Recht auf freie Religionsausübung 1 Wahlmonitoring der Plattform für Menschenrechte Salzburg Themenfeld Recht auf freie Religionsausübung: „Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit (…) seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden.“ (Artikel 18) Die Angehörigen der islamischen Religionsgemeinschaft bilden in Salzburg – v.a. unter den MitbürgerInnen mit Migrationshintergrund – eine große, noch immer wachsende Bevölkerungsgruppe. Im Zusammenhang mit dem Islam tauchen immer wieder politische Debatten und Konflikte auf, die sich das Recht der Muslime auf freie Ausübung und Darstellung ihrer Religion – v.a. im öffentlichen Raum – drehen. Dazu vier konkrete Fragen: 1. Sollen MuslimInnen, die im öffentlichen Dienst tätig sind, das Tragen des Kopftuches während der Ausübung ihres Dienstes erlaubt sein oder nicht, bzw. in welchen Fällen soll es erlaubt sein, in welchen nicht? Erläutern Sie bitte ausführlich die Gründe für die Position Ihrer Partei. 2. Sollen die religiösen Vereinigungen von MuslimInnen in Salzburg die Möglichkeit erhalten Moscheen mit Minaretten zu bauen oder nicht, bzw. unter welchen Bedingungen soll der Bau eines Minaretts gestattet sein? Erläutern Sie bitte ausführlich die Gründe für die Position Ihrer Partei. 3. Welche Maßnahmen sollen im Bereich der Information und Bildung über religiöse Inhalte und Traditionen der Religionsgemeinschaften in Salzburg ergriffen werden? Welche Projekte der Begegnung und des Dialogs zwischen den Religionsgemeinschaften werden Sie - als Regierungspartei – setzen und welche werden Sie – als Oppositionspartei - fordern und unterstützen? 4. Welche Maßnahmen zur besseren Beteiligung und Einbindung von muslimischen BürgerInnen bzw. Vereinen bei (religions-)politischen Fragen werden Sie - als Regierungspartei – setzen und welche werden Sie – als Oppositionspartei - fordern und unterstützen? 2 Recht auf freie Religionsausübung Angesprochene Rechte: Recht auf Gewissensfreiheit (Religionsfreiheit), Partizipationsrechte, Gleichbehandlung/Nicht-Diskriminierung, Recht auf Privatsphäre Aspekte: Nicht-Diskriminierung, Religionsausübung, Praktizieren von Riten und Bräuchen (öffentlich und privat), mögliche Beschränkungen (insb Gesetzesvorbehalt). Maßstab: Gleichbehandlung Kernfrage: (religiöse) Privatsphäre/öffentlicher Dienst, Moscheebau, interreligiöser Dialog, Partizipation/Zivilgesellschaft; alle in Hinblick auf Maßnahmen zur Förderung und Gleichstellung bzw. gerechtfertigter Einschränkung. Recht auf freie Religionsausübung 3 Beurteilung der Antworten durch die ExpertInnen FPÖ/Freiheitliche Partei Österreichs: ZUR „KOPFTUCHDEBATTE“: OBWOHL DER HINWEIS AUF DIE WELTANSCHAULICHE NEUTRALITÄT DES STAATES GRUNDSÄTZLICH RICHTIG UND WICHTIG IST, IST DIE DIESBEZÜGLICHE AUSLEGUNG AUS ZUMINDEST ZWEI GRÜNDEN ZU KRITISIEREN. ERSTENS IST DER LAIZISMUS IN ÖSTERREICH KEINESWEGS STRIKT (STICHWORTE: KONKORDAT, RELIGIÖSE SYMBOLE IN ÖFFENTLICHEN GEBÄUDEN) UND ZWEITENS IST ZU BEDENKEN, DASS DIE WELTANSCHAULICHE NEUTRALITÄT SEHR WOHL DURCH DIE VIELFALT REPRÄSENTIERT WIRD, IST DOCH DIE VORHERRSCHENDE CHRISTLICHE TRADITION AUCH NICHT NEUTRAL. ES IST RICHTIG, DASS DAS MUSLIMISCHE KOPFTUCH EIN RELIGIÖSES SYMBOL DARSTELLT, JEDOCH IST ES NICHT DURCH DIE EINSCHRÄNKUNGEN DES ABS 2 ART 9 EMRK UMFASST. EIN VERBOT ZIELT AUF DIE FALSCHE ZIELGRUPPE AB: SELBST WENN DAS ARGUMENT DER DISKRIMINIERUNG DURCH DIE VERPFLICHTUNG, EIN KOPFTUCH ZU TRAGEN ANERKANNT WÜRDE, KÖNNTE SICH EIN VERBOT LEDIGLICH GEGEN DIE (ZWANGS)VERPFLICHTUNG UND NICHT GEGEN DAS TRAGEN AN SICH RICHTEN. DIE BEHAUPTUNG, AUCH NICHT-MUSLIME SEIEN AUFGEFORDERT, KOPFTÜCHER ZU TRAGEN, IST NICHT NACHVOLLZIEHBAR UND TENDENZIÖS. DIE LETZTEN BEIDEN SÄTZE MÜSSEN ALS STIGMATISIERENDE PROPAGANDA GEWERTET WERDEN (CERD, CONCLUSIONS ON AUSTRIA 2008) UND VERSTOßEN DAHER GEGEN GELTENDES MENSCHENRECHT. EINE KONKRETE ANTWORT AUF DIE GESTELLTE FRAGE (WO ZU ERLAUBEN, WO NICHT) WIRD AUFGRUND DER UNDIFFERENZIERTEN ABLEHNUNG – DIE SCHEINBAR MEHR DER RELIGION AN SICH ALS DEM KOPFTUCH GILT – NICHT GEGEBEN. DIE AN SICH WICHTIGE DEBATTE ÜBER DAS TRAGEN VON KOPFTÜCHERN BZW DEREN SYMBOLWIRKUNG WIRD SO VON RELIGIONSFEINDLICHER POLEMIK ÜBERDECKT. ZUM MOSCHEEBAU: HINSICHTLICH DER MEINUNG ZU MINARETTEN UND MOSCHEEN IM ALLGEMEINEN KANN GRUNDSÄTZLICH DASSELBE GESAGT WERDEN. SO IST WIEDERUM RICHTIG, DASS DIE RELIGIONSFREIHEIT (FREIHEIT VON DER RELIGION ALS ZWANGSSYSTEM) DURCH DIE EMRK UND DAMIT DURCH DIE VERFASSUNG GESCHÜTZT IST SOWIE DAS RECHTSSTAATLICHE PRINZIP DEM GOTTESRECHTLICHEN VORGEHT WO DIESE IN KONFLIKT STEHEN. ALLERDINGS FINDEN SICH IN DEN AUSFÜHRUNGEN EINE REIHE VON W IDERSPRÜCHEN: UM NUR EINEN ZU NENNEN, WIRD FESTGESTELLT, DASS DER SÄKULARE STAAT AUF BASIS CHRISTLICHER W ERTE GEBAUT IST. DIES DRÜCKT EINE KLARE PRÄFERENZ AUS UND IST SOMIT WERTEND UND DISKRIMINIEREND. DIE „ABHANDLUNG“ ÜBER „ISLAMISCHE“ W ERTE IST PAUSCHALIEREND, ABWERTEND, VORURTEILSBEHAFTET, KULTURKÄMPFERISCH UND STIGMATISIEREND. DER LETZTE SATZ, DIE BAUORDNUNG GREIFE NICHT IN DAS RECHT AUF EIGENTUM EIN, IST UNSINN: NATÜRLICH SCHRÄNKT DIE BAUORDNUNG DAS RECHT AUF EIGENTUM EIN, ALLERDINGS NUR SO WEIT ES ART 1 ABS 1 ZP 1 EMRK ZULÄSST (GESETZESVORBEHALT). „DAS BEKENNTNIS ZUR RELIGIONSFREIHEIT BEDEUTET NICHT NUR DIE FREIHEIT, SICH ZU EINER RELIGIONSGEMEINSCHAFT ZU BEKENNEN, SONDERN AUCH DEN SCHUTZ DES EINZELNEN UND DER GEMEINSCHAFT VOR RELIGIÖSEM FANATISMUS.“ DIESER SATZ AM BEGINN DER STELLUNGNAHME BILDET EINEN SCHLÜSSEL ZUM VERSTÄNDNIS VON RELIGIONSFREIHEIT DIESER POLITISCHEN GRUPPE. ES HANDELT SICH UM EINE FREIE 4 Recht auf freie Religionsausübung ERGÄNZUNG DES GRUNDRECHTS AUF RELIGIONSFREIHEIT, DIE DAZU BENÜTZT WIRD, DIESES VERFASSUNGSGESETZLICH GEWÄHRLEISTETE RECHT BELIEBIG ZU RELATIVIEREN, IN SEINER SUBSTANZ AUSZUHÖHLEN UND IN SEINER W IRKUNG AUSZUHEBELN. VON DAHER IST WICHTIG, DIESE AUSLEGUNG MIT DEN AUSSAGEN DER ÖSTERREICHISCHEN VERFASSUNG ÜBER DIE RECHTSSTELLUNG DER KIRCHEN UND RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN ZU KONFRONTIEREN: ART. 15 STAATSGRUNDGESETZ ÜBER DIE ALLGEMEINEN RECHTE DER STAATSBÜRGER GEWÄHRLEISTET DEN GESETZLICH ANERKANNTEN RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN, ZU DENEN IN ÖSTERREICH DER ISLAM SEIT 1912 GEHÖRT, DIE SELBSTÄNDIGE ORDNUNG UND VERWALTUNG IHRER INNEREN ANGELEGENHEITEN. - DIE ÖFFENTLICHE RELIGIONSAUSÜBUNG STEHT SOWOHL ANERKANNTEN ALS AUCH NICHT ANERKANNTEN RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN ZU, SOWEIT DABEI NICHT DIE ÖFFENTLICHE ORDNUNG ODER DIE GUTEN SITTEN VERLETZT WERDEN (STAATSVERTRAG ST. GERMAIN ART. 63 ABS. 2; EUROPÄISCHE MENSCHENRECHTSKONVENTION ART. 9). MRK DES EUROPARATS VON 1950, ART.9 (BEITRITT ÖSTERREICHS ZUR MRK 1958; DIE MRK HAT DEN RANG VON BUNDESVERFASSUNGSRECHT): „(1) JEDE PERSON HAT DAS RECHT AUF GEDANKEN-, GEWISSENS- UND RELIGIONSFREIHEIT; DIESES RECHT UMFASST DIE FREIHEIT, SEINE RELIGION ODER WELTANSCHAUUNG ZU WECHSELN, UND DIE FREIHEIT, SEINE RELIGION ODER WELTANSCHAUUNG EINZELN ODER GEMEINSAM MIT ANDEREN ÖFFENTLICH ODER PRIVAT DURCH GOTTESDIENST, UNTERRICHT ODER PRAKTIZIEREN VON BRÄUCHEN UND RITEN ZU BEKENNEN. OHNE ZWEIFEL GIBT ES GRENZEN DER RELIGIONSFREIHEIT, WIE IN DER STELLUNGNAHME STARK BETONT WIRD. DIESE FORDERUNG NACH GRENZEN DARF ABER NICHT SO WEIT GEHEN, DASS DER INHALT DES GRUNDRECHTS RELATIVIERT WIRD. ABSATZ 2 DER MRK FORMULIERT DESHALB SCHRANKEN, DIE VERHINDERN SOLLEN, DASS STAATEN DIE RELIGIONSFREIHEIT ZU STARK BESCHRÄNKEN: (2) DIE FREIHEIT, SEINE RELIGION ODER W ELTANSCHAUUNG ZU BEKENNEN, DARF NUR EINSCHRÄNKUNGEN UNTERWORFEN WERDEN, DIE GESETZLICH VORGESEHEN UND IN EINER DEMOKRATISCHEN GESELLSCHAFT NOTWENDIG SIND FÜR DIE ÖFFENTLICHE SICHERHEIT, ZUM SCHUTZ DER ÖFFENTLICHEN ORDNUNG, GESUNDHEIT ODER MORAL ODER ZUM SCHUTZ DER RECHTE UND FREIHEITEN ANDERER.“ DER TEXT DER STELLUNGNAHME NIMMT DIE HALTUNG EIN, DEN ISLAM GRUNDSÄTZLICH ALS PROBLEM ZU SEHEN UND VERTRITT EIN DÜSTERES BILD DES ISLAM, INDEM DIESE WELTRELIGION SOFORT AM BEGINN MIT „RELIGIÖSEM FANATISMUS“ GLEICHGESETZT, UND DIE FRAGE NACH DER RELIGIÖSEN FREIHEIT DER MUSLIME SOFORT MIT FRAGEN VON ZWANGSBESCHNEIDUNGEN, ZWANGSEHEN, EHRENMORDE UND GEWALT GEGEN FRAUEN VERBUNDEN WIRD. TATSACHE IST, DASS GENITALVERSTÜMMELUNGEN JUNGER MÄDCHEN, EHRENMORDE ETC. DURCH DAS RELIGIÖSE Recht auf freie Religionsausübung 5 INDIVIDUALGRUNDRECHT DER ÖSTERREICHISCHEN VERFASSUNG NIE GEDECKT GEWESEN SIND. ZUSÄTZLICH WIRD DAMIT VERMITTELT, ALS SEIEN DIESE PHÄNOMENE UNMITTELBAR MIT DEM „W ESEN“ DES ISLAM VERBUNDEN, UND ES WIRD DIE TATSACHE UNTERSCHLAGEN, DASS ES SICH BEI DEN ERWÄHNTEN PROBLEMEN UM TRADITIONEN HANDELT, DIE IN UNTERSCHIEDLICHEN KULTURELLEN KONTEXTEN AUFTRETEN KÖNNEN, NICHT NUR IN ISLAMISCH GEPRÄGTEN KULTUREN. DIE STELLUNGNAHME BEHAUPTET AUF DIESE WEISE, „RELIGIONSFREIHEIT“ SEI IM FALL DER MUSLIME EIN FREIBRIEF ODER TOLERANZ FÜR KRIMINELLE HANDLUNGEN UND MÜSSE DESHALB EINGESCHRÄNKT WERDEN. UM ZU DIESEM SCHLUSS ZU KOMMEN, WERDEN FRAGEN DER RELIGIÖSEN FREIHEIT, Z.B. DER KULTUS- UND GEWISSENSFREIHEIT, MIT FRAGEN KULTURSPEZIFISCHER TRADITIONELLER HANDLUNGEN VERMENGT (Z.B. EHRENMORD), DIE OHNE ZWEIFEL UNTER DIE ÖSTERREICHISCHE STRAFGESETZGEBUNG FALLEN. UM DAS DÜSTERE VORURTEIL DES WESENTLICH GEWALTTÄTIGEN ISLAM AUFRECHTERHALTEN ZU KÖNNEN, WIRD Z. B. ÜBERSEHEN, DASS SICH DIE ISLAMISCHE GLAUBENSGEMEINSCHAFT IN ÖSTERREICH (U.A. MIT EINER KONFERENZ IN W IEN 2005) GEGEN DIE WEIBLICHE GENITALVERSTÜMMELUNG (FGM) EINSETZT, ODER DASS SICH BEI EINER KONFERENZ IN KAIRO IM HERBST 2006 FÜHRENDE MUSLIMISCHE VERTRETER AUS 13 ISLAMISCHEN LÄNDERN FÜR DIE ÄCHTUNG VON FGM AUSGESPROCHEN HABEN. WEITERS VERMITTELT DIE STELLUNGNAHME DAS VERBREITETE VORURTEIL, DER ISLAM SEI WESENTLICH MIT DEMOKRATIE UNVEREINBAR. ÜBERSEHEN WIRD DAS EINDEUTIGE, AUSDRÜCKLICHE BEKENNTNIS DER ISLAMISCHEN GLAUBENSGEMEINSCHAFT IN ÖSTERREICH (IGGIÖ), DER OFFIZIELLEN VERTRETUNG DER MUSLIME, ZU DEMOKRATIE, RECHTSSTAATLICHKEIT UND MENSCHENRECHTEN, WIE SIE Z.B. IN DER „GRAZER ERKLÄRUNG“ DER EUROPÄISCHEN IMAME-KONFERENZ 2003 ZUM AUSDRUCK KOMMT, DIE VON DEN ÖSTERREICHISCHEN MUSLIMEN IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEM AUßENMINISTERIUM INITIIERT WURDE UND VON DER IGGIÖ ORGANISIERT WURDE. IN DER STELLUNGNAHME WIRD AUCH AUF ANDERE W EISE VERSUCHT, EINE AUSHÖHLUNG DES GRUNDRECHTS DER RELIGIONSFREIHEIT IM FALL DES ISLAMS ZU BEGRÜNDEN, INDEM BEHAUPTET WIRD, DER ISLAM SEI NICHT BLOß EINE RELIGION, SONDERN EIN „RECHTSSYSTEM“ UND EINE „POLITISCHE ANSCHAUUNG MIT EIGENEN GESETZEN FÜR DIE GLÄUBIGEN“. DIESES ARGUMENT ÜBERSIEHT, DASS ALLE RELIGIONEN – AUCH DAS CHRISTENTUM UND DAS JUDENTUM BEISPIELSWEISE – RELIGIÖSE GESETZE UND VORSCHRIFTEN BEINHALTEN, DIE FÜR DIE GLÄUBIGEN GÜLTIGKEIT HABEN, UND DASS AUS ALLEN RELIGIONEN – EINSCHLIEßLICH DEM ISLAM – UNTERSCHIEDLICHE POLITISCHE ANSCHAUUNGEN ABGELEITET WERDEN KÖNNEN UND WERDEN, VON PARTIZIPATIVEN BIS ZU STARK AUTORITÄREN POLITISCHEN MODELLEN. DIE ENTSCHEIDENDE FRAGE IST NICHT, OB RELIGIONEN EIGENE VORSCHRIFTEN, NORMEN UND GESETZE VERTRETEN, SONDERN OB DIE ANGEHÖRIGEN DER JEWEILIGEN RELIGION DEN ÜBERGEORDNETEN RAHMEN DES SÄKULAREN VERFASSUNGSSTAATES ANERKENNEN ODER NICHT. HIER DEN MUSLIMEN PAUSCHAL ZU UNTERSTELLEN, DEN EUROPÄISCHEN RECHTSSTAAT NICHT ANZUERKENNEN, IST SACHLICH NICHT GERECHTFERTIGT. SO SAGT DIE OBEN ERWÄHNTE „GRAZER ERKLÄRUNG“ DER LEITER 6 Recht auf freie Religionsausübung ISLAMISCHER ZENTREN UND IMAME IN EUROPA VOM 15. JUNI 2003: „DIE MUSLIME MÜSSEN IHRE LOYALITÄT DER VERFASSUNG UND DEM GESETZ GEGENÜBER AUCH IN DEREN SÄKULARER STRUKTUR KUNDGEBEN.“ AUSDRÜCKLICH ERKENNT DIE „GRAZER ERKLÄRUNG“ FRAUEN UND MÄNNER ALS GLEICHWERTIG AN. WEITERS TRITT DIE STELLUNGNAHME FÜR EINE BESCHRÄNKUNG DER RELIGIONSFREIHEIT IM FALL DER MUSLIME EIN, UND ZWAR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM BAU VON MINARETTEN. DER TEXT BEHAUPTET: „DIES STELLT KEINESFALLS EINE EINSCHRÄNKUNG DER RELIGIONSFREIHEIT DAR, DENN DIE AUSÜBUNG DER RELIGION IST NICHT VON DER ERRICHTUNG VON MINARETTEN ABHÄNGIG.“ AUCH DIESES ARGUMENT STELLT DIE SUBSTANZ DES GRUNDRECHTS AUF RELIGIÖSE FREIHEIT AUF DEN KOPF, DIE WESENTLICH IN DER GEWÄHRLEISTUNG DER AUTONOMIE DER BETREFFENDEN RELIGIONSGEMEINSCHAFT BESTEHT – IM RECHT, DIE EIGENE RELIGION ÖFFENTLICH SO AUSZUÜBEN, WIE ES DIE RELIGIONSGEMEINSCHAFT SELBST WÜNSCHT UND IHRER TRADITION UND IHREN GEBRÄUCHEN NACH VORSIEHT, SOLANGE DIE ÖFFENTLICHE ORDNUNG UND DIE GUTEN SITTEN NICHT GESTÖRT WERDEN. OB MUSLIMISCHE GEMEINSCHAFTEN MOSCHEEN MIT MINARETTEN BAUEN, IST IM SÄKULARFREIHEITLICHEN STAAT PRIMÄR SACHE DER MUSLIME SELBST UND NICHT DIE STAATLICHER INSTANZEN. DIESES RECHT WIRD AUCH DURCH DIE KATHOLISCHE KIRCHE AUF IHRER HÖCHSTEN LEHRAMTLICHEN EBENE ERKLÄRT, UND ZWAR IN DER ERKLÄRUNG „DIGNITATIS HUMANAE“ DES ZWEITEN VATIKANISCHEN KONZILS, IN DER ES U.A. HEIßT: „DEN RELIGIÖSEN GEMEINSCHAFTEN STEHT IN GLEICHER W EISE DAS RECHT ZU, NICHT DURCH GESETZLICHE MITTEL ODER DURCH EINEN VERWALTUNGSAKT DER STAATLICHEN GEWALT BEHINDERT ZU WERDEN BEI DER AUSWAHL, ERZIEHUNG, ERNENNUNG UND VERSETZUNG IHRER EIGENEN AMTSTRÄGER, BEIM AUSTAUSCH MIT RELIGIÖSEN AUTORITÄTEN UND GEMEINSCHAFTEN, DIE IN ANDEREN TEILEN DES ERDKREISES LEBEN, BEI DER ERRICHTUNG RELIGIÖSER GEBÄUDE (HERVORH. DURCH DEN VERF.) SOWIE BEI DER ERWERBUNG UND NUTZUNG GEEIGNETER GÜTER.“ (DH NR. 4) EINE VERHINDERUNG DES MINARETTBAUS ETWA ÜBER DIE BAUORDNUNG WÜRDE NACH AUSKUNFT VON VERFASSUNGSJURISTEN EINDEUTIG DAS DURCH DIE VERFASSUNG GEWÄHRLEISTETE RECHT AUF RELIGIONSFREIHEIT VERLETZEN; ENTSPRECHENDE GESETZLICHE BESTIMMUNGEN SIND DAHER EIN VERFASSUNGSWIDRIGER EINGRIFF IN DAS GRUNDRECHT UND MÜSSTEN DAHER IM FALLE EINER KLAGE DURCH MUSLIMISCHE GEMEINSCHAFTEN DURCH DEN ÖSTERREICHISCHEN VERFASSUNGSGERICHTSHOF AUFGEHOBEN WERDEN. IN DER STELLUNGNAHME WIRD SCHLIEßLICH EINGERÄUMT: „DIES ÄNDERT NICHTS DARAN, DASS ÖSTERREICH DER RELIGIONSFREIHEIT HOHE BEDEUTUNG EINRÄUMT.“ TATSÄCHLICH WIRD ABER DER RELIGIONSFREIHEIT NICHT BLOß „HOHE BEDEUTUNG“ EINGERÄUMT, DIE MAN BELIEBIG INTERPRETIEREN UND RELATIVIEREN KÖNNTE, VIELMEHR HANDELT ES SICH UM EIN UNVERÄUßERLICHES RECHT JEDER PERSON, DAS DISKRIMINIERUNGSFREI ZU GEWÄHRLEISTEN IST BZW . UM EINE RECHTSVORSCHRIFT IN VERFASSUNGSRANG, IN DER DER RESPEKT VOR DER W ÜRDE DER MENSCHLICHEN Recht auf freie Religionsausübung 7 PERSON ZUM AUSDRUCK KOMMT, DIE ALLEN MENSCHEN IN GLEICHER W EISE ZUKOMMT (ARTIKEL 1 DER ALLG. ERKLÄRUNG DER MENSCHENRECHTE VON 1948). GERADE JENE GRUPPEN, DIE VON DEN MUSLIMEN ANDAUERNDE BEKENNTNISSE ZUR VERFASSUNGSTREUE FORDERN, SOLLTEN DIE GÜLTIGKEIT DES GRUNDRECHTS AUF FREIHEIT DER RELIGION NICHT LEICHTFERTIG IN FRAGE STELLEN ODER RELATIVIEREN, WENN ES UM DEN ISLAM GEHT. EINE POLITIK, DIE MUSLIMISCHE RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN ANDERS BEHANDELT ALS ANDERE ANERKANNTE RELIGIÖSE GEMEINSCHAFTEN, WÜRDE DAS MODERNE GRUNDRECHT DER RELIGIONSFREIHEIT DURCH EINE STAATLICHE TOLERANZPOLITIK ERSETZEN, WIE SIE IN VOR-DEMOKRATISCHEN ZEITEN PRAKTIZIERT WURDE. DIE BEANTWORTUNG ENTHÄLT EIN EXTREMES „OTHERING“ DER MUSLIME ALS RELIGIONSGEMEINSCHAFT, DIE KEINE „SONDERRECHTE“ HABEN SOLLTE. ZU FRAGE 3. DIE ANTWORT IST RICHTIG. DIE INITIATIVE IST VON DEN RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN ZU ERGREIFEN, DER STAAT SOLL NICHT IN DIESES PASSIVE FREIHEITSRECHT EINGREIFEN. ZU FRAGE 4. DIE ANTWORT IST RICHTIG. AUFLISTUNG UND VERGLEICH MACHEN ALLERDINGS HINSICHTLICH MÖGLICHER PRÄFERENZ SKEPTISCH. Die Grünen: 1. DIE ANTWORT BETRACHTET DAS TRAGEN VON KOPFTÜCHERN GRUNDSÄTZLICH ALS FREIHEIT IM SINNE DES ARTIKEL 9 IVM ART 8 EMRK, BETONT JEDOCH AUCH, DASS DIES NICHT EINE ANERKENNUNG VON DISKRIMINIERUNG NACH DEM GESCHLECHT BEDEUTEN KANN. OBWOHL DIE ANTWORT RICHTIG UND KONKRET IST, WIRD DER DE FACTO DISKRIMINIERUNGSSCHUTZ LEICHT UNTERBEWERTET. 2. DIE ANTWORT IST SACHLICH UND RICHTIG, NIMMT AUF ART 1 ABS 1 ZP 1 EMRK BEZUG. ALLERDINGS WERDEN GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KONSEQUENZEN ODER FRAGEN DER ÖFFENTLICHEN ORDNUNG NICHT ANGESPROCHEN. DIE POSITION, DASS DER MOSCHEEBAUCH NICHT DURCH SONDERREGELUNGEN BEHINDERT WERDEN DÜRFEN, DIE IM GRUNDE DARAUF ZIELEN, DEN BAU VON MOSCHEEN MIT MINARETTEN IN ÖSTERREICH ZU VERHINDERN ODER ZUMINDEST ZU BEHINDERN, IST GRUNDSÄTZLICH ZU BEGRÜßEN. ALLERDINGS KÖNNTE DIE EINLEITENDE FORMULIERUNG „DER BAU VON MOSCHEEN IST AUSSCHLIEßLICH EINE FRAGE DES BAURECHTS, DER RAUMORDNUNG UND DES ORTSBILDSCHUTZES“ MISSVERSTANDEN WERDEN. ES MÜSSTE KLAR FESTGESTELLT WERDEN, DASS DER BAU VON MOSCHEEN PRIMÄR UNTER DAS VERFASSUNGSRECHTLICH VERBÜRGTE GRUNDRECHT DER RELIGIONSFREIHEIT FÄLLT, DAS FRAGEN DER BAUORDNUNG, DER RAUMORDNUNG UND DES ORTSBILDSSCHUTZES RECHTLICH ÜBERGEORDNET IST. IM FALL DER ÄNDERUNGEN DER BAUORDNUNGEN AUF LANDESEBENE IN KÄRNTEN UND VORARLBERG IM FRÜHJAHR 2008 BESTEHT JA DAS PROBLEM GERADE DARIN, DASS DIE BAUORDNUNG SO GEREGELT WIRD, DASS DIE LANDESREGIERUNGEN FAKTISCH EINE HANDHABE 8 Recht auf freie Religionsausübung BESITZEN, UM MOSCHEEBAUPROJEKTE VERHINDERN ZU KÖNNEN, UND DIE ENTSPRECHENDEN NOVELLEN SO FORMULIERT SIND, DASS SIE AUF DEN ERSTEN BLICK DEM GRUNDRECHT DER RELIGIÖSEN FREIHEIT NICHT WIDERSPRECHEN. SPÖ/Sozialdemokratische Partei Österreichs: FRAGE 1: DIE ANTWORT IST RICHTIG, DISKUTIERT DIE DAHINTER STEHENDE PROBLEMATIK JEDOCH NICHT. FRAGE 2: DIE ANTWORT IST SACHLICH UND RICHTIG, NIMMT AUF ART 1 ABS 1 ZP 1 EMRK BEZUG. GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KONSEQUENZEN ODER FRAGEN DER ÖFFENTLICHEN ORDNUNG WERDEN ANGESPROCHEN, ABER NICHT WEITER DISKUTIERT. DIE KLARE ANERKENNUNG DER RELIGIÖSEN FREIHEIT ALS ELEMENTARES MENSCHENRECHT, DIE DEN BAU VON KULTBAUTEN DURCH RELIGIÖSE GEMEINSCHAFTEN UMSCHLIEßT, DURCH DIESE GRUPPE IST ZU BEGRÜßEN. ZU BEGRÜßEN IST, DASS DIE FRAGE DER RELIGIONSFREIHEIT NICHT MIT DEM PROBLEM DES RELIGIÖSEN FANATISMUS UND DER TERRORISTISCHEN GEWALT UNTER DEM DECKMANTEL VON RELIGION VERMENGT WIRD. ZU BEGRÜßEN IST, DASS PHÄNOMENE DES RELIGIÖSEN EXTREMISMUS GENERELL ABGELEHNT WERDEN, WELCHE RELIGIONSGEMEINSCHAFT AUCH IMMER DAMIT VERBUNDEN IST, UND NICHT EINFACH MIT EINER RELIGION, NÄMLICH DEM ISLAM, IDENTIFIZIERT WIRD. DIE FORDERUNG NACH EINEM INTENSIVEN DIALOG DER ERRICHTER VON KULTBAUTEN (Z. B. MOSCHEEN, TEMPEL) MIT DEN ANRAINERN IST SINNVOLL UND VERNÜNFTIG. DIESE DIALOGBEREITSCHAFT IST ABER NICHT NUR EINE BRINGSCHULD DER BETREFFENDEN RELIGIONSGEMEINSCHAFT - AUCH ALLE ANDEREN SOZIALEN AKTEURE WIE ANRAINER, BEHÖRDEN, POLITISCHE PARTEIEN, KIRCHEN ETC. SOLLTEN ZU EINEM ECHTEN DIALOG AUF BASIS GEGENSEITIGER ANERKENNUNG AUFGEFORDERT WERDEN UND SICH FÜR IHN ÖFFNEN. DABEI IST ZU BERÜCKSICHTIGEN, DASS ES SICH BEI DEN PROJEKTEN HÄUFIG UM BAUPROJEKTE VON MIGRANTENGRUPPEN HANDELT, DIE IN DER REGEL EINEN GERINGEREN GESELLSCHAFTLICHEN STATUS EINNEHMEN. DIE BESTEHENDEN MACHTASYMMETRIEN ZWISCHEN DIESER GRUPPE UND DEN ANGEHÖRIGEN DER MEHRHEITSGESELLSCHAFT MÜSSTEN DESHALB BEI DIESEN KOMMUNIKATIONSPROZESSEN UNBEDINGT BEACHTET WERDEN. ES WÄRE SINNVOLL, IN DIESEN BRISANTEN KONFLIKTSITUATIONEN NICHT EINFACH AUF DEN GUTEN W ILLEN DER BETEILIGTEN ZU SETZEN UND DIE RELIGIÖSE MINDERHEITSGRUPPE ALLEIN ZU LASSEN, VIELMEHR SEITENS DER BEHÖRDEN PROFESSIONELLE ANGEBOTE EINER MEDIATION IM INTERKULTURELLEN UND –RELIGIÖSEN KONTEXT ZUR VERFÜGUNG ZU STELLEN – EINER SPEZIFISCHEN MEDIATION, DIE DIFFERENZ-, DOMINANZ- UND KONTEXTSENSIBEL ORIENTIERT IST. HIER FEHLT EIN BEKENNTNIS ZUR GLEICHBEHANDLUNG DER RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN. Recht auf freie Religionsausübung 9 ÖVP/Österreichische Volkspartei: FRAGE 1 IST IN BEIDEN ASPEKTEN WOHLARGUMENTIERT BEANTWORTET. ES WIRD AUF ART 9 ABS 1 UND 2 SOWIE AUF ART 8 EMRK BEZUG GENOMMEN WIE AUCH GESETZESVORBEHALT UND WEITERE EINSCHRÄNKUNGSGRÜNDE DISKUTIERT. DIE ANTWORT ZU FRAGE 2 IST UMFASSEND UND DIFFERENZIERT. IM UNTERSCHIED ZUR GRUPPE 1 WERDEN WOHL BEDENKEN HINSICHTLICH MÖGLICHER KONSEQUENZEN EINES DISKUTIERT, JEDOCH NICHT IN POLEMISCHER ODER GAR PROPAGANDISTISCHER WEISE. DER HINWEIS AUF DIE VERANTWORTUNG DER ISLAMISCHEN GLAUBENSGEMEINSCHAFT IST WICHTIG. DER BISHERIGE W EG DES DIALOGES UND DES RESPEKTS GEGENÜBER UND MIT DER ISLAMISCHEN GLAUBENSGEMEINSCHAFT HAT – INSB IN DER JUGEND – BISLANG EINE RADIKALISIERUNG VERHINDERT, DIE ANALOGIE ZU DEUTSCHLAND GREIFT DAHER ZU KURZ, DER SICHERHEITSASPEKT WIRD ETWAS ÜBERBETONT. MENSCHENRECHTLICH GESEHEN IST DIE ANTWORT NICHT ZU BEANSTANDEN. WICHTIG UND BEGRÜßENSWERT IST DIE KLARSTELLUNG, DASS FÜR DEN BAU VON MOSCHEE IN ÖSTERREICH KEINE ANDEREN GESETZLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN GELTEN ALS AUCH FÜR KIRCHENBAUTEN; IN BEIDEN FÄLLEN HANDELT ES SICH UM GESETZLICH ANERKANNTE RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN. IN DER STELLUNGNAHME WIRD JEDOCH SOFORT EIN VORBEHALT GEÄUßERT: DIE BETREFFENDE POLITISCHE GRUPPIERUNG WÜRDE EINEN MOSCHEEBAU NICHT BEGRÜßEN, „WENN ER ZU EINER POLARISIERUNG DER ANSÄSSIGEN MOSLEMISCHEN WIE NICHT-MOSLEMISCHEN BEVÖLKERUNG FÜHRT, EINEN GEGEN-INTEGRATIVEN EFFEKT AUF DIE MOSLEMISCHE BEVÖLKERUNG HAT ODER DIE BERECHTIGTEN INTERESSEN DER ÖRTLICHEN NACHBARSCHAFT GLEICHWELCHEN BEKENNTNISSES EMPFINDLICH STÖRT.“ EU-WEIT IST VOR ALLEM SEIT DEM 11. SEPTEMBER 2001 EIN HOHES AUSMAß ISLAMFEINDLICHER EINSTELLUNGEN UND AN DISKRIMINIERUNG VON MUSLIMEN ZU VERZEICHNEN (S. ZUM BEISPIEL DEN BERICHT "MUSLIME IN DER EUROPÄISCHEN UNION: DISKRIMINIERUNG UND ISLAMOPHOBIE" DER EUROPÄISCHEN STELLE ZUR BEOBACHTUNG VON RASSISMUS UND FREMDENFEINDLICHKEIT VOM 18. DEZEMBER 2006). DIESE ISLAMFEINDLICHE STIMMUNG WIRD VON POLITISCHEN, ABER AUCH Z. B. KIRCHLICHEN GRUPPIERUNGEN, VOR ALLEM ABER VON RECHTSPOPULISTISCHEN UND RECHTSEXTREMEN GRUPPEN, PARTEIEN UND BEWEGUNGEN IN VERSCHIEDENEN EUROPÄISCHEN LÄNDERN NOCH GESCHÜRT UND POLITISCH-STRATEGISCH INSTRUMENTALISIERT (S. OLIVER GEDEN: DISKURSSTRATEGIEN IM RECHTSPOPULISMUS, VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN 2006). UNTER DIESEN UMSTÄNDEN BILDET JEDES MOSCHEEBAUPROJEKT, JA ALLEIN DIE ANKÜNDIGUNG EINES BAUPROJEKTS EINEN ANLASS FÜR SOZIALE KONFLIKTE (S. MONIKA W OHLRAB-SAHR / LEVENT TEZCAN [HG.], KONFLIKTFELD ISLAM IN EUROPA, BADEN: NOMOS 2007). IN IHNEN WERDEN DIE DIFFUSEN ÄNGSTE UND UNSICHERHEITEN EINES TEILS DER BEVÖLKERUNG GEGENÜBER DEN GESELLSCHAFTLICHEN VERÄNDERUNGEN IM ZUGE DER IMMIGRATION IM ALLGEMEINEN UND GEGENÜBER DER „FREMDEN RELIGION“ ISLAM IM BESONDEREN, DIE OFT KEIN ANDERES FORUM EINER ÖFFENTLICHEN AUSEINANDERSETZUNG FINDEN, WIE IN EINEM 10 Recht auf freie Religionsausübung BRENNGLAS FOKUSSIERT UND ZUM AUSDRUCK GEBRACHT. W ENN DIE BETREFFENDE POLITISCHE GRUPPIERUNG IHRE UNTERSTÜTZUNG VON MUSLIMISCHEN BAUVORHABEN DAVON ABHÄNGIG MACHT, DASS SOLCHE POLARISIERUNGEN UND KONFLIKTE VERMIEDEN WERDEN, DANN BEDEUTET DAS FAKTISCH, DEN MUSLIMEN – ZUGUNSTEN DES „SOZIALEN FRIEDENS“ - DIE VOLLE AUSÜBUNG IHRES RECHTS AUF ÖFFENTLICHE RELIGIONSAUSÜBUNG VORZUENTHALTEN, UND DAMIT DIE RELATIVIERUNG DES VERFASSUNGSRECHTLICH GEWÄHRLEISTETEN GRUNDRECHTS DER RELIGIONSFREIHEIT IM FALL DER MUSLIME. LETZTLICH LÄUFT DIESE POSITION DARAUF HINAUS, DAS PRINZIP DES MODERNEN GRUNDRECHTS DER RELIGIÖSEN FREIHEIT ABZULÖSEN DURCH EINE STAATLICHE TOLERANZPOLITIK, DIE DIE ÖFFENTLICHE RELIGIONSAUSÜBUNG EINER RELIGIÖSEN MINDERHEIT, DIE SICHTBARKEIT IHRER KULTBAUTEN ETC. UNTER BESTIMMTEN BEDINGUNGEN (Z. B. UNTER DER BEDINGUNG DER ZUSTIMMUNG DER MEHRHEITSBEVÖLKERUNG) DULDET ODER EBEN NICHT DULDET, RELIGIONSFREIHEIT FÜR BESTIMMTE MINDERHEITEN OBRIGKEITLICH GEWÄHRT ODER EBEN VERSAGT. MENSCHENRECHTLICH GEDACHTE RELIGIONSFREIHEIT DARF ABER NICHT MIT RELIGIÖSER TOLERANZ VERWECHSELT WERDEN (VGL. HEINER BIELEFELDT: „RELIGIONSFREIHEIT ALS MENSCHENRECHT. EIN KLASSISCHES MENSCHENRECHT IN DER KONTROVERSE“: RELIGIONSFREIHEIT. JAHRBUCH MENSCHENRECHTE 2009, WIEN/ KÖLN/ W EIMAR: BÖHLAU, 2008, 58-77). DIE AUSHÖHLUNG DES GRUNDRECHTS DER RELIGIONSFREIHEIT UND SEINE ÜBERFÜHRUNG IN EIN MODELL STAATLICHER TOLERANZ IST ZURÜCKZUWEISEN. ÄUßERST IRRITIEREND IST DIE FOLGENDE PASSAGE, WO ZUERST GEFRAGT WIRD, „WAS IN EINER MOSCHEE EIGENTLICH PASSIERT“ UND DANN AUS DEM VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2007 ZITIERT WIRD, DER UNTER DER NR. 5.5 VON EINZELNEN MOSCHEEN ALS „RADIKALISIERUNGS- UND REKRUTIERUNGSPLATTFORM“ SPRICHT. ZWEIFELLOS EXISTIEREN AUCH IN ÖSTERREICH VEREINZELT MOSCHEEN, IN DENEN RADIKALERE, ISLAMISTISCHE ORIENTIERUNGEN VERTRETEN WERDEN; DIESE STEHEN OFFENBAR AUCH UNTER BEOBACHTUNG DURCH DEN VERFASSUNGSSCHUTZ. ES WIRD ABER DURCH DIE EINLEITENDE FRAGE „WAS PASSIERT EIGENTLICH IN EINER MOSCHEE“ DER EINDRUCK HERGESTELLT, ALS WÄREN MOSCHEEN AN SICH, GENERELL ORTE RADIKALER PREDIGER UND VON AUFRUFEN ZUM GLOBALEN JIHAD. DIESE DARSTELLUNG KANN SICH JEDOCH WEDER AUF DIE FAKTENLAGE IN ÖSTERREICH NOCH AUF DEN BERICHT DES ÖSTERREICHISCHEN BUNDESAMTS FÜR VERFASSUNGSSCHUTZ STÜTZEN, DER JA AUSDRÜCKLICH VON „EINZELNEN MOSCHEEN UND ISLAMISCHEN ZENTREN“ (VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2007, S. 104). IM JULI 2005 HATTE DER GENERALDIREKTOR FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT ERIK BUXBAUM IM ZUGE DER VERÖFFENTLICHUNG DES VERFASSUNGSSCHUTZBERICHTES DIE ZAHL VON „WENIGER ALS FÜNF MOSCHEEN“ VON INSGESAMT RUND 200 MOSCHEEN IN ÖSTERREICH GENANNT, IN DENEN RADIKALE IMAME TÄTIG SEIEN. IM VORDERGRUND DER BEANTWORTUNG STEHT DIE FRAGE DER „SICHERHEIT“ (Z.B. ZITATION DER VERFASSUNGSSCHUTZBERICHTE); DADURCH WERDEN MUSLIME IN DEN KONTEXT EINES SICHERHEITSPROBLEMS GERÜCKT. Recht auf freie Religionsausübung 11 POLEMIK UND PAUSCHALVERDÄCHTIGUNG DER ORTE MUSLIMISCHER PRAXIS SIND ABZULEHNEN. VIELMEHR IST EINE DIFFERENZIERUNG ZWISCHEN VERSCHIEDENEN AUSPRÄGUNGEN DIESER KOMPLEXEN W ELTRELIGION UNBEDINGT GEBOTEN, VOR ALLEM DIE UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN DEN GEMÄßIGTEN, TRADITIONELLEN FORMEN DES ISLAM, DIE DEN MAINSTREAM BILDEN, UND RADIKALEN, EXTREMEN, ISLAMISTISCHEN RANDGRUPPEN. DENN MIT GLEICHEM RECHT KÖNNTE MAN DIE KATHOLISCHE KIRCHE IN ÖSTERREICH VERUNGLIMPFEN, INDEM MAN MIT BLICK AUF DEN KATHOLIZISMUS NUR AUF FUNDAMENTALISTISCHE, SEKTIERERISCHE GRUPPEN MIT EXTREMEN ANSICHTEN VERWEIST, ABER GLEICHZEITIG UNTERSCHLÄGT, DASS DER WEITAUS ÜBERWIEGENDE MAINSTREAM DER KATHOLISCHEN KIRCHE NICHTS DAMIT ZU TUN HAT. LEIDER GIBT ES AUCH IN ÖSTERREICH STATT EINES NOTWENDIGEN GENAUEN HINSEHENS AUF DIE LEBENSREALITÄT VON MUSLIMEN BEI UNS SEHR STARKE TENDENZEN ZU EINER ENT-DIFFERENZIERUNG, HOMOGENISIERUNG UND KOMPLEXITÄTSREDUKTION BEI DER BEURTEILUNG „DES ISLAM“ UND DER SITUATION VON MUSLIMISCHEN BÜRGERN IN EUROPA, UND ZWAR IN UNTERSCHIEDLICHEN BEREICHEN, Z. B. AUCH IN DER POLITIKWISSENSCHAFT, WIE DAS NEUE BUCH VON THOMAS SCHMIEDINGER UND DUNJA LARISE, ZWISCHEN GOTTESSTAAT UND DEMOKRATIE. HANDBUCH DES POLITISCHEN ISLAM (W IEN: DEUTICKE, 2008) ZEIGT. MITTLERWEILE BESCHÄFTIGT SICH DIE WISSENSCHAFTLICHE ANTISEMITISMUSFORSCHUNG MIT DEN UNVERKENNBAREN PARALLELEN ZWISCHEN ISLAM- UND JUDENFEINDSCHAFT: STEREOTYPEN UND KONSTRUKTEN, DIE ALS INSTRUMENTARIUM DES ANTISEMITISMUS GELÄUFIG SIND, WERDEN BENUTZT, UM STIMMUNG GEGEN MUSLIME ZU ERZEUGEN (S. DIE WISSENSCHAFTLICHE KONFERENZ „FEINDBILD JUDE – FEINDBILD MUSLIM“ DES ZENTRUMS FÜR ANTISEMITISMUSFORSCHUNG DER TECHNISCHEN UNIVERSITÄT BERLIN, 8. DEZEMBER 2008). AUS DER KATASTROPHE DER VERNICHTUNG DES EUROPÄISCHEN JUDENTUMS DURCH DIE NATIONALSOZIALISTEN WISSEN WIR, DASS SIE MIT KLEINEN SCHRITTEN BEGONNEN HAT, MIT DER VERBALEN VERUNGLIMPFUNG, PAUSCHALVERDÄCHTIGUNG, UNGLEICHBEHANDLUNG UND NICHT ZULETZT MIT DER SCHRITTWEISEN EINSCHRÄNKUNG UND VERWEIGERUNG VON RECHTEN. DIESE ERINNERUNG AN DIE JÜNGSTE VERGANGENHEIT IN ÖSTERREICH GEBIETET UNS HEUTE ALLERHÖCHSTE WACHSAMKEIT, WENN ES UM DEN UMGANG MIT GESELLSCHAFTLICHEN MINDERHEITEN GEHT. ES TRIFFT ZU, DASS – WIE IN DER STELLUNGNAHME GESAGT WIRD – DIE SORGEN UND ÄNGSTE DER BEVÖLKERUNG GEGENÜBER DEM ISLAM ERNST GENOMMEN WERDEN MÜSSEN. DIE ENTSCHEIDENDE FRAGE IST ABER, WIE MAN AM BESTEN DAMIT UMGEHT: MIT EINEM VERSUCH, DIE MUSLIME AUS DEM BEREICH DER SICHTBARKEIT UND ÖFFENTLICHKEIT MÖGLICHST FERNZUHALTEN UND IN DEN SOG. „HINTERHOFMOSCHEEN“ ZU VERSTECKEN – ODER IN DER BEWUSSTEN FÖRDERUNG VON REPRÄSENTATIVEN MOSCHEEBAUTEN, DIE DER INTEGRATION DER MUSLIME IN DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT DIENEN KÖNNEN? BEISPIELE VON MOSCHEEBAUTEN IN DEUTSCHLAND ZEIGEN, DASS MOSCHEEN ZU EINEM KNOTENPUNKT DER KONTAKTE UND BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DER MEHRHEIT UND DEN MUSLIMEN WERDEN KÖNNEN, WIE VOR ALLEM DIE YAVUZ-SULTAN-SELIM-MOSCHEE IN 12 Recht auf freie Religionsausübung MANNHEIM MIT IHREM BESUCHS- UND DIALOGPROGRAMM UND IHREM MODELLPROJEKT DER „OFFENEN MOSCHEE“ ZEIGT. DIE FORDERUNG DER GRUPPE 4 AN DIE ADRESSE DER „ISLAMISCHEN GLAUBENSGEMEINSCHAFT IN ÖSTERREICH“, RADIKALE STRÖMUNGEN IN EINZELNEN MOSCHEEN ZU UNTERBINDEN, ÜBERSIEHT DIE TATSACHE, DASS DER ISLAM KEINE DEN CHRISTLICHEN KIRCHEN ENTSPRECHENDE ZENTRALISTISCHE UND HIERARCHISCHE STRUKTUR KENNT; DIE IGGIÖ HAT DESHALB KEINE VERFÜGUNGSGEWALT ÜBER ALLE MOSCHEEN UND ALLE BESTELLUNGEN VON IMAMEN IN ÖSTERREICH. EIN GROßER TEIL DER IMAME IST ETWA ÜBER DEN TÜRKISCHEN DACHVERBAND ATIB ANGESTELLT, DER DEM AMT FÜR RELIGIÖSE ANGELEGENHEITEN (DIYANET) IN ANKARA UNTERSTEHT. DIE FORDERUNG IST DESHALB SACHLICH NICHT BEGRÜNDET (S. MAJA STICKER: SONDERMODELL ÖSTERREICH? DIE ISLAMISCHE GLAUBENSGEMEINSCHAFT IN ÖSTERREICH, KLAGENFURT: DRAVA, 2008, S. 105FF). Recht auf freie Religionsausübung 13 Die Antworten der Parteien FPÖ/Freiheitliche Partei Österreichs: 1. Nein! Das Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Dienst kann und darf nicht anerkannt werden, da es ein Zeichen religiöser Zugehörigkeit ist. In Österreich wird der Laizismus gelebt, das heißt strikte Trennung von Kirche und Staat.Die staatliche Verwaltung ist ein Dienstleister für alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ohne Rücksicht auf deren Religion, Rasse, Geschlecht, etc. Die öffentliche Verwaltung repräsentiert die staatliche Ordnung und nicht private (religiöse) Interessen. Bei einem Kopftuch handelt es sich nicht um ein einfaches Kleidungsstück, sondern um ein religiöses Symbol. Überdies erachten wir die Verpflichtung für Frauen, ein Kopftuch zu tragen als diskriminierend und menschenrechtswidrig. Kleiderordnungen widersprechen überdies dem Geist der Aufklärung. Die Verpflichtung, ein Kopftuch zu tragen ist mit dem Recht auf Individualität nicht zu vereinbaren. Angesichts mancher Forderungen, wonach auch Nichtmusliminnen ein Kopftuch zu tragen hätten, gewinnt das Kopftuch eine weitere Dimension. Toleranz kann nicht so weit gehen, dass das Recht einer Minderheit zu einer Verpflichtung für die Mehrheit wird. Toleranz gegenüber Intoleranz unterstützen wir nicht. 2. Wir lehnen die Errichtung von Minaretten ab. Das Bekenntnis zur Religionsfreiheit bedeutet nicht nur die Freiheit, sich zu einer Religionsgemeinschaft zu bekennen, sondern auch den Schutz des Einzelnen und der Gemeinschaft vor religiösem Fanatismus. Verfassung und Gesetze stehen in unserer säkularisierten Gesellschaft, die auf der Basis christlicher Werte, dem Humanismus und der Aufklärung entstanden ist, über Dogmen von Glaubensgemeinschaften und Heilslehren. Jede in Österreich anerkannte Religionsgemeinschaft muss sich zu unserer Verfassung und unseren Gesetzen und zur Trennung von Kirche und Staat bekennen. Zwangsehen, Zwangsbeschneidungen, die Unterdrückung von sowie Gewalt gegen Frauen sind in unserem Rechtsstaat beispielsweise genauso wenig durch „Religionsfreiheit“ gedeckt wie Tierquälerei. Religionsgemeinschaften, die unsere Verfassung und unsere Gesetze in Frage stellen und den gelebten Laizismus in Österreich, die strikte Trennung von Kirche und Staat, nicht zur Kenntnis nehmen, sind gesetzlich nicht anzuerkennen. Dies ändert nichts daran, dass Österreich der Religionsfreiheit hohe Bedeutung einräumt. Der Islam ist nicht nur eine Religion, sondern auch Rechtssystem. Islam ist eine politische Anschauung mit eigenen Gesetzen für die Gläubigen, die aus den Versen des Korans und den Überlieferungen bestehen. Wegweisend soll für die Fragen, für die im Koran keine klaren und deutlichen Bestimmungen enthalten sind, neben den Überlieferungen und dem Koran das Leben des Propheten sein. Das Symbol dieser Religion, dieser Glaube, Lehre und Recht vermischenden Macht ist die Moschee mit dem Minarett. Ein Minarett stellt einen Bau mit religiösem Charakter und Symbolwirkung dar. Dies stellt keinesfalls eine 14 Recht auf freie Religionsausübung Einschränkung der Religionsfreiheit dar, denn die Ausübung der Religion ist nicht von der Errichtung von Minaretten abhängig. Gesetzliche Restriktionen im Ortsbildschutz, im Baurecht oder der Raumordnung beschränken ja auch nicht das Grundrecht auf Eigentum oder die Freiheit der Kunst. 3. Ob und inwieweit Religionsgemeinschaften über ihre Inhalte und Traditionen informieren, hängt ausschließlich von diesen ab. Dies gilt für alle Religionsgemeinschaften. Der interreligiöse Dialog ist nach unserem Verständnis der klaren Trennung zwischen Staat und Kirche(n) vornehmlich die Aufgabe der Religionsgemeinschaften selbst. Die Politik kann den Dialog begleiten, sofern dies gewünscht ist. Die Initiative hat jedoch von den Religionsgemeinschaften selbst auszugehen. 4. Eine Sonderregelung für muslimische Bürgerinnen und Bürger gibt es nicht und wird von uns auch nicht unterstützt. Die Beteiligung am demokratischen Entscheidungsfindungsprozess steht allen Bürgerinnen und Bürgern – unabhängig vom Religionsbekenntnis – offen. Dies gilt nicht nur für Muslime/Musliminnen, sondern auch etwa für orthodoxe Christen/Christinnen sowie alle anderen in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften. In speziellen Fragen, die einen religionspolitischen Hintergrund haben, sind die jeweiligen Religionsgemeinschaften in den Prozess einzubinden. Die Grünen: 1. Für die GRÜNEN ist das Tragen des Kopftuchs eine höchstpersönliche Entscheidung jeder einzelnen Frau, das analog zum Tragen anderer (religiöser) Symbole selbstverständlich auch im öffentlichen Dienst erlaubt ist und bleiben soll. Die Akzeptanz dieser individuellen Entscheidung der Frauen bedeutet keinesfalls, dass damit eine Unterordnung der Frauen akzeptiert wird. In der österreichischen und der Salzburger Verfassung ist die Gleichheit von Frauen und Männern verankert, in der österreichischen und Salzburger Gleichbehandlungsgesetzgebung darüber hinaus Diskriminierungsverbote und Frauenfördergebote. 2. Der Bau von Moscheen ist ausschließlich eine Frage des Baurechts, der Raumordnung und des Ortsbildschutzes. Jeder Versuch, in diesen rechtlichen Materien Sonderbestimmungen für (oder gegen) Gebäude einer bestimmten Religion einzuführen, ist verfassungswidrig. Der Auseinandersetzung mit Anrainerrechten, Abstandsregelungen, Bauhöhen, der Beiziehung eines Gestaltungsbeirates oder der Durchführung eines ArchitektInnenwettbewerbes müssen sich aber auch muslimische Gemeinschaften stellen, wenn sie eine Moschee bauen wollen. 3. Der Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat, von Religion und Politik wird von den Grünen respektiert und stellt eine Grundlage unserer Gesellschaftsordnung dar. Die Projekte des interreligiösen Dialogs müssen aus Recht auf freie Religionsausübung 15 den Religionsgemeinschaften heraus selbst entstehen. Wir können uns aber vorstellen, dass interreligiöser und interkultureller Dialog einen besonderen Schwerpunkt bzw. ein Förderkriterium bei der Unterstützung der Kultur- und Bildungsarbeit bzw. bei der Unterstützung von Religionsgemeinschaften durch die öffentliche Hand darstellen. 4. Alle weiter vorne angeführten Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe von MigrantInnen sollen alle Menschen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit ansprechen. SPÖ/Sozialdemokratische Partei Österreichs: 1. Das Tragen eines Kopftuchs gilt als eine Inanspruchnahme des Rechtes auf Religionsfreiheit, das in Artikel 14 Abs. 1 des Staatsgrundgesetzes 1867 sowie in Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieft ist. Es gibt daher in Österreich kein Kopftuchverbot. Anlehnend an die verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit, ist für uns auch das Tragen des Kopftuches von MuslimInnen, die im öffentlichen Dienst tätig sind, zu sehen. 2. Einleitend zu diesem Fragenkomplex möchten wir festhalten, dass die Salzburger SPÖ das Recht auf freie Religionsausübung als eines der elementarsten Menschenrechte anerkennt und in diesem Sinne die Menschen auch in ihren Bestrebungen, ihrer Religion oder Weltanschauung frei nachzugehen, unterstützt. Abgelehnt und bekämpft werden von uns einzig und allein Gruppierungen, die fanatische oder sogar terroristische Elemente unter dem Deckmantel der Religion in sich tragen und dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung bzw. Grundrechte und –freiheiten anderer gefährden. Der Bau von entsprechenden Gotteshäusern ist nach unserer Auffassung Bestandteil der freien Religionsausübung, die nicht nur die private Religionsausübung garantiert, sondern auch die öffentliche. Für die SPÖ Salzburg ist es aber auch unumgänglich, dass bei entsprechenden Bauvorhaben ein intensiver Dialog mit den Anrainern stattfindet und deren Sorgen und Ängste bei Entscheidungen berücksichtigt werden müssen. 3. Die SPÖ Salzburg ist der Meinung, dass es nicht Aufgabe der Politik sein kann, religiöse Informationen aufzubereiten bzw. zur Verfügung zu stellen. Wo Politik einen unterstützenden Rahmen für Dialoge bieten kann, soll dies auch getan werden, jedoch sehen wir die primäre Aufgabe der Politik vielmehr darin, Integration zu fördern und zu forcieren und auf diese Weise ein Verständnis zwischen den Kulturen und in weiterer Folge deren Religionsgemeinschaften zu begünstigen – im Sinne eines demokratischen Gemeinwesens. 4. Was die Frage der besseren Beteiligung und Einbindung von muslimischen BürgerInnen bzw. Vereinen betrifft möchten wir auf die Anstrengungen von Landesrätin Erika Scharer verweisen, die in diesem Bereich mit der Erstellung eines Konzepts zur besseren Integration wichtige Signale setzt. Dieser Prozess, 16 Recht auf freie Religionsausübung an dem MigrantInnen, Vereine, Organisationen, Städte und Gemeinden sowie MigrationsexpertInnen beteiligt sind, steht noch am Anfang, unterliegt jedoch einer intensiven Auseinandersetzung, um künftig eine – von breiter Seite getragene – Basis für die weiterführende Arbeit im Land darzustellen. ÖVP/Österreichische Volkspartei: 1. Die ÖVP Salzburg geht davon aus, dass der derzeitige gesetzliche Rahmen öffentlicher Bekleidungsvorschriften und -verbote ausreichend ist. Darüber hinaus ist das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken der persönlichen Disposition jeder Person vorbehalten. Öffentlich Bedienstete unterliegen dabei allerdings einem dienstrechtlich, also gesetzlich festgelegten besonderen Sorgfaltsmaßstab. So hat der Beamte/die Beamtin "in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt" (§ 43 Abs 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz des Bundes). Dort, wo das Tragen einer bestimmten Dienstkleidung vorgeschrieben ist, die das gleichzeitige Tragen eines Kopftuches unmöglich macht, geht die Bekleidungsvorschrift zudem vor (§ 60 leg. cit.). Generell wird das freiwillige Tragen einer Kleidung, die dem eigenen Glauben Ausdruck verleihen soll, nicht problematisch sein, solange die dadurch zum Ausdruck gebrachte Gesinnung nicht selbst gegen die Menschenrechte verstößt, etwa gegen den Geist des Art 1 AEMR. In seiner Entscheidung in der Rechtssache Leyla Sahin gg. die Türkei hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum Kopftuchverbot auf türkischen Universitäten festgestellt: "In solchen Einrichtungen, wo Werte des Pluralismus, des Respekts vor den Rechten anderer und insbesondere der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau gelehrt und praktisch angewendet werden, ist es verständlich, wenn die zuständigen Behörden es als unvereinbar mit diesen Werten erachten, das Tragen religiöser Zeichen einschließlich des islamischen Kopftuchs - zu erlauben." Der Gerichtshof kommt in seinem Urteil zur Auffassung, dass dort, wo der Schutz der Rechte der Frauen, insbesondere derer, die die Befolgung von Bekleidungsvorschriften des eigenen sozialen Umfelds verweigern, untergraben wird, oder wo extremistische politische Bewegungen danach trachten, der gesamten Gesellschaft ihre religiösen Symbole und ihr auf religiösen Geboten beruhendes Gesellschaftsmodell aufzuzwingen, ein Kopftuchverbot mit der Konvention vereinbar sein kann. Für die ÖVP Salzburg ist daher das Tragen eines religiösen Symbols dann staatlich einzuschränken, wenn damit eine Ideologie verbreitet werden soll, die die Grundwerte einer demokratisch-egalitären Gesellschaft verletzt, wenn das Tragen nicht mehr freier Ausdruck eines Glaubens ist, sondern durch strukturelle oder direkte - etwa auch traditionsbedingte - Gewalt aufgezwungen wird oder wenn es als Symbol für ein Recht auf freie Religionsausübung 17 Gesellschaftmodell mißbraucht wird, dass mit einer demokratischen, freien und gleichen Gesellschaftsordnung nicht vereinbar ist. 2. Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen knüpfen an den Bau von Moscheen keine anderen Bedingungen, als sie für andere Bauten für Kultuszwecke in Frage kommen. Nach dieser Rechtslage wurden etwa die rumänisch-orthodoxe Kirche in Salzburg oder die serbisch-orthodoxe Kirche in Saalfelden errichtet. Wichtig ist aus unserer Sicht, ob die Sorgen und Befürchtungen der nicht-muslimischen Mehrheitsbevölkerung bei einem solchen Vorhaben angemessen berücksichtigt werden können. Für die ÖVP Salzburg ist dies für ein friedliches Miteinander der Religionen unerlässlich. Daher würde die ÖVP Salzburg einen Moscheenbau jedenfalls dann nicht begrüßen, wenn er zu einer Polarisierung der ansässigen moslemischen wie nicht-moslemischen Bevölkerung führt, einen gegen-integrativen Effekt auf die moslemische Bevölkerung hat oder die berechtigten Interessen der örtlichen Nachbarschaft gleichwelchen Bekenntnisses empfindlich stört. Darüber hinaus stellt sich aber die Frage danach, was in einer Moschee eigentlich passiert. Im Verfassungsschutzbericht 2007 des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wird unter Punkt "5.5. Moscheen" angeführt: "Einzelne Moscheen und islamische Zentren können weiterhin als Radikalisierungs- und Rekrutierungsplattform dienen. Radikalisierbare MuslimInnen zweiter Generation, sowie zunehmend Konvertiten frequentieren einzelne radikale islamische Zentren. Die im Rahmen des Freitagsgebetes abgehaltenen radikal ausgerichteten Predigten können die Zuhörerschaft beeinflussen. Inhaltlich werden in radikalen Predigten vorrangig die jihadistische salafitische Ideologie, die Verherrlichung eines gewaltsamen Jihad bis hin zur Unterstützung des globalen, mit Waffengewalt zu führenden Jihad thematisiert." Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz bezeichnet in seinem Bericht "Islamismus aus der Perspektive des Verfassungsschutzes" den Islamismus als Form des politischen Extremismus und führt aus: "Zu den ideologischen Kernbestandteilen des Islamismus gehört die Auffassung, staatliche Gesetzgebung und hoheitliches Handeln dürften sich nicht auf den Willen des Volkes oder Mehrheitsentscheidungen gründen." (Seite 7), sowie "Junge Muslime oder Konvertiten kommen zumeist über ihr persönliches Umfeld mit islamistischer Ideologie in Berührung, also durch Freundschaften oder Cliquen, Verwandte, islamistische Akteure in Moscheen oder islamistischen Organisationen." (Seite 10). Für die ÖVP Salzburg hat die Verbreitung einer Ideologie, die die demokratischen Grundwerte einer egalitären Gesellschaft negiert und zu zerstören versucht, nichts mit freier Religionsausübung zu tun. Es wäre die Frage zu beantworten, wie mit den begründeten Sorgen und der Angst der nicht-moslemischen Mehrheitsbevölkerung in dieser Hinsicht umgegangen wird. Die staatlich anerkannte Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich errichtet oder unterhält keine eigenen Moscheen, sondern ist diesbezüglich auf die Initiative und punkto Information auf die Auskunftsfreudigkeit der jeweiligen, teilweise aus dem Ausland finanzierten Errichter- und Betriebsvereine angewiesen (Die Presse 25.08.2007). Nach Ansicht der ÖVP-Salzburg liegt es 18 Recht auf freie Religionsausübung in der Verantwortung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, eine Religionsausübung ohne Haßprediger, islamistische Propaganda und antidemokratische Botschaften in den österreichischen Gebetsräumen und Moscheen sicher zu stellen, diesbezüglich für Transparenz und Information zu sorgen und damit eine notwendige Vertrauensbasis in der Gesellschaft zu schaffen. "Ein Minarett à la Telfs wollen wir gar nicht. Wenn die Bevölkerung darüber entsetzt ist, kann ich das verstehen.", sagte der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, in einem Presse-Interview am 30.09.2008. Für die ÖVP-Salzburg wäre es wichtig, wenn aus diesem Verständnis auch eine weitere Entwicklung innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft folgen würde. 3. Die ÖVP Salzburg schlägt als Initiative für ein neues Miteinander der Religionen in Salzburg einen "Neuen Dialog der Religionen" in Salzburg vor, der unter der Schirmherrschaft der höchsten Salzburger Vertreter/innen der in Salzburg vertretenen Religionen stattfinden soll. Dieser Dialog kann in einen Salzburger Rat der Welt-Religionen weiter verdichtet werden, der dem integrationspolitischen Beirat als Expertengremium zur Verfügung stehen. 4. Die ÖVP Salzburg geht davon aus, dass sich die islamische Glaubensgemeinschaft über Vereine wie dem Verein "Kristall" in Hallein in einem gestärkten integrationspolitischen Beirat einbringen und dort die Interessen der Salzburger Muslim/innen artikulieren und an die Politik herantragen kann. Darüber hinaus hat in Salzburg jeder Bürger die Möglichkeit, etwa zu Gesetzesentwürfen der Landesregierung im Begutachtungsverfahren Stellung zu nehmen, das gilt auch für Vertreter/innen von muslimischen Vereinen oder einzelpersonen. Zusätzlich steht der Integrationssprecher des ÖVP-Landtagsklubs gerne als Ansprechperson zur Verfügung und ist auch gerne behilflich, eine Begegnung und Aussprache mit allen Fraktionen im Landtag gemeinsam zu organisieren, wenn dies gewünscht wird.