstantan Lötzinn Luft trocken Manganin Messing CuZn37 Platin Polymer Polymer gefüllt Porzellan Silikon Silizium 421 209 0,91 Wasser 0,8…1,3 35,3 20…40 380 320 2,23 80,2 0,7 0,04 Spezifischer El. Widerstand in cm 1,6 *10-6 2,8 *10-6 1018 Dichte In g/cm3 20,8*10-6 11,34 0,3 0,3 1,7 *10-6 8,9 0,48 8,9 *10-6 1013…1014 7,87 0,88 0,13 2,7 20 *10-4 1015…1017 0,035 1,89 40*104 50 *10-6 40 0,034 22 75 0,2 0,41 0,3 0,5 2 0,88 0,88 1 150(bei 300K) 100(bei 400K) 75 (bei 500K) 0,58 0,5 0,7 4,18 6,6 *10-6 11 *10-6 108…1014 10-4…1014 3*1014 1 130 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Ziegel Zinn 0,35 – 0,9 64 Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 0,84 0,25 A3 Tabelle zur Laplacetransformation 131 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 132 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 133 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 134 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 135 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 136 Fachhochschule Dortmund University Of Applied Sciences Prof. Dr.-Ing. G. Babiel Bordnetze 137 Fachhochschule Dortmund Prof. Dr.-Ing. G. Babiel University Of Applied Sciences Bordnetze Literaturverzeichnis [1] P.W. Atkins Physical Chemistry Oxford Student Edition [2] Steven Weinberg Die ersten drei Minuten Piper [3] H.D. Lüke Signaltheorie [4] A. Einstein Grundzüge der Relativitätstheorie Vieweg [5] W. Ameling Laplace-Transformation Vieweg [6] A. Krawietz Maple V Springer [7] R. Heinemann PSPICE Hanser [8] C. Kittel Einführung in die Festkörperphysik Oldenbourg [9] A. Keil, W.A. Merl, E. Vinaricky Elektrische Kontakte und ihre Werkstoffe, Springer-Verlag [10] H. Kaufmann, UTB Birkhäuser Grundlagen der organischen Chemie, Bleifreies Löten, ZVEI, www.zvei.org/bleifrei/Lf-Blei-DE.pdf [11] www.Isabellenhuette.de [12] www.periodensystem.info [13] www.lpm.uni-sb.de/chemie/begleitmaterial/Metallkunde.pdf 138