Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Geschichts- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät Sommersemester 2011 HS: Parteien und Parlamentarismus in der Weimarer Republik Dozent: Prof. Dr. Karsten Ruppert Protokollant: Kollyn Kettlitz Ergebnisprotokoll der Sitzung vom 15. Juni 2011 Fortsetzung der Quellen vom 8. Juni 2011: Die Richtlinien der Deutschen Zentrumspartei vom 16. Januar 1922 Der Begriff „Gesellschaft“ wird nicht erwähnt, stattdessen wird von „Volk /-sgemeinschaft“ gesprochen. Jede Form von Klassenherrschaft /-kampf wird strikt abgelehnt. Es herrscht die sozialharmonische Vorstellung vor, dass die Gemeinschaft ein Naturkörper ist, d.h. jeder Mensch hat eine wichtige Funktion. Der Besitz ist zwar unterschiedlich verteilt, aber ein jeder muss das Mindeste zum Überleben besitzen. Das Wohl des Ganzen ist das Ziel. Daher fiel der Zentrums Partei (ZP) der Abschied von der Monarchie und auch die Akzeptanz der Republik (trotz anfänglicher Ablehnung) leicht, da für sie die Staatsform nur eine untergeordnete Rolle spielt, solange ein Staat das Allgemeinwohl garantiert. Von „Ständen“ ist die Rede, da jeder Stand eine eigene Funktion und Ethik innehat. Im Gegensatz dazu geht es bei einem „Job“ primär darum, Geld zu verdienen. Die ZP gliedert den Aufbau der Gesellschaft von Unten nach Oben: Familie Stand Sippe/Stamm Volksgemeinschaft (Über allem thront der eine Gott.) Diese Begriffe sind in der Natur verwurzelt. Das „Organische Denken“ ist typisch für den Katholizismus. Die Ideen und Leitsätze der sozialistischen und liberalen Bewegungen, z.B. die grundlegenden Rechte, entspringen nach deren Verständnis dem Menschen. Im Gegensatz hierzu sind die Katholiken davon überzeugt, dass die Grundrechte von Gott gegeben sind. Somit wären diese dem Menschen nicht frei verfügbar, z.B. für Änderungen oder Einschränkungen. Das Menschenbild der Sozialisten und Liberalen beruht auf der positiven Vorstellung des autonomen, selbstbezogenen Menschen. Der Katholizismus hingegen sieht den Menschen als unvollkommenes, sündhaftes und somit immer gefährdetes Wesen. Eine Rückbindung an Gott ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Existenz, um der Sünde zu entsagen. Für den Katholizismus ist „Volkssouveränität“ ein menschlicher Begriff. Darin liegt die Gefahr der Entartung. Gleichzeitig wird die Omnipotenz des Staates gefürchtet. Dieser Allmacht soll durch ein Nebeneinander von Staat und Kirche, Föderalismus und der Selbstverwaltung der Gemeinden ein Riegel vorgeschoben werden. Das Prinzip der Subsidiarität soll hierbei dominant sein, d.h. jede Verantwortung fällt zuerst auf die kleinstmögliche Einheit innerhalb des Staates (Dorf, Kommune, Gemeinde, Bundesstaat). Der Staat darf sich nicht einmischen, solange die kleineren Einheiten ihrer Verantwortung nachkommen. Rede von Wilhelm Marx (17. Januar 1922) // Nationalpolitisches und Sozialpolitisches Manifest der Zentrumsfraktion des Reichstages vom 21. Januar 1927 Ziel der ZP ist die „Aufbauarbeit am deutschen Volk“. Sie wollen keine Machtpolitik oder Interessensvertretung betreiben, sondern der Dienst am Menschen, die Nächstenliebe, welche Opfer und Arbeit verlangen, ist ihre Berufung. Politik müsse sich an moralischen Maßstäben orientieren. Es bestand immer eine emotionale Bindung zwischen den Politikern der ZP und ihren Wählern. Grund hierfür war zum einen das Wesen der Partei selbst und zum anderen die Geschichte der Partei und des Katholizismus in Deutschland. Beide wurden 1 zusammengeschweißt, durch die Erfahrung den Existenz bedrohenden Kulturkampf gemeinsam durchgestanden zu haben. Das Dilemma der ZP besteht darin, dass sie unbedingt christliche Grundsätze in die Gesetzgebung einfließen lassen will. Denn dadurch regt sich der Widerstand quer durch alle politischen Lager (von rechts nach links) und in der Gesellschaft. Das gesamte Spektrum der säkularisierten Welt vereint sich gegen solche Pläne der ZP. Beispiele wären 1. die Moral (Filme), 2. die Schulfrage: Konfessionsschule (KS) (damals war die KS die Regel bei 80% aber die ZP wollte sie steigern: 1-klassige KS in Gebieten mit geringer Katholikenanzahl), 3. Verteidigung der Rechte der Religionen, 4. Ehescheidungen, sexual Moral, Kultur. Die ZP sieht sich trotz der starken christlichen Prägung nicht als rein katholische Partei, sondern als eine politische Partei. Dieser Anspruch wird dadurch begründet, dass sie sich für alle Religionen einsetzt, sowie, dass auch evangelische Christen Mitglied werden können und dass die ZP ständig in der Regierung ist. Als Regierungspartei behandelt sie überwiegend allgemeine politische Themen. Referat: Frau Hausner „Die Deutsche Zentrumspartei als regierende Partei im Reich“ Zusammenfassung: Die ZP war ein Phänomen, da sie als kleine Partei (13-14%) fast durchgehend die Regierung und den Kanzler stellte. Die Gründe hierfür finden sich in der sozialen Zusammensetzung. Die ZP war eine Volkspartei in der alle sozialen Schichten vertreten waren. Somit konnte sie leichter von ihren Wählern Opfer verlangen, weil es nie alle traf. Zudem war der politische Arm des Katholizismus koalitionspolitisch flexibel. Die ZP konnte beispielsweise mit der SPD zusammenarbeiten, da die katholische Partei selbst von Arbeitern gewählt wurde. Des weiteren befähigten ihre ideologischen Leitlinien – basierend auf vorpolitischer Weltanschauung - die ZP zum Regieren: eine arbeitsfähige Regierung, ein funktionierender Staat und das allgemeine Wohl aller. Referat: Frau Gräbner „Gründung und Politik der Bayerischen Volkspartei im Reich“ Siehe Handout 2