Seite 1 Voraussetzung: welche slawischen Sprachen gibt es, wo werden sie gesprochen, von wie vielen Leuten? Büchertipp: B. Panzer – Die slawischen Sprachen in Gegenwart und Geschichte Sprachwissenschaft: ist deskriptiv (beschreibend) und nicht normativ oder präskriptiv (vorschreibend) sie wertet nicht zwischen verschiedenen Sprachformen bzw. zwischen Schriftsprache und Dialekt (sagt nicht „das ist gut, das ist schlecht“), misst nicht das eine am anderen Dialekt hat vollwertiges grammatisches Konzept man kann Standardsprache und Dialekt richtig oder falsch sprechen es ist ein Zufall ob eine Orthographie entwickelt wird (Wörterbücher, normative Grammatiken…) es gibt wissenschaftliche Grammatiken (mit denen werden die Sprachen beschrieben) und normative Grammatiken (die vorschreiben) Sprawi beschreibt auch Dialekte (Dialektwörterbücher sind meist nicht normativ sondern populär=volkstümlich) Idiom Dachbegriff für Sprache/Dialekt; kann Status wechseln: zB makedonisch erst 1944 von Dialekt zu Sprache kajkavisch (fragen kaj im Sinne von „was“) war bis in die 30er Jahre Standardsprache, ist dann zum Dialekt geworden stokavisch wurde zur Standardsprache Standardsprache der Slowaken war zuerst ungarisch, Standardsprache der Slowenen war zuerst deutsch/italienisch (Küste) Sprawi wertet auch nicht zwischen verschiedenen Typen (mit Flexion/ohne Flexion), zB Latein flektierende Sprache, viele Deklinationen, Konjugationen, Gradationen Sprawi beschäftigt sich (grundsätzlich) mit der gesprochenen Sprache, sie beschreibt Sprache (nicht Schrift) Sprache ist nicht die geschriebene, sondern die gesprochene Sprache! oft kann man um die Schrift nicht herum, zB Sprache = tot zuerst Erforschung der Schrift, dann die der Sprache, zB Ägyptologie (Hieroglyphen) Kommunikation in der Fachwelt (man nimmt das Geschriebene als Gesprochenes) Sprawi beschäftigt sich nicht mit der Orthographie (Ortho = richtig, Graphie = Schrift) bei Rechtschreibreformen zieht man die Sprawi heran damit die Sprache eine gute Orthographie hat slawische Sprachen haben gute Orthographien (man kann das Geschriebene als Gesprochenes nehmen) Englisch hat eine schlechte Orthographie (man weiß nicht wie man etwas ausspricht wenn man das Wort sieht) Slawen in Norddeutschland Wenden Slawen in Süddeutschland Winden Wort „Slawe“ aus dem Lateinischen entlehnt Seite 2 Sprachformen: Soziolekt verschiedene Gesellschaftsschichten sprechen verschiedene „Sprachen“ (zB Gaunersprache) Deklination: Abwandlung des Substantivs Konjugation: Abwandlung des Verbs Gradation: Steigerung des Adjektivs „Lehre von den Lauten“: man kann sie wissenschaftlich betreiben Phonetik (phonetische Transkription Lautschrift (wie gesprochene Sprache – beschreibt die Aussprache) oder im Sprachunterricht versuchen eine Norm durchzusetzen Orthoepie „Lehre von den richtigen Sprache“ (schreibt Aussprache vor) Paläografie: Lehre von alten Schriften, Epigrafik: Lehre der Inschriften, keine Rundungen Sprache entwickelt sich, man meint damit nicht, dass sie besser wird sie verändert sich (nicht immer zum Besseren) Paläographie „Lehre von den alten Schriften“ Epigraphik „Lehre von den alten Schriften auf Inschriften“ (auf Steinen) Philologie „Beschäftigung mit Sprache und Kultur“ ieS „Beschäftigung mit Texten“ (wie wurde ein Text überliefert, wer hat von wem abgeschrieben [STenmatologie]; man versucht den „Urtext“ zu rekonstruieren keine Sprawi ohne guter Philologe zu sein aber Disziplinen voneinander unterscheiden Innere Einteilung der Sprache: beschäftigt sich mit der Beschreibung von Sprachen synchronische Sprawi: zB Latein zur Zeit Cäsars (Zeitpunkt!) diachronische Sprawi: untersucht Veränderung und Geschichte von Sprache und Mechanismen nach denen sich die Sprache entwickelt Sprawi in Europa bis zu best. Zeitpunkt nur diachronisch bis Ferdinand de Saussure (Professor in Genf *1857, 1913) die Unterscheidung synchronisch/diachronisch einführte Buch „Cours de linguistique générale“, 1916 erschienen, „Grundfragen der Allgemeinen Sprawi“ Empfehlung synchronische Sprawi: beschreibt Sprachen und denkt darüber nach wie man sie beschreiben soll, Beschreibungen können verschieden sein und trotzdem alle richtig untersucht ob und inwieweit Sprachen ähnlich sind kontrastive Sprawi; um festzustellen ob Sprachen typologisch miteinander „verwandt“ sind (eigentlich Blödsinn, man kann sich ähnlich sein, und trotzdem nicht verwandt und umgekehrt) diachronische Sprawi: untersucht die Entwicklung einer Sprache historische Grammatik (man meint damit die innere Entwicklung Wortschatz, Grammatik) äußere Sprachgeschichte (Sprache ausgestorben aber nicht in der Kirche, wo wurde es gesprochen etc.) Seite 3 kann auch die genetische Verwandtschaft zw. Sprachen untersuchen (rekonstruiert verlorene gemeinsame Vorfahren) Wenn Sprachen ähnlich sind gehören sie einem Typ an: zB dem agglutinierenden: jede Endung hat eine Bedeutung, wenn das Wort was anderes bedeuten soll hat das Wort eine andere Endung ev, evden, evler, evlerden zB dem analytischen oder isolierenden: es gibt keine Endungen, eigene Wörter für andere Bedeutungen la maison, de la maison zB ob eine Sprache flexiert oder nicht (eine Endung hat mehrere Bedeutungen) dom-a Slawische Sprachen sind alle flektierend was die Konjugation betrifft und was das Deklinieren betrifft alle außer bulgarisch und makedonisch. Man muss genetische Verwandtschaft und typologische Ähnlichkeit unterscheiden und darf sie nicht verwechseln! zB hebräisch und lateinisch: typologisch ähnlich aber nicht genetisch verwandt! Sprachen, die genetisch verwandt sind bilden Sprachfamilien. Sprachen die typologisch ähnlich sind bilden Sprachtypen. Aus welchem Grund sind Sprachen typologisch ähnlich? Zufall (zB bulgarisch und latein) genetische Verwandtschaft (zB polnisch und russisch) Kontakt miteinander – eine Sprache übernimmt Strukturelemente von der anderen zB Burgendlandkroaten: draufdošla (kommen) kein Mix – eine Sprache stirbt aus, hier: Kroatisch Kontakt findet in den Köpfen zweisprachiger Individuen statt Sprachkontakt erzeugt typologische Ähnlichkeit Kontakt kann auch mehrere Sprachen umfassen, wenn es besonders auffällig ist spricht man von einem Sprachbund (wörtliche Übersetzungen sind besonders gut möglich) zB Balkansprachbund (rumänisch, neugriechisch, albanisch, bulgarisch, makedonisch, östliche serbische Dialekte) – kann zu Schwund der Deklinationen führen. Alle Artikel werden hinten angehängt, zB pokrivăt der Infinitiv wird zurückgedrängt (bulgarisch hat keinen) Der Balkansprachbund entstand weil am Balkan zwei- und Mehrsprachigkeit üblich war (außerdem starke ethnische Durchmischung des Gebiets) Phonologie: Technik der Sprachbeschreibung „Erfinder“ der Phonologie N.S. Trubetzkoy (*1890, 1938, Prof. am Institut für Slawistik in Wien) Ferdinand de Saussure wollte die synchronische Sprachwissenschaft etablieren „parole“ (physikalische Realisierung von Sprachen) „langue“ (Regeln und Zeichen) Seite 4 zB Schachbeispiel: einerseits das Spiel selbst (aus Plastik, Elfenbein etc., im Kasten verwahren) parole andererseits: System von Regeln langue man muss zwei Farben haben langue, welche Farben ist egal parole zB langue des Russischen: wie viele Fälle, Laute, kein „pf“; Klang spielt keine Rolle Wichtigste Funktion der Sprache: sie ist ein Kommunikationsmittel. Wenn wir die Sprache erforschen wollen kommen wir zu parole und langue. zB Zungen-r und Zäpfen-r – Unterschied existiert nur in der parole, betrifft nicht die Materie, das System irrelevanter Unterschied zB Unterschied zwischen L und R – wichtig für Kommunikation – auch in der langue relevanter Unterschied Phonem: offiziell: die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit der Sprache Ergebnis einer Abstraktion von einem lautlichen Unterschied Klasse (gedachte Größe) von Lauten zwischen denen die Unterschiede irrelevant für die Kommunikation sind Unterschied zwischen zwei Phonemen phonologische Opposition zB Lautschrift – Zungen-r und Zäpfchen-r: man abstrahiert den Unterschied weg und erhält ein Phonem /r/ kann verwendet werden um leichter zu unterscheiden Laute sind Größen der parole: zB [r] [l] [o] Phoneme sind Größen der langue: zB /r/ /l/ /o/ Allophon: [r] + [R] Phon desselben Phonems phonetische Transkription phonologische Transkription Minimalpaar: Paar von 2 Wörtern, die sich nur an einer Stelle unterscheiden und trotzdem etwas anderes bedeuten (es kommt NICHT auf die Schreibung an) zB der, Teer; / leite, reite; / leiden, leiten; / Weg, weg Konstantin von … Erfinder der glogolitischen Schrift Beispiele: dich [dIc] Dach [dax] unterscheiden sich an 2 Stellen! ç und x sind Allophone doch [dox] Dach [dax] Minimalpaar in [In] an [an] Minimalpaar, i und a gehören versch. Phonemen an Weg [ve:k] weg [vεk] Minimalpaar, e: und ε gehören versch. Phonemen an [r]ei[t]en - [l]ei[d]en kein Minimalpaar, man kann nichts beweisen Seite 5 [mo:s] [fo:s] ein Unterschied, zweites ist Logatom: klingt so als könnte es dieses Wort geben, doch die Sprache hat es nicht Maße [ma:sә] Masse [masә] die neue S-Regelung ist geglückt ng [ŋ] und [h] können kein Minimalpaar bilden, sie stehen immer an verschiedenen Stellen [h]echt – [ŋ]echt erfunden, somit Minimalpaar [ç] und [x] können auch nicht an derselben Stelle stehen i[ç] mag di[ç] i[x] mag di[x] Nachricht ist verständlich Warum ändert sich die Nachricht bei [ŋ] und [h], und bei [ç] und [x] nicht? [ŋ] + [h] keine Invariante [ç] und [x] haben eine Merkmalmenge: mit Zungenrücken gebildet, Reibgeräusch erzeugend, stimmlos Allophone: (Varianten) Laute, die denselben Phonemen angehören (zB r und R); Laute, die man austauschen kann, ohne, dass sich die Nachricht verändert individuelle Varianten: wenn zB r oder R vom Sprecher abhängt landschaftliche Varianten: zB Deutschland/Frankreich soziale Varianten: zB Meidlinger L Kontextvarianten (positionsbedingte Varianten): es hängt vom benachbarten Laut ab, welches Phonem folgt. Sie stehen in komplementärer Distribution (füllen zusammen etwas aus; wo c ist, ist x nicht!) Es gibt keine Minimalpaare mit c und x. nach: i, e, ü, ö, r, l, m, n [c] sonst: [x] Was weiß der Mensch von seiner Sprache? Er kennt meistens die Phone (weiß das ist ein a…), kennt nicht die Allophone (c, x) Vorhersagbarkeit: etwas zu wissen bevor man nachgeschaut hat es ist vorhersagbar welches Allophon drankommt. Wenn die Phonetik aus der Phonologie vorhersagbar ist, genügt das zB [dix] [dax] zu Phonem: „kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit“ nicht ganz wahr, es gibt noch kleinere distinktive Merkmale, zB Vokallänge: (Die Vokallänge dient im Deutschen dazu Nachrichten zu unterscheiden, festgestellt wird das mit einem Minimalpaar. hier: nicht Laut sonder Merkmal wichtig!) Kamm [kam] kam [ka:m] verschiedene Phoneme! Fass [fas] Fuß [fu:s] beweist nicht, dass die Länge distinktiv ist, oberes schon! Wenn ich ein Minimalpaar suche, muss ich wissen wonach ich suche: Unterschied in Lauten oder Merkmalen. Das Phonem-System muss für jede einzelne Sprach/Dialekt neu festgestellt werden. Seite 6 Phonetik: „Lehre von den Lauten der Sprache“ angewandte Phonetik: Logopädie (Sprecherziehung) theoretische Phonetik: um Neugier zu befriedigen Theoretische Phonetik: artikulatorische: um Laute zu klassifizieren, untersucht wie die einzelnen Laute artikuliert werden - wie die Laute (im Mund bzw. mit den Sprechwerkzeugen) erzeugt werden (Absenderorientiert); arbeitet mit Lautschrift (IPA = international phonetic alphabet) auditive: beschäftigt sich damit, wie die Laute mit dem Gehör wahrgenommen werden (Empfängerorientiert) akustische: untersucht die Schallwellen und fängt sie mithilfe von Apparaten ein (die die Luftschwingungen aufnehmen und Kurven auf ein Papier zeichnen) Wo werden die Laute erzeugt? Artikulationsstellen: Labiale: (lat. labia – Lippen): die an den Lippen entstehen p, b, m, f, [w], [v], u, ü, o, ö Dentale: (lat. dentes – Zähne): bei denen die Zunge die Schneidezähne berührt t, d, s, z, [r], l, n, c = [ts] Palantale: (lat. palatum – harter Gaumen): tˇ = ć, dˇ = đ, š, ž, č, j, lˇ, nˇ, i, e, ü, ö Velare: (lat. velum – weicher Gaumen): k, g, x, u, o, a, y (russisch), ә (Schwa-Laut) Pharyngale: (griech. pharynx – Rachen): Laryngale: (griech. larynx – Kehlkopf): h, Knacklaut (glottal Stopp), kein Phonem, Allphon zu Null Labiodentale: sowohl an den Lippen als auch an den Zähnen gebildete Laute [v], [f] Bilabiale: mit beiden Lippen gebildete Laute [w] Labiovelare: sowohl an den Lippen als auch am weichen Gaumen gebildete Laute qn/kn (wie bei ital. „quando“), u, o Labiopalatale: sowohl an den Lippen als auch am harten Gaumen gebildete Laute ü, ö Palatisierte: im Russischen wichtig t’, d’, p’, k’ Transliterationen: Umschrift aus einem Alphabet in ein anderes, zB Russisch in Latein Artikulationsorgane: Uvula (Zäpfchen): Zäpfchen-r uvulares r Zunge: o Zungenspitze (lat. Spitze apex) – Laute, die mit der Zungenspitze gebildet werden Apikale Seite 7 o Zungenrücken (lat. Rücken dorsum) – Laute, die mit dem Zungenrücken gebildet werden Dorsale o Zungenseite (lat. Seite latus) – Laute, bei denen die Luft an beiden Seiten der Zunge vorbeistreicht Laterale l, lv, l’ Stimmbänder: wenn sie vibrieren ist der produzierte Laut stimmhaft, wenn sie still liegen ist er stimmlos Velum: wenn das Gaumensegel heruntergeklappt wird nasale Laute, wenn es offen ist orale Laute Artikulationsmodus: (Öffnungsgrad des Luftkanals) geringster Öffnungsgrad = 0: Mund geschlossen Verschlusslaute, lat. Okklusive (auch Plosive genannt, weil man erst etwas hört, wenn der Mund „gesprengt“ wird) p, b, t, d, g, tv dv, t’, d’, k’, g’, p’, b’ Öffnung > 0: erzeugt Reibegeräusch (lat. Reibelaute Frikative) f, v, s, z, š, ž, x, γ, s’, z’; Affrikaten ts = c, dz = , tvs’ = č, d’ž = , kx Obstruenten = Hindernislaute Mund noch offener: kein Reibegeräusch Sonanten: *Nasale m, n, ň, ŋ, m’, n’; *Liquide (flüssige Laute) r, l, l’, lv, r’, R; *Halbvokale (glides) w, j (Römer hatten den gleichen Buchstaben für i+j und u+w) die offensten Laute: Vokale: *geschlossene Vokale: u, i y, ü; *mittel: o, e, ә, ö; *offenster: a Diphthong: Aufeinanderfolge von zwei Vokalen in derselben Silbe ei, au… (Sequenzen zweier Laute) Monophthong: einzelner Vokal der am Ende genauso klingt wie am Anfang Labiale Alveolare (Dentale) Palatale Velare Laryngale Plosive p, b t, d tv, dv k, g Knacklaut Frikative f, v s, z š, ç, ž x, γ h Affrikaten pf, bv c, č, kx, gγ Sonaten m, w n, r, l nv, lv ŋ Vokale u, o, ü, ö i, e, ü, ö u, o, y, ә, a Vokaldreieck: nicht ausreichend für slawische Sprachen, deshalb Vokalpyramide Seite 8 Suprasegmentale Ebene = Prosodie (griech. „das Dazugesungene“ – zu den Lauten) Akzent, Länge (der Vokale/Silben) Quantität (Tatsache, dass Laute/Vokale land oder kurz sein können) Intonation (Tonverlauf) Akzent: es gibt zwei physikalische Möglichkeiten eine Silbe/einen Vokal zu betonen: dynamisch (griech. dynames „die Kraft“): verstärkter Atemdruck; expiratorisch: durch stärkeres Ausatmen hervorgebrachter Akzent musikalisch: hebt sich in der Melodie (höher oder tiefer) von den anderen Silben ab (zB im Französischen), bestimmter Intervall gebundener Akzent: ist vorhersagbar aufgrund von Regeln, an eine Stelle im Wort gebunden: Intitialakzent: an die erste Stelle im Wort gebunden (tschechisch) Ultimalakzent: an die letzte Stelle im Wort gebunden (französisch) Pänultimalakzent: an die vorletzte Stelle im Wort gebunden (polnisch) Antepänulitmalakzent: an die drittletzte Stelle im Wort gebunden (makedonisch) Slowenisch: hat höchstens eine lange Silbe, hat Wort eine Länge dann ist diese betont, hat Wort nur Kürzen ist die letzte Silbe betont ungebundener Akzent = freier Akzent Russisch, Ukrainisch, Weißrussisch, Bulgarisch B/K/S: eingeschränkt freier Akzent, kann nicht auf der letzten Silbe liegen, sonst egal Quantität: Unterschied von lang und kurz wir beachten nur die slawischen Sprachen, bei denen die Quantität phonologisch distinktiv ist zB b/k/s, tschechisch, slowakisch, slowenisch Intonation: (phonologisch distinktiv bei diesen Sprachen) „Singsang“ uns interessiert die Wortintonation (man muss mitlernen ob hinauf- oder hinunter gesungen wird) b/k/s, slowenisch Unterschied zw. musikalischem Akzent und Intonation: beim musikalischen Akzent genügt es den Akzent anzugeben um zu wissen wie viel Intervalle sind; bei der Intonation genügt die Angabe der Akzentstelle nicht, man muss angeben ob man rauf- oder runter singt Silbigkeit: Worte können in manchen Sprachen mit/ohne Silbenbetonung realisiert werden (Laut kann Silbe tragen) ist bei b/k/s, polnisch so. v.a. Sonanten können silbisch oder unsilbisch ausgesprochen werden, zB Gutn Abmd, Radl silbisches n, m, l. Sprachebenen: Sprache besteht aus Zeichen, sie können verschieden umfangreich sein, sind hierarchisch aufgeteilt: distinktive Merkmale – Laute (langue – Phoneme) Seite 9 mehrere Laute ergeben Morpheme, mehrere Morpheme ergeben Wörter, mehrere Wörter ergeben Sätze, mehrere Sätze ergeben einen Text. Phonologie ist eine Ebene darüber, Morphologie (Morpheme) darüber, Lexik (Wort) darüber, Syntax (Satz) darüber, Textgrammatik (Text) darüber. zB i kann als Phonem und als Wort auftreten (in slawischen Sprachen) Textgrammatik Syntax Wortschatz Morphologie Laute phonet. Merkmale Zeichen: Ferdinand de Saussure unterscheidet zwischen signifiant (das Bezeichnende) und signifié (das Bezeichnete) – zB Verkehrszeichen: Ding aus Blech = signifiant, Verbot selbst = signifié Beziehung zwischen sigfnifiant und signifié: sie sind arbiträr, d.h. es besteht kein Grund, warum eine bestimmte Lautfolge diese Bedeutung hat Gegenteil von arbiträr = Motiviertheit: 1.) Ikonizität (Bildhaftigkeit, griech. Ikone „das Bild“), liegt dann vor, wenn doch ein Zusammenhang zwischen den beiden besteht bzw. wenn man sich einbildet, dass ein Zusammenhang besteht, zB schlottern, zittern (Bewegungen, die vom Klang des Wortes nachempfunden werden), dumpf, düster… onomatopoetisch (onomatopöisch): zB lallen, bildet das ab, was der von sich gibt, der lallt; surren, klirren 2.) relative Motiviertheit: zB Leser (Verb: lesen) lesen = arbiträr, Leser nicht; Straße, Bahn = arbiträr, Straßenbahn nicht (hat ja einen Grund warum es so heißt) Morphologie: untersucht die Flexion (Formenlehre; Deklination, Konjugation, Gradation = Grammatik) und die Wortbildung Lehre von den kleinsten bedeutungstragenden Einheiten (den Morphemen) Bsp: {Kind}{er} Kind = bedeutet Kind, er = Plural {Kind}{es} es = Genitiv {} = morphologische Transkription {gorod}{a} gorod = bedeutet Stadt, a = Genitiv Singular der Stadt {gorod}{ok} ok = klein kleine Stadt Seite 10 Wort besteht meistens aus mehreren Morphemen, aber nicht immer {gorod}{ok}{0} = Nullmorphem – Null die eine Bedeutung trägt , es wird mitgeteilt, dass es Nominativ Singular ist Sprachbeschreibung wird vereinfacht, wenn wir mit dem Nullmorphem arbeiten Morpheme können verschieden ausgesprochen werden, Varianten haben Allomorphe: selbe Bedeutung, klingen aber verschieden {Kin[d]} + {Kin[t]} {goro[d]} + {goro[t]} {ruk}{a} ruk = bedeutet Hand, a = Nominativ Singular {ruč}{n}{oj} n = Adjektiv, oj = männlicher Singular {žen}{y} y = Genitiv Singular {mux}{i} i = Genitiv Singular {Bu[x]} {Bü[c]}{er} Alternation: lautlicher Unterschied zwischen zwei oder mehreren Allophonen wird Alternation genannt – zB y+ alternieren miteinander, sind Alternanten {gorod}{ok{0} Stadt/klein/Nom Sg {goro[t]}{k}{a} Stadt/klein/Gen Sg Alternation zwischen [d] und [t] ABER [a] und [0] keine Alternation WEIL 0 bedeutet Sg Nom und a bedeutet Sg Gen Jeder Alternation ist durch eine Regel beschreibbar, zB d wird durch stimmlosen Partner t ersetzt, wenn stimmloser Laut folgt. Alle angesprochenen Größen sind phonetisch phonetische Alternation. (Bezugnahme auf morphologische Daten nicht nötig) {ruk}{a} ruk {ruč}{n}{oj} {ruk} und {ruč} = Allomorphe k und č alternieren Regel: anstelle von k setze č wenn n folgt Regel gilt nicht immer, muss lauten: statt k setze č, wenn ein n folgt, welches ein Adjektiv anzeigendes Morphem ist. Diese Regel verwendet auch morphologische Größen morphologische Alternation. (man muss auf die morphologischen Daten Bezug nehmen) {rot}{0} {röt}{er}{0} Komparativ {gut}{0} {bess}{er} Suppletion Seite 11 Mensch {čelovek}{0} Nom Sg Menschen {ljud}{i} Nom Pl Keine Alternation, da man keine Regel mit mehr als einem Beispiel aufstellen kann. {za}{t } pressen {zm}{u} 1. Pers. Sg zwei Allomorphe mit Alternation a und m statt m setze a vor einem Konsonanten Alternation mit zwei Bsp. (morphologisch) Einteilung der Morpheme lexikalische Morpheme: tragen Wortbedeutung {röt}{er}{0} röt = lex. M. grammatischeMorpheme: in flektierenden Sprachen vorhanden, drücken versch. Positionen in der Flexion aus: Deklination: Nomina, Pronomina, Adjektiva; Konjugation: Verba; Gradation: Steigerung von Adjektiva {ge}{laufen} ge = gramm. M. Wortbildungsmorpheme: Derivationorpheme (Derivation = Wortableitung) leiten Wörter von anderen Wörtern ab, zB {Kind}{0} {Kind}{chen} chen = Wortbildungsm. {gorod}{ok{0} {goro[t]}{k}{a} ok = Wortbildungsm. weil es aus gorod ein anderes Wort bildet Einteilung nach Position der Morpheme in Wort Präfix: steht vor dem lexikalischen Morphem Suffix: steht hinter dem lexikalischen Morphem Infix: dazwischen zB Lat: vici, vinco vic = lexikal. M., n wird hineingestellt poln: siadac [schadatsch] /s’ad/, siade [schonde] /s’ond/ n = Infix, wird nur historisch gespr. betrachtet Präfixe + Suffixe = Affixe dobryj – gut, dobrota – Güte kislyj – sauer, kislota – Säure polnyj – voll, polnota – Fülle Hat man ein Adjektiv, kann man indem man Suffix –ota anhängt ein Adjektivabstraktum bilden. D.h. Substantiv das die Eigenschaft, die das Adjektiv ausdrückt, substantivisch verwendbar macht. Eigentlich könnte man Nomina auf –ota streichen, wenn man eine komplexe Regel für deren Bildung aufstellt. ökonomischer Gewinn (kürzer, übersichtlicher) + macht System der Sprache durchschaubarer. (Entrümpelung von Wörterbüchern, durch Einführung eines Grammatikbuchs) Derivationen sind dazu da um mit Hilfe weniger Regeln viele Wörter selber zu bilden. Und mit Flexionen macht man das gleiche. Man schreibt ja nur Infinitiv/Nominativ ins Wörterbuch. Seite 12 Eine solche Regel bezeichnet ein Wort als Basis, ein anderes als Ableitung. Das Verhältnis zwischen Basis und Ableitung ist das Ableitungsverhältnis. Basis ist das Stück des Wortes vor dem Endungsmorphem. Direktes Ableitungsverhältnis uči-ti uči-telj uči-telj-ic-a Indirektes Ableitungsverhältnis uči-ti uči-telj-ic-a weil zwei Schritte nötig mehr als ein Schritt indirekt ob-u-ti anziehen iz-u-ti ausziehen keine Basis vorhanden, weil es „u-ti“ nicht gibt = gebundene Basis (kommt nur in Ableitungen vor) Zusammensetzungen = Komposita zB Handschrift Ableitungsverhältnisse: einteilbar nach verschiedenen Kriterien zB Wortarten, denen Basis + Ableitungen angehören von einem Nomen abgeleitet Denominativum Verbum denoninativum, Verbum desubstantivum von einem Verb abgeleitet Deverbativum = (De)Verbale Nomen agentis: lehren Lehrer (Name des Handelnden) Nomen actionis: laufen Lauf (Handlung selbst) Nomen istrumenti: merit merila (messen Maßstab) Kollektivum (Form nach Singular, Bedeutung aber Plural), ausgedrückt durch Wortbildungsaffix, zB Gebirge, Gerippe, Gefieder, Gemäuer, zver’o (Getier) Plurale tantum, zB Hosen (nur ein Stück) Kausativum: veranlassen jemanden etwas zu tun, das das Basisverbum ausdrückt liegen – legen, sitzen – setzen, trinken – tränken, schwimmen – schwemmen, verschwinden – verschwenden, winden – wenden, piti (trinken) – pojiti (tränken), vezti (fahren) – voziti (etwas fahren) tränken = Kausativum von trinken Abstraktum: Inhalt eines Adjektivs wird als Nomen ausgedrückt Deminutivum: Verkleinerungsform Augmentativum: Vergrößerungsform, kniga knizisca (großes Buch) Passessivadjektiv: ded (Großvater) dedov (dem Großvater gehörig) Generative Phonologie Ist eine Technik der Sprachbeschreibung und ein Teil der generativen Grammatik, sie erhebt den Anspruch psychologisch realistisch zu sein (sie behauptet, dass das menschliche Sprachvermögen so funktioniert) Man erfindet die gleiche Sprache noch mal – ohne Alternation, stellt Regeln auf. Die meisten Ausnahmen kann man durch geschickte Setzung von Basis und Oberfläche vermeiden. Es gibt nicht immer nur eine Regel, sondern auch Regelapparate: wichtig ist die Reihenfolge! zum Handout Seite 13 ad 1) k und c alternieren, (fett gedrucktes = empirisch gebunden) Man erfindet zu einer Sprache (wie sie ist) eine ideale Sprach (wie sie nicht ist) man bräuchte ja eigentlich keine Alternationen (c statt k ist ja nur kompliziert), die Zeile „Basis“ entspricht der Idealsprache (hat nichts mit „Basis“ in der Wortbildung zu tun), man setzt dazu Regeln an (damit es stimmt und nicht gelogen ist), die aus der Sprache ohne Alternationen die Sprache mit Alternationen machen. Regel: ersetzte ke durch če man kommt von „Basis“ zu „Oberfläche“, das ist eine Technik Sprache zu beschreiben. Mit dieser Regel wurden hier schon 3 Wörter richtig generiert. Regel könnte auch lauten: mache ce zu k am Wortende ABER wäre nur hier möglich # … sprachwissenschaftliches Zeichen für Wortende Das was im Hirn gespeichert ist, sind nicht unendlich viele mögliche Sätze sondern endliche Menge von gespeicherten Daten + endliche Anzahl von gespeicherten Regeln = unendliche Möglichkeiten der Sprache Fehler von Kindern und Sprachkranken ist der Beweis für die Richtigkeit der Grundidee der generativen Phonologie. (wenn man eine Regel falsch gespeichert hat – Sprachfehler) Kompetenz des Sprechers: Tatsache dass er Sprache kann Performanz des Sprechers: Anwendung und Verstehen der Kompetenz in konkreten Gesprächssituationen Grammatik: alles was man wissen muss, um in der Sprache kompetent zu sein (Heuristik = intelligentes Herumprobieren) ad 2) alterniert mit 0 a) fettgedrucktes falsche Basis falsche Regel C0C# CoC# ABER vosok empirisch nicht vorhanden Deshalb: Basis oder Regel ändern, oder beides. 2. Versuch: überall dort wo 0 mit o alterniert, wird 0 durch o ersetzt. Regel: CoCV C0CV 3. Versuch: weder o noch 0, sondern es wird ein fiktiver (im russ. nicht existenter) Laut verwendet abstraktes Segment ъ Es muss in die Basis eingeführt werden um Alternationen ableiten zu können. 1. ъ (willkürlich gewählt) von Konsonant und Vokal wird zu null sowohl an der Stelle o als auch für 0 gesetzt [CV … Konsonant und Vokal] 2. ъ wird zu o Abstraktes Element aber nur einführen, wenn notwendig! ad 3) 2 Alternationen: zen zen’ der Frau gehörend mux mux Fliege nog nog Fuß -y ….-i Alternation: Alomorph alterniert als Ganzes Seite 14 3. Velar (k, g, h) + y Velar + i [C’ … palatalisierter Konsonant] pal-a pao-0 serb-kroat Basis pala pal Regel l#>o# pala pao Regeln müssen oft bestimmte Reihenfolge einhalten! ZB man darf Regel 3 und 4 nicht vertauschen, aber das Verhältnis zu 1 und 2 ist egal. Diachronische Slawistik Beschreibt die Entwicklung der slawischen Sprache. Historischer Rahmen: Das Slawische ist ein Zweig des Indogermanischen, hat sich aus dem Ur-Indogermanischen entwickelt. Alle Sprachen die davon kommen sind genetisch verwandt, es hat eine Zeit gegeben wo sie identisch waren, durch verschiedene Entwicklungen sind sie verschieden geworden. Das Ur-Indog. wurde ca. 5000 v. Chr (Jungsteinzeit) gesprochen, wahrscheinlich in Süd-Russland oder in der Ukraine. Es ist schwer zu rekonstruieren. Vom Ur-Indogermanischen stammen ab: Slawisch Germanisch Latein + Romanisch Altitalisch Griechisch Altpreussisch Indisch Iranisch (Persisch, Afghanisch) Armenisch Editisch (Türkei) antike Sprachen in Kleinasien Im 19. Jh. war die östliche bekannte indogerm. Sprache Indisch und die westlichste war in Island, Germanisch. Franzosen und Briten sagen Indo-Europäisch. Inder und Iraner nannten sich Arier als sie noch ein Volk waren. Das Slawische entwickelte sich am Nordosthang der Karpaten (Urheimat) bis zum 5. Jh. n. Chr. Im 6. Jh. an der unteren Donau-Walachei, jährlich über die Donau gekommen, bei Römern geplündert, das wurde als erstes aufgezeichnet. 50 Jahre später kamen die Awaren (Reiter), waren kein Volk. Haben Slawen rekrutiert, bauten ein Imperium auf, sind zugrunde gegangen. Slawen blieben. Es gab in der Urheimat Dialekte des Slawischen durch einen Sprachwandel, Durcheinandermischung durch plötzliche rasche Ausbreitung Dialekte werden scharenweise ausgelöscht. Slawische war „lingua franca“ des Awarenreiches (Theorie von Pritsak & Lunt) = Verkehrssprache die alle konnten. Seite 15 Manche meinen, dass selbst die Awaren Slawisch sprachen um Sklaven leichter zu rekrutieren. Vom Awarischen gibt es heute kaum Spuren. Es gibt viele slawische Ortsnamen, zB Graz von gradec (kleine Burg). In den folgenden Jahrhunderten zog sich das Slawische auf manche Gebiete zurück, zB in Rumänien setzte sich Romanisch durch. In Österreich wanderten die Bayern ein bayrischer Dialekt (außer in Vorarlberg). Heute gibt es noch einen Rest vom Slawischen in Süd-Kärnten, früher wurde es in ganz OstÖsterreich gesprochen. ~900: in Ungarn assimilierten sich Slawen Slawisch Welt brach auseinander: Norden + Osten Auch Ost-Deutschland war slawisch, Rest sind die beiden sorbische Sprachen in der Lausitz. Im Lüneburger Wendland ist Sprache schon ausgestorben. Alt-Deutsches Wort für Slawen: im Norden Wender, im Süden Winder. „Slawe“ ist eine gelehrte Übersetzung aus dem Lateinischem. Im Norden Polens: Pomoaren (die am Meer lebenden) – eingedeutscht: Pommern Kaschubisch bei Danzig gesprochen, gilt als Dialekt, war aber eigenen slawische Sprache. 600: überall einheitliches Slawisch, alte Dialekt sind ausgestorben, neue waren noch nicht entstanden. Man spricht Urslawisch. Wie entwickelt sich eine Sprachfamilie? Leute beginnen anders zu sprechen, zB wenn etwas für Kinder schwer auszusprechen ist und sie das beibehalten Sprachwandel. Oder: eine berühmte Persönlichkeit hat eine gewisse Eigenheit in der Aussprache, andere Leute machen das nach, weil es cool ist Sprachwandel. Die Linguistik stellt fest wann, wo und wie ein Sprachwandel war. Das warum interessiert nicht. g dl pol. g russ. dl > l I Sprachwandel d>l g>h dl tsch. g>h dl > l ukr. II g b/k/s dl > l Seite 16 Sprachspaltung: (600 ~ Chr.) 9. Jh. 13. Jh. russisch: ralo, gora ukrainisch: ralo, hora Urslawisch dl > l ar > ra a>o a>a g>h ardla ardla/radla rāla/rādla rālo/rādlo ralo/radlo ralo/radlo polnisch: radlo, gora tschechisch: rādlo, hora garlā garā garā gorā gora gora/hora b/k/s: ralo, gora Isoglosse (griech.): Grenze bis zu welcher sich ein Sprachwandel hin ausgebreitet hat; Grenze der Eigenschaft der Sprache und ihrer Alternative. (geschlossene Linie innerhalb derer es eine Veränderung gibt) Isoglossenbündel: Linie auf der mindestens zwei Isoglossen deckungsgleich liegen. Welle (Metapher): Johannes Schmidt, machte explizit, dass auf diese Weise Sprachfamilien zu entstehen beginnen. Sprachwandel breitet sich wellenförmig aus. ZEICHNUNGEN NACHHOLEN! (Bild 1 bis 4) Stammbaum: August Schleicher, sein Schüler war Johannes Schmidt. Berühmter Streit zwischen Stammbaumtheorie und Wellentheorie. Holzer: „Blödsinn! Dadurch, das sich der Sprachwandel wellenförmig ausbreitet entsteht der Stammbaum – es stimmt beides.“ Bei der Wellentheorie kann man ablesen wie ähnlich sich die Sprachen sind (Isoglossen abzählen, je weniger, desto ähnlicher). Bei der Stammbaumtheorie ist der zeitliche Ablauf des Sprachwandels ablesbar. Das Slawische ist ein Dialektkontinuum, das hat geopolitische Gründe (zB Sprache in Schule, vom Pfarrer), welcher Dialekt gesprochen wird. Schriftsprachen haben damit aber nichts zu tun. Sprachen sind umso ähnlicher, je weniger Isoglosse es gibt und umso näher verwandt, je später sie durch Isoglosse getrennt wurden. Weitschichtig verwandte Sprachen können ähnlicher sein als nahe. Es hängt nicht von der Anzahl der Isoglossen ab, wie sie verwandt sind. B/K/S ist ein Dialektkontinuum. Aber ohne eine zeitliche Reihenfolge der Isoglossen gibt es keinen Stammbaum. Die slawische Sprachfamilie ist nicht lückenlos bekannt. Früher ging es Isoglosse nach Isoglosse, früher konnte man von Dorf zu Dorf wandern, es kam eine Isoglosse nach der anderen, man merkte nicht wo welche Sprache begann und endete Dialektkontinuum (kann nur an Ort und Stelle entstehen) Dialektkontinuum: nahe Dialekte sind ähnlicher als entfernte, hat geopolitische Gründe (Sprach in der Schule, vom Pfarrer). Jeder Dialekt unterscheidet sich vom direkten Nachbarn nur in einem Merkmal, wenn jede Isoglosse einen eigenen Verlauf hat ideales Dialektkontinuum. Seite 17 Urslawisch innerhalb innerhalb II Ukrainisch I außerhalb außerhalb II Russisch Südslawisch innerhalb II Tschechisch Slowakisch I außerhalb II Polnisch ZEICHNUNG NACHHOLEN (xyz) Man kann hin und wieder aufgrund des Dialekts feststellen, wo die gewanderte Volksgruppe her ist. Wanderung kann zur Störung oder Zerstörung des Dialektkontinuums führen, dann ist keines mehr da, weil es mehr als ein Merkmal gibt. Man kann den Stammbaum so gut wie nie zeichnen, es fehlt die Information – das heißt aber nicht dass die Theorie falsch ist. Es ist nicht klar ersichtlich welche Isoglosse älter ist: ZEICHNUNGEN! Wenn man sich eine Dialektkarte ansieht, weiß man ohne zusätzliche Information nicht welcher Dialekt zuerst da war (bzw. welche Isoglosse zuerst da war) Ohne die Reihenfolge der Isoglossen zu kennen, kann man keinen Stammbaum zeichnen. Es macht keinen Sinn zwischen Sprachen und Dialekt zu unterscheiden. Anzahl der Isoglossen bestimmt den Grad der Ähnlichkeit; Alter der Isoglossen bestimmt den Grad der Verwandtschaft. Je weniger Isoglossen, desto ähnlicher sind sich Sprachen; sind diese allerdings uralt, sind die Sprachen trotzdem nur entfernt verwandt. Ähnlichkeit und Verwandtschaftsgrad nicht verwechseln! Seite 18 Baltoslawisches Problem: Baltisch und Slawisch sind verwandt, im Urindogermanischen waren sie noch gleich. Sie sind sehr ähnlich, das ist aber an der Oberfläche nicht sichtbar. Sind sie nah verwandt? Die einen sagen: ja, die anderen: nein. Man ist sich nicht sicher! ZEICHNUNG. Ist die runde Isoglosse älter, haben baltisch und slawisch beide Ur-Indogermanisch als Vorfahre. (runde Isoglosse = älteste Isoglosse, die b.+sl. vom Ur-Indogermanischen abtrennt) Ist die andere älter, spalten sie sich schon bevor sie Gemeinsamkeiten haben können. (älteste Isoglosse, die baltisch vom slawischen trennt) man weiß nicht welche Isoglosse älter ist und ob es eine urbaltoslawische Sprache gegeben hat. Die Lautgesetze: .) zu Tabelle 2: Aufgabe (zum Handout): Ein Modell der Prozesse entwerfen, warum aus dem Altrussischen das Neurussisch wurde. Man muss sich Lautgesetze ausdenken. Aruss = Altrussisch, Nruss = Neurussisch. Apostroph bezeichnet die Palatalisiertheit. Es lässt sich ausrechnen, wie ein Nruss Wort lautet, wenn man das Aruss Wort und bestimmte Regeln kennt. - Jer-Laute: ъ, __ was diese 12 Wörter angeht, genügen vier Regeln: 1.) y nach Velar (k, g, x) i 2.) K(onsonant) vor pal. Vokal wird erweicht K’ 3.) ъ vor l o 4.) Havlik hat diese Regel entdeckt: „wenn ein Wort Jer-Laute enthält, zählt man von hinten nach vorne solange die Reihe ununterbrochen ist, die ungeradzahligen fallen weg, bei geradzahligen gilt folgendes: weicher Jer-Laut wird e, harter Jer-Laut wird o (in bks beides a)“ (1) Cъ Ca Cъ Cь Cь Ca Cъ = Wort 1. Silben mit jer-Laut von rechts zählen, wenn keiner da ist, von vorne beginnen 2. ungerade fallen aus 3. geradzahlige: ъ o, ь e Wir können Regeln entwerfen wie wir wollen, die Frage nach der Wahrheit stellt sich nicht, es muss nur das richtige herauskommen. Man nimmt an, dass sprachliche Prozesse stattgefunden haben, damit aus Aruss Nruss geworden ist, und dass es Regeln (also Lautgesetze) gegeben hat. Lautwandel war regelhaft, sonst würden sich Aruss und Nruss nicht so entsprechen. Seite 19 Lautgesetze: In den 70ern hat man entdeckt, dass sie ausnahmslos wirken, Verner hat sie erklärt. Mit seinem Gesetz wurde die Sprachwissenschaft zur exakten Wissenschaft. „Junggrammatiker“ behaupten das Lautgesetze ausnahmslos sind. Lautgesetze sind Modelle von dem was geschehen ist. Ein Lautwandel ist das was wirklich passiert. Sprache ändert sich systematisch. Bsp: im Norden Deutschlands zählt man so: ains, zwai, drai. In Österr. so: eins, zwei, drei. Lautwandel – aus ai wurde ei. Der 1. Teil ist in allen Slawischen Sprachen fast gleich, was aus den Jer-Lauten wird ist verschieden. Diese Regel erklärt auch die Alternationen. Wichtig ist die zeitliche Reihenfolge. Es geht um relative Chronologie: was war früher, was später. Alternationen entstehen durch kontextbedingte Lautgesetze. Kontextunabhängige Lautgesetze:Laut ändert sich, egal wo er auftritt, zB y i Kontextbedingte Lautgesetze:Laut ändert sich in einer bestimmten Umgebung, zB nach velaren Konsonanten Der Unterschied ist graduell, jedes bedingte kann man umformen in ein unabhängiges. (1) könnte heißen: kyki, gygi, xyxi ; so muss man keinen Kontext angeben Bei kontextunabhängigen: kurzer Input, bei bedingten: langer Input. Alternationen zwischen Allomorphen (die einfach Ausnahmen in der Grammatik darstellen) Inputs sind Segmente oder Segmentketten, überall wo sie auftreten werden sie durch andere ersetzt; wo sie auftreten ist egal (aber es gibt keine Lautgesetze, die zB nur Endungen betreffen ; Lautgesetze betreffen Laute!) Erbwort: Wort, das aus einem Vorfahren der entsprechenden Sprache ererbt ist (zB grundsätzlich muss zB ein russisches Wort schon im Altrussischen vorhanden gewesen sein, wenn es ein Erbwort ist) Lehnwort: Wort wird aus anderer Sprache entlehnt (man muss es aber nicht zurückgeben und es ist in der anderen Sprache auch noch erhalten, besser wäre als „Kopie) zB tschechisch kastel (Kastell) und kostel (Kirche) – beides aus lat. castellum (Kastell) beide Wörter sind semantisch (die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks betreffend) Wort kommt von G zu N Gebersprache (mittelalt. Latein) Nehmersprache (tschechisch, oder Vorform von tschechisch) Seite 20 Bis zur Entlehnung hat das Wort die Lautgesetze der Gebersprache mitgemacht. Nach der Entlehnung hat es die Lautgesetze der Nehmersprache mitgemacht. Man kann an einem Lehnwort ablesen, wann es entlehnt wurde. im 9. Jh. wird a > o kostel kommt vor dem Wandel a > o zum Tschechischen – ist älter, spätestens im 9. Jh. kastel nachher, darum ist es gleichgeblieben – frühestens 9. Jh. Bsp: C ar C > C ra C C oro C C ro C südslawisch ostslawisch polnisch kral korol krol kral (König), Namen wurden oft als Herrschertitel interpretiert! Bsp: tsch. cikla > dt. Ziegel > lat. tegula t>z e > ie g>h g > h ist jünger als die deutsche Lautverschiebung. zu Kopie, Tabelle 3) Lautgesetze: Urslawisch o (nasales o) > ъ> r> k> Russisch u Ø r k Slowenisch o Ø r k Tschechisch u Ø r k Polnisch e (nasales e) Ø r k Sprachwissenschaftliche Termini: Entsprechungen: sind etymologisch. Man sagt, dass ein russisches u einem slowenischen o entspricht Laute mehrerer Sprachen entsprechen einander, wenn sie lautgesetzliche Fortsetzungen eines und desselben Urlautes sind. u entspricht o, u, e, o (nasal!) Laute die einander entsprechen müssen nicht gleich klingen! Wie ist das Aufstellen einer etymologischen Gleichung zwischen zB ruku und reke zu rechtfertigen? -durch Wissenschaft: es kann kein Zufall sein, dass ein russ. u so oft einem tsch. e entspricht! rekurent (überzufällig häufig, wiederkehrend) Referenz der Lautentsprechungen kann nicht anders erklärt werden, als dass die älteren Formen ererbt werden. ?? Mit der Referenz beweist man, dass zwei, drei Wörter dasselbe Urwort haben und somit etymologisch verwandt sind. zB. dt. haben und lat. habere Zufall, nicht verwandt. aber: dt. haben und lat. capere – verwandt! Herz und cor zehn und decem Seite 21 hundtert und centum Zwei Sprachen sind dann genetisch verwandt, wenn ihre Erbwörter etymologisch verwandt sind, beweisen kann man das mit der Referenz. Urslawisch to to (nasal) tu BKS to tu tu Slowenisch to to tu Urslawisch t o o (nasal) BKS t o u Urslawisch t o o (nasal) Slowenisch t o u u u Zwei Laute können verschieden bleiben oder zusammenfallen. Lautlicher Unterschied kann erhalten bleiben oder wegfallen. Aufspaltung (Entstehung eines lautlichen Unterschieds) nicht möglich! t kontextorientiertes Lautgesetz t t’ ty ti ty ti Kontextorientiertes Lautgesetz in kontextunabhängiges Lautgesetz umwandeln! Lautgesetze wirken so, dass man vom früheren Zustand den älteren ausrechnen kann. Lautgesetze sind wie das Verstimmen eines Klaviers: 2 Saiten die vor der Verstimmung verschiedene Töne ergeben haben, ergeben auch nachher zwei verschiedene Töne auch wenn sie jetzt anders klingen. 2 Satien ergeben denselben Ton eine Saite kann nicht plötzlich zwei Töne ergeben! Eisenstab, ein Ende kalt, ein Ende heiß. hinlegen, warten – irgendwann überall lauwarm (Unterschied verschwindet) aber nicht: Eisenstab lauwarm, hinlegen, warten – ein Ende heiß, anderes kalt es sei denn: Heizung – kontextbedingt! Seite 22 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. definieren der Begriffe: synchronisch-diachronisch; normativ-deskriptiv; parole-langue definieren: syntagmatisch-paradigmatisch Phonetische gliederung des Wortes MONTAGS das offene Silbengesetz näher beschreiben kyrillische Schrift: welche länder haben sie? wie ist sie entstanden? definieren: Homonymie; Homographie; Synonymie; Antonymie; morphemanalyse der Wörter: Lehrerin; bessere; kaufte IC Analyse und Dependenzanalyse eines Satzes: Der junge Gärtner pflanzte im Park einen Baum. Semanalyse von "Bekleidung": Bluse Hose Stiefel Krawatte Kleid