franquismo - OSA Archivum

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FRANQUISMO
Referentin: Katrin Fasbender
TU Dresden
Magisterstudium
Hauptfach: Angewandte Linguistik
1.Nebenfach: Germanistische Literaturwissenschaft
2.Nebenfach: Neuere und Neueste Geschichte
12. Semester
Einleitung
Francisco Franco herrschte 36 Jahre lang über Spanien. Zu Beginn seiner
Herrschaft war Spanien ein Land, das nach jahrzehntelangen politischen und
wirtschaftlichen Schwierigkeiten und drei Jahren blutigen Bürgerkriegs am Boden
lag. Bis zu seinem Tod 1975 beeinflusste Franco die Geschicke des Landes und
formte es sozial, gesellschaftlich und kulturell um.
Nach Beendigung des Bürgerkrieges 1939 wurde das franquistische System
landesweit aufgebaut. Dies ging einher mit Racheakten und brutalen
Repressionsmaßnahmen gegen jede Art von Opposition. Durch das 1945
verkündete „Fuero de los Españoles“, das Grundgesetz der Spanier, sowie das
„Ley de Sucesión“ von 1947 erhielt der spanische Staat Francos auch seinen
institutionellen Rahmen. In eben dem „Gesetz über die Nachfolge“, das „Ley de
Sucesión“, wurde Spaniens politische Form festgelegt: „España, como unidad
política, es un Estado católico, social y representativo que, de acuerdo con su
tradición, se declara constituida en Reino”1. Franco übernahm das Amt des
Staatschefs auf Lebenszeit.
Außenpolitisch war Spanien zu dieser Zeit isoliert: Von den Alliierten als letzte
faschistische Diktatur Europas verurteilt und geächtet, wurde Spanien die
Aufnahme in die neu gegründete UNO sowie die Teilnahme am Marshall-Plan
verweigert, des weiteren wurden sämtliche ausländische Botschafter abgezogen.
Verbündete fand Franco in den ebenfalls faschistischen Diktatoren Portugals und
Argentiniens – Antonio de Oliveira Salazar und Juan Domingo Perón.
Allmähliche wurde diese Ächtung Spaniens von Seiten der Westmächte jedoch
aufgehoben. Spanien profitierte hierbei von der Entwicklung des Kalten Krieges.
Durch einen Vertrag mit den USA 1953, der den Aufbau von amerikanischen
Basen auf spanischem Territorium und wirtschaftliche Unterstützung als
Gegenleistung zum Inhalt hatten, begann der Wiedereintritt in die westliche
Völkergemeinschaft, der durch die Aufnahme in die UNO 1956 besiegelt wurde.
1
Preston, Paul: Franco. Caudillo de España, London 1993, S.706.
Die Aufgabe der erzwungenen Autarkiebestrebungen, die Wiederaufnahme
wirtschaftlicher und politischer Beziehungen zu den Westmächten sowie die
Stabilisierung der innenpolitischen Verhältnisse waren die Voraussetzungen für
den allmählich einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung, der zu einer
allgemeinen Verbesserung der Lebensverhältnisse führte.
Man kann die Diktatur Francos in drei Phasen unterteilen:
1. der Aufbau der Diktatur 1939-1951
2. die Konsolidierung der Diktatur 1951-1959
3. die wirtschaftliche Modernisierung und die politische Erstarrung 19591975.2
Ein Abriss über Zusammensetzung des Franquismus
Der Franquismus bindet sich, wie schon der Name besagt, eng an die Person
Francisco Francos. Es liegt keine klar definiert oder gar in Manifesten schriftlich
fixierte Ideologie vor, wie das beim Nationalsozialismus oder Kommunismus der
Fall ist. Vielmehr setzt sich der Franquismus aus mehreren verschiedenen
Strömungen und Ideen zusammen, vereint in der Figur des „Caudillo“.
Franco selbst hat sich politisch nie eindeutig festgelegt, was ihm „…seine Rolle
als ‚Oberschiedsrichter’ zwischen und über den doch recht verschiedenen
politischen Optionen der Nationalisten erleichter[te] und ihm zugleich erlaub[te],
mit relativer Selbständigkeit gegenüber den einzelnen Fraktionen als Repräsentant
ihrer gemeinsamen Herrschaft aufzutreten.“3
Das System war in seinen Grundzügen antikommunistisch und antisozialistisch
antidemokratisch,
antirepublikanisch,
antipluralistisch,
antiföderalistisch.
Hinzukommen die Merkmale nationalistisch, katholisch, zentralistisch.
Die einzige Partei des Staates war von ihrer Zusammensetzung her keine
Einheitspartei, sondern rührte aus der 1937 erfolgten Zwangsvereinigung von
2
Die Unterteilung sowie die Namen der Phasen siehe Martínez, Jesús A.(Hrsg.): Historia de
España. Siglo XX. 1939-1996, Madrid 1999, S.14.
3
Franz, Hans-Werner: Der Frankismus. Zur politischen Herrschaftssoziologie Spaniens während
der Franco-Ära, Frankfurt a. M. 1981, S.211.
verschiedenen Gruppen her: Falange, Monarchisten und Karlisten, die Reste der
Juventud de Acción Popular (JAP) sowie der CEDA (Confederación Española de
las Derechas Autónomas).4 Daraus hervorging die F.E.T. (Falange Española
Traditionalista) y de las J.O.N.S. (Junta de Ofensiva Nacional Sindicalista).
Die Falange war ursprünglich 1933 von José Antonio Primo de la Rivera gegrüdet
worden mit dem Ziel „…die bedrohten nationalen und geistigen Werte Spaniens
[zu] bewahren und eine soziale Revolution unter dem Zeichen des NationalSyndikalismus durch[zu]führen“5 – eine faschistische Vereinigung, die aber im
Katholizismus verwurzelt war. Diese Partei zog vor allem junge Leute an,
darunter Aristokraten ebenso wie Studenten und Arbeiter. Nachdem Primo de la
Rivera 1936 in einem republikanischen Gefängnis füsiliert worden war und
Franco die allgemeine Führung auf Seiten der Putschisten übernommen hatte, war
es das erklärte Ziel der Falangisten, ein spanisches Äquivalent zum Dritten Reich
zu errichten.
Die Monarchisten verfolgten die Restauration einer militärischen Monarchie –
ähnlich der Diktatur des Generals Miguel Primo de la Riveras 6 von 1923 bis
19307. Die Karlisten, Gegner einer konstitutionellen Monarchie, forderten eine
weltliche Theokratie unter einem eigenen Thronprätendenten.8
Hinzu kam noch die CEDA, eine katholisch-konservative Partei mit einer
Anhängerschaft im traditionalistisch geprägten Mittelfeld, zusammen mit der ihr
angegliederten militanten Jugendbewegung der Acción Politica –beide lösten sich
1936/37 mehr oder weniger auf, die Reste wurden mit der Falange vereinigt.
Diese vier Gruppen hatten schon vor dem Beginn des Bürgerkrieges eng
zusammengearbeitet und auch gemeinsam die Erhebung von 17.Juli 1936
getragen. Grundzüge ihrer Ideen gingen nun in die franquistische Ideologie ein.
Franco wollte keine Partei im eigentlichen Sinne, sondern „eher eine Bewegung
als ein Programm. Als solches wird es ausgearbeitet, ständiger Revision und
4
Dgl. S. 211f.
Martin S.60.
6
Er war der Vater von José Antonio Primo de la Rivera.
7
Primo de la Rivera hatte in Übereinstimmung mit König Alfons XIII. geherrscht, der weiterhin
das offizielle Staatsoberhaupt blieb.
8
Vgl. Preston S.130 u. 316f.
5
Verbesserung unterworfen, dem Rat der Realität folgend. Es wird nicht starr und
statisch, sondern flexibel.“9
Hinzu kommt noch das auch im „Fuero de los Españoles“ und dem
Sukzessionsgesetz betonte Moment des Katholizismus. Es erfolgte keine
Nachahmung laizistischer Staaten mit modernistischen Prätentionen, vielmehr
hielt man an den religiösen Prozessionen und Werten fest. „Aunque existiera un
partido de pretensiones fascistas, la exaltación religiosa y la proliferación de
modelos devocionales barrocos dan en ocasiones la sensación de retrotraernos a la
Contareforma.”10 Deshalb läßt sich der Franquismus auch eher mit Italien, Vichy
oder lateinamerikanischen Diktaturen vergleichen als mit dem deutschen
Nationalsozialismus.11
Wirtschaftlicher Wandel
Durch die Konsolidierung des franquistischen Systems in den 1950er Jahre und
die Wiederaufnahme diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen zu Spanien
von Seiten der westlich orientierten Staaten , besonders der USA, begann der
Wieder- und Neuaufbau der spanischen Wirtschaft. Der Vertrag mit den USA
1953 garantierte Spanien enorme finanzielle Unterstützung, zwang ihm aber auch
Zugeständnisse auf: Währungsstabilität, Anregung des Wettbewerbs, einen
ausgewogenen Haushaltsplan und die Öffnung für den Außenhandel. Diese
Konzessionen zwangen Franco zur Aufgabe seiner Autarkievorstellungen und
ermöglichten zugleich ein wirtschaftliches Wachstum, besonders in den 60er
Jahren. Spanien konnte so den Entwicklungsvorsprung der nördlichen
europäischen Industrieländer verringern. In einer ersten Phase bis 1966
expandierte die Wirtschaft in allen Bereichen, danach verlief das Wachstum
9
Franz S. 211.
Tusell, Javier: Introducción al Franquismo, in: Di Febo,Guiliana/ Gentile, Emilio/ Tusell, Javier
(Hrsg.): Fascismo y Franquismo. Cara a cara. Una perspektiva histoórica, Madrid 2004, S. 25ff.
11
Dgl.
10
moderater und unregelmäßiger. Nach 1973 kam es dann zu einer Investitionskrise,
die Ausdruck war für eine tiefe Krise der Produktionsstrukturen.12
Zur Kontrolle und Optimierung der wirtschaftlichen Entwicklung wurde 1962 der
Posten des „Comisaría del Plan del Desarrollo“ geschaffen, der mit der
Ausarbeitung und Überwachung von Entwicklungsplänen betraut war. Anfangs
war auch die politische Führung gewillt Reformvorschläge umzusetzen. Diese
beinhalteten die Liberalisierung des Binnen und Außenmarktes, Reduzierung der
politischen Einflussnahme auf industrielle Investitionen sowie Erleichterung
ausländischer
Investitionen,
strukturelle
Reformen
des
Finanzsystems,
Konvertibilität der Peseta zur Vereinfachung des internationalen Umtausches.
Angeregt worden waren die Reformen durch die Weltbank, um die spanische
Wirtschaft zu stabilisieren.13
Konjunkturprobleme,
der
Anstieg
der
Inflationsrate,
Defizite
in
der
Zahlungsbilanz, steigende Arbeitslosenzahlen sowie innenpolitische Probleme
führten zur Rückkehr zu einer eher protektionistischen und restriktiven
Wirtschaftpolitik.14
Vom allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung profitierte vor allem die Industrie.
Es wurden die schon vorhandenen Industrieregionen ausgebaut – Katalonien, das
Baskenland, Madrid. Die enorme Dynamik der Industrie sowie anderer Sektoren
erforderten auch die Erschließung und den Ausbau neuer
Standorte,
beispielsweise in Valencia, Vigo, Sevilla, Cádiz. Der Schwerpunkt blieb jedoch
bei den traditionellen Industriezentren.15
Angeregt durch die wirtschaftliche Entwicklung wuchs die Nachfrage nach
Konsumgütern, besonders Autos und elektrischen Haushaltsgegenständen. Neue
Produkte wie Kunst- und Synthetikfasern, Plastik, chemische Reinigungsmittel
veränderten das Alltagsleben und sorgten für ein Anwachsen des chemischen
Sektors. Einen außerordentlichen Anstieg konnten auch die Stahl- und
12
Vgl. Molinero, Carme/ Ysàs, Pere: Modernización económica e inmovilismo político, in
Martínez, Jesús: Historia de España. Siglo XX, S.172.
13
Dgl., S. 172f.
14
Dgl. S.173f.
15
Dgl. S.177.
Lebensmittelindustrie verzeichnen ebenso das Bauwesen, das von einem
wachsenden Wohn- und Tourismusbedarf profitierte. 16
Der Tourismus war ein neuer, ungemein wichtiger Sektor, der den Ausbau des
Verkehrs- und Kommunikationsnetzes notwendig machte. Vor allem die
mediterranen Küstengebiete, die über sonst keine Industrie verfügten, wurden zu
touristischen Zielregionen.17
Nachteile der glänzenden Aufschwungmedaille waren der Niedergang der
Landwirtschaft sowie die Urbanisierung, wobei vor allem junge Menschen
abwanderten. Die zunehmende Spezifizierung der neuen Berufe machte
Handarbeit überflüssig, sodass es zu einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen in
diesem Bereich kam.
Das Bild Spaniens hatte sich gewandelt: vom rückschrittlichen Agrarstaat hin zur
entwickelten Industrienation – ein Image, das sich im Ausland sehr gut verkaufen
ließ und von der Propaganda reichlich aufgegriffen und überhöht wurde.
Gesellschaftliche Entwicklungen
Die Veränderungen der Wirtschaft hatten auch Auswirkungen auf die spanische
Gesellschaft. Der Aufschwung bewirkte eine Erhöhung der Löhne. So stieg das
durchschnittliche Prokopfeinkommen seit 1940 von 131 $ bis 1960 auf 293 $,
1975 lag es sogar bei 2.088 $.18 Die Bevölkerung konnte sich nun Dinge leisten,
die vorher weit außerhalb des Möglichen lagen. Der Konsum- und
Wohnungsmarkt erlebten einen ungeheuren Boom. Es war ein Nachholbedarf
vorhanden, der bedient werden musste. Gut verdeutlichen kann man das an Hand
des Wohnungssektors: Das Wohnangebot in den Städten war zu Anfang noch
gering, so dass die zahlreichen Neuankömmlinge in Baracken leben oder sich eine
Wohnung mit mehreren Familien teilen mussten. Mit der Verbesserung der
16
Dgl. S. 177f.
Dgl. S.177f.
18
López, Enrique Martín: El cambi social durante el régimen de Franco, in: Suárez Fernández,
Luis (Hrsg.): Franco y su época, Madrid 1993, S.165.
17
Lebensverhältnisse gaben diese Familien nun einen großen Teil ihres Geldes für
Wohnkomfort aus.19
Die quantitativ hohe Abwanderung vom Land in die Städte machte aber auch den
schnellen Bau von preiswerten Wohnungen zwingend erforderlich, wodurch es
ebenfalls zur Entstehung von riesigen Neubausiedlungen20 an den urbanen
Peripherien kam. Diese wurde zum Ausgangspunkt neuer sozialer Konflikte.
Der industrielle Aufschwung und die dadurch geschaffenen neuen Arbeitsplätze
führten zu einer Umstrukturierung der gesellschaftlichen Klassen. War Spanien
vorher ein Land mit einer überwiegend landwirtschaftlichen Ausrichtung und
relativ gering ausgeprägte Industrie, so musste der Wandel vom Agrarstaat zum
ökonomisch modernen Staat auch eine Umschichtung der Verhältnisse am
Arbeitsmarkt führen. So verließen viele ehemalige Bauern oder deren Kinder, die
früher traditionell den Beruf des Vaters ergriffen hätten, das Land und wurden in
den Städten zu Industriearbeitern oder arbeiteten im Dienstleistungsbereich.
Waren 1940 51,9% der aktiven Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, so sank
diese bis 1975 auf 21,9%.21 Der Anteil der Industriearbeiter stieg von 24% 1940
auf 38% 1975. Auch die Angestelltenzahl im Dienstleistungssektor wuchs auf
41% der aktiven Bevölkerung 1975 an, 1940 hatte dieser Anteil nur 25%
ausgemacht.22
Der Ausbau des industriellen Sektors führte ebenfalls zu einer Differenzierung
und
Spezifizierung der
Arbeit.
Daraus
folgte
einerseits
eine
weitere
Untergliederung der einzelnen Einkommens- und Gesellschaftsschichten,
andererseits musste auch das Bildungswesen den neuen Anforderungen angepasst
werden. So wurden an den Universitäten neue Fakultäten für Telekommunikation
und Wirtschaftswissenschaften gegründet, technikwissenschaftliche Studiengänge
erfreuten sich großer Beliebtheit und waren sehr prestigeträchtig. Die Anstöße zu
19
Vgl. Molinero/ Ysàs, S.178.
eine sehr saloppe deutsche Beschreibung wäre hierfür „Schnarchsilo“.
21
Vgl. Martín, S.161.
22
Vgl. Molinero/ Ysàs, S. 190.
20
diesen Veränderungen gingen aber weniger vom Staat als vielmehr von der
Dynamik der spanischen Gesellschaft aus.23
Hinderlich für den schnellen wirtschaftlichen Entwicklungsprozess war der immer
noch recht hohe Anteil von Analphabeten, 11,2% am Ende der 1950er Jahre.24
Dies führte in den 60er Jahren zum einem verstärkten Bau von Schulen. Aber
auch ein Ausbau der „Enseñanza Secundaria“, der Mittelstufe, sowie eine
inhaltliche Neuorientierung begann. Dies reichte aber nicht aus, um den neuen
Anforderungen zu entsprechen, da die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Entwicklungen das traditionelle spanische Bildungswesen in seinen Strukturen
hatten obsolet werden lassen. 1969 wurde das „Libro Blanco“ des Ministeriums
für Bildung und Wissenschaft veröffentlicht, eine kritische Analyse des
bestehenden Bildungssystems, woraus das im August 1970 verabschiedete „Ley
General de Educación y de Financiación de la Reforma Educativa“ entwickelt
wurde. Dieses Reformgesetz verfügte unter anderem die allgemeine Schulpflicht
vom 6. bis zum 14.Lebensjahr, die Einführung eines einheitlichen Abiturs
(Bachillerato Unificado y Polivalente) sowie einen freieren Zugang zur
Universität.25
Das Schul- und Bildungswesen hatte seit 1939 stark dem Einfluss der
katholischen Kirche unterlegen. Erst in den 60er Jahre löste sich diese fast
monopolisierte Stellung: „La Iglesia tuvo una participación, un poder y una
influencia muy considerables, y sólo al final del régimen, en los años sesenta, la
educación del Estado comenzaría a sustituir a la educación privada, y ello menos
por motivos ideológicos o políticos que por razones técnicas y económicas.”26
Aber auch die Kirche selbst drängte auf eine Reformierung. Angeregt vom 2.
Vatikanischen Konzil (1962-65) veröffentlichte der spanische Episkopat 1969
eine Schrift zum Verhältnis von Kirche und dem spanischen Bildungssystem, in
23
Vgl. Fusi Aizpúrua, Juan Pablo: La educación en la España de Franco, in Suárez Fernández,
Luis: Franco y su época, Madrid 1993, S.145f.
24
Ebenda.
25
Dgl. S.153.
26
Dgl. S. 127.
welcher er sich von den Prinzipien des Nationalkatholizismus distanzierte und die
Anerkennung menschlicher Grundrechte forderte.27
Die
Veränderungen
in
der
Kirche
waren
auch
Ausdruck
des
Säkularisierungsprozesses, der vorangetrieben wurde durch die industrielle und
städtische Entwicklung, die stärkere Einbeziehung der Frau in den Arbeitsprozess,
den einsetzenden Tourismus, die neu entdeckte wirtschaftliche Prosperität, die
Massenmedien Radio und ,vor allem, Fernsehen.28 Es wurde das Bild kreiert vom
Leben als Vergnügen und Komfort, Werte einer Konsumgesellschaft.29
27
Dgl. S. 151.
Ebenda.
29
Vgl. Molinero/ Ysàs, S.207.
28
Unruhige Zeiten
Die 60er und 70er Jahre waren nicht nur geprägt von wirtschaftlichem
Aufschwung, Verbesserung des Lebensstandards, teilweiser Öffnung sondern
auch von zahlreichen Unruhen verschiedener Couleur. Getragen wurden sie oft
von einer jüngeren Generation, die sich mit den bestehenden Zuständen nicht
zufrieden geben wollten. Stimulierungen kamen zum Teil aus dem Ausland durch
Touristen, studentische Verbindungen zu ausländischen Universitäten, die
Massenmedien, vor
Konfliktgruppen
allem
waren
das
Fernsehen.
verschieden:
Die Gründe der einzelnen
die
schlechten
Lebens-
und
Arbeitsbedingungen der Arbeiter, wiederauflebende Autonomiebestrebungen,
Auflehnung gegen das franquistische Regime im Allgemeinen. Für die staatliche
Obrigkeit
bedeuteten
diese
Unruhen
eine
Destabilisierung
und
Legitimationsverlust. So wurde rigoros gegen jede „Störung der öffentlichen
Ordnung“ vorgegangen, Dissidenten und Agitatoren gnadenlos verfolgt und
verurteilt. Die Strafen konnten dabei bis zum Todesurteil führen.
Hier ist die ETA hervorzuheben, die 1956 gegründet wurde und bis heute aktiv
ist. Unter dem Slogan „Baskenland und Freiheit“ forderten die Mitglieder einen
autonomen baskischen Staat. Anfangs waren die Proteste gegen die franquistische
Unterdrückung noch gewaltlos, doch in den 60ern ging die ETA zu Sabotagen
und Attentaten über. Das erste der bis heute über 800 Attentate geschah 1968. Das
berühmteste Opfer der damals war der 1973 ermordete Carrero Blanco, enger
Vertrauter Francos und Regierungspräsident.
Die Repressionen trafen nicht allein die ETA und ihre Anhänger sondern die
ganze
baskische
Bevölkerung.
Doch
auch
hier
löste
die
staatliche
Gewaltmaßnahmen eine Welle der Solidarität aus – auch von Seiten des
spanischen Episkopats, der jede Gewalt öffentlich verurteilte.
Das Ende
Am 20. November 1975 verstarb Franco und wurde in dem auf seinen Befehl
errichteten Riesengrabmahl „Valle de los Caídos“ beigesetzt. Sein Nachfolger, der
in den letzten Jahren auch schon die Regierungsgeschäfte größtenteils geleitet
hatte, war König Juan Carlos. Mit ihm begann die „Transición democrática“.
Die Frage war nun, wie ein autoritäres System, das auf eine Person allein
zugeschnitten war, ohne diese Führerperson überleben könnte. Der franquistische
Staatsapparat hatte sich als völlig unfähig gezeigt, sich einer grundlegend
veränderten Gesellschaft anzupassen oder sie zu führen. Die Antwort war das
Gesetz über politische Reformen von 1976 (Ley para la Reforma), Die
Verkündung der Verfassung 1978 und die Wahlen von 1979, wodurch die
konstituierende Phase der postfranquistischen Zeit abgeschlossen war. 1981
versuchten noch einmal franquistische Kräfte das Rad der Zeitzurückzudrehen,
indem sie mittels eines Putsches die neue Ordnung gewaltsam abschaffen wollten,
was jedoch am Widerstand des Königs, der Regierung sowie der Bevölkerung
scheiterte. Danach konsolidierte sich das demokratische System in Spanien.
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