BEITRAGE zum heimatverbundenen Geschichtsunterricht von Karl

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zum heimatverbundenen
Geschichtsunterricht
von
Karl Schnieringer,
Hauptlehrer
Grönenbach
Herausgegeben im Auftrag einer Arbeitsgemeinschaft unter
Leitung von Herrn Oberschulrat Georg Ziegler,Memmingen
':
Chronologisch geordneter Plan
für den Geschichtsunterricht
UNSER DORF IM WANDEL
DER ZEIT:
1. Die Feuerwehr übt!-Die Feuerordnung.
2. Einer hilft dem anderen (Sozialkunde)
3. Vom Grabstock zun Mehrscharpflug.
KELTISCHE VIEH-ÜND ACKERBAUERN ZWISCHEN ALBEN UND
DONAU:
4. Vom. Leben der Kelten und ihrer
Nac hb arvölke r:
Römische Händler berichten vom
Land und Volk der Kelten.
5. Keltische Götterverehrung und
Totenbestattung.
6. Die Römer bereiten einen Angriff
vor.
AUS DER ZEIT DER RÖMERHERRSCHAFT:
7. Alarm in Vindelizien.
8. Unter römischer Besatzung«
9. Die Römer befestigen und sichern.
das Land.
10. Am Grenzwall (Lines)1
11. Mit einem röm. Händler nach Germanien.
ANGRIFF AUF DIE RÖMISCHE
WELTMACHT:
12. Armins Kampf gegen römische Übergriffe.
13« Alemannen erstürmen den Limes
(Schwäbische Landnahme).
14. Hunnenkönig Attila bedroht das
Abendland,
15« Der Ostgotenkönig schickt Schutztruppen nach Schwaben.
SCHWABEN UND BAYERN UNTER
FRANKISCHER OBERHOHEIT:
16. Karl Martell im Kampfe gegen den
Islam.
17. Schwaben wird dem Frankenreiche
einverleibt.
UNSERE VORFAHREN WERDEN
CHRISTEN:
16. Sankt Mang predigt im Allgäu das
Christentum.
19. Bonifatius setzt Bischöfe ein.
20. Bauern lernen von den Mönchen.
21. Wie unsere Dorfpfarrei entstand.
22. Rückblick
Bemerkung: Die Themen der unterstrichenen Nummern sind verpflichtend.
KARL D.GROSSE GRÜNDET
EIN CHRISTI.GERM,REICH
23- Die Emld-und Flurordnung unserer
Vorfahren.
24. Verseilepptensiedlunger unserer
25.
__L
27.
Heimat erzählen von den Kämpfen
der Franken.
Karl und Widukund«
Der blinde Mönch von Weltenburg
(Bayernherzog Thassiio)
Besuch in einer Kaiserpfalz (Verwaltung des Frankenreiches).
Der Zerfall des Frankenreiches Entstehung des Deutschen Reiches
SM,
UNSERE HEIMAT IN ANGST
UND NOT.
29^ Die Ungarn im Kloster Reichenau.
3__»_ König Heinrich sichert sein Reich
(Ritter, Burgen, Städte).
DAS DEUTSCHE REICH U3TEB
OTTO DEM GROSSEN
31. F.önis -hoeim ei t ir Pueddlinburg.
3_2._ Dm- -m .nduvig des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
33^ Freie Bauern werden hörig, leibeigen und rechtlos (Sendgrafenbericht) .
34. Die Ungarnschlacht auf dem Lechfeld 93535« Heinrich von Kempten
Tf
rettet dem
aiser das lieben.
DAS REICH UNTER FRIEDRICH
BARBAROSSA:
36. Mit dem Kreu::'7,ug ins Heilige Land.
37- Die Leistungen des Deutschen Ritterordens.
VON DEN FREIEN STÄDTEN UND
IHREN BÜRGERN:
38. feie Fmmrrmnger eim freie Reichsstadt VA n.n,
39- Was U11:: e::na M.arl-trcchtsurkunc.e
4_0. Handwerker vereinigen sich in
Zr \f. teil.
4i. Mit einem schwäbischen Kaufmannszvg nach Italien.
42. Patrizier kaufen Burgen, Dörfer u,
Herrschaften,
43. Das Sühnekreuz ein Rechtsdeukmal
vergangener Zeit.
44. Erfinder um.: Entdecker (Auswahl):
(Gutenberg. Bebaim ............ )
GLAUBENSKAMPFE UND UNVERSÖHNLICHKEIT ZERSTÖREN
HEIMAT UND REICH:
.........
45. Martin Luther vor dem Reichstag
in Augsburg und Worms.
46. Reformation im Landkreis Henningen.
M. Der Enop? vor Jeubas greift an Jörg von Waldburng '.erfolgt die Rebellen.
47. Die Memminge- 12 B. .uernartikel.
49. Union und Liga schicken Werber aus.
5-0^ Ffarrchronikberichte v. 1632-164?
51. Grundherren uufen Bauern ins Land
DIE ZEIT DER UNBESCHRANKTEN'
FÜRSTENMACHT:
52. Die Fürsten leben wie "Gott in
Frankreich".
53» Barockzeit in Bayern (Bauten,Mode , Sprache, Musik).
54. Prinz Eugen und Max Emanuel im
Kampfe mit den Türken.
55« Friedrich d.Gr. und Maria Theresia,
36. Schwäbische Konlonisten ziehen
ins Brandenburgische.
DIE VOIKER EURO!AS LEIDEN
UNTER ABSOLUTISMUS,TERROR
UND DIKTATUR:
57» Weg mit den Privilegierten! riefen französische Revolutionäre.
58. Emigranten berichten von der
Schreckensherrschaft der Jakobiner.
59« Prinz v. Condee will Frankreich
befreien.
60. Napoleon beendet die Revolution u.
erhebt sich zum Diktator Europas.
61. Bayern wird Königreich (1806)-Max
Josef (Neue Gesetze).
62. Europa kämpft sich frei (Völkerschlacht b. Leipzig).
63. Metternich ruft die Fürsten nach
Wien und Karlsbad.
64. Vereine werden gegründet- und
verboten.
EUROPAS VOLKER FORDERN FREIHEIT UND MITBESTIMMUNG:
65.
Der Deutsche Gewerbeverein fordert
die Aufhebung der Zölle(Kaufbeurer Brief).
66.Revolutionäre Ideen führen zu Aufstand und Bürgerkrieg (1848).
67. Märzvereine bereiten die Parlamentswahl vor (Maibels Wahlrede in Legau).
68. In der Paulskirche zu Frankfurt.
69. Flucht der Abgeordneten.
70. Die wichtigsten Grundrechte (Sozkd.)
SIEGESZUG DER TECHNIK UND
SOZIALE WANDLUNGEN:
71. Vom heimischen Hammerwerk zur Großindustrie (Arbeiterstand!)
72. Vom Tretrad zum Elektromotor.
73« Eisenbahnen verdrängen die Kaufmannszüge (List).
74. Handwerker und Arbeiter organisieren sich.
75« Raiffeisen schafft Geld für die
Bauern.
DAS KLEINDEUTSCHE REICH
UNTER FÜHRUNG 3ISMARCKS:
76. Das Telegramm des Preußenkönigs
au s Ems,
77- Gedichte, Lieder u. Denkmäler berichten vom Machtkampf zw. Deutschland und Frankreich.
78. Die Gründung des 2. Reiches (Verfassung) .
79« Am Rentenschalter (Bisnarcks Sozialgesetze ).
80. Vom wirtschaftlichen Aufschwung
des Reiches (Industrie-Kolonien!)
DER ERSTE WELTKRIEG:
81. Am Kriegerdenkmal (1914-1918) Feldpostbriefe aus dem Schützengraben.
82. Kämpfe zu Land, Wasser und Luft
(Bilder).
83. Das Rote Kreuz-Genfer Konventionen.
84. Der Kaiser flieht - Ursachen des
Zu s arame nbru c hs.
85. Vater ohne Arbeit - Kinder ohne
Brot.
86. Der Vertrag(von Vertrag von Versailles.
VON DER DEMOKRATIE ZUR
DIKTATUR:
87. Briefmarken und Geldscheine erzählen von der Nachkriegszeit.
88. Auszüge aus der Weimarer Verfassung.
89. Farteiversammlung in Dorf (Machtkämpfe der Parteien).
90. Hitler kommt an die Macht - er
verspricht Arbeit und Brot.
91. Hitler will ein germanisches Großreich gründen (Hakenkreuz, Rassengesetz, Jundenverfolgung, Kampf
dem Christentum).
EUROPA UNTER DER DIKTATUR
HITLERS:
92 In Blitzkriegen unterwirft der
Diktator die Nachbarvölker.
93 Großmächte erheben sich gegen
Hitler (Bombenkrieg,Invasion,
Stalingracl, .. . . )
9_4__ Der totale Zusammenbruch (militärisch-wirtschaftlich) .
NACHKRIEGSZEIT UND WIEDERAUFBAU :
95» Amerikaner besetzen das Dorf
(Militärregierung, Verhaftungen,
Zonen, Lager...).
96. Die Eltern verlieren ihre Ersparnisse.
97» Amerika hilft beim Wiederaufbau
(Marshallplan).
98. Bayern wird Freistaat mit eigener
Verf R-Ssung-Grundrechte-Buniesrepublik) .
99« Europa auf dem Weg zur wirtschaftlichen Einigung.
100. Spannungen zwischen Ost- und West
bedrohen den Frieden der "Welt.
(Bündnisse!) Rückblick - Zeitband!
Geschichte in Längsschnitten
(Die beigefügten Nummern sind Themen aus dem chronologischen Plan)
UNSER TÄGLICHES BROT:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Aus Jägern und Sammlern werden Ackerbauern (3(*
In einem germanischen Bauernhof (4,23)«
Mustergüter unter Karl d. Gr. - Königshöfe (27).
Im Klostergarten und in der Klosterbrauerei (20).
Freie Bauern werden hörig, leibeigen und rechtlos (33)«
Neues Bauernland in der Heimat im Osten.
Friedrich d.Gr. bannt die Hungersnot (dazu 56).
Mehr B rot für die Menschheit.
Der Bauernstand wird frei (61-Stein, Hardenberg).
Raiffeisen schafft Geld für den Bauernstand (75).
Bauerntum im Industriestaat.
Brot im Kriege.
AUS DEM RELIGIÖSEN LEBEN:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
Germanischer Götterlauben (4).
Erste Berührung mit dem Christentum (18).
Bonifatius setzt Bischöfe ein (19»21).
Karl Martell im Kampf gegen den Islam (16).
Mit dem Kreuzzug ins Heilige Land (36)
Ursachen der Reformation.
Martin Luther vor dem Reichstag in Worms (45).
Reformation im Landkreis Memmingen (46) - Augsburger Religionsfrieden - Laienprediger Häberle v. Grönenbach
Die Memminger 12 Bauernartikel (47).
Der Knopf von Leubas greift an! - Jörg von Waldburg verfolgt
die Rebellen (48).
Union und Liga rüsten zur Verteidigung ihres Glaubens (49).
Der Kronburger Pfarrer erzählt vom Schwedenkrieg (50)«
Christliche Missionare in aller Welt.
Una Sancta heute.
DER MENSCH SCHAFFT UND GESTALTET SEINEN WOHNRAUM:
1. Von der Erdhöhle zum Hochhaus.
2. Die Menschen verschönern ihr Heim (Höhlenzeichnungen, Wohnkultur der Römer, Patrizier, Bildschmuck).
3. Gotteshäuser im Wandel der Jahrhunderte (Baustile).
4. Künstler künden Gottes Lob (Michelangelo, Veit Stoß).
5. Wohnen in fremden Erdteilen (Schiffswohnung, Negerkral, Iglu...).
6. Vom Hausfrieden und Hausfriedensbruch (Sozialkd.).
ERFINDER HELFEN DIE WELT ENTDECKEN UND EROBERN:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Das neue Weltbild des Copernikus.
Martin Behaim fertigt den ersten Globus.
Kolumbus entdeckt Amerika.
Magellan umsegelt die Welt.
Gutenberg druckt mit beweglichen Lettern.
Vom Tretrad zum Elektromotor.
Der Griff nach den Sternen (Rakten-Atomkraft)
H A N D E L
UND V E R K E H R
:
1.
2.
3.
4.
5«
6.
Geld als Wertmesser für Waren allst • Art.
Mit einem röm. Händler nach Germanien (11).
Marktrecht und Marktleben im Mittelalter (39)
Mit einem schwäb. Kaufmannszug nach Italien (41).
Von der Thurn- u. Taxipost zum Weltpostverein.
Der Deutsche Gewerbeverein forciert die Aufhebung der Inlandzölle (Kaufbeurer Brief-65).
7. Eisenbahnen verdrängen die Kaufmannszüge (73)«
8. Das Auto erobert die Landstraße.
9- Mit dem Flugzeug von Kontinent zu Kontinent.
10.Auf dem Wege zur Weltwirtschaft.
VOM HANDWERKSBETRIEB ZUR FABRIK:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Broncestücke und Tonscherben im Hügelgrab.
Familien- und Hausnamen künden vom alten Handwerk.
Handwerker vereinigen sich zu Zünften (407.
Vom Handwerker zum Lohnarbeiter.
Lohnarbeiter in Elend und Not.
Christentum und Sozialismus weisen Wege aus der Arbeiternot.
Am Rentenschalter (Sozialgesetze Bismarcks - 79)•
K A M ? F
1.
2.
3.
4.
5.
6.
!
Von der Badstube zum modernen Kurhein.
Das schwarze Kreuz am Ortseingang (Fest, Cholera, Pocken).
Morgen ist Impfung! (Pocken, Polio, Keuchhusten...).
Robert Koch und Bering sagen den Bazillen den Kampf an.
Pfarrer Kneipp heilt mit Wasser.
Albert Schweitzer, der Urwalddoktor.
H E L F E R
1.
2.
3.
4.
DEN K R A N K H E I T E N
DER M E N S C H H E I T
;
Bei den Ursperger Schwestern.
Pestalozzi, Vater der Bettel - und Waisenkinder.
Henri Dunant, der Begründer des Roten Kreuzes.
Die Berg- und Wasserwacht-Seenotdienst.
FRAUENGESTALTEN IN DER GESCHICHTE:
1.
2.
3.
4.
5«
6.
7.
Die germanische Frau, eine treue Lebensgefährtin.
Der Minnesänger huldigt der Edelfrau.
Bürgerfrauen im Mittelalter (Kleidung, Recht, Koster).
Elisabeth von Thüringen pflegt Kranke.
Elsa Brandström der Engel von Sibirien.
Wir sammeln für das Müttergenesungswerk.
Zur weiteren Auswahl: Liselotte von der Pfalz. - Königin
Luise. - Anne Frank. - Frauen lindern Kriegsnot.
WIE SICH DAS FAMILIENLEBEN GEWANDELT HAT:
1. Vom Einzelgänger zur Horde und Großfamilien.
2. Das Familienleben im Eigenheim und Wohnblock.
3. Die heutige Familie in Gefahr.
AUS DER RECHTSPFLEGE:
1.
2.
3.
4.
Das Dorfgericht unter der Linde (Dorfgerichtsordnung).
Römisches Gericht in einem germanischen Dorf.
Das Sühnekreuz, ein Rechtsdenkmal vergangener Zeit (43).
Mittelalterliche Strafen und Gottesurteil (Bäckerschnellen,
Pranger, Lasterstein, Brandmal, Auspeitschung usw.).
5. Die wichtigsten Grundrechte.
6. Ich bin als Zeuge reladen.
DIE HERRN DER VÖLKER UND NATIONEN:
1. Germanische S tarimesfürsten zerbrechen die Weltmacht Roms
(Franken, Cherusker, Alemannen, Goten - 4,7,12,13).
2. Ättila, der Herr des Ostens, bedroht das Abendland (1*0.
3. Fränkische Gewaltherrschaft zwingt die Ostgermanen in ihren
Machtbereich (17,24,25,26,28).
4. Otto ü. Gr. tritt die Nachfolge der röm. Cäsaren an (32,34,38).
5. Europas Vöker erheben sich megen Absolutismus und Diktatur
(47,52,57,6o,62,66).
6. In Frankreich regiert d?s Volk - die Deutschen wollen einen
Kaiser (68,78,81~84,88).
7. Großmächte erheben sich gegen Hitlers Diktatur und Eroberungspläne (90-94).
8. Amerika wird Schutzmacht Westeuropas (Europ. Einigungsversuche,
Bündnisse, Fakte).
9. Ost und West im Kampf um die Weltherrschaft (geteilte "Welt,
Machtblöcke, Demokratie, Diktatur).
10. Vom germanischen Stammesfürsten zum demokratischen Präsidenten
(Längsschnitt).
Anmerkung: Der von einer Arbeitsgemeinschaft erstellte Stoffplan
für den Geschichtsunterricht zeigt zuerst die Möglichkeit der
Stoffbeschränkung. Vor- und frühgeschichtliche Themen sind radikal
gestrichen. Was zum Verstehen unserer Gegenwart nicht dienen kann
und was keine Lehren für unser Verhalten als Glied der Gemeinschaft
und als Volk unter Völkern anbietet, ist für die Stoffauswahl
zweitrangig.
In einem zweiten Stoffaufriß sind die Themen zu Gruppen geordnet,
die Geschichte in Längsschnitten darstellt. Solche Längsschnitte
in vier Jahresreihen zusammenzuordnen, ist eine Möglichkeit für
die Lehrplangestaltung.
Als stoffliche Unterlage bearbeitet Kollege Schnieringer vorläufig
jene Themen, für die unsere Heimat Material anbietet; für die anderen Themen sind die Stoffe in jedem allgemeinen Geschichtswerk zu
finden. - Wer zu dem einen oder anderen Thema selbst noch Material
(Quellen) liefern kann, ist hierzu herlich eingeladen!
Thema: 1
Die Feuerordnung.
Bis zum 18. Jahrhundert war die Mehrzahl der Häuser im Dorfe noch
ganz aus Holz mit Stroh- oder Landerndach gebaut. . Die Brandgefahr sehr groß. Um den sich durch unvorsichtiges Hantieren mit
offenem Licht, Flachsbrechen, Schmalzauslassen mehrenden Doij.bränden vorzubeugen, erließen die Herrschaften für ihre Dörfer strengste Gebote und Verbote als sogenannte "Feuerordnung". Sie waren
in allen Herrschaftsgebieten ähnlich und hatten bis 1819 Gültigkeit. Im gleichen Jahre wurden die bayerischen Gemeinden selbständig. Trotzdem behielten sie die notwendigsten Artikel der
herrschaftlichen Feuerordnung bei. Bis heute sind geblieben:
Die Reinigung der Kamine, die jährliche Feuerschau, die .feuersichere Aufstellung von Öfen und Herden und die freiwillige Feuerwehr.
Aus der Stif t-Kemp'i ischen Feuerordnung
y o m J ah r e 16 9 6
1. Jährlich im September haben die Vierer (vier Männer) eine
Hauptfeuerbeschau durchzuführen (Kontrolle der Feuerstellen,
Kamine, Ofeneisen, Fußböden, Löschgeräte, Lampen)
2. Die Fußböden sämtlicher Werkstätten und Küchen, in denen mit
Feuer gearbeitet wird, müssen mit Ziegeln oder anderen Steinen
belegt sein.
3. Die Feuerschauer sollen feuergefährliche Öfen, Kamine und Feuerstellen an Ort und Stelle zusammenschlagen und unbrauchbar machen (heute Warnung, Nachschau, Anzeige!)
4. Jeder Hausbesitzer hat seinen Kamin vierteljährlich, Wirte
Bäcker und Metzger alle 6 kochen säubern zu lassen.
5. In den Häusern zu waschen, Kerzen zu ziehen, Schmalz, Unschlitt,
VJachs oder anderes auszulassen ist bei Strafe verboten. (Waschküchen, Backöfen waren kleine Nebengebäude!)
6. In jedem Hause müssen gute Iaternen, Ofeneisen, Löschwasser,
Leitern, Wassereimer, Feuerhacken und Feuerpatschen vorhanden
sein.
7. Es ist verboten im Ofen Flachs zu dörren, bei offenem Licht
Flachs zu brechen, zu schwingen oder zu hecheln; auch darf
niemand bei Strafe mit offener Laterne in Ställe oder Scheunen
gehen (Flachsdörrhütten außerhalb des Ortes, gemeindlich!
Flurname: bei der Dörrhütte, im Brechloch!)
3. Das Schießen bei Taufen, Hochzeiten, Neujahr, auch das Raketenwerfen und der Gebrauch anderer Feuerwerke in Häusern und Gassen ist strengstens verboten.
9. Vier einen Brand verursacht oder entdeckt hat, muß sofort das
Feuer öffentlich ''beschreien" (feurio! ){ der Mesner soll dann
sogleich stürmen und der Timor die Trommel schlagen (Alarm).
10. Bei Feueralarm soll alles über 15 Jahre zur Brandstelle eilen;
die Maurer mit Hammer, Hebel und Brecheisen, der Zimmermann
mit Axt und Beil, die Bauern mit Hacken, Pickel und Schaufel,
die Schneider laufen mit Laternen zum Löschgerätehaus; wer ein
Fuhrwerk besitzt, kommt mit Bottich Fässern und Schapfen, die
anderen mit Feuereimern (aus Leder).
11. Gebrechliche Leute und Kinder unter 15 Jahren sollen zuhause
"bleiben; alle anderen aber solange an der Brandstelle verharren,
bis für den Ort die Gefahr beseitigt ist.
12. Wer leichtsinnig oder gar mit Absicht einen Brand verursacht
und das Dorf dadurch Schaden nimmt, den wollen wir (Herrschaft)
mit Weib und Kind aus dem Dorfe weisen.
Erkenntnisse:
wir stellen zusammen: Gebote, Verbote, Strafen, (bei jedem Vergehhen 2 Pfund Heller Buße!)-Aus einem Hausbrand entstand oft ein
Dorfbrand.-Feuergefährliches Hantieren brachte das Dort in" Gefahr
und Armut.-Die Feuerordnung war keine Schikane, sondern ein Schutz
für alle.-i'.'0 Menschen zusammen wohnen Müü auf den Mitmenschen
Rücksicht genommen werden-ohne Ordnung: geht es nicht.-Im Dorfe hat
sich viel geändert: Das Haus, das Dach, der Baustoff, Rauseinteilung,
Wohnverhältnisse.-Auch der Dorfherr ist verschv-unden-Gemeindliche
Selbstverwaltung seit 1819.-Der Nachtwächter ging vor über hundert
Jahren in Pension.-Flachs wird von der Industrie verarbeitet. Das
elektrische liebt ersetzt das alte Ol-und Unschlittlicht.-bie Feuergefahr hat sich verringert-die Feuerwehr ist auch besser ausgerüstet,Trotzdem müssen auch wir vorsichtig sein und Brandschaden Verhüten
(Bezin, Kinder mit Streichholz..elektrische Sicherungen usw.).-Aufgabe der Feuerschau-des Kaminkehrers.
Lesestoff: Im Femminger Heimatbuch: Der Nachtwächter. Schillers Glocke!
Thema: 3
Vom Grabstock zum Mehrscharpflug.
■ir fertigen im Werkunterricht einfache Grabstöcke n-sc hAbbilcungen
im Geschichtsbuch an. 'ird im Fach kein entsprechendes Steinmaterial gefunden,verwende abgenützte Wetzsteine•
:
'ir versuchen mit den selbstgebastelten Grabstöcken den
Rasen aufzubrechen, zu lockern und den Boden zu zerkleinern, wir
erkennen: Schon eine ^ille aufzubrechen geht schwer-große Felder
konnten nicht angelegt ^erden-die Ernten waren gering, der Boden
nicht tiefgründig, keine susreichende Ernährung-Brot war Mangelware,
sehr grob aber gesund.-Die Steinzeitleute säten Erbsen, Bohnen,
Linsen, Gerste und Hafer. Sie aßen aujck* den ^'ildhafeir undGrassamen.
Vorgeschichtsbilder zeigen den ersten Astpflug, wie er in Mooren aufgefunden wurde; von Menschen und snäter von gezähmten Tieren gezogen.
Anfänglich der spitze Ast mit Steinbeil zurechtgerichtet; später eine
Steinschar eingesetzt.-Jetzt können schon größere Feldflächen tiefgründiger aufgerissen werden. Die Ernte wird reicher, der Bauer macht
sich seßhaft; man lernt das Mahlen mi i dmm Eeibste_.n; das Brot wird
feiner und schmackhafter. Das Getreide wird mit dem SichelholzaBogenholz mit eingebundenem Steinmesser, von den Frauen geschnitten.
Erkenntnisse
Auf anderen Erdteilen und Inseln leben Menschen he-ute noch wie in
der Steinzeit (Neuguinea)5 sie verwenden noch den Astpflug. Amerika
hilft den armen unterentwickelten Völkern mit Kerpaketen, Geraten,
Handwerkszeug; verschickt auch kostenlos Eisenpflüge. Auch Europa
hilft mit.
Erst nachdem der Mensch lernte Eisen zu schmelzen und zu verarbeiten ging es mit dem Getreidebau vorwärts. Bereits die Kelten kannten den Fflug mit eiserner Schar und Seck und konnten große Felder
'^anlegen wie die Bauern im Unterland. Sie hatten schon soviel Hafer
und Gerste angebaut, daß sie Pferde- und Schweinezucht betreiben
konnten» An Lebensmittel mangelte es nicht mehr» Die neue Erfindung
brachte dem Mergehen eine verbesserte Lebenshaltung und Arbeitserleichterung-schbn um ca. ^yOQ v.Chr.-Die Ackerbaugeräte haben sich
in ihrer Form seitdem ka'im verändert.
Erst -die Techniker der Neuzeit erfanden den Wendepflug-der Bauer
sparte damit nur Zeit. Größere Bedeutung hatte die Erfindung der
Motorkraft. Zugmaschine und Traktor ersetzen die Muskelkraft der
Tiere, sparen Zeit, Lohn, Arbeitskraft und das Pferd. Wegen größerer Zugkraft kann der Mehrscharpflug angehängt und tiefer geackert
•werden.
Zusamme ns tellung:
Grabstock
Wurzelpflug Eisenpflug Wende- Mehrscharpflug.
Pillensaat
Kleinbeet
Klein
Kushnlkr.
Pvillensaat Breitsaat
Feldbeet
Ernten
reits.
Broßfläche
Großircskclkraft
B
Großiie rc
Breitsaat
fläche
ernten
Mötorkraft
Zusammenfassung der Erkorntnirse:
Seit Jahrtausenden errmihrt die Erde uns Menschen'. Aus Ivildgräsern
verstand der Mensch Getreide r-:u züchten. Primitive Grabstöcke und
Holzpflüge ermöglichten nur geringe Ernten. Die Ernährung war nicht
gesichert. Not macht erfinderisch. Zu allen Zeiten überlegten die
Bauern wie man die Ackergeräte verbessern könnte. Die Verbesserung
des Pfluges mit Eisenschar' und Vorschneidemesser sparten Muskelkräfte und Zeit. Dme Ernten wurden ergiebiger, Die Geräte der Neu-
zeit sparen dem Bauern Arbeitskräfte, Löhne, Tiere und Zeit. Der
Bauer sorgt für Währung, der Techniker und Fabrikarbeiter schafft
dem Bauern bessere Geräte. So hilft einer den anderen. Einer braucht
den anderen. Auch in der Feuzeit leben noch Menschen wie in der
Steinzeit. Die reichen Staaten helfen den unterentwickelten Völkern Entwicklungshilfe steht in der Zeitung!
'-i^n
Jadeit-Steinbeil
Grabstock
Hauen mit
Sickelbogen
mit SteinEesser
Klinge
■.*5äK, -
Steineinsatz
Wurzel-Astpflug
:,-m.
Fortschrittene Form des Hackpfluges
Bronzezeit
■
Fherna ■-!
i ' ■ ;. _ ; .
KELTISCHE VIEH- U. ACKERBAUER!!, ZMISCSEF AALPEN :U.DONAU,
(überblick für den Lehrer)'
Iml2_^nsraui'm£ Seit dem Ende der Bronzezeit, etxva. 800 v. Chr. , bewohnten die Kelten den süddeutschen Saum, die' Schweiz, und
Frankreich (Gallien). Sie bilden keine eigene Kasse., vielmehr eine
Mischung mit der einheimischen Grundkultur (Hügelgräberleute) und
der aus dem Osten eingewanderten ürnenfelderleute. Geltend machte
sich auch etruskische und Schwärzmeerkultur, wie auch die Einfälle
der' Himber und Skythen. Etwa um 300 v.Chr. stand die Macht des Volkes auf dem Höhepunkt. Keltisch waren zu jener Zeit die brit. Inseln,
Frankreich, Spanien, die Poebene, Illyrien, Thrazien, Galatien, das
DonautaF von den Quellen bis zum Schwarzen Meer und Deutschland bis
zur Elbe. Das Herzstück des keltischen Besiedlungsraumes waren jedoch Siiddeutschland, Oberösterreich, die Nord- und Ostschweiz und
Lothringen. Mosel und obere Donau bildeten aur Latenän^eit die.Achse
keltischer Kultur. - Schwaben1 und Bayern waren trotzdem keine rein
keltischen Gebiete. Eier Saßen, vor c F t., im Alpengebiet neben und
zwischen den Kelten. noch Rätier, Verseter, Illyrer (Hier) und Reste
der alten :allstattbovöIkerung. (Geschichtskerte)
.■•••.■■•■
Gebietsreste: In. den Wirr.en der folgenden Zeiten vermochten . die.
Kelten ihren weitausgedehnten Lebensraum nicht zu
halten. Keltische Volksreste haben sich bis in die Gegenwart erhalten auf einem Teil üer brit. Inseln, an der französischen Atlantikküste, Irland ist das letzte Rückzugsgebiet. IM er haben sich keltisches Volkstum, Sprache und Kultur teilweise rein erhalten. Au f dem
europ, Festland aber wurden die Kelten von den Romern im Süden und
den Germanen Im Horden in die Zange genommen und im Laufe der vielen
Jahrhunderte ; aufgesogen,
, , "...
M:F!L Y_-rid_L1isi__r_J saßen zwischen Iller-Lecli, der Donau und den Alpen.
Ihr Gaunase ist im römischen "Augusta Vindelicorum"
übe rBLie feAM. Mie alle Kelten gliederten eich auch die Vindelisier in
sog. Clan s Ar Gauverbande mit'einem Fürsten an der Spitze. Um das
keltische G,'„.:;bodunum (Ke pten) und- ist Allgäu saßen die Estionen, am
Loch''die' Lokation, um den Bodensee die Erigantier (Bregens), in den
Alpen' die Fätier. Fach'-ihnen benannten spater die ■ Römer die neu eroberten Provinzen Ration I und II.
'
■
•; ■ •
■: "
' ■ ' 5 -i".
Auf3seh-2Ti. der Kelten:-.., ;.. ■
- ;■';;•■ ; ; '■■:."'■ i- ',.;..•:. 1'
(3:t'ieöhis"cheSchriftsteller, nennen die "keitoi"-;,,die, Umherziehenden.,
die Einwohner; die im 3. Jahrb.-. v.Chr. - in Mazedonien'.einfallenden: :;:
Feiten "Qalater'' (Paulusbrief e i) »- Sie seien von hohem buche ; heller
Haut und Labten-blonde Haare. -Im 1. Jahrb.. y..Chr. erzählt der ,
Grieehe von den Vindelizierntdie Weißlichen; ihr Fleisch sei fast ;
I-ankheit wrlch and ,weiß-,; die Haare rotblond und durch häufiges
Einreiben mit: Kalklauge fast weißblond* Sie achten auf peinlich«?
Sauberkeit.-. • .baden, sich oft,, rasieren sich rie »m Schnurrbart, .den
sie nach, unten hängen-lassen,...-sie kräuseln ihre Kopfhaare, bemalen
(tätowieren) ihren Körper und tragen Pferdeschwansfrisur.
." .F ..-■'- \H . :. '•'
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Als Reitorvolk tragen
Männer trikotartig enganliegende Hosen die Vornehmen mit bunten' Guerstreifen. Der dienende Kelte trägt eine, Art Frsinirgshose, darüber einen bluseftartigeri Kittel. Gehobene
GeseiMschaftskreise trägen über clem Anzug einen Herrenmantel mit
Streifenmuster:~F-ie Bauern bei Regenwetter einen Wetterkragen wie
der alpenländische'ltotzen. SIe;;ii.ebten Röcke alt leuchtenden Farben-
und großen Mustern (vergl.Schottenrock), aber auch dreiviertellange Kniehosen. Berühmt waren keltische Lederschuhe - eine Spezialität und Exportartikel - die Römer nannten sie "Gallicia" = unser
"Wort "Galosche." Als Schmuck trugen Männer und Frauen Hals-, Armund Fußringe, je nach Vermögen und Stand aus Gold, Bronze, Eisen,
Lignit oder Glas.
Charaktereigenschaften: Körperlich und geistig außergewöhnlich beweglich, scharfe Beobachtungsgabe, Anpassungsfähigkeit, Taktgefühl,
Gerechtigkeitsempfinden, künstlerischen Geschmack, Neuerungen gegenüber aufgeschlossen und verliebt in alles was nicht keltisch war. Blutsbruderschaft schließen ist eine keltische Sitte - feurige Naturen, unternehmungslustig und viel mehr Temperament wie die Römer,
jedoch weniger Standfestigkeit und Ausdauer. Die Kelten lieben den
Lärm, tragen klappernden Schmuck, lieben ausgedehnte nächtliche Feste,
sind wegen ihrer Empfindsamkeit rasch beleidigt und verwickeln sich
bei ihren Gastmählern nicht selten in schwere Schlägereien, an denen
sich auch ihre Frauen beteiligen. Sie zeigen todesverachtende Tapferkeit. Ihr Höchstes ist Ehre und Ruhm.
Familienleben, Lebensstandart: Die Familie wohnt zusammen in einem
viereckigen oder runden Holz- oder Fachwerkhaus mit Strohdach. Der
Raum ist mit lehmbeworfenem Geflecht (Wand) abgeteilt. Man schläft
geraeinsam in einer Lagerstätte auf Stroh und Heu. Stuhl gibt es nicht.
Beim Essen sitzt man auf dem Boden oder auf Heu-Stroh-bsw. Schilfbündel. Die Speisen auf niedrigem Tischchen. Man ißt Fleisch von Rind,
Pferd, Schwein, Schaf, Ziege, Huhn und Wild, auch Kolkraben und Fische.
Gemüse unbekannt. Beilagen Haferbrei oder das bekannte Habermus. Mit
kleinen Messerchen wird Fleisch zerkleinert, Gabel sind die Finger.
Man trinkt Wasser, Hafer- und Weizenbier, Met und die Reichen importieren Wein. Große Neigung zu Üppigkeit und Völlerei! - Im Winter
wohnt man in einer Art Keller (vgl. Weberkeller) welcher mit Dung
zur Wärmehaltung bedeckt war. Daher unser Allgäuer Wort "Weberdunke"
(mhd. dunc-unterirdisches, bedecktes Gemach).
Heiraten durften nur wehrfähige Männer. Voraussetzung war die Ablieferung des Kopfes eines erschlagenen Feindes. Die Braut mußte angekauft werden. Erst nach der Geburt des ersten Kindes war die Ehe
gültig. Scheidung mit gegenseitigem Einverständnis. Nebenfrauen
bzw. Mägde wurden auf den Märkten für die Dauer eines Jahres angekauft.
Wirtschaft, Technik, Fortschritt: Zuerst waren die Kelten Hirtendann seßhafte Acker- und Viehbauern, Pferdezüchter. letzte Zeugen
der Ackerbauern sind die "Eochäcker", welche auch in unserer Gegend
häufig zu finden sind, Hochbeete, welche noch mit Hacke und Spaten
bearbeitet wurden. Der Reichtum der Reiten bestand in Vieh- Pferden
vor allem in Rindern,
Bevorzugt war der-« Einödhof (vgl.Allgäu!); Gemeinschaftssiedlungen
blieben auf das notwendigste Maß beschränkt, weil sich der Kelte
nicht an die l^Sasse, nicht an Zwang oder Unterordnung gewöhnen kann.
Wirtschaftlich wurde die Produktion für den bloßen Eigenbedarf bald
aufgegeben und auf Marktwirtschaft umgestellt. Exportiert wurde
hauptsächlich nach Italien und zwar: Schinken, gepökeltes Schafund Gänsefleisch, Speck, Käse, Honig, Seife, Wachs, Kien, Harz, Pech,
Pelze und Sklaven. Import vor allem röm. Wein. Nach Germanien lieferten die Kelten vorwiegend Eisenbarren.
Industrie: Die Kelten waren erfindungsbegabte Leute. Sie waren
führend in der Eisenerzgewinnung und hatten ihre eigene rationelle
Methode, sowohl beim Erzabbau, wie auch bei der Gewinnung von Raseneisenerz. Erzabbau am Sauling bei Füssen, später vom hl. Magnus wieder in Schwung gebracht. In der Verarbeitung des Eisens und der Metalle waren die Kelten in Europa führend; ihre Schwerter hatten
eigene keltische Fabrikationsmarken (Markenartikel der Latenezeit!),
Die Römer führten das keltische Schwert bei ihren Legionen ein.
Bekannt ;.mr den Kelten auch die Steinsalzgewinnung seit der "Hallstattzeit" (Hallorte!) rationelle Methoden - Salzhandel - Anlage von
Handelsstraßen - später auch die Erfindung des Fasses zum Salztransport - ein bedeutender Ausfuhrartikel nach allen Richtungen und hoher
Eigenbedarf wegen PÖ^fkelfleischexport.
Die Kelten beherrschten so ziemlich alle Techniken der Metallgewinnung,
der Metallverarbeitung und - Verzierung und auch die schwierige EmailleTechnik. Panzerhemd, Waffen aller Art, Sensen, Sicheln, Messer, Spiralbohrer, Glocken und das Sieb sind keltische Erfindungen.
Auch in/der Töpferei und Keramik verstanden sie ihr Handwerk meisterlich. lange Zeit vor den Norügermanen gebrauchten sie die Töpferscheibe. Vorgl. die hervorragende Töpferkunst der EtruskerS
Landwirtscha f tli c h e sj[_
Auch auf dem Gebiete der Landwirtschaft waren sie bahnbrechend.
Pflugmesser und Räderpflug sind kelt. Erfindungen; sie sind die Erfinder der großen Eisensense in heutiger Form (Senserschmieden noch
im Mittelalter in Isny und Wangen). Plinius berichtet sogar von einer
keltischen, zweirädrigen Mähm^schine-kürzlich bewiesen durch ein aus
dem 3« Jahrhundert v.Chr. stammendes aufgefundenes Relief (siehe
Bildmaterial: Keltisches Erbe!). Die Felder der Bauern waren rechteckig - man kannte bereits tüchtige Landvermesser und Flurkarten, die
von den Römern nach der Eroberung des Landes übernommen wurden. Die
Grundstücke waren umgeben mit Hecken; der Flurname "bei den Steinmauern" deutet vielleicht auf röm. Gebäudereste oder auf keltische
Grenzsteinmauern, wie sie heute noch in Irland zu sehen sind.
Keltische Münzen:
Zur Zeit Cäsars waren Kupfer- und Eisenbarren, Kupferringe und Goldringe die Währung. Gemünztes Geld ab 3« Jahrh. In ihrer Stadt Manching, welche gegenwartig ausgegraben wird, fand man keltische Münzstempel. Die oft erwähnten kelt. Regenbogenschüsselchen aus Gold waren
becherförmig mit eingeprägten Sternen, Sonne, Mond, Schlange. Für größere Güter wurden die Preise nach Vieh oder Sklavinnen festgesetzt. 1 Sklavin = 3 Kühe wert.
Kultur und Kunst:
Keltische Sprachreste vorwiegend in Irland, in-der Bretagne, in der
franz. und lat. Sprache. In der deutschen Sprache sind noch keltisch
u.a.: Pferd, Rain, Land, Wand, Leder, Beute, Amt, Eid, Held, Glocke...
dazu Allgauer Dialektworte wie: Gumpe, Brente, Glufe, Kratzet, Kräze,
Dopa, Latsche.
Fluß- und Ortsnamen: Hier, Lech, Argen, Aitrach, Günz, Durach, Leubas,_
Mindel, Nibel, Vils, Wertach, Kammlach, Schmutter, Glött, Kötz, Wörnitz, Kollen, Loisach, Neckar, Tauber, Main, Donau, Rhein, Kempten,
Bregenz...
War auch die bildende Kunst der Kelten, gemessen an den Römern und
Griechen bedeutungslos (Goldschmiedekunst ausgenommen), so war dieses
tüchtige Volk doch während vieler Jahrhunderte Lehrmeister der benachbarten Germanen, vor allem der Schwaben und waren somit eines
der wichtigsten Elemente der europäischen Kultur.
Religion und Glaube:
Indogermanisches Erbe. Als Bauernvolk übernahmen sie den Sonnenkult
der Jungsteinzeit und der Bronzezeit, sowie Mythen der Fruchtbarkeit.
Neben dem Sonnengott L_u_g werden auch die Elemente: Donner, Blitz,
Feuer, Wind und Wasser personifiziert und verehrt. Neben den Hauptgöttern gab es Stammes- Provinz- und Hausgötter:
Taranis-- Blitz- unc Donnergott, Herr des Himmels und der Krieger
Teutates = Stammesgott des Wohlstandes und Handels mit dem Attribut
der Schildkröte, des gefüllten Geldbeutels, Hahn und Widder; Universalgott- ihm waren die meisten Bildsäulen aus Baumstämmen geschnitzt.
Hesus oder Esus = der Baumfällergott, urspr. gallischer Stammesgott,
Spender von Wohlfahrt, Reichtum, Gesundheit-abgebildet mit dem Stier.
Der Hammergott, dargestellt mit Schlegel oder Hammer-Gott des Todes
und der Unterwelt. Attribut: Schlange und Hund.
Ogmios, der Toten- und Seelenführer, dargestellt mit Keule und Bogen,
durchbohrter Zunge und Ketten.
Cernunnos in Buddahaltung, Gott der Fruchtbarkeit mit Hirsch.
Ebergott Moccus-Kapuzengott (Sandmännchen!) - ein Gott mit Pferdeohren-Epona, die Pferdegöttin- u.a.Provinzgötter.
Keine Kirchen und großartige Tempel. Die Götter stehen auf Sokkeln,
an l.'.:egekreuzungen, auf Eergen, an Quellen-Göttersäulen aus Holz,
später auch aus Stein. Geopfert werden Feldfrüchte, Tiere ursprünglich auch Menschen. - Das Volk kennt keine Todesfurcht - die Seele
ist unsterblich und kehrt in neuer Gestalt aus dem Totenreich zurück. Die Welt der Lebenden ist vom Totenreich durch ein großes
Wasser getrennt. Deswegen steckt man dem Toten eine Münze als Fährgeld in den Mund.
Priester sind die Druiden, eine privilegierte Kaste, frei von Steuern
und Abgaben, ähnlich wie in Indien die Brahmanen. Die Druiden waren
Staatsmänner, Gottesmänner, Gelehrte, Gesetzgeber, Moralhüter, Volksund Jugenderzieher, Schiedsrichter, Magier und Medizinmänner. Sie
hatten auch Schüler und erteilten in Höhlen Unterricht. Ihr Tun lebt
fort in unseren Volkssagen von unterirdischen Kirchen und versunkenen Kirchen. Die Druiden bildeten immer den Kern der keltischen Nation, den Widerstand gegen Römer und christl. Missionäre. Sie wurden
deswegen nach der röm. Besetzung des Landes besonders verfolgt und
auch unbarmherzig ausgerottet.
Gesellschaft und Staat:
Die Kelten kannten vier Hauptfeste, verbunden mit Jahrmarkt und
Messen, Volksbelustigung, Gerichtstag, Sportwettkämpfen und Pferderennen (vgl. Irland).
Die vier Feste sind in christlicher Zeit durch Heiligenfeste ersetzt
worden - Jahrmarkt und Volksbelustigung aber blieben.
1. Das keltische Neujahrsfest, verbunden mit uraltem Totenkult ist
unser Allerheiligen und Allerseelen am 1. und 2. November. In der
Volkssage um diese Zeit: Wildes Heer, Rasselwagen, Windfüttern,
Seelenspeisen, Seelenwecken-Brote als Opfergaben!
2. Lichtmeß: Dienstbotenwechsel, Schienkeln und versch. Brauchtum.
3. Am 1. Mai - Walpurgisnacht, Freinacht aller Dämonen,-nächtliches
Kelten fest! Vergl. unser Brauchtum in der ersten Mainacht!
4. Das vierte Hauptfest war am ersten August. - Klausen, Wilde Männle,
das Fastnachtsbrauchtum, der Funken, K?-opferst,?; ge u. a.Brauchtum
stammt aus der Keltenzeit.
Der Kelte liebte die Freiheit und widersetzte sich allem Zwang, einer
Autorität und Obrigkeit. Es gab keine Polizei und kein stehendes Heer.
Die Stemme hielten nicht zusammen, was auch zu ihrem Untergang führte.
Es gab weder Behörden noch ein öffentliches Strafrecht, noch ein verbindliches Recht. Der Einzelne hatte sich selbst zu wehren-Unrecht war
Privatsache-Blutrache! Erst aus späterer Zeit stammen die Körperprämien: Die Tötung eines Mannes kostet 7 weibliche Sklaven = 21 Rinder
oder 35 Schafe. Rest solcher Geldbußen sind in unseren mittelalterlichen Gerichtsordnungen überliefert.
In Not-und Gefahrenzeiten wurden Fluchtburgen auf spitzzulaufenden
Hügeln großzügig angelegt, mit Riesenwälien, Graben, Steinmauern
an den Rändern und Palisaden versehen-selten aher ausgeb-aut. Die
Große der Anlagen auf dem Falken, auf dem Woringer Burgösch (750 Meter Länge) und auf dem Auerberg mit 5 km Länge und einem Saum für
etwa 16 ooo Soldaten und 5o ooo Menschen samt den Haustieren läßt
auf eine recht dichte Besiedlung jener Zeit schließen.
Nach dem Einfall der Römer und Alemannen waren die Kelten stark demiziert, durch Krieg, Abwanderung, Verschleppung, aber nicht ausgestorben - die Reste sind im Lande geblieben - sind Christen geworden -.
ihre Götter sind verschwunden - ihr Brauchtum ist teils abgefälscht
erhalten.
(Zum Studium der Kelten wird besonders empfohlen: Alfred Weitnauer,
Keltisches Erbe in Schwaben und Bayern, Verlag für Heimatpflege in
Kempten. Das reich beibilderte Buch müßte in jeder Süddeutschen
Lehrerbücherei griffbereit sein.)
+++++++++++++
Thema 4
(für Schüler)
Römische Händler berichten vom Land und Volk
der Kelten.
Wieder einmal kehrte ein römischer Handelsaug von Vindelizien nach
Rom zurück. Die Planwagen waren vollbeladen mit keltischen Pöckelfleisch, Käse, Harz, Kienspann, Seife und Pelzwaren. In fest verschlossenen Truhen lagen kostbare Ketten Broschen, Armringe, Ohrgehänge Gewandnadeln und anderer Zier/at aus reinem Gold oder Silber,
selten kunstvoll verziert. Viele Denare werden die römischen Damen
dafür bezahlen müssen. In anderen 'Wagen lagen, von keltischen Waffenschmieden gefertigt, Kettenpanzer und Kurzschwerter für das römische
Militär, aufgekauft im Auftrage der Generale Trusus und Tiberius.
Dem Kaufmannszug folgten ganze Herden von fetten Allgäuern Rindern;
Sie wanderten in die römischen Schlachthöfe; die Pferde aber in die
Militärstallungen. "Einen Batzen Geld kosten alle diese Güter! Früher
konnten wir tauschen; jetzt aber verlangen die Estionen, die Brigantier und Likatier immer mehr unsere Silbermünzen mit dem Kaiserkopf.
Wir könnten alles viel billiger haben, wären die Kelten ebenso unsere
Untertanen und uns zehntpflichtig wie z.B. die Raetier (Schweiz) und
die Gallier. Auch das Eisen, das sie am Säuling aus dem Berg herausbuddeln, schmelzen und zu Waffen schmieden, könnten wir gratis haben.
So lagen die Kaufleute den hohen Offizieren und Generälen dauernd in
den Ohren, natürlich nur aus reiner Profitgier. Die Herren, die sich .
wieder einmal billige Lorbeeren und Ruhm verdienen wollten, sprachen
darüber auch mit Kaiser Auguetus. Der hatte bisher keine Ahnung von
dem Reichtum über den Alpen, dachte sich: die übertreiben nicht
schlecht - aber ich will trotzdem mein Weltreich auch nach Norden
ausdehnen, we'nn's geht sogar bis zur Donau. Also befahl er etliche
zuverlässige Offiziere zu sich und sagte zu ihnen: Ihr verkleidet
euch als Kaufleute oder Bettler und spioniert mir zwischen Donau,
Alpen, Lech und I}ler alles aus. Ich will gründlichen Bescheid
hören, besonders über militärische Angelegenheiten.
Wenn der Kaiser befiehlt, muß man gehorchen! Also zieht man sich um
und wird in Apollos Namen ein ganz gemeiner Spion. Zuerst ab. er ließen sie sich von der Kriegskasse noch ihre Geldkatzen mit Spionengeld vollstopfen - das machte den reichen Römern nichts aus und hernach gings mit beladenem Saumtier über die hohen Berge nach
Vindelizien, von Siedlung zu Siedlung immer spionierend. Sie zahlten
auch manchem Kelten einen Humpen feuri".gen Römerwein, damit er gesprächiger wurde. Sommer, Herbst und Winter waren vergangen, als
sich Romulus, unser Meisterspion, bei der kaiserlichen Palastwache
zurückmeldete.
Als er endlich in das kaiserliche Geheimkabinett vorgelassen wurde,
hat es Romulus fast die Stimme verschlagen. Er grüßte zackig, verneigte sich tief vor dem Weltbeherrscher Augustus, seinen Generälen,
Ministern, Senatoren und Offizieren und berichtete:
Man sagt bei uns in Rom die Kelten seien Wilde, Räuber und
Menschenfresser. Das stimmt nicht. Vielmehr habe ich sie kennengelernt als friedliche Acker- und Viehbauern, tüchtige Pferdezüchter
und Handwerker, meisterhafte Gold- und Waffenschmiede. Reiten können
sie wie die Teufel und die Zahl ihrer Pferde ist so groß, daß ein
jeder Bub seinen eigenen Gaul besitzt. Die Bauern wohnen in windigen
Holz- und Lehmhütten mit Strohdächern, alles schläft in einem einzigen Raum auf Stroh und Laub, im Winter in einem diefigen Kellerloch.
Beim Essen hocken sie auf dem Boden, v/eil sie keine Stühle haben.
Man ißt meistens Habermus und Wildbret. Das teure Pb'ckelfleisch verkaufen sie lieber uns. Es sind sparsame Leute, aber sauber gepflegt,
frisch rasiert. Sie waschen sich oft und mit Seife. Die Männer sind
fast eitler als die Frauen. Sie kräuseln ihr Haar oder tragen eine
Pferdeschwanzfrisur. Der Schnurrbart hängt über die Unterlippe herunter und ist nach dem Essen voller Suppe, über den langen Trikotanzug tragen sie einen Allgäucr Kotzen. Die flachsblonden Frauen
sind groß, blauäugig, lieben Goldschmuck, Hals- und Armreifen und
lange Gewänder, Werktags tragen sie zur Arbeit auch Hosen wie die
Männer. Alle sind recht fleißig, sparsam und friedliebend - nur bei
ihren Festgelagen kommt es oft zu schweren Raufereien, weil sie so
ehrsüchtig und empfindlich sind. Ihre Dörfer sind klein. Die Kelten
leben lieber für sich in Einöden. Nur die Handwerker sind in kleine
Städte gezogen, es gibt nur wenige davon. - Ob er keine Festungsbauten gesehen habe, fragte der Kaiser.
Oh doch, berichtete der Spion weiter. Auf meiner Reise durch
Vindelizien habe ich auch große und kleine Fliehburgen ausgemessen und
aufgezeichnet, Sie stammen aus früherer Zeit, als die Cimber und Teutonen durchzogen, und sind so vernachlässigt, als glaubten die Kelten
an einen ewigen Frieden. Die Fluchtburgen sind auf steilen, spitz
zulaufenden, unzugänglichen Höhen, aufgeteilt inj? Abschnitte für
Frauen und Kinder, für die Krieger und für die Weidetiere. Riesige
Erdwälle mit hohen Palisaden und vorgelagerten bis zu 12 m breiten
Gräben, gefüllt mit Reisig und Dornen erleichtern die Verteidigung.
Wenn Gefahr droht, eilt die ganz Bevölkerung in die Volksburg. Fürsten, Offiziere und langbärtige Druiden, als angesehene Prieser, Mediziner und Zauberer sorgen für Ordnung und zwingern die Leute zur
Verteidigung und zu Schanzarbeiten. Die Kelten sind harte Kämpfer,
furchllos, mutig, tapfer und zu fürchten wie die Teutonen. Sie haben
hervorragende Waffen, Lederhelme, starke Schilde und scharfe Spieße.
Aber besonders kriegserfahren sind die Kelten nicht. Sie haben auch
kein stehendes Heer wie wir Römer, sind daher wenig geschult und geübt. Sie sind eingeteilt ind Clans (Stämme), halten nicht zusammen;
jeder Stamm verteidigt sich selbst. Daher können wir sie leicht besiegen - wir werden immer in der Übermacht sein. Hier habe ich eine
Karte mit den eingezeichneten befestigten Plätzen. Jetzt entfaltete
der Spion eine große Pergamentrolle, legte sie auf den Tisch und
erklärte weiter:
Da ist hier ein Berg, den nennt man den Pfänder. Ein großer See ist dabei. An seinen Ufern und weit draußen im Wasser sind
Pfahlbauten. Es ist die Stadt Brigantium. Jeder Brigantier hat ein
oder mehrere Schiffe, Bei Gefahr rudern sie einfach in den See
hinaus und lassen den Fei-n'üam Ufer stehen. Malefitz und Donnerwetter,
sagte Tiberius der General, wie werde ich ihnen beikommen. Du wirst
dirs überlegen müssen, mein General, lachte Augustus. Roraulus aber
zeigte auf die anderen Festungen und Schanzen der Kelten. Da war
eine Fliehburg in Gabis bei P.oßhaupten, die Entschburg bei Sonthofen
die Burg auf der Etliser Höhe über dem Niedersonthofener See, der
Eurgbachtober bei Moosbach, die Märzenburg bei Kaufbeuren, die befestigte Stadt Cambodunum auf der Burghalde in Kempten, die großen
Wallburgen auf dem Falken bei Gronenbach mit 450 m Länge, und auf
dem Woringer Burgösch mit 750 m Lande und schließlich die größte
Keltenburg des Allgäus auf dem Auerberg. Sie heißt Damasia, sagte
Romulus, und ist bei 5 km lang. Fünfzigtausend Menschen samt ihrem
Vieh und mindestens 15 - 16 tausend Kriger haben in ihr Platz.
Wenn diese Festung eingenommen ist, steht der E'eg zur Donau offen.
Du hast ausgezeichnet spioniert Romulus. Lasse die Zeichnung hier.
Für deine Arbeit wird dir ein Orden verliehen. Damit war die Geheimsitzung beendet.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse: Der keltische Lebensraum - Keltischer Export - Spione in Vindelizien - Lebensweise Kleidung und Wohnungsverhaltnisse - Flucht- und Schutzburgen auf
den Höhen...
Erkenntnisse: Eine fleißige Bevölkerung liefert den Römern und Germanen Lebensmittel und wertvolle Gebrauchsartikel. Profitgier und
Machthunger der Römer führen zu Eroberungsabsichten. Ein überreiches
Volk möchte noch mehr besitzen. - Imperialismus!
Gegenwarts.bezug: Machthungrige Völker gab es zu allen Zeiten - auch
in unserer Zeit werden kleine Staaten unterjocht oder bedroht und
ausspioniert. Auch im Frieden müssen die Völker wachsam sein!
Thema 5
Keltische Glaube, Götterverehrung und Totenbestattung.
Als Romulus mit den anderen Herrn den Palast verließ, wurde er auf
die Schulter geklopft. "Verzeihung mein Herr!" sprach ein hagerer
alter Mann mit weißem Barte, "ich bin Dio Cassius, römisch kaiserlicher Geschichtsschreiber und habe oben im Kabinett ihren Bericht
mitgeschrieben. Ich möchte aber noch mehr über das keltische Brauchtum und über ihren Glauben wissen. Darf ich sie in meine Villa am
Apolloplatz einladen?" Romeo sagte zu und ritt am Abend dorthin.
Ein Sklave empfing den Offizier am Portal, verneigte sich tief und
führte ihn durch den Lichthof mit Springbrunnen zu einem der vielen
Zimmer, die im Viereck um den Ziergarten angelegt waren. Im Schreibzimmer saß bereits Cassius und begrüßte freundlich seinen Gast.
Nachdem er alle die Bilder im heizbaren Steinboden, die Gemälde an
den Wänden, die zahlreichen Figuren besichtigt und zu Abend gespeist
hatte, erzählte Romulus von seiner Vindelizienfahrt:
Wohin ich auch kam, die Dörfer, Stadt, in den Bauernhöfen
an Wegekreuzungen, an Quellen und Bergen, immer fand ich irgendeine
Götterstatue; nicht in prachtvollen Tempeln, sondern als Bildstöckle,
geschnitzte Baumstämme, mitunter auch steinerne Figuren auf Sockeln.
Da gibt es Hausgötter, Stammesgötter, Provinzgötter und Hauptgottheiten mit Kamen, die man sich kaum merken kann. Sie verehren den
Sonnengott Lug, den Blitz- und Donnergott Taranis; die Händler beten zum Teutates, die Kranken zu Hesus, die Sterbenden zum Gott
mit dem Schlegel oder zum Seelenführer Ogmios. Alle die Götter,
grob aus Baumstämmen herausgeschnitzt, verwittert und wurmstichig,
haben zum Teil furchterregende Gesichter und sind dargestellt mit
Schlangen, Schildkröten, Vogelköpfen, mit Hunden, Widder, Hirsch
und Schwein. Die eisten haben einen Halsring, erheben beide Arme
nach oben; manche tragen als Hauptschmuck ein Hirschgeweih oder
öder Pferdeohren. Um Kempten herum verehren sie auch eine Göttin
Epona mit Pferden zu beiden Seiten. Für alle Anliegen haben die
Kelten ihre Gottheit, der sie opfern, damit sie in Schutz genommen
werden vor den unterirdischen Dämonen und übelwollenden Geistern.
Viermal im Jahre verehren sie die Hauptgötter mit festlichen Umzügen, Tanz, Festmahl und Trinkgelagen. Die- Druiden, alte v/eise Männer*
mit langern Bart und weißem Gewand, bringen die Früchte - Fleischund Brotopfer dar. Alte Leute haben mir erzählt, daß in früheren
Zeiten bei solchen Festen auch Menschenopfer dargebracht wurden
um die Götter für alle Untaten zu versöhnen. In der Regel seien es
Sträflinge und Sklaven gewesen, die man verbrannt habe. Auch eine
Totenfeier habe ich miterlebt. Ein Bauer war gestorben. Klageweiber
gingen von Haus zu Haus, Leicbensage'r zu den Nachbarorten. Vier Nachbarn hielten im Trauerhause Totenwache. Am anderen Tage gingen vier
bewaffnete Männer zu den Hügelgräbern hinaus, um den Familienhügel
zu öffnen. Bis zur Urne der Vorfahren gruben sie einen Gang, und
richteten mit Holzbohlen eine neue Urnenkammer her. Hernach hielten
die bewaffneten Männer Crabvache bis zur Beerdigung. Fuhrwerke mit
langen Holzscheiten kamen angefahren. Ein riesiger Holzstoß wurde
errichtet. Am Beerdigjugstage, bald nach Sonnenaufgang, wurde der
Tote aus dem Hause getragen. Voran sclvmltt der Druide mit langem
Stab in der Hand; hinter ihm viele Männer mit plumpen Blasinstrumenten, dann die Bauer:] n. Sie trug eine große Urne, ihre Kinder
kleine Gefäße, die Burschen Waffen des Bauern, Ihr folgten die Verwandten und alle Dorfbewohner bis zu den Hügelgräbern. Unter lautem
Klagen legten die Männer die Leiche auf den Holzstoß. Der Priester
machte allerlei Zeichen mit seinem Stab, reichte auch der Bäuerin
einen Becher Wein zum Trunk und brannte mit merkwürdigen, unverständlichen Zaubersprüchen den Holzstoß an, der bald lichterloh
brannte. Ein schrecklicher Anblick war das! Die Musik verursachte
einen entsetzlichen Lärm und alles Volk begann im großen Kreise
um das Feuer zu tanzen. Das war der Totentanz. Man wollte damit
verhindern,, daß die Seele des Verstorbenen in den Leibe zurückkehre.
Nach dem Totentanz wurde das Leichenmahl auf dem Boden sitzend eingenommen; die Reste warf man in das Feuer - eine Art Opfer um den
Seelenführer Ogmics gnädig zu stimmen, daß er die Seele an den
rechten Platz über dar weite Wasser, welches zwischen Erde und Totenreich liege, führe. Die Goldmünze, welche dem Toten in den Mund
gesteckt worden war, ist das Fahrgeld zur Überfahrt mit dem Totenschiff. Ogmios, der Totengott, so glauben die Kelten, bestimmt
nach der Ankunft der Seele, je nach irdischem Verdienst, wohin sie
nun zu wandern hatj cb sie wieder:- xn einen Menschen oder in ein
Tier zurückkehren muß (Seelenwanderung). Nach der Leichenverbrennung
sammelten der Druide und die Angehörigen Asche und Knochenreste des
Verstorbenen und füllten damit die Urne. In feierlicher Weise und
neuer Klage trug sie der Priester zur Grabkammer im Hügel, verschloß die Urne mit einer Steinplatte, legte um die Urne zum Schutze
vor Grabräubern einen Zuuberkreis mit Feldsteinen. Nun traten die
Angehörigen heran und legten Waffen, Werkzeuge, kleine Gefäße mit
Speise und Trank zur weiten Seelerreise in den Ring. Erst jetzt
gab der Priester das Zeichen zum Schließen der Kaminer. Alle ergriffen Schaufeln und Bedeckten die Graböffnung mit Erde. Wurde
ein neuer Grabhügel angelegt, mußten viele Wagen voll Erde herangefahren werden, denn sie waren drei bis fünf Meter hoch, bei einem
Durchmesser von 1p Schritten. Die keltischen Grabhügel sind ein
schönes Denkmal,das ohne Inschrift Jahrtausende überdauert, sie sind
auch ein Zeugnis beispielhafter Totenverehrung. Nicht immer werden
die Leichen verbrannt. EE gibt in Vindelizien auch mächtige Hügelgräber mit kostbaren Beigaben, Streitwagen und Waffen für den toten
Fürsten der mit <:era Gesicht nach Osten bestattet wurde. "Hoffen wir",
sagte Romulus beim Abschied zum Geschichtsschreiber Cassius, daß
unsere Legionäre die Stätten der Toten in Ruhe lassen, falls sie
in Vindelizien einmarschieren sollten.
Ergebnisse: Die Kelten waren noch Heiden. - Sie verehrten viele
Götter und glaubten an nie Seelenwanderung. Zwischen
Erde und dem Totenreich sei ein Meer, das jeder Tote
durchfahren muß. Fan gibt dem Toten Fährgeld, Speise
Trank und Waffen mit auf die Reise. Die Leichen werden
verbrannt. Die Bestattung erfolgt in Urnen. Die Hügelgräber unserer Heimst sind Zeugen der keltischen Totenverehrung. Wir wollen sie erhalten.
Erkenntnisse: Das Heidentum ist noch nicht ganz erloschen. Unsere
Klausenbrote sind keltische Gebildbrote, Heidnisch sind
noch das Klausentreiben, die Fastnachtsbutzen, die Maibräuche, der Funkensonntag (Opfer!) und rnacn andere
Bräuche, die war halten, aber nicht mehr verstehen.
Auf der Welt gibt es noch viele Heiden. Die Missionäre
haben noch lange Arbeit.
Für den Lehrer: Keltische Hügelgräber unserer Heimat:
8 Hügelgräber in der Sonnwiese von Albishofen bei Theinselberg, alle
bis auf einen halben Meter abgetragen. - Erhalten die sog. Römerhügel bei Daxberg - ein Garb zwischen Attenhausen und ¥esterheini große Hügelgruppe im Illerfeld, alle zerstört. - Gräber bei Volkratshofen, Bronnen, Ferthofen, Ottobeuren (Schelmenheide); Fürstengrab
vermutlich auf dem Falken sü, des Hofes und bei Kellmünz. Keltische
Funde unserer Gegend im Memminger Museum!
Keltische Sprachroste: (siehe Einführung unter Kultur d. Kelten)
Literatur: Baumann, Geschichte des Allgäus, Band IS. 17-36
Weitnauer, Das keltische Erbe in Schwaben und Bayern,
Verlag für Heimatpflege in Kempten (bes. zu empfehlen)
Schnieringer, Heimatbriefe Nr. 1 und 30.
Lesestoff für Schüler: Memminger Heimatbuch S. 32: Der Grabhügel im
Walde. - Holz und Stroh zum Wendlefuir.
Thema 6:
Die Römer bereiten sich zum Angriff vor.
Seit dem Geheimgespräch im Kaiserpalast war eine lange Zeit verstrichen. Romulus exerzierte wieder auf dem Kasernenhof mit seinen
Legionären rechts um, links um, ging abends in die Thermen zum Baden, oder in das Offizierskassino und führte ein feines Leben. Eines
Tages aber wurde Romulus vom Exerzierplatz, weggeholt zum General Tiberius. Jener sagte: Du kennst dich aus im Lande über den Bergen;
du mußt mich beraten und die genauen Wege in den Aufmarschplan einzeichnen. Komm her an die Weltkarte! Du siehst hier dicke Pfeile
eingezeichnet über die Alpen nach Brigantium zur Hier und die
Donau entlang. Diesen Marschweg werden meine Legionen nehmen und
du wirst dabei sein. Der andere Pfeil zeigt über die Pässe nach
Füssen, dem Lech entlang zur Donau. Diesen Marschweg nimmt mein
Bruder Drusus mit der Armee-. An der Lechmündung wollen wir zusammenkommen, und wenn alles gut geht auch nach Norikun marschieren.
Jetzt machen mir nur noch die Briganter etwas Sorge. Ich habe eine
große Menge Schiffe bauen lassen, sie sind größer als die kelti-
sehen und können neben den Ruderern auch noch ein gutes Dutzend
Soldaten aufnehmen. Alle meine Soldaten haben auch das Schwimmen
gelernt. Nun halten wir morgen zur Vorübung ein Seegefecht ab;
ich will dir zeigen, wie ich mir die Seeschlacht im Bodensee mit
clen Briganten vorstelle. Sie sollen nämlich mit langen Haken die
kleinen Keltenschiffe zu sich heranziehen, hinüber springen und
dann bekämpfen. Von der großen Seeschlacht iir Bodensee bei Bregenz hat uns der Caesilius nicht viel aufgeschrieben. Wir wissen aber, daß Tiberius im
Frühjahr des Jahres 15« v. Chr. eine große Menge Schiffe über die
4 - 5oo m hohen Berge transportieren ließ. Wir können uns denken
wie schwer das ohne Lastwagen und Raupenschlepper gegangen ist,
und daß es dabei auch viele Unglücksfälle und Abstürze gegeben hat.
Das war dem Tiberius gleich, er hatte genug Soldaten. Zu einer
Zeit, als die Bewohner arc großen See friedlich ihrer Feldarbeit
nachgingen, kam der Tiberius mit seinen Legionen daher ohne Kriegserklärung und Warnung. Da eilten die Briganter in ihre Schiffe und
fuhren in den See hinaus. Wie überrascht waren die Fischer, als die
Römer Schiffe hinter sich herzogen, in den Bodensee brachten, einstiegen und ihnen nachruderten. Jetzt wußten sie, was es geschlagen
hatte. Wer sich retten konnte, fuhr an entlegene Uferstellen und
floh in die Wälder, auf den Pfänder und in besondere Verstecke. Man
sollte es nicht glauben, die Römer hatten gesiegt. Sie jubelten und
machten Luftsprünge wie die Fußballer - aber die gefangenen und geflohenen Kelten weinten und wußten nicht weshalb sie überfallen wurden. Tiberius aber kommandierte rechts um und Romulus führte einen
Teil der Legion gegen Cambodunum an der Hier.
Erkenntnisse: Die Römer haben ihre Nachbarvölker ohne Warnung und
Kriegserklärung überfallen; so fanden sie am wenigsten Widerstand. Die kleinen Völker waren dagegen
machtlos. - Auch in der Neuzeit wurden kleine Völker
ohne Warnung; überfallen: Beispiele!
AUS DER ZEIT DER ROMERHERRSCHAFT
Alarm in Vindelizien
Thema 7
Eines Morgens drang ein sonder •= barer Lärm in die stille Bergwelt.
Erschreckt eilten Hirten und Sennen aus ihren Block- und Alphütten.
Von der alten Handelsstraße herauf, in Richtung Buchenberg, hörte
man Kommandorufe, Pferde wieherten, Wagen rasselten. Lanzen, Schilde
und vergoldete Adler blitzen im Sonnenlicht. Ein riesiger Heerwurm,
^eite Staubfahnen hinter sich nachziehend, wälzte sich die Straße
entlang. Hoch zu Roß saßen stolze Offiziere und Liktorenträger.
Jetzt wußten es die Allgäuer Estionen gewiß. Die Römer kommen!"Sie
werden uns erschlagen, die Häuser verbrennen, die Frauen und Kinder
verschleppen", riefen die Männer. Sie rannten in ihre Hütten, bliesen mit meterlangen Alphörnen Großalarm; auf allen Bergen loderten
Feuer auf. Mit Rauchzeichen wurde die- ganz Bevölkerung auf die Gefahr aufmerksam gemacht. Reiter eilten in die Täler und gegen Norden.
Großalarm war gegeben von den Bergen bis zur Donau.
Klagend und jammernd rafften die Mütter den notwendigsten Hausrat zusammen; die Buben eilten in die Koppeln und Ställe und trieben Kühe
und Pferde zusammen, die Männer rannten nach ihren Waffen. Alles
eilte und hastete zur nächstgelegenen Schutzburg samt Hausrat und
Vieh, um hoch auf den Bergen ihr Leben zu verteidigen. Hauptleute
und Druiden sorgten für Ordnung und befahlen die Ausbesserung der
Palisaden; Buben schleppten kopfgroße Steine an die Steilränder um
sie notfalls als Wurfgeschoße zu verwenden. Alle waren so furchtbar
aufgeregt, so voller Angst um ihre Zukunft.
Von der Schlacht um die befestigte Keltenstadt Cambodunum auf der
Burghalde wissen wir nicht viel mehr, als daß sie fast völlig von
den Römern zerstört wurde. Trotzdem braucht man nicht zu meinen
die Kelten wären feige oder zu nichts nutz gewesen. Im Gegenteil.
Sie waren immer ein tapferes, mutiges Volk; selbst die Frauen und
Burschen kämpften mit. Aber den Römern waren sie militärisch nicht
gewachsen; diese waren besser organisiert, hielten straffere Ordnung,
waren kriegserfahren und erstürmten die Höhenfestungen nach einem
ganz bestimmten Plan. Nach der Eroberung von Kempten stand dem Tiberius
der Weg nach Norden so ziemlich offen. Die Vifallburg auf dem Falken
und dem Woringer Burgösch machte ihm keine besondere Schwierigkeit.
Viel schwerer hatte es Drusus, als er in die Gegend des Auerberges
kam. Beim Anblick dieser riesigen Festung "Damasia" hätte er beinahe die Nerven verloren; denn sie war vollbesetzt und die Likatier am
Lech waren auch keine Feiglinge. Hierher hatten sich auch viele
Flüchtlinge aus dem Gebirge gerettet und den Römern nichts gutes
nachgesagt. So waren denn alle entschlossen bis zum Letzten Widerstand zu leisten. Darum entbrannte hier auch eine furchtbare Schlacht,
ein entsetzliches Morden und Kämpfen auf Leben und Tod. Die römischen
Legionäre siegten, führten alle Fürsten, Druiden, Offiziere und Krieger, soweit sie nicht gefallen waren, in ein scharf bewachtes Lager.
Die anderen mußten die Gefallenen begraben, die Verwundeten pflegen,
die Palisaden entfernen und Brennholz schleppen. Indessen durchstöberte römische Reiterei die Häuser und Siedlungen der Umgebung, verbrannten was ihnen nicht paßte und nahmen alles gefangen, was sich
vor ihnen versteckt hatte. Erst nach Tagen kam ein hoher Offizier
in die Keltenfestung geritten. Frauen, Kinder, Greise, alles mußte
antreten. Ein Dolmet scher übersetzte die Ansprache: Wir sind gekommen um euch zu befreien - von wem hat er nicht gesagt - und bringen euch den Frieden. Ihr sollt Freunde des röm. Kaisers werden.
Wir werden euch immer beschützen solange ihr unsere Befehle befolgt.
Bis morgen sind alle Waffen abzuliefern. Die Verpflegung für die
Soldaten müßt ihr gratis liefern. Die kriegsgefangenen Männer werden erst später entlassen. - Viele glaubten was der Römer sagte
und waren zufrieden. Noch meht aber verließen weinend, mit Haß im
Herzen, die Stätte des Kampfes - es konnten ja soviele Männer,
Frauen und auch Kinder nie mehr ins Heimatdorf zurück - sie lagen
erschlagen in der Burg Damasia am Auerberg.
Ergebnisse: Die Römer erobern Kempten und den Auerberg. Die Kelten
waren den Römern militärisch nicht gewachsen.
Erkenntnisse: Die Kelten verteidigten ihre Freiheit und Selbständigkeit. Siö wollten nicht Untertan eines anderen Volkes
sein. Die Römer logen. - Jeder Krieg bringt schreckliches Leid über die Völker. Auch röm. Mütter hatten
gefallene Söhne zu beweinen. Schuld am Unglück war
das Machtbedürfnis des Kaisers.
Zu Thema 7
Die Römer im bayerischen Schwaben
(Geschichtlicher Überblick f. d. Lehrer)
Kaiser Augustus (30 v.Chr. - 14 nach Chr.) befahl seinen Stiefsöhnen Drusus und Tiberius die Eroberung des Landes südlich der
Donau samt Korikum (ö.Inn). 15 vor Chr. erfolgte der Angriff.
In einem einzigen Sommer wurden erobert: Raetien (Ostschweiz und
Tirol), Vindelizien (schwäb.bay.Hochebene) und Norikum. Eins bis
zwei Legionen blieben im Lande; Lager bei Oberhausen am Wertachufer. Hierher führte übers Etschtal-Scheidegg die Via Claudia,
erbaut 46 nach Chr. unter der Regierungszeit des Tiberius (14-37
nach Chr.) wurde das erwähnte Lager aufgehoben und nach Vindonissa
an der Aare verlegt. Dagegen entstand um die gleiche Zeit unter
Kaiser Claudius (41 - 54) die Hauptstadt Augsburg (Augusta Vindelicorum) als eine bürgerliche Niederlassung der Römer. Der röm.
Schriftsteller Tacitus (66 - 116) nennt Augsburg ein"äußerst
glanzvolles Kolonialstädtchen Raetiens". Den Marktplatz der Stadt
vermutet marf .Stelle des Frohnhofs. Die Stadt ohne Mauer wurde in
der Mitte des 3. Jahrb. von den Alemannen durch Brand zerstört.
Unter Diokletian (284 - 3o5) wurde Raetien geteilt. Raetien I
wurde die Ostschweiz mit der Hauptstadt Chur. Raetien II, unser
Schwaben mit der Hauptstadt A.ugsburg. Im 4. Jahrh. Bischofssitz;
die Stadt wird mit einer Mauer umgeben. Römerstraßen führen nach
Augsburg: Bregenz- Isny - Kempten - der Wertach entlang nach
Augsburg. Brenner - Zirl - Partenkirchen - Moosburg entlang
Ammersee. Salzburg - Seebruck - Helfendorf - Grünwald - Schöneichen.
Augsburg - Günzburg - Burghöfe.
Um 300 sind die Juthungen, von ihren Siedlungen am Schwarzen Meer
durch die Hunnen verdrängt, in Vindelizien eingezogen; wurden von
den Römern geduldet; haben sich aber mit den Alemannen verbunden.
Als die Juthungen 430 weiter nach Süden vordringen wollten, wurden
sie vom röm. Feldherrn Aetius geschlagen. Seither ist der Name
verschwunden,
Unter Augustus erbaut: Die Binnenlandgarnisonen Bregenz, Kempten,
Auerberg, Epfach, Gauting. - Die Kastelle südl. der Donau wie
Hüflingen, Mengen, Emmerkingen, Rißtissen, Unterkirchberg, Aislingen,
Burghöfe, Oberstimm wurden unter Tiberus und Claudius errichtet.
Die Garnison Kempten auf dem Lindenösch wurde wahrscheinlich um 17 n. Chr. erbaut - Entwicklung zu Provinzstadt und waren
Umschlageplatz. Ausgegraben wurden: Basilica (Justizgebäude), Curia
(Stadtverwaltung), kleine und große: Thermen, ein großer Terapelbezirk, ein röm. und kelt. Wohnviertel (Holzbauten) und ein großes
Unterkunftshaus. Gesamtumfang der Stadt über ein Quadrat Kilometer.
Zerstörung der Stadt während der Wirrnisse des DreikaiserJahres
68/69 (Bildmaterial; Modelle, Fundgegenstände Museum Kempten).
259/60 Alemannen Einfall, Stadt abermals geplündert und zerstört;
Neusiedlung Kemptens auf der Burghalde und Sankt Mangplatz. Auch
hierher führten Rcmerstraßen.
Am Limes: Fast alle von den Römern angelegte Kastelle waren zuerst reine Erdblstigungen und wurden erst AntecfKaiser Trajan in
Steinbauten umgewandelt. Der Limes anfänglich nur ein Flechtwerk
Zaun mit Holztürmen für 'Wachmannschaften. Kaiser Antonius Pius
(158 - 60) rückte den bei Lorch (Rens) beginnenden raetischen
Limes vor; für die schwäbischen Gebiete wurden folgende Kastelle
erbaut: Schierenhof, Unterböbingen, Aalen, Buch, Haiheim Ruffenhofen, Gunzenhausen (hier nördl. Punkt) Fortsetzung des Limes über
Böhming nach Eining. Erst unter Caracalla (211-1?) wurde der Pfahllimes in Raetien durch eine 1-1,2 m dicke und bis 3 ra. hohe Steinmauer ersetzt. Der bei Lorch beginnende rät. Limes ist 166 km lang;
der obergermanische bei Andernach beginnende, ist 382 km lang. Gesamte Limeslänge 548 km, mit über 1ooo Wachttürmen und 100 Festungen.
Thema 8
Unter römische Besatzung
Die röm. Legion * blies zum Abmarsch. Nur eine kleine Kohorte blieb
als Besatzung am Auerberg zurück. Das Heer zog weiter nach Norden.
Sämtliche Festungen und Städte der schwäb. bay. Hochebene wurden
in Kürze erobert. Wo die Wertach in den Lech mündet (Augsburg-Oberhausen) schlugen die Römer für 1 - 2 Legionen ein Militärlager auf.
Die Soldaten mußten zur Unterstützung der röm. Militärregierung im
L^nde bleiben. Die beiden Brüder Drusus und Tiberius, die sich hier
trafen, sandten einen Reiter nach Ron, meldeten dem Kaiser die Eroberung von ganz Vindelizien und erbaten sich neue Anweisungen.
Der Kaiser in Rom schrieb: "Bravo! Das habt ihr fein gemacht! Vindelieien wird sofort röm. Provinz und bekommt den Namen Raetien.
Die Bevölkerung darf keine eigene Regierung haben. Alle Waffen
sind uns abzuliefern,die Festungen zu schleifen. Das ganze Land ist
zu sichern, Grund und Boden wird enteignet und Reichsgut. Die Bevölkerung gibt mir den Zehnten. Will ein Römer oder Veteran oder
Händler Grundstücke, Haus und Hof, so soll man es ihm kostenlos geben. Nach eurer Rückkehr soll in Rom ein Triumphzug stattfinden."
Eine Zeitlang gab die Militärregierung neue Gesetze heraus; später
wurde vom Kaiser ein Landpfleger (Präfekt), wie das Pilatus in
Jerusalem einer war, eingesetzt. Er war in Zivil, oberster Gesetzgeber, Herr und Richter über Kelten und Römer in ganz Raetien
(Name im Ries überliefert!). Von dieser Zeit an sahen die Kelten,
die an der Hauptverkehrsstraße ihre Häuser hatten, täglich röm.
Kohorten nach Süden reiten, marschieren und fahren. 0 Schreck!
Sie sahen auch ganze Züge müder kriegsgefangener Helden, die man
freizulassen versprochen hatte - sie wurden mit den kelt. Offizieren
und Fürsten nach Rom getrieben. Dort mußten sie gefesselt zum Gespött der Römer im großen Triumphzug der Generäle mitmarschieren,
Hernach hat man die Keltenkrieger verschiedenen Legionen zugeteilt
und nach Jerusalem, Syrien, Ägypten oder Karthago verschickt um für
die Römer zu kämpfen. Kein einziger kam wieder nach H?tuse. Niemand
hat wieder von ihnen in der Heimat gehört. Alle blieben ohne Nachricht und hatten großen Kummer. Die keltischen Adeligen und Druiden setzt man gefesselt in Käfige und führte sie durch die Straßen
Roms. Sie wurden später in großen Zirkus zur Freude der römischen
Zus-c<h-Ke-rvon Löwen und Tigern zerrissen,
Damit nicht genug. Auch für die Bevölkerung in der Heimat ging der
Jammer jetzt erst an. Erschienen da eines Tages in allen Orten röm.
Reiter und forderten die Leute auf, samt Frauen und Kindern an
einem bestimmten Platze, den alle kannten, zu erscheinen. Man war
folgsam und erschien. Wieder hielt, ein Offizier eine lange Ansprache über Frieden und Freundschaft und gegenseitiger Hilfe. So hätten sie über der D^onau ganz freche Feinde. Diese abzuwehren brauchten sie keltische Hilfstruppen. Alle Männer sollten sich jetzt auf die
rechte, die Frauen auf die andere Seite stellen. Ein anderer Offizier musterte die Märner ,suchte die kräftigsten und gesündesten
heraus und marschierte mit ihnen weg, zur Ausbildung, wie man den
Frauen zur Beruhigung sagte. Im Laufe der Zeit wurden es über
30 000 keltische Männer und Burschen. Sie wurden an den Grenzen,
am Limes und fern der Heimat eingesetzt. Auch von ihnen kehrte
keiner mehr nach Hause. Kam eine Mutter zum röm. Präfekten um nach
ihrem Sohn zu frsren, dann lachte er nur und sagte: "Die römischen
Mütter warten ja auch auf ihre Jungen!"
Nun stand neben den Musterungsoffizieren noch ein ganz verdächtiger Zivilist. Jetzt, nachdem die Männer wegmarschiert waren, trat
er zu den Frauen, suchte sich unter ihnen die schönsten und gesündesten heraus, ebenso verfuhr er unter den Burschen und Mädchen.
Die Soldaten trieben Frauen und K-;nder in getrennten Gruppen weg.
Weithin erscholl das Jammern, Weinen und Klagen der Kinder, der
Großeltern und zurückgebliebenen Frauen. Die Römer blieben hart.
Der verdächtige Zivilist war ein Sklavenhändler aus Rom. Um teures
Gesld wird er in der Hauptstadt die keltischen Kinder, Frauen und
Männder als Hausdiener, Putzfrauen, Hütejungen und Küchenmädchen
verkaufen und dabei sehr viel Denare verdienen. Jahr um Jahr sind
solche Sklavenhändler in den Dörfern erschienen, auch das Militär
holte sich immer wieder neue Rekruten. So haben die Römer im Laufe ihrer Besatzungszeit fast das ganze keltische Volk ausgerottet das wollten sie.
Als die Römer ungefähr 16 Jahre im Lande waren, wurde ein neues
Gesetz verlesen. Es hieß in dem Schreiben: Kaiser Augustus hat befohlen, daß jeder Untertane des römischen Weltreiches, sei er Kelte in Raetien oder Jude in Palästina, sich beim Finanzamt seines
Heimatortes einschreiben lasse. Das gab im ganzen Römerreich eine
böse Lauferei. Die Leute schimpften nicht schlecht über den überlästigen Kaiser und sagten: "Der will ja blos wissen, wieviel ein
jeder von uns Geld hat, damit er noch mehr Steuern verlangen kann,
obwohl er schon der größte Millionär der Welt ist". Man schimpfte
wanderte aber doch tagelang ein jeder zu seinem Geburtsort, weil
man. den Römern doch nicht trauen konnte, gab Namen und Vermögen
an, zahlte das teure "Übernachten, besuchte auch da und dort die
Verwandtschaft. So wie die Kelten den Kaiserbefehl befolgten, so
taten es zu gleicher Zeit auch Maria und Josef in Nazareth und
dabei ist das Jesuskind auf die Welt gekommen. Eine neue Zeitrechnung begann.
Ergebnisse: Die Römer enteignen das eroberte Land. Ihre neue Provinz nennen sie Raetien. Nach der Militärregierung wird ein Landpfleger eingesetzt. Sklavenhändler verschleppen Frauen und Kinder.
Jeder Untertane wird aufgeschrieben.
Erkenntnisse: Das besiegte Volk wird geknechtet, brutal gequält,
verschleppt und ausgerottet. Alle wurden unfrei und rechtlos. Die
Römer achteten nicht auf Menschenrechte. Es galt das Recht des Stärkeren. -Auch in unserer Zeit werden noch Völker unterdrückt,unfrei u.
rechtlos gemacht - Mauer in Berlin!
Thema 9
Die Römer befestigen und sicherndas Land
Ihr müßt das Land sichern und befestigen, lautete der Befehl des
Kaisers. Also fingen die Römer an Kastelle, Türme, Thermen, Villen
und Straßen zu bauen. Damit begann für die Kelten abermals eine harte Zeit der Fronarbeit. Wieder kamen die Soldaten in die Ortschaften und holten alle arbeitsfähigen Leute an die Baustellen der Gebäude und Straßen. Da hieß es unter strenger Aufsicht Steine schleppen, Karren schieben, Holz schlagen, Mörtel rühren, Palisaden schneiden, tiefe Befestigungsgräben schaufeln, daß man nur so schwitzte,
viele Jahre lang und alles ohne Lohn und Brotzeit. Weil die Zahl
der durchziehenden Truppen und fahrenden Händler immer größer wurde und immer noch mehr Fremde, die sich niederlassen wollten nach
Raetien kamen, mußten nicht nur die alten Straßen verbreitert, sondern auch ganz neue Heeresstraßen gebaut werden. In Kempten kreuzten
gleich drei Römerstraßen. Eine führte über Buchenberg Heimenkirch
nach Bregenz; die andere verband Keapten mit Augsburg-Oberhausen;
eine Nebenstraße führte durch das Memminger Trockental über Memmingen
nach Kellmünz, eine Illerstraße; die dritte führte über Durach,
Pfronten direkt nach Rom. (Skizze I). Die Straßen wurden so fest und
gut gebaut, daß sie heute noch erhalten und befahrbar sind; große
Teile aber sind von Gras überwuchert. Im Ls.ufe der Jahrzehnte haben
die Römer in Vindelizien ein weitverzweigtes Straßennetz angelegt,
dabei aber nur die Aufseher gespielt.
Von Süden her kam viel fremdes Volk die Straßen entlang gezogen.
Es w?ren neben den zahlreichen Händlern römische Baumeister, Handwerker, ausgediente Legionäre und auch Bauern, die hier billiges
Land erwerben konnten; natürlich waren auch solche dabei, die kein
gutes Gewissen hatten und sich vor der Gendarmerie in Italien
drücken mußten. Sie alle gedachten in Vindelizien ein feines Leben zu
führen. Für jeden mußten die Kelten den Sklaven machen. Daß die
Leute in solchem Falle auf die Römer nicht gut zu sprechen waren,
kann man sich denken. Heilige sind die Kelten auch nicht gewesen;
und so kam es auch vor, daß röm. Händler und Handelszüge in den
weiten Wäldern total ausgeraubt wurden. Die Unsicherheit muß sehr
stark überhand genommen haben, denn die Römer fingen nun an die
Handels- und Heeresstraßen zu sichern. Alle 2 - 3 Kilometer wurde
ein Straßenturm mit Balkon, umgeben mit Wall und Graben, gebaut.
Darin wohnte die Militärpolizei oder die "Weißen Mause" wie wir
heute sagen. Sie patroullierten bei Tag und Nacht die Straße und
bildeten das Überfallkommando. Die Türme oder Bunker standen so,
daß man von einem Turm zum anderen Licht- oder Rauchzeichen geben
konnte. Das war eine Art drahtlose Telegrafie. Drohte für das Land
große Gefahr, oder sollte für den Kaiser eine wichtige Nachricht
durchgegeben werden, gaben die Turmwächter bei Tag Rauchzeichen,
bei Nacht Lichtzeichen mit Fackeln. So ein Rauch-Blitztelegramm
von Augsburg nach Romm soll nur 24 Stunden gebraucht haben. Solche
Türme standen in unserer Gegend bei Hörensberg an der Bahnlinie,
wahrscheinlich in Grcnenbach (Klaus), Woringen (Vogelhausburg),
in Dickenreis und Memmingen (Martinskirche) -. Dagegen war in
Coelio Mons (Kellmünz) ein Soldatenlager und im Cassiliacum
(gesucht bei Memmingen) sogar ein Kastell.
Wir wissen heute nicht mehr wie sich der Präfekt oder Lsndpfleger
in Raetien geschrieben hat. Sicher aber war er ein feiner hoher
Herr, der nicht nur gut leben, sondern auch in einer schönen Gegend wohnen wollte. Er hat sich ein feines Plätzchen auf dem
Lindenberg über der Hier bei Kempten herausgesucht und den Befehlt gegeben hier eine neue Stadt zu bauen. "Das neue Cambodunum,
das wir bauen", sagte er,"muß so vornehm werden wie eine italienische Stadt. Also bauen wir ein Rathaus, ein Finanzamt, ein Amtsgericht und ein Stadtbad, in dem man auch im Winter im warmen Wasser
baden kann. Dazwischen soll ein Marktplatz frei bleiben, damit die
Leute vom Lande ihre Sachen verkaufen können: Butter, Käse, Honig,
Eier, Suppenhennen, Himbeeren und Schw-ammerlinge. Rings um den
Marktplatz bauen wir Kaufläden. Dann können die Bauern gleich wieder das eingenommene Geld für Nägel, Kuhketten, Glocken, Kälblestricke und Werkzeug ausgeben." - Natürlich haben die Römer auch
die Wirtshäuser nicht vergessen. Eines für die Besatzungssoldaten,
ein minderes für die Marktleute und Bauern und ein ganz feines für
die römischen Offiziere. In diesem Hotel konnten die Herren der
Stadt gebratene Lerchen und Austern essen und dazu Wein aus Italien
oder Burgund trinken. - Natürlich gab es auch Wohnhauser, stattliche und weniger stattliche. Die Häuser der Römer gemauert mit Dachplatten, mit Heißluftzentralheizung und einem Brunnen im Hof. Da
haben die Allgäuer Kelten nur so geschaut und allerlei Neues clazugelernt, auch viele neue Wörter haben sie sich merken müssen. Dagegen bauten die Kelten ihre Häuser am Rand der neuen Stadt wie sie
es gewohnt waren, aus Holz, Lehm und Fachwerk. In die Stadt wurden
auch ein paar Kirchen gebaut. Tempel sagten die Römer dazu. Da stellten sie große Gö'tterstandbilder aus Marmor oder Bronze, über und
über vergoldet hinein. Im großen Staatstempel sah man neben den üblichen Götzenbildern auch den vergoldeten Kaiser Augustus, hoch zu
Pferde. Diesen Figuren haben die römischen Heiden ihre Opfer und
Gebete dargebracht.
Jene Kelten, die sich bei der, Römern einschmeicheln wollten, solche
gab es auch, gingen in die röm. Tempel. Die meisten aber blieben
ihren alten Göttern treu und bauten für sie am Stadtrand ein Dutzend
kleine Kapeilen und Bildstöckle. Den Römern war es gleich, zu welchen Göttern die Leute beteten; sie glaubten selbst nicht mehr recht
an die ihrigen. Nur wenn der Kaiser oder ein Regierungsvertreter
kam, gingen sie scheinheilig in Ihre Staatstempel. In Kempten baute
man die Tempel um die Zeit, als der Jesusknabe in Jerusalem die
Schrift erklärte. Als alles fertig war und man den Kaiser Augustus
hineinstellte, wurde Jesus in Jerusalem gekreuzigt. So hängt das
alles zeitlich zusammen. Kempten sollte eben die Hauptstadt des neu
eroberten Landes werden. Als nun die neue Stadt halb fertig war,
kam auf einmal ein anderer Befehl. Jetzt hieß es, nicht Kempten
soll in Raetien Hauptstadt werden, sondern 100 km weiter mördlich,
wo die Landschaft übersichtlicher ist, soll eine neue gebaut werden. Der Befehl wurde ausgeführt, sie bekam den Namen des Kaisers
und hieß "Augusta Vindelicorum" (Stadt des Augustus in Vindelizien).
Natürlich gab es auch noch etliche andere Römerstädte zwischen Hier
und Lech, wie z.B. Füssen (röm.Foetibus), der Auerberg mit Soldatenlarer (bis 40 n.Chr.), Bpfach, Gauting, Cassiliacum und viele andere
an der Donau entlang, (siehe Limes I)
Ergebnisse: Die Römer b a u en Straßen und sichern sie mit Türmen und
Verkehrspolizei. Sic- können sich mit Zeichen verständigen. Die Fronarbeiten bei allen Bauten werden von den Kelten geleistet. Regierungssitz war Kempten, dann Augsburg. Im ganzen Land zerstreute Soldatenlager verhinderten Volksaufstände.
Ergebnisse: Die Kelten konnten von den Römern auch lernen (Straßenbau, Haus- und Feldbau, Sprache). Die Römer gestatteten freie Religionsausübung und gegenseitigen Handel.
Lesestoff f.Kinder: Turmbau in Memmingen/Mg.Heimatbuch.
Lehnwörter aus dem röm.Wortschatz: Fenster (fenestra). Straße (strata),
Pflaster (plastrum), Feile (milia), Wein (vinum), Becher (bicarium),
Früchte (fruetus), Mauer (murus), Kalk (calx), Kammer (camera)
Thema 10
AM LIMES
75 Jahre lang bildete die Donau die Nordgrenze des Römerreiches.
Während in Raetien Ruhe herrschte, verlor der röm. Feldherr Varus
die Teutoburger Waldschlacht (9.n.Chr.), waren im besetzten Gallien
schwere Aufstände ausgebrochen. Im Römerreich begann es allmählich
unruhig und unsicher zu werden. Da hielt es nun Kaiser Vespasian
für ratsam, die Nordgrenze über die Donau vorzuverlegen. Also schlugen seine Legionäre bei Faimingen, Steppberg und Lauingen Brücken
über den Donaufluß und bauten daneben Kastelle (Faimingen). Ganze
zwanzig Jahre brauchten die Römer um das Ries zu erobern. Sie bauten Straßen, Kasernen, Villen, Türme und Gutshöfe für ausgediente
Soldaten. 27 Bauernhöfe sind uns noch bekannt (s.Nachtrag!). In
der Gegend um den Hesseiberg und Gunzenhausen stießen die Soldaten
immer mehr auf den germanischen Widerstand und oft mußten sie eine
schwere Schlappe einstecken. Die Barbaren, wie sie von den Römern
genannt wurden, ließen sich ihre Höfe nicht so einfach wegnahmen
wie die Kelten. Schließlich mußten die Römer froh sein, daß sie
nicht über die Donau zurückgetrieben wurden. In solcher Sorge
schrieben die Hauptleute dem Kaiser Vespasian, daß sie jetzt ganz
gruslige Urwälder voller wilder Tiere erreicht hatten und der Germanenwiderstand so gefährlich sei wie im Teutoburger Wald. Das sich
die fremdländischen Söldner auch vor den Wölfen, Wildkatzen, Auerochsen und Bären schrecklich gefürchtet haben wie vor den Germanen,
das schrieben sie dem Kaiser nicht, weil sie sich geschämt haben,
Sie waren alle heilfroh als der Befehl kam, daß sie, wie einst
die Chinesen, der ganzen Grenze entlang; eine Mauer bauen sollten.
Den Soldaten war es recht. Für die Bevölkerung aber begann eine
unbändige Schinderei. Was das alles gekostet hat, wenn man bedenkt
eine Mauer zu errichten 382 km lang von Regensburg (Eining) bis
Andernach am Rhein, teils aus Wall, Graben und Palisaden, Flechtzäunen und an gefährlichen Stellen 3 KL hoch und 1 m dick gemauert.
100 Jahre lang haben sie zu ihrem Limes«Schutzwall oder Grenzwall
(siehe Schulmannbild) gebraucht. Die Germanen über der Grenze lachten über dieses Mauerwerk und nannten den Limes einfach Teufelsrnauer. Die Römer aber fühlten sich sehr sicher hinter dem Wall und
dachten: Hier kommt auch der wildeste Germane nicht herüber; stehen doch auch bei Tag und Nacht alle hundert Meter Wachposten mit
geschliffenem Säbel auf der Mauer. - Ganz so unrecht hatten ja die
Römer nicht. So ließen es sich die Soldaten, die Handwerker, Bürger
Beamten und Bauern gut gehen. Die Herrn Römer kleideten sich in Samt
und Seide, aßen und tranken nach Herzenslust und überließen die Arbeit ihren Sklaven. Die Männer wollten keinen Waffendienst mehr
leisten. Da mußten die Generäle auch Nichtrömer einziehen. Diese
waren nicht so zuverlässig, nicht so tapfer und mutig und hatten
auch keine Lust für die faulen Römer ihr Leben zu lassen. Über
dem Limes aber wohnten fleißige, sparsame Germanen, die zu wenig
Ackerland und zu wenig Brot für ihre Kinder hatten. In Raetien wären noch viele Äcker brach gelegen und die Römer verpachteten nicht
einen Quadratmeter an die Germanen. Darob haben sich die Grenznachbarn sehr geärgert und hatten vor, eines Tages den Limes zu
stürmen und die Römer zu vertreiben.
Ergebnisse: Am Limes endete das Römerreich im Norden. Die Teufelsmauer war eine Angstmauer. Hinter dem Limes Ipgen Kastelle und
neue Siedlungen. Die Kelten fronten 100 Jahre lang an der Mauer.
Alle glaubten an Sicherheit.
Erkenntnisse: Chinesen, Römer, Franzosen (Maginotlinie), Deutsche
(Westwall) und auch die Kommunisten der Ostzone haben Schutzmauern
und Wälle errichtet. Alle sind gefallen - nur die Berliner steht
noch mörtelfrisch. Wichtiger als ein Wall ist Friedensliebe; stärker als eine Mauer ist ein fleißiges, aufrichtiges und einiges
Volk.
Römerkasteile an der Bodensee-Illerlinie: Bregenz-Vemr-nia (Isny)Kerapten (Lindenösch)-Cassilircum bei Memmingen-Kellmünz-Sennhof bei
Gundremmingen, Fnimingen, aislingen, Burghöfe am Lech, Parodunum
an der Paarmündung, Vallatum bei der Keltenstadt M^nching (Ausgrabungen!), Abusina bei Eining, Regina Castra (Regensburg).
An römischen Straßen: Kempten-Oborgünzburg-Eggenthal (Navoe)-Türkheim-Schwabeck-Augsburg.
Am Lech: Schongau-Epfach (Avodiaco) und bei Landsberg. - Im Ries:
Munningen-Wössingen (Bopfingen)
Römische "A?chtürme: Hörbranz (Bregenz)-Nieüerstaufen-Kappen bei
Heimenkirch?-Dreiheiligen (Röthenb8Ch)-Bolsterlang-Wenk (Buchenberg)
Rothkreuz (Kempten)-Stielings (Kempten)-Hörensberg-Hohenrain bei
Kronburg?-Dickenreis bei Memmingen-Memmingen (Martinskirche)-Baisweil (Kaufbeuren)-Schlingen-Finningen (Neu Ulm) Illemad (Lau-terbach)Mühlhart bei Straß (Neuburg)-Kreut bei Oberhausen (Neuburg).
Römische Gutshöfe: Im Ries: Nördlingen, Goldburghausen, Marktoffingen, Kirchheim, Blasenberg, Trochtelfingen, Ederheim, Herkeheim,
Balgheim, Kasingen, Altheim, Merzingen, Hoppingen, Schrattenhofen,
Huisheim Mauern, Mönchsdeggingen, Großsorheim, Amerdingen (s.Schwab.
Museum, Jahrg. 1925, Heft 5!).
Landkreis Dillingen. Aschberg, Glött, Altenbaindt, Weisingen, Eilerbach, Kicklingen, Binswangen, Untertürheim, Gundelfingen, Lauingen,
Hausen, Dillingen, Donaualtheim, Steinheim, Höchstädt, Blindheim,
Zöschingen, Landshausen, Oberbechingen, Haunsheim, Wittislingen,
Demmingen, Unterfinningen, Oberliezheim, Hochdorf, Tuifstädt, Brachstatt (Aus Vor- u. Frühgeschichte von Zenetti).
Im übrigen Schwaben: Baisweil, Dirlewang, Steinbach am Auerberg,
Obergünzburg, Schwabmünchen, Günzach, Schwangau.... Amendingen bei
Memmingen und wahrscheinlich Frechenrieden (im Landkreis liegt hier
die Forschung zurück!).
Römische Funde: Orte im Landkreis Memmingen: Januskopf in Memmingen,
Münzfunde in Amendingen, Buxheim, Daxberg, Eisenburg, Holzgünz,
Theinselberg, Lautrach, Legau (siehe Memminger Geschichtsblätter!).
Thema 11
Mit einem römischen Händler nach Germanien.
Worms ist eine alte Römerstadt. Sie hieß einst Borbetomagus. Ganz
in der Nähe des Soldatenlagers haben römische Großhändler riesige
Lagerhallen errichtet. Sie sind vollgestopft mit Waren aus Italien,
Gallien, Raetien und Germanien. Worms ist ein bedeutender Handelsmittelpunkt. Von hier aus schickt die Kaoifmannsgilde nach allen
Richtungen ihre Warenzüge.
Auch Transilus und Georgies haben den Auftrag bekommen, einen Kaufmannszug ins Land der Hermunduren (Maingegend) zu führen. In langer
Reihe trotten die mit Ballen und Säcken beladenen Saumtiere aus dem
Hochwald. Holpernd rollen die schweren Planwagen heran. Lärmend
und peitschenknallend treiben die Fuhrleute ihre müden Tiere an.
Noch vor Eintritt der Dunkelheit will der Warenzug die Zollstation
am Grenzwall erreichen.
Es dämmert! Auf dem Wachtturns leuchtet schon die Fackel auf. Nun
biegen die Karren in einen freien Platz ein, der mit einfachen
Holzhäusern bebaut ist. Ärmliche Baracken ducken sich hiner einem
Erdwall. Der Platz ist mit Palisaden und 4 Toren gesichert. Hier
hausen einsam wie Verbannte die Legionare der römischen Grenzwacht.
Steingemauert ist der Sockel (11:11 m) des Turmes. Hoch über
dem Erdboden ist der Einstieg. Leitern führen hinauf. Man spürt,
daß hier mit plötzlichen Überfällen gerechnet wird. Drei Mannshöhen
über dem Erdboden läuft ein Wehrgang um den Turm. Tag und Nacht hat
dort oben ein Posten zu stehen. Auch um den Wachtturm ist ein Wall
mit Palisaden gezogen. Eine Holzbrücke führt über den übelriechenden T'/asser graben.
Transilius und Georgies steigen vom Pferd. Lachend begrüßen sie einen Offizier, der ihnen entgegenkommt. "Der Centurio, der hier zugleich die Befugnisse der römischen Polizei ausübt und auf die Einhaltung der Zollgesetze zu achten hat, betrachtet kritisch die beiden Händler". Sie kommen ihm irgendwie verdächtig vor. Zwar sprechen sie römisch, jedoch die Kleidung ist germanisch. Sie tragen
Leinenhosen, Fellschuhe, Pelzwams, germanischen Schmuck und gefärbte, zum Knoten gebundene Haare. Der Centurio weiß Bescheid. Transilus ist ein ganz geriebener Kaufmann; er will sich mit seiner Verkleidung bei den Germanen beliebt machen. Nachdem die Händler Erlaubnis zur Übernachtung bekommen hatten, gab der Centurio Befehl
zur Warenkontrolle. Georgies ruft den Sklaven zu, die Packtiere
in Gruppen zusammenzusteller. Legionäre kommen neugierig aus den
Baracken.
In der winzigen Wachstube des Turmes breitet Transilius die Papiere
aus. Es sind Warenlisten, vom Vorsteher der Kaufmannsgilde in Worms
unterschrieben und vom dortigen röm. Praefekten gestempelt. Transilius sagt aber nicht, daß dieser Praefekt sein Vetter ist. Als sich
der Centurio in die Liste/n vertieft, will ihn der listige Transilius ablenken. Er spottet über die dummen Barbaren, denen er billige
Schund- und Kitschwaren, wie Glasperlen, Tonfigürchen, Schnallen,
Spangen, Ringe und anderen Tand teuer verkaufen werde.
"Das insteressiert mich nicht", sagte der Centurio. Du wirst wi^ssen
daß nur die Ausfuhr von Waffen, Stahlwaren, Rüstungen und S3lz verboten ist. Führt Ihr solche Waren mit?"
"Bei Jupiter und Merkur! "schwört Transilius, "wir v/erden doch den
Germanen nicht die Schwerter liefern mit denen sie uns später die
Hälse abschneiden. Als Bürger von Worms wissen wir doch von der
Barbarengefahr. Verflucht seien die Geschäftsleute, die um des Geldes willen ihre Landsleute verraten!"
Gut, sagte der Offizier, so wird es Euch gleichgültig sein, wenn
wir einige Stichproben machen. Laut befielt er den Legionären mit
der Kontrolle zu beginnen. Fackeln lodern! Aufgeregt schreiend rennen die Sklaven der Kaufleute hin und her. Transilus steckt dem Centurio unbemerkt einige Goldstücke in die Tasche. Georgies verteilt
an die kontrollierenden Legionäre silberne Becher und gießt ihnen
feuri/igen Wein hinein; damit sie nicht so genau obacht geben. Nur
zwei riesige blonde Soldaten nehmen ihre Pflicht genau und lassen
sich jeden Ballen öffnen. «ras hervorkommt ist Schund von billigster
Sorte. Transilius kommt heran und flüstert dem blöden Legionär ins
Ohr: "Wäre es wirklich so schlimm, wenn wir euren germanischen Brüdern etliche gute Schwerter brächten? Dabei Zeigte er ihm ein römisches Goldstück. Jener aber schob den Händler grob beiseite und
suchte weiter in den Packen. Als er eben unter den Stoffballen auf
etwas Hartes stößt, pfeift ihn der Centurio zurück. Die Kontrolle
ist beendet. Die beiden Händler freuen sich.
Früh am nächsten Morgen bricht der W?.renzug auf. Die Legionäre öffnen
die Schranken zur Bohlenbrücke. Polternd rollen die Wagen über den
Grenzgraben. Nach wenigen S-peerlängen endet über dem Wall die feste
Römerstraße. Ein einheimischer Knecht hat nun die Führung übernommen.
Stunde um Stunde geht der Saumpfad durch die Wälder. Wildschweine
Bären und Hirsche kreuzen ihren Weg. Die Manner überqueren Bäche und
Furten, sie treiben die Pferde durch Sumpfwiesen und haben alle Mühe
eingesunkene Planwaren aus dem Morast zu ziehen.
Erst am Abend erreicht die Reisegesellschaft die Tauberhöhen. Eine
Herde struppiger, kleiner Rinder grast auf einer Lichtung. Weiter
im Osten steigt Rauch aus einem Eichenwald. "Dort drüben Georgies!"
ruft Transilius,"ist unser erstes Ziel, das Dorf der Hermunduren."Stunden später halten die Wagen an den ersten Höfen der Siedlung.
Langhaarige Schafe grasen auf den Berglehnen, Große Pferde- und
Rinderherden weiden auf den Wiesen der Tauber. Eine Anzahl balkengefügter Runcihütten mit vermoosten Schilfdächern liegt unter machtigen Eichen. Hinter einem starken Faschinenzaun ragt das Blockhaus des Häuptlings hervor. Gebleichte Pferdeschadel hängen über dem
Eingang. Eine Meute Hunde fährt aus der Um täunung; Kinder rennen
lärmend hinterdrein.
"Die Römer kommen! Die Händler sind da!" Alles läuft aus dem Haus;
eine jeder jäßt die Arbeit liegen. Selbst die Häuptlingsfrau erscheint mit ihren Mägden und reicht den Fremden nach alter Sitte
Honigmet, Salz und Brot. Der Bauer läßt geräucherten Schinken aus
dem Rauchfang holen. Alles redet und lärmt durcheinander, während
Knechte und Sklaven die Ballen aus den Planwagen heben.
Dann beginnt der Handel. Die Frauen bewundern die glitzernden Kettchen und Glasperlen aus den rheinischen Glasbläserwerkstätten und die
buntgefärbten Stoffe. Die Männer aber verlangen andere Ware. Nun
zeigt Transilius seine Schmuggelware: Speer- und Pfeilspitzen, zweischneidige Schwerter, eiserne Schildbuckel, Schulterspangen, Helme
und Äxte. Davon verstehen die Bauern etwas. Sorgfältig prüfen äie
Schneide und Biegsamkeit; der Dorfschmied begutachtet die Waffen.
Auf den Wagen der Kaufleute häufen sich die Tauschartikel.
Irdene Töpfe mit Honig, radgroße Wachsscheiben, Pelzweftfc,Ballen mit
Wolle, schönes Leinen, Säcke mit Hafer, Rauchfleisch und Mohrrüben.
Ein Bauer verkauft seinen starken Knecht; eine Bauerin bietet für
roten Seidenstoff die blonden Zöpfe ihrer Mägde an. Der Häuptling
bezahlt mit einem Säckchen Bernstein, den ein Händler vom Nordmeer
gebracht hatte. Transilius freute sich; mit vier-und fünffachem
Gewinn ließ er sich bezahlen.
Bis zum Spätherbst durchziehen die Kaufleute die Gaue an der Tauber und mittlerem Kain. Als der Wind kälter wird und schwarze Schneewolken von Norden heraufziehen, kehren sie um. Ihre Vorräte sind erschöpft; aber die Saumtiere schleppen schwer. Die Wagen sind bis
unter die Planen gefüllt mit Waren der Barbaren. Ein ansehnlicher
Trupp germanischer Jünglinge ziehn mit den Händlern westwärts. Die
Söhne angesehener Bauern, die zuhause kein Ackerland kaufen können,
wollen nun Legionäre der Römer werden. Sie hoffen auf reiche Beute,
Kampfruhra, Reichtum und sorgenloses Soldatenleben.
Anfang Kovember überschreitet die Gesellschaft den Limes. Jetzt
geht die Reise schneller voran. Die Militärstraßen im germanischen
Grenzgebiet sind in gutem Zustand. Die K.aufleute folgen dem Neckarfluß und stoßen eines Morgens auf die ummauerte Römersiedlung Lopodumm (Heidelberg). Hier sehen die germanischen Jängliche zum
Erstenmal steinerne Häuser. Transilius aber führt sie in die Kasernen und bekommt vom Offizier ein ansehnliches Handgeld. (Frei erzählt nach Zierer,"Bild der Jahrhunderte" Bd. 9 S. 128)
Geschichtliche Auswertung:
Geschichtsatlas: Römisches Besatzungsgebiet in Westeuropa-Straßen-,
netz-Rheinbefestigungen-Limesverlauf-Germanenstämme.
Gegenüberstellung: Römerland-Germanenland z. Beispiel:
Röraerland
Germanenland
Landschaft: kultiviert
Straßen: feste Kunststraßen
Verkehr: Schnellverkehr
Siedlungen: Steinbau,Kunstbau
Lebensweise: anspruchsvoll
Kleidung: Seide, Samt, Pelze...
Gesellschaft: Dorf, Stadt,Kastell
Verwaltung: Kaiserreich,Provinzen
unkultiviert-Urwälder
Feldwege, Saumpfad
langsam, beschwerlich,zeitraub.
Holzbauweise, Schilfdach.
bescheiden, ärmlich
Bpuernleinen
Einöde, Kleindorf
uneinige Stämme, Herzog
Sozialkundliche Auswertung:
Die Römer hatten- ein Weltreich. Der Cäsar oder Kaiser regiert.
Viele Legionen sind seine Macht. Kaufleute betreiben Welthandel.
Ein hochkultiviertes Volk. Es lebt vom Zehnten, den Steuern und
Arbeit der Besiegten. - Kaufleute schmuggeln, wuchern, bestechen.
Ihre Habgier bringt das eigene Volk in Gefahr. Germanische Legionäre sind zuverlässig. Menschenrecht werden~mißachtet, Gefangene
werden rechtlose Sklaven, Menschenhandel, Verschleppung.
Gegenwartsbezug:
Grenzmauern der Vergangenheit und Gegenwart.- Mißtrauische Völker.
Kleinstaaten, Freiheit der Menschen in Gefahr. Unterdrückte, versklavte Völker. Mißachtung der Menschenrechte. Großmächte einst
und jetzt. Ausfuhrverbot von Waffen und Stahlwaren nach dem Osten
(Gründe!). - Zöllner und Schmuggler. - Streben nach Ruh-/,Reichtum
auf Kosten der Mitmenschen. Die Lebensweise der Römer hatte den
Unter^snf; ihres Reiches zur Folge.
Thema 13
Wie unser Land schwäbisch wurde.
Alemannen erstürmen den Limes.
Die Mark Brandenburg und das Gebiet der Ostsee, die einmal das
"Schwäbische Meer" hieß, waren die Urheimat der Schwaben oder Alemannen (=Männer der Götterhaine)» Als im 12o. Jahr v. Chr. die
Kimber, Teutonen, ..Tu t hurig er und aridere Nordvölker ihre Heimat verließen, schlössen sich auch die Schwaben der großen Völkerwanderung
an. Zwischen Thüringer Wald, dem Earz, Rhein und Main machten sie
Halt.
Das Gebiet über dem Rhein bat den Schwaben noch besser gefallen; es
ist fruchtbarer., sonniger und reicher. Aber in Gallien saßen schon
lange die Römer, die auch Lust hatten, ihre Eeichsgrenze nach Osten
zu verlegen. Wenn einer dem anderen Land nehmen will, geht de. nicht
gut aus. Römer und Schwaben gerieten ernstlich aneinander. Ariovist,
der Schwabenkönig' verlor die Schlacht auf dem Ochsenfelde und konnte
sich nur mit M> he über den Rheinstrom retten. Die römischen Legionen
stießen nach, rahmen das Land zwischen Rhein-Kain und Neckar und
machten es sui Provinz 0b er g irm?.nien.
V/er nicht rechtzeitig geflohen war, mußte dem röm. Staat Zehnten
und Steuern geben und mußte dabei noch froh sein, daß er nicht verschleppt wurde, wie z.B. die jungen Burschen, die zum röm. Militär
eingezogen wurden.. Nun zählten nur noch die /Femannen (=Schwaben)
im Maingebiet zu den freien Germanen. Ihr Land war klein und clie
Bevölkerung groß. In Ihrer Landnot gingen sie zu den Römern undysagten; "Wir können uns nicht mehr satt essen. Gebt uns über dem Limes
Ackerland, damit wir Vesen bauen kennen; gebt uns auch Weiden, damit wir unser schönes Vieh nicht zu schlachten brauchen." Da lachten die Römer: Schickt eure blenden Söhne zu uns herüber. Um Knechtsarbeit körnen sie siel ; att essen. Verrauft uns euer Vieh, wir werden es schlachten und uns schmecken lassen. Solch unkluge, mitleidlose Reden äigerte die Schwaben sehr. Auf dem Thingplatz schwuren
sie: Niemals soller. unsere Finder Knechte der Römer werden. Sie sollen freie Bauern bleiben wie wir es sind, Die Römer haben zuviel
Land, wir zu wenig» Ehe v,m i unsere Kinder hungern lassen, wollen wir
mit dem Schwert uns Neuland erkämpfen»
Das Ries wird aebwärbr "5chr_ Nun machten 'He röm. Händler die besten
Geschäfte über dem Limcs„ S;w-; kannten :. icht genug Waffen schmuggeln
und bekamen sie teuer bezahlt, Ais man das 213« Jahr n. Chr. zählte, hatten die Alemannen aufgerüstet und versuchten die TeufelsEiauer zu erstürmen. Der 'versuch mißlang, Aber 2o Jahre später fiel
die röm. Grenzwehr von ueidenheim bis Ingolstadt xtas dem schwäbischen Ansturm zum Opfer. Die Römer vergruben ihre Schätze und flohen gegen Süden, den Alpenr.ässen zu- Das war ein Jubel bei den
Schwaben! Schwäbische Reiterscharen galoppierten die Römerstraßen
entlang, weit hinein iiis-raetische Land. Lichterloh brannten röm.
Gutshöfe, Türme, Fastelle u.d Ter';pelchen, - Aber so feig sind die
Römer nun auch nicht gewesen. Sie kamen wieder mit anderen Legionen
und konnten nach dreijährigen Kämpfen die Schwaben über die Donau
vertreiben. Mit großem Fleiß und ernster Sorge wurde der DonauIllerlimes stärker ausgebaut. Das Pres aber blieb seit dem Jahre
233 bis zum heutigen Tage schwabisches Land.
Der Alemanneneinbruch -og Jriire 25.9: Ungefähr siebzig Sippen hatten sich im Rieskessel niedergelassen (Ingeiortel) Das Ackerland
war verteile. Aber am den Dörfern wurde immer noch gebaut. Es
herrschte eine richtige Wohnungsnot; nenn von Norden her kamen
immer mehr Bauernfaniilien, die räch Süden drängten. Sie wurden
aufgenommen, verrflegt und beherbergt so gut es ging. Aber die
Hilfsbereitschaf, reichte nicht mehr aus. An den Dorfrändern standen unzählbare Zelte. Nachts brannten die Lagerfeuer; bewaffnete
Männer hielten Wache. Die Unsicherheit nahm zu. Zuviele Menschen
bewohnten den kleinen Rieskessel.
Da versammelten sich die Männer aller Sippen und hielten Rat. Sie
wollten den freundlichen Gastgebern nicht länger das Brot wegessen
und beschlossen: Vier kein eigenes Land besitzt, muß weiterziehen.
Ihr Herzog sprach zu den versammelten Männern: Ich habe mich mit den
anderen Stammesführern beraten. Wir greifen gemeinsam die Römer an.
Fünf große Armeen werden den Limes berennen. Wir müssen die Donaubrücken bei Faimingen und Wörth nehmen. Es erscheinen zum Überfall
nur die Jungmänner; es werden noch viele vom Korden her zu uns stoßen. Die älteren Männer bleiben bei ihren Familien und übernehmen
den Schutz. Wenn wir über der Donau sind, schicke ich euch Boten.
Haltet euch dann zum Aufbruch bereit.
Auf den Römertürmen machten die Wächter ihre Runde. Drunten am Tor
stand protzig ein Posten. Quer hielt er die Lanze und versperrte
den Eingang. Fast 30 Jahre ist es schon so. Was soll schon passieren bei dem nebligen Wetter, dachte sich der Legionär. Hätte er
nur gewuPjt was am anderen Donauufer in den Auen vor sich ging! Seit
Tagen wurde leise an Flößen gezimmert. Hauptlcute erkundeten günstige Flußübergänge. Verkleidete Bauern erforschten die Stärke der
Feinde. - In eine* dunklen Facht brachten die Schwaben ihre großen
Floße zum Donauufer. Die Truppen lagen noch versteckt in den Auen,
andere gut getarnt in der Nahe der Brücken. Plötzlich stieß einer
den anderen an. Der Herzog kommt! In vorderster Linie war er erschienen. Er nickte zufrieden den Soldaten zu, ergriff sein Hüfthorn und gab ein Zeichen. Das klangwio das Röhren der Hirsche. Im
gleichen Augenblick war der Stoßtrupp an der Brücke aufgesprungen.
Mit blankem Schwerte rasten die Soldaten über die hölzerne Brücke,
wie ein Sturmwind galoppierten Reiter dem. Wachtturme zu. Die Turmwacho gab Großalarm von Turm zu Turm und zu den Kastellen. Die Römer waren so kopflos, daß sie nicht bemerkten wie an vielen Stellen
die Schwaben über die Donau flößten. Die Römer verloren in breiter
Front den Kampf und flohen. Schwäbische Reiterheere stürmten nach
Augsburg, Kempten, Regensburg, Konstanz und Bregenz. Sie erschienen in der Schweiz, im Elsaß und zum großen Schrecken der Römer
in Mailand und Ravenna. Das Gebiet bis zu den Alpen war freigekämpft. Der Herzog schickte seine Melder zurück und ließ sagen:
Kommt, das Land ist unser!
Geschichtliche Auswertung:
Urheimat der Schwaben-Schwab.Volksstämme (Atlas!)-Wegen Naturkatastrophen und Mißernten verlassen nord. Volksstämme ihre Heimat. Die
Kimber und Juthungen durchziehen unser Gebiet-Kelten legen Befestigungen an. - Neue schwäb. Heimat.-Zusammenstoß mit den RömernFeindlich Nachbarschaft 72 v. Chr. bis um 500 n.Chr.-Limesbau 233 wird das Reich schwäbisch, ab 259 las übrige Raetien-Unruhen
bis nach der Völkerwanderung u. dem Ende des röm. Weltreiches.
Erkenntnisse:
Das große Römerreich gibt den Schwaben keine Äacker- die Schwaben
wollen nicht unfrei werden - Um da.s Volk vor Aberwanderung, Armut
u. Hunger zu bewahren, wählten die Herzöge den Kamipf um die Scholle.
Sie nehmen den Römern Provinzen weg, die jene selbst durch Krieg
unrechtmäßig erworben hatten.-Wie gewonnen, so zerronnen!-Es galt
da.s Recht des Stärkeren.
Gegenwartsbezug:
Heute wird Neuland nicht durch Krieg, sondern durch Kultivierung
von Moor, Ried, Heide und Wüste gewonnen (Beispiele). - Nicht alles
könnte Bauer sein. Die Industrie gibt neue Arbeitsmöglichkeiten.
Hungernde Völker werden unterstützt (Entwicklungshilfe, Organisationen) .-Gewaltige Deich schützen vor Sturmfluten.-Staatsmänner
schließen Verträge und Vereinigungen um Krieg zu -vermeiden ....
Thema 13-1?
Zur schwäbischen Stanmesgeschichte
(überschau)
-Schwaben, Ostgoten u.FrankenDie größte Ausdehnung erreichte das schwäbische Herzogtum in der
Mitte des 5. Jahrhunderts. Von Main bis zu den Quellen des Rheins,
von der Saar bis zur Regnitz und Altmühl. Zur selben Zeit zertrümmern die germanischen Franken, von Norden kommend, unter ihrem jungen König Chlodwig die römische Militärmacht in Gallien. Sie nehmen
ein Land in Besitz, welches auch die Alemannen für sich beanspruchten (Ariovist 72 v.Chr.) Damit begann die Tragödie für den schwäbischen Stamm, die 746 in Cannstatt ihr Ende findet. Erstmals prallen
hier zwei germanische Stämme aufeinander. Ein erbittertes Ringen
beginnt und fordert unsagbare Blutopfer über zwei Jahrhunderte hindurch. Das erste große Treffen zwischen Schwaben und Franken fand
um 496 bei Zülpich statt und um 5c6 fiel an der Marne die große
Entscheidung. Die Folge der schwäbischen Niederlage war von weltgeschichtlicher Be Häutung. Sie ermöglichte die Gründung des Frankenreiches und die Einführung des Christentums. Die Schwaben aber verloren ihr nördliches Gebiet das von den nachsetzenden Franken besiedelt wurde (Ober-Unter-Mittelfranken).
Seit 496 blieben die Schwaben eingekeilt zwischen Franken und Burgundern im Westen, Eojowaren im Osten, Franken im Norden, Goten
im Süden. Wegen Raumnot sahen sich viele Schwaben zur Auswanderung
gezwungen. Fränkische Herrschsucht versuchte auch das restliche
Schwaben unter ihre Botmäßigkeit zu bekommen« Wohl aus politischen
Gründen nahm der Ostgotenkönig Theoderich (in der Sage Dietrich
von Bern) die Schwaben in seinen Schutz. Seine Truppen marschierten
in Schwaben ein (got. Grabfund in Wittislingen). Auf diese Weise
zählten die Schwaben, welche an die Goten eine Reichssteuer zu zahlen hatten, mit zu den Wächtern der got. Nordgrenze.
Im Jahre 536 traten die Goten in ihrer politisch und militärisch
bedrängten Lage die einträgliche Schutzherrschaft über Schwaben
an die Franken ab. Dns gotische Militär verließ unser Schwaben,
die Franken marschierten ein. Da.ir.it waren die Schwabenherzöge nicht
einverstanden. Von jetzt an wird Jahr um Jahr mit wechselndem Schlach
tenglück gekämpft, bis 746 fränkische Hinterhältigkeit den Streit
brutal beendet.
Wie weit unter den gallischen Franken die Verwelschung und das ungermanische Handeln vorangeschritten war, bezeugen folgende Berichte:
Der Frankenkönig Sigibert bekämpfte seinen Bruder Chilperich. Die
Schwaben wurden zu Hilfe gerufen. Nach der Aussöhnung betrogen beide
den Helfer: zahlreiche Schwaben wurden dabei zu Tode gesteinigt.
[Ige;
-
Später zetteln die Großeii fränk. Reiches eine Verschwörung an. Der
Schwabenherzog Luitfried wurde zu Hilfe gerufen. Sein Ende ist die
Flucht aus dem Schwabenland, er bleibt verschollen. Ihm folgt 588
Herzog Unzilin. Nach einer Niederlage raubten ihm die Franken das
ganze Familiengut und ließen ihn durch Abschlagen eines Fußes verstümmeln.
Noch schlimmer trieben es die Fippinge. Sie wollten das lockere
Reichsgefüge wieder festigen. Ihr Kampf galt hauptsächlich den Außenprovinzen Schwaben, Bayern und Thüringen,Ein fränk. Großreich sollte geschaffen werden. Schwerste Kämpfe und Verwüstungen werden aus
den Jahren 687 und 691 gemeldet. Unter dem Schwabenherzog Gotofried holen sich die Franken so schwere Niederlagen, daß sie einen
Einfall in Schwaben nicht mehr wagen. Doch gleich nach seinem Tode
um 7o8 beginnen von neuem die Kriege. Auch Herzog Willihar, Gotfrieds Nachfolger, kämpfte zäh um sein Land in den Jahren 7o9-712.
Pippir.;: starb 714. Ihn folgte Karl Martell (715-741) der während sei
ner Regierungszeit kaum aus dem Sattel kam. Seine Hauptaufgabe sah
er in der Unterwerfung der rebellischen Schwaben und Bayern. Sie ist
ihm nicht gelungen. 727 tritt erstmals der Schwabenherzog Dietpald
auf. Er ist Sohn Gotofrieds und Bruder Landfrieds I., der vor ihm
Herzog war. Dietpald ist der Führer der frankenfeindlichen Partei
in Schwaben.727 wird er gegen die Franken aufsässig und verjagt mit
den fränkischen Reichsbeamten auch den Wanderprediger Pirmin. 728
fallen die Franken ein und unternehmen auch gegen Bayern einen
Strafzug. 732 und 741 muß Schwaben wieder mit Waffengewalt botmäßig
gemacht werden. Dietbald wird als Geisel nach Frankreich verschleppt
Nach dem Tode Martells kehrt Dietbald zurück. Er unterhält diplomatische Beziehungen zu Odilo in Bayern, zu Sachsen und den Goten
(Waufar). Je.hr um Jahr führt nun Dietpald seinen Heerbann gegen
die Franken um ihre Anschläge auf das rechtsrheinische Deutschland
für immer abzuwehren. Noch einmal fallen Martells Nachfolger (Karlomann und Pippin) in Bayern und Schwaben ein. Odilo und Dietbald
müssen fliehen. 743 neue Kämpfe. Die Sachsen und Goten unternehmen
eine Entlastungsoffensive für die Schwaben. 745 fällt Dietpald im
Elsaß ein. Die Franken erkennen die große schwäbische Gefahr, begannen Dietpald zu fürchten. Sie versuchten auf echt fränkische
Weise die Auseinandersetzungen zu beenden.
746 sammelte Karlomann seine ganze Heeresmacht und rückte in Schwaben ein. Der schwäbische Heerbann wurde nach Cannstadt (Condistatt
am Stein) aufgeboten. Nichts Schlimmes ahnend erschien Dietbald
mit seinen Kriegern. Auf der Altenburger Höhe standen die Schwaben
dem fränk. Heere gegenüber. Sie werden plötzlich überfallen, ohne
Schwertstreich gefangen, gebunden. "Und es geschah, daß viele Tausende mit dem Schwerte niedergehauen und umgebracht worden sind."
Inmitten seiner Getreuen lag auch Herzog Dietpald. Karlomanns gefährlichster Widersacher war beseitigt, der schwäbische Adel, die
Sippenführer ausgerottet, ihre Familien wurden von Haus und Hof
verjagd und verschleppt. Des Volkes Kraft war gebrochen. Das Land
wurde eine Beute fränk. Machtsucht. Seit 746 ist Schwaben endgültig dem Frankenreiche einverleibt.
Literatur: Schwäbischer Schulanzeiger 1942 Nr. 8/9 Schwäbische
Stammesgeschichte v.E.Schnieringer
Weitere Entwicklung Schwabens siehe Dertsch: Schwäbische Siedlungsgeschichte. - Heimatverlag Kempten.
Peter Dörfler, Der Urmaier. - Verlag Alber München.
Lug ins Land (Beil.Allg. Beobachter 1939 Nr. 13 ff.)
Thema 14:
Der Hunnenkönig Attila bedroht das
Abendland
überschau: Im Jahre 375 n.Chr. brach ein wildes mongolisches fieitervolk, die Hunnen, aus den Steppen Innerasiens hervor und drängte in wildem Ansturm nach Westen, gegen die Wohnsitze der slavischen
und germanischen Stämme in Ost- und Mitteleuropa, gegen die Grenzen des römischen Weltreiches. Dadurch setzten sie die Massen der
slavischen und germanischen Völker in Bewegung. Eine allgemeine
Panik und Völkerwanderung wird ausgelöst.
Im Jahre 444 ermordet Attila seinen Bruder Bleda und erhebt sich zum
Führer aller Hunnen. Seine Macht erreichte unter ihm den Höhepunkt.
Alle Völker vom Kaspischen Meer bis tief ins germanische Gebiet
hinein waren ihm tribut-und heerespflichtig, darunter auch die Ostund Westgoten. In Tokai in Ungarn hielt er prächtigen Hof. Hier
wohnte er in einem geräumigen Holzhaus, ausgelegt mit teuersten
Teppichen. Er war umgeben von Künstlern, Schmeichlern, Staatsmännern,
Heerführern, Gesandten aus dem griechischen, römischen Reich, von
germanischen Fürsten und Sängern. Mit verschwenderischem Aufwand
ließ er seine Gäste aus goldenen Geschirren essen, während er mit
einer Holzschüssel vorlieb nahm. Halb Europa liefert zu seiner
prächtigen Hofhaltung die Mittel; denn alle unterworfenen Völker,
selbst das oströmische Reich (Byzanz) mußte ihm Tribut zahlen.
Attila bekam den Größenwahn und wandte sich um 451 auch gegen das
weströmische Reich und seine Provinzen. Bis zum Atlantik wollte
er vorstoßen und sich so ganz Europa unterwerfen.
Aus der Tbeißebene heraus ritten ungeheure Reiterscharn die Donau
entlang; sie durchquerten und verheerten Teile Bayerns,Schwabens,
fielen in Gallien ein, wo die Römer noch zwischen der Loire und
Seine Gebiete besaßen und hofften a u f die Filfe Ger Pestgoten.
Diese fühlten sich von den Hunnen ebenfalls bedroht, schlössen
mit den Burgundern ein Bündnis und führten ein durch Salfranken
und Alanen verstärktes Heer dem römischen Feldherrn Aetius zu Hilfe. Attila hatte bereits Orleans eingenommen. Auf den Katalaunischen Feldern (Gegen bei Troyes) standen den Hunnen, Ostgoten und
Gepiden die Heere der Römer, Burgunder, Westgoten, Franken und
Alanen gegenüber. Sieben Tage dauerte die Völkerschlacht auf den
Katalaunischen Feldern. Attila verlor den Kampf. Nur durch die
Beutesucht der Westgotenfürsten gelang es den Hunnen sich vom
Schlachtfelde zu lösen, sich zu erholen und im nächsten Jahre in
Italien einzufallen. In die Poebene vorgedrungen, rissen Krankheiten und Fieber bedenkliche Lücken in seinem Heere. Dieser Umstand
und die starke Stellung des Aetius am mittleren Po, veranlaßten
Attila der Bitte des Papstes Leo I. Rom zu werschonen und abzuziehen Gehör zu schenken. Er führte seine Hunnen nach Ungarn zurück
und starb 453 unmittelbar nach seiner Vermählung mit Ildiko. Die
Hunnen legten ihren König in einen dreifachen Sarg aus Gold, Silber und Eisen und ließen ihn durch Sklaven begraben, die sie hernach töteten, damit kein Fremder die Ruhestätte Attilas erfahre.
Attilas Reich zerfiel in kurzer Zeit. Die Mehrzahl der Hunnen zog
sich in die Steppen Südrußlands zurück, wo sie sich unter anderen
Völkerschwärmen verloren.
Für die Schüler; In der hölzernen Königsburg bei Tokai in Ungarn
eilen Offiziere hin und her. Attila hat (444)seinen Bruder getötet
und sich zum Herrn aller Hunnen gemacht. Sein Reich erstreckt sich
vom Kaspischen Meer weit in die germanischen Länder hinein. Ostund Westgoten, Gepiden samt Ostrom sind ihm tribut- und heerespflichtig. Die Va.udalen in Afrika sind seine Freunde. Nun will Attila auch König Westroms und seiner Provinzen werden. Er schickt
seine Sendboten zu allen hörigen Fürsten mit Geheimbefehlen. Spione
erkunden feindliche Militärlager, während sich in weiter Thejßebene
gewaltige Heeresmassen sammeln. Rom soll von Süden (Vandalen), Osten
(Hunnen) und Morden (Westgoten) her in die Zange genommen werden.
Sein erstes Ziel aber Ist die Atlantikküste.
Mit den ersten Frühlingsstürmen des Jahres 451 galoppieren seine
Reitermassen die Donau herauf, sie plündern, morden und brennen in
Bayern, Schwaben und am Rhein. Wo sie vorüberzogen ist alles Leben
erstorben, sind alle Weiden von ihren Pferden abgefretzt, die Kühe
geschlachtet, die Menschen erschlagen, So erreichten sie bald Metz.
Hier erwartete die Bürgerschaft hinter schnell ausgebesserten Wällen den Anprall des schrecklichen Feindes. Seit Tagen schon fliehen
die Landbewohner der ganzen Umgebung mit Weib und Kind hinter die
schützenden Stadtmauern. Voll Sorge betrachtet die fränkische Besatzung den Zustrom, sie denken an die Lebensmittellager.
Wie die Windsbraut naht der Hunne. Wie Spukgestalten kauern die
gelbgesichtigen Gnomen auf ihren struppigen Pferden. Dann wälzt
sich die Masse schreiend unter dem schrillen Pfiff der Knochenflöten heran. Asiatische Zauberpriester in purpurnen Gewändern schlagen die Trommeln; geJbseidene Drachenbanner knattern im Wind; Roßschweife wehen an den Lanzen: hunderttausend Pferdehufe stampfen;
Pfeilwolken schwirren gegen die Verteidiger. Eine Schlacht ohne
Gnade tobt um Metz. Tage lang dauert das Gemetzel in der Staat.
Die Mörder durchstöbern den letzten Winkel und Keller nach dem Leben. Metz ist eine tote Stadt, Während in dem verwüsteten Metz die
Balken der zusammengestürzten Häuser verglimmen,, haben Attilas
Vorhuten schon Reims, Trayes und Paris erreicht. Immer tiefer
pflügt sich der mongolische Stoßkeil in den Westen hinein, bis zur
Loire, bis Orleans, Nach wenigen Tagen wird die Atlantikküste
erreicht sein.
Was bisher die Vernunft nicht zuwege brachte, erreichte Furcht und
Gefahr. Erstmals vereinigte sich das Abendland zu gemeinsamer Abwehr! Die Germanenfürsaen lassen ihre Streitigkeiten ruhen und
unterstellen sich dem Oberbefehl des röm. Kaisers und seinem Feldherrn Aetius. Nach einheitlichem Plan führen die Könige Gunderich
von Burgund (Günther!) und Childerich von Franken ihre Krieger gegen
die Flanke der Hunnen. Aetius aber führt seine italischen Legionen
rhoneaufwärtr: und bedroht Attilas Rückzugslinie. Nur die Westgoten
blieben noch abseits, Tn solcher Lage gab Attila schleunigst die
Belagerung von Orleans auf um gegen die Römer in die Champagne zu
ziehen. Wo sich die Höhen zum Mrrnetal senken, bezieht er auf den
Katalaunischen Feldern die gewaltige Wagenburg. Die Entscheidung
steht bevor.
Kalmückische Vorposten jagen zu Abtilas Zeit mit dem gelben Benner
und melden, daß der Feind in voller Schlachtordnung über die Katalaunischen Felder heranziehe-. Der ganze Westen sei verhüllt von
wehenden Staubfahnen; man könne schon den Lärm der Lurenhörner und
den Kampfgesang des Gegeners hören.
Ruhig und ohne Hast tritt Attila aus dem bunten Lederzelt. Er ist
mit dem vergoldeten Schuppenpanzer, dem Spitzhelm und dem Krummschwert gerüstet; um die Schulter hängt der grüne Seidenmantel.
Ein Knecht führt den feurigen Rappen heran; Attila schwingt sich
in den Sattel. Ohne Zögern erteilt er seine Befehle, dann gibt er
dem Roß die Sporen und .jagt im Galopp zum Lagertor hinaus.
Drei Tage lang tobt die furchtbare Schlacht, ein Ringen, wie es
die Welt noch nicht erlebt hat; Asien und Europa kämpfen auf Leben
und Tod. Attilas Übermacht scheint zu siegen, Franken und Burgunder
sind zu Tode erschöpft und beginnen zu weichen. Attila beobachtet
von der Höhe seiner Wagenburg aus den Kampf. Ein Meldereiter jagt
heran und stürzt - or attilas Füße:"Die Goten, die Goten!" keucht er
die Westgoten werfen sich wie reißende Wölfe auf unsere Reiter!"
Das ist die Entscheidung. Die Westgoten haben sich gegen die Hunnen
erhoben. Asien hat die Schlacht verloren. Attila wendet sich wortlos ab und gibt Anweisung die Wagenburg zu verteidigen. Seine Hilfstruppen fluten bereits nech Osten zurück. Er selbst läßt aus hölzernen Pferdesätteln einen riesigen Scheiterhaufen errichten. Er
will sich und seine Heerführer verbrennen lassen. Schon verteilt er
ganze Berge aus aller Welt zusammengeraubte Schätze an seine Offiziere mit den Worten: "Da ihr Wölfe, nehmt euch den Plunder!" Zu
seiner großen Verwunderung greifen seine Gegner nicht mehr an. Der
Weg zur Flucht nach dem Osten ist ihm freigegeben. Aber über zweihunderttausend Kämpfer liegen auf dem Schlachtfeld der Katalaunischen
Felder.
Noch einmal versucht Attila sein Glück. Im nächsten Jahre jagen
seine Reiterheere über die Via Claudia /'ugusta. Schon brennt Pavia,
Mailand wird geplündert. Schutzlos ist das römische Volk dem asiatischen Wüsten ausgeliefert. Der tüchtige Feldherr Aetius ist noch
auf dem Bückmarsch aus Gallien. In größter Not begibt sich Papst
Leo an der Spitze einer kaiserlichen Gesandtschaft zu Attila, bittet
um Gnade für die Stadt Rom und bietet im Auftrag des Kaisers Valentinian hohen Tribut.
Die hohe, ganz in Weiß gekleidete Gestalt des Kirchenfürsten bleibt.
nicht ohne Eindruck auf Attila. Er behandelt die Gesandtschaft höflich. Der Ausbruch von Seuchen in seinem Heere ward ihm gemeldet.
Darum gab er Befehl zum Rückzug und zur Räumung der italienischen
Ebene. Alles jubelte und feierte den Papst als Retter.
Ein Jahr nach dem Italieneinfall eilte durch Europa die Kunde, daß
Attila gestorben und seine wilden Horden in den weiten Steppen des
Ostens verschwunden seien. Europa hatte über Asien gesiegt und war
wieder frei von Angst.
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(nach Zierer, Bild der Jahrhunderte,Bd. 12J
Erkenntnisse:
Die Uneinigkeit Europas hat die Hunnen angelockt. - Das Abendland
stand vor der Gefahr verwüstet und vernichtet zu werden. Ein Sieg
der Hunnen hätte den Untergang des Abendlandes und die Vorherrschaft Asiens bedeutet. - Nur durch Einigkeit, Zusammenhalt und
Zusammenlegung aller militärischen Kräfte konnten die wilden
Horden geschlagen werden. Uneinige Völker sind immer eine Beute
der Starken. Auch in unserer Zeit drohen Europa Gefahren. Die Welt
ist in zwei feindliche Lager gespalten. Attila sollte auch uns ein
warnendes Beispiel sein.
Thema 15
Der Ostgotenkönig Theoderich schickt Schutztruppen nach Schwaben.
a) Überschau: Um 410 haben die letzten Homer das Allgäu geräumt.
Die Besatzungstruppen hatten zwar vor wiederzukommen,
waren zunächst aber doch froh sobald wie möglich über die Berge zu
kommen, wo ihnen die wilden Schwaben nichts mehr tun konnten. Sie
meinten, in Italien könnten sie dann wieder nrch Herzenslust Orangen, Weintrauben und Spaghetti essen und sich an die Sonne legen.
Aber was sahen sie? Alle Felder und Gärten in der italienischen
Ebene lagen verwüstet und verödet. Die Häuser, Dörfer und Städte
waren verbrannt und alles kurz und klein geschlagen. Von einem
Bettler, der am Wegrand hockte, erfuhren die Soldaten, all' dies
habe der König Alarich mit seinen Westgoten angerichtet (Atlas!
Gotenzug!). Innerhalb weniger Jahre sei er schon zum drittenmal hier
durchmarschiert. Auf dem ganzen Wege hat unser Allgäuer Römerregiment nichts wie zerstörte Ortschaften, halbverhungerte Flüchtlinge, Not und Elend angetroffen. Und wie die Soldaten näher an die
Reichshauptstadt heranmarschiert waren, hörten sie, chaß die wilden
Westgoten eben dabei wären, Rom zu plündern und die Leute zu erschlagen. Sie wußten nicht, daß eben die Völkerwanderung begonnen
hatte und daß es nicht bloß in Rom, sondern an allen Ecken und Enden der damaligen Welt drunter und drüber ging.
Das "Wort Völkerwanderung hört sich heute so harmlos an. Man denkt
an lange Züge mit Ochsenkarren, Reiter und friedliche Ba.uernsleute,
denen ganze Herden von Rindern folgen. Aber so eine Völkerwanderung
war eben nichts Friedliches, ein Volk bekämpfte und vertrieb das
andere von seiner Heimat. Man kann nicht schildern was damals die
armen Menschen an Aufregungen, Entbehrungen und Unglück mitmachen
mußten. Alle Augenblicke war eine andere Katastrophe. Kaum waren
die Westgoten auf der einen Seite Roms mit ihrer Beute zum Stadttor hinausgezogen, jagte auf der .anderen wieder ein reitender Bote
in die Stadt mit der Schnuermeldung: Die Hunnen kommen!
Der grausame König Attila, die Gottesgeißel sei mit einem riesigen
Reiterheer im Anmarsch. Natürlich gab das eine Panik in Rom; denn
die Leute glaubten nicht, daß er vor der Stadt abermals umkehren
würde, wie ein Jahr zuvor auf Bitten des Papstes. Die Hunnen! das war das Schrecklichste, was damals passieren konnte. - Und
dann geschah das große Wunder. Mitten im Vormarsch ist Attila plötzlich gestorben. Man erzählte: am Nasenbluten.
Die Römer waren natürlich froh und freuten sich. Und wie sie sich
eben anschickten aus der Unordnung wieder Ordnung zu machen, kamen
anstatt der Hunnen von Süder her die Vandalen. Ihr Anführer Geiserich, der seine Soldaten "vandalisch hausen" ließ, bekam kein Nasenbluten und konnte Rom erobern und plündern. Das war im Jahre
455. Weil sich die Vandalen so schandmäßig benommen hatten, sagt
man heute noch zu ganz besonderen Grausamkeiten: das ist ja vandalisch,
Im Römerreich gab es keine Ruhe und. keine Ordnung mehr.Auch die
Ostgoten rückten in Italien ein. Ihr König Theoderich, der in der
Sage Dietrich von Bern genannt wird, resiedierte in Ravenna.
Dort steht heute noch sein schönes Grabmal.
Natürlich gaben auch die Schwaben keine Ruhe. Wenn in der ganzen
Welt marschiert und erobert wird, wollten auch sie Neuland erobern.
Also machten sich unsere Vetter am Rhein und Main auf und holten
sich einen Teil der Schweiz und das heutige Elsaß. DPs ging ohne
viel Mühe und Verluste. Da ist nun den schwäbischen Anführern
der Blitzsieg zu Kopf gestiegen und sie machten ihre erste große
Dummheit. Um das Jahr 490 herum packten sie ihre Tornister,um gegen
Westen zu marschieren. Das hätten sie aber besser bleiben lassen.
b) Nordschwaben wird fränkisch:
über dem Rhein saßen damals die Franken. Ein ganz kriegstüchtiges
Volk, das zum Unglück der Schwaben, einen hervorragenden König hatte. Sie nannten ihn Chlodwig. - Zuerst gab es für die Schwaben einige Blitzsiege. Dann aber stellte sich heraus, daß man sich stark
verrechnet hatte. Chlodwig ließ seine Franken zu einer Gegenoffensive aufmarschieren. Die armen Schwaben! In einer einzigen furchtbaren Schlacht (um 495 bei Zülpich) wurden sie in Grund und Boden
gehauen! Wer sein Leben noch retten konnte, floh über den Rheinstrom. Aber die Franken rückten mit der ganzen Heeresmacht nach.
König Chlodiwg hatte den Spieß umgedreht. Statt daß die Schwaben
Frankreich eroberten, schickten sich die Franken an, das ganze von
den Alemannen besiedelte Land zu erobern. Die Schwaben verloren
damals ihr nördliches Gebiet am Main herunter bis zum Hesseiberg.
Zu Tausenden wurden die Schwaben vertrieben. Fränkische Bauernfamilien wurden angesiedelt. Zwischen Mainfranken und dem restlichen
Schwaben entstand eine neue Grenze, die wir heute noch hören können .
Es ist die schwäbisch-fränk.Sprachengrenze (Mundarten!).
c) Die Goten marschieren ein.
Natürlich wollten die Franken ganz Schwaben erobern. Aber der Schwabenkönig machte ihnen mitten im Vormarsch einen Strich durch die
Rechnung. Er verhandelte mit dem Ostgotenkönig Theuderich und bat
ihn um militärische Hilfe. Als Gegenleistung wolle er den Goten
den Zehnten und die Reichssteuer zahlen und mit ihm ein Militärbündnis abschließen. Theoderich, der den gefährlichen Franken
nicht als seinen nördlichen Nachbarn haben wollte, war gerne einverstanden. In einer Zweierkonferenz vereinbarten Chlodwig und
Theoderich, daß die fränkische Wehrmacht an Ort und Stelle zu halten habe: daß die Franken alles Gebiet behalten dürften, das am
Tag des Waffenstillstandes besetzt war. Damit die Schwaben keinen
Gegenangriff machen können, wolle er sein Militär bis zur Demarkationslinie oder Waffenstillstandsgrenze vorrücken lassen. Die
willkürlich gezogene Grenze verlief nun mitten durch das Land und
die Schwaben waren zwischen zwei Großmächte geraten. Die Sprachgrenze ist also die politische Grenze, die Theoderich und Chlodwig
vor 5oo Jahren zwischen ihren Machtbereichen gezogen haben.
Gleich nach Vertragsabschluß marschierten gotische Regimenter durchs
Schwabenländle, nach Kempten, Augsburg, in die Donaugegend, nach
Wittislingen und andere feste Orte bis zum Hesseiberg, wo sie alles
überschauen konnten. Nur so geschaut haben die Schwaben an den
strammen Soldaten. Man jubelte ihnen zu und feierte sie als Befreier.
Die Soldaten hatten gute Tage, denn auch die Franken hatten einen
Heidenrespekt vor den Goten und getrauten sich nicht den Waffenstillstand zu brechen.
d) Schwäbische Flüchtlinge: Das Vorgehen Theoderichs hat den Chlodwig natürlich maßlos geärgert. Darum ließ er seine Wut an den armen
Schwaben aus, die als Bauern auf ihren Höfen zurückgeblieben waren.
Eine große Ausweisungsaktion war sein erster Racheakt. Die Franken
vertrieben die Schwaben aus ihren Häusern und von ihren Feldern
und nahmen ihr Eigentum in Besitz. Die ausgewiesenen Leute suchten
natürlich zunächst Zuflucht bei ihren Landsleuten jenseits der
Grenze. Aber auf die Dauer konnten sie da nicht bleiben. Deswegen
haben ostgotische Sachverständige ihrem König Theoderich einen
Evakuierungs-und Umsiedlungsplan unterbreitet. Die Mehrzahl der
Flüchtlinge sollten zwischen Hier und Lech neu angesiedelt werden.
So kam der große Schwabenzug in dieses Gebiet und vor allem bis an
den Rand des Allgaus, weil hier noch viel Urwald war, den man roden
konnte; auch gab es noch überwuchertes Ackerland, welches römische
Bauern verlassen hatten. Die Schwaben haben böse Gesichter gemacht,
als so viele Flüchtlinge kamen und nahmen ihre Landsleute nicht
mit besonderer Liebe auf; mußten sie doch, bis jeder seinen Platz
und Hof gebaut hatte, die Ausgewiesenen in ihre Höfe aufnehmen und
ihnen gegen Arbeit auch Verpflegung geben. So haben es die gotischen Schutzherrn vorgeschrieben und daran war nichts zu ändern.
Nun schimpften die Schwaben nicht allein auf den Chlodwig, jetzt
auch noch auf den Theoderich, der ihnen soviel Unbequemlichkeiten
hingerichtet hat.
Recht war das gewiß nicht; denn der Theoderichplan hat ja auch dafür gesorgt, daß die Viehzucht im Allgau gefördert wurde und daß
die Schwaben ihre schönen Schumpen und Kälberkühe zu guten Preisen
nach Italien exportieren konnten. Dadurch bekamen die Allgäuer
wieder Geld in die Hand, um Nägel, Handwerkszeug. Saatgut und
andere Dinge, die ein Bauer haben muß, kaufen zu können.
(nach Dr.Weitnauer, Der Schwabenzug.Schönes
Allgäu H.195D
Zusammenfassung: Völkerwanderung-Wanderzüge (Atlas).-Schwäbisch
fränkische Sprachgrenze einst eine pol Grenze.
Gotische Schutztruppen in Schwaben; Gegenleistungen. - Zweite Landnahme in Schwaben durch Flüchtlinge aus dem Norden. Rodungsarbeit der Neubürger.
Geschichtliche Auswertung: Ursachen der Völkerwanderung.-Zusammenbruch des rön. Weltreiches. - Das Grab im Busento.
(Schulmannbild!) - Attila und die Nibelungen;
Schwaben ziehen in den Burgundischen Raum. Theoderich in Ravcnna; Weg der Ostgoten. - Schwaben
und Franken im Streit.
Erkenntnisse:
Die reichen röm. Provinzen verführen gera.Völker
zu Eroberungszügen. Unterdrückte Volksstämme kämpfen um Freiheit und bessere Lebensbedingungen.
Kein Volk nahm Rücksicht auf das andere; man
hauste Barbarisch, vandalisch und auch nach römischer Art. Völker sterben aus (Kampf um Rom
v.F.Dahn) Schutzbündnis der Goten-amerikanische,
englische Schutztruppen in der Bundesrep. und
Berlin! - Völkerwanderung einst und in der Gegenwart (Beispiele).-Massenausweisungen um 5oo und
1946. - Flüchtlingsrechte in Vergangenheit und
Gegenwart.Völkergemisch in Europa der Gegenwart
(der Gegenwart)durch Ausweisung. Flucht in die
Freiheit und Arbeitsvermittlung.
Thema 16
Karl Martell im Kampfe gegen den Islam
Überblick: Um ?00 hatten die Anhänger Muhanneds das ganze Gebiet
zwischen Indus und Mauritanien (Marokko) dem Islam unterworfen. Um
711 versuchen sie ihre Herrschaft und ihren Glauben auch den Europäern aufzuzwingen. In dieser Absicht schiffte Gebcl al Tarik
(= Gibraltar!) seine Reiterscharen über die Meerenge nach Spanien.
Bei Jerez de la Frontera setzten sich die Westgoten zur Wehr. Aber
ihr König Roderich verlor Schlacht und Leben. Die Mauren nahmen fast
die ganze Halbinsel ein. Die unterworfenen Christen durften zwar den
Glauben behalten, mußten aber eine besondere Kopfsteuer entrichten.
So war die Herrschaft des Kalifen bis zu den Tyrenäen ausgedehnt.
732 überschritt Abel El Rahna mit Berbern, Arabern, Mauren und Spaniern das Gebirge. Schwärme von Kavallerie auf Kamelen und flinken
Wüstenpferden jagten den Ufern der Loire zu. Im Raun zwischen Poitiers und Tours stießen die Sarazenen auf die Truppenverbände Kartells. Der fränkische Hausncier hatte Thüringer, Friesen, Bayern,
Alemannen und Franken und seine schwer gepanzerte Adelsreiter aufgeboten gegen einen übermächtigen Feind, der das ganze Abendland
bedrohte. Wie zwei feindliche Welten prallten die Heere aufeinander.
Sieben Tage währte der Kampf zwischen Islan und Christen. Die großen Verluste der Sarazenenreiterei bewogen den arabischen Felclherrn
zur Flucht über die Berge nach Spanien. (Literatur: Zierer, Bild
der Jahrhunderte, Band 15, Seite 48-61)
Für die Schüler: In Südfrankreich sind die Araber eingefallen. Ihr
Feldherr, Abd El Rahman hat sich vorgenommen alle Christen in Europa zum Islam zu bekehren. Sie sollen sich auch auf den Teppich
knien, mit der Stirne den Erdboden berühren und rufen+ "Allah ,
Allah, sepaie uns!" Mordend und alles verwüstend zogen Kamel- und
Steppenreiter bis zur Loire herauf. Flüchtlinge eilten ihnen voraus und meldeten dem Frankenkönig Karl Martell den arabischen Überfall. Schnell verbreitete sich die Schreckensnachricht in ganz
Europa.
Karl Martell schickte seine Königsboten zu allen Gaugrafen auch zu
den ihn feindlich gesinnten germanischen Fürsten n--ch Sachsen,Thüringen, su Odilo nach Bayern, zu Herzog Dietpald nach Schwaben.
Gottlob erkannton damals alle Fürston die große Gefahr. Auch sie
riefen zum Heerbann auf. Ihre Reiter brachton die Meldung su den
Dorfmeiern. Die Meier schickten ihren wehrfähigen Männern den
Pfeil ins Haus. Das bedeutete eich sofort zur Heerfahrt zu rüsten.
Mit bester Rüstung, Roß und Wagen, Pferdeknechten und Lebensmitteln
war in kurzer Zeit anzutreten. Die Dorfmeier unserer Gegend führten
ihre Mannen zur großen Malstatt, der Leutkircher Heide. Dorthin
karj dann auch der Schwabenherzog Dietpald zur großen Musterung. Er
führte seine Mannen auf Eefehl des Königs nach Echte mach.
Thioto, ein Knecht im Troß erzählt uns aus jenen Tagen: Dann aber
ging es dahin, als wäre der Feind nicht vor, sonder hinter uns her.
Niemand brauchte wegen der Eile zu marschieren. Wir ritten und
holperten in Wagen weiter, immer schneller; bald waren unsere Iferde zu Gerippen abgemagert. K>lt waren die Hächte. Zum Glück gaben
die Hausfrauen warme Wolldecken und auch tüchti"e Ballon Speck,
Dörrfleisch und Gänsefett mit. Manchnn.1 gab es Handel mit den Bauern,
die uns schlechtes: Heu lieferten; es gab Handel bei den Tränkern,
denn Gau zu Gau wuchs der- Hoereszug an. Immer dichter wurden die
Heeresstraßen mit Waren und Reitorr besetzt. Alles drängte voran
und wenn es irgendwo eine Stockung oder Streit gab, fuhren die
Hauptleute grob dazwischen.
Es gab wenig Spaß auf diesem Marsch. Selbst die Rosse, waren grantig, sie bissen u. schlugen aus. Vorwärts, vorwärts! schrien die
Anfährer, zu spätkommen wird die Fahnenflucht bestraft. Im Saarland angekommen, glichen unsere Fferde elenden Schindmähren; sie
bissen und schlu ?en nicht mehr und senkten die Köpfe auf dürren
Hälsen. Sie wurden hier ge"en schlechteste Rasse ausgetauscht. Wir
schimpften, kernen rber doch schnell voran. Endlich erreichten wir
die schwarze Stadtmauer von Trier. Die Hauptleute haben uns nicht
durch die Forte ziehen lassen; denn es eilte. Nach wochenlagen
Marsche kamen wir endlich in Echternach an.
Vor der Klosterkirche wurde ein Feldgottesdienst gehalten. Weithin
sichtbar prangte der Mantel des hl. Martinus als unser neues Feldzeichen, das den Sieg bringen sollte. Stola schritt König Karol mit
seinen Feldherrn und Verwandten in das Gotteshaus. Hernach hielt
er eine Ansprache und forderte den Sieg über die Muhammendaner. Dann
mußten wir vorbeimarschieren, stundenlang stand, der Frankenkönig
und musterte streng seinen Heerbann."Heil Korol, Hammer", riefen
die Germanen, "Srlve Corel Martelle"! die Italiener.
An der Loire angekommen mußten wir über eine Schiffsbrücke. Das
holperte und schaukelte, daß selbst die Pferde die Ohren spitzten
und nervös wurden. Unsere Reiterei war \~iclt voraus. Erst bei Tours
belästigten uns die ersten feindlichen Reiter. Sie ritten an, schössen auf uns, ritten weg und kamen wieder. So neckten sie uns im
Troß auf dem ganzen Weoe. Ich hatte mir die Araber schwarz mit
Wollhaaren vorgestellt. Aber ihr Gesicht war braun, manche sogar
hell oder rötlich, mager. Sie hatten scharfe Sichelnasen. Unheimlich leuchtete das Weiß ihrer Augäpfel und Zähne aus dem dunklen
Gesicht und dem schorzon Bart. Die Pferde waren von edelster Rasse,
gepanzert wie die katzenflinken Reiter.
Wir übersetzten über die Vienne und waren auf dem eigentlichen
KampiplD.tz. Der Aufmarsch war sehr beschwerlich. Steine, Sümpfe und
Gestrüpp behinderten unsere Fahrt. Wir Schwaben mußten eine Höhe besetzen. Neben uns lagen die Sachsen. In der weiten Ebene brannten
unzählbare Lagerfeuer der Sarazenen. König Karol hatte sich eine
günstige, vorteilhafte Stellung gewählt. Um sein Zelt brannten
4 Fechpfannen. Durch die Leibwache und einen mehrfachen VF-genring
wurde er geschützt. Wir bekamen Befehl beim nächtlichen Nebel die
Höhen zu verschanzen. Als an anderen Morgen die Nebel sich verteilten, stockte uns der Ate"- vor Schreck. Wir sahen eine Armee von
knieenden Männern mit der Stirne am Boden, sich immer wieder gegen
Osten nach Mekka verneigend. Unheimlich war der Gesang. Plötzlich
ertönten helle Signale. Die Moslems sprangen nach ihren Pferden
und mit einem vieltausendfachem "Allah,Allah!" stürmten sie gegen das
Fußvolk der Germanen, mitten in ihre vorgehaltenen Spieße hinein. Eine
furchtbare Schlacht, ein entsetzliches Morden zwischen Moslems und
Christen hatte begonnen und dauerte 7 Tage lang. Erst als die fränkische Reiterei den Sarazenen in den Rücken kam, ihre Beute- und Waffenlager, ihre Frauen und Kinder überfiel, nahmen die Araber Reißaus.
Wie die Teufel ritten sie den Pyrenäen zu. Ihr Feldherr war machtlos me.'en solch kopflose Flucht.
Die Christen hatten gesiegt. Der Free Abd El Rahma galt nichts mehr
in der Welt."Karl Kartell!" riefen die Kriemer, seine Generäle und
Hauptleute, Karl Kartell, seine Krieger, auch die Schwaben und Bayern
haben mitgeholfen das Abendland und: dos Christentum vor dem Untergang zu retten. Die Schlacht bei Poitiers und Tours um 732 war ebenso bedeutungsvoll für die Weltgeschichte wie der Sieg über die Hunnen auf den Katalaunischen Feldern anno 451. (Literatur:Peter Dörfler,
der Urmaier. Verl.Alber, München.)
Erkenntnisse: Die Araber versuchten die Glaubensverbreitung mit Feuer und Schwert. Bedeutung des Sieges 451 (Hunnen), 732 (Araber),955
(Ungarn).Stellung des Christentums in der Gegenwart gegenüber Andersgläubigen. Einigkeit beseitigte die Gefahr. - Vergl.Attila!
Thema 17
Schwaben wird dem Frankenreich einverleibt
746
Solange die gotischen Truppen in Schwaben lagen, ist alles glatt
geganen. Die Bauern gingen ihrer Feldarbeit nach; die Flüchtlinge
bauten an ihren neuen Höfen und man handelte mit den Goten. Alles
freute sich am Frieden. Wenn nur die Politik der damaligen Großmächte (Franken und Goten) nicht gewesen wäre! Starb da plötzlich
im Jahre 526 -der tüchtige König Theoderich. Das brachte im ostgotischen Reich eroße Verwirrung. Darauf hatten die Römer in Byzanz, dem heutigen Konstantinopel, schon lange gewartet. Die Romer fingen an gewaltig aufzurüsten. 535 begannen sie ihren Krieg
gegen die Ostgoten.
Sobald die Franken merkten, daß es zwischen Römern und Goten zum
Krach kommen würde, ließen auch sie Truppen an der Sprachgrenze
aufmarschieren und drohten mit dem Einmarsch. So etwas macht nervös, vor allem wenn man erst kurze Zeit König ist, wie dies bei
Wittigis der Fall war. Wenn sich jetzt die Franken dafür rächen,
daß ihnen vor 36 Jahren Theoderich das Konzept verdorben hatte,
dachte Wittigis, dann habe ich einen Zweifrontenkrieg. Was blieb
in dieser Zwickmühle dem Ostgotenkönig anderes übrig, als mit den
mächtigen Franken zu verhandeln, daß sie neutral blieben.
Der Franke verlangte dafür das restliche Schwaben. Obwohl der
Ostgote über drei Jahrzehnte viel Geld, Mühe und Hoffnung in dieses Land gesteckt hatte, mußte er es jetzt preisgeben. Im Jahre
536 rückten die ostgotischen Schutztruppen aus den schwäbischen
Garnisonen ab. Frankische Einheiten marschierten ein, um, wie sie
sagten, die Schwaben in Schutz zu nehmen. Die guten Schwaben.hatten bald bemerkt, daß keine Freunde gekommen waren. Gleich wurden
die Steuern erhöht, überall fränkische Regierungen und Bürgermeister eingesetzt und die schwäbischen Soldaten wurden gezwungen
in das fränkische Reichsheer einzutreten. Bald entstand in Schwaben eine fra.nkenfreundil.iche und eine frankenfeindliche Partei. Zu
letzterer gehörten immer auch die Herzöge. Von jetzt an war keine
Ruhe mehr im Land. Jahr um Jahr kam es zu Aufständen, Revolutionen
und Kriegszügen gegen die Franken. Einmai gewannen die Franken,
dann wieder die Schwaben. So ging das fort 200 Jahre lang. Um 746
war der Frankenkönig Karlomann mit großem Heere nach Cannstatt
gekommen. Ein fränk. Königsbote kam auf die BussenburgC-Zeil) zu
Herzog Dietpald mit der Nachricht: "Der Frankenkönig will mit dir
Waffenbrüderschaft und Freundschaft schließen. Komme mit deinem
Heerbann zum Thingplatz nach Cannstatt'.' Dietpald kam aus dem Staunen nicht heraus, denn er war ein ehrlicher Germano. Er freute
sich über das Friedensangebot, beschenkte den Boten und versprach
zu kommen.
Frohen Herzens, auf langen Frieden hoffend, zogen die Schwaben nach
Cannstatt. Auf dem Thingplatz gaben die Hauptleute Befehl die Waffen
abzulegen. So war das hier immer der Brauch gewesen. Nur Dietpald
und seine Leibwache behielten das Schwert. Er begab sich zum Stein,
um auf den Frankenkcnig zu warten. Sauber geordnet umstanden ihn
seine Soldaten. Auf den umliegenden Hügeln lagerten die Franken.
Ein Hauptmann flüsterte Dietpald ins Ohr: "Die Franken sind bewaffnet." Die Schwaben wurden mißtrauisch. Aber es war zu spät.
Von allen Seiten stürmten die Franken heran und erschlugen viele
tausende schwäbische Soldaten, Offiziere. Auch der tapfere Dietpald lag blutüberströmt am Thingstein zu Cannstatt. Nun gab Karlomann den Befehl zum Einmarsch ins Schabenland. Seine neuen Gesetze wurden überall verlesen und hießen:
Schwaben wird dem Reich der Franken einverleibt. Alles herrenloses Land wird fränkisches Reichseigentum. Die Höfe und Grundstücke
aller schwäbischen Heerführer werden enteignet. Ihre Frauen und
Kinder werden umgesiedelt. Im ganzen Lande wird das Christentum
eingeführt. Wir werden Reichshöfe und Reichskirchen (Martinskirchen) an allen wichtigen Orten bauen lassen. Wer sich nicht taufen läßt, ist des Todes schuldig. Das schwäbische Recht ist jetzt
ungültig; ein jeder wird nach dem fränkischen von uns gerichtet
und bestraft. Wer sich gegen uns erhebt wird verhaftet und mit dem
Tode bestraft. - Der frankenfeindlichen Partei ging es schlecht.
V/er nicht fliehen konnte, wurde verhaftet, übel zugerichtet, verstümmelt und ausgewiesen. Unseren Nachbarn, den Bayern, erging
es nicht viel besser. Noch zur Zeit Karls des Großen versuchten
Bayern und Schwaben von den Franken loszukommen. Aber es galt das
Recht des Stärkeren, das Faustrecht. Und die Franken waren eben
viel stärker.
Erkenntnisse: Die Ostgoten verkaufen in ihrer pol.Zwangslage die
Schutzherrschaft an die Franken und liefern das
kleine schwäb. Herzogtum seinem Todfeinde aus. Kleine Völker sind den Großmächten ausgeliefert! Die
Schwaben waren ein tapferes Volk - sie verteidigten
ihre Freiheit jahrhundertelang gegen Römer und
Franken.
Gegenwa-rtsbezug: Zwangslage kleiner Völker-Befreiungsversuche.
Weltmächte der Gegenwart. Verhalten gegenüber den
Kleinstaaten. Besetzte Gebiete - Schutzmächte.
Thema 18
Sankt Mang predigt im Allgäu das
Christentum
Überblick: Koch zur Römerzeit entstand in Augsburg eine christliche
Zelle. St. Afra war die erste Märtyrin. Ihr zu Ehren wurden die
ältesten Kirchen unserer Gegend geweiht. (Theinselberg). Die nachrückenden Schwaben waren größtenteils noch Heiden, was die Schretzheimer Gräberfunde bestätigen. 720 - 74-9 ist in Augsburg Bischof
Wichbert. Er ersucht Abt Othmar von St. Gallen das Allgäu zu missionieren. Ausgesandt werden Theodor nach Kempten und St. Mang nach
Füssen. An beiden Orten entstehen aus den Zellen die bekannten Benediktinerklöster. Von Kempten aus wird 764 das Kloster Ottobeuren
gegründet,. Stifter Graf Silach, sein Sohn Totound die Königin
Hildegardis von Kempten. Erster Abt Toto. - Neben der Missionstätigkeit der Benediktiner sorgt auch der fränkische Staat durch
Errichtung von Tauf- und Reichskirchen bei den Königshöfen für die
Ausbreitung des Christentums. (Darüber ausführlicher in Heimatbrief Nr. 14, Schnieringer)
Für die Schüler:
Bischof Wichpert von Augsburg rief seine Domherrn und Kaplane in den
Kapitelsaal und sagte: Die Schwaben, ganz besonders die Allgäuer
machen mir große Sorgen. Sie sind noch Erzheiden, glauben an Trolle,
Butzen, Bilwes, Druden und treiben allerlei heidnische Sitten. Manieren haben die, daß mans nicht beschreiben kann. Wo andere Leute
in die Kirchen gehen, opfern sie ihren Göttern Schweins- und Roßköpfe. Bei Roßhaupten ist so eine Opferstätte. Alle Häuser sind
vollgenagelt mit bleichen Pferdeschädeln. Dabei meinen sie, so etwas
bringe Glück ins Haus. Man muß diese dickköpfigen Bauern bekehren.
Wer von Euch meldet sich?
Bei solcher Frage sind die Domherrn ganz blaß geworden. Wer geht
schon auch gerne freiwillig mitten unter die Wilden. Zum Glück ist
dem guten Bischof ein Ausweg eingefallen. Er schickte seinen Diener
Tozzo mit einem Briefe zum Abt nach St. Gallen. In dem Schreiben
stand, der Abt möchte doch so gut sein und die Missionierung des
Allgäus übernehmen. - Bald darauf packten zwei stämmige Mönche mit
langen Barten den Rucksack, stopften ihn voll mit Ofennudeln, Dörrbirnen und anderen Habseligkeiten und verabschiedeten sich von ihrem Abt Othmar.
Der Abt sagte zu Mang und Theodor: Ihr zwei habt Schneid und Erfahrung in der Heidenmission. Ihr sollt den Allgäuern um Kempten und
Füssen das Beten beibringen. Lehrt den Leuten, den Kleinen und Großen
den Katechismus und die Biblische Geschichte. Baut auch Kirchen,
damit sie am Sonntag hineingehen können und die Roßopfer bleiben
lassen. Damit euch die wilden Tiere nichts anhaben können, gebe
ich euch den Wunderstab des hl. Gallus mit. - Nachdem der Abt die
beiden Missionäre gesegnet hatte, zogen sie dem Allgäu zu nach
Kempten.
Die alte Römerstadt sah aus wie nach einem Bombenangriff. Die Häuser
waren eingefallen, große Steinbrocken lagen herum, dazwischen wuchsen Brennesseln und anderes Unkraut. Leute haben sie keine gesehen;
dafür gab es in der ausgestorbenen Stadt Mäuse, Ratten, Eidechsen,
Feuersalamander und anderes Ungeziefer in großen Mengen. An der
Hier fanden sie eine Furt. Hier sahen sie die ersten Kemptner wie
sie durch den Fluß wateten. Der Flatz ist günstig, sagte Magnus zu
Theodor, hier bauen wir aus Holz ein Käppele (Kapelle) und eine
Schlafkammer dazu.
Die Kempter und Reisenden, die über den Fluß gingen, haben zuerst
die beiden Mönche kaum beachtet, sie schauten sich das"Käppele" an
und gingen köpfscnüttelnd weiter. Daß die zwei Männer in den ko-
mischen Kutten eine Eeidenmission vorhaben, konnten sie ja nicht
wissen. Nach etlichen Wochen sagte der Mönch Magnus zu seinem Mitbruder: "Ich glaub, es langt, Wenn einer von uns dableibt zum Missionieren. Viel Arbeit gibt es noch nicht; ich gehe ein Stück weiter
weg zu den armen Heiden nach Füssen". So haben sie es dann auch gemacht und Abschied voneinander genommen. Nun war zu jen^er Zeit auch
ein Krieg zwischen den Schwaben und Franken und die meisten Väter
waren fort. Darum haben sich die Heidenbuben auch erlaubt den Missionär zu verspotten; ja einmal haben sie ihm sogar das Rindendach
eingeschlagen und weil er sie in der Sonntagspredigt richtig kapitelt
hat, zündeten sie ihm in der Nacht das Betbur (Bethaus) an. Theodor
war darüber sehr verärgert. Weil die Erwachsenen zu den Lausbubereien
nur lachten, dachte er: Ihr Kempter könnt mir gestohlen werden!
Er packte seinen Rucksack, ging nach St. Gallen zurück und sagte seinem Abt: Solch Stockheiden kann man nicht bekehren.
Während Theodor solches in Kempten passierte, war Magnus noch auf
dem Weg nach Füssen. Heutzutag wäre das eine Kleinigkeit. Man steigt
auf das Moped oder in den Omnibus und fährt hin. Aber dazumal mußte
Magnus auf schlechten Sandalen oder barfuß durch dunkle Urwälder
laufen, wo die Bären brummten und die Wölfe heulten; wo er bei Nacht
und Nebel alle Augenblicke über Wurzeln stolperte, weil er keine
Taschenlampe hatte. Aber so ein heiliger Mann fürchtet sich nicht
so schnell vor Geister, Irrlichtern und wilden Tieren, wenn er auch
keine Fistole sondern nur den Gallusstab bei sich hatte. Gefürchtet
hat er sich eher vor den Bauern, die ihn barbarisch anfluchten, wenn
sie ihn beim Schlafen in Heinzenhütten erwischten oder wenn er über
ihre Ohmaden (Wiesen) ging. Die hatten eben noch gar keine Ehrfurcht
vor einem christlichen Mönch. Wenn einem so etwas passiert und wenn
man nichts zu essen hat als Brombeeren, Hagebutten, Schwamnerlinge
und Sauerampfer, ist man heilfroh ans Ziel zu kommen.
Als Magnus endlich die Stelle erreichte, wo die Wassergeister im
Lech und die Berggeister auf dem Säuling hausten, so erzählten ihm
die Füssener Bauern, machte er mit seinem Stab ein Kreuz auf den
Boden. Genau auf dem Platz, wo heute das St. Mangkloster steht,
baute er ein Holzkirchlein und eine Blockhütte dazu. WGnn dann ein
Füssener oder sonst ein Reisender hier vorbeikam, fing Magnus mit
ihm ein freundliches Gespräch an, zuerst über das Wetter, über die
Arbeit, über das Eisenerz, das er an Säuling gefunden, über seine
Erfindung des Eisenschmelzens, dann über das Kirchlein und das
Kreuz. Er zeigte ihnen im Betbur die bunten Heiligenbilder und erzählte die Hochzeit zu Kana, die Brotvermehrung, von Petrus, wie er
dem Kalcher das Ohr wegschlug. Das hat den Leuten gefallen. Zuerst
sind sie aus reiner Neugier gekommen, dann zum Zuhören; denn Magnus konnte reaht spannend erzählen. Und wie einmal sein Kirchlein
am Sonntag voller Leute war, betete er ihnen das Vater unser vor:
"Fater unser, thu pist himile, wihi namun dinan, qhueme rihi din,
werde willi din, so in himile, sosa in erdu, proth unser emezhic
kip uns hiutu, oblaz uns sculdi unsero, sc wir oblazzen uns sculdikem enti ni unsih firleiti in khorunka, uz erlosi unsi, fona ubile, amen" (St. Gallener Vaterunser um 790 aufgeschrieben. Übersetzt: Vater unser, du bist in himmel, heilige namen deinen, komme
reich dein, werde wille dein wie im himmel auch auf erde, brod unser fortwährend gib uns heute, erlasse uns schulden unsere, so wie
wir erlassen uns schuldigen und nicht uns verleite in verschuchung,
sondern erlöse uns von übel. Amen.
Auch an den Werktagen gab es für St. Mang genug zu tun. Er half den
Bauern beim Heuen, heilte kranke Kälble, er stieg zu den einsamen
Berghöfen hinauf und zeigte den Bauern und Sennen wie man bessere
Käsle macht, er baute mit den Leuten Schmelzhütten am Säuling und
zeigte ihnen das Schmieden. Donnerwetter sagten die Allgäuer, der
Mann kann etwas, vor dem muß man das Hütle lupfen. Und sie kamen
zu ihm in ihren Sorgen, mit ihren Fragen über die Viehzucht, sie
holten ihn als Vieh- und Menschendoktor, als Tröster zu den Sterbenden, sie glaubten seinen Predigten, ließen sich von Bischo.f Wichbert
taufen und firmen. Der Auasburn-er Bischof hpt nur so gestaunt vor dem
Zulauf und St. Mang gesagt: Du wirst jetzt ein alter Mann und brauchst
Hilfe. Ich schicke dir Priester und baue dir ein neues Kloster und eine schöne große Kirche aus Stein. Unter die Kirche kommt eine Krypta,
darin wirst du einmal ruhen.
Wir können uns denken, wie traurig die Allgauer waren, als ihr "Wundermann" für immer die Augen schloß. Eine größere Beerdigung hat es
im Allgäu seitdem nicht mehr gegeben. Noch viele Jahrhunderte verehrten die Leute nicht nur den Missionar St. Mang, sondern auch seinen wundertätigen Stab, der überallhin, sogar bis Holzgünz (1773 Mäuseplage) geholt wurde, wenn auf den Feldern Schädlinge auftraten.
St. Klang hat den Allgauer Drachen, das ist das Heidentum mit
seinen Götzen, getötet. Soviel wird über die Wundertaten des Allgauer s Apostels erzählt, daß davon das Sagenbuch voll geworden ist.
Wohin wir such kommen, hören wir seinen Namen als Flurbezeichnung
(St. Mrngfe.ll), sehen wir den Heiligen als Statue in einer; Bildstöckle oder in einer der zahlreichen St. Mangksrpellen, die ihm
dankbare christliche dllmäuer zun Andenken errichten ließen.
Ist nun der Drache auch wirklich tot? Ganz sicher eind die Füssener
noch nicht. Damit der Teufel gleich weiß was ihm passiert falls er
sich sehen ließe, stechen sie jedes Jahr am Namenstag St. Mangs
(6. September) einen ausgestopften Drachen tot. Dieses Drachenstechen ist für die jungen Leute und die Sommerfrischler eine Gaudi.
Man sollte aber doch den hl. Magnus nicht vergessen, die Mühe und
Arbeit, die er gehabt hat bis aus den Allgäuern Heiden anständige
Christen geworden sind und hoffentlich auch bleiben.
Erkenntnisse: Das Kloster St. Gallen übernimmt iai Auftrag des Bischofs von Augsburg die Missionierung des Allgäus. Älteste Missionsposten sind Füssen, Kempten und Ottobeuren. Schwierigkeiten der Missionierung waren: Aberglaube, Dämonenfurcht, zähes Festhalten am
überlieferten Brauchtum, die dünne Besiedlung einer unwegsamen wilden Landschaft, der Haß gegen die Franken, die Abwehr gegen fremde
Einflüsse.-Der in zahlreichen Sagen erwähnte Drache ist xymbolisch
des schwer zu bekämpfendenHeidentunsrKirchen,Kapellen,Bildstöcke u.
Sagen bezeugen die Beliebtheit des "Allgauer Apostels" bei der Bevölkerung. -Missionsklöster der Gegenwart-Missionäre in aller WeltMissionsstationen und ihr "Wirken. -Volksmissionen.
Anmerkung: Magnuskirchen in Füssen, Kempten,Schwabbruck, Buchenberg,
Waltershofen.-St.Mangsagen in Scheideag, Kempten (Drachentötung),
Roßhrupten (Lindwurmtötung mit Pechkranz); in Pfronten Mangbrunnen,
Mangacker, Mangsitz, Mangalpe, Mangtritt; in Lout//kerschach (St.
Mangerde hat Heilkraft)5 am" Säuling (St.Mang mit dem Baren).-Wo die
Missionäre einen Heidenmott vom Sockel stürzten, entstand an gleicher
Stelle eine Michaels oder Georgskirche; wo ein Götze zur Abwendung
von Viehseuchen verehrt wurde, entstand ein Georgiritt oder eine
Leonhardiskirche.-Mit dem hochverehrten Magnusstab wird Ungeziefer von
den Feldern verbannt. Alter Allgauer Spruch: "St. Mang,St.Mang macht
Wurm (Lindwurm) und Teufel bang!"-Beim Füssener Drachenstechen:"Mangafuir, Mnngafuir, hoi, hoi, hoi!"
Literatur: Baumann, Gesch.d.Allgäus I.-Schnieringer, Heimatbrief
Nr. 14. - Weitnauer, Schönes Allg-.u 1950/1.-Dörfler, Urmaier Kap.1
Thema 19
Bonifatius setzt Bischöfe ein.
Überblick: Wie die St. Gallener Mönche Magnus und Theodor und dessen Nachfolger Feregotz (Kempten) das Allgäu missionierten, so wurde auch in den anderen Gauen Bayerns das Christentum in den letzten
heidnischen Winkel getragen. Bekannt sind die Glaubensprediger und
Wanderbischöfe aus Irland, Schottland und den ältesten fränkischen
Klöstern. So predigte Emmeran in der Regensburger Gegend, Korbinian
(+725) um Freising, Kilian um Würzburg, Rupert im Salzkammergut.
Diese Wanderbischöfe hatten noch keine festen.Sitze und keine begrenzte Diözesen'. Sie predigten teils vor, teils gleichzeitig mit "
St. Mang.
Ein tröstlicher Lichtblick für die damals so bedrängte pppstkirche
(Arianer-Athenasier; oströmische-weströmische Kirche) war das Wirken Winfrieds, den Fapst Gregor II. Bonifatius (d.h."gutes Geschick")
nannte. Der Apostel Germaniens ist 675 in England geboren, 722 zum
Bischof geweiht. Nach seiner ersten erfolglosen Frieslandreise holte
er sich beim Papst die Erlaubnis zur Missionierung Germaniens, über
die Alpen führte ihn der Weg zum Bayernherzog Odilo (739)« Er zeigt
das papstl. Sendschreiben vor und bekommt Erlaubnis das Bayernland
zu bereisen, überall zu predigen, das Gebiet in Bistümer einzuteilen
und Bischöfe einzusetzen. Die von ihm eingesetzten Bischöfe stammen
größtenteils aus seinem Verwandten- und Bekanntenkreis.
Freising
Erimbert
Regensburg
Gaubald
Salzburg
Johannes
Passau
Vivilo
Würzburg
Burchard
Eichstätt
Villibald
A u g s b u r g
Wichbert
Bonifatius schreibt nach Rom, daß es ihm gelinge die zersplitterten
Gau- und Landeskirchen zusammenzufassen und der päpstlichen Autorität zu unterstellen. Ein ungeheures Werk der Ordnung vollzieht sich:
Ffarrgemeinden, Diözesen, Dekanate entstehen; in Thüringen wird Erfurt,
in Ostfranken Würzburg Sitz eines Bischofs. Köln wird Hauptplatz kirchlicher Verwaltung. Es entsteht aus dem zusammenhanglosen
örtlichen Christentum die katholische Kirche Germaniens. Papst Gregor verleiht (732) Bonifatius das Recht, selbständig Bischöfe zu
ernennen und empfiehlt jährliche Landesversammlungen der Frovinzialkirchen abzuhalten. An der Seite des Bischofs arbeiten nun bewährte
Priester an der Missionierung mit. Aus der angelsächsischen Heimat
trifft Lul, der Gehilfe und Nachfolger ein; die getreue Lioba wirkt
segensreich als Äbtissin von Tauberbischofsheim; in Bayern predigen neben den Bischöfen der Edeling Sturmi. Die fromme Sächsin Thekla
gründet im Maintal die Klöster Kitzingen und Ochsenfort.
Als Leiter der gesamten Mission wird Bonifatius 738 zum drittenmale
nach Rom berufen und zum päpstlichen Statthalter in Germanien ernannt. Die Bischöfe in Bayern, Schwaben, Hessen und Thüringen werden
ihm unterstellt.
In einem päpstlichen Schreiben an Bonifa.tius heißt es: "Es soll Dir,
Bruder, nicht erlaubt sein, an einem Orte zu verweilen. Stärke die
Herzen der Brüder und Schwestern, die in jenen westlichen Gegenden
noch ungesittet sind... Und wo es Dir notwendig erscheint, da weihe
als unser Stellvertreter Bischöfe nach kanonischen Regeln und lehre
sie die apostolischen Regeln Roms einhalten. (Brief aus dem Jahre 739)
Als Bonifatius König Karinann auf dem Leistenberg bei Würzburg besuchte, erhielt er eine Staatsurkunde ausgehändigt in der es
heißt: "Ich werde das neue Bistum Würzburg mit 24 Kirchcnsprengeln
in Mainfranken und am Mittelrhein mit dem Kloster Karlburg und allem
was dazu gehört beschenken."
Karlmann beruft ein Konzil (Concilium Germanicum 742) ein. Den Vorsitz führt der Erzbischof Bonifatius (Ort unbekannt)«
"... Es wird beschlossen, künftig jedes Jahr eine Synode abzuhalten.
Unwürdige Diakone und Priester werden abgesetzt und durch weltliche
Gewalt ihrer Lehen entkleidet. Geistliche müssen künftig zur deutlichen Unterscheidung von Laien das lange Gewand und die Tonsur tragen; Kriegsdienst und Waffentragen sind ihnen verboten."
Ab 741 Papst Zacharias! Die Organisation der germanischen Kirche ist
fast abgeschlossen. Mittelpunkt der Verwaltung wird Köln, Sitz des
Erzbischofs und päpstl. Legaten Bonifatius. Wegen Widerstand des
örtlichen Domkapitels verlegt Bonifatius seinen Sitz in das reiche
Mainz, dem "Rom der Franken."
Alljährlich finden am Sitz des Erzbischofs zu Mainz Synoden statt.
Die Beschlüsse bekommen durch landesherrliche Bestätigung Gesetzeskraft. Beispiele: Ehen ohne kirchliche Weihe sind ungültig; heidnische Bräuche sind verboten, ebenso der Verkauf christlicher Sklaven
an Heiden und die Einsetzung von Laien als Bischöfe. Den Gläubigen
wird empfohlen alle vier Wochen das Abendmahl zu empfangen und fromme Stiftungen an die Kirche zu machen.
Gegen rel. Schwärmer, Gaukler und Betrüger, die auf den Jahrmärkten
behaupten der wiedergeborene Christus zu sein oder Offenbarungen vom
hl. Geist zu empfangen, wird mit aller Strenge vorgegangen und des
Landes verwiesen.
An den alternden Bonifatius in Mainz werden viele Fragen herangetragen. Er leitet sie brieflich an den Papst zur Entscheidung weiter:
"Ist es dem Christenmenschen erlaubt, Dohlen, Krähen, Störche, Biber,
Hasen und Pferde zu essen? - Antwort: Nein, solche Tiere sind von
den Gläubigen zu meiden. - Was soll mit den Aussätzigen geschehen?
- Lasset sie aus der Stadt bringen (Siechenhäuser!), doch mögen
ihnen mildtätige Menschen Almosen reichen. - Wie soll der Speck
zubereitet, werden, ehe ihn ein Christenmensch verzehrt? - Darüber
ist von den Vätern nichts sicheres überliefert, aber wir raten ihn
nicht zu essen, ehe er nicht über dem Rauch getrocknet oder über
dem Feuer gekocht ist. Ungekocht darf man ihn erst nach Ostern
essen."
Das Werk Bonifatius ist getan. Festgefügt steht die Organisation
der Kirchs in Germanien. Nur die heidnischen Friesen sind noch nicht
bekehrt. Nun rüstet sich der 80 jährige Bonifatius zu seiner letzten
Ausfahrt um den Schlußstrich unter seine Missionstätigkeit zu setzen.
Als er am 5. Juni 754 an der Küste bei Dokkum zahlreiche Bekehrte
firmte, wurde !-der "Apostel der Deutschen" samt seinem Gefolge von
einer heidnischen Horde erschlagen (Berichte darüber in allen Geschichtsbüchern! ) . Christliche Friesen brachten den Leib des Märtyrers nach dem Kloster Utrecht. Überführung nach Mainz, dann nach
Fulda. König Pipin ließ als Schützer des Christentums den Mord nicht
ungesühnt. In einem Strafzug wurde die Mehrzahl der noch heidnischen
Friesen erschlagen, Frauen und Kinder als Sklaven verschleppt.
(Friesenorte!)
Berichte größtenteils nach Zierer, Bild der Jahrhunderte Bd.15,
Ausführung für Schüler entfällt hier-siehe Geschichtsbücher!
Thema. 20
Bauern lernen von den Mönchen
Uberblick;_ Stifter des abendländischen Mönchtums war der hl. Benedikt von Nursia. (geb. 480 zu Nursia, wird Rechtsanwalt, gründet
528 das Kloster Monte Casino, stirbt 5^3) • Seine Ordensregel verpflichtet die Mitbrüder zu Buße, Gebet und Arbeit, damit zur Mitarbeit am Aufbau der abendländischen Kultur. Den Mönchen mit Priesterweihe (Patres) obliegt die Seelsorge, die Missionierung der
Heiden, die Pflege der Kunst und Wissenschaften. Die Mönche mit
niederen Weihen (Fratres oder Brüder) werden ausgebildet im Handwerk, sie versorgen die klösterliche Landwirtschaft, den Gartenbau und erweitern durch Kultivierung von Mooren und Rodung der
Urwälder den Besitz des Klosters. Bis ins 10. Jahrhundert waren die
Benediktinerklöster nicht nur die einzigen abendländischen Mönchsorden, sondern auch die eigentlichen Kulturträger und Kulturmittelpunkte. Der Weg des Ordens führt von Monte Casino nach St. Gallen,
von dort nach Irland, Schottland, nach Frankreich, Bayern, Deutschland.
Für die Schüler: Der Eayernhorzog Odilo reitet mit seinem Freund
Bonifatius, dem Erzbischof von Mainz nach dem Kloster Tegernsee (gegründet 736). Beim Dorfe Oberföhrung kommen sie
über die Salzzollbrücke. Odilo, der lange nicht mehr in dieser
Gegend war, findet die Landschaft zu seinem Erstaunen ganz verändert
vor. Früher traf man in dieses endlosen Wald- und Sumpfgebieten nur
alle paar Stunden ein Dörflein mit niederen Strohütten an. Jetzt
zieht sich an Stelle der holperigen Waldpfade eine breite, ausgeholzte Fläche am östlichen Seeufer dahin. Auf den Feldern treiben
Mönche ihre Ochsengespanne; zinspflichtige Bauern sind mit Holzfällen beschäftigt, eine Schar Buben verbrennt das Astwerk zu Asche.
Inmitten dieses neugewonnenen Landes erhebt sich eine wuchtige Kirche aus Stein mit Schilfdach und hölzernen Glockenturm. Fleißige
Mönche haben die Ziegel selbst gebrannt und auch um die Kirche
mehrere Nebengebaude errichtet.
Der Abt dieses Klosters am Tegernsee führt seine Gäste durch das
Klostergebiet. "Wir herben den Ackerbau wesentlich verbessert", sagt
er, "früher hat man nur Spelt, Hafer und Roggen gebaut, jetzt haben wir auch Weizen und Edelobst eingeführt. Unsere Brüder in St.
Gallen oder Reichenau können sogar den Weinbau der Römerzeit fortführen; bei uns aber ist das Klima zu rauh. Dafür haben wir den
Bauern die Kunst der Entwässerung gezeigt. Die ehemaligen Sauerwiesen bringen jetzt schon brauchbares Heu für unser Edelvieh,
das uns die St. Ga.llener zugesandt haben."
Als Odilo und Bonifatius mit ihrem Gefolge zu den Gutsgebäuden zurückkehren, kommen sie zwischen den hölzernen Stallungen an Kalkgruben und Brennöfen vorbei (Kalkbrennerei). Sie steigen in einen
gewölbten Kellerraum. "Hier ist unsere berühmte Brauerei", sagt
der Abt, und zeigt auf eine lange Reihe dickbauchiger Fässer. Frater Kellermeister füllt einen Holzkrug und reicht ihn dem Herzog mit
einem Segenswunsch. "Das ist unser besonderes Geheimnis, Euer Gnaden", sagt er. "Hopfen und Gerstenmalz, verwenden wir dazu. Aber den
Hopfen richtig zu verarbeiten und daraus Bier zu sieden, das ist
eine besondere Kunst". -"Ein köstlicher Trunk, Patres, man soll mir
einige Fässer davon nach Freising senden." "Nicht mehr nötig, Herzog", lacht der Abt, "vor Eurer Haustür in Weihenstephan wird auch
ebraut".
Frater Kellermeister muß noch den Gärungsvorgang erklären. Dann
geht er hinüber zur Klosterschreinerei und zur Schneiderei. Die
Mönche haben dem Herzog eine kleine Ausstellung ihrer handwerklichen Erzeugnisse av.fgebaut. Auf langen Tischen liegen höfische Kleider, prunkvoll gestickte Meßgewänder mit Gold- und Silberborten;
da liegen v/eichgegerbte Schaftstiefel aus der Schusterei, Zaumzeug
und Reitsättel, Werkzeug aus Eisen, Holz und Kupfer von den Brüdern
Werkzeugmacher, Schreiner, Drechsler und Schmieden verfertigt, Wa-genräder, Fässer, Truhen mit eingesetzten Bildern und Einlagen aus
farbigern Holz, Metall oder Elfenbein, getriebene Waffen, Schilde,
Helme, vor allem aber Kelche, Weihegeräte und Schmuck."Wer sind die
Künstler,die solch prächtige Dinge schaffen?" fragt voll Bewunderung
der Herzog. "Unsere Mönche kommen aus Franken, Angelsachsen und Italien," antwortet der Abt. "Bei Gott, mir ist, als wäre ich auf einer verwunschenen Zauberinsel! Und solches geschieht mitten im Urwald, umgeben von Eber, Bär und Wolf", ruft Odile, "zeigt mir auch
die Buchwerkstatt!"
Odilo vermag nicht zu lesen und zu schreiben, um so größer ist seine Ehrfurcht vor dem Geschriebenen. Vorsichtig schlägt er den schweren, mit Goldblech und Edelsteinen geschmückten Deckel eines Gesetzbuches auf; fast scheu betrachtet er die sauber beschriebenen,
kunstvoll verzierten und bemalten Pergamentblätter. "Ein solches
Buch stellt die Lebensarbeit eines Mönches dar", bemerkt leise der
Abt,"man zahlt es mit einem kleinen Bauerngut." Im angrenzenden
Saale, der großen Schreibstube sitzen eine ganze Reihe Mönche gebückt über den Fergamentblättern. Sie schreiben an den Evangelien,
an Meß- und Gebetbüchern, andere wieder Gedichte, sie machen Abschriften aus .alten Arztbüchern. Wir müssen auch die Wissenschaft
pflegen und was die Menschheit schon erfahren aufschreiben, um es
der Nachwelt zu erhalten. Wir pflegen Kunst, Wissenschaft, Forschung,
Feldbau, Obstbau und Viehzucht nicht um unserer selbst willen, wir
tun das für alle unsere Mitmenschen, die von uns lernen wollen.
Herzog Odilo sprach: "Während ich mit meinen Kriegsleuten Städte
berannte, Dörfer und Höfe verwüstete und Männer erschlug, habt ihr
Mönche in aller Stille meinem Lande Schatzkammern und Schulen gebaut. Ich will euch Klosterleuton meinen Dank für eure Arbeit abstatten." Er tritt an einen alten Schreiber heran. "Nimm ein frisches Blatt Mönch und schreibe", befielt er: Im Namen Gottes und
Unseres Herrn Jesus Christus, Odilo Herzog der Bayern. Alle meine
Getreuen sollen wissen, daß die Mönche Kein Vertrauen gewonnen haben. Unsere Frömmigkeit erfordert es, daß wir ein Gut aus herzoglicher Besitzung, welches Tegernsee heißt, für alle Zeiten den Mönchen übertrafen und von allen Zinsen und Abgaben gegen Unsere Herrschafts befreien. So wahr uns Gott helfe: Odilo,Herzog.
(Nach Zierer, Ed. 15, S.73).
Auswertung
Bauern lernen von den Mönchen: Bodenverbesserung, Bewässerung, Entwässerung, Brunnenschlagen, Fruchtwechsel, Weizen- und Hopfenanbau,
künstliche Düngung mit Mergel und Gips (Gipsmühlen), Obstbau, Bienenzucht statt Wildbienenraub, verbesserte Geräte zur Flachsverarbeitung, Ölschlagen (Mühlen), Wassermühlen ersetzen Handmühlen, verbesserte Viehzucht und Milchwirtschaft, Hausbau, Hofanlage, Vereinödung. - Folgen: Bessere Lebenshaltung.
Handwerk und Gewerbe: Im Beispiel ist die Vielseitigkeit angegeben,
zum alten Handwerk kommen die Fergamenthersteller, die Kunstschreiber, die Baumeister und Bräuer, die Wachszieher, Goldsticker und
Bortenwirker, die Gold- und Silberschmiede. Klöster waren die Schule
der Künstler.
Die Wissenschaft: Erhaltung alter Schriften, auch heidnischer, Bodenund Pflanzenkunde, Heilkräuter, Heilkunde, Apotheken, Buchdruck,
Feldvermessung....
Erkenntnisse: Benediktinerklöster waren die Mittelpunkte der Kultur.
Adel, Bürger und Bauern lernten in ihren Schulen. Sie sind die Wiege der Wissenschaf1; und aller Künste; die Erhalter alten und die
Schöpfer neuen Kulturgutes, Sendboten des Christentums. - Bonifatius
wollte dem Herzog zeigen, daß die Taten des Friedens, Gebet und Ar-
beit seinem Lande mehr Wohlstand bringen, als die Beuten des Krieges. Auch die Benediktiner unserer Klöster halten sich noch streng
an die Re.cyel ihres Stifters.
Thema 21
Entstehung der Dorfpfarreien.
a) Zu den ältesten Ffarreien, die wohl schon während der Römerzeit
entstanden, zählen die Gebiete mit Afrakirchen. In unseren Kreis
ist das Theinselberg mit dem dazugehörigen Zell b. Grönenbach,
Kirche "St.Afra auf dem Berg." Die uralte Frauenkirche vor der
Stadtmauer in Memmingen gehörte vermutlich zu dem alten Walchendorf "Grenen-Werd" vor Memmingen.
b) Missionäre und Wanderbischöfe errichten in herrenlosem Land, aber
auch in der Nähe alter Walchenorte christliche Zellen. Der Missionsposten wurde in der Kegel von mehreren Mönchen bewohnt und die
weite Umgebung seelsorgerisch betreut. Keine Gebietsabgrenzung!
c) Neben solchen St. Gailener Zellen entstehen weltliche Zellen,
errichtet von wohlhabenden, frommen Bauern oder Weltpriestern.
Bei der weltlichen Zelle ist uns meistens der Name des Stifters
überliefert wie z.B. Wisirichzell bei Staufen aus dem Jahre 8179
oder Hupoldescella im Nibelgau, 860 vom Priester Hupold gegründet (=Frauenzell b. Kempten).
d) Zu den Missionsposten, Klöstern und Zellen kommen nach 746 die
fränkischen Reichskirchen als Staatskirchen. Sie stehen gewöhnlich bei Königshöfen oder bei Grafenhöfen, errichtet in jedem
Bau und dann auch in jeder Zentene. Der Adelige überwacht die
franko Reichsgesetze: Wer sich nicht taufen laßt, ist des Todes
schuldig. Die Großpfarrei versorgt der Reichspfarrer. Fatron
solcher Kirchen ist St. Martinus oder Feter und Paul. Großpfarreien in unserem Kreis waren die Martinspfarrei Memmingen
mit dem Gebiet von Grönenbach bis Boos; die Martinspfarrei
Sontheim von Engetried bis Egg, die Kirche stand einsam im Felde und im Mittelpunkt; die Peterpfarrei Ottobeuren für das Westgünztal. (darüber ausführlich in Heimatbrief 14 v.K.Schnieringer).
e) Die großen Gaukirchen mit dem Sitz eines Dekans bekamen vielfach den Namen Leutekirchen (Leutkirch), errichtet bei herzoglichen Thingplätzen und Malstätten. Für den Hier- und Alpgau
fehlen die Urkunden.
f.) Auch die Klöster errichten in ihren eigenen Dörfern neue Kirchen und Pfarreien5 sie geben ihnen den Names des Klosterpatrons.
Ottobeuren baut die Kirche,Dietershofen; das KlQäer Kempten die
Gotteshäuser mit dem Patron: Gordian und Epimach (Frechenrieden).
Auf klorfereigenen Kirchen finden wir das Doppelkreuz, auf päpstlichen das dreifache Kreuz.
g) Die Mehrzahl der Kirchen entsteht zur Ritterzeit und nach den
Weifenkriegen im 11. und 12. Jahrhundert. Der Ritter erbaut sie
aus eigenen Mitteln, stattet sie aus und gibt für den Pfarrer
die notwendigen Grundstücke (Grönenbach, Woringen, Benningen,
Wolfertschwenden.) Er übernimmt den Schutz der Kirche (Vogtei),
wählt den Kirchenpatron als Vermittler zwischen Dorf und Himmel,
bezieht den vorgeschriebenen Großzehnten von den Bauern und
entlohnt den Geistlichen, den er einzusetzen das Recht hat
(Patronatsrecht), nach seinem Gutdünken.
h) Weitere Pfarreigründungen erfolgen nach den Weifenkriegen. Der
verarmte Adel vermachte den restlichen Besitz samt den niedergebrannten Burgen den Klüstern oder gab ihn in Pfand. Aus dem
Baumaterial der Burg, bzw. aus ihren Ruinen, entstehen neue
Kirchen auf den Höhen (Frickenhausen); teils sind sie noch umgeben von Ringgräben (Hawangen), teils erkennt man sie, wenn
der beim Brande stehen gebliebene Turm nicht auf der üblichen
Nordostseite steht (Grönenbach, Hawangen).
i) Wegen zu weiter Entfernung von der Mutterkirche entschlossen
sich abgelegene Dorfgemeinschaften zur Selbshilfe. Es entstanden
kleine dorfeigene Kirchen wie Böhen, Ollarzried (jüngste Pfarrei
um 1796 gegründet; erster Pfarrer war ein frz. Emigrant)
" Dorfeigene Kirchen mußten das vorgeschriebene Pfarrwiddum, d.i.
ein Bauernhof, mit Wald und Grundstücken (Name PfarrhofI) selbst
dem Kirchenpatron widmen. Der Besitz gehörte dem Kirchenheiligen
auf ewige Zeiten und diente dem Ortspfarrer neben den Großzehnten zum Unterhalt. Vom Widdum darf auch heute noch nichts veräußert werden. Verwalter und Rechner ist der Heiligenbauer,
Widdumbauer oder Kirchenpfleger, wie er jetzt heißt.
k) In manchen Dörfern stehen+zwei Kirchen (Erkheim, Woringen, Sontheim) Ein solches Dorf hatte zwei Herrn als Besitzer bzw. eine
dorfeigene und eine rittereigene Kirche. In den meisten Fällen
ließ der bayerische Staat nach der Säkularisation die zweite
Kirche abbrechen (Woringen, Ottobeuren, Eldernkloster, Peterkirche wurde Knabenschule).
+ oder standen
Literatur zur weiteren Orientierung: Sontheimer, die Geistlichkeit des Kapitels Ottobeuren Band I-V; aller Pfarreien auch die
evang. sind darin angeführt. Wohl in jedem Pfarrhof vorhanden.
Deutsche Gaue, Kaufbeuren, Reichshofforschung, (Archive Memmingen, Ottobeuren). - Heimatbrief Nr. 14.
Thema 23
Die Feld- und Flttrordnung unserer Vorfahren
Einführung; Nach der Eroberung Saetiens durch die Schwaben, teilten
ihre Fürsten das Land in soviel Stücke auf, als Hundertschaften eingewandert Waren. Jedep Hunderschaft wurde eine "Urmark"
zugewiesen. Die gesamte Fläche mit Ackerland, Weide und Wald stand
der "Markgenossenschaft" zu gemeinsamer Benützung zu. Die Urmark um
den Auerberg bestand bis ins 16. Jahrhundert. Zu ihr zählten 12 Dörfer und der Zwölfpfarrwald (= zwölf Pfarreien). Auffallend sind in
dieser Gegend die zahlreichen Orts- und Flurbezeichnungen mit "Mark",
St. Gallener Urkunde erwähnt die Mark Nibelgau mit Leutkirch als
Mittelpunkt. Ohne Zweifel bildeten auch unsere Ingen- und Hofenorte
um Memmingen mit der späteren Martinskirche der Stadt eine große Urmark zwischen Hier, Westgünz, Zell und Niederrieden. -• Nach der
Einverleibung Schwabens in das Frankenreich (746) werden die allzugroßen Urmarken in Teilmarken aufgelöst. Jetzt entsteht die "Allmand"
d.i. die Gemeinde (Allmend, Allgimeinda, allgemein, Gemeindebesitz).
Auch die Allmende blieb noch Eigentum der kleinen Markgenossenschaft,
wenn auch das Ackerland den einzelnen Familien je nach Kopfzahl zur
Benutzung zugewiesen wurde.
Der beste Boden innerhalb der Gemeindeflur diente als Ackernahrung
und wurde aufgeteilt in ein Sommer-, Winter- und Brachösch. Auf den
drei Oschen bestand Flurzwang, auf den gemeinsamen Weiden Weidezwang.
Bei der Verteilung wurde nur der für die Gebäude benötigte Saum
(=Hofstatt) und die angrenzende Hausbaindt (=durch Umzäunung vom
Gemeindebesitz losgebunden) Privatbesitz.
Weil bei der Ackerlandverteilung (Nutzungsrecht) die Größe der Familie, samt den zugehörigen Knechten, Mägden od. Sklaven maßgebend
war, entstand von Anfang an ein Größenunterschied im Besitz, der
sich durch das "Bifangerecht" (beifangen) bzw. Waldrodung noch steigerte. Großfamilien, dazu gehörte vor allem der Dorfmaier und der
Adel, konnten wegen größerer Zahl an Arbeitskräften den Grundbesitz
wesentlich erweitern.
Die kleinen Mark- oder Dorfgenossenschaften mit Flurzwang bestanden
im allg. bis 1819, dem. Beginn der p:emeindl. Selbstverwaltung. Nun
lösten die Gemeindeväter den Flur- und Weidezwang auf. An Ackerland
behielt jeder was er bisher benutzte; die allgemeinen Viehweiden
und große Teile des Gemeindewaldes wurde an die alteingesessenen
Geschlechter (Sechtier) aufgeteilt. Der Gemeindewald wurde Privatwald, der Herrschaftswald aber Staatswald. Die nun freie Markgenossenschaft löste sich auf. Jedoch behielt die Gemeinde aus der alten
Flurordnung noch einige alte Vorschriften bei, vor allem die Beaufsichtigung der Gemeindeflur,
Die Feld- und Flurordnung
(Auszug für die Schule)
1. Amman, Vierer und Büttel sollen alle Jahre einmal die Flurgrenzen begehen und im Beisein der Angrenzen die Marken besichtigen.
2. Soll sich bei Strafe niemand unterstehen über die Grenzpfähle
zwischen den Gemeinden, Weilern, Einöden und Nachbarn zu mähen
oder zu ackern. Auch soll niemand wagen Grenzpfahle zu versetzen.
3. Niemand soll dem anderen Schaden zufügen in Gärten, auf den Alikern, an Erbsen, Kraut, Äpfeln, Obst, Holz oder Zaun. Darauf wollen wir (Herrschaft) besonders achten und die Übeltäter, auch
Frauen oder Kinder strafen mit 1 Pfd. Heller.
4. Nach altem Herkommen sollen die Früchte aller Bäume, auch die
der Eichen und Nüsse in den Mähdern u. Ackern der ganzen Gemeinde gehören. Wann das Obst zu schütteln oder abzubrechen ist,
bestimmt der Amann mit den Vierern. Unfolgsame zahlen 2 Pfd. Heller.
5.Mark- oder Grenzbäume zu fällen ist verboten, bei 5 Pfd.Heller Buße.
6.Wer mit seinem Grundbesitz nicht zufrieden ist, darf nicht mit eigener Gewalt weiter reuten oder hauen.
7.Ist es bei Strafe verboten auf einem Neubruch Gebäude zu errichten,
weil dadurch die Allgemeinheit zu Schaden käme. Auch ist es niemanden erlaubt ohne Bewilligung Grundbesitz an Auswärtige zu verkaufen.
8.Das von der Gemeinde bestimmte Hirtengeld (dem Dorfhirten) soll jeder ohne Widerrede zahlen und auch alles Vieh zur allgemeinen Herde schlagen (Weidezwang),
9.Soll bei Strafe keiner vor Jakobi mähen, heuen oder ernten, bevor
er nicht die Erlaubnis dazu hat (Erntezwang). Wer gar Heu verkaufen
sollte, dem soll es genommen werden.
10.In den gemeinen Gewässern ist es verboten zu fischen mit Hand, Korb,
Netz oder ausschöpfen, (siehe Bauernartikel)
11.In den gemeindlichen Wäldern ist es nicht erlaubt mehr Holz zu schlagen als in einem Jahre benötigt wird. Holzverkauf ist verboten.
Herrschaftliche Bannwälder sind für jede Holzabfuhr gesperrt.
12.Damit niemand zu Schaden komme, soll das Vieh auf den Triebwegen mit
"fliegender Geißel" getrieben werden.
Erläuterung;
Amann=Amtmann, vom Herrn aufgestellt als Ortsvorsteher; Vierer
sind.4 Männer des Dorfgerichtes. Ihre Aufgabe: Überwachung der
Gemeindegrenze und der Oschen; Überwachung des Weidebetriebs; Überwachung von Weg, Steg u. Brücken; Überwachung d. gmdl. Waldes.
Marken sind Grenzsteine, Zeichen an Bäumen, Grenzgräben, Pfähle.
Hirtengeld: In jeder Gemeinde war ein Tag- und ein Nachthirte angestellt. Der Amtmann verlieh ihm den Hirtenstab (Recht!). Der Hirte wohnte im kleinen Hirtenhaus, jetzt Armenhaus; er aß jeden Tag
bei einem anderen Bauern. Der Bauer zahlte für jede Kuh etliche
Kreuzer Hirtengeld. Für Großvieh bestand Weidezwang=Verpflichtung
das Vieh zur pemeindl. Großherde zu geben.
Erntezwang: Gemeinsamer Erntebeginn bei Getreide, Heu, Grummet und
Obst weren Zehntabfrabe in natura-später gelockert.
Bannwälder der Herrschaft gehörig; darin ist verboten Holz zu schlagen, Gras zu holen und Vieh zu treiben. Auf den Triebwegen wurde
die Vieherde zur großen Weide getrieben.
Erkenntnisse: Die Feld- und Flurordnung wurde von den Grundherrn
zum Nutzen der Markgenossenschaft erlassen. Amtmann und Vierer sowie der Ortspendarm (Büttel) sorgten dafür, daß die herrschaftlichen Gebote auch eingehalten wurden.-Die Bauern konnten nicht nach
eigenem Willen und Vorteil arbeiten und durften von ihren Ernten
unerlaubt nichts verkaufen an Auswärtige. Sie konnten ihre Höfe nicht
durch Grundstücksankauf vergrößern und nicht mehr Vieh halten, sie
waren unfrei. - Nach 18l9 hörte der Flurzwang auf. Das Gemeingut
durfte an die Bauern verteilt werden. Gegenwartsbezug: In Osteuropa, wird den Bauern das Eigentum wieder
weggenommen und in Genossenschafts- oder Staatsgütern gemeinsam
bewirtschaftet. Die Bauern werden zu Knechten. Viel sind nach dem
Westen geflohen, weil sie nicht unfrei werden wollten.
Lesestoff:
Aus dem Memminger Heimatbuch: Uli, der Dorfhirte. - Wie Heiligen^
Bauers Franzi eine Ohrfeige bekam (Flurumritt). - Lesebuch: Der
Blitz in die Grenzfichte.
Thema 2k
Verschlepptensiedlungeh unserer Heimat be«
richten Von den Kämpfen der Franken.
Im Landkreis Memmihgeh und um denselben gibt es die merkwürdigen
Ortsnamen: Wineden, Windenberg, Engetried, Böhen, Sachsenriedfriesenried, Haunstetten, Mauren u.ä,
Windet« Wilaeöi WehZen^ Witzen nannte man die verschleppten Wenden*
Im Pöstleitzahlehbuch finden äch, zerstreut in ganz Deütsih-*
land, eine große Zahl ähnlicher Namen Wie Wendelburg§ Wendelstein
in Thüringen, Windach (37 mal); Witz-Wilzorte 60 mal* Die Geschichte
sartt"König Karl zog selbst in das Land zu den Wilden Wenden, Er
nachte 2 Brücken Über die Elbe und zog ins Wendenland* Der Wendenfürst ergab sich und empfing sein Land als ein Leheni - Der König
zog dann weiter nach Polen bis an die Weichsel und machte sich alle
Wendenlande gehorsam " (Joh.Aventinus), Das war im Jahre 789* Es
entstand die "Wendische Mark".
Durch Verschleppung und Umsiedlung nahmen die Franken den angren*
Zenden, ungehorsamen Volksstämmen die Kraft des Wideretandes* Nach
damaligen Kriegsrecht galt jeder Gefangene als ein arechtloser Sklave*
Menschen wurden als Beute von den Siegern mitgenommen^ verhandelt,
verkauft oder als völlig unfreie Knechte auf germanische Hofe verteilt. Zivilisten aber wurden aus ihrer Heimat Verschleppt und den
Heerführern (Grafen, Meiern) zugeteilt. Da nun im fränkischen HeeresVerband auch Schwaben, Bayern, Thüringer* Sachsen mitzukämpfen hatten, finden wir die Zwangssiedlungen der Wenden auch in unserem
Raum. Ob die Männer, Frauen und Kinder von unserem Wineden und Windenberg von den Ottobeurer Grafen (?6*t Silach) oder einem anderen
nach Schwaben gebracht wurden, läßt sich nicht nachweisen.
Merkwürdig aber ist, daß alle Verschlepptensiedlungen zwischen größeren Marken in unfruchtbarem Gebiet, in ehemaligem Urwald liegen,
Demnach wurden seinerzeit die Verschleppten in die Urwälder getrieben und ihrem Schicksal überlassen. Kriegsgefangene dagegen dienten
als Knechte auf den Höfen. Freigelassene Knechte durften sich ebenfalls an den Handgebieten flurmark ansiedeln.
Eftgetriedj, Engen, Engern sind ein Stamm der Sachsen. Unweit der
Winetumsiedlung (Wineden) liegt unser Engetried, urspr. vielleicht
Engenried, zwischen Hügeln im ehemaligen Urwaldgebiet* - Fränkische
Strafzüge gegen die aufständischen Engern erfolgten in den Jahren
772, 771*, 775» ?89. "Das Engernland wurde von Karl verheert und gezüchtigt", Unter Züchtigung versteht man doch nur Deportation. Im Postleitzahlenbuch sind über 55 Engenorte u.a. verzeichnet*
Den Sachsen, Saxen erging es wie den Engen. Unser SaGhsenried südlich von Grönenbach-Sachsenrieder Weiher- lag im Urwald. Daher
die Endung "ried" = roden, reuten, den Wald schlagen. Über die Kämpfe Karls mit den Sachsen unter Widukind berichten die Geschichtsbücher. Dazu Lesestückt Der ewige Acker«
BÖhen, alte Schreibweise Behaimb * Böhmen, auf luftiger Höhe mit
schlechter Feldlage, Südlich davon Warlins (Walris, Walchers), alte
Walchensiedlungen, Der Ort, an der südlichen Landkreisgrenzc ist
urkundlich schon um 8^0 anläßlich eines Grenzstreites zwischen
den Klöstern Kempten und Ottobeüren erwähnt. Neben der Siedlung
der Flurname "auf dem Trollen" s Waldgeister. Merkwürdig ist, daß
den "BÖhemern" (Mundart) alle denkbaren Schildbürgerstreiche in
zahlreichen Sagen Zugedichtet und zugemutet werden. Die umliegenden
Bewohner haben ihhensichtlich sehr auf die Finger gesehen. Böhen
ist eine Zwangsansiedlung verschleppter Böhmen aus dem Jahre 806,
als König Karl wider die Sorben und Böhmen zog um die Böhmische
Mark zu errichten.
Die fränkischen Feldzüge:
772 gegen die Sachsen und Engern, Zerstörung der Erensburg und der
Irminsaule (geschnitzer Baumstamm! ),
774 ge^en die sich empörenden Entern. 775 Unterwerfung der Engern,
Ost- und Westfalen und aller Sachsenstämme - Fortsetzung der Sachsenkriege. - 783 Sachsen bei Detmold geschlagen, ?82 Hinrichtung von .
4500 Sachsen bei Verten an der Aller. 7o5 Widukind unterwirft sich.
7S8 Absetzung und Verbannung des Eayernb.erz.ogs Thassilo. 7Ö9 Unterwerfung der Milzen (Menden). - 790 - 796 gegen Avaren und -Haunen
(Haunstetten! ) - vordringen bis zur Raab, 796 bis zur Theiß.
8o1 Errichtung der Spanischen Merk bis zum Ebro. - 8o4 Unterwerfung
der Nordalbinger. - 8o6 wieder gegen Serben und Böhmen. 808 Behauptung der Eidergrenze gegen Dänemark.
Erkenntnisse:
Die Franken brachen jeden Widerstand mit Feuer, Schwert, Verwüstung,
Verschleppung, Ausweisung und Umsiedlung. - Sie vergrößern ihr
Reichsgebiet .mit Gewalt und zwingen die kleinen Völker in ihren
Machtbereich. Die Besiegten werden als Unfreie deportiert und auch
als Sklaven verkauft. Kenschenrechte werden mißachtet.
Auweisung, Verschleppung, Kassendeportationen auch in der Gegenwart,
über tausen Jahre sind vergangen und immer noch werden die Menschenrechte mißachtet, kleine Völker unterjocht und von Großmächten in
ihren Machtbereich gezwungen (Beispiele!) Kein Fortschritt im Verhalten von Mensch zu Mensch und von Volk zu Volk.
Thema 25
König Karl.und Herzog WidU^ind
(Reichstag in Lippsringe)
Während König Karl in Spanien gegen die Mauren kämpfte, kam ihm
eine Botschaft zu: Im Nordland ist ein großer Kriegshäuptling; aufgestanden. Er heißt Widukind und ist beliebt bei den Ost- und Westfalen, bei den Engern und Nordalbingern. Nach einer geheimen Zusammenkunft im Edelhof Marklo an der Weser haben die sächsischen
Rebellen die fränkischen Grafen, Beamte, Priester, ja selbst getaufte Sachsen erschlagen, die Kirchen und Klöster verbrannt und
furchtbare Rache bei den Hessen und Bheinfranken genommen.
In grimmigen Zorne schlug nun König Karl zurück. An der Spitze seiner Heere drang er bis zur Unstrut und Saale vor, eroberte Westfalen und Engern und zwang Widukind zur Flucht. Nun flammte über
Sachsen der Tag der Sache. Wer Pferdeschädel auf den Giebeldächern
duldete und nicht an ihrer Stelle die Holzkreuze aufsteckte, verfiel dem Schwerte und sein Schilfdach flammte auf; das Vieh wurde
fortgetrieben, Ortschaften niedergebrannt, zu Hunderten lagen erschlagene Männer in den Wäldern. Unsagbares Elend war über die Heimatdörfer hereingebrochen. Fränkische Reiter trieben endlose Kolonnen gefangener Sachsen nach Lippsringe.
Um die Königslinde auf dein weiten Ratsfeld waren hölzerne Schranken
aus geschälten Pfählen errichtet. Zu Tausenden werden die Sachsen
in die Umfriedung (Friede ist zu halten!) getrieben. Ein Waffenstarrender Ring fränkischer Krieger bildet den Umstand. König Karl
sitzt unter der alten Ratslinde auf fellbedecktem Stein, angetan
mit einfachen, hellblauem Leinenmantel. Sein goldener Stirnreif
blitzt in der Sonne. Um den König sitzen fränkische Grafen und Bischöfe in prunkvollen Gewändern.
Herolde treten hervor; mit Lurenhörnern blasen sie den Königsruf.
Im weiten Feld ist Stille eingetreten. Der kgl. Kanzleisekretär
entfaltet eine Pergamentrolle und verkündet mit lauter Stimme die
neuen Gesetze und Verordnungen:
"Wer in eine Kirche eindringt, darin etwas raubt oder stiehlt oder
die Kirche in Brand steckt, der soll sterben!"
"Unsere Hofe haben auch gebrannt!" schreit ein baumlanger Sachse.
"Meine Viehherden wurden von den Franken gestohlen!" ruft ein anderer aus dem Hintergrund. König Karl gebietet Ruhe. Der Sekretär
liest weiter:
Wer während der Fastenzeit Fleisch ißt, soll sterben. - Wer einen
Priester tötet, soll sterben. - Wer Leichen nach heidnischer Art
verbrennt, soll sterben. - Wer die Taufe verweigert, soll sterben. Wer sich gegen die Christen verbündet, soll sterben. - Wer dem
König die Treue bricht, soll sterben. - Wer angebliche Hexen verbrennt und ihr Fleisch ißt, soll sterben.
"Genug jetzt!" schreit ein junger Sachsenkrieger, "jedermann soll
sterben! Wer aber soll leben?"
Ein ungeduldiges Murren geht durch das Ratsfeld. Die Leibwache
greift zum Schwerte. König Karl erhebt sich. Nun tritt wieder Ruhe
ein. Der Beamte liest weiter:
"Wer aber reuig seine Sünden beichtet, wer die auferlegte Kirchenbuße auf sich nimmt, der kann leben. Im übrigen verordnen wir: Zu
jeder Gaukirche geben die Gläubigen einen Hof und dem Pfarrer
2 Morgen Land. - Alle geben der Kirche den Zehnten und jeden zehnten T?g ist der Kirche ein Frondienst zu leisten. - Wer aber weiterhin unter Bäumen, in Hainen oder an Quellen den Heidengöttern
opfert, wer Roßfleisch verzehrt oder Leichen in heidnischen Grabhügeln bestattet, wird zu Geldbußen verurteilt. (Adelige 60 Schilling, Gemeinfreie 30, Knechte 15 Schilling). Ferner fordern wir
euch auf, die heidnischen Priester und Wahrsager an die Kirche auszuliefern"
Immer unruhiger wird die Menge, endlos scheinen die königlichen
Gesetze, bis es endlich ganz stille wird und die Sa.chsen nur noch
mit geballten Fäusten vor dem Hochsitz des Königs stehen. Der aber
sieht über ihre Köpfe hinweg in eine Zukunft - in ein abendländisches, christlich germanisches Reich.
Der Reichstag ist beendet, die Sachsen bekommen freien Abzug. Jeder
kehrt in sein Dorf zurück. In Fronarbeit werden die verbrannten
Kirchen aufgebaut. Fränkische Grafen und Beamte schauen den Sachsen
auf die Finger. Sie haben ihre gekauften Lauscher, Beobachter und
Spione ausgeschickt um jeden Aufstandsversuch rechtzeitig zu erfahren. Man kann den trotzigen Engern nicht recht trauen.
Im folgenden Frühjahr (782) rückt das Frankenheer durch die Sachsengaue zur Elbe vor um gegen die heidnischen Sorben zu kämpfen. Von Hof zu Hof eilt die geheime Kunde: Widukind ist wieder im Landauf Thingstätten und Wodanseichen ist sein Wappen, das schwarze
Roß auf rotem Grunde, aufgehängt! Das bedeutet Alarm für alle
waffenfähigen Männer. Im Rücken der Feinde erhebt sich abermals das
Volk. Wieder flammen die Kirchen und Klöster auf, wieder werden
Priester und Beamte erschlagen und die Kreuze von den Firstbalken
heruntergerissen. Die fränkischen Heerführer kehren um und erleiden
eine blutige Niederlage.
König Karl erhielt die Botschaft in Diedenhofen, am Todestage seiner
Gemahlin Hildegardis. Mit einem starken Heere zieht er abermals
nach Sachsen. Widukind flieht. Die Adeligen halten sich selbst zurück und schicken ihre Dienstmannen in den Kampf. Als König Karl
nach dem Siege die Auslieferung der Anstifter fordert, übergeben
die sächsischen Edelinge einige Tausend gemeinfreier Bauern und
Gefolgsleute. So entgeht der Adel dem furchtbaren Gericht von
Verden an der All/er (?82), während die Bauern und Handwerker der
Rache des Siegers ausgeliefert sind.
Widukind war abermals aufgetaucht. Verzweiflung und Entsetzen vor
der Bluttat an der Aller verursachte die neue Empörung. Ein mörderisches Sengen und Brennen hebt an. Ein Kämpfen auf Leben und Tod,
bis Widukind einsieht, daß er sich der fränkischen Macht doch beugen muß. Er bietet den Frieden an.
In Attigny an der Marne empfängt Karl den alten Widersacher. Die
beiden Fürsten reichen sich die Hände zur Versöhnung. Die Großen
haben ihren Frieden gemacht."König Karl aber hat zuletzt von den
beiden Ufern der Elbe "10 000 Menschen mit Weib und Kind wegführen
lassen und. hierhin und dorthin über Gallien und Germanien in kleinen Gruppen verteilt." (Thema 24!)
Nur langsam heilte die Zeit die Wunden des grimmigen Kampfes. Die
beiden feindlichen Stämme begannen zu begreifen, daß man auch in
Frieden nebeneinander und miteinander leben kann.
(Nach Zierer, Bild der Jahrhunderte Ed. 15)
Erkenntnisse: Die Bekehrung der Sachsen wäre allein Aufgabe der
Missionare gewesen. - Karls Maßnahmen waren zu hart, unchristlich
und forderten den Widerstand heraus. - Das Gericht an der Aller
erinnert an die Massenmorde Hitlers und Stalins. - Nicht jeder
getaufte Sachse war ein Christ; nicht jeder Mann, der ein Parteiabzeichen tragen muß, ist ein Parteimann. - Gesinnungen kann man
nicht aufzwingen, - Die Aussöhnung Karls mit Widukind brachte den
Völkern Friede und Wohlstand. - Die Aussöhnung zw. Deutschlang u.
Frankreich sichern Europa den Frieden. -
Immer unruhiger wird die Men^e, endlos scheinen die königlichen
Gesetze, bis es endlich ganz stille wird und die Sachsen nur noch
mit geballten Fäusten vor dem Hochsita des Könirrs stehen. Der aber
sieht über ihre Köpfe, hinweg; in eine Zukunft - in ein abendländisches, christlich germanisches Reich.
Der Reichstag ist beendet, die Sachsen bekommen freien Abzug. Jeder
kehrt in sein Dorf zurück. In Fronarbeit werden die verbrannten
Kirchen aufgebaut. Fränkische Grafen und Beamte schauen den Sachsen
auf die Finger. Sie haben ihre /gekauften Lauscher, Beobachter und
Spione ausgeschickt um ieden Aufstandsversuch rechtzeitig zu erfahren. Man kann O.on trotzigen Engern nicht recht trauen.
Im folgenden Frühjahr (782) rückt das Frankenheer durch die Sachsengaue zur Elbe vor um geren die heidnischen Sorben zu kämpfen. Von Hof zu Kof eilt die geheime Kunde: Widukind ist wieder im Landauf Thingstätten und "Wodanseichen ist sein Wappen, das schwarze
Roß auf rotem Grunde, aufgehängt! Das bedeutet Alarm für alle
waffenfähigen Männer. Im Rücken der Feinde erhebt sich abermals das
Volk. Wieder flammen die Kirchen und Klöster auf, wieder werden
Priester und Beamte erschlagen und die Kreuze von den Firstbalken
heruntergerissen. Die fränkischen Heerführer kehren um und erleiden
eine blutige Niederlage.
König Karl erhielt die Botschaft in Diecenhofen, am Todestage seiner
Gemahlin Hildegardis. Mit einem starken Heere zieht er abermals
nach Sachsen. Widukind flieht. Die Adeligen halten sich selbst zurück und schicken ihre Dienstnannen in den Kampf. Als König Karl
nach dem Siege die Auslieferung der Anstifter fordert, übergeben
die sächsischen Edelinge einige Tausend gemeinfreier Bauern und
Gefolgsleute. So entgeht der Adel dem furchtbaren Gericht von
Verden an der All/er (782), während die Bauern und Handwerker der
Rache des Siegers ausgeliefert sind.
Widukind war abermals aufgetaucht. Verzweiflung und Entsetzen vor
der Bluttat an der Aller verursachte die neue Empörung. Ein mörderisches Sengen und Brennen hebt an. Ein Kämpfen auf Leben und Tod,
bis Widukind einsieht, daß er sich der fränkischen Macht doch beugen muß. Er bietet den Frieden an.
In Attigny an der Marne empfängt Karl den alten Widersacher. Die
beiden Fürsten reichen sich die Hände zur Versöhnung. Die Großen
haben ihren Frieden gemacht. "König Karl äfesir hat zuletzt von den
beiden Ufern der Elbe 10 000 Menschen mit Weib und Kind wegführen
lassen und hierhin und dorthin über Gallien und Germanien in kleinen Gruppen verteilt." (Thema 24!)
Nur langsam heilte die Zeit die Wunden des grimmigen Kampfes. Die
beiden feindlichen Stämme begannen zu begreifen, daß man auch in
Frieden nebeneinander und miteinander leben kann.
(Nach Zier er, Bild der Jahrhunderte BAI, 15)
Erkenntnisse: Die Bekehrung der Sachsen wäre allein Aufgabe der
Missionare gewesen. - Karls Maßnahmen waren zu hart, unehristlich
und forderten den Widerstand heraus. - Das Gericht an der Aller
erinnert an die Massenmorde Hitlers und Stalins. - Nicht jeder
getaufte Sachse war ein Christ; nicht jeder M-im, der ein Parteiabzeichen tragen muß, ist ein ?arteimann. - Gesinnungen kann man
nicht aufzwingen. - Die Aussöhnung Karls mit Widukind brachte den
Völkern Friede und Wohlstand. - Die Aussöhnung zw. Deutschlang u.
Frankreich sichern Europa, den Frieden. -
Thema 26
Der blinde"Mönch von Weltenburg
Überschau: Wie die Sachsen,wehrten sich die Schwaben und Bayern als
harte Gegner der Franken, um die Erhaltung ihres Herzogtums. Dadurch wurden die politischen Einigungsversuche der Frankenkönige
sehr in Fra.ge gestellt. Schon Konig Tippln hatte den LVyemherzog
Oailo, Vpter des Tassilo, gefangengesetzt und auf Fürsprache Bonifatius wieder frei gelassen. Im Jahre 7&3 verließ Tassilo eigenmächtig einen Kriegszug nach Aquitanien und schaltete 18 Jahre lang
unabhängig in Bayern, das er 772 um Kärnten erweiterte. 7-9 heiratete Tassilo die Tochter des Langobardenkönigs Desiderius Liutbirg,
eine Schwester der Königin Karls d. Großen. Als der Frankenkönig
seine Gemahlin Desiderata 771 verstieß und nach der Schlacht bei
Pavia (774) diese Familie in Klöster verbannte, geriet Tassilo in
ein schwieriges Verhältnis zun Frankenkönig Karl. Tassilos Gemahlin haßte den König und war Urheberin des wiederholten Treuebruchs
von Tassilo. 7-1 zwang König Karl in Worms Tassilo zur Huldigung;
erschien 7&7 mit einem Heer auf dem Lechfeld; Tassilo mußte dem
mißtrauischen König abermals den Treueid ablegen.
Bereits ein Jahr darauf wurden dem König Kachrichten überbracht,
Tassilo versuche sich mit den Avaren gegen ihn zu erheben und vom
Reiche abzufallen. Der Frankenkönig lädt Tassilo nach Ingelheim
(Pfalz) ein, er sollte sich vor einem Gericht fränkischer Fürsten
verantworten, - Das Gericht verurteilt den Bayernherzog wegen
Herisliz (Heeresverlaß=Fahnenflucht) unter rippin (763) zum Tode;
wegen Verwandtschaft mit dem König aber begnadigt, die ganze Herzogsfamilie getrennt und in verschiedene Klöster verbannt. Nach
altem fränkischem Brauche wurden vielfach so Verfemte auch geblendet. Die Blendung Tassilos ist urkundlich nicht erwiesen; dagegen die Verbannung seiner Familie: 788 seine Tochter im Kloster
Chelles, eine zweite Tochter im Kloster Laon; 788 Tassilos Sohn
im Kloster St. Maximin in Trier; er selbst in den Klöstern v.
St. Goar, Lorch und Weltenburg.
Von 554-788 regierten die Agilolin^er in Bayern. Konig Karl setzte
keinen Herzog mehr ein; er gab Bauern, samt Kärnten, Steiermark
und Krain unter die Obhut seines Schwagers, dem schwäbischen Grafen Gerold. Bemerkung: Zum damaligen Altbayern gehörten Ober- und
Niederbayern, Kärnten,Steiermark und Krain, Neubayern entstand
unter Napoleon 1806.
Für die Schüler:
Eines Tages kam Karl der Große mit seinem Jagdgefolge auch zun
Kloster Weltenburg an der Donau. Der Prior des Klosters empfing den
königlichen Gast im festliche, geschmückten Speisesaal. Paarweise
kamen die Mönche herein um an der Tafel Platz zu nehmen. Unter ihnen war ein Blinder mit schneeweißem Barte, Kaiser Karl konnte den
Blick von diesem schweigsamen, ritterlichen Mönche nicht wenden,
Irgendwie kam er ihm bekannt vor. In seiner Unruhe fragte er den
Prior: "Wer ist der Blinde und wie ist sein Geschick?" "Wir wissen beides nicht" antwortete der Prior: "eines Tages brachten ihn
zwei Brüder vom Rheinland her. Im Begleitschreiben des dortigen
Abtes war zu lesen: Fragt nie nach seinem Namen und seiner Herkunft, erbaut euch nur an seinen Tugenden." - Lange schwieg der
Kaiser gedankenversunken. Selbst die gebratene Hirschkeule wollte
ihm nicht mehr munden. Beunruhigt erhob sich der Gast und ließ
sich in sein Zimmer führen.
Wieder stand die Gestalt des blinden Mönches Romuald vor ihm. Herzog Tassilo, mit dem der Blinde soviel Ähnlichkeit hatte, ksua ihn
in den Sinn und mit ihm das Urteil von Ingelheim. Im Jahre 788
hatte er den Bayernherzog Tassilo abres-tzt, sein Bayernland weggenommen, seine Familie in verschiedene Klöster verbannt, daß sie
darin als Mönche oder Nonnen ihr Leben beschlössen. Keines wußte
den Aufenthalt des anderen und keines sollte je wieder etwas von
ihm hören. Ein grausames Urteil, das den Kaiser heute mehr als
sonst beunruhigte.
Es war schon lange nach Mitternacht. Da vernahm der schlaflose
Kaiser schlürfende Schritte auf dem Gang des Klosters. Leise öffnete er die Zimmertüre und sah zu seinem Schrecken den blinden Romuald, wie er sich die Mauer entlang, die vielen Treppen hinunter
zur Kirche des Klosters tastete. - Leise folgte ihm Kaiser Karl,
lehnte sich hinter eine Säule, um den Mönch zu beobachten. Romuald
kniete am Hochaltar und betete laut:
"Lieber Gott, hilf mir dich zu preisen! Du hast mir heute meinen Feind geschickt, der mir das Licht der Augen, meine Frau, meine beiden Töchter und Söhne nahm, der uns alle lebenslänglich hinter Klostermauern verbannte. Herr hilf ihnen, daß sie alle ihr
schweres Schicksal ertragen, hilf mir, daß ich meinem Übeltäter
von Herzen verzeihe. Segne alle meine Lieben, segne auch den Kaiser
und alle meine Bayern.!"
"Um Gotteswillen!" schrie der Kaiser auf, "Tassilo verzeihe mir, du
sollst wieder der Bayern Herzog sein.!" Romuald erhob sich, legte
dem Kaiser beide Hände auf das Haupt und sprach: "Großer Kaiser,
Du hast mir viel genommen, aber den Frieden der Seele hast du mir
gegeben. Ich verzeihe dir dein hartes Urteil von Ingelheim und bitte
dich für mein Bayernvolk zu sorgen. Wenn du mir einen letzten Wunsch
erfüllen möchtest, bringe mich zurück nach Lorsch, dort möchte ich
sterben." Langsam sich zum Ausgang tastend, verließ Romuald das
Gotteshaus.
Als die Mönche früh am nächsten Morsen zur Mette in die Kirche kamen, waren sie sehr verwundert, den Kaiser betend am Altar zu finden. Er hörte ihren Gesang, nahm hernach schweigend das Frühstück
ein und ritt zurück nach Regensburg. Dort befahl er seinen Stallmeister: Fahre sofort nach Weltenburg und bringe in meinem kaiserlichen Wagen den blinden Mönch Romuald zum Kloster Lorsch am Rhein. So geschah es auch"!
Romuald-Tassilo starb weninre Monate später am 11. Dezember. Die Sage erzählt aber, daß Tassilo alljährlich in seiner Todesnacht im
Kloster Weltenburg erscheine um vor dem Hochaltar für Land und
Volk der Bayern zu beten.
Nach Herausstellung der geschichtlichen Ereignisse, der Probleme und
Beurteilung der Persönlichkeiten folgen zusammenfassend die Erkenntnisse: Die fränkischen Könige ließen grausame Urteile vollstrecken.Blendung, Verstümmelung, Klosterhaft, Familientrennung und Verschleppung gehörten zu den gebräuchlichen fränkischen Strafen.-Tassilo
hat sich in sein Schicksal ergeben, er betet für seinen Todfeind
und verzeiht ihm auch. - Tassiios Gemahlin hat mit ihrer Rachsucht
das große Unglück über Ihre herzogliche Familie heraufbeschworen. Das Reich der Franken ist längst zerfallen - das Herzogtum Bayern
wurde größer, 1806 sogar ein Königreich. - Gewaltsam erbaute Reiche
zerbrechen (Römer,Franken,Napoleon,Hitler,England. )
Thema 27
Besuch in einer Kaiserpfalzdie Verwaltung des Frankenreiches
Die Frankennönige hatten keinen Dauersitz, wie dies in der späteren Kaiserzeit der Fall war. Die fränkische «Vanderregierung war
vielmehr das ganze Jahr hindurch'auf Reisen durch das Reich. Mit
großem Gefolge, mit Herrn und Damen(zog der König von Pfalz zu
Pfalz, die gewöhnlich
an den alten Heeresstraßen erbaut waren, um
hier die angesammelten LebensmittelVorräte (Zehntabgaben) bis auf
den letzten Rest aufzuzehren. In den Pfalzen wurden Gesandte empfangen, Berichte der Send- und Gaugrafen angehört, Bitten der Bischöfe und Abte genehmigt, Streitigkeiten des Adels geschlichtet
und treulose Untertanen vom König selbst hart gerichtet. In der
Freizeit folgten Damen und Herrn dem kgl. "Gejaid" (Jagd). Zur
Winterzeit hielt sich Karl d. Gr. gewöhnlich in der neuerbauten
Kaiserpfalz zu Ingelheim bei Mainz auf (Abbildung siehe Geschichtsatlas). Im Gegensatz zu den Altpfalzen war sie bereits aus Stein
gebaut mit Königsbaus, Herren- oder Gästehaus, Frauenhaus, Militärlager, Gesindehäuser, Kirche oder Pfalzkapelle, Stallungen, Scheunen und Lagerhäuser und den immer dazugehörigen Landgütern.
"Viele Bauten für den allgemeinen Nutzen hat Kaiser Karl aufführen
lassen, so das Stift unserer lieben Frau in Aachen seinem Palast
gegenüber mit Sälen, Fürsten- und Herrenhäusern hat er dermaßen
umschränken lassen, daß er aus seiner Kemenate in alle Gemächer hat
sehen können. Die Marmorsäulen hat er von Ravenna heraufführen lassen
und der St. Gallener Mönch Danko hat die Glocken gegossen. - Zwei
kaiserliche Paläste und Festen hat er von GrUnd aus gebaut; die eine
zu Ingelheim, die andere zu Niemagen (Geldern)". (Nach Joh*Aventinus).
"Den Winter verbringt König Karl in der neügebauten Pfalz zu Ingelheim. Die Buchenseheite krachen im offenen Kamin, der breite Tisch
in der Herrenhalle ist mit feinem irischen Linnen gedeckt. Dort
sitzt König Karl im geschnitzten Hochsitz an der Spitze der Tafel;
hinter ihm ragt der Hauptstamm des balkentragenden Saales auf, an
dem Schild und Schwert hängen. Weil das Kaminfeuer den großen Raum
nicht behaglich erwärmen kann, haben die Diener vorsorglich unter
den Tisch Strohbündel gebreitet um die Bodenkälte fernzuhalten. Die Mahlzeit inmitten der Kinder und des Gefolges ist eben beendet.
Herr Karl hat aus dem Pokal mit Moselwein nur dreimal recht bescheiden getrunken. Nun reicht ihm der Tafelmeister die Schale, in der er
sich die fettigen Hände wäscht, während der Truchseß mit einem Linnentuche danebensteht. - Der König hebt nun die Tafel auf. Die Halle
füllt sich mit Edelfrauen und Herren des weiteren Gefolges, die nun
hungrig zu Tische drängen. Karl begibt sich mit seinem auserwählten
Gefolge in einen Nebenraum um die zahlreichen Bittsteller zu empfangen." (Nach Zierer, Bild der Jahrhunderte Bd. 15,S. 133)
Neben den Kaiserpfalzen, die zum vorübergehenden Aufenthalt des Reichs
Oberhauptes errichtet sind, gibt es noch die Reichshöfe oder die
Kleinpfalzen, die Residenzen der Grafen in den Gauen, Untergauen
(Zenten) und Marken. Sie sind reine Verwaltungshöfe, besetzt mit
zuverlässigen adeligen Amtsleuten. Im Reichshof lagern die Zehntabgaben, die auf den Märkten zu Geld gemacht werden; hier ist das Finanzamt, das Amtsgericht, das Militärlager, das Gästehaus für durchziehenden Adel, und auch die Kirche mit dem Reichspfarrer. Zum Reichshof gehören große Landgüter mit zahlreichen Dienstboten und Handwerkern als Angestellte - alles ist Reichsgut. Einnahmen und Ausgaben hat
der Reichshofmeister oder Graf auszuweisen. Er wird vom König selbst
oder dem Sendboten kontrolliert (siehe Thema 33-Sendgrafenbericht!)
Über Einrichtung und Verwaltung der königlichen Güter bestimmen
die "Kapitularien" Karls d. Gr. aus dem Jahre 810 folgendes: Auf dem
herrschaftlichen Gute gibt es ein Königliches Wohnhaus, außen aus
27-1
Stein, innen aus Holz, gut und fegt gebaut. Ferner gehören dazu
Werkstätten mit Vorratskammern, Stallungen, Küche ait Stampfmühle
in einem Raum,, fünf Speicher und drei Scheunen. Der Hof ist mit
einem Zäun und mit Dornenhöcke umgeben; er hat einen Aussichtsturm
und ein Holztor. Dabei liegt ein kleinerer, ebenfalls umzäunter Hof
mit'Obstgarten und Fischbehältt;r.
An Wäsche sei vorhanden: Bettwäsche für ein Bett, tÄiaä Tischtuch, ein
Handtuch. - An Gebrauchsgegenständen zwei ErzK.rüge , ein Becher, ein
Beckeil, zwei Kochtöpfe, eine Pfanne, ein Herdrost, ein Feuerbock, ein
Leuchter, eine Axt, eine Barte, zwei Bohrer, ein Schnitzmesser und
weitere Geräte- aus H-0I2. - Jeder Hof soll in seiner Vorratskammer
Bettdecken, Matratzen, Federkissen,' Bettleinen, Tischtücher, Bankpfühle, Erzgefäße, andeire" Gefäße aus' Blei," Eisen oder Holz, FeuerböcKe, Ketten, Kesselhakeh, Hobel, Spitzhauen u.a. Handwerkszeug
haben, sodaß es nicht nötig ist, anderswo welches zu entlehnen. Die äpi.nnstuben der Frauen sollen wohlversehen sein mit Zimmern,
heizbaren Räumen und Bretterverschlägen. Die Frauenhäuser sollen
auch von guten Zäunen umgeben sein und müssen feste Türen haben. unsere Einzelgehöfte sollen alle einen Herd haben und (_ii Wachtürmen zu ihrer Sicherheit versehen sein.
Verwaltung: Wir wünschen, daß unsere Landgüter (Eeichshöfe) uns
allein dienen und nicht anderen Leuten. - Wir wünschen, daß unser
Gesinde gut gehalten werde und durch niemand ins Elend gerate und
daß unsere Amtsleute sich nicht unterfangen unser Gesinde zu ihrem
eigenen Dienst wie fronen, Holzfällen u. a, gebrauchen.
unsere Amtsleute sollen die Weinberge ihrer Bezirke gut versorgen,
den Wein selbst In gute Gefäße tun und sorgfältig darauf achten,
daß er keinerlei Schaden erleide. Soviele Landgüter einer in seinem Bezirke hat, soviele Leute soll er
da.zu bestimmen, die Bienen für unsere Wirtschaft zu besorgen (Sedeloder Biehnenhöfe!-Sedelmaier, Zedelmaier). - In unseren Mühlen sollen
Hühner und Gänse gehalten werden. Die Hauptgüter sollen nicht unter
100 Hühner und mindestens 30 Gänse halten; die Hufengüter 50 Hühner
und nivht weniger als 12 Gänse. - Jeder Amtmann soll jährlich reichlich Feaervieh und Eier an den Hof liefern. - Es ist darauf zu achten, daß alle Erzeugnisse wie Speck, getrocknetes Fleisch, Wurst,
Surfleisch, Wein, Essig, Maulbeerwein, Senf, Käse, Butter, Malz,
Bier, Met, Honig, Wachs u. dg. mit größter Reinlichkeit hergestellt
und zubereitet werde. Jeder Amtmann liefere jährlich auf Weihnachten
Verzeichnisse von all unserm Gut und Ertrage, wohlgeordnet, damit
wir wisstmi was und wieviel wir von jeder Art besitzen.
Ein Amtmann soll auch unter seiner Dienerschaft gute Handwerker wie
Eisen- und üdelschmiede, Schuster, Drechsler, Stellmacher, Fischer,
Falkner, Seifensieder, Brauer, Bäcker, Hetzstricker haben.
Erkenntnisse: Der König auf Reisen-Wanderregierung. - Sorge für gute sparsame Hofhaltung. - Sorge für Gesinde (soz.
Einstellung!). Sorge für gute Verwaltung üit Kontrollen. - Verwaltung einst (König, Sendböte, Gaugralen, Zentgrafen) und heute:
Gemeinde, Landratsamt, Regierung, Ministerium. - Unter den Franken
aufgebaut auf Gefolgschaftstreue - in der Gegenwart DemoKratie. Die reichseigenen Hole gingen später durch Kauf, Pfand, Schenkung
in die Hände weltlicher und geistlicner Fürsten über.
27-2
Thema 29
Die Ungarn im Kloster Reichenau
Auf der Insel Seichenau im Bodensee ist es still, öde und menschenleer. Die Mönche des Klosters haben mit allen Schätzen die Fliehburg aufgesucht. Nur Heribald, ein geistesschwacher Klosterbruder
war eigensinnig zurückgeblieben.
Jetzt sitzt er auf der hohen Klostermauer und stiert nach dem anderen Ufer des Sees. Dort hält ein Trupp Heiter. Die Zügel um den Arm
geschlungen, den Ffeil auf der Bogensehne.waren sie spähend herangesprent. Vorsichtig pirscht sich ein Magyare an das weidenumbuschte
Ufer heran. Da sich keine Feinde zeigen, gibt der Anführer der ungarischen Vorhut das Zeichen zum Übersetzen.
Den Ffeil in den Köcher gelegt, den Krummsäbel mit den Zähnen gefaßt, die Sporen eingepreßt - so gehts in den See. Hurtig arbeiten
sich die kleinen Rosse durch die blauen Wogen. - Jetzt ist der Vorderste an Land! Er springt vom Pferd, schüttelt sich wie ein Pudel
und hilft den anderen auf die Insel*
Wie- eine Bildsäule sitzt Heribald, der Klosterbruder und sieht d.en
aus dem Wasser steigenden Gestalten entgegen. Was da auf ihn zukommt dünkt ihn so häßlich, daP er ausruft: "Alle guten Geister helft
Hager, dürr und klein von Gestalt, viereckig die Schädel, struppig
das Haar, gelbfettig glänzend das Gesicht mit schiefliegenden Augen,
so sieht Heribald die wilden Ungarn. Nun wird noch eine Fahne mit
grüner Katze im roten Feld entrollt."Auf gehts!" ruft Ellak der Anführer.
Wie ein wilde Meute sprengen die flinken Steppenreiter in den Klosterhof der Reicheneu, ordnen sich in Gruppen um die Katzenfahne
und warten auf den Befehl zur Plünderung. Ellak hebt die Hand.
Katzenschnell sind die Reiter aus dem Sattel. Nun gehts wie die
wilde Jagd die Gange entlang, die Stufen hinauf, durch Kirche,Gruft,
Keller, von Zelle zu Zelle, bis hinauf zum Dachboden. Alles wird
durchsucht, alles wird zerschlagen und zertrümmert. Die Gier nach
Beute, Gold und edlem Gestein wird nicht befriedigt. Wütend kommt
Ellak zu Heribald: "Zeig mir die Schatzkammer!"
Heribald führt den Häuptling zu einer verschlossenen Geheimkammer.
Etliche versilberte Leuchter und ein unechter Smaragd sind darin verwahrt. "Schlecht Kloster! Bettclvolk!" schreit der Ungar und gibt
wütend dem Mönchbruder einen Fußtritt, daß er betrübt hinwegschleicht
Nun schleppen sie aus dem Keller die Weinfässer in den Hof.
Besorgt zupft Bruder Heribald einen der Plünderer am Ärmel und sagt
mit weinerlicher Stimme: '''Guter Mann, was soll ich denn trinken,
wenn ihr wieder weg seid?" Der Dolmetscher übersetzt und alle lachen; ja sie überlassen ihm großmütig das kleinste Fäßchen. Heribald verneigt sich wie vor seinem Oberen und bedankt sich für die
Gabe.
Zwei Plünderer klettern inzwischen auf das Turmdach. Der vergoldete
Wetterhahn war für die beutegierigen Reiter gar zu verlockend. Jetzt
stechen säe mit den Lanzen nach dem Hahn, verlieren das Gleichgewicht und stürzen schreiend in die Tiefe. Beide sind tot. Ellak
laßt im Klosterhof einen Scheiterhaufen errichten. Truhen und Kasten,
Bilder und Bücher der wertvollen Bibliothek sollen die Toten helfen
verzehren. Riesengroß, wie ein Dorffunken, wächst der Holzstoß. Nun
gibt Ellak den Befehl den Toten zu verbrennen. "Aufsitzen!" ruft er.
Die Reiter gruppieren sich um den Holzstoß. Ein alter Ungar tötet
die beiden Pferde; man legt sie zu den Toten. Ellak schwingt den
Feuerbrand und entzündet den Holzstoß. Eine mächtige Rauchsaule
steigt zum Himmel. Mit Waffenspiel und wildem Totenmahl wird das
Gedächtnis der Toten gefeiert. Bald schnarchen hunderte der Steppenreiter im stillen Klosterhof der Reichenau.
Thema 30
König Heinrich sichert sein Reich
Nach dem Zerfall des Frankenreiches verheerten die Magyaren, aus
der Theißebene kommend, Jahr um Jahr die deutschen Lande. Bis zum
Nordmeer, nach Frankreich, an die Kanalküste, nach Burgund stürmten
sengend und.brennend die räuberischen Steppenreiter. Machtlos stand
den flinken Ungarn das deutsche "Fußvolk" gegenüber. Besonders bedroht waren Sachsen und Thüringen; ihre Grenzgebiete waren völlig
unbewehrt im Gegensatz zu den Donau- und Rheingebieten. Dort konnte
sich die bedrohte Bevölkerung in alte Römerstädte flüchten. Die
Ungarn waren auf Beute aus. Königshöfe, Pfalzen und Klöster waren
ihre speziellen Ziele.
1. Chronikberichte über Ungarneinfälle:
Jahr 90?: Wie Rasende fielen die Ungarn wiederum in Bayern ein, zerstörten das Militärlager, verheerten die Kirchengebäude (Klöster!),
würgten und mordeten auf dem Schlachtfelde. Markgraf Luitpold war
gefallen. Doch zogen die Feinde diesesmal nicht über den Lech, verschonten Schwaben und stürmten nach Sachsen und Thüringen.
Jahr 910: Wie ein schäumender Waldstrom fielen die wilden Ungarn
über Schwaben und Bayern her. Allerorts standen die Gebäude in
Flammen. König Ludwig sammelte ein starkes Heer, verlor aber die
Schlacht auf dem Lechfeld. Stift und Stadt Kempten waren ausgeplündert - eine rauchende Brandstätte. - Über das Kloster Ottobeuren
liegen keine Nachrichten vor. Jahr 912: Abermals wurde das Nahen
der Feinde gemeldet. Bayern und Schwaben stellten den Reichsfeind
am Innfluß und bereiteten ihm eine große Niederlage. Trotzdem kamen sie im folgenden Jahre 913 abermals und rafften eine ungeheure
Beute zusammen.
Jahr 9165 Ganz Schwaben war mit Feuer und Schwert verheert; dann
drangen die Ungarn weiter und zerstörten Basel, verheerten das Elsaß und zogen nach Lothringen, wo sie unauslöschliche Merkmale ihrer
Wildheit hinterließen. (Baumann I)
Jahr 924: Im Königshof Püchau und seiner Pfalz Werle erlebte König
Heinrich selbst einen Überfall der Ungarn in Sachsen. Hier reifte
der bekannte Verteidigungsplan des Königs: Ausbau alter Befestigungsanlagen - Neubau von Burgen als feste Militärlager - Heranbildung
einer Reiterei - Anlage von ummauerten Städten als Zufluchtsorte für
die Landbevölkerung und Bollwerk gegen massierte Angriffe. Ansiedlung von Mönchen mit befestigten Klöstern im Grenzgebiet mit Wehrbauern in ibrem Umland. Neunjähriger Waffenstillstand mit den Ungarn,
der allerdings nur für Sachsen und Thüringen Gültigkeit hatte.
Jeder zehnte Freibauer wird eingezogen - Handwerker und Gewerbetreibende werden in den Städten frei - sind aber verpflichtet (als Bürger) die Stadt zu verteidigen. Neun Jahre lang wird emsig an Burgen,
Wällen, Klöstern, Mauerwerken und Wehrtürmen gearbeitet. Aus allen
Gegenden des Reiches kommen die angeworbenen Fachleute. Besonders
gerne gesehen sind die erfahrenen Benediktiner und die Maurer aus
Welschland. Weltliche und geistliche Fürsten schicken ganze Scharen
Bautrupps ins Sgchsenland. Auf den Blachfeldern der Königshöfe übt
die Reiterei in Panzer-und Kettenhemden, mit der langen Lanze, dem
breiten, bebänderten Schwert und den Dreieckschilden. Der König
selbst, seine Freunde Hermann Billung und Gerold übten mit.
Jahr um Jahr schickte Heinrich riesige Viehherden, Kaufmannszüge
und beladene Bauernfuhrwerke als Tribut zu König Arpad in die Theißebene. Seine Sachsen wollten diese Maßnahme nicht verstehen. Der
König aber nützte mit großer Umsicht die Frist des Waffenstillstandes um sein Reich zu sichern.
Während in Sachsen und Thüringen gerüstet wurde, verheerten die Ungarn weiterhin die anderen Reichsgebiete. Bereits 925 kamen sie wieder nach Schwaben, fanden keinen Widerstand, weil Herzog Burkhart
in Italien war, plünderten und raubten, was sie die Jchre zuvor
übersehen hatten. Sie eilten zum Bodensee und in die Schweiz. Der
Abt von St. Gallen, der die Gefahr ahnte, ließ eine Meile vom Kloster entfernt einen Berg befestigen und flüchtete mit den Schätzen
des Klosters dorthin. Feuer und Fauch meldeten den Abzug der Foinde
aus dem zerstörten Kloster. Weiter eilten die Horden zur Reichenau,
sie verbrannten Konstanz, hieben im Schwarzwaid, viele Tannen und
banden sie zu Flößen zusammen; dann verheerten sie Elsaß und zogen
nach Besancon und ins Burgandische.
2. Befestigungen in Schwaben aus jen/ler Zeit, soweit sie bekannt sind:
Dem sächsischen Beispiel folgend sicherten auch die Schwaben ihr Gebiet durch Ausbau alter Volksfliehburgen
(Falken, Woringen, Auerberg, Lerchenberg) - Verstecke und Viehkrale
in unzugänglichen. Wäldern oder Sumpfgebieten (Anlage beim Ulrichsbrunnen zwischen Ottobeuren und Hawangen) - Absicherung der Königshofe - vor allem aber durch Anlagen von Kirchenfliehb.urgerr: Gemauerte Kirche - hohe Wehrmauer mit Tor - Gemauerte Gebäude an der Kirchhofmauer - Steilhang oder Graben mit Wall - Wehrturm mit Schießscharten, Zugang nur von der Kirche her oder mittels einer Strickleiter. - Lebensmittelvorräte im Turm und auf dem Kirchendachboden.
Reste solcher Kirchenfliehburganlagen sind noch zu erkennen, bzw.
zu vermuten:
In Thalhofen bei Oberdorf, Buchioe, Holzheim bc-;i Dillingen, Untergermaringen, Stöttwang bei Kaufbeuren, Kaufbeurcr Kartin&friedhof,
Wullenstetten bei Ulm, Hohenaltheim bei Kördlingen, Ha.ttenhof en,
Bertoldshofen, Bobingen (einst 2 Tortürme mit Pechnasen!), Wehr'ingen,
Großaitingen, Graben,
Hawangen bei Memmingen (Graben um die Kirche, Turm an der Westseite,
später Dorfburg) - Böhen (Friedhof am Steilhang, Grabenspuren, Quaderturin mit "ISO cm Mauern) - Lauben bei Memmingen (Ringgrabenspuren,
Turmtor mit Leiter zu erreichen-innen sichtbar!) - Herbishofen
(Ringgrabenspuren, Eingangstor) - Frickenhausen (auf hoher Bergnase,
steiler Böschung, Ringgraben, großräumig-wahrscheinlich auch Burg).
Gronenbach (über dem Ort, Steilhange, Grundnaterial aus Römerbauten,
Turm auf der Südseite) - Attenhausen (außerhalb des Dorfes, Grabenspuren). - Marktoffingen; Inningen, Obcrgünzburg, Rieden bei Kaufbeuren, Altdorf.....
Literatur: Baumann, Geschichte des Allgäus Band I. - Zierer, Bild
der Jahrhunderte Band 17« - Schnieringer, Heimatbrief 20. 3. König Heinrich besiegt die Ungarn 953 (siehe Scheiblhuber, Deutsche Geschichte Seite 57> - Verlag Oldenbourg München - 9jÖ0 DM)
Erkenntnisse:
Das uneinige, wehrlose Reich lockte die Ungarn an. - König- Heinrich
kümmerte sich um die Not seines Volke-s. - Mit Klugheit, Geduld und
Fleiß sicherte er sein Reich. - Die Ungarn lebten von der Beute und
von der Arbeit ihrer Nachbarnvölke-r.. - Auch heutzutage ist das Reich
bedroht - es geht nicht um Viehherden und Beute, sondern um Weltanschauung und Weltbeherrschung. - Mauern und Burgen würden keinen
Feind aufhalten. - Stärker sind Schutzbündnisse. Ganz Europa muß
z u s amm e nst eh e n.
Thema 31
Königshochzeit in Queddlingburg
Am Ufer der Bode ist der Königshof Quitlinga, an drei Seiten von
Palisadenzäunen,' Ein mächtiger, aus rohbehauenen Stämmen gefügter
Holzturm mit Altan, steht als Wächter über den flachen, schilfgedeckten Gebäuden, Scheuern, Stallungen und Gosindehäusern. Durch ein
hohes Gatter führt der Weg zum Innenhof, umgeben von langgestreckten,
offenen Hallen. Sie dienen in Regentagen dem Gesinde, den Besuchern
und den Rossen als unterstände. Unter dem mächtigen Vordach zum Herrenhaus sitzt an sonnigen lagen die Königin Mathilde mit ihren Frauen.
Nach der Mode der Zeit hat die Königin purpurne Bänder in die
blonde Haarkrone geschlungen-, goldene Fäden mit aufgereihten Perlen
liegen iv'ie ein Netz darüber. Scharlachrot ist das wallende Kleid;
am edelsteinbesetzten grünen Gürtel baumelt eine Tasche. An Hals
und Armen glitzert goldenes Geschmeide.
An kühlen Tagen hält sich die kgl. Familie in der geräumigen Stube
am offenen Kaminfeuer auf. Von den Wänden lohen die Kienspäne und
werfen ihr flackerndes Licht auf gestickte Wandteppiche und auf
heidnische Malerelen. Bären- und Wolfsfeile decken den Boden. Aus
dicken Eichenbohlen sind die Fensterläden gefügt.
Im Herbst 929 wird die Hochzeit des Prinzen Otto mit der englischen
Königstochter Editha gefeiert. Mit Fichtenzweig und Blumengewinden
sind die halbfertigen Bauten verhängt, Triumphbogen sind errichtet
und in den Nächten flammen die Freudenfeuer von den Höhen.
Zahlreiche thüringische und sächsische Edle sind mit ihren Frauen
und reichem Gefolge erschienen um der Hochzeit des Königsohnes
beizuwohnen. Hermann Biilung ist schon vor Tagen an der Spitze einer
stattlichen Adelnabordnung der Braut entgegengeritten. - In den Gassen Queddlinburgs drängt sich das Volk, Von allen Seiten und Gauen
sind fahrende Leute herbeigekommen. Banden von Gauklern, Musikern,
Puppenspielern, Wahrsagern. Bärentreibern und Schwerttänzern treiben sich in den neuentstandenen Gassen, vor dem halbfertigen Kloster,
in den Höfen der Burg und auf dem Münzberg herum. Abseits vom Trubel der Bauern und Bürger haben die ritterlichen Herren ein Ballspiel begonnen. Sanewerksleute werfen mit Eolzkugeln nach den Stöcken,
auf dem Anger vor den Wällen tanzt die Jugend nach dem Dudelsack.
Am frühen Nachmittag schallen langgezogene Hornstöße von
den Wachtürmen» Alles horcht auf und rennt zum Tor, den Einzug der
Engländerin^ zu sehen. Die Prinzessin wird von dem englischen Kanzler Torkatulus begleitet,' ein halbes Hundert ritterlich geschmückter
Edelinge bildet das Ehrengeleit. Torkatulus reitet an Billungs Seite.
Er ist ein stattlicher Mann. Schwarz sind seine Locken, bedeckt mit
grünem, juwelenbesetzte: i Hut. Die gestreiften Beinkleider enden in
roten Strümpfen und kostbaren Staatsschulden aus Zindalstoff, verbrämt mit Zobeipelz, Auch die anderen angelsächsischen Edelinge
erregen durch ihre Kleiderpracht Bewunderung. Fast ausnahmslos lassen sie die Locken auf die Schulter fallen; nur ■-jin.solne trpgen vergoldete Helme oder Stirnbänder. Sie reiten in leinenen, verschiedenfarbigen bestickten Obeigewändern. Die -p&lzb est taten. Mäntel sind über
den Rücken geworfen. Stirnreife, armspangen und Ketten blitzen von
rotem Gold und von Juwelen.
Dann naht der kastenförmige, mit tonnenartigem Dach überwölbte Reisewagen der Prinzessin Editha. Die reichen Schnitzereien sind mit
leuchtenden Farben bemalt, das Innere mit seidenen und linnenen Tüchern ausgeschlagen. Die Prinzessin ■ ist noch sehr jung, gehüllt
in schneeweißen Mantel und Schleier.
Vor dem Qiiitlingahof stehen Mönche mit brennenden Kerzen. Der Bischof von Eildesheim segnet den Eingang der künftigen Königin. Im
Innenhof paradiert eisenstarrend ein offenes Viereck von gepanzerten Rittern. Aus dm- festlich, geschmückten Vorhalle treten König
Heinrich und Frau Mathildas,, Hinter ihnen ersehe int schmal und blaß
Prinz Otto.
-(-umgeben
Er sieht seine Braut zum Erstenmale und vergleicht sie mit seiner
Freundin im slavischen Land, die er gerne heiraten wollte. Jedoch
König Heinrich, sein Vater, verbot ihm diese Ehe und sagte: Eine
slavische Konigin würden die Bischöfe und Herzöge des Reiches nicht
dulden; du' mußt verzichten, wenn du König werden willst.
Kanzler Torkatulus bietet Prinzessin Editha die Hand und geleitet
sie aus dem. '"vagen zu dem königlichen Paar. Dann beginnt er eine
lange lateinische Ansprache, die niemand versteht. Dann tritt Frau
Mathildis herzu, umarmt die Schwiegertochter und heißt sie am Königshof herzlich willkommen. Prinz Otto, der seine Braut staunend
betrachtet, führt sie in den großen Rittersaal, zur festlich geschmückten Tafel,
Am anderen Tage geleitet ein Festzug von Reitern, Adeligen und Volk
das Prinzenbrautpaar in die neuerbeute Klosterkirche. Der Abt von
Hildesheim traut das Paar. Anschließend folgen die weltlichen Festspiele. Der englische Kanzler sieht Reiterspiele, Waffenübungen,
Wettläufe und Pferderennen; man zieht ihn in mancherlei Gespräche,
bittet ihn zum Schach- und Würfelspiel.
Die Damen unterhalten sich mit Singen, Bleigießen und Rätselraten.
Musikanten spielen zumTanze auf. Halle und Hof sind vom Morgen
bis zum Abend mit fröhlicher Gesellschaft gefüllt. Tagelang dauern
die Feiern. Torkatulus ist jeden Tag froh, wenn sich die Kammertüre
am Abend hinter ihm schließt und er zur Ruhe kommt. Zum Glück hat
ihm der König eine eigene Kammer angewiesen; die meisten Gäste schlafen in der Halle, oder in den Nebenreiumen auf aufgeschüttetem Stroh.
Die Queddlinburger Festtage gehen ihrem Ende entgegen. Das
jungvermahlte Paar zieht mit Reisigen und Knechten, Kammerwagen und
Viehherden nach der Stadt Magdeburg, die dem Prinzen als Hochzeits~
geschenk übereignet ist. Der König aber zog mit großem Jagdgefolge
in das Harzgebirge zum fröhlichen Waidwerk. Kanzler Torkatulus und
die englischen Herren aber kehren nach ihrer Insel zurück. (Nach
Zierer Bd. V?)
Er kenntnisse:
Wie bescheiden lebten doch die Könige jener Zeit! Ihre "Schlösser"
sind nichts weiter als Großbauernhöfe und bäuerlich war auch die
Hochzeit, die Festtafel, die Spiele und die Musik. Königliche Kleidung wird, nur bei Feierlichkeiten getragen. Sonst ist auch die Königin Hausfrau; sie kocht, strickt und spinnt den Flachsfaden. Folgsam ist der Prinz - als zukünftiger König muß er verzichten lernen.
Wie wäre das heute? Wie hat sich doch die Lebensweise geändert; wie
anspruchsvoll sind die Menschen geworden. Fürsten schliefen auf Stroh
in Scheunen-Bauern träumen heute in weichen Daunen. Man muß bedenken, daß auch zu König Heinrichs Zeiten bei aller Einfachheit
viele Menschen glucklich waren.
Thema 33
Freie Bauern werden hörig,leibeigen.
und rechtlos (Sendgrafenbericht),
Im Auftrage Kaiser Karls d. Gr. bereiste der fränkische Sendgraf
Roger von Hontfort die Gaue Bayerns und Kärntens (805-811). Seine
Berichte an die kaiserliche Hofkanzlei geben uns Einblick in die
Verhältnisse jener Zeit.
"Arn. Imperator Carolus Augusbus, Sieg und langes Leben dem ruhmreichen, großen Kaiser!"... In Kärnten gibt es besonders viele staatliche Gewerbebetriebe, Nach unserem Gesetz sind alle Bergwerke
und Bodenschätze königliches Eigentum. Sie v/erden von kgl. Beamten
verwaltet. Auf meiner Reise habe ich die Salinen zu Reichenhall
und Salzburg, die Erzbergwerke und Schmelzhütten im steirischen
Land besichtigt. Dabei habe ich gesehen, wie die Knechte (Sklaven!)
oft bis zum Gürtel im Sickerwasser stehen, wie in den Schachten
halbwüchsige Kinder auf hölzernen Gleitbahnen Karren schieben und
diese mit bloßen Händen beladen« In den Schmelzhütten steht das arbeitende Volk halbnackt und schweißubergossen an den Blasbälgen, die
Hörigen laufen zwölf und mehr Stunden am Tage in den Kastenrädern
(Tretrad!). Die Zahl der slawischen und averischen Kriegsgefangenen
reicht bei weitem nicht aus um die Schmelzhütten in Betrieb zu halten. In den Bergwerken und Werkstätten arbeiten hörige Leute ohne
Recht und Lohn. An Lebensmitteln bekommen sie nur das Schlechteste ,
was der Beamte auf dem Markt nicht verkaufen kann. Dem Brot sind
oft Kleie, Sägemehl, ja sogar Erde beigemengt.
Regensburg hat sich zu einem bedeutenden Handelsplatz für Eisenerzerzeugnisse entwickelt. Hier werden aber auch fränkische Leinenwaren,
Wolle, Wein und gewerbliche Erzeugnisse gegen Vieh, Wachs, Pelz,
Häute, Seide und Gewürze des Ostens getauscht.
In Enns trifft .-aar außer Avaren, Böhmen und Kroaten auch Finnen,
Bulgaren und Wikkinger, die den Zwischenhandel mit Byzanz und den
östlichen Ländern am. Rande der Erdscheibe besorgen. Die Waren werden meistens getauscht.
Von drei Schmelzhütten habe ich die Rechnungsbücher geprüft und gefunden, daß die Waren zum Marktpreis eingetragen, aber viel teurer
verkauft wurden. Nur so ist es zu erklären, daß manche kgl. Verwalter in kurzer Zeit zu Reichtum, ausgedehnten Ländereien, Viehherden, hörigen Knechten und großen Höfen gelangen.
An einigen Orten mußte icr> wegen Waffenschmuggel zu Gericht sitzen.
Ganze Wagenladungen von Panzern und Schwertern wurden entgegen den
kaiserlichen Erlassen, an die Avaren und Kroaten verhandelt. Aus
Eigennutz und Profitgier haben die ungetreuen Verwalter das Reichsgesetz mißachtet.
Auch der freieBauer wird durch Unrecht und Winkelzüge immer mehr
in Abhängigkeit gedrangt., Es gibt ganze Landstriche, in denen kaum
mehr ein freier Bauer lebt. Nur im Alpengebiet haben sich noch viele Höfe unabhängig erhalten. Wollen unsere Beamten ein fremdes
Grundstück, Waldland, Acker oder Hof in ihren Besitz bringen, erhöhen sie dem wirtschaftlich viel schwächeren Nachbarn die Steuern,
den Zahnten, die Frondienste udgl» dermaßen, daß sich die Wehrlosen unter ihre Schutzherrschaft begeben, ihren Besitz dem Großgrundbesitzer abtreten und als Lehen dann weiter bewirtschaften.
Die Mehrzahl der noch freien Bauern befinden sich in verzweifelter
Abwehr gegen den Druck der Großgrundbesitzer, der Klöster, Bischöfe, Grafen und der kleineren Leheneträgor. Dazu kommt noch die allgemeine Kriegsmüdigkeit der Bauern., die .sie veranlaßt sieh in
Schutzherrs-chaft zu begeben, Weges der vielen Kriegszüge sind viele Freie auch -/er.vrmt (1 Brünne kostet den Wert von 6 Ochsen), sie
geben ihre Güter dem Kloster, Grafen oder Meier und sind damit der
Wehrpflicht entbunden. Dafür zahlen sie Eiber für ihr Pachtgut Zins
(Lehengeld) und andere Kriegssteuern. Auf solche Weise und durch
landesherrliche Schenkungen aus früherer Zeit heben einige Klöster
riesige Besitzungen zusammengebracht. So gehören zum Kloster Fulda
15 000 Zinshufen, Benediktbeuren ?700, zu Tegernsee 11 000, zu
Augsburg 1500 und Salzburg 1600 hörige Höfe. Freilich muß ich zugestehen, daß die Ländereien unter Mönchsaufsieht besser und fortschrittlicher bewirtschaftet werden, als die Hufen in freibauerlichem Besitz.
Ich habe auch Domänen geprüft. Die kgl. Kammergüter der Gaue ■ verwaltet ein Richter. Von der Zentralstelle des kgl. Verwaltungshofes
(Reichshof) werden die Haupthöfe (Königs- oder Meierhöfe-Musterhöfe,
Landwirtschaftshöfe), auf denen jeweils ein Meier sitzt, verwaltet.
Die Meier gehören meist dem Mittelstände an, es sind zuverlässige,
tüchtige Männer, vertraut mit fortschrittlichem Landbau. Der Meier
hat auch die Aufgabe in seinem Gebiet die Zinsen der hörigen Hufen,
die Marktsteuern, Zölle und Brückenabgaben einzusammeln und zu
verrechnen.
Viele Meier siedeln die hörigen Handwerker-Müller, Bäcker, Schneider,
Schuster, Sattler, Wagenmacher- um die Haupthöfe an; manche dieser
Mustergüter sind Dörfer von mehreren hundert Einwohnern und die
Verwalter herrschen wie Fürsten über ihr kleines Reich. Die Bauern
in unmittelbarer Nähe des Hofes arbeiten ihren Zins (Zehnt) auf den
Gutsfeldern, am Straßenbau und an den Entwässerungsanlagen ab (als
Herrenfron)-, während die weiter entfernten Hufen ihre Leistungen
in Natuaralien zur Domäne schicken.
Die Ministerialen, wie Meier, Förster, Aufseher, Zöllner und Fuhrleute, erhalten ihren Lohn in Form von zugeteilten Diensthufen;
die Knechte und Mägde der Herrenhöfe bekommen nebst Kost und Bekleidung die Pfründe d.i. ein Stück Acker- oder Gartenland zur
eigenen Bestellung (vgl. Kolchosen!) - Nach Zierer Bd. 17Anmerkung: Der Kaiserpfalz unterstehen sämtliche Verwaltungshöfe
des Reiches (Reichshöfe) - den Reichshöfen die landw. Königs- oder
Musterhöfe unter den Meiern. Alles Staatseigentum wird von den
Sendboten, ausgestattet mit kgl. Vollmachten, kontrolliert. Der
Senclgraf ist als Vertreter des Königs Visitator und Richter. Rangordnung: König-kgl. Hofkanzlei in den Pfalzen-Sendg-rafen oder
Missen-Gaugrafen in den Verwaltungshöfen-Zentgrafen als Meier der
Musterhöfe (alle sind Großgrundbesitzer).
Königshöfe in unserem Kreis standen vermutlich in Ottobeuren (Graf
Sylach), in Sontheim (Adelshof mit Nikolauskappele) , in Legau am
Marktplatz, in Boos. Der kgl. Verwaltungshöf in Memmingen (später
Herzog Weif). Nach dem Zerfall des Frankenreiches löst sich auch
diese Ordnung auf. Die Großhöfe gelangen auf verschiedene Weise in
die Hände des Hochadels, der Klöster und Bischöfe. Obiges Sendbotenschreiben ist für den Lehrer zum Studium gedacht.
Für die Schule wäre zu entnehmen; a) Wie das Frankenreich verwaltet
wurde, b) Gewerbe, Handel und Industrie, c) Wie der freie Bauer
hörig wurde. In unserer Gegend wurden nach Auflösung genannter
Reichs- und Königshöfe die Bauern den Klöstern Kempten und Ottobeuren, dem Bischof von Augsburg und dem Hochadel hörig.
Erkenntnisse:Unter Karl d.G. war das Frankenreich ein Ordnungsstaat.
Sendgrafen kontrollieren die Staatsgüter. Habgier u. Eigennutz stören die Ordnung. Wehrlose Menschen -werden von Mächtigen ausgebeutet,
entrechtet und hörig gemacht. Staatsgüter werden wie die russischen
Kolchosen bewirtschaftet. 18o3 wurde in Bayern aller Großgrundbesitz aus al er Zeit enteignet u. wieder Staatseigentum (Säkularisation). -"Was soll mit dem Reich sein, wenn die Oberen ihre Macht mißbrauchen und die Gemeinen sich dem Gebot nicht fügen?"
Tehma 34
Die Ungarnschlacht auf dem Lechfeld 955
Ohronikberichte zu den Ereig nissen: Im Jahre 953 empörte sich der
schwäbische Herzog L i u t o 1 f gegen seinen Vater Kaiser Otto Gr. Damit zog er das ganze Allgau
und auch unseren Raum in die Kriegswirren hinein. Während der größte
Teil des schwäbischen Adels dem Aufruf des Herzogs nachkam, verweigerte ihm der Bischof von Augsburg mit seinen Verwandten, den Grafen
von Dillingen und Marchtal, die Heeresfolge gegen den Kaiser. Liutolf
verheerte die Gebiete des Bischofs und verteilte die bisher bischöflichen lehen ah seine Anhänger. Bischof Ulrich von Augsburg war zu
jener Zeit auch Abt der Benediktinerabtei Ottobeuren. Unser Gebiet
was also wesentlich mitbetroffen.
Ein Jahr später, 954 standen sich bei Illertissen kaiserliche und
herzogliche schwäbische Iruopen kampfbereit gegenüber. In letzter
Stunde kam durch Vermittlung des Augsburger Bischof Ulrich zwischen
Vater und Sohn eine Aussöhnung zustande. Liutolf gab die bischöflichen Lehen den alten Besitzern zurück.
Schwäche des Reiches, Uneinigkeit und Machtkämpfe der Fürsten, Abwesenheit des Reichsheeres und des Kaisers waren den Ungarn Anlaß
genug zu neuen Raubzügen. So steht auch Liutolfs Aufstand wider
den eigenen Vater im Zusammenhang mit dem Ungarneinfall 955, bei
dem Augsburg belagert und ganz Schwaben bis in den Schwarzwald hinein verheert wurde. Dank des tapferen Augsburger Widerstandes und
der Zusammenarbeit aller Reichsfürsten konnten die Reichsfeinde am
10. August 955 "uf dem Lechfeld vernichtend geschlagen werden.
Gegen die Ungarn kämpfte der gesamte schwäbische Heerbann, also
auch die zu Kriegsdiensten verpflichteten Männer unserer Heimat mit.
Weltliche und geistliche Fürsten stellten ihre Kontingent ab. In
den Urkunden wird Graf Udalrich, der das Westallgau verwaltete,
eigens als Mitkämpfer erwähnt. Unter Führung dieses Udalrichingers
stand der Heerbann (Heeresbezirk) des Argen,- Alp- und Nibelgaues.
Zu letzterem zählte Legau. In einer Chronik des Truchsessen von
Waldburg wird berichtet, das Stift Kempten habe unter dem Grafen
Hesso von Thann 54 Reisige zum Heerbann abgesandt. (Baumann 1,249)
Bischof Ulrich von Augsburg wurde seinerzeit wegen großerVerdienste für Kaiser und Reich "Freund des Kaisers". Ulrich nützte
die Freundschaft und erbat sich für das Klostergebiet Ottobeuren
(als Abt der Abtei) die "ewige Befreiung vom Heeresdienst"? d.h.
die Untertanen der Abtei sollen zukünftig frei sein von Kriegsdiensten und Kriegsarbeiten, die Abtei wird unter den Schutz des
Reiches gestellt (Reichsabtei). Solch einmalige Bitte trug der
Kaiser dem Reichstag vor, der sie nur zögernd unter Auflage anderer
Verpflichtungen und gegen Gebietsabretungen an das Reich erfüllte.
Ulrich begründete seinen Wunsch mit der großen Armut des Klosters
und der Unfruchtbarkeit seiner Gebiete.
Bischof Ulrich kam seinerzeit öfters nach Ottobeuren um seinen
Freund "Hatto" von Henningen zu besuchen. Jener Hatto verschenkte
sein Dorf dem Kloster und ließ sich in einer Zelle einmauern.
(Feyerabend, Jahrbücher)
Für die Schüler: siehe Scheibihuber, Deutsche Geschichte S. 60!
Erkenntnisse: Nicht die Darstellung einer Schlachtordnung oder der
Verlauf des grausamen Kampfes ist wichtig, sondern folgende Erkenntnisse: Innere Machtkämpfe, Uneinigkeit und Abwesenheit des Reichsheeres ermutigten den Feind zum Überfall. - Die Raubzüge verhinderten Aufbau und Fortschritt. - Verdienste des Bischofs. - Er wird
heute noch verehrt (Kapellen, Quellen Statuen, Kirchenpatron). Gegenwartsbezug: Europas Freiheit bedroht-Zusammenarbeit der Völkereiniges Europa-Bündnisse.
Thema 55
Heinrich von Kempten rettet dem Kaiser
das leben (963)
Es ist die schön.e . Sage "Otto mit dem Barte", wie sie in allen
Sagensammlungen zu lesen ist. Im ersten Teil der Sage wird berichtet, wie ein Ritter Heinrich aus Kempten an einem Hoftag zu Bamberg
einer kaiserlichen Mundschenk erschlug und anschließend den Kaiser
selbst am Barte ergriff und mit dem Dolche bedrohte; dann aber
freien Abzug bekam mit dem Gelübde des Kaisers "bei meinem Barte"
darfst du dich nie mehr vor meinem Angesichte sehen lassen. "Der
zweite Sagenteil berichtet, wie derselbe Heinrich von Kempten Kaiser
Otto in Italien das Leben rettet. Während der erste Sagenteil als
reine Dichtung betrachtet werden muß, birgt der zweite einen geschichtlichen Kern. Folgt die Erzählung nach den Gebrüdern Grimm:
Es begab sich, daß Kaiser Otto einen schweren Krieg führte, jenseits
des Gebirges und vor einer festen Stadt lag. Da wurde Mangel an
Leuten und Mannen und er sandte heraus nach den deutschen Landen:
"Wer ein Lchen vom Seiche besitzt, soll schnell zu Hilfe kommen, beim
Verlust des Lehens und seines Dienstes". Nun kam auch ein Bote zu
dem Abt nach Kempten, ihn auf die Heerfahrt zu mahnen. Da sandte der
Abt wiederum zu seinen Dienstleuten (Rittern) und forderte auch Herrn
Heinrich (von RIzlern) zur Heerfahrt auf, weil er dessen vor allen
anderen bedurfte.
"Ach edler Herr, was wollt ihr tun?" antwortete der Ritter, "ihr wißt
doch, daß ich aes Kaisers Huld verwirkt habe." ?1Ihr aber seid mir
nötiger als andere oder euro Sohne, " sprach der Abt, "ich darf euch
nicht von diesem Zuge entbinden, oder ich leihe euer Land anderen,
die es bessern zu verdienen wissen". "Wenn es so ist, daß Ehre und
Land auf dem Stiele stehen, so will ich euer Gebot leisten, komme
was da wolle."
Hiermit rüstete Heinrich zum Heerzug und kam bald nach Welschland zu
der Stadt wo die Deutschen lagen; jedoch barg er sich vor des Kaisers
Antlitz. Sein Zelt schlug er seitwärts vom Heere auf. Eines Tages
lag er da und badete in einem Zuber und konnte aus dem Bad in die
Gegend schauen. Da sah er einen Haufen Bürger aus der belagerten
Stadt kommen und den Kaiser zu einem Gespräch dagegen reiten. Die
treulosen Bürger aber hatten sich eine List ersonnen. Als der Kaiser
arglos und ohne Waffen zu ihnen ritt, hielten sie eine gerüstete
Mannschaft im Hinterhalt und überfielen den Herrn mit frechen Händen,
daß sie ihn fingen und schlügen.
Als Herr Heinrich diesen Treubruch und Mord geschehen sah, ließ er
Baden und Wascher, sprang wie er war aus dem Zuber, nahm Schild und
Schwert und lief dem Gemenge zu. Kühn schlug er unter die Feinde,
tötete und verwundete eine große Menge und machte sie flüchtig. Darauf löste er dem Kaiser die Bande, lief schnell zurück und badete
weiter.
Zum Heere zurückgekehrt wollte sich der Kaiser erkundigen, wer sein
unbekannter Retter gewesen wäre. Zornig saß er im Zelt auf einem
Stuhl und sprach: "Ich war verraten und läge gefangen oder erschlagen, hätten mir nicht zwei ritterliche Hände geholfen. Sucht mir den
nackten Mann, daß er reichen Lohn und meine Huld empfange, denn
kein kühnerer Held lebt hier noch anderswo."
Wohl wußten einige, daß es Heinrich von m pten war, dem der Kaiser
den Tod geschworen hatte. Darum wagten sie nient seinen Namen zu
verraten und sagten: Auf dem Ritter lastet eure Ungnade; wenn ihm
nichts geschehen soll, wollen -wir seinen Namen nenne. Da nun der
Kaiser sprach: Und wenn er gleich meinen Vater erschlagen hatte,
soll ihm vergeben sein. Da nannten sie Heinrich von Kempten und
führten ihn zum Zelt des Kaisers.
Otto gebürdete sich zornig, wollte Heinrich erschrecken und fuhr
ihn an: "Wie getraut ihr mir unter die Augen zu treten, welch
hoffärtiger Übermut hat euch daher Geführt?" "Ich kam ge wungen
hierher, mein Fürst hat mirs befohlen. Gott sei mein Zeuge wie ungern ich diese Heerfahrt getan. Aber .meinen Diensteid mußte ich
lösen und wer mir dies übel nimmt, dem lohne ichs so, daß er sein
letztes Wort gesprochen hat. "Da lachte der Kaiser: "Seid mit tausendmal willkommen, auswerwahlter Held! Mein Leben habt ihr gerettet, aas hätte ich ohne eure Hilfe verloren. " Dann sprang Otto auf,
umarmte den Kitter, verlieh ihm großen Peichtum und brachte ihn zu
Ehren, deren man heute noch gedenkt. Zur Sage: Die Sage ist in drei Darstellungen überliefert. Eine entstand bereits im 12. Jahrhundert in Italien durch Gottfried v. Viterbc;
die andere im 13. Jahrh. in Straßburg von dem Dichter Konrad von
Würzburg; eine dritte wurde in Kempten aufgezeichnet, ging aber verloren. Der geschichtliche Kern: Nur im Jahre 963 hatte Kaiser Otto
in Italien verschiedene Befestigungen belagert, von denen die Felsenburg San L e o n e den längsten Widerstand leistete, denn in der
Burg hielt sich der italienische König Berengar mit seiner Gemahlir ,
Die Belagerung der Festung dauerte vom April bis Weihnachten 963 und
endete mit der Übergabe.
Der erwähnte Ritter Heinrich von Kempten war ein Dienstmann des
Klosters Kempten und trug im späteren Mittelalter den Familiennamen
Rizner. Der Abt von Kempten schickte den Ritter mit einem Aufgebot
unter seiner Führung zum kaiserlichen Heere. Urkundlich ist nachgewiesen, daß Kaiser Otto am 14. Juni 963 dem hl. Ulrich als Abt
von Kempten die freie Abtwahl gewährte. Solches Sonderrecht war der
Dank des Kaisers, eine Belohnung für besonders hervorzuhebenden,
erwiesenen Dienst seitens des Klosters Kempten (Dank für die Befreiung?)
Die Sage erzählt weiter, daß Heinrich reich beschenkt wurde. Nachweisbar besaß das riznerische Geschlecht noch im 14. Jahrhundert
ringsum im Kempter Land bedeutende Besitzungen. H-^uptsitz der
Rizner war Thingau und gerade in diesem Gebiet hatte der Kaiser
Besitzungen, die er verschenken oder verleihen konnte.
Nach Angabe des Kempten Chronisten Birckius war noch im 13« Jahrhundert das Bild des Ritters Heinrich an manchen Häusern zu Kempten, ja
selbst am Rathause zu Venedig angemalt. Der Chronist schreibt:
"Zu Venedig weiß man mehr von ihm zu sagen, als zu Kempten, das
doch unnatürlich ist, daß man zu Kempten ihn so gar vergessen hat
und er vor Zeiten ihnen eine so große Ehre gewesen ist.
An den Helden Heinrich von Rizner (Kempten) erinnern ein Gemälde von
Lochbihler, 1844 "die Tat vor San Loone"-Stiftsgebäude Kempten; die
Ballade "Heinrich der Kempter" von Hermann Kinkelin; die Ritznerstraße in der Neustadt und das große Gemälde am Rathaus.
(Baumann, Geschichte des Allgäus Band I, 249)
Erkenntnisse: Ritter Heinrich von Rizlern war Dienst- und Kriegsmann
des Fürstabtes von Kempten. Er mußte seinem Herrn Treue und Gehorsam
schwören und erhielt für seine Dienste Klostergüter in und um Rizlern
als Lehen.-Trotz Ungnade des Kaisers unternahm er die Heefahrt um
nicht treulos und eidbrüchig zu werden.-Unter doppelter Lebensgefahr
befreit er den Kaiser aus den Händen der Meuchelmörder.-Arglos wäre
der Kaiser treulosen Bürgern zum Opfer gefallen.-Heinrich redet wie
er denkt; gegen Ungerechtigkeit empört er sich.-Dichter,Sänger und
Maler rühmten die Heldentat des wackeren Schwaben.-Reichlich belohnt
der Kaiser den Lebensretter.-Beispiele von Treue und Untreue aus dem
tel. Leben und aus der Geschichte.
Thema 30
Memmingen, eine freie Reichsstadt
Das alte "Mammingun" war wie die anderen "Ingenorte" eine schwäbische
Niederlassung im Bereich der Martinskirche, umgeben mit dem Etter
oder Zaun. Bereits im 12. Jahrhundert wird der Ort urkundlich eine
Stadt genannt; war also um jene Zeit bereits mit dem Wahrzeichen
einer S taat, einer Tuffquaäermauer umgeben.
Trotzdem besaßen die Memminger Bürger damals kaum mehr Rechte und
Freiheiten als die Landbewohner irgend eines Dorfes; denn die Stadt
war Eigenturn eines Grundherren, die Bürger dem welfischen, später
dem staufischen Hochsdel Steuer- und froftpflichtigi Aufschwung nach
dem großen Stadtbrand (1131) durch den Salzhandel und günstiger Lage
an der Salzstraße. Nach dem Tode Weif VI. erbt Barbarossa (+1190) die
Stadt, bzw, sein Sohn Kaiser Heinrich VI., der Memmingen seinem jüngeren Bruder Konrad überließ. Bis zum Tode Konradins (126Ö) des
letzten Hohenstaufen war Meramingen staufisch. Das Bild Konradins
am K^rtinsturm erinnert an den letzten Grundherrn der Stadt. N^ch
1268 fällt Memmingen als herrenloser Besitz an das Reich. Damit
wird Meramingen eine Reichsstadt^ unterstand direkt dein Konig, der die
gleichen Rechte für sich beanspruchen konnte, wie zuvor die hochadeligen Grundherren der Stadt. Als äußeres Zeichen der Reichsunmittelbarkeit führte von nun an Memmin^-en den halben Reichsadler, das Ante nierkreuz (Kloster) und die Reichsfärben (schwarz-weiß-rot) im
geteilten Wappenschild. Als Vertreter des Reiches fungierte ein vom
König bestellter Stadtammann (Richteramt); doch bekamen die Bürger
insofern ein Mitbestimmungsrecht, als die dem Richter beigegebenen
12 Schöffen oder "Stuhlgenossen" aus dem angesehenen Bürgerkreise
genommen wurden. Aus diesen Stuhlgenossen (Richterstuhl) gingen
später die angesehenen Geschlechter oder Patrizier der Stadt und um
1300 der Stadtrat hervor (Stadtwappen siehe Memminger Zeitung oder
schwab. Wappenbuch!)
Dj_e Entwicklung zur freien Reichsstadt erfolgte allmählich und wurde
ermöglicht mit dem Absinken königlicher Macht. Wie andere Reichsstädte - Augsburg - Kempten - Kaufbeuren - Isny - Leufcirch - Wangen nützte such Memmingen die kaiserlose Zeit des Interregnums üÄil die
Rechte des Ammanns und L?ndvogtes an sich zu bringen. Im Verlauf von
über hundert Jahren (etwa 1236 - 1403) erwarb sich die Stadt u.a.
folgende wichtigen Rechte, Freiheiten und Sicherheiten (königliche
Urkunden):
1. Die Stadt darf weder verkauft noch verpfändet werden und ist keinem fremden Gericht unterworfen (1286).
2. Der Dienstag-Wochenmarkt darf wie bisher abgehalten werden.
3. Steuerfreiheit aller Bürger innerhalb der Mauern (Ursache neuer
Landflucht, Anwachsen der Stadtbevölkerung, Stadterweiterungen,
hörige Landbewohner entziehen sich ihren Grunäherren).
4. Unabhängigkeit aller Bürger von fremden Herrn (ehemalige Landbewohner sind der Steuer-Gerichts- und Fronhohelt ihrer Herrn entzogen-der neue Burger braucht ihm keinerlei Abgaben entrichten).
5. Wegfall der Todfallabgabe (Als Grundherrn oder Ritter die Wehrpflicht freier Bauern übernahmen, gaben die Bauern nach ihrem
Tode ein T:ferd in die Rittsrburg. - Nun bildet die Stadt eine
eigene, unabhängige Wehrgemeinschaft - Bürgerwehr); die Todfallabgabe erübrigt sich,
6. Die Bürger dürfen den A-msnn und den Stadtrat (Bürgermeister und
Zunftmeister) selbst wählen. Der Ammann wird nun städtischer Beamter (1347 und 1350).
?. Der Salzzoll gehört der Stpdt (Ker.imin?-:en Hauptstapelplstz f.Salz)
S. Kaiser Ruprecht verleiht der Stadt 14-03 die hohe Gerichtsbarkeit
über ihre Bürger (Stock und G-lgen, Blutbann).
Mit diesen bedeutenden Rechten wurde Memmingen unabhängig von Kaiser
u. Reich, frei von allen Verpflichtungen konnten sich die Bürger selbst
regieren. Des ist eine freie Reichsstadt!
Gegenüberstellung:
Bürger der freien Reichsstadt:
Landbewohner:
Der Herr: Ammann und Stadtrat aus
dem Kreise der Bürgerschaft.
Der Grundherr (Bischofe,Abte,
weltliche Grundherrn-Ritter)
Verfassung: zuerst aristokratisch,
unter d. freien Stadt demokratisch.
aristokratisch - absolutistisch
Bürger: persönlich frei, Freizügigkeit, zunftpflichtig, wehrpflichtig.
Gebunden an Stadtordnung
Kein Untertaneneid
Untertan unfrei, hörig, leibeigen, keine Freizügigkeit,
gebunden an Dorfordnungen.
Leheneid,Huldigung, Abgaben.
Steuern: Festgelegte Steuern wie
Gewerbe-Marktst.-Kriegssteuern.
Sicherheit: Wehrgemeinschaft, Mauer,
Wälle, Gräben, Türme ...
Besteuern nach Willkür ohne
Einspruchsrecht-Zehnt, Lehengelder, Todfall
Außer Vieh und Fahrnis kein
Eigentum.Besitzer ist d. Herr.
schutzlose Dörfer und Einöden,
offenes Land.
Religion: Religonsfreiheit
Glaubenszwanz, Glaube d. Herrn!
Gesundheitspflege: Stadtärzte, Heilbäder(Steinbogenbad)
Dorfbader, Pfuscher, Kräuterweible. - Heilbäder (Clevers!)
Kultur: Theater, Bügerschulen..
Klosterschulen, Pfarrschulen
Dienste: Wehrdienst, Frondienst bei
Schanz- und Festunrsarbeiten.
Frondienste nach Belieben für
den Herrn (Ernte, Straßen, Bauten, Wald, Dreschen usw.)
Besitz: Gebäude, Grund und Boden,
sind gewöhnlich Eigentum d. Bürgers
Erkenntnisse: Die S t ad t ist eine Arbeits-Wohn-Wirtschafts- und Wehrgemeinschaft. Gesetze und Ordnungen der Stadt und der fortschrittlichen
Zünfte und Gilden verpflichten den Bürger zu Ruhe, Arbeit, Gewissenhaftigkeit, Wehrhaftigkeit, Fleiß und Ordnung. Die Stadtväter bestrafen den unredlichen Bäcker, sie stellen das Lästermaul an den Pranger,
sie peitschen den Dieb aus d e r Stadt, keine unehrliche Familie wird
in die Gemeinschaft aufgenommen. Die Einnahmen kommen den Bürgern
zugute (Wehrmauern, Pflaster, schöne Gebäude...). In den Zünften
wird der Handwerker zur Höchstleistung gezwungen. In allen Bereichen
ist die Stadt fortschrittlicher als das Land. Die demokratische Verfassung wird Vorbild der bayerischen Verfassung 1818. Der demokratische Bürger empört sich nicht wie der Bauer (15250. Die freien
Städte können sie!: entwickeln- Förderer der Kunst und Wissenschaften Reichtum durch Märkte und Handel. Das aufblühende Bürgertum tritt
an die Stelle des Adels. Patrizier erwerben Dörfer und Herrschaften,
Die Städte, vereinigt in den Städtebünden, bilden eine neue Macht
im Reiche, die der Kaiser oft in Anspruch nehmen muß. - 1806 wird
Bayern Königreich-Ende der freien Reichsstädte! Memmingen untersteht der Regierung von Schwaben unmittelbar.
(Zum Studium für den Lehrer wird empfohlen: Baumann, Geschichte des
Allgäus, Bd. II, 238. - Dr. J. Miedel, Führer durch Memmingen I.Teil,
Seite 18-54).
Thema, 39
Was uns eine Marktrechtsurkunde
■ erzählt.
(Auszug aus der Ottobeurer Marktrechtsurkunde von 1498; für den
Schulgebrauch gekürzt und vereinfacht).
Urkunde: "Wir Maximilian von Gottes Gnaden, Römischer König, zu allen
Zeiten, Mehrer des Seiches, König zu Hungarn, Dalrnatien,
Kroatien; Erzherzog zu Österreich, Herzog zu Burgund, zu Lotharingen,
zu Brabant, zu Steyr, zu Kärnten. Krain, Limburg, Luxemburg, zu Geldern; Graf zu Flandern, Habsburg, Tyrol, Kyburg, Arthois; Markgraf
des Hl. Rom. Reiches und zu Burgau; Landgraf in Elsaß, Herr zu Friesland, auf der Windischen Mark, zu Salins und Hecheln" bekennen und
tun kund mit diesem, Brief, daß Wir (König) dem Gotteshaus Ottobeuren
(=Abt und Konvent) und dem Flecken daselbst genehmigt und vergönnt
h ab e n.
1. Zwei Jahrmärkte an St. Urbanstag und Franzissentag und alle Donnerstag in jeder Woche einen Wochenmarkt aufzurichten und abzuhalten.
2. Alle Marktleute, Händler, Gewerbebetreibende und Kaufleute, die
mit ihren Waren den Markt besuchen wollen, sollen innerhalb der
Freiung kaiserlichen Schutz and Schirm, Fried und freies Geleit
genießen.
3. Bei Unserer Gnad und Ungnad soll sich niemand unterstehen, weder
geistliche noch weltliche Fürsten, Schultheiß oder Richter oder
wer und was er auch sei, Ottobeuren an der Abhaltung der Märkte
zu hindern oder
4. innerhalb einer Meile um den Flecken Händler oder Kaufleute zu
. belästigen oder gar den Frieden zu brechen.
5. Wer freventlich dagegen handelt, gibt 40 Mark lötigen Goldes zur
Büß, halb in die Reichskasse, halb dem erwähnten Gotteshaus (dem
Kloster als Ortsherrn!)
Erläuterung:
Beachte die interessante Titelserie des Reichsoberhauptes - sie gibt
zugleich den Privatbesitz des Königs an. Aufzählung der adeligen
Rangordnung im Kinderreim- Kaiser, König, Herr, Baron, - Bürger,
Bauer, Bettelsohn!
Zu 1: Die Vergabung des Karktrechtes hat sich der Kaiser (Konig) vorbehalten, Er ist Marktherr in Flecken und Städten und bezieht
für Urkunden Gebühren und Strafgelder bei Freveltaten. Das
Marktrecht muß bei jedem Wechsel des Reichsoberhauptes und des
Ortsherrn (Abt) neu beantragt und genehmigt werden. Marktorte
in unserem Kreis: Memmingen, Ottobeuren, Legau, Grönenbach,
Rettenbach und Erkheim (nur Viehmarkt!). Uralte Marktorte sind
die beiden erstgenannten. Grönenbach und Legau gegen Ende des
15» Jahrhunderts. Die gegenwärtigen Marktwappen (siehe schwäb.
Wappenbuch) wurden erst unter BayernsKönig verliehen. In Marktorten ließen sich mit Vorliebe Handwerker und Gewerbebetreibende nieder.
Zu 2: Unter Freiung versteht man den Marktplatz und das Gebiet um
denselben in einem Umkreise von einer Meile. Innerhalb dieses
Raumes ist es jedem verboten einen weiteren Markt abzuhalten,
selbst der König versprichte den Flecken und Städten innerhalb
der Bannmeile keinen zweiten Markt zu genehmigen. In diesem
Marktgebiet sind Händler und Kaufleute frei von allen Bestimmungen; aber für die Dauer des Marktes an die Marktgerichtsordnung gebunden.
Zu 3/4• Um die Bannmeile bzw. Freiung jedem Zureisenden sichtbar zu
machen, wurden an den Zufahrtswegen zur Marktgrenze sogenannte
Friedsäulen ezrichtet. Wer sich in die Freiung begibt und in
diesem Räume auf irgendeine V/eise (Streit, Diebstahl, Sachbe-
Schädigung, Wucherpreise, Schundwaren, Betrug) den Markfrieden
stört, gilt als Friedensbrecher, Marktfrevler und wird vom Marktbüttel (Polizei) dem zuständigen Marktgericht überstellt. Das Marktgericht tritt nur auf die Dauer der Markttage zusammen, es ist eine
Art Schnellgericht; die Gesetze und Strafen sind strenger als die
allgemeingültigen. Das Marktgericht ist nur für den Raum der Freiung
zuständig; außerhalb der Meile, wie an allen anderen Tagen auch, der
Ortsherr. In Memmingen brannte man Marktdieben ein Brandmal auf die
Stirne, man peitschte sie aus der Stadt; rückfällige Diebe bekamen
Marktverbot oder kamen an den Galgen. Um Diebsgesindel von den Märkten abzuhalten,verlieh der Kaiser gewöhnlich dem Ortsherrn auch
"Stock und Galgen" = Blutbann; das Recht über Leben und Tod zu richten. Deswegen finden wir bei allen Marktorten einen Galgenberg
(Memraingen, Ottobeuren, Legau, Grönenbach und Rettenbach).
Die Märkte wurden einst nicht nur von Fieranten (-Meßkramer), sondern
viel mehr von den Handwerkern der näheren und weiteren Umgebung besucht. Hier stellten sie ihre während des Jahres erarbeiteten .
Handwerkserzeugnisse zum Verkaufe aus. Großhändler besuchten die
Märkte, besichtigten die Waren aller Arten und gaben ihre Bestellunge
auf. Absatz auf dem Markt und die Aufträge des Großhandels bildeten
das Jahreseinkommen des einfachen Handwerkers. Die Landbevölkerung
deckte hier auch den Jahresbedarf an Stoffen, Kleidung,an Geräten
für Haushalt und Landwirtschaft. Die modernen Verkehrsmittel haben die Stadt auch dem abgelegensten
Dorfe näher gebracht. Daher sind die kleinen Märkte heute bedeutungslos geworden und zum Aussterben verurteilt; sie dienen der Landbevölkerung hauptsächlich zur Belustigung; die Fieranten fahren gewöhnlich unzufrieden nach Hause. (Lesestoff: Memminger Heimatbuch,
Ffinstmarkt in Grönenbach).
Erkenntnisse;
Die königliche Urkunde sicherte den Flecken und Städten das Marktrecht.
Der König als Schirmherr und das Marktgericht sorgten für Sicherheit, Ordnung und Frieden.
Von besonderer Bedeutung sind heute die Großhandelsmessen, verbunden mit Weltausstellungen.Die einzelnen Völker zeigen hier ihre neuesten Geräte - Großhändler
sorgen für Export und Import und damit für Arbeit. - Wer die modernsten, besten Erzeugnissen zu bieten hat, findet den größten Warenabsatz - verbunden mit wirtschaftlichem Aufschwung und Wohlstand.
Möglichkeiten unterentwickelten Ländern zu helfen! - Folgerungen
für den Einzelnen!
Schädigung, Wucherpreise, Schundwaren, Betrug) den Markfrieden
stört, gilt als Friedensbrecher, Marktfrevler und wird vom Marktbüttel (Polizei) dem zuständigen Marktgericht überstellt. Das Marktgericht tritt nur auf die Dauer der Markttage zusammen, es ist eine
Art Schnellgericht; die Gesetze und Strafen sind strenger als die
allgemeingültigen. Das Marktgericht ist nur für den Raum der Freiung
zuständig; außerhalb der Meile, wie an allen anderen Tagen auch, der
Ortsherr. In Memmingen brannte man Marktdieben ein Brandmal auf die
Stirne, man peitschte sie aus der Stadt; rückfällige Diebe bekamen
Marktverbot oder kamen an den Galgen. Um Diebsgesindel von den Märkten abzuhalten,verlieh der Kaiser gewöhnlich dem Ortsherrn auch
"Stock und Galgen" = Blutbann; das Recht über Leben und Tod zu richten. Deswegen finden wir bei alleh Marktorten einen Galgenberg
(Memmingen, Ottobeuren, Legaü, Grönenbach und Rettenbach).
Die Märkte würden einst nicht nur von Fieranten (=Meßkrämer), sondern
viel mehr von den Handwerkern der näheren und weiteren Umgebung besucht. Hier stellten sie ihre während des Jahres erarbeiteten .
Handwerkserzeugnisse zum Verkaufe aus* Großhändler besuchten die
Märkte, besichtigten die Waren aller Arten Und gaben ihre Bestellunge
auf. Absatz auf dem Markt und die Aufträge des Großhandels bildeten
das Jahreseinkommen des einfachen Handwerkers. Die Landbevölkerung
deckte hier auch den Jahresbedarf an Stoffen, Kleidung,an Geräten
für Haushalt und Landwirtschaft. Die modernen Verkehrsmittel haben die Stadt auch dem abgelegensten
Dorfe näher gebracht. Daher sind die kleinen Märkte heute bedeutungslos geworden und zum Aussterben verurteilt; sie dienen der Landbevölkerung hauptsächlich zur Belustigung; die Fieranten fahren gewöhnlich unzufrieden nach Hause. (Lesestoff: Memminger Heimatbuch,
Pfinstmarkt in Grönenbach).
Erkenntnisse:
Die königliche Urkunde sicherte den Flecken und Städten das Marktrecht.
Der König als Schirmherr und das Marktgericht sorgten für Sicherheit, Ordnung und Frieden.
Von besonderer Bedeutung sind heute die Großhandelsmessen, verbunden mit Weltausstellungen.
Die einzelnen Völker zeigen hier ihre neuesten Geräte - Großhändler
sorgen für Export und Import und damit für Arbeit. - Wer die modernsten, besten Erzeugnissen zu bieten hat, findet den größten Warenabsatz - verbunden mit wirtschaftlichem Aufschwung und Wohlstand.
Möglichkeiten unterentwickelten Ländern zu helfen! - Folgerungen
für den Einzelnen!
Thema 40
Handwerker vereinigen sich in Zünften
A) Artikel einer Zunftordnung
1.
Es soll keiner mehr Handwerk treiben als er erlernt hat und nur
soviel sein Lehrbrief ausweist oder was er in der Fremde erlernt
hatj damit er einen anderen Meister nicht ins Handwerk pfusche, bei
1 Reichstaler Strafe.
2.
Zeigt sich ein Zunftmitglied dem Obermeister gegenüber grob oder
widerspenstig, soll ihm das Handwerkszeug weggenommen und ihm das
Handwerk solange gelegt werden (Sprichwort!) bis er sich gebührlich
aufführt. Inzwischen wird er als ein unberechtigter Stümper angesehen.
Sollten in unserer Herrschaft (Gebiet!) Personen sein, die sich unserer Zunftordnung widersetzen oder nicht fügen wollen, sollen sie im
Handwerk nicht geduldet und aus der Herrschaft fortgeschafft werden.
(Sprichwort: Jemand Ordnung beibringen. Zur Ordnung rufen.-Ausweisung
aus dem Herrschaftsgebiet mit Hilfe des Grundherren, der die Zunftordnung genehmigt und Schutzherr ist).
4.
Wenn bei einer Zunftversammlung Meister oder Gesellen sich beschimpfen, wenn sie schwören (fluchen) oder gar raufen, sollen die gewählten Meister Ruhe gebieten. Wer dann nicht friedsam ist, soll einen
halben Taler in die Lade (Zunftkasse) legen.
(Ordnung,Anstand,Verträglichkeit,Friede,Zunftbrüder-Frieden gebieten)
Bei geöffneter Lade ist peinliche Ruhe zu halten und jede Störung verboten. Nur wer vom Zunftmeister Erlaubnis hat, darf sprechen. (Jeman das Wort geben oder nehmen! In der Zunftlade liegen das Meisterund Gesellenbuch, das Totenbuch, Zunftsiegel, Zunftordnung, Kasse)
6.
Ein Meister oder Geselle, der wegen eines Vergehens gerichtlich bestraft wurde, kommt auch vor das Zunftgericht. Legt der Verurteilte
Berufung ein, wird ihn die Zunft der Herrschaft gegenüber vertreten.
(Rechtsschutz der Zunft gegenüber dem Mitglied)
7.
Wer ein Meister wird, zahlt 4 Gulden in die Lade. Auswärtige Meister
geloben bei offener Lade, daß sie im Bereich der Zunft (Herrschaftsgebiet) keine Arbeit suchen, noch annehmen und den ansässigen Meistern
keine Arbeit wegnehmen. (Sicherung der Existenz für jeden Meister keine Freizügigkeit oder Gewerbefreiheit! Vergleiche mit Gegenwart!)
8.
Wenn ein Meister Unkenntnis, Unfleiß, Lässigkeit zeigt und seine Kunden nicht anständig bedient, wer Arbeit annimmt, die nicht in sein
Fach schlägt, wird jedesmal mit 5 Schilling Pfennig bestraft,
(Ansehen des Handwerks-jemand ins Handwerk pfuschen-beim Leist bleiben
9.
Wenn ein Kunde wegen Schulden oder Neid, bei einem Meister ausziehen
wollte, so soll ihm ein anderer Meister keine Arbeit liefern und ihn
nicht annehmen bis er seine Schulden bezahlt hat. (Kundenzwang).
10.
Ein aufgedingter Lehrling hat bei Antritt der Lehre das halbe Lehrgeld zu erlegen; nach der Lehrzeit die andere Hälfte (Lehrgeld zahlen)
Die Lehrzeit dauert 3 Jahre.
11.
Nach der Lehrzeit hat der Geselle mindestens 2 Jahre in die Fremde
zu wandern (20 km vom Heimatort entfernt). Nach seiner Rückkehr hat er
die Briefe auswärtiger Meister vorzulegen (Arbeitsnachweis!)
12.
Wer ein Meister werden will, muß vor1 versammelter Zunft ein Meisterstück vorlegen und dieses beurteilen lassen.
Ein Meister oder Geselle, der sich betrinkt, sodaß er sich erbrechen
muß, zahlt 12 Pfund Wachs Strafe. - Wer bei offener Lade Waffen bei
sich trägt (Gewehr, Messer oder Dolch) zahlt zur Strafe 1 Pfund Wachs.
14.
Wenn die Meister der Zunft es wünschen, können einzelne Artikel der
Ordnung mit Erlaubnis des Landesherren gestrichen, ergänzt oder neue
hinzugefügt werden.
D) Zweck und Gründungsursachen der Zünfte:
1. Gründliche Nachwuchsschulung: 3 jährige Ausbildung bei tüchtigen
Meistern - 2 Jahre Wanderschaft der fahrenden Gesellen und Handwerksburschen - Kennenlernen der Menschen und der weiteren Heimat Erfahrungen sammeln - Weiterbildung im Handwerk - Leistungsteigerungen - Tüchtigkeit im Fach. - Prüfungen!
2. Übermäßigem Konkurrenzkampf und dem Pfuschertum werden Grenzen
gesetzt. - Sicherung der Existenz - Kundenzwang - keine Gewerbefreiheit.
3. Das Ansehen des Handwerks und der Meister soll gefördert werden. Auf Ehre wird besonderes Gewicht gelegt - Verhalten von Meistern u.
Gesellen innerhalb und außerhalb der Zunft wird geregelt und überwacht - es gibt kein Betrinken, Streiten, Raufen - Ordentliche Arbeit muß geliefert v/erden. - Gott segne das ehrbare Handwerk!
4. Pflege von Geselligkeit, Ordnungsliebe, Verbrüderung und Einigkeit.
Aufdingen des Lehrlings, Gesellenfreispruch und Meisterprüfung werden vor versammelter Zunft vollzögen in feierlichem Akt und vor
offener Lade. Die Zunft gibt sich selbst eine passende Ordnung,
der sich die Mitglieder freiwillig unterwerfen.
5. Rechtsschutz den Mitgliedern. Sorge für fahrende Gesellen (Jeder
Meister ist verpflichtet fremde Gesellen 1 Tag zu verpflegen, ihm
Herberge, Zehrgeld und Trinkgeld zu reichen - heute Gesellenhäuser,
Kolping! Arme Meister werden unterstützt (Sozialschutz)
6. Sicherung der Existenz-Einflußnahme auf Preisbildung - Warenschau
auf öffentlichen Märkten - Regelung des Warenabsatzes.
Bemerkung: In Bayern existierten die Zünfte bis 18O2. Dann kam alles
"aus der Ordnung". D±e Festlandsperre, der gestörte Handel der Exporteure, die allgemeine Armut, setzten dem ehrbaren Handwerk stark zu. Pfuschertum, Lockerung des Gewerbezwangs und der Freizügigkeit, die aufkommende Industrie und Preisgestaltung, die Konkurrenz und der Existenzkampf zwangen das Handwerk sich wieder zusammenzuschließen
in den Innungen.
Zahlreiche Sprichwörter, Redensarten, Lieder, Schrullen fahrender Gesellen (in allen Liederbüchern), Handwerkerzeichen, Haussprüche, Zunftheilige in Kirchen, Zunftladen in allen Museen erinnern an die alten
Handwerkervereinigungen.
Ausführliches über "Ailerei Zünftiges" im Heimatbrief Nr. 25 von
Karl Schnieringer.
(Gegensatz zwischen Ratsherren u. Zünften (Schulf.Heft 1952/S 13!)
Ein Beispiel aus Augsburg.
Thema 41
Mit einem schwäbischen Kaufmannszug nach Italien
1.Beschwerdebrief des Dogen von Venedig an die Stadt Kempten - frei
nach Baumann II, 40 für den Schulgebrauch:
Vom Dogen Foscari zu Venedig
An Bürgermeister und Rat der freien Reichsstadt
Kempten/Allgäu.
Siena und Lucca, beide Bürger und Kaufherrn unserer Stadt Venedig
haben klagend vorgebracht, daß Heinrich von Stoffeln auf offener
Landstraße zwischen Memmingen und Kempten ihren Kaufmannszug räuberisch überfallen habe.
Von den sieben nach Flandern bestimmten Wagen habe der von Stoffeln
vier nach seinem Schlosse weggefahren, aber wieder herausgegeben,
nachdem von Memmingen Hilfe gekommen sei. Anschließend seien die
Kaufmannswagen nach Kempten gefahren und dort sichergestellt, jedoch
den Inhabern nicht zurückgestellt worden'.
Nachdem wir in Venedig den deutschen Kaufmannszügen sicheres Geleit
verschaffen und allzeit Schutz gewähren, können wir dasselbe von den
Allgäuer Herrschaften erwarten, die Bestrafung des Heinrich von
Stoffeln und die Rückgabe der Kaufmannswagen samt den Waren erhoffen.
Anno Domini, im 1432. Jahr nach Christi Geburt - Foscari, Doge zu
Venedig.
2.
a)
b)
c)
d)
e)
Probleme des Briefes (erarbeiten!):
Wer ist Heinrich von Stoffeln - warum Überfall auf Kaufmannszug?
Wo geschah der Überfall auf den Kaufmannszug?
Wie kommt ein venezianischer Kaufmannszug in unsere Gegend?
Welche Waren führten die Planwagen?
Welche Rolle spielten die Städte Kempten und Memmingen?
3« Geschichtliches zu den Problemen:
a) Heinrich von Stoffeln ist einer der zahlreichen Eisenmänner, die
nach dem Zerfall des Rittertums verarmten, die bei einem angesehenen Fürsten oder einer Stadt keinen Dienst tum mochten und ihr
Einkomiren lieber durch Überfälle auf Warentransporte einheimischer
oder internationaler Kaufleute oder auf Kosten der Bauern (wie
Meier Helmbrecht) aufbessern wollten. Man nannte derlei Raubgesellen kurzweg Heckenräuber, Taschenklopfer, Wegelagerer oder
"böse Buben." Zahlreiche Ritterburgen im Allgäu, kleine und große,
sind zerfallen. Ruinen und Burgställe, Wappen und Grabplatten in
den Kirchen sind die letzten Zeugen vergangener Ritterherrlichkeit.Nun aber sind die Herren mehr gefürchtet - Raubritter bedrohen
Dörfer, Städte und Kaufmannszüge mit Überfall und Fehde - Kaiser
und Reich sind machtlos. Die Städte helfen sich selbst, sie schließen Bündnisse untereinander, stellen Söldner an, um die Stadt
selbst und ihre Kaufleute auf den weiten unsicheren Landstraßen
zu schützen. Um 1460 suchte sich die Stadt Memmingen "gegen die
öffentliche Unsicherheit dadurch zu schützen, indem sie den Ritter
Joachim von Uttenried mit 4 Pferden auf 2 Jahre gegen 1000 Pfund
Heller Sold anstellte - "zum Streifen auf die bösen Buben im_Lande"
(Bube ein Schimpfwort für Diebe)-- Im Jahre 1466 schlössen die
Allgäuer Städte abermals ein Bündnis gegen die Störung des Landfriedens. Der Vertrag wurde alle fünf Jahre erneuert (Baumann II,60),
b) Der im Briefe aufgeführte Überfall geschah wahrscheinlich bei
Ittelsburg. Südlich und östlich des Burgdorfes sind gut versteckt
im Hochwald die Burgställte ehemaliger Raubgesellen, die von ihren
Fenstern aus heranfahrende Kaufleute beobachten konnten, erhalten.
Östlich über dem Dorfe baute sich der Memminger Bürger Hans Zwicker
in einen vorhandenen Burgstall ein Schloß (dem Räume nach nur einen Turm!) und nannte sich "Herr vom Hahnentanz" (siehe Memminger
Heimatbuch!), über ihn berichtet die Geschichte, daß am 28. April 1457
zweihundert Bürger der Stadt Kempten mit Sturmleitern und Brandfackeln vor die Burg des Zwickers zogen und dieselbe ausräucherten.
Beim versuchten Ausfall sei der Zwicker durch einen Säbelhieb schwer
verwundet worden. Er wurde gefangen abgeführt und starb 6 Tage später in Kempten (Geschichte Ittelsburg) - also ein Strafzug der Stadt
gegen einen heruntergekommenen Stadtbürger, der kemptische Kaufleute
geschädigt hatte. (Baumann 11,51)
Südlich von Ittelsburg, auf günstiger Hügelkuppe, direkt über der
alten Handelstraße, hatte einst der Ritter Veit von Eisenburg sein
Raubnest. Jedenfalls wegen eines Überfalls auf Kaufleute kam er mit
den Ulmern in schwende Fehde. Die Stadt beauftragte nämlich den
Ritter Hans von Stadion zu Ulm die Burg auszuräuchern. "Der Ulmer
zog mit großer Heeresmacht gegen Ittelsburg, belagerte den Eisenburger 4 Tage und Fachte und verbrannte die Burg. Der Eisenburger
war geflohen. Seine Knechte aber ergaben sich auf Gnad und Ungnade
denen von Ulm" (Geschichte Ittelsburg).Andere Beispiele: 1427 wagte Schenk von Weinsberg Memminger Kaufleute, die auf die Frankfurter Messe zogen,zu Werfen; sie raubten
dem Kaufmannszug Aaren im Werte von 20 000 Gulden. - Durch Straßenraub machten sich auch die Burgen Falkenstein ufid Frauenstein im
Allgäu berüchtigt: beide Burgen 'wurden deswegen 1434 von den Augsburgern verbrannt. - 1441 bestraften die Kempter den Hans von
Schwahgaü, der italienische K«ufleute gefangen hielt. - Die Memminger beteiligten sich mit 20 Reisigen und 60 Knechten bei der Zerstörung fränkischer Rpubburgen 1441. - Walter von Königsegg wurde
1442 von den Ulmern gefe.nnen und als Landfriedensbrecher in Ulm
hingerichtet. (Baumann 11,44). R-^ubgesellen ließen sich vorwiegend
an den damaligen Handelsstraßen nieder:
c) Auch durch unseren > Kreis führten wichtige Handelsstraßen. Von
Augsburg aus die alte Reichsst.raße, von München die Salzstraße
über Memmingen an den "See"(Bodensee); eine andere Haupthandelsstraße aus Italien über den Fern(paß) gegen Ulm. Die Stadt
Memmingen lag am Kreuzungspunkt der Nord-Süd und Ost-Weststraße;
sie hat die Tore (Ulmer, Kempter-Lindauer und Kalchtor) auf die
Straßen gesetzt, vor allen durchfahrenden Kaufleuten Torzoll,
Warenzoll, Salzzoll und Pflasterzoll erhoben und ist dadurch,
wie auch durch eigenen Handel und Gewerbefleiß reich und groß
geworden. Gefährlich für die Kaufleute war die Strecke durch
das Memminger Trockental von Ittelsburg ab. Die Handelsstraße,
spater der "Postweg" genannt, führte am Ittelsburger "Straßenwirt" vorbei, dem bewaldeten Höhenzug mit den Raubnestern entlang nach Dietmannsried-Kempten.. Ulmer und Memminger Kaufleuten fuhren diese Strecke na.cn Italien-venezianische auch nach
Ulm. Warenumschlageplätze waren Kempten, 'Memmingen, Ulm, Augsburg, Leutkirch, Überlingen, Lindau u.a.
d) Man handelte vorwiegend mit Webewaren, vor allem mit Leinwand,
Barchent und Loden, mit Baumwolle, Eisen und Stahl. Der Export
unserer Städte ging nach Venedig, Spanien, Frankreich und Flandern.
Importiert wurden aus dem Welschland Seide, Südfrüchte und Gewürze; aus Bayern Salz (großer Salzstadel in Memmingen!). - Die
Gewerbe verarbeiteten Korduanleder und Pelzwerk, 200 Memminger
Weber Leinwand, Baumwollstoffe und Loden.
d) Zur Wahrung gemeinsamer Belange (Preise, Absatz, Sicherheit)
schlössen Zünfte (Garner und Weber) und Kaufleute trustähhliche
Verbände; 1476 Garnerbündnis der Weberzunft mit 11 oberschwäbischen Städten« Die bekannten Memminger' Handelsfamilien waren
die Besserer, Geßler, Sättelin, Stüdlin, Weyer, Zangmeister.
1498 wurde die Welsersche Gesellschaft, die "Große Deutsche
Kompagnie" von den Memmingern Konrad Vöhlin und dessen Schwager
Anton Welser gegründet. Von Memmingen aus wurde Welthandel be-
trieben nach Indien und Südamerika. Weiserkolonie in Venezuela
(siehe Schwab. Lesebogen" der schwäb. Kaufmann"!)
Erkenntnisse:
Gewerbefleiß, Märkte, Zölle und Großhandel bewirken den wirtschaftlichen Aufschwung, die Blütezeit unserer Städte im 14. und 15« Jahrhundert. Raubritter und Diebe wollen auf Kosten fleißiger Bürger
und Brauern leben; sie werden als Störenfriede von militärisch verbündeten Städten ausgerottet. - Aufstrebende Städte bereiten den
Boden für ein neues Zeitalter vor. - Die reichen Handelsherren und
die freien Reichsstädte werden zur neuen Macht im Reiche, auf die
selbst der Kaiser angewiesen ist (Furier!) - Was das fleißige, tüchtige und strebsame Bürgertum in Jahrhunderten geschaffen hat, wurde
im dreißigjährigen Krieg zerstört. - Städte und weite Landstriche
waren verarmt. - Gegenwartsbezug: Wiederaufbau-Städte als Industriezentren - Welthandel der Gegenwart - Wirtschaftsvereinigungen der
Gegenwart.
Literatur: Baumann, Gesch. d. All maus Bd. II, 41-85. - Miedel, Führer durch Memr.;ingen und Umgebung, Heft 1, S. 28.-Schnieringerj Siedlungsgeschichte Ittelsburg. Lesestoff: Schwäbischer Lesebogen Reihe II, Bogen 1. Inhaltsangabe:
Der Fugger geht übers Land - Weiserschiffe befahren das
Meer (AUgsburger Kaufherrn als Indienfahrer. Eine Weiserkolonie in Amerika). Dazu Bilder: Handelszug der Fugger,
Fuggerhaus in Augsburg; Handelswege der Fugger. Geschichte vom Meier Hplmbrecht.
Thema 43
Das Sühnekreuz, ein Bechtsdenkm4l
vergangener Zeit,
Das große Sühnegericht zu Grönenbach
ann* 1528
Es ist ein kalter Februartag. Montag nach Sankt Valentin anno Domini
1528. Dicke Eiszapfen hängen an den Traufrinnen und Brunnen, über dem
Flecken Grönenbach sammeln sich die Rauchfahnen der Schornsteine zu
dunklen Schwaden. Ein scharfer Bayerwind treibt sie hinüber zum
Schloßberg. Knietief liegt der Glitzerschnee auf Gassen und Fluren.
Hungrig hocken die Raben auf den Zäunen. Wer heute nicht hinaus
kann, haucht sich ein Guckloch auf die vereisten Schiebefenster.
Trotz knirschender Kälte «.arten Hunderte von Menschen aus dem
Flecken, aus Weilern, Einöden und umliegenden Dörfern auf dem Marktplatz. Dicht gedrängt, Kopf an Kopf, beinestampfend, der Kälte sich
wehrend, stehen sie in langen Reihen vom Maierhof, bis hinuter zum
Rößlewirt, der heutigen Post. "Jetzt kommens!" heißt es und alle
Köpfe drehen sich hin zu Taverne des "Goldenen Löwen". - Dort öffnen
sich die Tore. Der Fleckenbüttel tritt heraus. Ihm folgt tief gebeugt der Bauernsohn Jörg Seh. v*n Sachsenried, dess Eltern, Geschwister und die ganze Verwancfechaft. Armer Jörg! Heute bist du
die Sensation, der die Neugierde nachläuft. Man nennt dich Malefikant, Totschläger, Mörder $ Friedbrecher * Du hast den braven Veit
Hildtprand von Ziegelberg erschlagen.
Nun will man deine Zerknirschung, deinen Jammer, dein ganzes
Elend mit Augen sehen, sich daran ergötzen und sich schädlich freuenl
Lange genug hat man in Tavernen, Schmitten, Badstuben und Mühlen auf
zwei Achseln 'Wasser getragen. - Heute mußt du Spießrutenlaufen. Tief
betrübt, mit gesenkten Augen geht die Sippe den Weg einer harten
Sühne. Der schwerste Gang endet hiner den Türen der Taverne zum Rößle.
In der geräumigen, niedrigen Stube sitzt an langen Tischen bereits die Freundschaft des Erschlagenen, die Sippe des Hildebrand von
Ziegelberg. "Wie die Gegenpartei eintritt, sieht man kurz auf, senkt
die Blicke und verharrt in eisigem Schweigen. Die Hildtprandin, die
Mutter der Erschlagenen kämpft gegen den Weinkrampf an. Eine schwere
Bauernhand legt sich beruhigend auf ihre Schulter. Vater Jörg Hildtprand teilt mit ihr den großen Kummer. Der Gerichtbüttel, die Mütze
knapp über den buschigen Brauen, weist den Angekommenen die Plätze an.
Alle sind gehorsam und es ist, als hörte man den Pulsschlag aller Herzen. Man sitzt und schweigt, legt die Hände in den Schoß und wartet,
wartet auf die bestellten Obmänner und Schiedsleute, die auf Bitten
der beiden Väter den Familienstreit schlichten, die üblichen Sühnen
auflegen und die Blutrache verhindern sollen.
Der Lärm vor den Stubenfenstern verstummt. "Platz gemacht für
die hohen Rittersleut!" ruft ein Büttel. Die gaffende Men^e gibt eine
breite Gasse frei, die Männer lupfen das Hütle; man grüßt still die
hohen Herrn zu Roß. Flinke Diener eilen heran und halten die Steigbügel. Der Roßknecht führt die Pferde in die Stallung. Die hohen
Herren treten in die Stube. Drinnen rücken Stuhle. Man erhebt sich
und dreht die Mützen schweigend in den Händen. Die Schiedsleute begeben sich zur langen Tafel, die beide Parteien scheidet. Ämtsleute,
Richter, Geistliche und Schreiber nehmen Platz. Hans Unglehrt, der
Spitalmeister, derzeit auch kaiserlich beauftragter Gerichtsamtmann
im Flecken Grönenbach, erhebt sich und eröffnet nach altem Brauch
und Herkommen den "Totschlags-Sühneversuch": "Hochlöbliche Herren,
hohes Gericht!
Unlängst hat Jörg Schinmetzler von Sachsenried in der Reicholzrieder
Pfarrei den ehrsamen Bauernsohn Veit Hildtbrand von Ziegelberg in der
Gronenbacher Pfarrei bei Schlaghändeln unbedächtlich getötet. Beide
43-1
Sippen wollen vom alten Recht und Herkommen Abstand nehmen und
ängstigen sich vor der Blutrache. Nachdem erst vor wenigen Jahren
soviel Bauernblut (Bauernkrieg!) unnötig vergossen wurde, und beide
Familien gottesfürchtige Leute sind, wollen sie den Rat der Geistlichen befolgen, sich vertragen und sühnen.
Nachdem kürzlich beide Väter zu mir in die Amtsstube gekommen sind,
und um ein Sühnegericht baten, habe ich auf den heutigen St. Valentinstag unparteiliche Obmänner und Schiedsleute zusammengerufen.
Obmänner sind die hochlöblichen Ritter und Herren Joachim von Pappenheim, Reichsmarschall zu Füssen und Herrn Andreas Hochenegg,
Pfleger zu Röttenberg. Als Schiedsleute sind bestellt für die Partei
Schinmetzler die Gerichtsmänner von Reicholzried, für die Partei
Hildebrand, die Amtmänner des Theinselberger Gerichts. Die Interessen
der Kirche vertritt der Pfarrherr von Reicholzriedi
Zur Verhandlung sind geladen der Täter Jörg Schinmetzler, sein Vater,
seine Mutter, sowie Geschwister, Schwäger, Schwieger, Vettern, Basen
und alle die sonst zur Verwandtschaft zählen. Desgleichen sind erschienen der Vater des Erschlagenen mit seiner ganzen Freundschaft
(=Verwandtschaft). Nachdem nun alles versammelt, Kläger, Täter und
Beklagte und das ganze Gericht, möge nun Vater Hildebrand seine
Klagen und Forderungen vorbringen.
Also wurde am St. Valentinstag in der Wirtsstube zu Grönenbach geklagt, friedlich und gütlich der Familienstreit geschlichtet und die
Sühnen des Schinmetzler im "Totschlags-Sühnebrief" schriftlich festgelegt und von den anwesenden Rittern gesiegelt.
Nachdem sich beide Parteien verglichen, allen Rachen und bösen Taten
abgesagt und unseren Richterspruch angenommen, haben wir für den
Täter Jörg Seh, folgende Sühnen bestimmt:
1. Der Täter hat die beiden Sippen zur Beerdigung, zum Siebent- und
Dreißigstgottesdienst persönlich einzuladen.
2. Er bestellt in Reicholzried für das Seelenheil des Verstorbenen
20 heilige Messen,
3. Aus 20 Pfund Wachs hat er Kerzen fertigen zu lassen; vier einpfündige an die Paur (Bahre), die den Seelenämtern brennen sollen;
weitere 5 Kerzen mit aufgeweichter Widmung für die Hildbrands sie sollen brennend umgetragen werden, - außerdem Kerzen für
Schinmetzlers Verwandtschaft, welche die Kerzen am Arm tragen solle
4.- Bei den Seelämtern soll der Täter mit entblößtem Oberkörpger hinter dem Altar knien, dann aber
5. hervorkommen und die Kerzen der Hildbrand abknicken (Licht ausblasen! Zum Zeichen des gebrochenen Lebens!)
6. Alsdann soll er mit seiner Mordwaffe am Arm tragend in der Kirche umgehen und büßen.
7. Hernach (nach dem Requiem) soll er sich mit ausgebreiteten Armen
auf des Entleibten Grab legen und weiterhin alles tun, wie es
üblich ist und wie ihm der Pfarrer von Rexcholzried befiehlt
(Sprichwörter: zu Kreuze kriechen; in Sack und Asche gehen)
8. Soll er drei Wallfahrten tun nach Andecfrs, Einsiedeln und Irchhofen; aber jedesmal von daheim aus fortgehen; und von den
genannten Orten eine Bescheinigung mitbringen,.
9. Ferner soll der Täter ein Kreuz von guetem Tuffstein, 5 Werkschuh
hoch, 4 Schuh breit und 1 Schuh dick machen lassen und zu Reicholzried dorthin setzen wo es Vater Hildbrand haben will.
Weltliche Sühnen:
10. Dem Vater des Entleibten gibt er zum Lebensunterhalt einen besiegelten Schuldbrief mit 46 Gulden guter Landeswährung.
11. Ein ganzes Jahr lang hat der Täter jedem Angehörigen der Sippe
Hildbrand auszuweichen auf den Straßen, in Tavernen, Mühlen,
Badstuben und wo es au#h immer sei, soll er zuerst den Platz
verlassen.
43-2
Nach dieser Sühne soll der Jörg Schinmetzler und alle seine Verwandten von Seiten der Hildebrandschen Leute jetzt und fürderhin
Sicherheit und Frieden haben. - Zur wahren Urkund haben wir übai inner unsere Siegel an den Brief gehangen. Gegeben am Montag nach
St. Valentin im Monat February nach Christi Geburt unseres Seligmachers im 1528ten Jahr.
Als nach stundenlanger Sitzung die Beteiligten v.-.rsohnt die Gasse
betraten, hatte sich die Menschenmenge verlaufen. Eine Sensation
ist in die Vergangenheit versunken. Die Menschen sind längst gestorben. Kläger und Beklagte ruhen in den Friedhöfen zu Reicholzried und Grenenbach. Was aus jener unruhigen, unsicheren Zeit des
germanischen Fastrechtes und alter Rechtspflege übrig geblieben
ist, das sind die kleinen Sühnegerichte der Dorfbürgermeister und
die niederen Steinkreuze an öffentlichen Wegen und Plätzen.
Noch vor 5o Jahren zählte man in unserem Landkreis an die hundert
Sühnekreuze, jetzt kaum mehr die Hälfte. Wir sollten die restlichen
Denkmäler deutscher Rechtspflege erhalten.
Auswertung: Nach germ. Recht kommt Totschlag nicht vor das Gerichtder Täter wird von der Sippe des Erschlagenen verfolgt - Blutrache
und Faustrecht. Eine große Zahl der Kreuze stammt aus der Zeit der
Fehden, der Glaubenskämpfe, des Bauernkrieges - Sühnegericht mußte
beantragt werden. - Unterscheide weltliche und kirchliche Sühnen! Sühnegerichte unterbinden die Blutrache< der einst ganze Sippen
zum Opfer fielen. - Sammle Sprichwörter aus vergangener Rechtspflege! - Ab 1530 Verbot der Rachen - ordentliche Gerichte "Peinliche Halsgerichtsordnung" Kaiser Karl V. - Trotzdem werden
bis zum dreißigjährigen Krieg noch Sahnekreuze gesetzt. - Kleine
Vergehen - Beleidigungen kann der Bürgermeister sühnen - Geld in
Armenkasse! l8ü6 Der Bayer. König schafft die Folter und öffentl.
Hinrichtungen ab. Neues Strafgesetzbuch! - Vom Gerichtswesen in
der Bundesrepublik.
Literatur: Heimatbrief Nr. 7 und 8 v. K. Schnieringer
(Dörfler, der ürmaier (Verlauf u. Folgen einer Blutrache).
Die angefahrte Sühnegerichtsurkunde liegt im Staatsarchiv in München.
43-3
Thema hy a
Luther wird vor den Reichstag in
Augsburg geladen(1518)
Im Oktober 1518 stand im Ottobeurer Klosterhof die sauber geputzte
Prälatenkutsche. Vier Pferde holte der Kutscher aus den Stallungen,
während etliche bewaffnete Geleitreiter wartend unter dem Ausfahrtstore standen, alsbald kam Abt Leonhard, begleitet von seiner Dienerschaft aus der Prälatur und stieg in die Kutsche. Ab nach Augsburg!
sagte er kurz. Die Tore öffneten sich. Die Kutsche rasselte über das
grobe KopfSteinpflaster. 2 Reiter voraus, je einer zur Seite und
zwei hintennach, so war es Brauch. Die Ottobeurer schauten nur so
und hätten gerne gewußt, warum der Herr bis nach Augsburg fährt.
Der hochw. Abt Leonhard aber hatte ein kaiserliches Schreiben in der Tasche. Darin stand: Ich halte anfangs Oktober dieses Jahres in Augsburg einen Reichstag. Alle meine Reichsfürsten und Reichsprälaten haben persönlich vor mir zu erscheinen. Im Krankheitsfälle
müssen sie einen Vertreter schicken,
Noch ein anderer erhielt ein Vorladungsschreiben, nämlich Martin
Luther von Wittenberg in Sachsen. Darin war zu lesen: Im Auftrage und
auf Wunsch meines päpstlichen Legaten^ dem Kardinal Kajetan (=Thomas
von Vio) befehle ich Dir am 12. Oktober vor dem Reichstag in Augsburg zu erscheinen, damit Du Dich über den Ablaß und Deine Thesen
äußern kannst. Ein Geleit- und Sicherheitsschreiben von Wittenberg
nach Aussburg haben meine kaiserlichen Rate beigegeben. (Feyerabend
II, 816)
Wie nun Luther nach Augsburg kam, suchte er den Kardinal Kajetan.
Dieser redete ihn freundlich an und sagte: "Du hast ganz Deutschland
in Aufregung gebracht mit deinem. Streit über den Ablaß. Willst du
ein Glied der Kirche sein, so widerrufe alles was du gesagt hast,
dann soll dir nichts widerfahren. Denn ich höre du seiest ein Doktor
und sehr gelehrt in der Schrift und hast viele Schüler." - Luther
erwiderte: "Ich kann nicht widerrufen. Aber ich verspreche von jetzt
an zu schweigen, wenn meine Gegner auch schweigen." - Als Luther am
anderen Tage abermals zum Kardinal kam, verlange dieser kurzweg er
solle widerrufen. Da sprach Luther: "Ich kann nicht widerrufen, es
lehre mich denn einer etwas Besseres. Ich will und kann nicht von
der hl. Schrift weichen!" - Da rief der Kardinal: "0 Bruder, gestern
warst du so gut und heute bist du verkehrt. Widerrufe, oder komme
nicht wieder!" Luther aber blieb noch In Augsburg und schrieb an den
Kardinal (nach Scheiblhuber):
"Ich Martin Luther, ein Augustiner, bezeuge, daß ich die heilige röm.
Kirche verehre und derselben in allen meinen gegenwärtigen, vergangenen und künftigen Worten und Handlungen folge. Sollte etwas dagegen
oder anderes gesagt worden sein, so halte ich dasselbe für nicht gesagt," Dazu gab er dem Kardinal noch ein Schreiben, in (dem er seine
95 Sätze erklärte und verteidigte und versprach dem Gutachten der
drei berühmtesten Universitäten zu Basel, Freiburg oder Löwen sich
zu unterwerfen. Luther selbst erschien nicht, denn er war überraschend
in der Nacht nach Wittenberg zurückgeritten. (Brief aus Feyerabend
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Ablaßstreit und die 95 Thesen brachten die Gläubigen
In InifregungT Es bildeten sich zwei Parteien für und gegen Luther. Auch
Aie Fürsten waren nich einig. Der Kaiser mußte eingreifen. In Augsburg
zeigte sich Luther noch nachgiebig. Er wollte sich vor Professoren
verteidigen und sich ihrem Schiedsspruch unterwerfen
Th_eraa_45_b
Luther in "Worms (1521)
In der Karwoche 1521 brachte der Reichsherold ein kaiserliches Schreiben nach Wittenberg. Luther las: "Binnen 21 Tagen nach Empfang dieses
Briefes sollt ihr euch in Worms vor dem Kaiser stellen. Dafür wird
euch sicheres Gelelt für die Hin- und Rückreise zugesagt." - Luther
fuhr mit zwei Freunden und einem Ordensbruder fort, in einem offenen
Wagen, der eine Decke gegen Sonne und Reger hatte. Unterwegs warnten
ihm manche nach Worms zu gehen. Aber Luther antwortete: "Ich will
nach Worms, wenn auch so viele Teufel darin waren?els Ziegel auf den
Dächern."
An einem Dienstag, um 10 Uhr vormittags ,langte er in Worms an. Eine
Menge Leute eilte herbei um Luther zu sehen. Bis zum Tor der Stadt
war er von etwa 100 Reitern (Sickinger) begleitet. Dann fuhr er mit
drei anderen in die Stadt, geleitet von 0 Reitern und er nahm gegenüber seinem Kurfürsten v. Sachsen Wohnung. Als er abstieg, umarmte
ihn ein Priester, berührte dreimal das Gewand und ging frohlockend
davon. Luther sprach: "Gott wird für mich sein!11 Dann ging er In
eine Stube, wo ihn viele Herren aufsuchten. Mit etwa 10 oder 12 aß er.
Nach dem Essen kamen viel um ihn zu sehen. An diesem Tage schrieb
der päpstliche Gesandte nach Rom: Wenn Eure Herrlichkeit die Dinge
sahen wie sie sind, sie würde starr vor Staunen sein. Ich fürchte
die Welt stürzt in Trümmer, so ist ganz Deutschland verwandelt. Da
gibt es niemand, weder Prälaten noch Fürsten, der nicht von Luther
spräche oder offen für oder gegen ihn aufträte. Ein so tiefes Entsetzen hat alle ergriffen. Nur der Kaiser allein steht noch aufrecht."
(Bericht d. päpsti. Gesandten Alexander)
Am nächsten Morgen kam der kaiserliche Herold zu Luther und bestellte
ihn bis 4 Uhr nachmittags vor den Reichstag. Als der Mönch nun vor
Kaiser Kai V. und. den Fürsten stand, wurde er gefragt: "Erkennt ihr
die Bücher hier als die eurigen oder nicht? Und wollt ihr sie widerrufen?" Da begann Luther mit leiser Stimme, den Blick zur Erde gesenkt: "Ich muß die Bücher als die meinigen anerkennen und kann nichts
ableugnen. Fürs Zweite bin ich gefragt, ob ich sie verteidigen oder
'widerrufen wolle. Bei dieser Frage handelt es sich um den Glauben
und um die Seligkeit. Deshalb bitte ich demütig um Bedenkzeit, damit
ich ohne Gof'-hr für die Seele diese Frage beantworten kann." Er
sprach dies so leise, daß man ihn kaum in nächster Nähe verstand.
Da sagte der Kaiser: "Der wird mich nicht zum Ketzer machen!" und
gab Luther einen Tag Bedenkzeit. Abends besuchten wieder adelige
Herren Luther in seiner Herberge und sagten: "Ihr braucht den Scüeiterhaufen nicht zu furchten; wir werden es nicht dazu kommen lassen."
■dem nächsten Tage ging Luther wieder vor den Reichstag und
mußte bis sechs Uhr warten. Der Reichstagsaal war heute voll von
Menschen. Luther wurde gefragt: "Wohlan, so antwortet jetzt auf die
Frage des Kaisers: Wollt ihr die Bücher verteidigen oder widerrufen?Luther beugte ein Knie vor der Versammlung und begann: "Allergnadigster, großnächtiastcr Kaiser! Durchlauchtigste Fürsten! Gnädigste
Herren!" Er redete so laut, daß er heute im ganzen Saal gut verstanden wurde. Es wurde dunkel! Die Diener zündeten Fackeln an. Endlich
schloß er: "Weil eure kaiserliche Majestät eine schlichte Antwort
begehren, so will ich eine Antwort geben, die weder Hörner noch
Zähne hat. Widerrufen kann ich nichts und will ich nichts, weil es
gefeihrlicn ist gegen das Gewissen zu handein. " Nun hatte der Kaiser
genug gehört und beendete die Reichsversammlung. Die Fürsten standen
auf. Lucher wurde weggeführt. Gegen acht Uhr kam er in die Herberge.
Dort sagte er: Ich bin hindurch! Und wenn ich tausend Köpfe hätte,
ich wollte sie mir eher abhauen lassen,als einen Widerruf tun. Manche rieter dem Kaiser, er solle das freie Geleit brechen; aber er
ging nicht darauf ein. Noch am nämlichen Abend sagte der Kurfürst
von Sachsen zu Luther: Ich v/erde euch beiseite bringen lassen, denn
ich fürchte, der Kaiser hat das Äußerste mit euch vor, wenn euer
freies Geleite abgelaufen ist." - Am anderen Tage gegen zehn Uhr
fuhr Luther von Worms ab. Der Kaiser sprach die Reichsacht über ihn
aus. Diese sollte nach 21 Tagen in Kraft treten. Niemand darf ihm
dann Herberge, zu essen oder zu trinken geben, vielmehr soll ihn
ein jeder zu fangen und dem Kaiser auszuliefern verpflichtet sein.
(nach Scheiblhuber).
Auswertung;:
Der Reichsherold bringt die Vorladung, (wie)
Luthers Herberge gegenüber seinem Fürsten, (warum?)
Der Bericht des päpstlichen Gesandten (Volksstimmung)
Die Frage des Kaisers-Luther will Bedenkzeit.
Luther widerruft nicht - er will ein reines Gewissen.
Der Kaiser spricht die Reichsacht aus (Begriffe, Folgen)
Vertiefung:
Aus welchem Grunde spricht der Kaiser die Reichsacht aus?
Was sagen die Anhänger Luthers dazu?
Was sagen Luthers Gegner - die Kirche? Sein Abt?
Welche Folgen hat die Haltung Luthers (Glaubensspaltung und Glaubensabfall - Feindschaft und Streit)
Wir wissen aus der Erfahrung: der deutsche Norden ist evang.
der Süden katholisch. Folgen! Zusammenarbeit der beiden christlichen
Kirchen! Konzil 1962
Luther auf der Wartburg-Bibelübersetzung!
Thema 46
Die Reformation im Landkreis
Memmingen
Zur Zeit der Reformation gehörte das Gebiet unseres Landkreises
verschiedenen Grundherren. Wir unterscheiden das Gebiet der Reichsabtei Ottobeuren, des Klosters Buxheim, der Fürstabtei Kempten, der
Reichsstadt Memmingen, und die Besitzungen einzelner Adeliger und
der Memminger Klöster. Was die Untertanen zu glauben hatten, bestimmte
der Herr. Die Hörigen der Klöster Ottobeuren, Kempten (Legauer Gebiet) und Buxheim blieben katholisch; ebenso die fuggerschen Untertanen. Ortschaften der Reichsstadt Memmingen und ihrer Patrizier
wurden evangelisch (Ariesried, halb Erkheim 1537, Daxberg, Frickenhausen 1530, Lauben 1531, Steinheim 1530, Buxach, Volkratshofen 1569,
Ferthofen, Dickenreishausen, Woringen.)-Die calvinische Religion
wurde durch Philipp von Pappenheim zu 1/3 in der Herrschaft Grönenbach eingeführt 1559: Grcnenbach Ort jedes 3. Haus, Ittelsburg,
Theinselberg, Albishofen, Goßmannshofen, Lachen (kath.) Theinselberg (ref.),Herbishofen (ref.), Hetzlinshofen (kath.), Moosbach,
Rotenstein.
Weltliche Lehensherren, bzw. Besitzer von Dörfern waren z.B: Ariesried den Vöhlin von Memmingen, ebenso Frickenhausen, das halbe Erkheim dem Hans Keller, die andere Hälfte dem Kloster Ottobeuren; Woringen und Buxach besaß die Stadt Memmin'en; Ungerhsusen wechselte
wiederholt den Besitzer und damit such den Glauben: 1496 kauften
das Dorf die Vöhlin von Ottobeuren, bauten ein Schloß, führten später den neuen Glauben ein und verkauften es abermals an den ursprünglichen Besitzer Ottobeuren; die Untertanen werden wieder katholisch. - Auch das Dorf Woringen war geteilt und hatte bis zur Säkularisation 2 Kirchen; die obere, noch stehende Kirche wurde calvinisch, dann evangelisch, die andere Kirche gehörte nach Kempten und
blieb noch lange kath. - In Memmingen na hm die Martinspfarrei unter
Schappeler den neuen Glauben an; die zur Frauenkirche gehörende Pfarrei unter den Augustinern blieb noch länger katholisch. - In manchen
Orten wollte der Geistliche nicht vom Glauben abfallen. So bat z.B.
der Steinheimer Pfarrer den Memminger Stadtrat man wolle mit der
Reformation doch warten bis er gestorben sei.
Die reicher] Memminger Patrizier wie Stobenhaber, Besserer, Vöhlin,
Welser, LGutkircher, Pfeffer, Keller u.a. kauften sich vom Kaiser
den Adelstitel, sie legten ihr Geld in Besitzungen (Grundstücke,
Höfe, Weiler, Dörfer, Herrschaftsgebiete und Schlösser) an. Als
Großhändler kamen sie auch in den Norden, sie wußten was in Wittenberg passiert war, erzählten davon in den Großgilden, hörten sich die
verschiedenen Prediger des "Neuen Evangeliums"an, und fielen schließlich selbst vom alten Glauben ab. Als Stadträte und Dorfherren führten sie nach damaligem Rechte und Brauche ihren Glauben bei den
Untertanen ein. Wer sich nicht fügen wollte, verlor sein Lehen.
Um 1510 reiste Luther nach Rom. Auf dem Ruckweg kam er durch
Memmingen und stieg bei den Augustinern ab, weil er diesem Orden
angehörte. In der Stadt lernte er den Mönch Spenlein kennen, der
nach dem Ablaßstreit aus dem Orden austrat und Pfarrer in Arnstadt/
Thüringen wurde. Die Stadt besitzt von Martin Luther einen Originalbrief!
1521 kamen kaiserliche Herolde auch nach Memmingen um das Wormser
Edikt (Reichachterklärung) öffentlich anzuschlagen. Wer bisher vom
großen Mönchsstreit nichts wußte, erfuhr es jetzt, denn die Bannbulle mußte von allen Kanzeln verlesen werden. Auch die Geistlichen
hatten schwere Entscheidungen zu treffen. Mönche und Nonnen verließen ihre Klöster um zu heiraten, Bauern verlangten ihren Pfarrer
selbst wählen zu dürfen; Geistliche wechselten ihre Posten; alles
ging drunter und drüber und überall spaltete sich das Volk., im Glauben.
Selbst die Geistlichen beschimpften sich öffentlich auf den Kanzeln,
sie beschimpften den Papst, die anderen den Luther, man beschimpfte
die Bischöfe, Ordensleute und Abte und war so gehässig, daß der
Memminger Stadtrat verbot auf den Kanzeln Händel und Streit anzufangen.
Christoph Schappeler EUS St. Gallen, seit 1513 Prediger an der Martinskirche zu Memmingen, fiel bereits 1522 vom Glauben ab. Er war
ein "redepewaltiger, gelehrter Priester." Die Volksmassen der ganzen
Umgebung kamen nach Memmingen um das "Neu Evangeli" zu hören. Er war
so beliebt, daß ihm seine Anhänger von der Wohnung zur Kanzel und
wieder zurückbegleiteten. Sein bester Gehilfe war ein Memminger Handwerker, Sebastian Lotzer, der Memminger Schulmeister Hepp (1525 enthauptet) und der ehemalige Karteusermönch Simpert Schenk aus Buxheim.
Lotzer gab sogar ein Buch heraus (siehe Baumann III!) und. schrieb:
"Wir wollen keine Fastongebote, keine Feiertage, keinen Ablaß, keine Anrufung der Heiligen, keine Ohrenbeichte, keine Kommunion unter
einer Gestalt, sondern unter zwei, wir brauchen keinen Papst, keine
hl. Messe und die Geistlichen sollen heiraten dürfen." - Er wollte
noch viel mehr reformieren als Luther selbst und beide Memminger
Reformatoren waren mehr Anhänger der Schweizer Zwingli und Calvin.
Aber 1536 nimmt die Stadt das Wittenbergische Bekenntnis an. Die
Anhänger der Schweizer 'Religion wurden ausgewiesen.
Schappelers und Lotzers Heden waren Ursache, daß man in Mcmmingen
die Klöster aufhob, die grauen Schwestern vertrieb (kamen nach Eidern)
und. in den Kirchen einen wüsten Bildersturm durchführte (1531)Man zerschlug die Altäre, die Bilder, die Statuen und übertünchte
die herrlichen, wertvollen Wandgemälde, die man jetzt in der Frauenkirche (auch in Ulm) wieder freizulegen versucht.
Für die Ausbreitung der Reformation sorgten:
Die Bannbulle, die Reichsachterklärung, die Freunde und Gegner Luthers
(Kanzelstreit), die Gelehrten auf den hohen Schulen durch ihre Bücher
und Streitschriften, die abgefallenen Geistlichen und Laienprediger.
In unserer Gegend aber besonders Schappeler, Lotzer, Schenk, Hepp.Gegner der Reformation: Der Kaiser, der Papst, der Memminger Stadtschreiber Vogelmann (wurde enthauptet), die Augustiner von Augsburg,
viele Geistliche, und Gläubige.
Merkwürdigkeiten aus dem großen Glaubensstreit:
Die Reformierten anerkennen den Gregorianischen Kalender nicht.
10 Tage Unterschied. Kalenderstreit in Erkheim! im Reich!
Spaltung der Schulen. Kinderkrieg In den Dörfern! Streit um die Gotteshäuser in konf. gemischten Orten-Simultan! Streitigkeiten wegen
des Läutens bei Beerdigungen, 11 Uhrläuten ein Sonntagen, Gebetlauten!
Streit wegen Bittgang. Die Ka.th. sollen nicht durch ev. Orte ziehen.
Fa.hnenschlachten in Worinaen mit Lachen. Vgl. Donauwörther Fahnenschlacht!
Steit bei Beerdigung. Friedhofstreit. Grabstätten-Steine.. Den Evang.
wird an Festtagen die Feldarbeit verboten (Steinheim). Zweierlei
Kleidung und Tracht! (vgl. Woringen...Bilder!) Bildersturm in Holzgünz 1531 ; der Ort wird 1552 wieder ka.th.
Wir wollen nachdenken. Urteilen! Wie wollen wir handeln?
Folgen der Glaubensspaltung, die wir heute noch spüren.
Zu Thema 46
Hans Häberle, Laienprediger von
Gronenbach
Hans Häberle war Bauer in Gronenbach. Fleißig besuchte er die Predigten des Christoph Schappeler an der Martinskirche zu Memmingen. Selbst
der Weg zur lorenzkirche nach Kempten, wo der bekannte Stadtpfarrer
Waibel das neue Evangelium lehrte, war ihm nicht zu weit. Angeregt
durch die Wittenbergischen und Münzerschen Flugschriften, wollte nun
auch er als ein Laie das "reine Evangelium" unverfälscht verkünden.
Er kaufte sich die neugedruckte Lutherbibel, studierte
eifrig darin und trat dann öffentlich traf. Wo er auch predigte, in
Gronenbach, Legau, Kimratshofen, Wurzach oder Wiggensbach, überall
kamen die Bauersleute von weit her gelaufen um den Häberle zu hören.
Das Verbot des Schwäbischen Bundes: "Das öffentliche, unchristliche
Predigen auf den Dorfplätzen ist untersagt", kümmerte die Leute
nicht. Er solle nur mutig mit dem Predigen des "reinen Evangeli" weiterfahren, sagten die einen; sei doch vorsichtig, warnten andere
den Häberle.
Dem Schwäbischen Bund war bald zu Ohren gekommen, welchen Auflauf der
Häberle verursachte. Er schickte seine Horcher und Häscher aus um
den Dorfprediger zu fangen. - Am 15. April 1526 war Häberle in Bachtels bei Wiggensbach angemeldet. Davon hatten die Bündischen Wind
bekommen. Verkleidete Häscher setzten sich unter die Zuhörer und
griffen überraschend zu. Entsetzt stob die Bauernschaft auseinander.
Ohne Widerstand wurde der Prediger verhaftet. Fußknechte führten ihn
gebunden nach Kempten. Verlassen von seinen Angehörigen und der
Bauernschaft lag er lange Zeit im tiefen Turm der Neuenburg.
Erst vier Wochen später (14, Mai 1526) holte man den "Abrünningen"
zum Verhör nach oben. In der Amtsstube saß der kemptische Vogt
Moritz von Altmannshofen, ein gefürchteter, strenger Herr. Häberle
wurde "gütlich und strenglich" über sein Handeln, Denken und religiöses Urteil befragt. Der Amtsschreiber kritzelte die Aussagen auf
eine Pergamentrolle: "Urgicht und Bekenntnis des Hans Häberle von
Gronenbach." Ein Bote brachte am anderen Tag das Verhörsprotokoll
zum Gerichtsmann des Schwäbischen Bundes nach Ulm. Der Amtsbote kam
mit der Nachricht zurück. "Fans Häberle ist mit dem Strang zu richten.
Er hat böslich gehandelt und sein Leben verwirkt." Der kemptische
Vogt war damit nicht zufrieden und schrieb zurück: "Ich finde keinen Scharfrichter, der mir ein ungerechtes Urteil vollstreckt." - Nun
beauftragte der Bund die Ritter Dienold von Stein und Burkhard Heinrich v. Pappenheim (Hauptleute des Bundes) das Urteil zu vollstrecken.
Sie bestellter den gefürchteten Scharfrichter Berthold Aichelin von
Wiesensteig nach Durach (14.6.1526) und hängten den Häberle mit dem
eingefangenen Bsuernrebeller Widemanr. an eine Eiche.
Nach vollzogenen! Urteil schrieb der Bündische Schreiber in das Urgichtenbuch: "Deo gratias!" - Aber Bäberies Anhanger zählten den
Laienprediger zu den Blutzeugen ihres Evangeliums, (nach einem Bericht v.Dr.Heberle im Schwab. Erzähler Nov. 1926)
Erkenntnisse:
Häberle mißachtet die Gesetze des Bundes, der neue Unruhen befürchtet.
Luther erlaubt jedem die Bibelauslegung.-Sektenbildung! Der kempt.
Vogt war ein gerechter Mann, er weigert sich ein Todesurteil in
Glaubenssachen zu vollstrecken. - Im Hitlerreich wurden viele Morde
befohlen - wenige haben sich geweigert sie auszuführen.
Thema 4?/48
Der Bauernkrieg im Allgau u. Landkreis Memmingen
(Allgemeine Information)
Steigender Steuerdruck, Schmälerung der überkommenen Rechte, Verlust
der persönlichen Freiheit von 1200 Untertanen im Kemptischen Gebiet
und andere Überforderungen verursachten bereits im Jahre 1491 einen
offenen Aufruhr der kemptischen Landschaft (=Untertanen des Fürstabtes Kempten in seinem ganzen Herrschaftsbereich; brutale Unterdrückung des Aufstandes) und zu einer Anklage beim Schwäbischen Bund
(Schutzbund der Adeligen, Stifte und Reichsstädte seit 1488). Der
bekannte Bauernführer Jörg Schmid von Leubas, später nur der Knopf
von Leubas genannt , berief unerlaubterweise am 23« 1. 1523 eine
Bauernversammlung nach Leubas fein. Die Vertreter beschlossen den
Rechtsstreit mit dem Fürstabt abermals vor den Schwab. Bund zu
bringen, forderten aber nicht nur die Wiederherstellung des alten
Rechtes, vielmehr eine vollkommene Neuordnung ihrer Rechte und
Lebensweise nach dem Evangelium und dem Worte Gottes, wie solches
bereits die Legauer Bauern von den Reformatoren gelernt und gefordert
hätten. Um diese Zeit war die Wittenberger Reformation auch in unserer Gegend bereits in das letzte Dorf vorgedrungen. Mittelpunkt
der Allgäuer Reformation waren Memmingen. Dortiger Pradikant von
St. Martin, Christoph Schappeler, dem das Landvolk massenhaft zuströmte. Im Allgau war es der Pfarrer von St. Lorenz zu Kempten. Dazu kommen zahlreiche abgefallene Pfarrvikare und Laienprediger, die
landauf, landab das neue Evangelium verkündeten. Namentlich genannt:
Pfarrvikar Leonhard Ganter von Sontheim, Laienprediger Hans Haberle
von Grönenbach, Laienprediger Seb. Lotzer von Memmingen, Christian
Wanner von Haldenwang, Simprecht Schenk von Memmingen, Hans Heringer
von Legau, Pfarrer Florian (auch Hauptmann) von Aichstetten. In
ihren Predigten wird eine neue Rechtsstellung der Untertanen nach
dem Evangelium gefordert, zu Aufstand und Rebellion ermuntert, kirchliche und weltliche Ziele vermischt. Um 1523 lehrte Schappeler, daß
die Abforderung des Zehnten in der Hl. Schrift nicht begründet sei,
Schon im nächsten Jahre verweigerten demzufolge die Steinheimer ihrem
Rother Abte die Zehntabgabe und verursachten damit offenen Aufruhr
(Baumann III,16). Der bayerische Kanzler Dr. Eck behauptete der.
Bauernkrieg komme aus Memmingen und Kempten.
Bündnisse der Bauern: Im ganzen Schwabenlande schlössen die Bauern
sich zu "Christlichen Vereinigung" zusammen. Jeder Haufen oder Landschaft sollte zunächst im eigenen Bereich durch Verhandlungen mit den
Herrn die erstrebten Neuerungen durchzusetzen versuchen. 1524 kam die
Ottobeurer "gepaurenschaft" gar klagend vor den Kaiser - weil erfolglos, schlössen sie mit den Sontheimern auf der Linden (bei Engetried)
ein Geheimbündnis. Dem re^ewandten und angesehenen Knopf von Leubas
gelang es alsbald die Bauern zum großen Zusammenschluß und Schutzbündnis zu bewegen (24.2.1525 in Oberdorf). Die Christliche Vereinigung umfaßte den Balthringer Haufen (um Ulm), den Allgäuer Haufen,
Seehaufen (Lindauer Gebiet) Kaufbeuren, Legauer bzw. Altusrieder,
Wurzacher, Leutkircher. "Das Schutzbündnis" "der Brüder in Christo"
unterzeichnete Jörg Schmid von Leubas, der Rotenfeiser Landammann
Ulrich Gsell von Immenstadt, der Hohenegger Ammann Hans Rist von
Gießen (Steiner Pfarrei) und der Hohenegger Landschreiber Konrad
Miller. Als erste Absprache wurde allen Haufen empfohlen den Pfarrern
die Kirchenschlüssel abzunehmen, damit man im Notfalle ungehindert mit
den Kirchenglocken Sturm läuten könne; auf dieses Zeichen hin sollen
die Bauernschaften einander zu Hilfe eilen. (Baumann 111,24).
Festgelegt wurde eine Bundes- und Landesordnung. Erstere hatte die
Gleichrichtung der landschaftlich verschiedenen Forderungen und
bäuerlichen Politik zum Ziele - wie sie dann auch in den 12 Artikeln
zum Ausdruck kommen. Dagegen beschäftigt sich die Landesordnung mit
der Organisation der Haufen für den Kriegsfall. Jeder Haufen wähle
einen Hauptmann, Räte und einen Feldschreiber. Untereinander wird
Verbindung gehalten und im Falle eines Angriffs oder im Kriegsfalle
ist gegenseitige Hilfe zu leisten. Nach erfolgtem Angriff schickt
man dem Nachbarhaufen die erste Mahnung (schriftliche Aufforderung
zum Beistand) - jener soll dann den 10. Mann zu Hilfe abstellen;
nach der zweiten Mahnung den 6. und nach der 3. Mahnung den 4. Mann.
Die Fähnlein aller Haufen sind rot und weiß. - Die bewaffneten Bauern tragen im Kriegsfalle auf rechtem Ärmelstreifen ein aufgenähtes
Andreaskreuz (Malzeichen). Ferner bestimmt die Landesordnung das
Verhalten in Lagern, die Ordnung und Zucht, Verteilung der Beute u.a.—■
Nicht alle Bauern traten der Vereinigung trotz Drohungen, Achtpfahl
und Beschimpfungen bei (Sprichwort: In den Schuh hineinhelfen - darüber siehe Memrninger Heimatburch: Der Baltesbauer).
Der Aufstand beginnt: Die 12 Bauernartikel wurden unter Schappelers
und Lotzers Einfluß in der Kramerzunftstube in Memmingen verfaßt und
zum Schwäbischen Bund nach Ulm geschafft. Bis März 1525 hatte es der
Bund unter dem Kenzier Eck erstanden die einzelnen Haufen durch Sonderabmachungen und Waffenstillstandabkommen hinzuhalten. Zweck war
den Bund zu rüsten, Söldner anzuwerben, Waffen anzukaufen, den Aufmarsch zu bewerkstelligen. Eine allgemeine Annahme der Artikel seitens der Herren konnte nicht in Frage kommen - sie hätten alle Privilegien verloren. Nachgiebige, zu Verhandlungen bereite Fürsten, erinnerte der Kanzler an den Treu- und Huldigungseid der Bauern er fordert ein scharfes militärisches Vorgehen gegen Rebellen. Die
militärische Führung der Bundestruppen übernahm der Truchseß Jörg
von Waldburg - Zeil, der so gefürchtete "Bauerniörg".
Der Krieg begann am 26. März 1525. Der Baltringer Haufen brach den
Waffenstillstand und erstürmte Klöster und Burgen. In der Schlacht
bei Leipheim (4.4.25) erlitten die Bauern ihre erste schwere Niederlage. Wer nicht erschlagen oder gefangen wurde, floh gegen Wurzach
und Memmingen. Kurz darauf eröffnete auch der Knopf von Leubas unter
Bruch des Waffenstillstandes den Kampf im Allgäu mit Klosterstürmen
und Burgenverbrennen« Am 8.4,25 versuchte ein Teil des gefürchteten
Baltringer und der Grönenbacher Haufe die freie Reichsstadt Memmingen zu überrumpeln. Dabei forderte der Pfarrer von Haldenwang im Namen des Allgäuer Haufens die Herausgabe von Geschützen, was die Stadt
verweigerte, sich aber trotzdem neutral verhielt. Die umliegenden
Schlösser und Burgen waren bereits wehrlos gemacht; denn die Bauern
hatten durch Zureden oder Drohung die Schloßknechte, Landknechte u.
Dienerschaft zum Verlassen ihrer Herrschaften veranlaßt. Den Bauern
fehlte es an Geld, Waffen, Munition, Lebensmitteln, Geschützen und
Pulver. Darum folgte zuerst das Ausrauben der Klöster und Schlösser;
auch Straßensperren wurden errichtet um Kaufmannsfuhrwerke und Boten
der Herren abzufangen - Lösegeld! Überfälle auf Bauernhöfe (nichtangeschlossene) und Salzfuhrwerke! Allgemeine Unsicherheit! Flucht
der nichtangeschlossenen Bauern in die Wälder; Flucht des Adels, der
Geistlichen in die sicheren ummauerten Städte. Beispielsweise die
Grönenbacher Stiftsherren in ihr Haus nach Kempten, ebenfalls die
Pappenheimer. Am 11.4„1525 bekommt der Truchseß den Auftrag gegen den
Allgäuer und Seehaufen vorzugehen, den Rebellen Weib und Kinder nachzujagen. Am 14.4.1525 trifft der Truchseß auf den verschanzten Wurzacher Haufen (4000 Bauern-gegen dreifache Übermacht-Hauptmann Florian
schreibt um Hilfe nach Grönenbach!), schießt mit seinen 18 Geschützen
3 Salven unter die Bauern, tötet 400, nimmt den Rest, soweit nicht
geflohen, gefangen, verlangt die Herausgabe des "Pfaffen Florian,
ihres Hauptmann" (war geflohen!) und behandelte sonst die Bauern
gnädig.
Thema 47
Die 12 Bauernartikel
1525 verfaßt in der Kramerzunftstube zu Memmingen, in Flugschriften
unter der Landbevölkerung verbreitet und von einer Abordnung dem
in Ulm tagenden Schwäbischen Bund der Herren überreicht - hier gekürzt und für den Schulgebrauch umgearbeitet.
Titel: "Die gründlichen und rechten Hauptartikel aller Bauernschaft
und Hintersassen der geistlichen und weltlichen Obrigkeiten,
von welchen sie sich beschwert vermeinen."
Einleitung zu den Artikeln: Es sind viele Widerchristen, welche die
christliche Vereinigung der versammelten Bauernschaft schmähen, indem sie sagen: Das sind jetzt die Früchte des Evangeliums (weil es
jeder liest): Niemand gehorsam sein, an allen Orten sich erheben und
aufbäumen, mit großer Gewalt zu den Haufen laufen, sie zusammenrotten,
geistliche und weltliche Obrigkeiten reformieren wollen, ja die Herren sogar erschlagen und ausrotten wollen. Solchen Gegnern antworten
wir: Nicht das Evangelium (lesen) ist Ursache der Empörungen und des
Aufruhrs, sondern die Feinde des göttlichen Wortes. Die Bauern verlangen in ihren Artikeln eine Neuordnung ihres Lebens nach der
Hl. Schrift.
Artikel 1: Zum Ersten ist unser Begehr und Bitte, daß eine Gemeinde
fürderhin Macht und Gewalt haben soll den Pfarrherren
selbst zu wählen, zu kiesen und wieder abzusetzen, wenn
er sich nicht gebührlich hielte und das Evangelium nicht
klar, lauter und ohne Zutun predigen sollte.
Erläuterung: Der Artikel verrät klar, daß Bestrebungen im Gangewaren
die Reformation in unserem Gebiet durchzusetzen. Kirchliches wird mit weltlichen Zielen vermischt. Eine Annahme
seitens der Herren war unmöglich, sofern sie dem alten
Glauben treu blieben. Ein Ausblick zeigte: Die Forderung
nimmt dem Ortsherrn den Kirchensatz, das sog. Patronatsrecht mit allen Vorteilen; alle kirchliche Zehnten und
Abgaben würden auf die Gemeinden übergehen und dem Herrn
entzogen. Jede Gemeinde hätte das Recht ohne herrschaftliche Genehmigung ein anderes Glaubensbekenntnis einzuführen. Auch Dörfer würden sich im Glauben spalten. Die
Folgen wären unabsehbare Streitigkeiten wegen Besitzrechte auf die Kirchen, Mühlen, Schmieden, Badstuben und
andere öffentliche Gebäude wie sie Theinselberg, Grönenbach, Memmingen und a. gemischte Orte Jahrhunderte lang
erleben mußten. Nicht zu übersehen ist, daß damals die
meisten Kirchen Eigentum der Ortsherren waren.
Artikel 2: Zum Anderen wollen wir den Kornzehnten (=Groß- oder Getreidezehnt) weil er in der Hl. Schrift begründet ist,
geben wie sichs gebührt und herkömmlich ist. Den kleinen
Zehnten wollen wir gar nicht rreben; denn Gott hat das
Vieh frei für alle erschaffen. Der Viehzehnt ist in der
Schrift nicht begründet, sondern von den Menschen erdichtet.
Erläuterung: Der Korn- oder Großzehnt ist die Abgabe für das vom
Bauern benützte, jedoch dem Herrn eigentümliche Ackerland.
Jede zehnte Garbe von Veesen, Roggen, Hafer und Gerste
muß in die Zehntscheune abgeliefert werden - Aufsicht
und Rechner der Kornhausmeister. Der Kleinzehnt betrifft
die Abgabe des 10. Heuschobers, des 10. Birlings vom
Grummet, der zehnten Flachsriste, des zehnten Teils von
allem Geschlachteten Viehzeug (Kühe, Kälber, Hühner,
Enten, Gänse, Kapaunen-Blutzehnt). Verweigerungsgrund:
Wiesen und Weiden wurden einst aus gemeindeeigenen Wäldern urbar gemacht und waren nie herrschaftl. Eigentum
im Gegensatz zum Ackerland, Haus und Hof und Hofstatt.
Die Kuh hat der Bauer angekauft oder großgezogen - .
Entstanden ist der Kleinzehnt in der Ritterzeit, als der
Herr den Kriegsdienst für den Bauern übernahm, für ihn
mehr Pferde unterhalten mußte. Die Heuabgabe war Futterzusatz. Der Blutzehnt Fleischzusatz zur Verpflegung der
Kriegsleute, Knappen und Knechte auf der Burg. Daran
dachten die Bauern und ihre Ratgeber nach Jahrhunderten
nicht mehr. Der Artikel würde dem Grundherren das Einkommen sehr beschränkt haben.
Artikel J>;Nach bisherigem Brauch wurden wir als Eigenleute (Leibeigene) angesehen und gehalten, was erbärftilich ist, denn
nach der Hl. Schrift sind alle Menschen erlöst worden
und frei. Jedoch wollen wir eine Obrigkeit, die uns von
Gott gesetzt ist, anerkennen und ihr auch in allen christlichen und ziemlichen Sachen gehorsam leisten.
Erläuterung: Der Leib war des Herren Eigentum - erbärmlich gewiß!
Gemeint ist hauptsächlich die Freizügigkeit; denn es war
einem Unfreien nicht erlaubt ohne Wissen des Herrn sein
Herrschaftsgebiet zu verlassen und sich auswärts niederzulassen. Der Leibeigene bringt dem Herrn Steuern, Arbeitskraft und man kann ihn verkaufen oder mit Strafgeldern belegen. Ein Bauer , Bräutigam oder Braut, der das Herrschaftsgebiet verlassen wollte, mußte sich von der Leibeigenschaft erst einmal loskaufen und 10 % seines Vermögens
Auszugs- oder Wegzugsgeld zahlen. Der aufnehmende Herr aber
forderte den Einzug und abermals die Leibeigenschaft und
er kostete ebenfalls 10 %des Vermögens. Dazu kamen noch die
Lehentaxen und Erdschatzgebühren für den Hof.
Artikel 4: Zum Vierten war es bisher dem armen Mann (leibeigener Untertan) verboten Wildbret, Vogel oder Fisch zu fangen, was
uns ganz und gar unziemlich, eigennützig und unbrüderlich
dünkt und dem Worte Gottes nicht gemäß ist. Gott hat allen
Menschen Gewalt über alle Tiere gegeben, zu Land, Wasser
und Luft. Darum ist unser Begehr, daß jeder, der schriftlich eine Eigenwasser nachweisen kann, darin auch fischen
dürfe.
Erläuterung; Hier geht es an die Freude und das größte Vergnügen der
Herrn, die bisher jeglichen Jagd- und Fischfrevel mit
äußerster Strenge bestraften (Abschlagen der Finger oder
Hand). Grund der Forderung w?.r jedenfalls der übergroße
Schaden in Feld und Flur, den das Wild, mehr noch die
Herrschaften bei den großen Jagdzügen querfeldein verursachten. Jagd- und Fischfrevel wird heute noch bestraft.
Ausübung der Jagd und Fischerei ist seit 1818 frei, wird
aber staatlich kontrolliert und geordnet. Die Bauern
bekommen Flurschäden ersetzt! Damals nicht. Übrigens war
in vielen Herrschaftsgebieten das Fischen mit den Händen
erlaubt.
Artikel 5: Zum Fünften beschweren wir uns wegen der Holzrechte. Die
Herrschaften haben uns die Wälder weggenommen und wenn ein
armer Mann Holz braucht, muß er das Doppelte zahlen. Die
Herrn sollen den Gemeinden das Holz (Wälder) zurückgeben,
damit ein jeder darin nach Bedarf Brenn- Zaun- und Bauholz schla.gen kann.
Wiesen und Weiden wurden einst aus gemeindeeigenen Wäldern urbar gemacht und waren nie herrschaftl. Eigentum
im Gegensatz zum Ackerland, Haus und Hof und Hofstatt.
Die Kuh hat der Bauer angekauft oder großgezogen - .
Entstanden ist der Kleinzehnt in der Ritterzeit, als der
Herr den Kriegsdienst für den Bauern übernahm, für ihn
mehr Pferde unterhalten mußte. Die Heuabgabe war Futterzusatz. Der Blutzehnt Fleischzusatz zur Verpflegung der
Kriegsleute, Knappen und Knechte auf der Burg. Daran
dachten die Bauern und ihre Ratgeber nach Jahrhunderten
nicht mehr. Der Artikel würde dem Grundherren das Einkommen sehr beschränkt haben;
Artikel 5iWach bisherigem Brauch wurden wir als Eigenleute (Leibeigene) angesehen und gehalten, was erbärmlich ist, denn
nach der Hl* Schrift sind alle Menschen erlöst worden
und frei. Jedoch wollen wir eine Obrigkeit, die uns von
Gott gesetzt ist, anerkennen und ihr auch in allen christlichen und ziemlichen Sachen gehorsam leisten.
Erläuterung; Der Leib war des Herren Eigentum - erbärmlich gewiß!
Gemeint ist hauptsächlich die Freizügigkeit; denn es war
einem Unfreien nicht erlaubt ohne Wissen des Herrn sein
Herrschaftsgebiet zu verlassen und sich auswärts niederzulassen. Der Leibeigene bringt dem Herrn Steuern, Arbeitskraft und man kann ihn verkaufen oder mit Strafgeldern belegen. Ein Bauer , Bräutigam oder Braut, der das Herrschaftsgebiet verlassen wollte, mußte sich von der Leibeigenschaft erst einmal loskaufen und 10 % seines Vermögens
Auszugs- oder Wegzugsgeld zahlen. Der aufnehmende Herr aber
forderte den Einzug und abermals die Leibeigenschaft und
er kostete ebenfalls 10 %des Vermögens. Dazu kamen noch die
Lehentaxen und Erdschatzgebühren für den Hof.
Artikel 4: Zum Vierten war es bisher dem armen Mann (leibeigener Untertan) verboten Wildbret, Vogel oder Fisch zu fangen, was
uns ganz und gar unziemlich, eigennützig und unbrüderlich
dünkt und dem Worte Gottes nicht gemäß ist. Gott hat allen
Menschen Gewalt über alle Tiere gegeben, zu Land, Wasser
und Luft. Darum ist unser Begehr, daß jeder, der schriftlich eine Eigenwasser nachweisen kann, darin auch fischen
dürfe.
Erläuterung: Hier geht es an die Freude und das größte Vergnügen der
Herrn, die bisher jeglichen Jagd- und Fischfrevel mit
äußerster Strenge bestraften (Abschlagen der Finger oder
Hand). Grund der Forderung war jedenfalls der übergroße
Schaden in Feld und Flur, den das Wild, mehr noch die
Herrscbuaften bei den großen Jagdzügen querfeldein verursachten. Jagd- und Fischfrevel wird heute noch bestraft.
Ausübung der Jagd und Fischerei ist seit 1818 frei, wird
aber staatlich kontrolliert und geordtnet. Die Bauern
bekommen Flurschäden ersetzt! Damals nicht. Übrigens war
In vielen Herrschaftsgebieten das Fischen mit den Händen
erlaubt.
Artikel 5- Zum Fünften beschweren wir uns wegen der Holzrechte. Die
Herrschaften haben uns die Wälder weggenommen und wenn ein
armer Mann Holz braucht, muß er das Doppelte zahlen. Die
Herrn sollen den Gemeinden das Holz (Wälder) zurückgeben,
damit ein jeder darin nach Bedarf Brenn- Zaun- und Bauholz schlagen kann.
Erläuterung; Die Forderung ist nicht ganz gerechtfertigt; denn die
Bauern konnten nicht allein in den gemeindlichen, sondern auch in den herrschaftlichen Wäldern Holz nach Bedarf bekommen und zwar kostenlos. Heute noch beziehen
alte "Rechler (alteingesessene Bauern) vom Staate jährlich Holzgeld zugewiesen seit etwa 1834 - als Ersatz
für ihre Ansprüche auf ehemalige herrschaftliche Holzlieferungen.
Artikel 6; Zum Sechsten beschweren wir uns wegen der Frondienste,
welche von Tag zu Tag gemehrt werden. Man möge mit uns
Einsehen haben und den Bauern nicht übermäßig beschweren.
Erläuterung: Fronarbeit wurde verlangt beim Burgen-Haus- und Straßenbau, beim Ziehen von Grenzgräben, beim Ausheben von Bachbeeten, Weiherreinigung, beim Anlegen von Befestigungen
und Schanzen zum Schutze der Allgemeinheit, beim Dreschen in der Zehntscheune, zum Bestellen der herrschaftlichen Felder, Holzarbeit in Wäldern, Frondienste mußten
schon in den Maierhof geleistet werden. Die Bauern beschweren sich gegen übermäßige Dienste, besonders während
der Erntezeit, gegen unnütze Dienste wie Schneckensammeln und Treiben bei großen Jagden-übrigens verlangten sie eine kleine Geldentschädigung für ihre Dienste.
Artikel 7:
Zum Siebten sollen die Herren ihre Verträge und Vereinbarungen mit den Bauern, die Lehengüter betreffend einhalten, damit der Bauer sein Gut unbeschwert
genießen kann. Für besondere Herrendienste soll ein geziemender Pfenning gezahlt werden.
Erläuterung: Unterscheide gewöhnliche Lehen und Erblehen. Gewöhnliche
Lehen müssen jährlich um Martini persönlich nach Zahlung
der Lehentaxe beim Herrn durch Fußfall und Bitte erneuert werden. Untüchtigen Bauern wurde die Lehenserneuerung verweigert - sie mußten den Hof verlassen!
Erblehen (Mehrzahl) wurden auf die männlichen Nachkommen
der Bauern vererbt. Lehenserneuerung nach Aussterben
des Geschlechtes in männl. Linie. Frauenlehen gab es
wenige. Lehentaxe wurde jährlich bezahlt. Einen Erblehenbauern konnte der Herr nicht entlassen oder vertreiben.
Die Taxe war höher! Im Artikel werden die Herrn des Wortbuches beschuldigt,
Artikel 8:
Zum Achten sind viele Bauern mit Güten so beschwert,
daß sie ihre Güter einbüßen und verderben. Man möge die
Höfe durch ehrbare Leute schätzen lassen und nur soviel
vom Gut schöpfen, daß der Bauern nicht umsonst arbeiten
muß; denn jeder Taglöhner ist seines Lohnes würdig.
Erläuterung: Gilt oder Gült ist eine neuere Form des Getreidezehnts.
Nur noch die Körner werden in Maltern und Metzen abgeliefert, nicht wie ehedem mit Stroh. Manche Güter wurden
überschätzt. Konnte ein einfacher Lehenbauer die Gilt
nicht aufbringen, mußte er Schulden machen und verderben oder vom Hofe ziehen.
Artikel 9:
Zum Neunten soll man uns nicht nach Willkür, Gunst oder
Neid richten, sondern nach dem geschriebenen Gesetze und
nach der Sache.
Erläuterung: Also nicht, wie es in alten Dorfordnungen heißt, nach
" Gunst, Freunschaft, Bekanntschaft oder Feindschaft, sondern allein nach dem Hechte und Gesetze. Unterscheide
Hochgericht der Grundherren (Blutbann!) und das Niedergericht der Ortsherren, welche auch Lehensinhaber des
Hochadels waren u. das Dorfgericht der Dorfmeier oder
Amtsleute (Vergehen in Feld u. Flur,Feuerordnung usw.)
Artikel 10:
Wiesen und Acker, die verschiedentlich den Gemeinden
unrechtmäßigerweise weggenommen wurden,, wollen wir
wieder zu unseren Händen nehmen (zurückerstattet haben).
Artikel"!1:
Den Todfall wollen wir ganz abgeschafft haben und nimmer
dulden, daß man Witwen und Weisen also gegen göttliches
Recht so schändlich beraube, wie es vielerorts geschehen
von denen, die Witwen und Waisen schützen und schirmen
sollten.
Erläuterung; Trat der Fall ein, daß ein Bauer starb, mußten die Hinterbliebenen dem Herrn das beste Pferd abliefern bzw.
den Wert desselben bezahlen - auch Besthaupt genannt.
Sicher hart für die Witwe oder die Waisen. Entstehung
in der Ritterzeit. Der Ritter übernimmt für die Bauern
den Kriegsdienst, muß sich seinetwegen Pferde halten
und furnieren - Pferdeverluste bei Kriegszügen und
Fehden! Früher verlor der Bauer die Pferde! Er ist also
Ersatz schuldig - jeder nach seinem Tode. 1525 vergessen.
Artikel 12:
Zum Zwölften wollen wir von unseren Artikeln absehen
und Abstand nehmen, falls uns jemand nachweist, daß sie
unchristlich, wider den Nächsten und die Hl. Schrift
wären.. Wir bitten Gott, er möge unsere Wünsche erfüllen. Der Friede Christi sei mit uns allen!
++++++++++++++
Geschichtliche Erkenntnisse:
1. Es wird der Versuch unternommen mit Hilfe der Hl. Schrift eine
Neuordnung der bäuerlichen Lebensverhaltnisse herbeizuführen.
2. Ist zu erkennen, daß die Artikel nicht von Bauern, sondern von
bibelfesten Reformatoren aufgesetzt oder eingesagt wurden (die
Geschichtsforscher denken an den Prädikanten Christoph Schappeler
in Memmingen) mit dem Ziele die Reformation durchzusetzen.
3. Die Stellung de "armen Untertanen" zum adeligen Herrn soll in
brüderliches Verhältnis umgeformt werden (Brüder in Christo!)
4. Hauptforderung ist die Beseitigung der Leibeigenschaft, das Verlangen nach persönlicher Freiheit und Freizügigkeit - ein Ruf,
der sich Jahrhunderte später in der franz. (1?Ö9) una deutschen
Revolution (1848) wiederholt (Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit)
5. Gleiches Recht für alle wird gefordert - beim gleichen Vergehen
sollen der Herr und der Untertan dieselbe Strafe bekommen - Revolutionsruf "Gleichheit!"
6. Die Verfasser der Artikel reden nur von Rechten der Bauern,
und lassen die Rechte der Obrigkeit unberücksichtigt - teils
mit Absicht, teils aus Unwissenheit (Beisp. Entstehung des Todfalls).
7. Viele Herren waren zur Nachgiebigkeit geneigt - konnten jedoch
nicht auf alle lebenswichtigen Rechte verzichten.
8. Sprechen wir über Wortbuch, Unterdrückung, Unnachgiebigkeit, Überforderung auf beiden Seiten und die Konsequenzen: Sprichwörter:
Wenn man den Bogen überspannt, bricht er! u.a.
Thema 48a
Allgäuer Bauern plündern die Abtei
Ottobeuren
In Ottobeuren erfuhr man rechtzeitig durch Spione vom Anrücken der
Bauernhaufen. Alles war in großer Aufregung. Man traute den Bauern
nicht und vergrub die Schätze. Der Abt war in der Karwoche nach Ulm
geflohen, der Convent eilte nach Memmingen ins Ottobeurer Haus und
suchte Schutz bei den Bündischen. Nur einige mutige Brüder sowie
der Eldernmesner blieben im Kloster. Jetzt stiegen sie zusammen
auf die Türme und läuteten Sturm. "Kruzitürken!" schimpfte der
Knopf von Leubas, uwas haben denn die Mönche zu läuten! Wart denen
will ich ein Feuer machen, daß ihnen das Läuten vergeht."
Bald darauf sehen die Ottobeurer die "Hellen Haufen" kommen.
Ungeordnet, gröhlend, lärmend, wie ein Bienenschwarm kommen sie herab vom Guggenberg, vom Hetzenbrunn, von Eidern. Es poltern die
Heuwagen. Kühe brüllen vor Hunger, Trompeten tuten, Hunde bellen.
Es lärmt und schreit im ganzen Marktflecken. Männer schimpfen, Frauen
rennen und die Buben kriechen unters Heu. Jetzt kommen sie herein
in den Flecken in groben Bauernkitteln, in zerrissenen Hosen, mit
geschulterten Sensen, Pflegein und Morgensternen. Mancheiner schleppt
einen schweren Rittersäbel und tut gar stolz mit verrostetem Helm,der bisher im Museum lag."Um Gotteswillen!" rut der Mesner auf dem
Turm, was kommt doch da für ein wilder Haufen. "Lueg hin Bruder!
sie ziehen gar ein grob Geschütz, tragen weißrote Fähnie und gröhlen
wie die Jochgeier. Das wird was geben. Hoffen kann i nichs mehr!"
Vorsichtig kommen die Bauern vor die Tore und Pforten des Klosters.
Keine Gegenwehr! Kein Pfeil kommt geflogen. Keine Büchse kracht.
Mit gröhlendem "Horuck, hooruck!" stoßen sie schwere Balken gegen
die Tore. Krachend stürzen sie zusammen. Die Bauern drängen nach.
Einer will dem anderen zuvorkommen. "Lueg, wie die einander drucken
und schucken", flüstert der Bruder auf dem Turm, als könnte man ihn
bei solchem Lärmen noch hören. Bis im untern und obern Flecken hört
man das Gröhlen, Schlagen, Brechen und Splittern von Glas, Holz und
Getäfer. "Ist dir das ein gottloser Haufe!" sagt der Mesner. "Die
sind von allen guten Geistern verlassen," meint der Bruder. "Und ich
schäme mich, daß Ottobeurer darunter sind", ärgert sich der andre
Bruder.
Mesner und Klosterbrüder begeben sich zur anderen gegenüberliegenden
l'urmseite, um von der obersten Lücke zum Klosterhof hinunterzuspahen.
Erst aber sehen sie nach, ob auch die Stiegenfallen gut verschlossen
sind. Man kann doch nicht wissen. Am Ende kommen die Bauern noch
zum Turm herauf. - Drunten im Klosterhof hockt ein Kerl im Eisenhelm
auf seinem Gaul, beide Fäuste in die Hüften gestemmt. Es ist der
Anführer Knopf. Eben verzieht er sein Gesicht zu einer höllischen
Grimasse. Das Zerschlagen, Zerstören ist ihm eine feine Musik. Jetzt
pfeift er durch die Finger. "Sicher hat er sich eine neue Bosheit
ausgedacht", sagt ein Bruder auf dem Turm zum anderen. "Lueg, jetzt
laufen sie mit Kretten und Wannen, was werden sie tun?" Es dauert
nicht lange. Da kommen sie wieder, Wannen und Körbe gefüllt mit Büchern. Jetzt laufen sie zu Hunderten und werfen teure Meßbücher,
handgeschriebene Urkunden, Steuerbücher, Grundbücher, Chroniken und
wissenschaftliche Werke auf den Klosterhof. Jahrhunderte haben die
Benediktiner daran gearbeitet und geschrieben um der Nachwelt die
Wissenschaft zu überliefern. Nun liegt die ganze berühmte Ottobeurer
Klosterbibliothek kunterbunt auf einem Haufen. Da wirft noch ein
Kerl die wertvolle Druckerei dazu. "Um Gotteswillen", schreit ein
Bruder, der Knopf schlägt Feuer. Er verbrennt die ganze Bibliothek.
Wenn das unser gnd. Abt wüßte!" Und nun brennt die Bücherei. Hellauf
lodert das Feuer. Dicker Qualm zieht über das Kindelmannsche Kloster.
Entsetzt schauen die Ottobeurer zur Abtei . "Sie verbrennen das
Kloster," geht es von Mund zu Mund. "Wenn man doch etwas dagegen
tun könnte!" Der Knopf aber lacht aus vollem Halse und brüllt über
der Hof: "Brüder, vom Steuerzahler! hab ich euch erlöst, jetzt könnt
ihr saufen!" Da gröhlen und lärmen die Bauern, sie tanzen um das
Feuer und schreien immer wieder: "Der Knopf macht uns nen Heidenspaß. "
Dann aber eilen sie in die Keller und Küchen, rollen die Fässer heraus und schleppen, was die Küche herzugeben vermag in die Höfe.
Mit heiligen Gefäßen kommen sie aus Kirche und Kapellen. Sie zerschlagen Spunt und Dauben und saufen aus goldnen Kelchen. Bis tief
in die Nacht hinein währt das wilde Gelage der Bauern, bis sie alle
schlafen, sich erbrechen und wieder schnarchen in den sonst so
stillen Höfen der Abtei . Immer wieder bekreuzigen sich die Brüder
auf dem Turme und murmeln: Herr verzeihe ihnen, sie wissen nicht
was sie tun!
Nur der Knopf und ein Söldner namens Back aus SUntheim sind noch
wach. Der Knopf halt eine Fackel in d^s flackernde Bücherfeuer und
drückt sie dem Sohtheimer in die Hand.Lauf zu dem Schuppen, ich will
ein Brändle haben, sagt er. Und der Söldner lauft. "Ums Himmelswillen<
die zünden an,"schreit verzweifelt der Mesner auf dem Turm. *'Mags
Gott verhüten!" will der Bruder antworten. Aber der Mesner ist weg.
Er reißt die Lucken auf, stürmt die vielen Stiegen hinunter und
schleicht im Schatten zu dem Schuppen, der eben Feuer gefangen hat.
Gottlob, sagt er spater auf dem Turm, ich konnts noch verhüten. Dreimal wollte der Knopf Feuer legen, dreimal hat es der brave Eldernmesner Ludwig Sauter gelöscht.
Anderntags läutete keine Glocke zu den feierlichen Metten der Karwoche. Kein Benediktiner las die hl. Messe. Aber in den Höfen,
Zellen, Küchen und Stuben torkeln betrunkene Bauern. Sie durchstöbern alle Winkel, reißen die Fußböden auf, schlagen das Getäfer entzwei, brechen die Schränke auf, zerschlagen die Decken und steigen
hinunter zu den Grüften in der Hoffnung wertvolle Grabbeigaben zu
finden. Die Leichen der verstorbenen Abte werden aus den steinernen
Särgen geworfen, nach goldnen Ringen und Stäben durchsucht und hernach liegen die Gebeine der ehrwürdigen Äbte und der Stifter regellos durcheinander. Die Bauern sind zu Leichenschändern geworden; so
groß war ihre Habgier nach Gold, Silber und edlec Gestein.
Auch heute spähen Brüder und Mesner durch die Lucken der Türme hinab
zu den Höfen der Abtei, Rohes Gelächter dringt herauf zum Turm. Ein
Bruder wird fahl, seine Augen werden starr; man muß ihn stützen.
Nur mit der Hand deutet er nach unten. "Ums Himmelswillen, was ist
denn jetzt?" fragt 4er Mesner."Da geht ja ein Abt über den Hof mit
Stab, Schlüsselbund und goldnem Kreuz, Die Mytra hat er schief auf
.dem Kopfe - einen Meßkelch voll Wein. Jetzt schöpft er aus dem zerschlagenen Fasse und läßt die anderen trinken. So ein Schuft",
knirscht der Kesner. Es ist der Kerl, der den Brand legen wollte. Sie
haben den Bäk von Suntheim noch den ganzen Tag so gesehen und noch
manchen hernach. Was sich in den Zinnie rn abspielte konnten die Späher nicht wissen. Dort hielt der verkleidete Söldnerabt von ßontheim
große Freß- und Saufgelage. Jeden Tag ließ er sich alle Schlüssel
bringen, teilte reichlich Gaben aus vora geraubten Gold und Schmuck,
er empfing seine Untertanen und gewährte, ihnen gnädigst jede Bitte.
Nach Tagen aber blies das Hörn zum Samueln. Wieder stand der Knopf
im Hof um seinen betrunkenen, gröhlenden Hsufen zu ordnen. Der Abt
legte seine Würden ab, warf den Abtstab auf einen Bauernkarren. Die
Bauern zogen die Blechhauben über, nahmen die Ulmer Spieße in ihre
Fäuste und zogen gröhlend, stolpernd, schwankend gegen Memmingen um
die alte Reichsstadt zu belagern, in Benningen das Wasser abzugraben
und die Bündischen zu fangen. Gnad Gott der Stadt, wenn sie die Tore
öffnet, sagten die Ottobeurer. Gottseidank, Gott Lob und Dank beteten die Männer auf dem Turme.
NurD verlassen, sie ihr Versteck, eilen die Treppen herab um das Kloster zu--besichtigen. Alles lag zerschlagen, rzertrümmert, ausgeraubt
und leer. Leer waren die. reellen, die Küchen, die Keller, die Scheunen und Vorratskammern. Man sah vorn Erdgeschoß bis zum Dache. Überall ein Bild der, Verwüstung und gottloser Zerstörung, als hätten
Heiden und nicht christliche Bauern in den geweihten Räumen des
freien und unmittelbaren Reichsgotteshauses Ottobeuren gehaust.
(Nach dem Chronikbericht von P.M. Feyerabend)
Lesestoff: Memminger Heimatbuch: Der Kundschafter.
The-Kia 48b
Die Bauern belagern Memmingen.
In Memmingen fühlte sich der Stadtmagistrat den rebellierenden Bauern und Bürgern gegenüber nicht mehr sicher. Insgeheim wurde beim
Schwäbischen Bund Hilfe angefordert. Unter Führung des Ritters
Diepold von Stein trafen alsbald 200 Bündische Reiter und 700 Spießknechte ein mit dem Auftrag alle aufrührerischen Elemente gefangenzusetzen. Zwei Tage später ließ der genannte Ritter öffentlich auf
dem Marktplatz enthaupten: den abtrünnigen Schulmeister Hepp, den
Maurermeister Adam Bechtinger und den Wirt Hans Lutz. Etwa 40 wei--«
tere gesuchte Rädelsführer konnten früh genug gewarnt entfliehen,
darunter auch Christoph Schappeler und Seb. Lotzer (nach St.Gallen).
Am 12. Juni 1525 schlössen die Bauern ihren Belagerungsring
um die Stadt und den eingeschlossenen Bündischen. Angeblich sollten
letztere gestraft werden, weil sie die Dörfer ihrer Anhänger: Heimertingen, Boos und Miederrieden geplündert und in den Dörfern auch
etliche Bauern erstochen haben. Hauptquartiere der Bauern waren in
Benningen, Amendingen und Berkheim. Wortführer der Knopf von Leubas,
der mit seinem Allgäuer Haufen von Obergünzburg und Ottobeuren her
zugezogen kam.
Im ganzen gesehen war die Belagerung der befestigten Stadt ein unbesonnenes Unternehmen; fehlte es doch den Bauern am notwendigen Geschütz, an Mauei brechern, an Erfahrung, an Lebensmittel, Waffen
und Pulver. Deswegen wurde die Aushungerung der Stadt geplant; das
Quellwaeser im Beninger Ried abgegraben und Lebensmittelzufuhren
unterbunden.
Der Aushungerungsplan gelang nicht. Immer wieder machten die eingeschlossenen Bündischen Ausfälle und öffneten eine Gasse für Lebensmittelzufuhren. Plosser Bauern wurden dabei von den Belagerern ertappt, ihr Dorf zur Strafe geplündert (13.6.25). - Bei einem Ausfall
am 17.6. erbeuteten die Hündischen 18 Wagen mit Geräten und erstachen 40 Bauern. In der Stadt wurden die Lebensmittel sehr knapp.
Man befürchtete Aufruhr seitens der Bürger. In dieser Sorge bekam
der Truchseß Jörg von Waldburg am 19.6.25, der um diese Zeit die
Unruhen im Frankenland niederschlug, den Auftrag unverzüglich gegen Memmingen zu ziehen. Fast gleichzeitig kehrte Jörg Frundsberg
(Mindelheim) mit seinen Landsknechten von Italien zurück; er soll
sich mit dem Truchsessen zusammentun.
In solch gefahrlicher Lage versuchten die Städte Kempten, Wangen,
Leutkirch, Ien^r, die Bauern zur Aufgabe der Belagerung zu veranlassen. Jedoch behandelten die Bauernführer die Angeordneten der
Städte in Benningen recht unfreundlich, verlangten den Abzug der
Bündischen aus der Stadt, Stellung von Geiseln, Entschädigung für
ihre Verluste; ja sie forderten In ihrem Übermut der Frundsberg
möge persönlich in ihr Lager kommen und mit ihnen verhandeln. Auch
die Aufforderung des Erzherzoges Ferdinand, von Memmingen abzuziehen,
blieb von den Bauern unbeachtet.
Das große vereinigte Bundesheer (Truchsess und Frundsberg hatten sich
an der Donau vereinigt) zog nun die Roth entlang über Kettershausen,
Babenhausen nach Boos (hier Nachtquartier). Ein Sonderkommando unter
Jos von Laubenberg zog sengend und brennend der Hier entlang,
stieß bei Heimertingen zum Truchsessen, setzte genanntes Dorf
in Brand - das Hauptheer zog über Wolfertschwenden. Das Bauernheer hatte bereits am 27.6» die Belagerung aufgegeben und war
über Schrattenbach zur stratekisch wichtigen Leubasstellung zurückgegangen. Die eingeschlossenen Bündischen verließen unter Diepold von Stein Memmingen und bestraften die Dörfer Westerheim,
Sontheim und Attenhausen mit Plünderung, In Ottobeuren wurde der
Abt wieder eingesetzt. In solcher Bedrängnis gingen viele Bauern
abseits (wie in den 7 Schwaben berichtet ist) und gingen einfach
nach Hause* Die Bauernschaft zu Ottobeuren, Rettenbach, Probstried
und Günzburg Wandten sich an die Städte (die in Benhingen abgewiesen wurden) um von Plünderungen verschont zu werden. Aber der
Knopf von Leubas hatte im ganzen Allgäu den zweiten Mann zum Einsatz
aufgerufen (Nesselwang, am 6.7.) und bat vergeblich die Tiroler
und den Seehaufen um Hilfe - verschanzte sich an der Leubas.
Thema 48c
Jörg von Waldburg verfolgt die Rebellen
Zwischen den Steilufern der Hier, der Leubas und dem Wagegger Weiher lagerten die Bauern fast unangreifbar günstig. Ohne anzugreifen
eröffneten die Bündischen schweres Geschützfeuer, welches von den
Bauern die ganze Nacht über erwidert wurde. Arn 14.7. wagten die Bauern einen erfolglosen Angriff. Vier Tage später trafen Frundsbergs
Landsknechte ein. Ob die Bauern nach Eintreffen dieser gefürchteten
Söldnertruppe ihr Lager aus Angst, wegen Munitions-Lebensmittelmangel oder wegen Verrat verließen, haben die Geschichtsforscher bisher
nicht herausgebracht. Von etwa 23000 Bauern waren etwa 1000 mit dem
Knopf im Lager geblieben, der sich dann an den Kohlenberg bei Sulzberg zurückzog und dort geschlagen wurde. Alle anderen waren entflohen, die Rädelsführer größtenteils in die Schweiz oder Tirol."
Die Ubergangsbedingungen; (Baumann III, 129)
Sengend und brennend kam der Truchsess in Durach an um sein furchtbares Strafgericht zu halten. Von 70 in der Duracher Kirche eingesperrten Rädelsführern ließ er 18 enthaupten, darunter: Jörg Täuber
von Lauben, Thomas Scherer von Legau, Hans Vogt von Holzleute, Müller
von Unterroth u.a.
Um ein Wiederaufflackern des Aufruhrs zu unterbinden, ging man scharf
ins Gericht: Jeder Teilnehmer am Aufstand zahlt 6 Gulden Brandsteuer.Aller Schaden muß ersetzt werden (der Abt von Ottobeuren ließ seine
Untertanen straffrei). - Alle Waffen müssen abgeliefert werden . Jede öffentliche Versammlung ist verboten. - Alle Untertanen huldigen
ihren Herren und legen den Treueid ab. - Alle Verschanzungen der Bauern müssen in Fronarbeit eingeebnet werden. - Heimkehrende Flüchtlinge haben sich zu melden« 100 bewaffnete Reiter des Bundes streiften
landauf, landab nach flüchtigen Bauern (damals Banditen genannt!).
Gefangennehmen konnten die Reiter u.a.: Den Knopf von Leubas, aufgehängt an einer Eiche zwischen Lochau und Bregenz; den Endres Wiedemann von Landholz bei Legau; den Hans Schmid von Rappen bei Dirlewang; den Grönenbacher Laienprediger Hans Häberlin, aufgehängt bei
Durach.
Anmerkung: Der Schwab. Bund, der sich alsbald auflöste, hatte keine
leichte Stellung. Mußte er anfangs die Bauernunruhen bekämpfen, sollte er jetzt den Überforderungen der Herren gegenüber der verarmten
Bauernschaft einschreiten. Da die Herren sich dadurch selbst entzweiten, was zur Gründung des Sc'hmalkaldischen Bundes führte, war
das Aufflammen neuer Bauernunruhen zu befürchten. Schon 1526 wurden
den Bauern Erleichterungen zuteil. In der Folgezeit kann sich das
Bauerntum nicht erholen. Herren- und Städtkriege kennzeichnen die
nächsten 50 Jahre, das Vorgeplänkel des 30 jährigen Krieges beginnt.
Immer wieder durchziehen fremde Söldnerheere raubend, brennend und
mordend unsere Heimat,
Bauernhaufen in unserem Landkreis (soweit bekannt)
Der Legauer und Altusrieder Haufen unter Hauptmann Thomas Scherer
und seinen Räten: Hans Miller von Steinbach, Toni Häber
Von Lautrach, Blasi Brack von Altusried und Hans Haggenmiller von Wiggensbach.
Ottobeurer, Haufen: Hauptmann Balthes Färber, Räte: Hans Kunli, Hans
D_etz, Michel Burer, Veit Dreher, Hans Siber, Peter
Stehelin (Ammann).
Grönenbach Haufen: Hans Waun, Stoffel Reiter, Balthes Seiler von
Eselstall
Sontheimer Haufen: Der Bäcker von Sontheim (spielte den Abt bei der
Plünderung in Ottobeuren) Kaspar Hö'lzlin von Rettenbach,
Strobel von Ronsberg.
+ und kam vor das kaiserl. Gericht zu Rottweil.
Thema 50
Pfarrchronikberichte 1632-1647
(Entnommen aus "Die Geistlichkeit des Kapitels Ottobeuren"
Band I-V von Martin Sontheimer)
Attenhausen: 1b35 Pfarrer geflohen. Die Pfarrei wird von Ottobeuren
aus durch Pater Jeremias Mayer versehen. Keine Berichte.
Benningen:
Böhen:
Boosi
Buxheim:
Engetried:
1635 Pfarrer an der Pest gestorben - viele Opfer. In
den schwedischen Tumult 1647 ist der Pfarrhof abgebrannt.
1631-1641 kein Ortsgeistlicher. Pater Jeremias von Ottobeuren versorgt notdürftig die Pfarrei. 1634 wird der
Ort von den Schweden geplündert. Der Amtmann wegen versäumter Lieferung gefesselt abgeführt. Der Müller von
der Unterwaldmühle (Geromiller) durch den Bauch geschossen. 1646 wurde der Pfarrer gefangen nach Ulm abgeführt.
Pater Jeremias von Ottobeuren schickt ihm das Lösegeld.
Die Dorfsage berichtet: Die Schweden haben die Glocken
aus dem Turm geworfen - von Einheimischen die alte
Glocke im Weiher versenkt. - Das Kreuz am westl. Ortseingang war einst ein Pestkreuz - nebenan ein schwed.
Massengrab, (aber wahrscheinlich eine Pestgrube-Erderhohung zu erkennen)
1632 flieht der Pfarrer zu seinem Bruder nach Landsberg.
Kehrte nach einem Jahre zurück und wurde von den Schweden derart verfolgt, daß er wieder fliehen mußte. Nur
selten Wurde hl. Messe gelesen, viele starben ohne Sakramente. 1634 Ausbruch der Pest - niemand konnte die
Osterpflicht erfüllen, 2 Jahre lang keine Predigt mehr.
Der Pfarrer 1634 am verhungern. Die Hungersnot wird
täglich größer und führte zu der unmenschlichen Verzweiflungstat, daß eine Mutter ihr Kind verzehrte und
eine andere dasselbe mit ihren Zwillingen vorhatte wurde aber vom eintretenden Pfarrer daran gehindert.
1641: Die Bauern sind so arm, daß sie nur wenig Roß
und Vieh halten und dem Pfarrer keine Zehnten geben
können.
1634 Hauptquartier des schwed. Feldmarschalls Hörn der Ort hat sehr viel zu leiden^ Pfarrer ausgeplündert
und nach Biberach geflohen. Auch die Kartause wurde
schwer heimgesucht, ausgeplündert und die Mönche bis
auf 2 vertrieben. Die Pest raffte soviele Menschen
hinweg, daß der gewöhnliche Gottesacker nicht mehr ausreichte. Das Kloster verteilt an die Armen und Pestkranken Eier, Schmalz und Mehl, stellt eigene Krankenwärter auf. Die Kranken und Armen dürfen den Bader auf
Rechnung des Klosters zu sich bestellen. - 1646 General
Wrangel und Turenne halten sich mit 20 000 Pferden in
und um Buxheim auf. Innerhalb von 6 Stunden waren die
ganzen Futtervorräte in der Kartause und im Dorfe verbraucht.
Pfarrer Laucher von den Schweden ausgeplündert, starb
1635 an der Pest, sein Hausrat von Einheimischen gestohlen. Der neue Pfarrer Kraus berichtet: Es war gar
wenig angehauen und das Angebaute von bösen Leuten
verderbt. Schwert, Hunger und Pest haben die Einwohnerschaft gewaltig dezimiert. 1642 konnten nur noch 120
Pfarrangehörige ihre Osterpflicht erfüllen (vorher 430).
Die Pfarrei Baiersried ist gänzlich ausgestorben-1651
waren es wieder 10 Seelen.
Egg:
Der Pfarrer hält den Krieg über im Dorfe aus. Im Jahre
1635 ist nichts gewachsen, bekomme keine Abgaben. Es
sind nur noch wenig Einwohner. Die Reutäcker werden
überhaupt nicht angebaut. Von 500 Pfarrangehörigen sind
nur noch 50 anwesend. Die anderen während des Krieges
verhungert und an der Pest gestorben. Zwischen Micheli
und Martini sind die Schweden von den Kaiserlichen vertrieben worden. Da die Schweden dem Kloster Ottobeuren
alle Einkünfte weggenommen haben, kann dem Pfarrer kein
Unterhalt gereicht werden. Derselbe Pfarrer klagt: er
habe 3 Jahre lang Hunger gelitten, sich nicht mehr priesterlich kleiden können und müsse sich von Haber und
Gerste ernähren und wäre dabei noch froh davon genug zu
haben. Das Stehlen und P ündern nähme immer noch kein
Ende. Vor 14 Tagen seien bei ihm 12 Reiter eingefallen
(Kaiserliche) und hätten ihn aus dem Fenster stürzen
wollen, weil er kein Stückchen Brot geben konnte. Es
herrschte unaussprechliches Elend.
Eriche im:
1632 kamen die Schweden und hausten schrecklich,, niemand
ist seines Lebens sicher, sie stehlen und plündern .alles.
Am 7. Juni erschlugen sie einen Mann aus Erkheim und ermordeten einen anderen in Schlegelsberg. Am 9- Juni erstachen sie wieder einen aus Erkheim und verwundeten
am 28. einen Filialisten von Dachsberg so schrecklich.,
daß er daran star*b. Am 26. Juli erschlugen sie eine Witwe
in Schlegelsberg. Am 6. Febr. 1633 erfror dort- eine Witwe,
welche die Schweden aus dem Hause gejagt hatten. Am 5»4.
ih Schlegelsberg ein Mann erschossen und der Amtmann erschlagen. Mit den Schweden hielten auch Pest und Hunger
Einzug. Im Jahre 1Ö34 starben 78 Personen an der Pest.
Die Zahl der im nächsten eigentlichen Pest jähre* starben^
läßt sich ziffernmäßig nicht sagen, weil im Sterberegister keine Einträge gemacht wurden. Viele die von der
Pest verschont blieben, starben den Hungertod. In der
Filiale Schlegelsberg verhungerte ein Mann, mit -7 Kindern,
ein anderer mit 4 Kindern und noch viele andere Persc-nen,
alt und jung. Nur mehr wenige Familien waren in Erkheim
zu finden. Außer vielen Häusern wurde auch die Pfarrkirche ein Raub der Flammen. 1635 ist auch der -Pfarrer
an der Pest gestorben. Unter- und Obererkheim wurden
von Sontheim versorgt.
Neue Truppendurchzüge 1646-48; Einquartierungen-, Zwischen Erkheim und Westerheim lagen alle Felder brach:
Hände voll Erdbeeren konnte man aui" den Feldern pflücken.
Im Ort standen viele Häuser leer. 1650 Pest in Dachsbergviele Opfer.
Ober'er kheim: Schweden und Kaiserliche haben das Dorf überall verderbt. Große Opfer des Hungers, des Krieges, der Pest. . / '
Am 7.11.35 wird berichtet: "Gott tröste ihre Seelen,
aber ich sorge, es \^erden wenige gen Himmel gefahren „sein. " _
Auch Junker Seilers Frau mit 2 Kindern sind verhungert.
1638t Das Dorf zahlt nur noch 10-12 Einwohner. Im ganzen
Jahr sind nur 32 Jauchert angebaut worden.
Frechenrieden: Pfarrer geflohen. Pater Jeremies von Ottobeuren ver- . .-.
sorgt die Pfarrei 1634 und 1635. Am 11. Januar 1635 wurda das Dorf geplündert.
Fellheim: 1632 ganz Fellheim in Ische gelegt. Einwohner wandern aus.
Felder lagen verödet und überwuchert von Strauchwerk.
Nach 1648 Fremdsnsiedler. (Siehe Memminger Heimatbuch.
Genaue Berichte in der Geschichte von Fellheim v.Rapp)
"
Günz:
Pfarrer flieht nach Rosenheim 1634. Am 12. Januar 1635 kamen die Feinde von Memminge-Er her, plünderten Günz. und
Rummel tshausen und beluden 60 Wagen mit Beute.
Grönenbach:1o28 Ausbruch der Fest. Von September bis Weihnachten 86
Personen der kath. Pfarrei gestorben, auch der Stiftsdekan
und der evaoig. Frediger. 1633 verbrennen die Schweden die
Spitalkirche und viele Häuser. 1635 starb die Witwe des
Marschalls Phil, von Pappenheim an der Pest in Memmingen nach Grönenbach überführt und in der Stiftskirche begraben!
Zur Zeit der Pest soller die Toten beider Pfarreien in einem eigenen Friedhof beigesetzt werden. Pestfriedhof wahrscheinlich beim sog. "Paradies". Genaue Nachrichten siehe
"Geschichte Grönenbach" v. Sedelmaayer!
Hawangen: Der Pfarrer verließ seinen Posten nicht, trotz Pest, Hunger
und Kriegselend. Er half auch in Öttobeuren aus und beerdigte dort an einem Tage 5 Bürger, von denen 4 verhungert waren.
Er selbst wurde ein Opfer der Pest. Von 1643 an versorgte
die Pfarrei Pater Jerercias Mayer von Öttobeuren. Geklagt
wird über Seelsorge. 150 Kinder wachsen auf wie unvernünftige Tiere. Seit 20 Jahren keine Christenlehre mehr! An
Sonn- und Feiertagen komme der alte Pater Jeremias von
Öttobeuren, lese eine hl. Messe und halte ein Predigtle,
dann sei alles vorbei. Die Kinder hatten von der kath. Religion keinen Begriff. Die Kranken müßten ohne Sakramente
sterben.
Heimertingen: 1635 war d e r Pfarrer zeitweise gezwungen wegen Hunger
den Posten zu verlassen - hielt sich in Oberreitnau auf.
Dpe Pfarreien Niecerrieclen, Boos und Plefi hätten keinen
Pfarrer mehr. In Heimertingen sah alles übel aus. Das Kirchengebäude arg beschädigt - nicht die notwendigsten Paramente seien vorhanden.
Holzgünz: 1628-1647 der Ortspfarrer versieht auch Westerheim. 1628
legt er ein Verzeichnis aller Soldaten an, welche zur Beichte kamen. Nach 1635 wird das Pfarrbuch nicht mehr geführt.
Weitere Nachrichten fehlen.
Hlerbeuren: Wegen Hungersnot hat der Pfarrer 1633 den Ort verlassen.
Am 15.7.1635 brach die Pest aus. Der ; farrer schreibt seinem Herrn: er habe seine Pfarrkinder in der Not getröstet,
sie ermahnt, vergeblich. Sie fragen nicht mehr viel nach
einem Geistlichen, sondern trachten mehr nach dem Zeitlichen. Die Pfarrkirche Illerbeuren sei demoliert. Die eigenen Tfarrkinder hätten Leuchter aus der Kirche genommen:
Schrecklich hause die mest, nur wenige Menschen blieben
am Leben. 1635 starb auch der .farrer von Kronburg am
Hunger. Pfarrei wurde eine Zeitlang vor Steinbach aus
versorgt. Alle drei Pfarreien, Illerbeuren, Kronburg und
Steinbach schützen ihren Pfarrer nicht vor dem Hunger.
Der Steinbacher "farrer schreibt: Gottesliebe ist eine
schöne Tugend, wird aber in dieser Zeit wenig geübt. Mein
Herr in Le.utra.ch läßt mich großen Mangel leiden, obwohl
ich überall helfe wo ich kann.
Kronburg: Schon 1630 bittet der Ifarrer um Versetzung wegen der
Hungersnot. 1632 wegen der Schweden und Pest unsagbare;
Not und Leiden. 1633 Pfarrmutter an der Pest gestorben,
der ""farrer an d e r Pest schwer erkrankt, konnte sich jedoch erholen. Er schreibt abermals seinen Patronatsherrn:
Weder Salz noch Schmalz kann ich kaufen; ich habe kein gutes Kleid mehr um ausgehen zu können. Auf Hilfe der Pfarrkinder kann ich nicht rechnen. Lieber möchte ich Holz
scheiten als Pfarrer sein, dann hätte ich wenigstens meinen
Lohn.Dazu komme jetzt noch die Zeit des Aderlasses und er habe weder
einen Pfennig noch Heller, müsse Suppe und Kraut essen ohne Schmalz
dazu. Wenn der Freiherr ihm nicht helfe, müsse er betteln gehen. Er
rüsse sich auch vor seinen Besuchern schämen, denen er nur Wassersuppe vorsetzen könne. Dann jammert er.weiter, daß er kein Holz habe und niemand wolle ihm fahren außer er zahle im voraus, übrigens
sei ein Bettler auf dem Felde sicherer als ein Priester im Dorfe.
In der Kirche habe man weder Kerzen noch Hostien und niemand wolle
zur Anschaffung etwas geben*
Am 15« Juli 1635 berichtet ein anderer Geistlicher dem Freiherrn
über die Zustände in Kronburg. Alle müssen miteinander in Geduld
Not leiden. Etliche Höfe seien ausgestorben und öde. Es sei nun
"der heilige schnit" (Ernte) vor der Türe. Die Soldaten haben das
Gerüchte verbreitet, daß das Korn bleich auf dem Felde gedroschen
werde. Die Luft in Kronburg sei noch frisch und gesund und keine
Infektion vorgekommen, während in Steinbach, Legau und den umliegenden Orten die Fest furchtbar grassiere. Schon 14 Tage später berichtet derselbe I farrer ganz anders: Kein Zehnt sei zu bekommen, denn
die Mäuse hätten unbeschreiblichen Schaden angerichtet und von manchen Ackern fast alles weggefressen. Die Fest hat nun auch ihren
Einzug gehalten, auch die ^ farrhiushalterin erlag dem Schwarzen Tod.
Der Ffarrer jammert, daß er niemand mehr habe der ihm die Suppe koche
und die Wäsche besorge. Ende Juli waren nur noch drei Häuser von der
Pest verschont geblieben. Wegen des Feindes konnte man auch keine
Arzneien erhalten,
Am 10. Sept. 1635 berichtet der Geistliche seinem Herrn nach Augsburg: Das Schloß Kronburg ist bis in die letzten Winkel verwüstet;
alles liegt voll Stroh und Lumpen worin die kranken Soldaten gelegen
und gestorben.sind. Alles ist voll Unrat. In keinen Zimmer kann man
wohnen außer in Junker Christophsselig Zimmer und in der Krankenstube. Sonst ist alles ruiniert. Keine Fenster und Türen sind mehr
da. Nur die Kapelle blieb unverletzt. Die Fensteröffnungen sind zum
Teil vermauert, mit Bretter oder starken Dielen vermacht. Alle Schlösser sind abgerissen, Kisten und Kästen verbrannt, Das Wasser dringt
durch das Dach und Decken. - Er selbst habe noch zu essen, nehme
aber keinen Heller ein. - Mitte Sept. hörte die Pest auf. In Illerbeuren und Kronburg zusammen blieben nur 40 Menschen am Leben. Diese
wenigen Untertanen erwarteten mit Sehnsucht die Rückkehr ihres Herrn.
Da derselbe Pfarrer immer größere Not litt, weder Kleider noch Schuhe hatte, bat er zum wiederholten Male seinen Herrn um Hilfe. Nachdem die Ifarrer von Steinbach und Hawangen der Pest zum Opfer gefallen waren, sein Herr keine Hilfe gewährte, verließ nun auch Pfarrer
Heggel seinen Posten und zog nach Lauingen,
Lachen-Theinselberg: Siehe "Geschichte von Lachen" v. K.Schnieringer
und Herbishofen
Amtmann Hans Moser wegen seiner Unterschlagungen, Einbrüche und Diebereien 1648 in Memmingen
enthauptet.
Markt Rettenbach:
1627 Ausbruch der Pest. Bevölkerung sehr dezimiert. 1642 zählte die Pfarrei nur mehr 210
Seelen. 1645 Gelübde des Bauern Herz eine Kapelle zu erbauen, falls er von der Pest verschont bliebe. Grundsteinlegung zur Kapelle
Maria SfchmB'e^.Blnweihung 1654. Das Pestläuten
wurde 1680 eingeführt,
1628 Pest so stark, daß die Toten nachts begraben werden mußten. Lies die Geschichte vom
Stadtpfeifer! - Der Magistrat verbietet das Verlassen der Häuser in denen Pestkranke liegen.
Vornehme Familien flohen aus der Stadt. Bis
Memmingen:
Februar 650 Festopfer. Ab Äu,eust Neuausbruch: 400 Tote- zusammen
bei 1050.
9. Juni 1630 Wallensteins Einzug in der Stadt. Lesestoff - Wallensteinsoramer von Skalizky.
1632 (15»Juni) Bestrafung der Stadt durch die Kaiserlichen wegen
des Beitritts zum Leipziger Bündnis. Das kaiserliche Fußvolk benahm
sich roh und ausgelassen - Streitereien mit den Bürgern - Ausgehverbot für Bürger! Im Oktober 1631 Befreiung von der Besatzung.
16.4.1632: Einzug der Schweden unter Generalmajor Fatrik Ruthven.
Hohe Abgaben an die Kriegskasse. Die Stadt muß Truppen anwerben für
den städt. Wachdienst. - Schwedische Streif- und Raubzüge von Memmingen aus in die Umgebung - große Beute! Schloß Grönenbach geplündert
und die dortigen Geschütze nach Memmingen gebracht. 4.Juni Einzug
des Schwedenkönigs. Quartier im Fuggerhaus - Abzug nach Nürnberg Wallenstein hat dort die Schlacht und Gustav Adolf sein Leben verloren. (Lützen!)
Genaue Berichte bringen die Stadtchroniken. - Lesestoff* Wallensteihsommen in Memmingen von Skylitzky.
Niederdorf gehörte damals zur Pfarrei Wolfertschwenden. Von beiden
Orten liegen keine FfarraufZeichnungen vor. 1629 Fest.
Niederrieden: Pfarrer Schlichting wurde 1632 von den Schweden grausam ermordet. Sie rissen ihm die Kleider vom Leibe, legten
ihn auf den Tisch, schnitten den Bauch auf und quälten ihn
zu Tode. Viele Bauerngüter stehen öde. Die ganze Stadt
brachte nur 102 Viertel an Zehnten ein. Die Bauern bestellten auch Felder die ihnen nicht gehörten - ist alles
herrenlos - da brauchten sie keinen Zehnt zu reichen. Die
Bauern von Heimertingen und ließ bauen Felder um die
Stadt Memmingen an. Die Stadt ist voller Flüchtlinge vom
Lp.nd.
Ottobeuren: 1628 "Pfarrer der St. Peterspfarrei Ein der Pest gestorben
und in der Kirche (Knabenschulhaus) begraben. Außerdem
gehörten in diese??'; Jahre Pfarrers Schwestern, ein Schulknabe und etliche andere Personen zu den Opfern der lest.Im folgenden Jahre starke Epidemie - viele Todesopfer,
auch der ifarrer- sein Nachfolger floh - die Pfarrei
wird von Hawarmren versorgt. Täglich 3 - 9 Todesopfer.
Dj_e Leute sterben auch an Hunger. Von 1636-1642 versorgt
der einzige Klosterpater Jeremias Mayer auch diese ... farrei. Über sein Wirken erzählt Art. Max. Miller in seinem
Buch: "Der Fuhrmann Jeremias". Das Buch ist jeder Schule
sehr zu empfehlen!
165O abermals Pest mit weniger Opfern. Nach der Nördlinger
Schlacht blieben die Schweden noch bis April folgenden
Jphres. Sie raubten, plünderten und erpressten auf unmenschliche Weise Geld und Lebensmittel.Schwedentrunk Leute werden in Backöfen gesperrt; Ahlen durch die Waden
gestochen... zu den Grausamkeiten gesellen sich Pest
und Hungersnot. Iferde fleisch, ausgebälgte Katzen und
Hunde gehörten zu den Delikatessen. Mäuse, Brennesseln,
Gras, Baumrinden, Wurzeln verzehrten die blassen Menschen.
Hunderte fielen der Pest zum Opfer. Das Elend laßt sich
nicht beschreiben. ~ Die Aufzeichnungen des Pater Jeremias sind nachzulesen in den Jahrbüchern von >. . Maurus
Feyerabend Bsn^I-III.
S0ntheim:
Berichte von Tfarrer Greifer, der auf seinem losten blieb:
1634 kamen die Schweden von Ottobeuren her. Da ging es an
ein Plündern und Rauben. Am 3' Juni ganz Sontheim. 1635
dezimiert die Pest die Einwohnerzahl. Der Pfarrer beklagt
sich über sein geringes Einkommen; wenn man ihm nicht helfe, müsse
er seinen Dosten verlassen oder verhungern, - 1646 Schweden und
Franzosen kommen. Panik! Am 28. Okt. rückt die kaiserliche Armee:
ins Günztal ein. Quartier Erzherzogs Leopold in Sontheim, sein General von Hatzfeld wohnt im Pfarrhof. Abzug nach Heimertingen dem
Fein entgegen; am 2. November Rückzug nach Mindelheim - Schweden
folgen nach; ihr.Benehmen war ertraglicher. Die Pfarrei hatte einen
Kriegsschaden von 1800 Gulden.
Volkratshofen: 1625 Kaiserliche Truppen einmarschiert, 1626 große
Teuerung 1628 und 1629 sind 197 Personen.an der lest
gestorben, über die Hälfte der Einwohner. 1632 Schweden kommen. 2 Glocken geraubt. 20 Jahre ohne Glocken.
Westerheim:
Pest,Hunder und Krieg haben die Einwohnerschaft sehr
dezimiert. 1646 abermals feindliche Truppendurchzüge.
Alle Vorräte aufgezehrt. Viele Hauser in Brand gesetzt. Sobald eine feindl. Streife sich näherte läutete man die Sturmglocke, - sie läutete fast immer.
Allerorts rauchende Brandstätten. Zahlreiche ottobeurische Untertanen sind nach Memmingen geflohen.
Woringen:
1632 kamen die Schweden, Pfarrhof ausgeraubt, der
Pfarrer der kath. Pfarrei ist geflohen - von Grönenbach aus pastoriert. Einwohnerschaft große AusfällePest! Beide Kirchen übel ruiniert. Von der kleinen
kath. Pfarrei sind alle Personen bis auf die Mesnerfamilien weggestorben.
Zell:
1629 Pest. 1632 Schweden erschießen einen Mann. V/eitere Nachrichten in der Geschichte von Gronenbach
v. Pfarrer Sedelmayer.
Amendingen:
Der Mesner weigert sich Kriegssteuer zu zahlen. Die
Schweden haben 1632 in Amendingen übel gehaust. Dgs
Schloß Eisenburg schwer ruiniert. 1655 der baufällige
Kirchturm eingestürzt. - Weitere Nachrichten siehe
Geschichte von Eisenburg (Lehrer Mayer).
Bemerkung:
Über die nichterwähnten Orte liegen in Sontheimers
Büchern keine Aufzeichnungen vor.
L e g a u :
(Aus Legaus Vergangenheit von Wilh. Eberle, 1906),
An der "laidigen Infektion*' 1628 starben nach ungezählter Zählung vom Sept. bis Dez. 32 Manner, 46
Frauen und 44 Kinder. Bis 1630 forderte die ""est zusammen 212 Menschenleben. Alle wurden auf dem kleinen
Friedhof bei Lehenbühl begraben, daher der Name Pestfriedhof oder Pestacker. - 1632 Schweden. Große Angst.
Das Spital in Le»:au erßielt eine schwedische Schutzwache. Die Bevölkerung mußte sich allen erdenklichen
Frevel gefallen lassen, auch den Schwedentrunk. Ein
Lerpuer sollte von einem schwedischen Pferde zu Tode
geschleift werden - ein Gelübde soll ihnL das. Leben gerettet haben. Der Rößlewirt durch einen Säbelhieb arg
verletzt, Jakob Möslin von \ier Hofstatt ermordet. Die
Mehrzahl der umliegenden Burgen und Schlosser gingen
in Flammen auf. Die Kirchensch i tze waren unter dem
Hauptaltar verborgen.-Auch die Kaiserlichen verübten
Greueltaten. Am 11.12.1633 töteten kaiserl. Soldaten
Michael Arnoldt von Benngeh.Von den Hausern stand die
Hälfte leer_andere verbrannt, Einwohner flohen.
Gute Literatur' über den 30. j. Krieg in unserer Heimat siehe:"Die
Abendteuer des Fuhrmann Jeremias" v.A. M.Miller. Skaliaky: W all eins te insoiatser-Lb'ns: Ks-npf um die Scholle - Allg. Sagenbuch. Für Schüler:
Schwäbische Lesebogen - Memminrer Heiraatbuch - Lesebuch: Heilige Saat.
Thema 5"t
Die Grundherren rufen Neusiedler ins Land
(Wiederaufbau nach 1648)
1, Die Situation nach dem Kriege 1648: Der Adel und das reiche Bürgertun in den wenigen wohlbewahrten Städten feiern
den Frieden; aber auf dem Lande, in den Dörfern und Flecken, geht
die nackte Rot um; jetzt erst, nach Beendigung des Krieges, wird
das ganze Elend offenbar, das sich wie ein Leichentuch über Deutschland breitet.
"Wie jämmerlich stehen nun große Städte. Wo zuvor tausend Gassen gewesen, sind nun nicht mehr hundert. Wie -elend stehen die kleinen
Städte, die offenen Flecken! Da liegen sie verbrannt, zerfallen, zerstört, daß weder Dach, Gesparr, Türer. oder Fenster zu ,ßehen sind»
Wie sind sie mit den Kirchen umgegangen? Sie haben sie verbrannt, zu
Pferdeställen und Marketenderhäusern gemacht, die Altäre entweiht
und die Glocken hinweggeführt. Ach Gott, wie- jämmerliche steht es
auf den Dörfern! Man wandert zehn Meilen und siehet nicht einen Menschen, nicht ein Vieh, nicht einen Sperling, wo nicht an etlichen
Or.ten ein alter Mann oder ein paar alte Frauen zu finden. In allen
Dörfern sind die Häuser voll Leichname und Äser gelegen, Mann, Weib,
Kinder, Gesinde, Pferde, Kühe und Ochsen, neben-und untereinander,
vom Hunger und von der Pest erwürget, weil niemand gewesen, der sie
begraben, beklaget und beweinet hat. Deutschland liegt in Schmach,
Jammer, Armut und Herzeleid; und die das alles verursacht haben,
sitzen in stolzer Huhe, Freiheit, Frieden und Sicherheit und halten
Gastereien und Wohlleben."
Zwischen Leitha und Mosel liegen 15000 Dörfer in Schutt, in der Pfalz
sind noch 50 000 Menschen am Leben geblieben, vordem waren es eine
Million; in Deutschland haben von 1? Millionen etwa 8 den Krieg überlebt. - Unüberbrückbar ist die Kluft vom Gestern zum Heute, keine
Träne, keine Klagen, kein Schmerz wird sie schließen. Grau und
lichtlos bricht der neue Tag an.
0 ,
(Nach Zierer Bd. 29/50 Seite 185)
Der große Friede kam nur langsam. Die Jahre 1648 - 50 nach dem Friedensschluß gehörten noch zu den schwersten der Zeit; unerschwingliche
Kriegssteuern waren ausgeschrieben, die Heere lagen noch bis zur
Abzahlung der Kontributionen in den Landschaften. Dazu kamen Plagen
anderer Art. Herrenloses Gesindel, Banden entlassenen Kriegsknechte
mit Weibern und Troßbuben, Scharen von Bettlern und Säuberbanden
streiften durch die Gebiete, quartierten sich gewaltsam j_n Dörfern
ein, um von hier aus in benachbarte Territorien Haubzüge zu unternehmen. Die Dorfbewohner mußten noch 1&49 auf Kirchtürmen Wache halten, Brücken und Furten über Bäche besetzen und Lärm schlagen, so
oft sie einen marschierenden Haufen erblickten.
Die Memminger Chronik erwähnt: "Schmerzhafte Kachwehen gab es freilich
auch noch 1649. Monatlich mußten noch bis 5000 Gulden Kriegskosten
bezahlt werden, an die Schweden waren noch 10 000 fl Entschädigung
zu zahlen; die Steuern waren so hoch, daß selbst die Dienstboten
mitsteuern mußten. Im Oktober zog endlich die bayerische Besatzung
unter General Winterscheid ab. - Die Drangsale des Krieges hatten
der Stadt schier unheilbare Wunden geschlagen. Die Zahl der Bürger
war bereits 1656 von 2000 auf 400 zusaaraengeschmolzen; von den 400
Webarn nahmen nach dem Kriege nur 50 die Arbeit wieder auf. Die
reichsstädtischen Dörfer (evang. Ortschaften) waren verödet und
fast ausgestorben; in Volkratshofen und Dickenreishausen saßen nur
noch etliche alte Leute - und mußten aus der Schweiz und Tirol Neusiedler holen. Ein Glück,, daß <die folgenden :;uten Ernte jähre den Wohlstand wieder hoben". (Miedel, Memmingen und Umgebung I.T1.S.45)
2. Die ersten Maßnahmen zum Wiederaufbau:
(Beispiel aus dem Herrschaftsgebiet der Abtei Ottobeurern)
Fast unlösbar schien
den Grundherren alle die schwerwiegenden
Kriegsfolgen zu beseitigen. Man begann mit der Registrierung der nur
langsam aus Städten, Naelibar gebieten und Verstecken zurückkehrenden
Bevölkerung. Das Ergebnis war jammervoll. Hinter hunderte alter Geschlechternn aes kritzelte der Klosttrechreiber: verhungert, erschlagen, erschossen, zu Tode gefoltert, erfroren, im Backofen erstickt
oder an der Pest gestorben. Schrecklich war die Bevölkerungszahl dezimiert. Die wenigen Bauern waren nicht in der Lage die überwucherten
Felder zu bewirtschaften und die Höfe aufzubauen.
1
/Jerbc schreiben und Werber gingen in die kriegs'verschonten Nachbargebiete und boten billiges Land, billige Höfe und Hofstätten an. Neusiedler kamen aus Österreich, Vorarlberg und Tirol in das Ottofceurer
Gebiet; arbeitswillige Soldaten und Flüchtlinge bewarben sich um verkohlte Höfe und Solden, Neue Namen tauchen in den Lehenbüchern auf.
Die Zuwanderer bringen dem Kloster Geld, sie bringen Vieh, Pferde,
Gerate und Saatgetreide;- man kommt In die Lage den bettelarmen Einheimischen zu helfen.
Das Kloster richtet eine Art Darlehenskasse ein, nimmt von auswärtigen Orden Kredite auf, gibt den Untertanen gegen geringen Zins zum
Wiederaufbau der Höfe, zum Ankauf von Vieh und Gerät die notwendigen
Darlehen.
Aas den herrschaftlichen Wäldern wird kostenlos Bauholz abgegeben. Die
freigewordenen Hofe werden als Erblehen verliehen (solange der Bauer
männliche Nachkommen hat). Ein Beispiel aus dem Ottobeurer Lehenbuch
von 1652:
"Am 16. April 1652 hat Adam Schnieringer zum Vogelsang zu Lehen empfangen das Gut, welches vor ihm Stephan Schmalholz selig innehatte.
Er leistet . den Lehenayd und zahlt jährlich 2 Gulden 27 Heller Lehengeld. Das Guet kostet 425 Gulden, davon schuldet er noch 350 fl. Er
besitzt: 1 Haus, 12 Beschlagungen (Ackerfeld), 6 Tagwerk Mähder, 2
Pferde, 4 Kühe, 3 Rinder und Fahrnis." Die zugewanderten Kolonisten
waren von Anfang an in der Lage den Zehnt, die Steuern und herkömmliche Abgaben zu reichen im Gegensatz zu den zurückgekehrten Einheimischen, die völlig mittellos waren.
Zur Bestellung der überwucherten Felder fehlte es an Gerät, an Zugtieren und Saatgetreide Das Kloster besorgte den Bedarf von auswärtigen Klöstern und Herrschaften gegen Bezahlung.
Noch schwieriger gestaltete sich der moralische Wiederaufbau einer
Bevölkerung, die ihr Leben lang nichts anderes sah, als Raub, Mord,
Tod, Gesetz- und Gottlosigkeit, die kaum mehr eine Predigt hörte,
die selbst Kirchengut raubte um von dem Erlös das Leben fristen zu
können (siehe Pfarrchronikberichte Thema 501)
Strenge Gesetze gegen das Bettelunwesen., Diebstahl, Raub, Plünderung;
neue Dorf- und Flurordnungen, Neubesetzung der Dorfgerichte, streifende Gendarmen und Büttel führten allmählich die Bevölkerung zur
alten Ordnung, zu Pflicht, Gehorsam und Arbeitsamkeit zurück. "Zweihundert Jp.hre waren in einzelnen Gebieten Deutschland notwendig,
Menschenzahl und Erwerbskraft des Landes wieder zum alten Zustand
zu heben." (Luxheft 40).
"Es ist eines der Wunder der Deutschen und auch der Allgauer Geschichte, daß ein Häuflein zerlumpter und ausgemergelter Menschen,das Ritter, Tod und Teufel entgangen war, nocheinaal den Mut und die Kraft
aufbrachte für einen neuen Anfang" (Weitnauer, Allgauer Chronik)
Erkenntnisse: Folgen der Gl^ubenskämpfe. - Weder Union noch Liga
errangen Vorteile. - lachender Dritte waren die Nachbarn.-Liebe zur
Scholle und Heimat, Arbeitsfreude, vernunftige Gesetze u. Maßnahmen
u. die Hilfsbereitschaft der Grundherren ermöglichten den Wiederaufbau. -Vergleiche den Wiederaufbau aus dem Chaos 1650 mit 1945« Zuwanderer einst, Neubürger der Gegenwart.
Thema 56
Schwäbische Kolonisten ziehen ins
Brandenburgische
Herbishofen um 1700. In der Pappenheimischen Amtsstube (Pfarrhof)
sitzen die Bauern Bürk, Bück, Wäckerle, Notz, Wegmann und Weiß um
den schweren Eichentisch. Sorge und Klage spricht aus jedem Gesicht.
"Es geht um unsere Jugend", sagt der reformierte Pfarrherr. "Ich
habe beim Fürstabt in Kempten alles versucht, daß er uns freigewordene Lehenhöfe und Grundstücke überläßt und die Erlaubnis zu Neubauten erteilt. Es war ums:onst. ' Wir haben alles getan, unsere Höfe
ausgebaut, die Acker aufgeteilt. Wir sind zuviele. Unsere Jungen wollen nicht die Knechte ihrer Brüder bleiben; sie müssen das Herrschaftsgebiet verlassen.""Ich habe für euch gesorgt,"sagt der Pfarrer- , lest diesen Brief!"
Verwundert sehen die Bauern a u f ihren Pfarrer, dann wieder auf das
fremde Schreiben mit der schwungvollen Handschrift. Ein Hofrat
"van der Lith" aus B u r e : bei Magdeburg bietet gegen geringen
Pacht Grundstücke für eine größere Anzahl Kolonisten an. "Das ist ein
gutes Angebot, ein Ausweg aus unserer Raum- und Landnot!" meinen die
Bauern, "-wir sollten zugreifen." Aber nicht die Katze im Sack kaufen!
erst ansehen, mahnt der Pfarrer. Man verhandelt, rät hin und her,
bis man weiß, wer die Reise ins Magdeburgische unternehmen soll.
Ein Atlas kommt auf den Tisch. Zwei Finger zeigen auf
Memmingen und Magdeburg. Der weite Weg führt über Augsburg, Nürnberg,
Plauen, Leipzig, Dessau, Aken an der Elbe, über Magdeburg nach Burg.
Über 675 Kilometer sind zu fahren auf schlechten Handelswegen. Über
5 Wochen Reisezeit. Man braucht neue Wagen, gesunde Rosse, und viel
Zehrgeld. - Lange ist es stille im Zimmer. Jeder ist mit seinen Gedanken und Sorgen beschäftigt. "Wir wollen mit unseren Jungen sprechen", meiner schließlich die Bauern. Sie sagen dem Pfarrherrn ein
Vergeltsgott und gute Nacht.
Monate sind inzwischen vergangen. Die bestellten Kundschafter sind
in Burg eingetroffen, sie haben persönlich mit dem Hofrat gesprochen,
zuverlässige, günstige Nachricht in die Heimat gesandt und zur Ausreise aufgefordert. Freudig wird die Botschaft von den Jungbauern
-aufgenommen. In Grönenbach, Herbishofen, Albishofen, Goßmannshofen
und Itteisburg (ref.Ortei) beginnt ein emsiges Rüsten. Zahlreich sind
die Anmeldungen zur Ausreise. Wagner, Sattler und Amtsschreiber
bekommen die Emsigkeit zu spüren. Jungbauern und Bräute fordern
ihre Mitgift: Pferde, Wagen, Planen, Feldgerät, Hausrat, Kühe und
Saatgetreide. Alles gibt, alles spendet, einer hilft dem anderen.
Dann kommt der große Tag. Vor den Höfen stehen die neuen Wagen. Sie
werden b el ad e n wie die "Brautfuder", überdeckt mit breiten Planen.
Der Bauer gibt die besten Rosse, die schönsten Kühe und das notwendige Reisegeld. Auch der Pfarrer ist streng beschäftigt mit Trauungen; denn die Jungbauern wollen sich noch in ihrer heimatlichen
Kirche "zusammengeben" lassen. Der Tag des Abschiedes wird zuerst in
der Dorfkirche gefeiert. Der Pfarrer hält seine letzte Predigt für
die Auswanderer. Der Amtmann überreicht die "Freibriefe" und Pässe.
Der Altbauer spannt die "Pferde an. Mütter und Geschwister weinen.
Alle Dorfbewohner sind um die Wagen versammelt. Wenn jeder Glückwunsch Segen bringt, müßte es den Jungbauern gut ergehen. Man steigt
auf die Wagen, winkt zurück und fährt voll Zuversicht und Hoffnung
in eine neue "Welt, fort, von der Heimat, die man nie wieder sieht.
Von den Strapazen und den weiteren Schicksalen jener ersten
Auswanderer berichtet uns keine Chronik. Die Nachrichten aus Burg
müssen jedoch gut ausgefallen sein; denn schon 2 Jahre spater (1702)
schreibt der Pfarrer Nuscheier aus Grönenbach, daß von seinem Orte
bereits 40 Personen nach Burg ausgewandert seien.
Burg ist eine Stadt im preußischen Reg. Bezirk Magdeburg,
gelegen am Ihlekanal und an der Linie Berlin Magdeburg. Es zählte
einst 3 evang« und eine kath. Kirche. Zur Stadt gehören ein Gymnasium., ein Waisenhaus, das Amtsgericht, bedeutende Tuchfabriken (Flachsbau), Wollspinnereien (Schafzucht) Flanellweberei, Gerberei, Handschuf abriken, Dampf- und Sägemühlen, Ziegel und Kalkbrennerei, Zichoriendarre; über 17000 Einwohner. - Unsere Auswanderer mußten sich
umstellen auf Flachs- und Tabakbau. Nicht nur Schwaben zogen ins
Magdeburgische. Um 1688 meldeten sich dort vertriebene Franzosen,
Wallonen und Pfälzer für die Burger Industrie.
Der zweite größere Schwabenzug ins Freußenland erfolgte 1712 nach
Aken an der Elbe, dessen umliegenden Acker als besonders günstig für den Tabakbau geschildert wurden. (Aken bei Magdeburg_ mit
Zuckerfabrik, Strohseilfabrikation, Fabrikation ätherischer Ole,
Essenzen, Augenwasser und Sprit; Ackerbau, Anbau medizinischer
Kräuter und Schiffbau). - Die günstigen Nachrichten aus Aken bewogen
weitere Jungbauern zur Auswanderung (1?13)» Sie zogen ins Ungewisse
und mußten lange Zeit von ihrem eigenen Geld leben. Von ihnen und
anderen Nachzüglern liefen Klagebriefe ein. Die ihnen angewiesenen
Acker lägen bis zu 2 Stunden entfernt. Der Magistrat sei überhaupt
nicht von der freundlichen, hilfreichen Gesinnung gewesen wie der
König-, Man schauesie scheel an, erschwere den Kauf oder Pa.cht von
Ackern und man liefere auch das versprochene Bauholz nicht. 4000
Gulden hätten sie mitgebracht. Wegen schlechter Böden, wegen der
vielen Reisen zu den verschiedenen Behörden sei das Geld fast aufgebraucht. "Wenn nicht bald Hilfe kommt, müssen wir betteln gehen",
standen den Briefen zu lesen, Trotzdem erfolgten 1714 weiter Auswanderungen aus unserer Gegend nach Retdorf, Ziesar und Werbik.
?50 Jahre sind seitdem verflossen. Die Heimat hat die Auswanderer
längst vergessen.
Nun aber, da sie in Not sind und abermals klagen: "Wenn nicht bald
Hilfe kommt müssen wir betteln gehen!" wollen wir ihrer in Treue
gedenken und ihnen helfen, wenn sie über die Grenzen nach Westdeutschland fliehen und um Aufnahme bitten.
(Zusammengestellt zum Schulgebrauch aus Pfarrchronikberichten
(Herbishofen) und Auswandererbriefen v,K.Schnieringer)
Auswertung:
Reformierte Jungbauern müssen auswandern (Gründe: Genannte Orte
gehörten zur Herrschaft des Fürstabtes von Kempten.
Wegen Glaubensstreitigkeiten und Unterdrückung der
Reformierten in der Herrschaft Grönenbach bekommen
solche Untertanen keine freigewordnen Lehen - auch
Neubauten werden nicht erlaubt. Höfe und Grundstücke
können nicht weiter unter die Hofnachfolger geteilt
werden. Die Felder sind zu klein geworden).
Warum die Könige von I reußen Kolonisten in ihr Land rufen (Werber,
verlockende Angebote, Steuerfreiheit, geringer Pacht,
kostenlose Bauholzlieferung, wenig Zehntabgabe, mehr
Freiheit, keine Leibeibenschaft... nicht alle Versprechen v.erden gehalten)
Ins Ungewisse ziehen ist gefährlich! (Fremde Menschen, andere Gesetze ,fremder Boden, Umstellung auf Tabakbau und Industriepflanzen, Hofbau, Urbarmachung des Bodens, schwere
Arbeit, Existenzkampf, Unsicherheit).
Gegenwartsbezug: Verhältnisse in der Ostzone-Enteigungen-KolchosenUnfreiheit und Zwangswirtschaft-Bauernflucht nach dem
Westen--Vergessene Brüder kommen zurück-Hilfsmaßnahmen
der Bundesrepublik. - Auswanderung von Deutschen in
andere Länder, - (Wolga,Banat, Siebenbürgen und ihr.
Schicksal!
Thema 57-58
Bilder aus der französischen Devolution
"Friede den Hütten,Tod den Palästen!" hieß einer der franz.Revolutions =
Schlager.Der Haß des Volkes,der organisierten Jakobiner und Sanskülotten
(bed.Langhosenträger-Adel trägt kurze Hosen)richtet sich gegen die Aristo
kbaten,Feudalherrn,Privilegierten,gegen Priester und Klöster.Zu Tausenden
flohen die bedrohten Personen in die Nachbarstaaten um dem grausamen Mor=
den und Gemetzel zu entgehen.
Auch in unserer Heimat klopften die Emigranten hilfesuchend an die Türen
der Pfarrhöfe,an die Tore der Schlösser und an die Pforten der Klöster in
Buxheim und Ottobeuren.Im Schloß Falken über Ittelsburg,im ehemaligen El=
dernkloster und beim Engelwirt in Ottobeuren wurden die Geflüchteten un =
tergebracht,verpflegt und versorgt mit Gulden,Lebensmitteln und Kleidung
aus den Sachspenden einer hilfsbereitan Bevölkerung.
Beim Engelwirt in Ottobeuren sitzen die Emigranten an langer T^fel.Ihre
Gedanken sind in Frankreich,daheim in ihren Schlössern und Parkanlagen ,
die nun wohl v.om aufgebrachten Pöbel zerstört und ausgeraubt sind. Ein
abgehärmter Emigrant aus Südfrankreich unterbricht das Schweigen.Er ist
ein Graf,dem das Dorf N o d bei Limoges gehörte.Die dortigen Bauern waren seine Leibeigenen.Er berichtet von einer
Bild 1:
Volksversammlung in Nod:
In Nods Gassen wimmelte es von Bauern umliegender Ortschaften,sowie von
kleinen Bürgern und Fabrikarbeitern aus Limoges.Sie alle eilten nach dem
Garten zum "Roten iioßn,wo sich,wie ein Plakat verkündete, die "Freunde des
Volkes und Feinde des Tyrannei" wollten hören lassen.Finster und drohend
blickten die Männer;es kochte heftig in ihren Gemütern.Bekannte riefen
sich Schlagworte zu und ballten die Fäuste.Abgemagert waren die Bauern ;
aus ihren Augen stierte der Hunger.Dürftig war ihre Kleidung.Die meisten
trugen nur Blusen aus billigstem Stoff,Zipfelmützen und durchlöcherte
Schuhe.
Während Nods Bewohner zum "Aoten Roß"eilten,schlüpften ich{der Graf)und
mein Besuch,der Herzog von Chatel,in Bauernblusen,um unerkannt dem Schauspiel im Dorfe beizuwohnen. Als wir jedoch den Garten betraten,trafen wir
am Eingang auf Duval,den Dorfschmied,der uns sofort erkannte.
Ein unbeschreiblich boshaftes Lächeln und höhnisches Grinsen verzerrte
sein Gesicht.BreitDeinig stellte er sich vor uns auf,stemmte die Hände
in die Ruften und lachte hellauf:"Seh ich recht,ha,ha,haiDer gnädigste
Graf und der allergnädigste Herzog in gemeiner Bauerntracht? Jetzt kanns
recht werden! Wölfe verwandeln sich in Schafe,jetzt wirds guti"
Wir standen wie vom Himmel gefallen,offenen Mundes,ob solcher Frechheit vor unserem Leibeigenen,der nicht einmal die Mütze zum
Gruße abgenommen hatte .-''Nichts für ungut!" sprach der Schmied weiter ,
"ich bin mit Ihnen zufrieden!Ihr seid gekommen um dem Volke den Lohn
für schwere Arbeit und Frondienste,für Abgaben und Steuern,für Hunger
und Elend zu bringen.Betrachten Sie gefälligst die Bauern da herum! Es
sind lauter Hungerleidergesichter i"
"Während der Schmied so sprach und schrie, sammelte sich ein ganzer
Schwärm von Bauern und Blusenmänner.überall begegneten uns feindselige
Blicke.Die Lage wurde gefährlich,wir wollten uns entfernen.Allein der
Schmied wich nicht von der Stelle und der geschlossene Kreis um uns öff=
nete keine Gasse.Als der Herzog sprach: "Erlauben Sie gütigst meine Herren!" antwortete der Pöbel mit schallendem Gelächter und von allen Sei=
ten rief es : "Hört ihr! Gestern noch waren wir nunde,Sklaven,Bauern =
vieh-heute sind wir schon Herren!" - "j^uhe!" schrie der Dorfschmied .
"Ich sage euch,alles kriegt seinen Lohn auf der Welt.Der L0hn des Volkes sind Steuern,Frondienste,Hungerleiden,Jammer und Elend.
57/58-1
Wofür bekommt das Volk solchen Herrenlohn'.?-Für seine Tr.;Uo,fur Gehorsam*
Mühen u.Plagen,Von wea bekommt das Volk seinen L0hn?-Vom allerchristl.Kö=
nig u.von dsn gnädigen Grundherrn. Ist ss nicb so meine Fr eun.de? "„Ganz
richtig:"scnrien die Urnstehenden,Der Schmied rückte an seiner Lederschür=
ze;seine Augen brannten auf una Feudalen,wie er uns immer nannte,und fuhr
weiter: "Auch die Ignad.Herren /aussen ihren Lohn bekommen.Welchen Lohn?-Hab
und Gut,Mark und, Blut der Untertanen,dazu einträglicrte Ämter bei denen
nichts zu tun ist als Loiadors und Ehren e-inzustr eiche „..weil das alles
nicht anstrengend ist brauchn die Feudalen auch Zeitvertreib,sie wollen
ihren Spaß haben.Ihr Spaß aber ist den Pöbel au quälen u.zu schinden.
"Ah die Laternen mit den Schindern!"riefen die aufgehetzten Bauern.Duval
nieste und rief weiter: "«.lies zu seiner ZeitSHÖrt meine -Red'über die un=
nützen Esser zu Endelich sage j_uch,in ganz Frankreich muß eine neue Ordnung geschaffen werden-ein Haushalt,in dem jeder verhungern soll,der
nicht arbeitet.Tod dem Mußigangi"
"Tod der Tyrannei iFreih^it ;Gieichhüit i Bruder lichiteit ;Tod unseren Henfc~rnl
An die .Laternen mit den Privilegierten und' AristoKraten "schrien die Bau=
ern durcheinander.Ein wüster,gefährlicher Lärm umgab uns.Geballte Fäuste
reckten sich gegen una,Stöcke wurden geschwungen,Verwünschungen und Droh=
ung.ön ausgestoßen. Zitternd und hilflos standen wir vor der rebellierenden
Menge und erwarteten alle Augenblicke gehängt zu werden.Ein schrilles
Glockenzeichen aus dem Garten rettete unser Leben.Der Revolutionär aus Pa=
ris war auf das rot verhängte Podium gesprungen um seine Hetzrede zu beginnen.Mährend die Bauern dorthin eilten,machten wir uns aus dem Staube,
eilten zum Schloß,packten die notwendigsten Habseligkeiten zusammen und
flohen.Wir haben unser Leben retten Können;aber wir haben uns am Zorn ds.
Volkes mitschuldig gemacht..
2.Bild: Pierre berichtet aus Paris.
Ich war Diener meines Herrn in der Vendee.In Frühjahr ^793 kam ein Zivilkommissar aua Paris vor unser Schloß und überbrachte meinem Baron eine
sehriftl.Einladung zu Robespierre nach Paris.Trotz aller (Tarnungen nahm
mein Herr die- Einladung an und begab sich in die Behausung des gefürch=
teten Tigers.Wir wurden freundlich empfangen und konnten mit Erlaubnis
des gefährlichen Diktators und im Schutze des biurünstigen Dieners Jakob
ganz Paris besichtigen.
Air hatten vor den Revolutionsplatz,wo Scharfrichter auf der Guillotine
ihr schauerliches Handwerk vollbrachten,zu besichtigen.Auf dem Wege dcrt=
hin kamen wir in Lebensgefahr. Aas einem stattlichen Gebäude trug der PÖ=
bei Geräte , Gemälde und Luxusgegenstände aller ü.rt auf die Straße, Off anbar wurde ein ^ristokratenhaus geplündert.Die Sanskülotten plünderten die
Besitzenden und vollzogen das Recht der Teilung(Gleichheit I).Ein Gesetz
der Nationalversammlung hatte nicht allein die Köpfe der Reichen,sondern
auch deren Vermögen dem Pöbel preisgegeben.Nur herrschende Proletarier
waren unverdächtige Patrioten,alle Reichen und Fremden dagegen waren
höchstverdächtige Feinde des Vaterlandes.
i/Jir sahen der Plünderung zu,hörten Spottreden über die Feudalen u.Aristo=
kraten;wir hörten die Schlagwörter über Freiheit und Gleichheit und ver=
mochten es den anderen nicht gleich zu tun mit Spottreden und Beifallklat=
sehen,Dadurch sind wir einem Bürger verdächtig aufgefallen.Er machte sich
an uns heran und sprach:"Bürger,freust du dich nicht an unserem Tun?"lch
erwiderte,daß ich aus der Fremde käme und mir die Pariser Kevolutions =
brauche noch unbekannt seien."Kerl,du bist ein Lebensmüder,weil du selber
sagst,daß du ein Fremde bist.Alle Fremden müssen nießen(-sterben) .Kerl,-"
du bist verhaftet und der Gefangene des Bürgers Piron aus Paris.Komm Mit!"
"Langsam Bürger Piton!"sagte ich,"noch bin ich Gast des regierenden Bür =
gers Robespierre,der kennt mich besser als du.Deshalb rat ich dir selbst
zu nießen,wenn du ein Freund der Guillotine bist."- Piton wich zurück u.
rief:"Willst du mich übertölpeln" als ich ihm sagte er solle mit zu mei=
nera Gastgeber gehen.schrie er um Vergebung:"Bürger ich war ein Tölpel!
Ich war ein TÖlpsö,aber nur aus Vaterlandsliebe!"
57/58-2 '
Bald kamen wir zum Platz der Revolution. Alle umliegenden Häuser
waren mit dreifarbigen Fahnen beflaggt. Mit Riesenbuchstaben war
auf die Häuser geschrieben: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit I"
Alle Fenster standen offen, dicht mit Schaulustigen besetzt. Überall
tauchten knallrote Jakobinermützen in der Menge auf. Die schmutzige
Kleidung der Sanskülotten, das struppige, ungekämmte Haar, die dreckigen Gesichter, die wüsten, mordgierigen Züge verliehen der Menschenrasse ein schauerliches Gepräge.
In der Mitte des Platzes erhob sich ein Gerüst aus Balken und rohen
Brettern, das Schafott. Eine Treppe führte empor. Vor dem Fallbeil
warteten Oberscharfrichter Samson und seine Knechte, alle in blutroter Kleidung. Sie köpften Tag für Tag Frauen, Mädchen, Greise,
Kinder, alle mit gleicher Erbarumungslosigkeit. Nur einmal weinte
Samson bei seiner Henkersarbeit, als er zwölf Mädchen aus Verdun
köpfen mußte, weil sie mit einem preußischen Offizier getanzt hatten.
Weil er ein Fremder, ein Gegenrevolutionär und angeblicher Aristokrat
F'^sen sei, wurde am 27. Nov. 1793 der aus Memmingen stammende Kaufmann und Leinwandhändler Michael Schütz in Lyon enthauptet. Der Konvent warf ihm vor, er habe als Sekretär der Sektion Rousseau republikfkindliche Schriftstücke unterschrieben und
auch durch sein
Verhalten als Feind der Republik und als ein Aristokrat sich entlarvte (Aus dem Tagebuch des Memminger Strumpfwirkers Joh. Wintergerst 1817)« So schnell waren die Revolutionäre in allen franz.
Städten und überall zeigte sich dasselbe Bild: Um das Schafott ragten. hohe Masten mit den republikanischen Bonnern. An jedem Mäste
die bekannten Aufschriften über Gleichheit und Brüderlichkeit.
Lar^pnd bedeckten die Städte den Platz, als wäre das Guillotinieren
ein lustiges Schauspiel. Dieses Volk ohne Gott und ohne Moral beklatschte die grausamsten Mordszenen, wie einst die heidnischen Rö".e.r in der Arena. Neben mir hörte ich sprechen: "Bürger, heute werdvA.'. 166 Köpfe rollen, morgen werden es 170 sein." (Im Jahre 1793
wurden von März bis Juni allein in Paris 94577 unschuldige Menschen
enthauptet).
Als unter furchtbarem Getöse, Lärmen und Jubeln fünf Henkerkarren
mit Gefangenen herangefahren wurden, verließ ich mit meinem llerrn
Platz der Revolution. Zuhause sagte mein Baron: "Die Revolution
frißt ihre eigenen Kinder, Schuldige und Unschuldige, Kinder, Greise,
Priester, Nonnen und Aristokraten. Wir haben nur einen Tropfen des
Blutmeeres gesehen. Es mordet und würgt durch ganz Frankreich, in
jeder Stadt, in jedem Dorfe und Weiler. Die Tranen füllen einen
ganzen Ozean. Das alles ist die Ernte einer bösen Saat".
Die Aussaat des Unglaubens und der Gottlosigkeit. Meinst du Pierre,
die Franzosen seien über Nacht zu Mördern, Henkern und Bestien geworden? Das erste Samenkorn fiel vom Throne, es wuchs zum Unkraut
heran und vergiftete alle Schichten des Volkes. Es wurde zur Lüge,
zu Gotteshaß, Tyrannei, Schwelgerei und Lasterhaftigkeit des Adels
and dann des ganzen Volkes. Mein lieber Pierre, das Fallbeil ist
nichts anderes als der Ganthammer unserer bankrotten Zeit. Frankreich hat bankrott gemacht in seiner Religion, in seiner Moral, im
Leben der Gemeinschaft, in der Kunst, Wissenschaft und Politik.
Bankrotte Nationen kommen unter den Hammer der Züchtigung Gottes.
!iBie haben den Sonntag und Gott abgeschafft, sie haben Kirchen zu
Pferdeställen gemacht. Auch die Kirche zu Dijon, in der unser Ottobeurer Orgelbaumeister Karl Riepp bestattet wurde, ist zur Scheune
der Gottlosen gemacht worden. Mit uns Emigranten hat es der Herrgott
-f^h gut gemeint. Er hat uns das Vaterland genommen, uns aber das
Aeben gerettet und uns zu guten, hilfsbereiten, mitleidigen Menschen
geführt.
58-3
5. Bild:
Militärdiktatur unter Konsul Napoleon
Im ehemaligen Friorat des barocken Eldernklosters sind die französischen Geistlichen untergebracht. Auch der Pfarrer von Cllarzried..
ein frz. Emigrant, der die neuerrichtete Pfarrei zu versorgen hatte,
kam zeitweise zu seinen Brüdern nach Eidern. Er zieht einen Brief
aus Paris aus seiner Sutane. Ein bekannter Baron una Freund Napoleons berichtet ihm die Verhältnisse in der Hauptstadt 1797:
'Wie sich alles verändert hat in der großen, gefürchteten Stadt!
Das Gesindel ist zwar noch da, aber zahm. Die Sanslm lctten gehen
umher wie bissige Hunde mit Maulkörben« Die Freihei.sbäume und
Fahnen sind fort* Die großen Worte von Freiheit, Gl ichbeit und
Brüderlichkeit an den Häusern sind überstrichen ode vorn Wetter abgewaschen. Dennoch scheint nur äußerlich Ordnung zu sein, innerlich
ist noch Verfall; Frankreich ist noch krank.
Ich nahte mich kürzlich einer Menschengruppe, die : eseni vor einem
Plakate stand. Es hieß: Franzosen! Die Konsuln, we che aus der Wahlurne hervorgingen, sind fest entschlossen die Repujlik zu retten
und wieder Ordnung zu schaffen. Es ist Zeit, daß man die Freireit
der Bürger und die Rechte des Volkes sicherstellt. Die Monarchie
wird ihr Haupt nicht mehr erheben. Die grausigen Sparen der Devolution sollen ausgelöscht werden. Eine neue Zeit beginnt, in welcher
Republik und Freiheit keine leeren Namen mehr sein werden.
Während ich mitlas, hörte ich hinter mir ein spöttisches Gelächter»
"Napoleon Bonaparte, erster Konsul - er ist ein Cäsar, er ist ein
Tyrann und Diktator!" Als ich mich nach dem Sprecher umsah, redete
mich der gutgekleidete Mann an: "Diese Bekanntmachung ist Napoleoas
jüngste Lüge. Freiheit sagt er, aber er denkt an Knechtung des Volkes, an Tyrannei - er hat den Teufel im Herzen! Er schmiedet an einer Militärdiktatur.Hören Sie Fremder, wie er es anpackt: Am 'lü.N'ov,
trat Bonaparte, umgeben von seinem Generalstab, in den Sitzungssaal
des Senats. "Hinaus mit Dir!" riefen die Senatoren, "hinaus Gäsa:?!
Hinaus Cromwell!" Da schlug Napoleon an den Degen und rief: ''Dagogen muß ich protestieren! Ihr denkt an Frankreichs Rettung und imn
werde Euch zu unterstützen wissen. Ich werde an meine Soldaten
appellieren. Bedenkt daß mich der Gott des Glückes und der Gott
des Krieges geleiten". Und nun geht er vom Senat weg in den Fat
der Fünfhundert. Groß ist die Aufregung. Man ruft ihm zu. "Nieder
mit dem Diktator! Tod dem Tyrannen!" Mail umringt ihn und nennt
ihn einen Schurken. Napoleon erbleicht, seine Grenadiere eilen
herbei und tragen ihn weg. Eine Stunde später stürmen 2 Kolonren
Soldaten den Saal und werfen mit den Bajonett alle Fünfhundert
hinaus. Heute gibt es keinen Senat mehr, keinen Rat der FU.iiih.unM--- \ ,
sondern nur Konsuln und Staatsräte, lauter willenlose Knechte Napoleons. - So hat nun Napoleon, berichtet der Schreiber weiter, die
Revolution wohl beendet, aber eine andere nationale Diktatur aufgerichtet. Er ist mächtiger als alle anderen vor ihm, denn er hat
das Militär auf seiner Seite. Wo sie ihn treffen rufen die begeisterten Soldaten: "Vivat Napoleon Bonaparte!" Er will Frankreich
zu neuer Größe und Macht Europas heranführen. Er wird zu einer
Gefahr für ganz Europa werden. (Nach Bonl = nie..., B-nkrct„;
58-4
Auswertung:
au.
Bild 1: Volksversammlung in Nod.
Nach Ausbruch der Revolution 1789 in Paris eilen Beauftragte
von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, um die Revol. zu sichern,
auszubreiten und auch die Bauern zur Rebellion zu veranlassen.
Dorfschmied Duval ist ein Revolutionär, er kennt alle Schlagworte seiner Zeit und sagt seinem Herrn die Ursachen des Volkszornes und der Erhebung ins Gesicht. Er zeigt auf, was die Untertanen ihren Herrn gegeben und was ihr Dank für ihre Treue und
Arbeit war. - Begriffe klären: Pöbel, Feudale,' Privilegierte,
Fron, Tyrannei, Aristokraten, Rebellen, Rebellion, Revolution u.a.
Anschauliche Darstellung des Verhältnisses Grundherr-Leibeigener,
das in Deutschland ähnlich wie in Frankreich war, etwa so:
Schloß des GrundherrnFeudalherrn, Privilegierten od.des Aristokraten
Aus den Dörfern
holt sich der
•f'fv-/m
Kraft u.Arbeit
seiner Herrschaft
Grundherr.
■■■■
\
\
X
Korn-u.Blutzehnt
Todfall
■ ■ ■ « ' > » 1 Tl 1
Fröndierfste
Knechte
Mägde
Steuern,Abgaben
Lehengelder
Taxen
Der König verlieh sei=
nem Adel besondere
Privilegien
Fronrecht
Marktrech
t
Justizrecht
W7
Zollrecht
58-5
Die Einnahmen aus diesen Privilegien fließen teils in die Kasse des
Königs, teils in die der Bevorzugten. Die Gelder werden vor den Augen
der Untertanen verwendet zu luxuriösen Bauten, zu verschwenderischen
Festen und einer Hofhaltung, die dem sparsamen, hungernden Volke mißfällt. Das Beispiel des hohen und niederen Adels ist die böse Aussaat,
der Same der furchtbaren Revolution. Herauszuarbeiten sind die Ursachen
der Revol. - die Ausbreitung rev. Ideen über Frankreichs Grenzen hinaus.
Bild 2: Begriffe Zivilkommissar, Robespierre ein gefürchteter Tiger. Diktator, Jakobiner, Sanskülotten (trugen im Gegensatz zum
Adel lange Hosen), Revolutionsplatz, Guillotine, Luxus, Nationalversammlung, Proletarier, Patrioten, Republik und Monarchie, Konvent,..
Was bedeutet der revol. Schlager:
----- "—
frei von Leibeigenschaft,
von Bedrückung,
von
Frondiensten,
Freiheit der Rede,
Freiheit der Presse,
Freiheit der Relig.
Freie Berufswahl
Freizügigkeit
Gleichheit
vor dem Richter
vor dem Finanzamt
gleiche Rechte,
Gesetze,
gleiche
Lasten
gleicher Besitz
Jagd- und Fischrecht
Brüderlichkeit?"
Besseres Verhältnis Herr-Untertan! Kein Kastengeist
u.
Standesunterschied, keine
Privilegien. Jeder ist Bürgerdeswegen einheitliche Bluse,Mütze, Hosen.
Vergleiche die Forderungen mit den All^üuern 12 Bauernartikeln aus
dem Jahr 1525!
Vergleiche die Schlagworte mit der Tat! Auf welche Weise wurde versucht die Gleichheit herzustellen? Wie unbrüderlich waren die Männer
der Revol. unter sich, mit ihren Herren, mit den Geistlichen und
Nonnen, mit der Königsfamilie? - Was nützten den Franzosen die
Freiheitsbäume (Schulmannbild l), wenn jeder unfrei war und einer
den Verrat des anderen fürchten mußte. Warum fraß die Revolution
ihre eigenen Kinder? 'Aas bedeutet: Frankreich hat bankrott gemacht?
Was sagt Schiller in der Glocke von franz. Devolution (Lesebuch
S. 322)? - Zusammenfassen der wichtigsten Erkenntnisse!
Bild 3'
Militärdiktatur Napoleons:
Wer ist Naprifeon Bonapart, der Korse? Auf welche Weise kam er an die
Macht? Mit Hilfe des Militärs, das ihm sehr ergeben ist, schuf er
zunächst Ordnung in Frankreich; die Schreckensmänner Maron, Danten,
Robespierre, Chaumett (Bürgermeister und Gotteslästerer von Paris)
haben das Schofott bestiegen; Napoleon machte sich selbst zum ersten Konsul. Er glaubt der Glücksgott stehe ihm bei - mit seiner
Hilfe vertreibt er Senatoren und den Rat der Fünfhundert - schafft
damit die Demokratie ab und errichtet die Diktatur, zunächst in
Frankreich, dann über ganz Europa. Bald wird er seine begeisterten
Soldaten über die Grenzen Frankreichs führen. Ihm aber eilen voraus
die revol. Ideen; herübergetragen von Emigranten, Zeitungen, Briefen und Kaufleuten (Gottlosigkeit, Trennung von Kj_rche und Staat,
Kirchenverfolgung, Naturalismus, Sozialismus und Kommunismus).
Sie breiten sich über ganz Europa aus und führen zu neuen Aufständen:
1809 in Tirol- 1810 - 1825 Abfall der Spanischen Kolonien in
Südamerika; 1821 - '1829 Befreiungskriege in Griechenland; 1830
Aufstand in Belgien; 1830/31 Aufstand in Polen; 1848 Aufstände in
Ungarn, in Preußen, Bayern, Württemberg, Baden, Pfalz und besonders
im Allgäu; 1905 und 191? Revolution in Rußland, die sich nun gegen
den Westen wendet.
Gegenwartsbezug: Aufstände in den unfreien Ostgebieten u. Afrika.
Lesestoff: für Schüler im Lesebuch. - Für den Lehrer: Zierer,Bild
der Jahrhunderte " .... ; Conrad Bonlanden, Bankrott.
^8-6
Thema 59
Prinz von Condee will Frankreich befreien*
Nach dem Königsmord beginnt in Frankreich die große Emigration* Die
deutschen Rheinstädte stecken voller Flüchtlinge. Adel, Bischöfe
und Geistliche suchen Schutz und Hilfe bei Klöstern, beim deutschen
Adel und bei Bürgern* Im Markt Ottobeuren wurden zwei Emigrantenquartiere und ein Durchgangslager errichtet. Daneben waren zahlreiche Geistliche im Küster und in Eidern untergebracht. Anno 1796
waren es 68, darunter auch franz. Bischöfe. Jeder durchziehende Emigrant erhielt einen Federtaler, ein Adeliger 8-11 Gulden, ein Geistlicher 13 Karolinen. Insgesamt gab Ottobeuren den frz. Flüchtlingen vom Jahre 1793 ab bei 20 000 Gulden, außerdem Verpflegung, Kleidung und Wohnung»
In das Deutsche Reich emigrierte auch Prinz von Condee, verwandt
zu den Burbonen. 1789 kam dieser hochadelige und angesehene Aristokrat nach Brüssel und Turin und bildete 1792 in Koblenz eine Emigrantenarmee mit dem Ziele in Frankreich die Revolutionäre zu vertreiben und die Monarchie wieder aufzurichten. Waffen, Sold und
Verpflegung gaben das Reich und der deutsche Adel. Den Franzosen
bleibt diese Revanchearmee nicht verborgen. Die Republikaner, auch
Patrioten genannt, versuchen einem Angriff der Condeer zuvorzukommen.
Die politischen Ereignisse sind:
folgende,
1795 schließt Preußen den Seperatfrieden mit Frankreich, welches
sofort Italien angreift, Mailand besetzt und den Österreichern
die Lombardei wegnimmt. Der Kaiser schickt seine Reichstruppen vom
Rhein nach Süden; die Armee Condees folgt nach, damit sie nicht
isoliert steht. Diese Bewegung paßt in die Planungen frz. Militärs.
Unter General Moreau überqueren die Franzosen am 23. und 24. Juli
bei Straßburg den Rhein, nehmen Karlsruhe, Philippsburg und Mannheim. Eine andere Heeresgruppe erstürmt den Kniebis-Paß und öffnet
den Weg nach Schwaben'. Die Condeer fliehen vom Rhein zur I^ler,
nach Memmingen-Mindelheim-Oberkarnmlach. Wilde Gerüchte gehen dieser
Emigrantenarmee voraus. Memmingen verschließt die Tore, bewaffnet
die Bürger. In Ottobeuren gräbt man die silbernen Löffel (Schmuckund Wertsachen) weg und hält Betstunden ab um die Bevölkerung zu
beruhigen - bisher war alles blinder Alarm!
Bald aber kommen scharenweise Flüchtlinge und Ausgewiesene nach
Schwaben. "Adelige, Geistliche, Offiziere, Beamte, Kaufleute und
Künstler ziehen in prachtvollen Wagen durch Schwaben und Bayern.n
Dichtauf folgen die Condeer. Am 9« August kommen 500 von Biberach
nach Mindelheim, einige Stunden später die Condee-Armee mit 12 000
Mann. In Mindelheim und Kammlach bezog die Emigrantenarmee feste
Position. Am 10. August ritten 6 Condeer mit blanken Schwertern
in Ottobeuren ein. Weil einer frech wurde, rissen ihn die empörten
Bürger vom Pferde. Sie verlangten Wein, Bier, Fleisch und Brot.
Man hat es ihnen gegeben.
Die Condeer hatten keinen guten Ruf. Wohin sie kamen mißhandelten
und bedrohten sie die Leute, raubten^ plünderten was sie brauchten.
In Erkheim schnitten sie dem Mindelheimer Postillion den österreichischen Doppeladler aus dem Rocke und sagten: "Jetzt gibt es kein
Reich mehr!" Die Condeer hatten gar bald vergessen was die Deutschen
an ihnen selbst und an ihren Landsleuten Gutes getan hatten.
Wo die Condeer auftauchten, erschienen auch bald die frz. Patrioten
(Republikaner). Am 11. Aug. kamen bei 24 000 Mann durch Dankelsried
um die Condeer im Kammlacher Feld zu umstellen. Die ganze Umgebung,
besonders die Dörfer an der alten Heeresstraße Memmingen-Mindelheim
hatten sehr unter den Truppendurchzügen beider Armeen zu leiden.
Am 13. August 1796 begann die Schlacht bei Kammlach-Mindelheim-Erkheim. Die im Bereich des Aufmarsches liegenden Dörfer litten erbärmlich. "Die Kirchen wurden geplündert, Tabernakel und Opferstöcke
erbrochen, Kelche geraubt, "Wohnhäuser beschädigt, durchlöchert, ent59-1
fenstert und auf den Feldern lagen viele hundert Leichen. Mindelheim hatte die ganze Last der Verpflegung zu tragen. Sieben Tage
lang gab es kein Brot mehr... "Die Condeer verloren die Schlacht,
hausten auf ihrem Rückzug übel. Abzug der Armee nach Augsburg am
20. August. Folgt hitziges Gefecht der Republikaner mit dem Reichsheer - beiderseits schwere Verluste.' Ausweitung der Kämpfe bis München. In den Treffen bei Neumarkt, Trinning und Kastei werden die
Franzosen geschlagen. In Eilmärschen treten sie den Rückzug durch
Schwaben an den Rhein an.
Von den Vorgängen im Jahre 1796 liegen in fast allen Pfarrämtern
Berichte vor (gesammelt in Sontheimer, Geschichte der Geistlichkeit
des Kapitels Ottobeuren, Band I-V). Der Pfarrer von Westerheim
schrieb:
... Am 9« Aug. 1796 morgens 4 Uhr ka,.a vor Jen Pfarrhof ein junger
Condee-Offizier, der sich als Major ausgab. Beim Eintritt in mein
Zimmer sagte er herrisch: "Hier wird mein General logieren!" Ich
erwiderte unerschrocken: "Hier wird kein General logieren!" und
zeigte ihm mein Gastzimmer, in dem bereits ein General war. Ich
lud die Offiziere zum Frühstück und Mittagessen ein; sie waren zufrieden. - Nachmittags 3 Uhr hörte man allgemeines Sturmläuten aus
den Nachbarorten. Auch unser Mesner stürmte, was ich ihm sogleich
verbot. Trotzdem umgaben sofort mehrere Husaren das Dorf. Mein Pfarrhof wurde geplündert. Zwei Mann drohten mir mit Stockstreichen,
wenn ich mein Pult nich öffne. Sie nahmen alles Geld heraus. Zum
Abschied verlangten sie noch Wein, Bier und Brot. Kurz darnach arretierten mich 2 Offiziere und führten mich nach St. Barbara hinaus.
Ich wurde mit Spottreden empfangen, wegen des Läutens gefragt und
schließlich entlassen* Inzwischen wurde der Pfarrhof abermals geplündert. 20 Offiziere verlangten von mir Speise und Trank. Sie
verzehrten den letzten Vorrat. Unter den Offizieren trug einer das
Ludwigskreuz. Er wollte mir beide Pferde und die Chaise abnehmen;
aber ich hatte sie zuvor entfernt. Arn zweiten und dritten Tage raubten sie mir 2 Ochsen, 60 Viertel Haber, Heu und Stroh. Die Unholde
verübten alle erdenklichen Bosheiten, verbreiteten Angst und Schrekken, wenn man nur den Namen Condeer hörte. Den Mesner vom hl. Kreuz
schleppten sie fort und behielten ihn bis zum 24. Aug. im Arrest*
Auswertung:Deutschland nimmt die Emigranten Frankreichs auf, verpflegt und schützt sie. - Die Condeer, selbst Flüchtlinge, führen
sich auf wie im Feindesland. Sie zeigen sich dem Gastland gegenüber
sehr undankbar. - Die Condeer erhielten Waffen, Geld, Kleidung, Verpflegung größtenteils von den Deutschen. Das Reich wird deswegen
in den Krieg mit Frankreich verwickelt, die franz. Armeen über den
Rhein gelockt. - Feindliche Truppendurchzüge verursachen Angst,
Schrecken, Leiden, Verlust an Hab und Gut. - Französische Truppen
(Republikaner) tragen revolutionäre Ideen, Lieder und Schlagworte in
das Reich herein (siehe Postillion!). - Im Gastland muß man sich
ordentlich aufführen - sich dessen Ordnungen beugen - Undankbare
Menschen machen sich unbeliebt...
Gegenwartsbezug: Asylrecht für Flüchtlinge und Verfolgte aus den
Ostländern, aus Algerien (Frankreich), aus dem Kongo, aus Indien..
ist Christenpflicht! Welche Organisationen helfen? Tätigkeit d.
Roten Kreuzes!
Quellen: Heimatbrief 15, von Schnieringer. - Sontheimer, s.oben!
Lesestoff: für Schüler: Memminger Heimatbuch S. 51,108.
59-2
Thema 61
Bayern unter König Max Josef I.
1 . Altba,yern--Neubayern:
Bei uns nennt man den Ostwind "Bayernwind".
Er weht über die altbayerische Lechgrenze
nach Schwaben, das erst seit 18O2 zu Bayern kam%. Zuvor waren der
Biscnof von Augsburg, die Fürstabtei Keapten, da^ Reichgotteshaus
Ottobeuren, die Klöster Buxheim, Roth u.a., die freien Reichsstädte,
reiche Patrizier und Fürsten (Fugger in Boos, Babenhaöse-ii., Rettenbach - die Herrn von N-uburg, Ottingen, Wallerstein..) die Grundherrn des Gebietes zwischen Hier und Lech, den Alpen und dem
Hesseiberg. Über dem Lech lag Altbayern mit Ober- und Niederbayern;
dazu gehörte ferner die Rheinpfalz.
2. Wie Schwaben bayerisch wurde: 1799 starb der bayer. Kurfürt Karl
Theodor.'Nachfolger wird der Wittelsbacher Kurfürst Max Josef IV. Kurz nach seinem Regierungsantritt
kämpft er mit den Österreichern gegen die Franzosen und verliert
nach dem Luneviller Friedensschluß 18O1 alle seine linksrheinischen
Besitzungen. Zu seiner größten Überraschung fielen nun die Osterreicher brandschatzend in Altbayern ein und besetzten München. Max
Josef floh nach Ansbach und Bayreuth» Sein franzosenfreundlicher
Minister, Freiherr von Montgelas, war in solcher Zwangslage bestrebt Bayern unter den Schutz Frankreichs zu stellen. 18O1 konnte
er mit Napoleon ein Schutzbündnis abschließen. Bayern wurde für
die verlorenen linksrheinischen Gebiete entschädigt und erhielt
die Bistümer Würzburg, Bamberg Augsburg, Freising, Teile des Hochstiftes Augsburg, die übteien Kempten, Ottobeuren, die Reichsstädte
Schweinfurt, Memmingen, Kaufbeuren, Nördlingen, Rothenburg und
Windsheim. - Napoleon war mit seinen Gönnern großzügig. Er zog willkürlich Grenzen im deutschen Reichsgebiet, verschenkte von seinen
Eroberungen nach Lauae und politischen Absichten. In späteren Jahren
kamen weitere Schenkungen wie Tirol, Vorarlberg, Trient, Brixen,
Eichstätt, Ansbach und Salzburg hinzu. So wurde während der napol.
Diktatur im Laufe weniger Jahre aus dem kleinen Altbayern das große
Neubayern, zu dem auch unser Schwabenländle gehört.
3»"Vivat Napoleon Bonaparte I" lesen wir hundertmal im ehemaligen
Pferdestall des Pappenneimschen Amtshauses zu Herbishofen (Pfarrhaus)t
Begeisterte französische Dragoner, die seit 18O1 bis 1814 unser Gebiet durchzogen, sich einquartieren und verpflegen ließen, waren
die Schreiber. Im September l8o2 lagen österreichische Truppen in
der Stadt Memmingen. General Mack befahl den Ausbau der Befestigungsanlagen. Vom aillgäu bis zur Donau wurden bei 4000 Erdarbeiter,
Zimmerleute, Handwerker und Schanzarbeiter zusammengetrommelt. Die
Herrschaft Grönenbach lieferte 200, Ottobeuren 400, Buxheim 600
Stämme zu Palisaden, Sturmpfählen und Spanischen Reitern. Die notwendige Verpflegung Konnte kaum aufgebracht werden. Noch während
der Befestigungsarbeiten erschienen am 13« Okt. 18O2 die Franzosen
mit 12000 Mann, beschossen und eroberten die Stadt und befahlen
die Schleifung aller Befestigungsanlagen, die allerdings wegen Bestechung nur teilweise durchgeführt wurde. - Von jetzt an seufzten
die Schwaben unter den drückenden Quartier- und Verpflegungskosten,
unter den Übergriffen der Soldaten, wie auch unter der Rückführung
gefangener Österreicher (nach Austerlitz!). 18 Bauern in Buxach und
Hart hatten in 19 Tagen 4289 Mann zu verpflegen! In vier Tagen wurden 10 000 gefangene Österreicher durch Memmingen geführt (6,-IO.Sept.)
4. Die Säkularisation:
Das Ottobeurer Knabenschulhaus am Marktplatz
war einst die Pfarrkirche St. Pater; das
barocke Eldernkloster ist bis auf den letzten Stein abgebrochen,
Kloster und Amtsgebäude sind Eigentum des Staates; in ün^erhausen.
61-1
steht die St. Johanneskirche mitten im Feld ohne Turm; in Woringen
fehlt die Martinskirche, auf dem Falken das geräumige, vieltürrnige
Schloß; in fast allen Orten fehlen die wappengeschmückten Zehntscheunen. Das Ottobeurer Haus in Memmingen wurde Gefängnis, die Klöster
der Stadt sind anderen Zwecken zugeführt worden. Was ist passiert?
Bayerns Kurfürst mußte von den reichen Schenkungen Napoleons 18O2
erst Besitz ergreifen. Er schickte seine blauuniformierten Soldaten
und Offiziere zu den bisherigen Landesherren und ließ ihre Besitzungen als enteignet erklären; die Klöster wurden im IN am es des Kurfürsten
aufgehoben, die Mönche entlassen, Zellen und Säle versiegelt, die
bisherigen weltlichen Beamten auf den Kurfürsten vereidigt und zur
Fortführung ihrer Dienste verpflichtet. Ihre erste Aufgabe war die
Anlage von Inventarverzeichnissen aller beweglichen und unbeweglichen Güter . "Weil der Kurfürst dringend Geld brauchte, c
sollte in den folgenden zwei Jahrzehnten alles versteigert
werden was der Staat nicht selbst benötigte. Insgesamt wurden allein
im Allgäu+säkularisiert, darunter die Fürstabtei Kempten, die «eichsabteien Irsee, Isny, Ottobeuren, St. Mang in Füßen, Kreuzherrn in
Memmingen, Kartause Buxheiiii, Kollegiatstift Grönenbach.
Reichen Erlös erzielten die mönigl. Bayerischen Aentbeamten Wikermann
und Durocher (Durosche') in Ottobeuren. Sie versteigerten u. a. aus
den Klosterhöfen Wolferts, Böglins, Boschach 64 Fferde, 41 Mastochsen, um 2889 Gulden Bauholz aus den herrschaftlichen Sägewerken,
um 1676 fl. Ziegelsteine aus den Ziegeleien in Ottobeuren; 150 FuderWein, Bier, Mehl und Vieh um 290 000 Gulden; Schmück und Wertsachen
aus Gold und Silber um 6000 f1. wurden in München eingeschmolzen;
das Eldernkloster wurde abgebrochen, die Steine verkauft; Bilder,
Altäre, Glocken, Kirchenstühle^ Beichtstühle, Meßgewänder, Statuen
und aus allen geschlossenen und abgebrochenen Kirchen und Kapellen
öffentlich an die Meistbietenden versteigert - wir finden die Gegenstände vielfach in den Kirchen unseres Landkreisesi An Keinem Ort
ist die Säkularisation vorübergegangen. Die Zehntscheunen hat der
Staat verkauft oder abbrechen lassen, die Herrschaftswaldungen sind
heute Staatswälder; die Zehntabgabe wurde umgewandelt in Bodenzins
(Grundsteuer); herrschaftl. 'Weiher verkauft an Gastwirte; die Lehenhöfe konnten von den damaligen Inhabern käuflich erworben werden. Die
Enteigung des kirchlichen-klösterlichen Eigentums ist das Werk des
AufKiärers Montgelas. Seine kirchenfeindliche Einstellung verriet
er auch durch Verbote von Feiertagen und kirchlichem Brauchtum. Merkwürdig erscheint uns heute, daß die damals noch hörige Bevölkerung
alle Kirchenfeindlichen Maßnahmen ruhig hingenommen hat.
5« Bayern wird Mitglied des Rheinbundes 180616 Süddeutsche Staaten schließen sich dem Rheinbund an. Die Auflösung
des Römischen Reiches Deutscher Nation ist die Folge. Bayern und
Württemberg erhalten abermals Gebietszuwachs; denn nunmehr wurden
alle reichsunmittelbaren Fürstentümer und Ritterschaften der Landeshoheit unterstellt. Rettenbach (fu .gerisch), Eisenburg, Kronburg,
Buxheim (Bassenheim) werden bayerisch. - Als Mitglied des Rheinbundes verpflichten sich die Bundesfürsten, die alle bisherigen Rechte
behalten durften, Napoleon in allen seinen Kriegen beizustehen. Sie
haben 63000 Mann zu stellen, jeder gefallene oder verwundete Soldat
ist zu ersetzen, Bayern hat 20 000 Mann zu stellen. Die Gedenktafeln
in unseren Pfarrkirchen, auf Befehl König Ludwig 1. angebracht, erzählen von den Opfern unserer Heimat, die "für König und Vaterland"
in den Jahren 1806, 18U9, 1812 und 1813 für den Diktator Europas,
Napoleon Bonaparte, gebracht werden mußten.
+)23 Stifte und sonstige Ordensniederlassungen..
61-2
o.Bayern wird Königreich 1806
In der Silvesternacht 18O5/O6 traf Napoleon in München ein.Am Neujahrsmorgen marschierte der Landesherold mit der Bürgerwehr durch die Stadt u.ver=
kündete unter Paukenschlag und Trommelwirbel,daß Kurfürst Maximilian IV.
nunmehr König (Max.I.)von Bayern sei.In ganz Bayern,in Stadt und Dorf wur=
de dieses Ereignis gefeiert.Bei Hofe war großes Konzert,dem auch Napoleon
beiwohnte.Die -Bevölkerung erwartete vom ersten bayer.König eine bessere Zeit.
7.Bayern unter Max Josef I.
"Bayern hatte Glück,diesen grundgütigen,freundlichen Mann zum Fürsten zu er=
halten in einer Zeit,wo es galt aus einem Lande mit verrotteten Zuständen
ein Staatswesen in neuem Geiste zu schaffen."Minister Montgelas bekam den
Auftrag die inneren Zustände des Landes neu zu ordnen.Zu den bedeutendsten
Maßnahmen der Regierung gehörten:
a)Die Käuflichkeit der Staatsämter wird abgeschafft.Die Regierung wird vier
Ministern übertragen(Äußeres,Inneres,Finanzen,Justiz).
b)Niederlassungsrecht für Nichtkathol:ken.Übernahme v.Unterr.u.Erziehung d.
den Staat.-Einführung allgem.Schulpflicht von 6-18 Jahren-Errichtung von
Lehrerbildungsanstalten in jedem Kreis(Lauingen 1825)-Einführung der Pok=
kenschutzimpfung als Pflicht.
c)Gleichheit aller Untertanen vor dem Gesetz(l8o8)-Aufhebung der bevorrech=
tichten Landstände-Aufhebung der Leibeigenschaft 1808.
d)Einführung d.allg.Wehrpf licht; Auf Stellung von Bürgerwehren(l8o7i,in Mem =
mingen 1 Battl.Infantrie und 1 Eskadron Kavallerie.
e)Das Staatsgebiet wird in 8 Kreise benannt nach Flüssen(l8l7)wie Oberdonau=
Jllerkreis;ab 1837 geschichtl.Namen wie Schwaben,Bayern,Franken...
fAbschaffung der Folter l8o8;neues Strafgesetz 1813.-Gleichberechtigung der
drei christl.Religionendcath.ev.ref.)-Beschränkung der Zunftrechte.
gEinheitliches Maß-und Münzsystem.-Förderung der Landwirtschaft,des Gewer=
bes u.der Industrie:Jährliche Industrieausstellung in München* Oktoberfest
i)Am 18.Mai 1818 gab der König seinem Volke eine Verfassung(Montgelas war
entlassen).Seit 1819 gibt es in den Dörfern Keinen Amtmann mehr;an seine
Stelle trat der gewählte Bürgermeister und Gemeinderat.Bayern gab den anderen deutschen Staaten ein gutes Beispiel.Freiherr von Stein sagte dazu:
"Die neue bayer.Verfassung ist eine wichtige Erscheinung...der ausgestreute Same wird aufgehen und reifen;die Nachkommen werden mit Achtung u.Dankbarkeit die Namen der Urheber nennen."
Erkenntnisse:
ö'eubayern ist ein Gnadengeschenk Napoleons, zusammengesetzt aus 83 Gebietstei=
len.Die Bindung an Frankreich kostete den Deutschen große ü-pfer.Die Säkularisation 18U2 war d^~ ''werk kirchenfeindlicher Kräfte.Die geistl .Fürsten konnten
sich den weltl.Fürsten mit Militärmacht nicht widersetzen.Die Enteignungen
waren ein Unrecht.1918 hörte man sagen: vtfie gewonnen,so zerronnen!Auch in un=
serer Zeit werden Enteignungen durchgeführt-ceispieleIGeschädigte verhalten
sich staatsfeindlich oder fliehen!-Die Agl.Maßnahmen dienten dem Wohl des Volkes und verbesserten z.Teil die Lebensbedingungen,förderten Gesundheit,Bildg.
Kunst,Gewerbe,Handwerk,beseitigten den Kastengeist u.Privilegien...
Quellen:
Stieglitz,Aus Heimat und Welt.1928 Verlag Schnell.München
Rottenkolber,Geschichte des Allgäus.Verlag Kösel-Pustet München.
Zoepfl,Das Bayerische Schwaben,überblick: über seine Geschichte.-Verl.Kempten
Miedel,Führer durch Memmingen uE Umgebung.-Schnieringer,Geschichte des Marktes Ottenbcuren,I.Teil.-Selbstverlag.
61-3
Thema 65
Der Deutsche Gewerbeverein fordert die Aufhebung der
Inlandszölle
Metterhich befürchtet Unruhen in Deutschland. Es kommt 1819 zu den
Karlsbader Beschlüssen: Strenge Zensur der Presse, Beaufsichtigung
der Universitäten^ Auflösung der Burschenschaften, Verbot des Turnens. - Eine gefährliche Zeit für aufrichtige, freiheitsliebende
Männer. Aus dieser Zeit stammt
der Kaufbeurer Beschwerdebrief an den Landtag in München
1819
''...,. Seit Jahren müssen wir Kaufleute die traurige Beobachtung machen, wie Engländer und Franzosen Unmengen von Waren auf den deutschen Märkten zu Schleuderpreisen absetzen, mit denen wir nicht
■konkurrieren können.
Obwohl die Allgäuer Leinenerzeugniss-e-'vor dem Kriege Weltruf und
Weltverbreitung genossen,, können wir unsere Erzeugnisse nicht verkaufen. Zudem sperrt das Ausland unseren Export durch überhöhte
Schutzzölle. Dadurch wird die Not der Handwerker und Gewerbetreibenden immer drückender.
Allein in Kaufbeuren hat sich die Einwohnerzahl in kurzer Zeit von
5ooo auf 4ooo gesenkt. Leere Werkstätten und Wohnungen werden zum
Spottpreis von 5° fl. (Gulden) angeboten, andere drohen einzustürzen.
Vergantungen verarmter Spinner, Weber und Fabrikarbeiter,, die den
Wohltätigkeitsanstalten zur Last fallen,, sind an der Tagesordnung.
Dies sind die traurigen Resultate der fremden Industrie und der
Zollinien. Wir unterzeichnete Mitglieder des Allgäuer Handels- und
Gewerbevereins fordern dringend die Beseitigung der Inlandszölle,
auf daß der Deutsche den Deutschen und nicht den Engländer und
Franzosen ernähre."
Gebrüder Heinzellmann und Elch, Kaufbeuren
Gebrüder Zoller von Memmingen-Pfeiffer von Kempten,
Schlegel von Isny, Frey von Immenstadt-sämtliche
Baumwoll- und Leinwandexporteure.
1.) Klärung der Begriffe und des Sachverhaltes
2.) Herausstellen der Teilprobleme-Tafelanschrift-Vertiefung-Erkenntnisse :
a) Was die deutschen Kaufleute beschwert (Warenmengen der Ausländer;
deren Schleuderpreise; die Konkurrenzunfähigkeit; die Schutzzölle
des Auslands; die zahlreichen Inlandszölle und die vorgeschriebenen Zollwege; die Not der Handwerker; die Landflucht; die allgemeine Verarmung der arbeitenden Bevölkerung...
Erkenntnisse: Nach der Festlandsparre räumt England die vollgestopften Lager und schickt sie ohne Ausfuhrzoll verbilligt auf
die deutschen Märkte.
b) Trotz hochwertiger Waren können die deutschen Kaufleute nicht
konkurrieren (Gründe: Lange Fahrwege, viel Aufenthalt an Zollstationen, hohe Zollabgaben für Waren, Straßenzoll» Brückenzoll,
Torzoll; an allen Grenzen Ein- und Ausfuhrzoll (Beispiele);hohe
Verpflegungskosten für Fuhrleute und Pferde, Reparaturen. Preiserhöhungen-Preisunterbietung ungmöglich).
Erkenntnisse: Zahlreiche Zollschranken, Zollabgaben und die weiten vorgeschriebenen Wege verteuren die Waren der Kaufleute,
c) Das Ausland sperrt durch hohe Schutzzölle die deutsche Einfuhr.
(Begriff Schutzzölle-schützt eigene Erzeugnisse vor Überangebot
fremder Waren (Beispiele) Unterscheide Einfuhrzoll, Ausfuhrzoll,
Finanzzoll (auf Luxuswaren), Schutzzoll, Welche bestehen noch.
Grenzübergang! Zollinien sind vorgeschriebene Fahrwege-wer Zollstationen ausweicht, macht sich strafbar.
Erkenntnisse: Ein- und Ausfuhr-Schutz- und Finanzzölle werden heute
noch beim Warenverkehr mit dem Ausland erhoben (Grenze u. Zollamt)
d) Die Not der Handwerker wird immer größer (looo Einwohner abgewandert-Landflucht-Auswanderung um .jene Zeit besonders groß Berufsumstellung! - Großkaufleute bringen die Waren zurück- sie
unterlassen die weiten Marktfahrten - Handwerk und Gewerbe kein
Warenabsatz - Steuerunfähigkeit - Verschuldung -'Vergantung Hunger - Not - Armenhaus - Wohltätigkeitsanstalt - Arbeitslosig*' keit - aber keine Unterstützung sondern rücksichtslose Steuereintreibung ....
Erkenntnisse: Die Regierung müßte den Handel unterstützen, die
Kaufleute konkurrenzfähig machen durch Zollabschaffung. Arbeit
und Handel bringt Wohlstand ins Land.
e) Warum die Exporteure den Allgäuer, dann den Deutschen Handelsverein gründen (Exporteure sind erfahrene,bereiste und bekannte
einflußreiche Leute - einer allein kann der Regierung gegenüber
nichts erreichen - eine Vereinigung macht mehr Eindruck - treibende Kraft in Frankfurt ist Elch aus Kaufbeuren - er gründet
mit bekannten Großhändlern den Allgäuer- dann den Deutschen Gewerbeverein - anfänglich ist List ihr Schriftführer - später
Vorstand - der dann von Regierung zu Regierung reist um die
wirtschaftl. Einigung durch Abschaffung der Zölle durchzusetzen er wird als gefährlicher Mann verdächtigt, überwacht, verhaftet
und ausgewiesen - Auswanderung nach Amerika! Obiger Verein ist
Vorläufer des Zollvereins.
Erkenntnisse: Der Deutsche Gewerbeverein will mit vereinten Kräften die störenden Inlandszölle beseitigen.
f) Welche Kräfte arbeiten dem Gewerbeverein entgegen? (Zollschranken
zu errichten sind ein Privileg der Grundherren; Zölle füllen ihre
Kassen, Gegner sind die Grundherren, die Zöllner, die Straßenwirte,
die Handwerker an Zollstationen.
Erkenntnisse: D^e Fürsten wollen von ihren Rechten nichts abgeben;
die Arbeitslosigkeit und Not der Untertanen rührt sie nicht,
s) Warum haben sich die Kaufleute nicht früher gerührt? O818 erst
bekam Bayern eine Verfassung und Mitbestimmungsrecht und einen
Ständelandtag, welcher 1819 erstmals zusammentrat. Von den Abgeordneten versprach man sich Hilfe und Einsicht. Der,Brief blieb
unbeantwortet. Schicksal von List!)
Erkenntnisse; Die Abgeordneten fanden nicht den Mut den Kaufbeurer Brief vorzulegen. Die Not wird größer!
f) Der Schlußsatz des Briefes klingt uns heute fremd (Damit die
Deutschen nicht .Engländer und Franzosen ernähren!)- Nationalstaaten, Nationalgefühl; heute vereint sich Europa, arbeitet zusammen,
hilft sich gegenseitig; Zollsenkungen, Zollbeseitigung; Gründung
der EWG. Kein Warenmangel mehr, keine Hungersnot - wir wollen
gute Europäer werden!
Frkenntnisse:/Gegenwartsbezug: Heute helfen die europ. Staaten zusammen. Die Inlandszölle sind längst aufgehoben; die Auslandszölle
werden noch ganz abgeschafft. Europa wird auch politisch einig
werden.
g) Zusammenfassung - Rückblick und Ausblick!
Thema 66-70
Die deutsche Revolution 1848/49
1. Überschau:
Im Mai 18l8 gab Bayerns König seinem Volke eine Verfassung, eine Volksvertretung mit 2 Kammern, Der König versprach Gleichheit vor dem Gesetz und in der Besteuerung, Freiheit und Sicherheit der Person und des Eigentums; Glaubens-, Redeund Pressefreiheit. Erste Landtagseröffüng am 4. Febr. 1819« Die
Die praktischen Ergebnisse blieben recht mager und erstreckten sich
nur auf Gesetze über das Gewerbewesen und Heimatrecht. Das Volk
blieb unzufrieden und verbittert; es setzte seine Hoffnung auf den
Thronfolger König Ludwig I. (13.10.1825).
Unter ihm wird München zur Stadt der Kunst. Riesige Summen werden
verbaut. Die Münchner schimpfen über König und Landtag. Geneigt
den vi/ünschen des Volkes mehr und mehr nachzugeben, ändert der König
nach 1831 seine Gesinnung. Er berief den liberalen Fürsten von
Ottingen-Wallerstein an die Spitze aeines Ministeriums. Die Vorgänge beim Hambacher Fest 1832, das Frankfurter Attentat und das
Drängen Metternichs, sich allen freisinnigen Regungen zu widersetzen, die Haltung seines Landtages, der sich gegen die teuren
Bauvorhaben stemmte und die Griechenlandanleihe nicht genehmigte,
hatte folgende Keaktionen des Königs zu Ursache*.
Gerichtsverfahren gegen angesehene Männer wegen Majestätsbeleidigung; Hochverratsprozesse-Offentliches Abbitten vor dem Bild des
Königs-Maßregelung, Versetzung oder Amtsenthebung verdienter Männerft'iedereinführung der Stockprügelstrafe, Aufhebung der Pressefreiheit, strengste Zensur, Beschattung verdächtiger Personen; Unterdrückung der Protestanten und Verbot des Gustav-Adolf-Vereins; Beschränkung der Abgeordnetenrechte; Im November 1847 werden Landtag
und Ministerium vom König in Ungnaden entlassen.
Februar 1848 Revolution in Frankreich. Der König flieht. Die Republik wird ausgerufen. Am 8. Febr. Studentenunruhen in München. Der
König setzt Militär ein und läßt die Universität schließen. Die
Bevölkerung ergreift die Partei der Studenten. Das Militär erfüllt
die Befehle lau und widerwillig. Ermutigt durch die Aufstände in
Frankreich regen sich die demokratischen Kräfte in allen deutschen
Ländern, ganz besonders aber in Süddeutschland und bei uns im Allgäu.
März 1848* 13. März Aufstand der Studenten in Wien. Metternich
flüchtet mit falschen Pässen nach England. - Am 18. März Revolution
in Berlin; Kampf zwischen Truppen und Volk; 200 Barrikaden! Nach
dem Sieg des Volkes erscheint das "Extrablatt der Freude? berichtet
über die Vorgänge und die Versprechen des Königs Friedrich Wilhelm IV.20. Mäcz Unruhen in München-König Ludwig dankt zugunsten seines
Sohnes Maximilian II. (1848-1864) ab. Die Untertanen fordern das
Mitbestimmungsrecht, die Rede- und Pressefreiheit, Aufstellung einer Bürgerwehr, (siehe Grundrechte)
Unter dem Druck der Ereignisse waren die Monarchen und selbst der
alte Bundestag in Frankfurt zum Nachgeben gezwungen - man versprach
Verfassung, Pressefreiheit, setzt rückschrittliche Minister ab, genehmigte öffentliche Versammlungen. Ja der Bundestag nahm Seine
volksfeindlichen Ausnahmeverfügungen von 1819 und 1832 zurück.
2. Die Vorgänge im Allgäu:
Das Frankfurter Vorparlament, welches sich aus Mitgliedern deutscher
Ständeversammlung zusammensetzte, hatte ende März 1848 für das ganze Reichsgebiet Wahlen BU einer verfassungsgebenden Nationalversammlung verfügt. Auf je 63 000 Einwohner kam ein Abgeordneter. Das
Volk selbst wählt nur Wahlmänner, diese die Abgeordneten am 28.4.
nach Frankfurt. In jen en stürmischen Tagen entstanden landauf landab die sogenannten Märzvereine; überall rührten sich die freiheit.66-70/1
lieh gesinnten Kräfte, radikale und gemäßigte Richtungen bearbeiteten in Presse und Versammlungen die Wähler. In der Kempter Zeitung
las man seinerzeit folgenden Aufruf des Schriftleiters, Rechtsrat
Balthasar Waibel:
"Freie Bauernschaft auf deutschen Boden! Fort mit den Vorrechten des
Adels, der Beamten und der GeistlichkeitJ sei unsere Losung. Der
reichste Graf muß das gleiche Gesetz und den gleichen Richter anerkennen wie der ärmste Bauer. Zehnten, Güten, Frongelder und alle
übrigen Feudalabgaben müssen ablösbar sein." Aus den 6 Allgäuer
Wahlbezirken gingen folgende Abgeordnete in das Frankfurter Parlament :
Wahlkreis Kempten; Gymnasialprofessor Joh. Bapt. Haggenmüller.
Wahlkreis Weiler : Advokat Dr. Karl Kirchgaeßner v. Würzburg.
Wahlkreis Memmingen: Landgerichts-Assessor Thomas Mayer, Ottobeuren.
Wahlkreis Kaufbeuren: Rechtsanwalt Marquard Barth v. Kaufbeuren.
Wahlkreis Biberach: Fürst Maxim, von Waldburg Zeil-Trauchburg.
Wahlkreis Ravensburg: Kaplan Ggy Pfahler zu Tettnang.
Volksstimmung, polit. Gesinnung und Meinungen, Wahlschlager und Propaganda jener unruhigen Märztage 1848 kommen besonders nett zum
Ausdruck im "Spottgedicht" des Steinbacher Kaplans Schmölzer, der
Augen- und Ohrenzeuge einer Wahlversammlung in Legau 1848 war abgedruckt in der Legauer Chronik von Eberle, Seite 73» Hier für
den Schulgebrauch gekürtz und die Strophen nummerierti
3> Die Wahlrede des Demokraten tVaibel in Legau:
M tausendnau,s'isefit it verloge
haut Neugier heut auf Legau zogi:
Von Leutkirch, Aitre, Lautre het
Vo Stoibach hau i au viel gseha
Vo Frauezell und Kimratshofe,
Von Altusried und Muthmannshofe
von dene Ort und andre mehr
sind d'Leut marschiert uf Lege her.
Viel 'Weibervolk haut es ghött,
Dös isch ja übrall voine dött!
Gsteckt voll isch gw.ea vom Johlar
bis Eurn zum Haus vom Zohlar,
Sogar no an dr Freithofmaur
Haut Poste gfaßt so mancher Baur.
2.
Jetzt rübig, hoißts, jetzt gaut es a!
Alles druckt zur Kanzl na.
Sei Pfeif im Maul und Kappe auf
Luegetse zum Waibl nauf!
Dös Backe (Rauche) vor ihm dött
hätr Waibl bald für Jbol ghött.
Er KÖnn dös Rauche ist vertrage
es muß dos glei im vornei sage.
Au zi_ht er in sei Vorred ei,
daß &r krank gwe sei,
S'laute Schreie debs ihm oimal it
Nachsicht sei sei Bitt'.
3.
Nauch dere Red'ist d.'Hauptsach kumme,
S'Grundrecht hat er duregnumme:
Die muß ma hau auf jeden Fall,
Doch it bloß etle, sondern all,
Es geb zwar viel (Leute) die sagen wohl
Daß s'Land it anerkenne soll;
Die meinens mitm Volk ja so it recht,
Die ließen lieber alz beim alte
Und tätet alle Rechte vorenthalte.
66/70-2
4.
Man hab gsait nauch Paragraphe drei
Könn jeder Lump in d1Orter nei
Und könn dött wie er wöll hantiere
A Bäckerei und Wirtschaft führe,
Au Schneider sei, und Schuster, Schmied,
Der Punkt aber wöll dös it
A oigens Gsetz kam hintenau
Man därfse kekle drauf verlau.
5^
Was Nummer dreiezwanzg belange
Derf es oim au dau it bange
Von dr Religio dau komm nix weg,
Ma laß dau alz beim alte Fleck
Mit der habe sie nichs z'schaffe
Die laß man nau wie vor der Pfaffe.
6.
Der dreiundreißigst Paragraph,
Der, moinet viel, sei au it brav;
Doch ums Hof- und Gutzertrümmere
soll ma sich it kümmere;
Äenn ma au an Hof häb no so groß
Ma muß it teile, könns no bloß!
Zum gsetzte Fall, es war sei Hut
Haut ,/ii'aibl gsait, a Bauregut,
So möcht ern (ihn) ganz doch lieber hau
Und täts Verschneide bleibe lau.
7.
Nach de Grundrecht hat er gredt
Und insoweit it Unrecht ghött
vom viele Zahle und de Stuire,
S'Militär tat alz vertuire
Dr König häng viel zviel dra na
Ma brauch au lang ist soviel Ma.
S'Land zahl im Jauhr Millione Guide
Drum hab s'Bayernländle soviel Schulde.
Und was allerärgst no war,
Fast alle Kasse seiet leer,
Bei sechs Millione fehlet huir
Für dos komm me a neue Stuir.
8.
Drauf nimmt er Gricht in Kur
Und hechlets scho wie besesse dur:
Es sei a Graus und aus der Weis
Wie so a Gricht die Baure bscheiß!
Mit Taxe, Stempel und andere Koste
Nur ihre Sack käms oft zum Beste.
9.
So hat er fortgmacht no a Zeit
Und gege End her Red nau gsait:
Ihr liebe Leut, ihr sehet scho
In d'Läng kanns so it to.
Die's ehrlich moinet mitm Land
S'tut not, daß zammc gand
66/70-3
Fürs Hecht tun bloß die Linke fechte,
Drum sind die Linke jetzt die rechte
Die Sach wird bald änderst gau
Ihr müsset fest zur Linke stau!
In Löge sind scho viel derbei
Drum Kappe ra und stimmet ei
Es leb der Löger Märzverei!
4. Auswertung des Gedichtes*:
i.
Rechtsrat Waibel von Kempten war Schriftleiter der Kempter' Zeitung,
eifriger VorKämpfer der Demokratie; Mitglied des Bayerischen Landtags; er fordert die Unterwerfung der Einzelstaaten unter eine Reichsgewalt; sein Kampf gilt ganz besonders den Grundrechten des Volkes;
er ist auch der Mitbegründer zahlreicher Allg^uer- oder Volksvereine mit dem Ziele die Landbevölkerung politisch aufzuwecken und
"den Bauern gegen die Reaktion mit den Waffen des Lichtes auszustatten". Märzvereine entstanden im ganzen Allgäu, auch in Legau
und Altusried. Die Altusrieder ließen sich zürn äußeren Zeichen
ihrer Vereinszugehörigkeit die Schnurrbarte stehen; man nannte sie
deswegen die "Altusrieder Sehnau%iartgesellschaf t". In den Märzvereinen sprachen als:gewandte Redner außer Balthasar Waibel u.a.
Professor Haggenmüller> Kempten, Fidel Schlund von Immenstadt,
Thomas Mayer von Ottöbeuren.
Aar irgendwo eine Großversammlung angekündigt.) wie in Legau, eilte
die Bevölkerung der weiten Umgebung herbei, teils aus Neugier,
teils aus Sensationslust. Die Zuhörer lassen sich in drei Gruppen
einteilen: a) in die Konservativeni, die alles beim Alten lassen wollen und sich von den Neuerungen nichts oder keine Vorteile versprechen. Anhänger sind in der Regel königstreue Beamte und die
Geistlichkeiti b) die Demokraten, welche von der Regierung das Mitbestimmungsrecht, Verfassung, Grundrechte fordern und das alte Kaiserreich wieder errichten möchten, c) die radikalen, linksgerichteten Demokraten, die sich ein Reich ohne Monarchen, also nach dem
Muster Frankreichs eine Republik wünschen,
Vers 3: Waibel bespricht mit den Legauern die Grundrechte, die das
Volk auf jeden Fall braucht. Gegner der Grundrechte sind die Konservativen; Waibel nennt sie FürstenKnechte, die es mit dem Volke
nicht ehrlich meinten.
Vers 4: §-3 spricht von der Gewerbefreiheit. Die Gegner di eses§ sagen "jeder Lump könne wo er wolle ein Geschäft aufmachen" und die
Dorfeingesessenen Handwerker, und Gewerbetreibenden dadurch schädigen (vergl. alte Zunftordnung!). So großzügig wurde die Gewerbefreiheit damals tatsächlich nicht gelöst. Wer in einem Orte ein
Gewerbe betreiben wollte, brauchte die Erlaubnis der Gemeinde. Wie
ist das heute?
Vers 5: oder § 23; Gegner sprechen von Einschränkung rel. Freiheiten,
kirchlichen Rechten, Unterdrückung usw. Nicht ganz mit Unrecht diese
Sorge; den kirchenfeindliche Kräfte, waren genügend am Werke - vergl.
Säkularisation; - Waibel beruhigt - man lasse alles beim Alten. Das
Wort Pfäff war xeinerzeit noch kein Schimpfwort.
Vers 6: oder § 33: Die republikanisch, radikale Linke verlangt die
Verteilung des Großgrundbesitzes an die Kleinbauern. Wir hören die
ersten kommunistischen Forderungen und vergl. mit den diesbezügl.
Maßnahmen in kommun. Ländern des Ostens. Waibel beruhigt die Bauern
und sagt, daß es jedem freigestellt sei Grund und Boden abzutreten.
Vers 7- Das Volk klagt über zu hohe Besteuerung, über die Staatsschulden, über Griechenlandhilfe (Otto v. Bayern König der Griechen!),
über die hohen Ausgaben für das Militär und die kgl. Bauten. Und in
Vers 8: über Taxen und Stempelgebuhren, Allgemein wird auch die
Gleichheit vor dem Gesetz gefordert.
, 66/70-4
Vers 3: Der Ausspruch: "Fürs Recht tun jetzt die Linken fechten,
drum sind die Linken jetzt die rechten!" stammt vom Abgeordneten
Thomas Mayer, Ottobeuren, dem Kandidaten des Memminger Wahlkreises.
In einem geheimen Polizeibericht an den König heißt es: "Wenn ein
Beamter wie Thomas Mayer in der Frankfurter Nationalversammlung beweisen will, daß die Linke im Grunde den Namen der Rechten verdiene,
weil sie allein die Rechte des Volkes vertrete, ... so kann man kaum
ermessen, wie ein öffentlicher Beamter eine solche Sprache führen
kann." (23.7.1849 Polizeiakten-St-Archiv Neuburg). - Erkläre den
Kindern die Sitzordnung im Landtag oder Bundestag:
Mitte, Zentrum, Linke, rad. Linke, Rechte (Bilder!).
Zusammenschau: Zweck der März- und Volksvereine und der Wahlreden. Wirkung der Wahlreden auf die Bevölkerung. Ziel der
Demokraten, der Konservativen, der Republikaner. Aussprache über
Verfassung; Grundrechte, Mitbestimmung, Demokratie, Absolutismus,
Monarchie, konstitutionelle Monarchie.
5. In der Paulskirche zu Frankfurt. 08. Mai 1848) Schulmannbild!
Glocken läuten! Geschütze donnern! Jubelndes Volk! 586 der besten
und tüchtigsten Deutschen schreiten paarweise, feierlich vom Römer
zur Paulskirche. Professoren, Prediger, Rechtsanwälte, Arzte, Kaufleute ^ Dichter, .adelige, Gutsbesitzer, Großhändler und Präsidenten
waren in der guten Absicht nach Frankfurt gefahren* ein neues, einheitliches Kaiserreich, eine Reichsverfassung und eine Reichsregierung
zu schaffen. Man wählte die Paulskirche als Versammlungsraum; ihre
runüe Form schien bes. gut geeignet. Reichsadler und die Reichsfarben
schmückten die Empore. Für über 586 Abgeordnete, für Stenografen
und Schriftführer und Presseleute mußten Sitzgelegenheiten geschaffen werden. Auf den Tribühnen hatten 2oOO Zuschauer Platz genommen.
Tagesordnung:
586 Abgeordnete wählen Heinrich von Gagern zum Vorsitzenden; Nachfolger ist Martin Eduard von Simson aus Königsberg.
Zum Reichverweser wählte das Parlament den volkstümlichen, bejahrten Erzherzog Johann. Das Parlament .nachte die Gesetze, der Reichsverweser hat an Stelle des nocn zu wählenden Kaisers die vollziehende Gewalt. Der Reichsverweser verlegte seinen Amtssitz nach Frankfurt und ernannte elin Reichsniinisterium. Der alte Metternichsche
Bundestag löste sich auf und übertrug die bisherigen verfassungsmäßigen Befugnisse der neuen Zentralgewald des Reichsverwers.
6. Ziele der Nationalversammlung in Frankfurt:
Erstens Festsetzung der Grundrechte des deutschen Volkes (Allgemeines deutsches Reichsbürgerrecht mit Freizügigkeit und Gewerbefreiheit. - Gleiches Recht zu allen Staatsämtern. - Gleiche Wehrpflicht
für alle. - Freiheit und Sicherheit der Person vor willkürlicher Verhaftung. - Unverletzlichkeit der Wohnung und des Briefgeheimnisses;
Eigentumsrecht, Pressefreiheit, Gewissenfreiheit, Berufsfreiheit,
gleiches Recht für alle. - Gemeindliche Selbstverwaltung. - Versammlungs- Rede- und Vereinsfreiheit ua.) Die Beratungen des Parlaments über die Grundrechte dauerten das ganze Jahr 1848 hindurch
und wurden zu Weihnachten vom Reichsverweser als Reichsgesetz veröffentlicht. - Zweites Hauptziel die Wiederaufrichtung eines Kaiserreiches. Nun erst zeigen sich die großen Schwierigkeiten. Im Parlament sitzen drei Hauptgruppen: Monarchisten alten Stils- De/nokraten
(Mitbestimmungsrecht des Volkes) und die Republikaner (Muster Nordamerika od. Frankreich!).
Wer soll das neue Kaiserreich führen? Welches Land soll den Kaiser
stellen, Preußen oder wie bis 1806 Österreich? Das Parlament spaltet
sich nun in eine "großdeutsche" (Reich unter Führung Österreichs) und
in eine"kleindeutsche" Gruppe, (ohne Österreich unter Führung Preußens)
Es siegten die Kleindeutschen und wählten am 28. März 1849 König
66/70-5
Friedrich Wilhelm von Preußen zum Kaiser der Deutschen.Simson gab im Par=
lament das Wahlergebnis bekannt:"Gott sei mit Deutschland und seinem neu=
gewählten Kaiser!"Ein dreifaches Hoch durchbrauste die Paulskirche Kanonendonner und Glockengeläute verkündeten der Stadt das Ereignis.Bald da rauf fuhr Simson mit einer Abordnung nach Berlin,um dem Kaiser das Wahl =
ergebnis zu überbringen.Preußens König lehnt die Wahl der Abgeordneten ds.
Volkes ab;er wollte auch von den Fürsten gewählt sein und Streit mit Oster
reich vermeiden.Simson weinteIDie Mehrzahl rter Abgeordneten in Frankfurt
reiste ab.Ein Dichter schrieb:"Kleindeutschland hier,Großdeutschland dort;
Scheindeutschland beider Losungswort;ßeindeutschland aber klagend spricht:
Ein Deutschland gibts auch diesmal nichtS"
7.Und das geschah im Allgäui
Mitte April 1849 erhielten alle Regierungen die Frankfurter Reichsverfassung zur Annahme zugeleitet.Osterreich,Württemberg,Sachsen und auch Bayern
lehnten sie am 23.4.1849 ab-Aufta kt zum Sturm!Bayerns Abgeordnete förder=
ten die Einberufung des Landtags;Volksvereine schickten Protestschreiben
an den König;die Republikaner wollten gar mit Waffengewalt die bayer.Zu =
Stimmung erzwingen und forderten zur allg,Bewaffnung und Einführung d.Re=
publik auf.Protestversam.alungen fanden statt.In Kernten versammelten sich
über 10ooo Männer und 39 Märzvereine.Zwölf bekannte Redner,darunter auch
Waibel forderten die Zuhörer auf,an der neuen Verfassung festzuhalten und
der Gewalt wieder Gewalt entgegenzusetzen.Ein Schreiben mit 7118 Unter =
Schriften forderte die Abgeordneten in München auf im Kampfe gegen die Regierung hart zu bleiben.
Weitere Versammlungen in Memmingen,Ottobeuren,Kaufbeuren,Sonthofen,Weiler
u.a.sollten die Regierung zum Nachgeben zwingen.Radikalere Elemente orga=
nisierten bereits Freikorps.In letzter Minute konnte der König einen All=
gäuer Volksaufstand verhindern.Am lo.Juni löste er den Landtag auf und gab
Befehl das ganze Allgäu von Babenhausen bis Memmingen,Lindau,Oberstaufen
Füßen usw.militärisch zu besetzen.Ergebnis:Bayerns König lehnte die R.Ver=
fassung ab,lieber ging er mit Waffengemalt gegen seine Untertanen vor!!
Rückkehr zum Absolutismus,zu Metterni' chschem Zwang (Metternichs Rückkehr
1850i),Verfolgung aller aufrechten,freiheitsliebenden Demokraten!Auswanderung d.?r besten Deutschen!
8,Zum Stuttgarter Rumpfparlament gehörte auch Thomas Mayer,Ottobeuren.Das
mit Republikanern besetzte Restparlament erließ noch am 1o.6.49 einen Aufruf an das deutsche Volk sich den Regierungen zu widersetzen;es setzte den
Reichsverweser ab und eine neue Regierung ein;es drohte allen Regierungen
mit Waffengewalt,die sich den Frankf.Beschlüssen nicht beugen wollen.Bald
wurden die Parlamentarier wegen Hochverrat verhaftet.Thomas Mayer am 13«Aug.
1849 in Ottobeuren;am gleichen Tg.Professor Haggenmiller von Kempten, Dr.
Blumenröder in Augsburg am 25.8.und Fidel Schlund von Jmmenstadt,weil er
zur Volksbewaffnung aufgerufen hatte-er reiste 1853 mit Familie nach N.Ame
rika. -Haggenmiller zog sich zurück.-iMur der maßlos enttäuschte Waibel kämpf
te in seiner Zeitung weiter,ließ sich immer wieder zu Freiheitsstrafen
verurteilen und zahlte hohe Geldbußen bis zu seinem Tode 1865.-Nie wander=
ten mehr Deutsche aus polit.Gründen nach Amerika als in den Jahren 1848-5O
Lesestück: Carl Schurz,Ein Leben für die Freiheit-Seite 340!
9.Wiederherstellung des Deutschen Bundes: 1851
Dem Österr.Minister und Fürsten Schwarzenberg war es gelungen den verhaß=
ten Deutschen Bund 1851 wieder aufzurichten.Sofort wurden nun die vom Frk.
Parlament 184-8 beschlossenen Grundrechte des Volkes für aufgehoben erklärt.
Die kleine Reichsflotte versteigert.Dem Volke blieb nichts als die Sehn sucht nach Freiheit,nach politischer Einigung und der Traum eines neuen
starken Kaiserreiches-den Jahrzehnte später Otto von Bismarck verwirkli=
chen konnte.
Literatur.Kottenkolber,Geschichte des Allgäus IV.Kösel-Pustet,München.
Schnieringer,Heimatbrief Nr.28 und 29«
Enderle,Aas Legaus Vergangenheit.
66-70/6
Zu Thema
76-80
Die Gründung des 2.Deutschen Reiches
am 18.Januar 1871 in Versailles
An die Zeit der deutsch-franz .fiuseinandersetzung 1870/71 um den Führungsanspruch in Europa,erinnern uns Denkaale,Friedenslinden,Aedensarten wie
"ab nach Kassel!"-Gedenktafeln und Ordensschaukästen in fast allen Dorf=
kirchen,verschiedentlich auch Haus-und FlurnaaenCOttobeuren!),Chronikberichte , Gedichte und Lieder.In älteren Liederbüchern ist das weitverbrei=
tete,vielgesungene "Sedanslied" überliefert.Auch ein Lied kann einmal
Ausgangspunkt für eine Geschichtsstunde sein!
A)Der Liedtext-gekürzt:
1.)Bei Sedan wohl auf den Höhen,da stand nach blutger Schlacht ,in stiller
Abendstunde ein Bayer auf der Macht.
2.)Die Wolken ziehn nach Osten,die Dörfer stehn in Brand,sie beleuchten
Wald und Fluren und den grünen Wiesenrand.
3.)fiorch was wimmert dort im Grase u.klagt in bittrer Not: Ach guter Gott
im Himmel,gib mir einen sanften Tod!
4.)Der Bayer schleicht sich näher,sieh,da liegt ein Reitersmann mit tie =
fer,blutger Wunde,an dem Busche bei Sedan!
5•)Gib Wasser,deutscher Kamerad,die Kugel traf mich gut;dort am Wiesenrande
floß zuerst mein Blut!
6.)Ach lieber deutscher Kamerad,eine Bitte mir gewähr:Grüß mir mein Weib
und Kinder vom Vater,der nie wiederkehrt.
B)Schulerfragen u.Teilprobleme
Zu1: • Dichter des sentimentalen Liedes ist ein unbekannter bayer.Soldat,der
nach der Sedanschlacht 187O auf Wache stand.Die Schüler fragen nach
dem Kriegsgegr?r,nach Kriegsursachen,Zeit,Verlauf,nach den Ereignissen b.
Sedan...Im Lied stecKen u.a.folgende Probleme: "Was geschah in Sedan?-Wa=
rum erwähnt das Lied den Bavern u. andere deutsche Kameraden.-"Weshalb wer=
den Dörfer verbrannt? Kameradschaft der Soldaten.-Not und Schmerzen der
Verwundeten.-Soldatentod-Opfertod.Wie ließen sich Kriege vermeiden ......
Zur Erarbeitung:Eeichsgrenze vor l87o,nach 187O;Landschaft um Sedan.-Die
Gedächtnistafel in der Kirche erwähnt weitere Schlachtorte wie Metz,Spi=
ehern,Gravelotte(Gedicht I),Orleans.Bei Metz fiel 187O die erste große Entscheidung.Napoleon wurde mit der
gesamten Armee gefangen-ab nach Kassel!-Frankreich ruft die Republik aus
und kämpft weiter-Einnahme von Paris.-Erstmals halten die deutschen Fürsten
zusammen-sie Kämpfen zur Überraschung der Franzosen gemeinsam und siegenFolge ist die Keichsgründung in Versailles unter Preußens Führung(Bilder!)Großer Jubel im ganzen Reiche-Friedenslinden werden gepflanztiBismarck
wird •Keichsschmied genannt.-Anschlußthema: Das 2.Reich,seine Verfassung u.
wirtschaftlicher Aufschwung.
zu2: "Dörfer stehn in Brand"-Kriege zerstören Dörfer und Städte,die werke
der menschen seit Generationen.Wie ließen sich Kriege vermeiden?
zu 5/4: Der Krieg schlägt harte , schmerzende Wunden-bringt Tod, Jammer,Elend,
Tränen,bitteres Leid für Sieger und Besiegte.Wir lesen Gedichte und Lie=
der aus jener Zeit(Botschaft-Orleans,Gravelott..)
zu 5/6: Von d„r Kameradschaft der Soldaten.Hilfsbereitschaft auch dem Gegö
ner gegenüber-Rotes Kreuz!Hilfe dem Wehrlosen gejenüber.-Soldatenfriedhofe!
Erkenntnisse:
Ist Führungsanspruch einen Krieg w e r t? W i e denken wir heute über den Krieg
l870?nriege zerstören,hindern den Fortschritt der beteiligten Staaten und
Europas.Verhältnis Deutschland-Frankreich in der Gegenwarti-Nationalstaa=
ten einst-EWG Staat heute!-Unsere Verpflichtungen dem Staat und Europa ge=
genüber.-Das Sedanslied und unsere Ariegsgedichte sind Anklagen an die Ur=
heber -Mahnmale zum Frieden und zur v'ölkerversöhnun?. Zeugen des Leids.
76-80/1
Zu Thema 77
,;
Franzosenkreuze'' um Ottobeuren
Während der Napoleonschen Kriege,besonders 1815/14 diente das leerstehende Benediktinerkloster Ottobeuren als Gefangenenlager und Lazarett. Die
Mönchszellen und Gänge waren hoch mit Stroh aufgeschüttet als jj/ager für
die Franken Soldaten Flaut Kirchenbuch brachen 1814 Typhus und "hitziges
Fieber"aus.Auch die Marktbevölkerung wurde angesteckt.Als erster starb d.
Arzt Dr,Josef Thwin;im Februai hatte Ottobeuren Q Tote,bis November waren es 33-Am 18.Dezember l8"3 starben an Typhus 5 Franzosen;am 20.Dezb.
waren es bereits 194 Kranke: am 22.Dez„starben 7 Franzosen;am 5-Febr.l8l4
+ 19 Franzosen. Di e Verstorbenen wurden i.n den Parzellen Allenberg und
Schelmerheid uördlmand südl,Ottobeuren beerdigt.Die Massengräber sind
noch durch hohe Holzkreuze gekennzeichnet.Die Kreuzinscnrift lautet :
"Fern vom Lande ihr Lieben,von des Krieges Sturm getrieben ruhen Franko
reichs Sehne hier ;Faeu metJ ich mahnend zum Gebete schmücket die verlaßne
StätteLiebe mit des Kreuzes Zier.*'
Am I.März l8l4 meuterten im Kloster Ottobeuren 200 Franzosen.Der Auf =
stand kennte unterdrückt werden.Dabei wurde der franz.Sergeant Pierre
de Gehamberg erschossen.-Am le.Mai l8l4 wurden die Italiener über Kauf=
teuren abgeführt„Die restlichen 582 Franzosen hat man am 15-6.l8l4 in
ihre Heimat abtransportiert.
18_72 Auf dem Friedhof St,Sebastian In Ottobeuren ließ die frz.Regie =
rung im Jahre 18P2 ein schwärzes,eisernes Kreuz auf einem Sandsteinsockel erpichten mit folgender Inschiift: " A la me' moire des soldats
francaise en ':870-l371 E.I.Po Erige T per lewrs compatriotes"
In der Ottobeure?- rKasernei: weren während des Krieges 'i870/71 -1480 ge=
fangene Franzosen untergebracht.40 davon starben an Typhus und den Blattern.Sie wurden au der F:ieuhofmauer beigesetzt.Die frz.Heg.bzw.die
frz.Kriegsgräber Fürsorge ließ das erwähnte &reuz errichten.
Für die Angehörigen der Pfarrei Ottobeuren,welche im Feldzug gegen Frankreich"den Tod für KxS^^ und Vaterland fanden"ist in der Basilika eine
GedächtnisAmfel enge bracht (Ficwer-.AFlfl 5~Petrich-Karrer~Müller-madlener )
Geeächtuistafeltexte des Schulortes
1806-1815 --- . --------- 1870/71
77/1
Thema 71
Vom heimischen Hammerwerk zur Großindustrie.
Familien-, Flur-, Haus- und Ortsnamen berichten vom Eisen verarbeitenden Handwerk unserer Heimat (Gruppenarbeit):
Bsp. Nagler, Nagel, Nägele, Nagelschmied; Kupferschmied, Sensenmacher,
Messerschmied, Ffannenschmied, Pfanner, Harmnerschmied, Loch-Waldschmied
dazu: Schlosser, Brünner, Helmschrott, Schleifer, Achsenschmied....
Flur und Ort: Hammerschmitte, Eisenhütte, Schleifmühle (mit Schleifstein für das Dorf), zum Kupferhammer, Eisenberg, Gießhütte, Eisenstein. . . .
Aussprache: über die Berufe und Aufstellen der Teilprobleme Bsp.
Woher bezogen die zahlreichen Schmiede ihren Rohstoff?
In welcher Fora wurde z.B. das Eisen geliefert?
Wer besorgte vor der Eisenbahn den Handel?
Auf welche Weise hat der Handwerker seine Erzeugnisse
abgesetzt?
Weshalb wurden soviele Berufe aufgegeben?
Wie sah es in einer Hammerschmiede aus?
a) Das heimische Schmiedehandwerk bezog das Eisen aus dem Allgäu.
Es ist geschichtlich erwiesen, daß bereits die Kelten zur Latenezeit
am Säuling (Füssen) Eisen abbauten, schmolzen und verarbeiteten. Sie
belieferten sogar das römische Heer mit ihren erstklassigen Schwertern;
sie belieferten die Soldaten mit Panzerhemden und die Bauern mit Sensen,
Hauen, Schaufeln, Pflugmesser und Hausgeräten aller Art. Die Kelten
brachten das Eisen in Barrenform bis 15 kg Gewicht in den Handel. Wo
der Bergbau nicht möglich war, wurde das damals vielbegehrte Metall
aus Rasenstein (Raseneisen) gewonnen. Ob die keltische Eisenindustrie
mit Export auch während der Römerzeit funktionierte ist nicht bekannt.
Vom Allgauer Erzabbau hören wir erst wieder im 8. Jahrhundert.
Die Geschichte berichtet glaubwürdig, daß der Apostel des Allgäus, der
hl. Magnus, am Säuling eine recht ergiebige Erzader gefunden und ausgenützt habe. Urkundlich ist erwiesen, daß bereits im Jahre 1189
König Heinrich VI. dem Kloster Steingaden den Besitz der SaulingEisengruben bestätigte.
Weitere Eisenhütten gab es noch im 14. und 15« Jahrhundert bei Hörn,
bei Musau, 1471 zu Tiefenbach, Imberg, Reichenbach (Ostrachtal);
Eisengruben und Schmelzhütten bei Oberdorf (Hindelang); 1525 ein neues
Hütten- und Schmelzwerk in Blaichach, welches das Eisenerz aus den
Gruben bei Seifriedsberg, Oberzollbrücke, Hütt^-nberg, und Sigiswang
bezog - eingegangen im 16. Jahrhundert. Andere Erzgruben werden erwähnt 1620 am Südhang des Grünten, bekannt als "Hochstift Augsburgisches Hüttenwerk". Dazu gehörten: 1 Hochofen, 1 Stabhammer, 1 Zainhammer (schnelle kleine Hammer knoppe'n das Eisen, welches geliefert wird).
Den Betrieb führten: 1 Schmelzmeister, 2 Hüttenknechte, 1 Erzpocher,
2 Aufsetzer, 4 Holz- und Kohlenmeister und ein Zimmermoister - 1802
säkularisiert und vom Kgl. bayer. Hüttenamt noch weitergeführt. Hergestellt wurden vorwiegend Stab- und Zaineisen, das an weit über 200
Schmiede und Nagelschmiede abgesetzt wurde. Noch um 1805 wurden über
2300 dz Eisen gewonnen. Wegen starker Konkurrenz, schlechter wirtsch.
Verhältnisse wurde der Betrieb 1862 eingestellt. Nunmehr wurde das Roheisen aus dem Rheinland und von England bezogen.
Um 1700 betrieben Männer aus dem Zillertal auf eigene Rechnung am Grünten einen Schmelzofen; daraus entstand das Hüttenwerk Sonthofen. 50
Burgberger Knappen förderten jährlich bis zu 15000 dz Roteisenstein
und etwa 40 Fuhrleute beförderten den Rohstoff zum Hüttenwerk. Aus
dem oben erwähnten Berg- und Hüttenamt entstand die Eisengießerei, die
neben Gußeisen auch Maschinen für Landwirtschaft und Gewerbe lieferte..
Das "Hüttenwerk Schüttentobel" 1742 errichtet, bezog das Roheisen
von der Schmelzhütte im Baumle bei Lochau am Bodensee - 1863 stillge71-1
legt - aus der Hammerschmiede wurde ein Sägewerk, später eine Textilfabrik. - Blei- und Zinkerzschürfungen im 18. und 19« Jahrhundert am
Roßkopf im Hintersteinertal. - Ottobeuren besaß ein Kupferbergwerk
in Tirol.
b) Während im Allgäu besonders zahlreich die Sensenschmiede saßen, waren
es in unserer Gegend die Messerschmiede, Kupferschmiede, Nagel- und
Pfannenschmiede, die Huf- und Wagenschmiede und die Schlosser, Spengler. Für den Warenverkehi/sorgten die Kaufmannszüge, auf den kurzen
Strecken die Botenfuhrwerke. Fertigwaren brachte der Händler und
Handwerker auf die Märkte. Auch die Hausierer hatten genügend Beschäftigung - leider gehörten dazu allzuoft die Kinder. Der Bedarf
an Geräten, Werkzeug, Nägeln u. a. war so groß, daß die Handwerker
die Nachfrage nicht befriedigen konnten. Findige Köpfe dachten an
eine maschinelle Fertigung und erfanden
c) dasHa-mmerwerk
eine große Holzhütte, wegen großen Lärms lt. Ortsvorschrift außerhalb des Ortes am Bach erbaut. Ein großes Wasserrad treibt einen
mächtigen Achsenbaum mit Holznocken. Mehrere bis 5 Zentnerschwere
Eisenhammer sind in einem Balkengestell so angebracht, daß sie von
der Nockenwelle hochgehoben und wieder losgelassen werden. Der riesige Formhammer fällt mit furchtbarem Getöse auf den Amboß mit dem
Pfcinnenstotzen, auf den der Hammerschmied eine Kupfer, Messing- oder
Eisenplatte legte. Mit einem Schlag wird die Pfannenform gestanzt,
hernach geschnitten, gefeilt, mit Sand geschmirgelt, mit Stiel oder
Henkel versehen. Man spricht je nach Material von Kupfer- Eisen- und
Messinghammerwerk. In unserer Heimat waren solche noch anfangs des
19» Jahrhunderts in Engetried, in Frechenrieden, In Holzgünz (Messinghammer), in Amendingen (Kupferhammer), in Benningen (Schmiede im
Ried noch erhalten!), in Gronenbach ein Achsenschmied. - Im Allgäu:
Hindelang, Oberstdorf, Hinterstein, Altstädten. Die Hammerwerke zählten zu den Anfängen der heimischen Industrie. Man hat sich ehrlich
bemüht mehr Waren zu erzeugen,
d) Was ist aus unseren Hammerschmieden geworden?
Sie wurden verdrängt von der Dampfmaschine. Gebunden an die Kohlenlager übertraf sie an Tempo und Produktionsmöglichkeiten weit die
Leistungsfähigkeit der schwerfälli .^en Hammerwerke und unterbot die
Erzeugnisse der Kleinindustrie auf allen Märkten. Dazu kam noch der
Ausbau des Schinennetzes, die schnelle, billigere Beförderung der
Waren, die Ausbreitung des Absatzgebietes von Norden nach Süden. Bei
den Kohlen- und großen Erzlagern zentralisierte sich mit Hilfe der
neuen Kraft die Industrie - sie wuchs in Kurzer Zeit zur Großindustrie mit allen Vor- und Nachteilen heran und zwang so unsere heiaischen Hammerwerke an den Wassern zur Gant. Die Mehrzahl wurde noch
vor 1850 versteigert. Der Hammerschmied zog zur Großindustrie oder
suchte sich einen neuen Beruf, wie so viele andere seiner Branche,
die Nagel- Kupfer- Sensen- und Messerschmiede. Wir stellen zusammen
die metallverarbeitenden Großindustrien Sohwabens-Bayerns-Deutschlands
(Gruppenarbeit-Industriekarten.')
e) Fortschrittliche Männer versuchten neue Erwerbsmöglichkeiten zu
schaffen um der Landflucht Einhalt zu gebieten. Gründung neuer Industrien im Allgäu:
1835 Reißzeugfabrik Pfronten- 1872 Telegraphenfabrik Meilingen1899 Uhrenfabrik in weißbich - 1906 Reißzeugfabrik Steinach 1841 Röißzeugfabrik Nesselwang - 1873 Institut zur Wassermessung
In Kempten.
Andere Industrien: 1842 Zündholzfabrik Durach - Zementfabrik VilsZellulosefabrik Wangen - 1808 Geißelstäbeherstellung in Schönau mit
einer Jahresproduktion von 15000 Dutzend - 1860 aufgegeben.
f ) Erkenntnisse:
Von der Frühzeit bis zum 19. Jahrhundert verarbeiteten die Handwer71-2
ker den heimischen Rohstoff. - Er gab zahlreichen Familien arbeit und
Brot. Neue Erfindungen und die Mechanisierung zwangen viele Menschen zur
Aufgabe ihres erlernten Handwerks. - Landflucht und Auswanderung, Not
in den Industriestädten waren die Folgen. - Mit dem Einsatz der Dampfmaschine steigert sich die Produktion - die wären werden billiger, die
Hammerschmieden schließen ihre Hütten. - Die neuen Großindustrien entstanden bei den Kohlenlagern und Eisengruben. Es entsteht in neuen Industriestädten der vierte Stand - der Arbeiter. - Verhältnisse der Arbeitnehmer zum Arbeitgeber - Gewerkschaften....
Sozialkundliche Auswertung: Mensch und Maschine. - Zeisstiftung Vaters Lohntüte - Sozialversicherungen - Karl Marx
und die urbeiterschaft . - Entstehung der Gewerkschaften..
Ausweitung: Weitere Industriezweige unserer Heimat:
Kohlenförderung: 1819 Ulmer Bürger schürfen in den alten Stollen am Menelzhofener Berg. - Kohle wurde gefunden bei Jungensberg in der Gemeinde Harbatshofen, in den Gemeinden Ebratshofen, Grünenbach, Opfenbach, bei Altstädten, bei Hinang, am Sonthofener Hörnle, am
Kranzegger Berg, an der Kammereckalpe (Grünten), am Sulzbach im Hintersteinertal; am Stoffelberg und Isidortobel bei Niedersonthofen wurde
Pechkohle gefunden. - 1839 Braunkohlenfunde bei Wielazhofen. - 1838 bei
Scheffau Kraunkohle für Bodenseedampfschiffe. - 1860 Braunkohlenbergwerk
nördlich von Irsee, 1895 von belgischen AKtionären übernommen. - Seit
1771 Kohlengruben am Imberg. Große Torfstiche für Hausbrand bei Obergünzburg, im Aitranger, im Umwanger, im Wenglinger Moos.
Glasfabrikation: Ottobeurer Glashütten während des Klosterbaues im
Otterwald (siehe Memminger Heimatbuch!), im Benninger Jald,in Stephansried, Oberhaslach und Frickenhausen. - Im Allgäu: unterhielten Glashütten das Stift Kempten, Kloster Isny, die Herrschaft Trauchburg im Eschachtal, im Eisenbachtobel (Schmiedsfelden an der Kürnach;)hergestellt wurden
Fensterglas, Flaschen, Zylinder und Petroleumbehälter, Uhrengläserabgesetzt im ganzen bayerischen und württembergischen Allgäu, auch bis
Ulm, Augsburg, Vorarlberg und Schweiz.
Salitergewerbe^Salpetersiederei zur Pulverherstellung; Lieferung an die
staatl. Zeughäuser; strenge Überwachung der Saliter wegen Schmuggel in
das Ausland. Vorgang siehe Memminger Keimatbuch: Der Saliter von Sontheim!
Fayancan + hervorragende Waren in Künersberg bei Memmingen (Museum).
Ölmühlen (Ortsbezeichnungen!), Gipsmühlen (Dünger), Kalköfen in allen
Landkreisen vorhanden - Mahlmühlen: 1807 im Gronenbachor Landgericht
allein 81 Mühlen - jetzt größtenteils Sägewerke.
Papiermühlen: 1312 in Kaufbeuren, 1470 in Kempten und Memmingen, 1593
Stift Kempten und Buchdruckerei; Papiermühlen in Kottern, Weidach,
Stielings und Ronsberg.
Ziegeleien einst in Boos, Egg, Lerchenberg, Otterwald, Buxheim, Memmingen,
Memmingerberg, Hawangen (2), Goßmannshofen, Ottobeuren (2), Wollen,
Wolfertschwenden, Ittelsburg, Grönenbach, Rotenstein, Rettenbach, Engetried, Briechlins, Steinheim.
Große Kieswerke und Steinbrüche: Tuffgrübe Ronsberg (Stein); Steinbruch
in Wolfertschwenden; Gruben in Henningen, Zell - außer den gemeindlichen!
Vergessenes Gewerbe: Lauten- und Geigenmacher in Füssen; Mühlärzte, Pfeifenmacher, Kammacher, Dosenmacher, Kartenmacher, Beinringler, Nadler,
Spornmacher, Waffenschmiede, Sackmacher, Endschuhmacher, Bortenwirker
und Goldsticker, Kattundrucker und Bleicher, Knopfdreher und DrechsLr,
Kübelmacher, Wachspussierer, Seiler....
Orgelbauer: 16. Jahrh. in Memmingen, 1649 Aitrang, Irsee, Füssen und
um 1750 in Ottobeuren (Zettler, Holzheu, Riepp)
71-3
Zu Thema 79
Bismarck sorgt für das Wohl der Arbeiter.
Am Rentenschalter
Zur Anschauung: Kentonscheine,Jnvalidenmarken-u.Bücher,Lohntüten u.a.
Schülererfahrung: Beobachtungen am Post-Rentenschalter-Zeitungsausschnitt
te ,Lohnabzüge , KrankanJ_asse-,-Ka-ssenärzte usw.
Schülerfragen u.'Ieilproblsme':#as bedeutet Rente (=zurücKgeben: ) ,Kentnsr ,
Rentenempfänger.-Wer bekommt eine Rente?Weshalb zahlt die Post Renten aus?
Wer beitommt keine -Kente?Was bedeuten die aufgedruckten Buchstaben A,J,U
auf den FormblatternrSeit wann gibt es Renten. ............. • ...........
Erarbeitung: Unterscheide A=Altersrenten;J= Invalidenrenten; U= Unfallr.
K-KrankenverSicherung H-HinterbliebenenverSicherung.unterscheide Rente und Versicherung!Die Krankenversicherung:uecht auf ärztlichen Beistand (Krankenschein !) ;Begriff Kassenarzt! Freie ärztl.Behandlung
auch in Krankenhäusern-freie Medizin-Krankengeld bis zu 26 WochenSterbegeld für Hinterbliebene .KranKienversicherungsbeiträge zahlen
der Arbeiter(2/3)und der Arbeitgeber 1/3-Pflichtversicherung für
Arbeitnehmer.-Warum gibt es Kreiskrankenhäuser und seit wann.Krankenversicherung in der Gegenwart-Anderungen-Wünsche der Arbeitn.
Die Unfallversicherung: WorterKlärung,Unfallverhütungsvorschriften
und ihre Ursachen.-U-i<ente bekommt ein Arbeitnehmer, der wegen eines
Betriebsunfalls erwerbslos wurde.Den U-üeitrag zahlt die Firma ganz.
Die Jnvaliden-und Altersversicherung -Hinterbliebenenversicherung
gewährt Renten und Unterstützungen an solche Arbeitnehmer,die das
65-Lebensjahr erreicht oder aus anderem Grunde vorher invalid wurden.
Die Höhe der Renten richtet sich nach der gesamten Einzahlungssummediese wieder nach dem Lohntarif(Tabellen!).Die Hinterbliebenenvers.
gewährt Witwen-und Waisenrenten und eine Waisenaussteuer.
Seit wann gibt es diese sozialen Einrichtungen für die Arbeiter?
Treibende Kräfte die organisierten Arbeiter,Kaiser Wilhelm 'I.und
der Reichskanzler Otto von Bismarck.Beide sprachen 1881 vor dem
Reichstag den Wunsch aus,die Wohlfahrt der Arbeiter zu fördern.Bismarck rief den Abgeordneten zu:" Geben Sie deia Arbeiter solange er
gesund ist Arbeit,wenn er krank ist Pflege;wenn er alt ist Versor=
gung." Zwei Jahre später genehmigte der deutsche Reichstag das Krankenversicherungsgesetz .
Wir halten eine Reichstagsitzung:Was werden die Abgeordneten dafür
und dagegen gesprochen haben?-l884 tritt das Unfallversicherungsge=
setz in Kraft.Ein zusammenfassendes Reichsversicherungsgesetz erschien erst im Jahre 1911. Es umfaßte die Kranken-Unfall-AltersInvaliden-und Hinterbliebenenversicherung.ini Laufe der Zeit wursten
zahlreiche Bestimmungen geändert,verbessert und hinzugefügt und d.
neuzeitlichen Verhältnissen angepaßt(Sozialpaket 19^3 vor dem Bundestag ! )
19o8 zählte die Krankenversicherung 13 130 370 Personen(20,8%)der
Bevölkerung.Die Ausgaben des Staates betrugen 325 Mill.Mark. Von
1885-19O8 wurden an Krankheitkosten 3 626 97o 883 M gezahlt. Gegen Unfall waren(l9o8) 27 o74 123 Personen Versichert;19o8 wurden
über 157 Mill.an ü-Renten ausgezahlt.
Wir überlegen: Auswirkungen der Sozialgesetzgebung auf die Arbeitgeber,
Arbeitnehmer,auf das Verhältnis der beiden zusammengehörigen Partner-auf das Verhältnis organisierter Arbeiterschaft u.Staat.-Wirkung auf die anderen StaatenISozialgesetzgebung heute in der Bun=
desrepublik.in Europa besonders in Schweden als Musterbeispiel!
Literatur: Bobinger,Sorge für Deine alten Tage.Winfriedverl.Augsburg.
Stieglitz,Aus neimat und Welt II.Tl.-Verlag Schnell München.
79-1
Zu Thema 80
Der wirtschaftliche und industrielle
Aufschwung des Reiches von 1870-1914.
Preisliste von 19l4: 1 Liter Milch 6 Pfennig; 33 Eier kosteten "1 Reichsmark. 1 Liter Bier 22,dann 24&.-üm 10& Leberküs konnte sich ein hungriger Mann satt essen.1 gutes Mittagessen oO-8CSe;ein Anzug 18-25 M. . .
Die Münzen (sammle!) 1 und 2& aus Kupfar, 5 und 10& aus Nickel,0,3h,1 M,
2,3 M aus Silber,5,10 und 20 MarkstucKt aus reint:" Gold;Papiergeld
ab 100 Mark.-Die Münzen "wurden während des 1 .Weltkrieges mit Eisenund Aluminium und Papier ersetzt.
Erarbeitung: Ursachen der niederen Preise?-UoerprcduKtion an landwirt schaftlichen Erzeugnissen;Deutscnland ist noch vorwiegend Agrarstaat.
Erwerb von Kolonien wie Togo ,Ksnmierung,0st-uiid W^stafrika verbilligt
ten die Kolonialwaren(zollfreie Einfuhr,Ausbau der Handelsflotte!)
Überangebote verbilligen die Waren.Siehe obigen Preis f.Milch......
Deutschland kann sich noch selbst ernähren,ist Selbstversorger und
kann noch ldw.Erzeugnisse verkaufen.Selbstgebaute Maschinen,Transportschiff e^Erfindung des Kunstdüngers,neuzeitliche Bodenbearbei =
tung und ldw.Maschinen usw.füllen die Kassen des Reiches;die deutsche
Mark(Goldwährung)wird auf dem Weltmarkt gerne abgenommen.
Zum landw.Aufschwung kommt der Aufbau der deutschen Industrie:Groß ist
, der Bedarf an Maschi nen und Geraten aller Art in der Landwirtschaft.
Neue Erfindungen-3enzinmotor-Diesel-Elektromotor-el.Licht in unserer
Gegend ab 19l4_erfordern neue Fabriken,neue Industriezweige,neuer
Absatz auf den Weltmärkten-Umstellung vom Agrar-zum Jndustriestaat.
Förderung des Bergbaues (beschaff e Zahlenmaterial^ ertige Schaubil=
der!).Folgen solcher rapiden Aufwärtsentwicklung: Deutschland tritt
in den Welthandel ein.Es bietet billige ,erstklassige Waren an.Es
unterbietet die ausländischen Preise.Es befördert nach dem Ausbau
der eigenen Handelsflotte die Waren nicht mehr auf fremden Schif=
fen-Preissenkung{Deutsche Waren finden zum Ärger Englands überall
reißenden Absatz-Steigerung des Exportes.Schwere Konkurrenz auf d.
Weltmärkten.-Ausbau des Eisenbatm-und Straßennetzes,Neubau von Werften (Blohm und Voß;Hapag; Nordd.Loyd!-)
Zunahme von Export und Import-Wettstreit mit anderen Nationen!-Aus
schwerer Konkurrenz erwächst Neid,Zwietracht,Haß,führt zu unlaüte=
rem Wettbewerb,zu Verleumdungen,Hetze und Mißgunst.
Die militärische Stärke wurde 18?0 gemessen,dauernd ausgebaut:Neue Werf=
ten,Aufbau einer Kriegsmarine,Erwerb von Helgoland und Festungsbau,
Strategischer Bahnbau,stehendes Heer,Waffenerzeugung,Flottenvertrag
mit England.
Folgen dieser Entwicklung: Die Politiker schalten sich ein.England will
seinen gefährlichsten Konkurrenten vom Weltmarkt verdrängen.Mit bes=
seren,billigeren Waren kann er es nicht!Wie soll mans anstellen?
Einen Wirtschaftskrieg führen,die Produktionsstätten zerstören !
Sind das nicht böse Gedanken-um des Geldes wegen Kriege anzettelnV
Das Reich der Deutschen ist mächtig stark geworden-wie wäre es militärisch in die Knie zu zwingen,denkt sich England.Man brauchte
Helfer. Da wäre der Franzose, der sicher seine- Miederlage von 1870,,
den Verlust von Elsaß-Lothringen nicht vergessen kann und gerne He=
vanche nehmen möchte.England und Frankreich schließen einen Gsheiinvertrag-den "Zweibund" und beide Staaten rüsten.Auch Rußland ist '
seit Bismarcks Absetzung nicht mehr deutschfreundlich und eher oöse
auf die Deutschen,weil sie mit den Türken befreundet und außerdem
die Bagdadbahn gebaut haben.Sie sind der Dritte im Bunde "Entente','
Das Reich müßte sich nach zwei Fronten wehren.-Die Deutschen ver =
bünden sich mit Österreich und Italien.Das Wettrüsten aller Natio=
nen,die Geheimbünde und pol.Vertrage beunruhigen die Völker der
Welt.-Aus friedlichem Wettstreit und deutschem Fleiß ist ein Wirtschaftskrieg angezettelt worden,an dem die Deutschen keine Schuld
haben.
80-1
Thema 81
Am Krie merdenKmal 1914~1918
\ls üeispifil
Sankt Georg bekämpft den Drachen
Fast jes.es Dorf im Landkreis hat sein Kriegerdenkmal .Die Mehrzahl stellen den Drachentöter St.Georg oeer Michael dar.wir besichtigen mit den
Schülern das Kriegerdenkmal(Aitter Georg,Drachenaarstellung,Inschriften,
anlegen.. )Wir denken nach was der Bilanauer de: Betrachter erzählen will
(Sinn des Denkmals);weshalb die Gemeindeväter das „lähnmal -für wen sie
es errichten ließen (Zv.m-.ck des Denameis).
Berichte über Drachen in märchen und Sagen,Urzeitti«re(Saurier),Gefähr =
lichkeit,List,Bosheit,teuflische Eigenschaften)-Verschiedene Darstellung
gen von Sagen:St.Mang und der Drache;Augstmrger TuremichsFle u.d.Drache..
Ergebnis:Der Drache verkörpert das jiöa&,di_ List, immid,ri absucht,Herrschsucht ,Gift,Mord,Feuertod,Feindschaft und Unfriede..
-angewandt auf das politische Leben der Völker; Revanche,Geschäftsneid,
Herrschsucht,Untreue.Feindschaft.-Der polit.Drache Europas hatte mehre=
re Köpfe:einen englischen mit äugen voller Neid und Mißgunst(Konkurrent)
einen französischen mit Augen voller haft und Äach^isr.CKevanche f.Sedan)einen russischen voll Verärgerung u d Zörn-einen italienischen mit tf« =
treue und Falschheit-dazu komnen aer serbische Morddrachen. ........... .
Wir erkennen die verschiedenen Drachen als Urheber eines furchtb.Krieges,
Ln den alle Völker der Welt verwickelt wurden (Weltkrieg) .Der Drache richte^
te ein grausames Blutbad in ganz Europa, und in Afrika an zu Land /Wasser
und in der Luft-Kampfmittel!
St.Georg,einst röm.Offizier,Kämpfer gegen Gottlosigkeit,Heidentum,Herrschsucht und Sklavenhandel;er gab sein Leben für Glauben,für seinen
Gott u.stand im Kampfe gegen das Böse in der Welt(Drache)oft ganz allein.
Er ist die Lichtgestaltjdie Tapferkeit,die Feinheit und Gerechtigkeit,die
sich gegen eine ganze Welt voll Feinde zu wehren hat.
Polit.bedeutet St.Georg auf dem Denkmal das von allen Seiten bedrohte Va=
terland(mehrköpfiger Drache!).Hart wird der Kampf.Drachen sind listige,
verschlagene Burschen,sie spucken Gift,Feuer und Gas(Gaskrieg),sie kämpfen mit Kraft und Gewandtheit.
Zahlen und Namen: 1914-18; vier lehre Kampf.Auch unsere Gemeinde hatte
große Blutopfer zu bringen.Wir lesen und zählen die Barnen.Wir stellen
zusammen wo gekämpft wurde-Fronten und Großschlachten wie Somme,Verdun,
Marne,Isonzo,Masuren...(Geschichten ms dem Lesebuch!)
Äußere Kriegsursache,der Mord von Serajewo in Serbien(Schülerfragen!)Dem Mörder wurde später ein Denkmal errichtet!lEigentliche Kriegsursache war Deutschlands wirtschaftlicher und industr.Aufschwung(Thema 8o).
Die feindlichen Parteien-die Kriegserklärungen-Kriegsverlauf und besondere Kampfmittel wie Panzer,Gas,Flugzeug,Zeppelin,U-Boote .............
Zusammenfassen der erarbeiteten Erkenntnisse über Sinn und Zweck des
Kriegerdenkmals im Dorfe.-D.;3 Denkmal will uns erinnern an Leid,Not,
Tod, an M;dtter~und Kinder tränen, an aunger und Elend, an sterbende Soldaten. ..Es ist auch ein Mahnmal-Kriege zu vermeiden;nieeand soll Haß säen, jeder soll am Frieden der Völker mithelfen nach seinem Vermögen...
Gegenwartsbezug: Geteilte Welt-Kampf um Weltmacht-friedfertige Völker,
Schutzbündnisse (Nato )-Ost-und 'westblock usw .
S1./1
Thema 81a
Die Opfer der Heimat im ersten Weltkrieg
Wir sammeln: Bilder,Lebens mlttelharten.Kleider-u.Seifentarten,Berichte
der Eltern und Groß-:lt ,.rn, -aealchtt;, Lieder , Brief e von der Front ,
Kriegsgeld aus itMAsen.Kri- gsanieihen(G'biigaT.ioneri) .
Unterrichtsgang zum Krie v ,r J .:nkmal-durch den Friedhof : Soldatengräber,
Gräbst ...ininschrif ten^hotograptiisn von gefallenen und vermißten
Vätern und Söhnen .
Anknüpfung an unsere Gedanken durch den Friedhof-das -Leid der Mütter,
der Familien.Berichte von der Mobilmachung-wie die Soldaten Ab =
schied nahmen-Felüpostoriefe-Kriegsbriefe gefallener Studenten
(Sam elwerk!) . -Lesestücke , Bsp , uie Botschaf t (Sei c:e 88;«
1 „Die Opfer de_s Krieges; In Familien, in der Gemeinde, in Bayern, im gan=
zen Reich,Opfer der Feindstaaten.Opfer der Kriegsfurie-5 Miilio=
nen.Zahlen Schwerverwundeter,von Krüppeln,von Vermißten,von Blin=
den und Gasvergifteten.-Wir sehen die Denkmäler mit den langen To=
tenlisten,wir sehen auf unseren Straßen die Kriegsversehrten;Sol=
datenfriednöfe auf Biidern;wir lesen Bücher über Soldaten-und Ge=
fangenenschicksale.-Unbeschreiblich groß sind die Blutopfer des
Weltkrieges.In jedes Dorf kam das Leid.Die Völker Europas verlo=
ren nicht nur materielle Güter-durch den'taderiaß" gingen Erfin =
der,Künstler...Kraft und Voksgesundheit verloren!
B.Das Opfer der Frauen:
Frauen und Mütter übernehmen die Arbelt ihrer Männer oder Söhne.
Die Bäuerin ging hinterm Pfluge;man sah sie säend über die Acker
schreiten und mit Ihren Kindern und Kriegsgefangenen die Ernte
einbringen.Sie kämpfte mit ihrer ganzen Kraft gegen die beabsich=
tigte Hungerblokaee Englands.Auch in der Lebensmittelindustrie
stand,wie nie zuvor,die deutsche Frau im Einsatz.-Betrachte Le=
bensmittelkarten.Was wurde über die Rationierung und die Kommu=
naiverbände gesprochen. Über üchwarzhändler und Lebensmittelharnster werden brutale,recht ernste u. d auch lustige Vorkommnisse
erzählt(sammle für Ortschronik!).Die Hungerblokade war ein Kampf
des Feindes Gegen Frauen und Kinder.-Einsatz der Frau in der In=
dustrie-Handel-Verkehr.
5.Kinder und Mütter hungern !
Lebensmittel wurden von Jahr zu Jahr knapper(Gründe!)-Die Rationen auf Karten immer kleiner.Hamsterer überschwemmten das Land
und bedrohten nicht selten dxe wehrloser; Bäuerinnen.-Dem Brot
mußte 1t.Vorschrift Kartoffel und Sägemehl beigenengt werden;es
kleb te am Messer , -Hunger er sc 1 einun.ee n, Unterernährung, Krankheiten .
Überanstrengung aer Kinder & . -cörperl. Arbeit. --Brennesselanzügeselbstgefertigte Seifen ;Bäuerinen spannen wieder Flachs und Wol=
le,.,Großmuttergescnichten sam.sin!
4.man gibt Gold für Eisen
Kupfer-Nlckel-Silber-und Goldmünzen werden aus dem vHerkehr gezo =
gen u. durch eiserne bzw. iaapier ersetzt, man zeichnet dem Staat sog.
Kriegsanleihen,salbst Schulminder beteiligten sich daran.Die Kir =
chenglocken mußten abgeliefert werdend gang auf und dervo,und wer
a Kano ;).-Frauen verkauften Schmuck und gaben den idrlos für den
Sieg«-Sie stricuen und nähen für die Verwundeten,sie sparen sich
vom Munde ab um aas Feldpostpdeichen füllen zu können.-Scnulmin=
der sammeln altmetalle (olei-una Zinnkrü.ce ,messingen . nupf erpf annen,Lichtputzscheren aus amsing selbst die Zinnsoldaten und 0r =
gelpfeifen wurden schweren Herzens abgegeben;.
Zusammenfassen der Er Kenntnisse.
Die Soldaten haben ihren ganzen mut,all ihre i ipfermeit eingesetzt
um den Feind von der tieimat ferne zu halten.Aber auch die Heanat
die Frauen und Kinder,die Großeltern ja seiest verschiedentlich
auch Knie •saefangene, haben alles getan und ihre Flüchten erfüllt»
" ' ' "
8la
:
;
Thema 87
Briefmarken
von den Ereignissen
D
und
Ischeine erzählen
Gel»
ikriegszeit(-l91ö)
der Nac!
Für die oben freigelassenen beider 1-8 besor en wir uns aus Briefmarkensammlungen
l_.-_i£e -^yernmarke mit üo ii Kopf bild iFönig Ludwig III.Was uns die Marke
erzählt'?Bayern war ein Kurfürstentum-seit 1806 durch
Napoleons Gnaden ein Königreich,angeschlossen an den Rheinbund,später
an den Deutschen Bund in Frankfurt;seit 18?1 ein Bundesstaat im Deut=
sehen Kaiserreich,jedoch mit eigenen Rechten,eigenem Militär,eigener Bahn
und Post-nur in militärischen Angelegenheiten dem Kaiser unterstellt.
1918 Ausbruch der Revolution in München unter Kurt Eisner.Der König mußte fliehen,wurde abgesetzt und kgl.Güter zum Staatseigentum erklärt.Arbeiter=und Soldatenräte regierten-Aot=und Weißgardisten bekämpften sich
mit Maschinengewehren und Kanonen in der Stadt.Geiselmorde verübt-zahl=
reiche Parteien werden gegründet-der Adel flieht aus dem Land-die Revolutionäre wollen von Gott,König und Vaterland nichts mehr wissen.Die Re=
publik wird ausgerufen.Die Post brauchte neue Marken für die neue Staatsform.Man überdruckt einfach die König-Ludwig-Marke mit
2,Freistaat Bayern
Aas soll damit gesagt werden?Bayern ist frei-es hat sich losgelöst vom
Kaiserreich,welches 1871 unter ~>isiaarck gegründet wurde.-Auch der Kaiser war aus ^erlin nach Holland geflohen.Bayern will wieder ganz frei
und unabhängig sein,auch keinem Staatenbund wieder angehören-aber nicht
allein der Staat,auch die Einzelperson,der Bürger,der Arbeiter,die Soldaten sollen frei sein in ihren Entschlüssen.Vor jedem Vorhaben sollen
sich die Arbeiter zusammensetzen ,beraten und besprechen-daher der neue
Name: Soldatenrat,nrbeiterrat,Studienrat,Gemeinderat,Räteregierung.Vor
lauter beraten wußte man sich keinen Rat mehr-überall Chaos,Parteigezänk,
Unruhen,neue Aufstände,Mord und Überfälle.-Keine Arbeit,kein Brot-kein
Geld und von keiner Seite Hilfe.Die Revolutionsregierung konnte sich in
Bayern nicht lange halten.
3.Die Briefmarke erschien schon 1919 mit dem neuen Aufdruck "Volksstaat
Bayern" .'War die Räteregierung noch eine Diktatur, trat nun an ihre Stel=
le eine Demokratie mit vom Volke gewählten Männern.Noch manches Jahr ließen sich schön friedlich beide Marken(Freistaat-und Volksstaat)auf gleichem Briefe verschicken £
4.Zeigt eine neue Bayernmarke(Ackermann,Sämann,Bavaria..)ab 192o den
Aufdruck "Deutsches Reich" .Es fanden "wählen zu einer Reichsregierung
statt.Der alte Staatenbund wird erneuert,das alte Aeich geschmiedet, jedoch ohne Kaiser,sondern als eine Demokratie und Republik.An Stelle des
Kaisers ein Präsident.Gewählt wurde Friedrich Ebert.Bayern verwendete d.
alten Marken weiter und überdruckte sie einfach mit "Deutsches Reich".
Dagegen zeigen die neuen Reichsmarhen bereits
5. den Kopf des Reichspräsidenten Ebert und die Umschrif f'Deutscnes Reich'i
Ebert war lange Vorsitzender der Sozialistischen Reichspartei,er einigte
die deutschen Staaten und gab dem Volke die Weimarer Verfassung-neue Ge=
setze,neue Flagge(schwärz-rot-gola)mit den Farben der Republik.
87/1
6.Die Inflationsmarken mit Millicnen-und Milliardenaufdruck beleuchten.
die wirtschaftliche Lage des AeichesBKeine Arbeit,Fabriken geschlossen, zerstört ccier ausgeliefert ; Arbeitsstätten ohne Maschinen we ^n
De aontage-Ünruhen der Unbeschäfti gten-Not -aid wird acruckt- das
keich hat alles Gold den Siegern ausgeliefert.-Geldentwertung(siehe Geldscheine ! )-Hitler putsch an München 1923-Ein'.iarsch der Franzosen in eas Ruhrgebiet.-Der aeichsprisidont hatte einen sehr schwe=
ren Standpunkt.
7 . Neue iiri; f tarkc- mit dem nindenburgkopf une de Datums auf druck 3o.duni
193o-an diasee Tage wurde der alte Generalfeldnarsciaall Faul von
Rindenburg, er Sie er von T anncinberg in Ostpreußen, aber ials zum
Reichspräsidenten abwählt. Der General war i.i In-und ausländ ange =
sehen und pachtet .allmählich aa ; wieder Ordnung in den Staat-aber
die kämpfe der Parteien nanmen überall zu „Die r'Braunheeiden" erhielten immer mehr Zuwachs und kamen schließlich 1933 legal an die Macht,
Hitler wurde auf Grund des Wahlergebnisses .Reichskanzler .Die neue
8.Ariefmarke zeigte das Hakenkreuz
in weißem Kreis,auf rotem :jrund (schwarz, weiß, rot sind die Farben
der Monarchie od.Diktatur).-Wie die ariefmarken mußte auch der Postbriefkasten die politischen Veränderungen Bayerns mitmachen:Farbe
der Thurn-und Taxipost =gelb;nach der Ablösung der Post durch den
bayer.Staat wurde der Kasten blau;nach der Einverleibung Bayerns i.
das Hitlerreich "Großdeutschland" wurde der Kasten rot-nach dem Zerfall des aeiches wieder celb.
Be griffe: Monarchle-aepublik-Demokratie-Diatatur-nundesrepublik-Fr'eistaat,
V'olkss taaat.
Zeitlicher Ablauf: 1806-1918 Königreich dayern-1918 Säteregierung-Freist.
1919 Volksstaat-i 92o aundesstaak .-Erstes Kaiserreich bis 1 806.-Das
kleinaeutsehe Kaiserreich 1 871 -1 91 8 . -Das i!GroßdeutscheHoder Dritte Reich 1 936-1 945 .-Bundesrepublik + De ,iokrat .aepublik( geteiltes
reich seit 19^3).
Geschichtliche Erkenntnisse: arief larke-n berichten von den pol .Ereignis =
sen unseres Bandes und des -eiches-sio zei g;n die Köpfe führender
Staatsmänner-ien Wechsel von Staatsfor ,en-amtunter auch Landes =
grenzen-das ^anwachsen der aosttarife-dfe Entwertun des Geldes,
aunst und aftsch eines Volkes und einer Zv itepochc..............
Geldscheine berichten von der
Inhal t Ions zeit
Wir sammeln mflations ■Ad für die bchalei anschauen-oer.ichten-ira__.enver gleichen ait Friedensgeld; eine Was erzeich.en-Geidf Bischer hatten es
leicht.-Nennwerte sind einfach überdruckt.-Steigerung der Summen auf Millionen-Milliarden bis zur Billion.lies Jahreszahlen adligsten anfertigen!
Ende der Entwertung 1923.Jeder Bettler war Milliardär.
Berichte der Großeltern aus der Jnf lationszeit. -iier besitzt Preislisten?
Briefmarken
lassen
die
Preissteigerung
erkennen.Beamte
bekamen
für ihr Monatsgehalt noch eine Sem,ei.Tägliche Entwertung nach dem Gold=
dollarstandSStadte druckten eigenen aotgeldITrotzdea, gab es noch Sparer;
Währungsumstellung 1923. Eine Billion = 1 Rentennark(Verpfändung deutsch.
Bodens!
-'■danken: Ursachen der Geldentwertung der verlorenen Brieg-der wirtschaftl.
Busammenbruch-die Pevolution-aie Unordnung im Staate-häufiger Regierungswechsel-geschlossene Fabriken-Arbeitslosigkeit - Volk ohne Kredit
kein Export-keine Devisen-kein Gold im Keller der Keichsbank-Beine Werte,
^eld ohne Deckung-wertloses Papiergeld.-«i/ie ist das heute?
Das Ausland hat uns allen wertvollen Besitz abgenommen: alles Auslandsguthaben, die Kolonien, das Gold und Silber, die wertvollsten Fabriken,
Patente, Erfindungen, Borgwerke, Kohlen, Industriegebiete - lies Versailler Vertrag und Waffenstillstandsbedingungen! - Deutschland war völlig
verarmt und ausgesogen.
87-2
Folgen der Verarmung: .Revolution, Unordnung, Arbeitslosigkeit,
Hunger, Not, Hamsterei, Schwarzhandel, dauerndes Ansteigen
der Warenwerte. Der Staat ohne Einkommen, keine Steuern der
Industrie, kein Import, weil das Ausland als Gegenwert Waren,
Devisen oder Gold verlangte. Ausländer kauften spottbillig die letzten Warenlager auf.
Trotz der Milliardenscheine war jeder Deutsche ein armer Mann.
Das Reich Aar bankrott wie die Geschäftsleute, wie die armen Rentner und Bauern im Austrag. Nur der Bauer hatte nocn Tauschmöglichkeiten - er wurde von Hamsterern überlaufen - es wurde ihm auch gedroht, wenn er keine Milch oder Eier abgeben Konnte. Die Menschen
wurden gefährlich - Not kennt kein Gebot!
Der Staat mußte einen Ausweg suchen. Man erfand die "Rentenmark".
1 Billion = 1 EM. Neues Geld wird gedruckt. Die Deckung ist nicht
Gold oder andere Metalle, sondern Grund und Boden» Damit war soviel deutsches Land verpfändet als der wert der neuen Geldscheine
betrug. Große Gefahr für das Reich! Jeder Ausländer, der Rentenbankscheine erwarb, hatte damit .mspruch auf ein Stück deutschen
Landes.
Nun gab das Ausland wieder Arbeits<auftrige nach De-utscnlang; es
lieferte auch wieder waren herein. 1 n :sam iiFo-n sich nie Sleiüigem
Deutschen erholt, die Fabriken wieder aufgebaut - „ Nach der Inflation wuchs die Zahl der Bettler zur Pia ;x. an. 20 - 50 kamen täglich
an die Haustüren! Bis 1929 war die Zahl der Arbeitslosen auf über
9 Millionen angestiegen. Die allgemeine Not machte die Leute radikal - Hitler bekam es immer leichter - man glaubte seinen Versprechungen: Arbeit und Brot zu geben - so kam er an die Macht.
Erkenntnisse:
Der Weltkrieg hatte Deutschland an den Rand des
Abgrundes gebracht. Das Reich war militärisch,
wirtschaftlich und moralisch zusammengebrochen. Demontage und
Arbeitslosigkeit, überforderte Kriegslasten steigerten die Not
aufs höchste. Unruhen und Straßenkämpfe, Hunger und Elend waren
die Folgen. Die Männer wurden radikal. Man wählte revolutionäre
Parteien und glaubte den Versprechungen auf bessere Zeiten. Die
Mehzahl des Volkes wählte Hitler und verhalf ihm zur Macht. Die Großeltern haben zweimal ihre Ersparnisse verloren. Viele
Leute wollen nicht mehr sparen. Sie fürchten die Geldentwertung. Unser Geld ist mit Gold gedeckt. Es wird von den Ausländern gerne
angenommen, weil in Deutschland viel gearbeitet wird. Arbeit,
Sparsamkeit und Fleiß bringen Wohlstand.
87-3
Thema 71 a ..b
Vom Spinnrad zur mechanischen Spinnerei
und Weberei (für Mädchen)
Wenn im Dorfe Hochzeit ist, besichtigen neugierige Frauen und Mädchen
im Brauthause die Aussteuer. Nicht ohne .Stolz wird der Wischeschrank
gezeigt. Vor hundert Jahren noch mit recht; denn seinerzeit wurde in
allen Bauernhäusern zur jeder Freizeit noch der Fla.chs und auch Schafwolle gesponnen. Je fleißiger ein Mädchen war, desto mehr und schönere
Leintücher konnte es vorzeigen.
Handgewebte Tücher, sogenannte "Bauernleinen" sind in den Truhen und
Kästen der Braute kaum mehr zu finden. Interessant ist ein Vergleich
solcher Tücher mit modernen Stoffen!
Für die Mädchen ergeben sich vielerlei Probleme und Fragen: Welcher
Rohstoff wurde verwendet? - wie wurde das feine Garn gesponnen? Weshalb zeigt das grobe Bauernleinen verschiedene Garnstärken und
Knöpfe? - Wie wird die Flachsfaser gewonnen? - 'Weshalb und seit wann
steht das Spinnrad still? - Kann mach auch ohne Spinnrad spinnen? Welche Berufe arbeiteten am Tuch?
Bilder zeigen, daß schon die Steinzeitleute Kleider trugen. Sie kannten
bereits den Flachs und verstanden die Faser aus der Pflanze herauszubrechen und zu verarbeiten. Der Arbeitsvorgang des Brechens, Schwingens und Hecheins blieb bis in die Neuzeit herein derselbe. Die Geräte dazu kann man auf Dachböden, sicher aber im Bauernmuseum Illerbeuren besichtigen und auch Versuche anstellen.
Die Frauen der Vor- und Frühzeit hatten noch kein Spinnrad. Sie banden
den Flachs (Werk) an einen Stab (Kunkel), näßten die Finger,' und drehten den Flachs zwischen Zeigefinger und Daumen. Auch die Härchen erzählen! Der gezwirnte Faden kam an die Spindel oder Viertel. Der Vorgang ist auf Muttergottesbildchen dargestellt! Das Handspinnen war
üblich bis um 1530. In diesem Jahr erfand Joh. Jürgen von Waldenbuttel
(Ba unschweig) das Tretrad, unser Spinnrad, das bald überall gebraucht
wurde. Wir besuchen eine Frau im Dorfe, die das Spinnrad noch bedienen kann und lassen uns aas Spinnen zeigen. Die Arbeit wurde erleichtert, weil jetzt die Sp. beide Hände freibekam und a^hr Garne, auch
gleichmäßiger gezwirntes Garn herstellen konnte. (Versuche!)
An der Herstellung und Verarbeitung der Garne und Tuche waren verschiedene Berufe beteiligt: Garn- und Fadenspinner, Zwirner, Stricker
(Männerberuf), Sticker, Wirker, Bortenwirker und Goidsticker, Weber,
Bleicher, Färber und Kattundrucker. - Loderer, Leineweber, Barchentmacher, Tucher...
Mittelpunkt der schwäbischen Leinenbereitung vor der mechanischen Verarbeitung waren Augsburg (Fugger,Weiser) - Memmingen - Kempten Immenstadt -. Memmingen besaß bereits 1390 ein eigenes Tuchhaus; die
Großhändler der Stadt hatten auf den Großmärkten im In- und Ausland
keine Schwierigkeiten die hochwertigen Memminger Erzeugnisse an Barchent, Loden, Leinen und den weltbekannten Regentüchern abzusetzen.
Später wurde auch flämische Wolle verarbeitet. Noch um 1819 errichtet
ein Schweizer Mechaniker in der Staat eine Flachszwirnerei, die ein
feines und dauerhaftes Gespinnst lieferte. Die Engländer bemächtigten sich dieser Erfindung und die Memminger hatten das Nachsehen.
Immenstadt hatte bereits 1536 einen Garn- und Leinenmarkt mit
larenschau. Nur Qualitätswaren durften vom Handwerke an die Händler
abgesetzt werden; schlechte "Ware wurde ihm zerschnitten! Auf dem
Immenstädter Markt wurden ende des 18. Jahrh. jährlich noch 200 000
Stück (Ballen) zur Schau gebracht; zwanzig Jahre später nur noch
124 000; um 1824 noch 15 000 St. um 1832 nur noch 5000 St. um
1840 keine 1000 St... Nach 1850 ist der Markt eingegangen.
Vom Mittelalter bis herauf zur Napoleonschen Zeit spielte die Leinenweberei für die Allgäuer Landbevölkerung die wichtigste Rolle. Besonders in den Gebieten der Fürstabtei Kempten und Ottobeuren, in den
71a - 1
Städten Kempten, Memmingen, Kaufbeuren, Innenstadt, Sonthofen, Isny,
Leutkirch, Sangen, Eglofs, Großholzleute, Trauehburg. In allen Städten gab es eine eigene, große Weberzunft - in Memmingen mit eigenem
Zunfthaus.
Nach 1738 erfanden verschiedene Engländer mechanische Spinn- und Webemaschinen, angetrieben von Eseln oder Wasserrad (Watermaschine) dann
mit der Dampfmaschine. Laufende Verbesserungen führten bald zu einer
Überproduktion, zu Preissenkungen, zur Warenschwemme auf den Großmärkten und schließlich zur Verarmung der Weber in ganz Europa. Da
halfen keine Weberaufstände in Irland, England, in Schlesien oder
in Immenstadt. Die Maschine hatte ihren Siegeszug angetreten, neue
und schnellere Kräfte waren am Werke; die waren wurden nicht nur
billiger, sondern auch schöner, feiner und besser - die Bauern webten nur noch zum Hausgebrauch; die Spinner und Weber ^.ogen ab oder
lernten um. Die Landflucht begann. Die Kontinentalsperre und die
napoleonsche Wirtschaftspolitik trugen ebenso zum Aussterben eines
jahrhundertalten Handwerks bei wie die Mechanisierung des Spinnens
und Webens.
Das Allgdu ließ nichts unversucht das Handwerk zu retten. Man versuchte sich auf Baumwoll- und Musselinstickerei umzustellen, man bezog Schafwolle aus Ungarn, Böhmen und. Italien. Die Tuche werden von
Loderern, Strumpfwirkern und Hutmachern geliefert. Auch die Umstellung auf mech. Verarbeitung blieb nicht unversucht. Einige Beispiele: Baumwollspinnereien entstanden 1837 in Kaufbeuren, 1847 in
Kottern (zuvor die 4 Papiermühlen), 1850 in Blaichach, 1852 in Kempten, 1856 in Wangen, 1863 in Bernried, 1868 in Neudorf, 1873 die
Baumwoll wirnerei in Seitmanns. - 1808 die StrumpfStrickerei, in
Obergünzburg. Um 1751 erfand Kaspar Pfander in Kempten eine Strumpfstriexmaschine zur Herstellung natloser Strümpfe! 1760 in Gronenbach eine Kattunfabrik errichtet. - Strohhutindustrie in Lindenberg
seit 1756 - Jahresproduktion 4 Mill. Hüte.
Wo sind heute die Mittelpunkte der Textilindustrie
in Schwaben, Bayern, Deutschland, Europa? (Kartenarbeit).
Erkenntnisse: Maschinen verdrängen den Menschen von der Arbeitsstätte.
Die Maschine arbeitet genauer, schneller, schöner,
billiger. Die Konkurrenz auf den Weltmärkten ist groß. - Die besten
und billigsten Waren setzen sich durch. Fleiß, bescheidene Lebensführung und Tüchtigkeit ermöglicht den Wettbewerb. - Auch in der
Gegenwart wurden neue Erfindungen gemacht: Kunstfaser, Chemiefaser...
Literatur zu 71 und 7'la: Rottenkolber,Geschichte des Allgäus.
Dorfler,Der Notwender(Umstellung des Allgäus auf Milchwirtschaft ).
71a - 2
Thema 90
Hitler kommt an die Macht er verspricht Arbeit und Brot.
(Für den Lehrer)
Übersicht der Daten:
Nach dem ersten Weltkrieg gründen die Siegerstaaten den Vökerbund zur
Sicherung des Friedens. Trotzdem brodelt es in vielen Staaten; es zeigt
sich die Tendenz zur Diktatur. - Beispiele: 1922 stürzt Attatürk den
Sultan, 1927 türkische Republik; 1923 Primo de Rivera errichtet in Spanien eine Militärdiktatur; in Portugal Salazar; in Brasilien kommt Vargas an die Macht; 1922 baut Mussolini in Italien das nationalistische
Einparteisystem aus; in China wird noch gekämpft um die Diktatur. In
Deutschland folgt eine Regierung der anderen, Parteikämpfe ohne Ende. Der Zerfall internationaler Bindungen beschleunigt 1929 die Weltwirtschaftskrise, von der außer Deutschland vor allem England, Nord- und
Südamerika betroffen werden, maerika zählt 12 Millionen, Deutschland
4,4 Millionen, 1930 bereits 6 Millionen Arbeitslose. Täglich klopfen
20 bis 30 Bettler an die Türen, kräftige, gesunde Männer; Lehrlinge
erhalten keine Lehrstellen, Männer keine Arbeit. Die Wirtschaftskrise
und die allgemeine Not und Unsicherheit schütten viel, viel Wasser
auf die Mühlen Hitlers, der in Massenveranstaltungen, Großkundgebungen
immer wieder den auf bessere Zeiten wartenden Massen Arbeit und Brot
verspricht.
Reichskanzler Brünning (seit März 1930) versucht mit Notverordnungen
der Krise herr zu werden. Er kürzt die Arbeitslosenunterstützung., auf
3 Milliarden Mark er senKt Beamtengehälter, gibt die Osthilfe für
Großgrundbesitzer und fordert mit seinen unpopulären Maßnahmen allseits
den Widerstand heraus. Der Deutschnationale Frontkämpferbund, genannt
Stahlhelm und die NSDAP = Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei begegnen dem Kanzler mit dem Terror auf den Straßen der Großstädte.
Damit beginnt der K? ipf gegen die Systempolitik. Am 30. Mai 1932 muß
Brünning sein Amt niederlegen; Papen wird Reichskanzler. Nach der
Reichstagswahl am 31- 7- 1932 wird Gering (NSDAP) Reichstagspräsident
und General von Schleicher Reichskanzler. - Am 30. Januar 1933 wird
Hitler von Hindenburg zum Reichskanzler berufen; damit Ist er an der
Macht.
Am 27. Febr. 1933 brennt das Reichstagsgebäude in Berlin, Die Kommunisten werden als Brandstifter beschuldigt, die Partei verboten, 400
Führer verhaftet und in Konzentrationslager (KZ) gesteckt; ihre Presse
verboten. - Am 5« März ist abermals eine Reichstagswahl. Die NSDAP
erringt 288 Mandate« Reichstagssitzung in der Potsdamer Garnisonkirche. Hindenburg und Hitler am Grabe Friedrich d. Großen. In der Reichstagssitzung vom 24,. März bringt die NSDAP gegen die Stimmen der Sozialdemokraten das Ermächtigungsgesetz durch. Hitler verlangte von den Abgeordneten 4 Jahre freie Hand in der gesetzgebenden und
ausführenden Gewalt, Das war das Ende der parlamentarischen Republik.
Nun beginnt von 1933 - 1938 der Ausbau des nationalsozialistischen Staates: Ausschaltung der SPD (Sozialdemokraten), der DNVP
(Deutschnationalen Volkspartei), der DDP (Deutsch-Demokratischen Partei)
und Zentrum. Damit ist die Einparteiherrschaft gegründet.
Alle nichtarischen Beamten und Staatsangestellte werden entlassen.
Die Nürnberger Gesetze nehmen Juden das Bürgerrecht; Verbotene Heirat mit Nichtariern. Aurwandernde Juden müssen einen Teil ihres Vermögens an das Reich abtreten., Am 9- November organisierter Terror gegen
jüdische Personen und ihre Habe. Plünderung jüdischer Geschäfte und
PrivathAUser, Synagogenbrände - auch in Memmingen. Einsetzen der Judenverfolgung - Tragen des Judensterns; wer in jüdischen Geschäften kaufte wurde fotografiert !
Im Rechtswesen: Einrichtung des Volksgerichtshofes; Errichtung von
Konzentrationslagern für alle pol. Gegner und Kriminelle - Häftlinge zu schwersten Arbeiten eingesetzt ■- medizinische Versuchsobjekte!
90-1
W i r t s chefts1eben: Auflösung der Gewerkschaften (2.5.33); Einziehung
des Vermögens. Streikverbot; Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch große öffentliche Beuten, der Autobahnen, ^rbsitsdienstpflicht und nj'ehrpflicht. Vierjahresplan mit autarker Wirtschaft als Ziel.
Kirchliches Beben: Einengung des rel, Bebens; Minister für Kirchliche
Fragen; Protestantischer Aeichsbischof ernannt; Konkordat mit dum Vatikan; Prozesse gegen Geistliche; Verunglimpfung der rel. Orden.
Erziehung: Verbot konfessioneller Jugendvorbinde zugunsten einer Staatsjugend (JV, HJ, BDM). Untergrabung der .mtoriimt von Eltern und Beruf serziehern.
In der Außenpolitik: Austritt aus dein Vökerbund und der Abrüstungskonferenz. Politik der freien Hand! Bündnis Frankreich - Rußland! Am
2. August '1934 stirbt Bindenburg - lannenbergdenkmai. - Hitler wird
auch Reichspräsident, bekommt den Oberbefehl über die Reichswehr.
1935 Rückgliederung der Saar - Saarlied! Einführung der allgemeinen
Wehrpflicht. - Deutschenglisches Flottenabkommen, Verhältnis 100 : 35« 1936 Einmarsch im Rheinland - Kündigung des Lokarnovertrags - Reichstagswahl mit 99% Ja-Stimmen zur Außenpolitik. - November 1936 Antikominterpakt mit Japan. - 1936/36 Unterstützung Italiens im Abessinienkrieg - 1936 Unterstützung Frankos im Spanischen Bürgerkrieg.
12.3.1938 Einmarsch der Wehrmacht ohne siderstand in Osterreich Heimholung ins Reich, wie es hieß! Österreicher jubeln! - Von den
Tschechen fordert Hitler die Selbstbestimmung für Sudetendeutsche die kritische Lage veranlaßt den englischen Prernirminister Chamberlain
zu einem Besuch bei Hitler in München und in Godesberg: Hitler fordert dabei die Abtretung des Sudetengebietes bis zum 1. Oktober an
das Reich. - Prag lehnt ab und macht mobil! - Am 1.10. Einmarsch der
deutschen Truppen - Protektorat Böhmen und Mähren in das Deutsche Reich
eingegliedert (März 1939) - Deutsch-englischer Nichtangriffserklärung! Große Freude in Europa! - Folgen die Militärpakte: Achse Berlin-RomTokio! - dann die Feldzüge gegen Polen 1.9.1939; 3. Sept. 1939 Englisch
franz. Kriegserklärung an Deutschland .um 9- 4. 1940 landen deutsche
Truppen in Norwegen. - 10» 5- 1940 angriff auf Belgien, Holland und
Luxemburg - Katastrophe von Dünkirchen für die Engländer auf dem Festland in Frankreich,. 10. Juni 1940 Italien greift mit ein! - 22. Juni
Waffenstillstand in Compiegne mit Frankreich. -27. 9- 1940 Bündnis
Deutschland - Italien - Japan. 194-1 Deutsches Afrikachor unter Kommel.Oktober 1940: Italien greift Griechenland an - März 194-1 Bulgarien
tritt der mchse bei und wird von der Wehrmacht besetzt, ^m 6. April
bricht der jugosLav. Widerstand zusammen - Freischärler unter TitoDeutsche marschieren in Griechenland ein. - Fallschirmjäger nehmen
Kreta. - 22.6. 1941 Rußland wird trotz Nichtangriffspakt angegriffen.
Truppen stehen am 16. Juli vor Moskau! - 2.2.1Q43 ergibt sich die
6. deutsche Armee in Stalingrad. D^s Kriegsglück wendet sich. Besetzte Gebiete erheben sich. - 8. Nov. 1942 Eisenhauer landet in Afrika am 10. 7. 1943 Amerikaner, Engländer und Kanadier in Sizilien - Italien kapituliert - 1944 Invasion an der Kanalküste (6.6.44): 10000
all ierte Flugzeuge, 80 Kriegsschiffe, 4000 Transportschiffe, 2 Mill.
Mann, 400 000 Fahrzeuge, 4 Mill. Tonnen Kriegsmaterial werden in einem Vierteljahr an Land gebracht. Vormarsch der russischen Truppen
an die deutsche Grenze-verheerende Bombenangriffe bei Tag und Nacht Volkssturm wird aufgerufen - verzweifelter Widerstand - 7*2.45 Jaltakonferenz. - 7» Mai 1945 Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht - Besatzungszonen - 14.8, kapituliert
Japan. Ende des 2. Weltkrieges.
90-2
Thema 90
Hitler verspricht arbeit und Brot
(für Schüler)
Bildmaterial und Filme .aus der ^eit nationalsoz.Massendemonstrationen u.
Reichsparteitage stellen uns vor neue Probleme.Beispiele:
a)Warum bekam Hitler soviele Anhänger?-Welcben Zweck hatten die Aufmärsche und Parteitage?- c )Warum wurden Uniformen getragen?-d)Wie kam Hitler an die Macht?-e)Hat er seine Versprechen gehalten und auf welche Weise?. .....
Zu a) Wirtschaftlicher Zusam enbruch nach dem ersten Weltkrieg.Die Überforderung der Sieger,der Abbau von Fabriken u.die damit verbundene
Arbeitslosigkeit.Es fehlen dem Staate die Steuereinnahmen,die Export-und
Importmöglichkeiten.Hunger und N0t,Unzufriedenheit,kaxiikalismus.Der Staat
ist machtlos.-In dieser Zeit gründet Hitler die NSDAP= national-soziali =
stische-deutsche-Arbeiter-ParteiiParteiabzeichen das Hakenkreuz(Thema 91)•
Mitglieder tragen das Braunhemd.Wo Hitler öffentlich auftrat versprach er
den Zuhörern bessere Zeiten,Arbeit und Brot.Mit der Arbeitslosenziffer
wuchs auch die Zahl der Anhängerschaft Hitlers.Die Volksmassen,die auf
ßildern gezei gt werden,hatten die gleiche Gesinnung,die gleiche Hoffnung
auf bessere Tage;sie schenkten ihr Vertrauen ganz dem Führer dieser Partei .Hunger , das Verlangen nach Arbeit und Verdienst,nach Posten in der Partei bzw.im neuen Staate,aber auch die Propaganda, fanatischer Redner trieb
Männer und Frauen aller Stände und Berufe in die NSDAP.
Zu b) : In der Propaganda waren die Hitlerleute unermüdlich.Kein Tag ohne öffentliche Versammlung in irgendeiner Großstadt.Hitler flog
von einem Land zum anderen,von einer Stadt zur anderen und überallhin
folgten ihm ungezählte Volksmassen , Parteigenossen , stille Anhänger ,i'Jeugie =
rige.Jährlich war ein Großparteitag,eine Art Heerschau.Pressemänner und
Rundfunkreporter sorgten für die Verbreitung der Reden und nilder in aller Welt, und brachten damit abermals neuen Machtzuwachs der NSDAP. Das
war der Sinn der Aufmärsche:Der «Alt die Zahl der Anhängerschaft und die
ständige wachsende macht zu zeigen.massendemonstrationen solcher Art verfehlten nicht ihren Zweck:Abs.eitsstehende wurden mitgerissen,ließen sich
einreihen und konnten ein andermal initmarschieren,mitsingen,mittriumphieren.So wollte Hitler legal,mit Hilfe seiner 'Mählermassen an die nacht u.
Spitze des Reiches kommen.
Zu c): Die Uniformierung sollte nicht allein das Zusammengehörigkeitsgefühl wecmeA,vielmehr auch die Jugend in Hitlers Reihen ziehen.Uniformen ,Koppelzeug, F-ihrtenmesser ,Trommel,Pfeife und Fahne,Gleichschritt,
Gesang und Lagerleben war zu verlockend für eine Jugend,der es langweilig war.Hitlers Jugendverbände JV=JungvolK,HJ=HitlerJugend,BDM=Bund deutscher Mädchen,hatten besonders großen Zulauf.Auf seine begeisterte Jugend setzte Hitler seine größte Hoffnung für die Zukunft;denn sie wurde
fanatisch erzogen.
Zu d): Weltwirtschaftskrise 1929!Sechs Millionen ArbeitsloseSEadikale
Parteien wie die NSDAP und KPD liefern sich schwerste,blutige
Straßenkämpfe.Regierungen wechseln,Saalschlachten werden geschlagen-Neu=
wählen am laufenden Band.Die Not wird immer größer.30 Bettier pro Tag!
Drohende Hamsterer..alles Wasser auf Hitlers MühlenM933 wird H.Reichskanzler-Großer Jubel und Fackelzüge-Ermächtigungsgesetzt(Thema 91a).r>e =
ginn der Diktatur!Wird die Arbeitslosigkeit beseitigt und wie wird er
es anstellen,dachte sich d a s Volk.
Zu e): Hitlers erste Maßnahme war die Beseitigung der Arbeitslosigkeit.
Mittel dazu:Einführung der Arbeitsdienstpflicht für die Jugendlichen-Arbeitslager für Arbeitsscheue(von einem zum anderen Tag gab es
keinen Bettler mehr!)-Landjugendjahr für Studenten-Haushaltsjahr für
schulentlassene Mädchen.-Bau von Autostraßen,Kanälen,Dammbauten,Neu landgewinnung durch Eindeichen-Entwässerungen und Flußregulierungen
(Flußreg.der Westgünz zwischen Waldmühle und Ottobeuren d.den in Ottobeuren stationier-, on fteichsarbeitsdienst).-Errichtung von Großbauten
90-3
für Staat und Partei;Bau von Ünterkraftwasserwerken(Jllerwerke!)-Neubau
von Fabriken und Schaffung neuer Arbeitsplätze-später Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und Aufrüstung-neue Arbeits-und Unterbringungsmög =
lichkeiten -auch neue Industrien! Die Arbeitslosigkeit korint Hitler fast
restlos beseitigen.
Gegen Hunger und Kälte(Niemand soll frieren und hungern!) sollten das WHW
ist Winterhilfswerk und die Volkswohlfahrt(VW) durch Massenabsatz von Abzeichen, Sammlungen,Spenden,Mitgliedsbeitragen,Suppenküchen,Eintopfgerichten u.ä.helfen.-Millionen WHW-zeichen wurden in Heimarbeit hergestelitMillionenbeträge flrssen monabl.in die Kassen der Partei und des Reiches.
Damit wurden die billigen Arbeitskräfte der xiF=Arbeitsfront und der Wehrsold für die Soldaten und die ganze Aufrüstung gezahlt.-Arbeitslosigkeit,
Hunger und Not konnte nitler in wenigen Jahren beseitigen,nicht aber das
Mißtrauen seiner Gegner im In-und Ausland.Allzuviele Männer wurden des
Geldes und der Parteibeiträge wegen in die Reihen der "Parteigenossen "
gepreßt,Nicht jeder,der ein Hakenkreuz am Rockkragen trug,war innerlich
ein Anhänger Hitlers.Auch diese Leute hatten ihre besonderen uründe!
Erkenntnisse:
Hunger,Not und Arbeitslosigkeit ebneten Hitler den Weg zur Macht.Die Sie=
gerstaaten haben sich mitschuldig gemacht;denn sie hatten durch Überfor=
derung und Demontagen dem Deutschen die V°rdienstmöglichkeiten weggenommen und damit,zwar ungewollt,die radikalen Parteien unterstützt.
Hitler verstand durch Massendemonstrationen und Propaganda die Massen u.
Menschen aller Berufe auf seine Seite zu bringen.Er kam legal mit 99 %
Stimmen an die Regierung.-Das Ermächtigungsgesetz gab ihm die Möglichkeit zur Diktatur.So kam über Deutschland und Europa-über die ganze Welt
das große Unglück und Leid.-abgeordnete sind die Hüter der Demokratie!
Das Volk sollte nicht blindlings vertrauen und wählen.-^egenwartsbezug:
Vergleiche die Propaganda der deutschen Ostzone(Ulbricht) mit der des
Dritten Reiches. v'a eiche Zwecke werden verfolgt und wo liegen die Gefah=
ren für Europa?
Literatur: Zierer,Band 41-44 Bild der Jahrhunderte.-Bilder und Dokumente zur Zeitgeschichte 1933-19A5 , Schiaef er-Verlag München.
Thema 90 a.
Das Ermächtigungsgesetz
Der 30.Januar 1933 ist ein Wendepunkt in der deutschen und europäischen
Geschjchte-Hitler wurde Reichskanzler /Ein Dichter schrieb in jenen Tagen:
"Jetzt wird Kirchhofstille über dieses Land kommen.Wir werden bald nicht
mehr reden dürfen."- Nur wenige sahen die kommende Diktatur voraus.Noch
am gleichen abend marschierten Abertausende durch die Straßen der Städte.
"Sie marschierten taumelnd und wonnetrunken im glühenden Fackelschein,immer gewaltiger wird der Jubel.musik,Gesang,Trubel!Wie ein urweltliches
Siegesgeheul braust das endlose Heil'Heil!zu. Hitler empor,der mit seinen
neuen Parteiministern am Fenster der Reichskanzlei steht."In allen Städ=
ten wird der "Aufbruch der I\latioh"gefeiert.
Am 1.Febr.wird der alte Reichstag aufgelöst.Wahltag ist der 5-Harz.Hitler
verkündet im Rundfunk den ersten Vier jahresplan u.sagt:"Deutsches Volk!
Gib uns vier Jahre Zeit-dann richte und urteile über uns(Partei)".Die
Wahl ergab 288 Mandate für die NSDAP,52 für die Kampffront Schwarz-weißrot; 119 für die SPD,8l für die KPD,74 für das Zentrum,18 für die BVP =
Bayer.Volkspartei.-6 für die DVP,8 für die Deutsche Bauernpartei.-Hit=
ler hatte mit 43,9% die absolute Mehrheit errungen.Er mußte aber mir anderen Parteien zusammenarbeiten,Die KPD wurde zum Reichstag nicht zugelassen.
Arn 9«März 1933 verliert auch Bayern seine Selbständigkeit. Der Rundfunk
meldet:"General Ritter von Epp hat soeben alle Macht in Bayern übernommen. SS-Führer Himmlmr hat den Befehl über die gesamte Polizei.
90/5
Am 21 .März 1933 zusammentritt des neugewählten .Reichstages .Hitler sagt:
"Wir wollen die Einheit der deutschen rmiticn wieder herstellen"(Ein Aeich
unter einem Führer-die Länder verlieren ihre SelbständigkeitS)-Am 23.111.
neichstagssitzung in der Krolloper .Hitler legt das ''ERMÄCHTIGUNGSGESETZ''
zur Abstimmung vor.Es trägt den Na men;'Gesetz zur Behebung der Not von Volk
und Reich".Die Abgeordneten sollen ihm nun ihre Zustimmung zur Alleinherrschaft geben.Vier Jahre lang will er eigenmächtig und unkontrolliert durch
das Parlament ganz nach seinem Gutdünken Gesetze erlassen können,
Im Sitzungssaal ist es still geworden.Aeichstacsprüsident Hermann Göring
sieht sich um, ob jemand das Wort verlin g.Der Sozialdemokrat Otto Wels betritt das Podium und meint: "Auf G -rund der zahlen u.Verfassung haben euch
die anderen Parteien das Aecht u.aie Pflicht sich an der Regierung zu beteiligen. Jede Regierung braucht auch Kritik,Eine iFllmichtregierung würde
uns allen schädlich sein,umo mehr ,weil ja auch aie fresse ihre Freiheit
verloren hat.Das Volk hat ein Aecht auf mitbestiemung.Wir(SPD)werden dem
Ermächtigungsgesetz nicht zustimmen. ;!Die Abstimmung ergab '+44 Ja-und 94
Neinstim ;en (SPD) . Von nun an regierte Hitler als Dihtator i
Die Folgen zeigten sich bald in der sog.. "Sleichschaltung"und Eroberung aller Machtpositionen,hinab zur letzton Bauerngemeinde ,zum kleinsten Verein, dessen Vorstand der Partei genehm sein mußte.Die NSDAP eralärte sich
zum alleinigen Wiliensträger der Nation.Gegner der Partei wurden ihrer
Stellungen entlassen;dem Bürgermeister wurde der Ortsgruppenleiter zugeteilt , pol. Verdächtige in Schutzhaft guno^mn. In allen öf f entl .Lomalen
sitzen von jetzt an die Spitzel der Partei.Das Volk "wird vorsichtig und
zum Schweigen gebracht mlan bespitzelt die Predigt des Geistlichen und
macht ihm Schwierigkeiten;in größeren Wohnblöcken spioniert der parteihörige Blochwart.Wer nich zuverlässig genug erscheint wird zur Umschu lung in ein Lager befohlen.
Der Sicherheitsdienst überwacht dxe Volkssti .i iung und öffentliche Mei=
nung;der Ortsgruppenleiter berichtet wöchentlich oder monatlich in seine Rapport über alle Vorgänge und verdachtigen Personen,über Außerun =
gen und pol.'aitze seines Bereichs dem zuständigen Gauleiter-dieser dem
Reichsleiter .Jedes freie Wort beginnt gefährlich zu "«erden. Vorbei ist
es mit der Rede-und Pressefreiheit,weg ist die freie Meinungsäußerung,
das Post und Briefgeheimnis- Jeder begegnet jedem mit Mißtrauen!In den
Gasthäusern wird nur noch Karten gespielt!
Das Ermächtigungsgesetz führte zur Willkürherrschaff u, d Rechtlosig keit im ganzen Reiche-zur Verfolgung politischer Gegner-zur Verhaftung,
Tötung der Juden, zu Terror-Verspottung .ausländischer Staatsmänner , zu
Kriegsvorbereitungen,Blitzkriegen und Zerstörung europ.Städte und zum
größten Blutopfer der Weltgeschichte,zum brutalsten Krieg aller Kriege
mit allen seinen erbärmlichen,katastrophalen Folgen.
"Im Zeichen des Hasses ist die Bewegung aufgewachsen,im Zeichen des
Hasses trat sie nach den "Ja"der abgeordneten die unumschränkte Herrschaft an." Sie hat Haß gesät und den Haß der Welt geerntet.
W ir er ke nne n;Pikt atoren sinü gefährlich,eigenwill ig,rücksichtslos.Brutal vernichten sie ihre Gegner(KZ-Lager);sie bekommen den Größenwahn,
führen Kriege,ziehen willkurl.Grenzen(Napoleon,Stalin,Hitler);was die
Völker in Jahrb.aufgebaut haben,wird bedenmenlos zerstört.-Jeder Diktatur folgt ein Niedergang,Hunger,Elend und Jammer(Beispiele).Die vom
Volke gewählten abgeordneten haben die Pflicht über die verfassungsmäßigen Rechte der Staatsbürger,die jahrhundertelang um diese Rechte
gekämpft haben,zu wachen.
Literatur: Zierer,Bild der Jahrhunderte Bd.41-44,Seite 323«
Bilder und Dokumente zur Zeitgeschiente 1933-19^5 -
90-4
1.Wir betrachten das Hakenkreuz auf Bildern(Fahnen,Standarten,Armelband,
Abzeichen,Orden,drieimarhen..)und fragen uns:Wio kam Hitler zu diesem
merkwürdigen Zeichen?~Das Hakenkreuz ist ein uraltes Sonnenzeichen der
Steinzeitleute(Zeichnung a)und der Kelten(b),der Germanen und Aleman=
nen(c).Bei den Schwaben im Ries u.der Donaugegend war es als Beilszei=
chen auf Waffen und Frauenbroschen(Fibeln).In Schretzheim bei Dillingen
wurden 63o alemannische Gräber geöffnet;immer wieder fand sich das Ha=
kenkreuz aus Gold,Silber,Bronze und Eisen(siehe oben!).Bei den Schwa =
ben sind die Kreuzhaken noch Vogelköpf e , Wotansraben,Totenvögel .Der Kreis
bedeutet das Weltall.das Kreuz ist ein abgewandeltes Sonnenrad,das sich
im All bewegt und fortrollt.Als ein Heiüszeichen,Talismann zur Abwehr
unheilbringender Dämonen wird es am Körper und auf Geräten u.Waffen ge=
tragen,bzw.angebracht.
2.War um wählt e Hitler dieses heidnisch-germanische Heilszeichen?
Zunächst als ein Erkennungszeichen seiner Anhänger oder Genossen;sie
sollten sich gegenseitig grüßen u.einander beistehen.Im heidnischen Zei=
chen sind Hitle-'s Ziele und Absichten verborgen, wie bald seine Maßnahmen bewiesen:
91/1
:nristlichen Grußes:Parteileu=
'' T") .-;. n f c: r- ■•! .o n i'irni, ' ^ e i 1
.osenaIfung üe
te grüßten sich mit dem sog. "Deutschen Gruß::
Hitler ^Einführung des Grußes in den Schulen, Vi/ehr macht u.Parteiversammlun=
gen.Entfernung des Kreuzes aus öffentl.Gebäuden,Schulen /Parteilokalen...
Hitlerbild verschiedentlich im Hergottswinxel fanatischer ,mhänger-Perso=
nenkult wie in Rußlandi-Bekämpfung christl.Kirchen,Bespitzelung der
liehen,Verungi impGeist
zugunsten
j fung christl.Orden;Verbot kirchl.Organisationen
Trennung von
S t :i a t s "| u;;,'.
reich;Ein =
aner ütaatsjugoad.Fernziel:
StaatsreII=
Kirche und Staat eie in Prana
nim--.it nie das /
führung der neuhoidnischen
»i .'«ort "Gotfin den Mund (nur
Vorsehung),be- / J
gion v .Rosenberg.-Er selbst
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sucht keinen christl.GottesKinder bleiben'■
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wie im Ostens ! j
ungetauft;dafür Jugendweihe
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B) Rückkehr zum germs
nisehen Brauchtum: tiitl erjagend (HJ)und Par teiorganisatiSonnwondfe
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eihen durchgeführt;Ernteumzüge und anderes vergesse^
A)Rückkehr zum Heidentum:
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3.1 f.,
ucKKenr zur
Brauchtum aufgerischt eis Ersatz für airehl BFeicrn!
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_3iaman.Gefoigschaftstroue , Organisationen für alle raerufe,
für Männer ,Frauen,Mädchen und auben,für Fliego-r ,Motorradfahrer
n.a.Eiiicr befiehlt, die anderen haben
■i Ziel wi widerspruchslos zu folgen
(Fü hr e r pr
z i p ait eines
bilaon)
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Aihrerj miosfe , gefügige Mussenmenschcn heranzu=
Organisation: ürtgrupp^nloitor
naucases in Grdensburgen(Sontaof ,ai! )
reisleiter-Gauleiter-aeichsleite-r-f
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~L ueroi sr-imcn iltfränk.Pe- ichs'/erv/altUig
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schwachen angrenzenden Kleinstaaten ia J
linderfertig«In seine i Kasse sagte nftier.aichtarier halt Hitler für
er andere vaJlker.Die rhirncergor
stolz und seinen Hassegesetzen beleiarg^
91b).Die Vorgange im Reich und
Gesetze dienen der Judenverfolgung Reiche
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das gewaltsame Vergehen 6egen Dachb irsaaten err.
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Thema
91&
Der Weg des Judentums
IG Dritten Deich las man an den Geschäfteingängen,am Theater,Kino oder
Hotel:"Juden haben keinen Zutritt!-Juden sind hier unerwünscht!-An Juden werden keine waren abgegeben!usw."
Jnse re Schüler f ragen: Woher kommen aie Juden?-W.arum wurden sie von Hitler verfolgt?-Warum wollte man ihnen keine Waren
verkauf en?-Weshalb durften sie nicht ins Theater, in Versammlungen?--Wurden die Juden auch früher verfolgt?.mich von anderen Völkern?
Was erzählt di e Chronik/? (Material für den Lehrer) In mittelalterlichen,
von Grundherren ausgegebenen Dorf-und Gerichtsordnungen unserer Gegend
kenn man lesen:"Wer einem Juden etwas verkauft,leiht oder verpfändet,
den wellen Wir aus Unserer Herrschaft, ausweisen F'-iMAch im 15«und 16 .
Jahrhundert bewohnten die Juden in Marktorten und Studien abgesonderte
Viertel euer sogenannte Judengassen(Judenviertel).Sie waren verpflichtet den spitzen Judenhut zu tragen,-Handwerk und Gewerbe auszuüben war
ihnen verboten.Die Zünfte weigerten sich Juden aufzunehmen.-In Märchen
und Dichtungen wird de1" Jude als Wucherer dargestellt (Shakespeare, Der
Kaufeiann von Venedig.Häuf , Jud Süß , -Droste Aliüihof f , Die Judenbuche ....).
Gründe selcher Einstellung: Der Jude war inrner ein Fremdling; er kam
mit sonderbarer Kleidung(Kaftan),fremdklingender Sprache.anderem Brauchtum, anderer,christenfeindlicher Feligion;ein Händler,der aucn mit unreinen Dingen Handel treibt rein Geldwechsler und Geldverleiher,der auf
seinen Vorteil sah;im.aar wird dem Fremden mit größtem mißtrauen begegnet; ahm wird
von einen sehr abergläubischen Volke alle Schuld an un=
erklärbaren Ereignissem angeschoben,selbst für Krankheiten,Epidemien ,
Naturkatastrophen und unaufgeklärte MQrde wird der etwas merkwürdige,
durchs Land ziehende Fremde verantwortlich gemacht oder mindestens verdächtigt.Man ist noch abergläubisch wie die Seeleute?die den Fremdling
Jonas hinauswarfen um den Sturm su besenwichtigeni
Ein unglaubliches Beispie] des Aberglaubens berichtet die Gronik aus dem
Allgäu .anrio F549: Die Fest war ausgebrochen.Aliein in mesmingen starben
ao?o Menschen,Die Schuld wurde den Juden zugeschoben.Es hieß,sie hätten
die Brunnen vergiftet Solche Anschuldigungen führten damals im ganzen
nllgau zur grausamsten Judenverfolgung und Ermordung.Die Memsinger haben alle Juder.deren sie habhaft werden konnten,verbrannt,obwohl sie
unter dem Schulze des Königs standen.Memmangen mußte sich entschuldig
gen und wurde groZzüsig begnadigt .Nach dem 15 • J'ahrhundert duldete die
Stadt keine Juden mehr innerhalb der Mauern;sie wurden abgeschoben nach
Imeraun gen ,Eisenburg, Gronentach ,Fellheia , Schweigheusen. Osterberg und Al=
tenstaut(Buumann,Geschichte des Aligäus II,20,-Miedel,Führer durch Memmingen und Umgebung Seife 17,98).Ln alten Einwohnerlisten liest .Jan hinter einem jüdischen Namen d.Vermerk: "ein Jud! "Flach dem 3c jähr„Krieg besserte sich das Verhältnis und
seit Aufhebung der Leibeigenschaft in Bayern konnten auch die Juden ihre
Viertel und Jessen verlassen und Gewerbe treiben.Während der Säkularisation-Versteigerungen traten die Juden vielfach als .Aufkäufer für sich
und andere auf,aber aucn als Geldverleiher zu hohen Zinsen.Bürgermeister
Raiffeisen nahm die unerfahrenen Bauern in seinen Verein und Schutz..
Wie_jes zur Judenvgauafoigung kam?
Bis zum Auftreten Hitlers nennten die deutschen Juden ruhig ihrer Be schäftigung nachgener.Sic waren langst Bürger des Reiches und viele hatten sich Im ersten 'Weltkrieg an der Front hohe Auszeichnungen der Tapferkeit erworben«Ihr erster gefährlicher Gegner der Neuzeit war und wurde
Hitler.Er wellte ein germanisches uroßreicn gründen.Fremdrassige Menschen
hatten darin keinen Flatz(Aassengesotze).Hitler hielt die Juden für international , für i-mexisten und antinational, für Egoisten und antisoziale
Elemente ...ALSO , glaubte er,kann er die Juden in seinem nationalsoz .Staat
nicht brauchen.Sie müsse" aus allen Amtern entfernt werden,war iner
seine Faroie IILitae : .Benote wahrscheinlich auch an die Greuelmärchen
9La/i
des abergläubischen Mittelalters , überliefert in zweifelhaften CüroniKsn.
Darum also nahen die luden unter Hitler Keinen Zutritt zu Versammlungen,
deswegen wollten Parteileute,ihrem Fuhrer zuliebe,an Juden nichts verkaufen; wieder andere brachten ihr judenfeindliches Täfeichen :us reiner Kriecherei , Schöntuerei oder Angst vor
der Partei an der Ladentüre an .
Hitlers fanatische Anhänger übernahmen blindlings die Judenfeindschaf t ; was ihr Führer sagt,ist immer richtig!-nach ihrer Meinung.So be =
ginnt zunächst der
Boykott jüdischer Waren und Geschäfte.Jedem Pg=Parleigenossen war verboten mit einem Juden zu handeln,ihn zu unterstützen,ihm zu helfen,von ihm
zu kaufen,mit iha Umgang zu pflegen od.mit ihm zu sprechen.Den parteiamtlich vorgeschriebenen Haß schürte vor illem der große Judenfeind Streicher
in seiner Zeitung"Der Stürmer'". In diesem Blatt wurden sämtliche Greuelmärchen über die Juden aus alten Chroniken der Städte neu frisiert dem Leser
aufgetischt,immer mit dem Ziel und Resultat: Seht her, so sind die Juden!
So haben sie gemordet(Ritualmorde wurden erfunden)-gewuchert-so haben sie
eure Väter ins Unglück gestürzt und betrogenJ-Sie sind auch unser Unglück!
Unkritische Leser ohne Geschichtskenntnisse hAben natürlich daran geglaubt und mancher brachte allen Ernstes das Täfeichen"Juden sind
in meinem Geschäft nicht erwünscht!" an die Ladentüre.
nucii aus Angst öffentlich als Judenfreund verschrien zu werden war mit Ursache des Boykotts. In Memmingen war ein großes jüdisches Warenhaus (woolwert).Man konnte darin alle Waren verbilligt kaufen.Der Zulauf war sehr
groß,bes.seitens der Landbevölkerung.Die Partei ärgerte sich sehr.Deswe=
gen stellte sie uniformierte SA-Posten vor den Geschäftseingang um die Namen der Einkäufer zu notieren od.Kunden zu p'hotografieren-sie sollten zu
gegebener Zeit offentlieht gebrandmarkt werden.Ahnliches geschah in allen
Städten.
Die Judenverfo1gung wird gesetzlich: Bis zur Machtüberrahme waren die Boykattmaßnahmen allein Sache der Partei-die Juden Konnten immer noch kaufen und verkaufen.Die schlimmste Zeit für sie beginnt 1933.Hitler verkündet die Rassengesetze,die Entfernung der Juden aus allen öffenti.Amtern.
Er fordert von allen Beamten den arischen Nachweis . Wer\£ jüd .Großeltern od.
von jüd.Urgroßeltern stammte,war in Gefahr.Deutsche Frauen sollten sich
von jüd.Männern trennen und umgekehrt.-Alle Juden müssen den Davidstern
tragen.Damit sind sie öffentlich Spott,Hohn und Verfolgungen ausgesetzt.
Selbst ehemalige Freunde und Hausgenossen von Juden gehen nun schweigend
an ihnen vorbei.Viele Juden können die Demütigungen nicht ertragen und
wandern aus(Albert Einstein,Prof.Oppenheimer,Hanns Assistentin Liese Meitner.Sich.Tauber,viele Künstler,Sänger,Maler,Musiker,Techniker..),Der Judenhaß der Partei war soweit vorangeschritten, daß es verboten w;.r,Musikstücke od.nieder jüd .Komponisten zu singe nfaha.-ndelsohri i )Kunstwerke von ungehörigen dieses Volkes wurden zerstört, und ai das Ausland verkauft-als
entartete »mnst und Kitsch.
Die Christallnacht war nicht Sache des deutschen Volkes!
"Die Nacht vom 9.auf den 1o.Nov.1938 Ist dunkel und malt.Nur wenige Menschen bevölkern in später Stunde die Straßen der Stadt.-Plötzlich klire
ren irgendwo Schaufensterscheiben. Junge Männer an S^-Stif ein, mi t ->ree cheshosen und Ziviljacken laufen über die Straße und verschwinden u i die
Ecke.Wieder prasseln Steine ins Glas,da-dorL-überali.Passanten laufen
zur nächsten Polizeiwache und melden den Vorfall.Die Polizisten im Lokal
sehen verlegen zu Boden.'Ein alter Wachtmeister schickt seine Leute nach
Hause,sie sollten sich um nichts kümmern.UKad wieder kommen Leute zur Wache und melden mit stammelnden Lippen,daß überall Schaufenster einge =
schlagen würden,daß ganze Banden in die jüdischen Wohnungen eindrängen,
daß Möbel und Bettzeug auf die Straße geworfen,daß Menschen auf offener
Straße verprügelt würden.Die Polizei zuckt die Achsein-sie rührt sich
nicht-sie hat ihre unWeisungen.
Dann schrillt das Klingeln der Feuerwehr.Sirenen heulen auf,Die Synagogen
brennen.Feuerwehrleute bahnen sich einen Weg zur Brandstätte-aber es
91a/K
wird nicht gelöscht;denn die SA-Leute lassen es nicht zu.-Aus dem Pelzgeschäft mit jüd.Firmennamen zerrt man wertvolle Mäntel und Pelze^einiges wird auf offenem Platze angezündet,viel aber verschwindet in d.dunklen Ga.ssen der Großstadt. Und überall Klirren die Fenster.man hört Schreie
Weheklagen und grobes Gelächter , Gepolter , klirren von Glas und Kristall
die ganze unheimliche Nacht hindurch.-Die SA-Fuhrer sagen:Die- Kristall nacht geschah auf Anweisung des Propagandaministers Dr.Goebbels."
Am Morgen des 1o.Nov. 1938 überrascht der"Völkcisene Beobachter" seine Leser mit der nachricht, daß In der vergangenen liacht eine "spontane ^Kation des Volkszornes!'stattgef unden habe, wie ein Mann habe sich die deut. =
sehe Bation erhoben um den Mord am deutschen Legationsrat Freiherrn von
Rath am Weltjudentum zu rächen(Zierer 4i-44,Seite 444).
Die sog.Kristallnacht wurde in fast allen Städten zur Überraschung der
Juden und der deutschen Bevölkerung,ja selbst der einfachen Pg.durchge=
führt.Auch in Me.Urningen brannte die Synagoge bei der Bismarskschule;
auch in Memmingen erlebten zum Mißfallen der Bevölkerung die alteingesessenen Juden eine brutale Kristallnacht.Was Goebbels über die "spontane
Aktion"und Volkszorn schrieb,war eine Lüge vor der ganzen Welt.
Der Haß steigert sich zum Mord:
Der jüd.Mord am Legationsrat wird nun zum Anlaß genommen gesetzlich gegen das Judentum vorzugehen.Ais Kollektivstrafe müssen sie 1 Milliarde
Büßgeld an das Reich zahlen.alle Juden werden bes.hoch besteuert-jüdische Betriebsführer entlassen-Geschäfte geschlossen-es folgen zunächst
willkürliche Verhaftungen.Es hieß man nehme die Leute in Schutzhaft u.
brachte sie in Konzentrationslager(KZ).Während des Krieges wurden sämtliche Juden auch in den besetzten Gebieten verhaftet-sie sollten aus =
gerottet werden -Himmler und Eichmann übernahmen die Ausrottung durch
Massentötung mit Maschinengewehren und Gas.Von derartigen Vorgängen
Morden,Vergasungen,är ztl.Versuchen usw.hat der Durchschnittsdeutsche
erst nach dem Kriege erfahren.
Israel,die neue Heimat der Juden. (Filml)Nur wenig überlebende Juden
konnten die allierten Truppen in den KZ befreien und versorgen.In den
folgenden Jahren wanderten die Mehrzahl der Geretteten nach Jsrael,ihrer neuen Heimat.aus und begegneten anderen erbitterten Feinden, den.
Arabern.Deswegen arbeiten die Juden in den Grenzgebieten,wie einst
die Deutschritter,bewaffnet.
Erkenntnisse: Hitlers Rassengesetze und sein Judenhaß führten zu Un =
menschlichkeiten und Massenmord.Das ausländ macht für
die Morde das ganze deutsche Volk verantwortlich.Die Partei hat Schande über uns gebracht.-Wir sind verpflichtet
dem jüd.Volke beim Wiederaufbau in Israel zu helfen und
allen matereilen Schauen zu ersetzen.Menschen anderer
Rasse und anderen Glaubens haben wir zu achten.Wer Haß
sät,wird Haß ernten'Hitlers Massenmörder mißachteten d.
einfachsten Menschenrecht und die christ.Gebote ..... .
Literatur: Zierer,Bild der Jahrhunderte Bd.41-44.
Bilder u.Dokumente für Zeitgeschichte 1953-1945Baumann,Geschichte des ullgäus Bd.I-III.
Miedel,Führer durch Memmingen u.Umgebung 2 Bd.
Beilagen,Das Parlament.
91a-3
Zum Thema 94
Der P r o p a g a n d a k r
Schlagzeilen aus den Tageszeitungen
von Januar 1945-26»April 19^5
S.Januar A5: aus Hitlers Neujahrsansprache•Die Welt muß wissen,daß Großdeutschland niemals kapitulieren wird.
26. Januar
Achtung Tief f lieger .'Der feindliche Luftterror hat in den
Tiefangriffen einen üusdruck gefunden,der jeder Menschlichkeit spottet.
28. Januar
Volksopfer .'Gebt Kleidung/Wäsche , Spinnstoff e aller Art und
Ausrüstungsgegenstande für Wehrmacht und Volkssturm.Tages=
befehl an die Soldaten:Unsere Gegner müssen wissen,daß jeder Kilometer gegen Deutschland mit steigender Blutlast verbunden ist und daß sie mit dem Erlahmen des Widerstandes niemals rechnen dürfen.
I.Februar
Hitler an das deutsche Volk:Wir werden die Waffen solange füh=
rcn,bis am Ende der Sieg unsere Anstrengungen krönt.Der Ansturm aus dem Osten wird am Ende doch gemeistert werden.8.Februar
Im Falle eines bolschewistischen Sieges würden Millionen
deutscher Volksgenossen in ciae Odländereien des Ostens verschickt werden.
18.Februar
Kämpfen,arbeiten und opfernllch erwarte von jedem Deutschen.
daß er seine Pflicht bis zum Äußersten erfüllt und jedes v.
ihm geforderte Opfer auf sien nimmt.-Wer versucht aus Eigennutz, sich dieser Pflichten zu entziehen,kommt vor das neu
errichtete Standgericht.
Oberschlesier Klagen an!Bestialitäten der bolschew.Bluthunde .'Das Blut der Gemordeten schreit nach Rache;
24.Februar
Sieg oder Untergang!
5.März
Amerikanische Terror!'lieger warfen Bomben in Stuttgart,Ulm,
Graz und Wien.-Wir werden gegen die Übermacht unserer Feinde
bestenen-Wir wollen liebenr sterben als kapitulieren .'Wir
werden uns die verlorenen Gebiete wieder zurückholeni2.,ipril
Haß sei unser Gebet-Pacne das Feldgeschrei.(-die Werwolf .
prokleaation an das deutsche Volk,-Werwolf= Mannwolf! ),
KAmpf bis zum letzten Atemzug!Jetzt ist die Stunde der Bewährung gekommen!Die Gefahr der Versklavung unseres Volkes
verlangt den höchsten Einsatz.Jetzt gilt nur noch eine Pa=
rolemSiegen oder fallenl(Bormann,Reichsleiter).
1 o.April Auslieferung aller arbeitsfähigen Deutschen-sowjetisch-a.uerikanische Abmachungen über Massendepcrtationen aus den be=
setzten Westgebieten.
17, April
Kapitulation bedeutet V'erscawinden Deutschlands .-Vor der
Hauptstadt des Reiches wird der Feind verbluten,-Sowjetzeichen den Verschleppten auf die Stirne gebrannt:-Den Amerikanern folgt überall der Hunger .'-Engländer verletzen das Völ=
kerrechti
auf beiden kriegführenden Seiten wird Propaganda gotrieben(Presse,aund =
funk und Soldatensender.muf beiden Seiten wird gelogen und versucht den
moralischen Widerstand der Bevölkerung zu brechen. üüieriiaanische u.engl.
Flieger warfen auch über unserem Landkreis wiederholt Flugblätter ab ait
folgenden Schlagzeilen: USA gegen Hitler iiAmerika ist nicht mehr neutral.
Laßt Euch nichts vormachenSAmeriaks Hilfe verbürgt unseren Endsieg.Die
letzte Chance uns zu besiegen ging 194o verloren.Es kommt der Tag!-daneben eine Zeichnung:aufsteigende Sonne,daneben Galgen mit aufgehängten Ha=
kenkreuz(Bedeutung:Hitleranhänger Kommen an den Galgen).-Die Achsenmächte
werden diesen Krieg nicht gewinnen!
Feindliche Flugblätter mußten bei schwerer Strafe von jedem Finder an d.
Bürgermeisteramt od.Partei abgeliefert 'werden;
Q4
Thema 95
Die Amerikaner besetzen das Dorf
A)Übersicht:Im
Juni 1944 beginnt die entscheidende Wende des Krieges zu=
gunsten der Allierten.Es landen die Invassionstruppen-sie erobern Holland zurück,am 25.August Paris.Tausende all.Flugzeuge bombardieren Tag uad Nacht die deutschen Städte und Fronten.Am 2o.Juli Attentat
auf Hitler-Hinrichtung ganzer Sippen!Hitler ruft den Volkssturm auf.Alte
Männer sollen Panzersperren errichten,mit Panzerfäusten und Trommelrevol=
ver den Ort verteidigen.Am S.März überqueren Invassionstruppen bei Rema =
gen den Rhein.Am 12.4.stehen die Amerikaner an der Elbe,am 2o.4.sind die
Russen in Berlin;am 25.4.vereinigen sich Russen und "Ammi" bei Torgau an
der Eibe.In den letzten Apriltagen besetzten die Amerikaner unseren Landkreis östlich der Jller,die Franzosen Lindau und das Gebiet westlich der
Jller.Nächtlicher Feuersehe in brennender Hofe,schwere Explosionen von
Sprengungen(Brücken , flugplatzhallen, Flugzeuge u.a.)
Zurückweichende deutsche Truppen,vor allem So-Formationen,russische Lassowtruppen durchziehen unser Gebiet.Unter den deutschen Soldaten sind Knaben von 16 und 17 J~ihren~sie geben sich gefangen.Vom Kirchturm weht die
weiße Fahne.Die Dorfbewohner sitzen ängstlich in den Luftschutzkellern.
'vorsichtig fahren, ratternd die schweren "Ammipanzer "durch das Dorf;in d.
Umgebung halten sich noch bewaffnete SS-Soldaten in den Wäldern.Aufklä =
rungsflieger suchen ihre Verstecke.Der Bürgermeister schickt den Amerik,
eine Abordnung wegen übergäbe des Ortes entgegen. -Man kom.it aus den ^ellern-hißt weiße Bettlacken an den Fenstern h-imerikaner beschlagnahmen f.
ihre Truppen Wohnraum-ganze otraoenzüge müssen in kürzester Frist geräumt
werden.-Fremdarbeiter retten sich zusammen,jubeln,werden von den Truppen
begrüßt und großzügig verpflegt und befreit.-Am 1.Mai wird Hitlers Tod gemeldet..im 7.Mai muß die deutsche Wehrmacht bedingungslos kapitulieren!
Der Krieg in Deutschland ist beendet.Alles ist froh,auch die Allierten!
3)Das Dorf unter der Militärregierung:
Der amerik.Ortskommandant fährt zum Ratshaus od.Bürgermeisteramt.Der Bgm.
wird als Pg-abgesetzt.Im Nachbarort hat der Amerikaner sich nach einem
zuverlässigen Antihitler erkundigt.Dieser Mann muß herbeigeschafft werden
und den Bürgermeister machen-dem Kommandanten unterstellt.
Die ersten Befehle und Verordnungen werden angeschlagen bzw.ausgerufen:
1 .Feuerwaffen,Munition,Ferngläser und Photoapparate müssen umgehend bei).-;
Bürgermeisteramt abgeliefert werden-bei Todesstrafe!
2.Ausgehverbot bei Tag und Nacht für alle Ortsbewohner-ausgenommen die
Fremdarbeiter(Polen,Tschechen,Russen,Franzosen,Serben..)
5,Führende Nationalsozialisten haben sich auf dem Rathaus zu melden-sie
werden verhaftet und in KZ-Lager abgefahren.
4.Die polizeilichen Befugnisse übernimmt die Militärpolizei-eine motori=
sierte Streifenpolizei-MP am Stahlhelm!
5.Die Lebensmittelzuteilung erfolgt wie bisher(siehe 74.Zuteilungsperiode)
6.Bahn~und Postverkehr sind vorerst ganz eingestellt.
dach einigen Wochen erscheinenbereits Nachrichtenblätter der Miiitärre=
gierung für die Kreise Memmingen und mindelheim.Sie werden kostenlos an
jede lote Person abgegeben.Die Maßnahmen der Mil.asfe.sind zui Teil streng,
sie dienen der Sicherheit und Herstellung besserer Ordnung nach all den
turbulenten 'Wochen.
Am 5"Juni wird Deutschland innerhalb der Grenzen von 193?in vier Besatz.
Zonen aufgeteilt und vom allierten Kontrollrat verwaltet.Ostzone:Brandenburg,Mecklenburg,Sachsen,Sachsen-Anhalt,Thüringen.-US=Z0ne, Bayern,
Württemberg,Hessen,Baden,Bremen.-Brit.Zone:NiederSachsen.Bordrheinwestfalen ,Schleswig-Holstein,Hamburg.-Französ.Zone:B .den,Rheinland-Pfalz,
«ürttembg.-Hobenzoliern.-Vier aesatzungsehtoren in der Reichshauptstadt
Derlin-allierter Kontrollrat.
95-1
95 B)
Aus dem Nachrichtenblatt der amerikanischen Militärregierung
für den Stadt-und Landkreis Memmingen und Mindelheim.
Datum 31-Mai 1945
7.) Kein Einwohner darf unerlaubt die Gemeindegrenze übertreten-ausge=
normten sind Landwirte; ihre Bewegungsfreiheit isb auf 6 km im Umkreis
des Ortes b e s chränkt.
8.) Deutsche Flüchtlinge dürfen vorerst nicht in ihre Heimat zurückreisen-.
9.) Niemand darf sich auf Reisen begeben-auch keine auswärtigen Kranken
dürfen besucht werden.
10. Wer den Ort od.Gemeinde verlassen will,braucht einen Passierschein.
11. wer sich Ausrüstungsgegenstände der all.Truppen aneignet.wird mit Gefängnis bestraft(verurteilt au 3 Monaten und 900 M Geldstrafe wurde
am 21 .Mai ein "eaiiinger , weil er ein araerik. Fernglas besaß. -liegen Be =
sitz von Feuerwaffen wurden mehrere Personen aus Memmingen,Ariesried
u.a.Orten verurteilt).
12. Religiöse Prozessionen(Fronleichn.)dürfen nur dann im Freien abge =
halten werden,wenn Varkehrsstraßen für den militärischen Verkehr
freigehalten werden.
13. Lebenswichtige Geschäfte dürfen geöffnet werden,wenn der Inhaber
Eetriebserlaubnis erhalten hat(Lizenztafel im Schaufenster!)
1H. Bei Feueralarm werden die Ausgangsbeschränkungen nicht verletzt(ab
21 Uhr war nächtliche Sperrstunde!)
15- Die Verdunklung wird aufgehoben.-Löcher in den Hauptstraßen sind
16. laufendaufzufüllen,auch wenn alte Frauen oder Männer herangezogen
werden müßten.
Datum 14.6.1945 Nr.6
17" Jeder Deutscherer Fremdarbeitern od. früheren Kriegsgefangenen berauschende Getränice abgibt,wird verhaftet u.bestraft.
18. jille Straßensperren und Barrikaden müssen bis 19•6•entfernt sein.
19» Jede Person braucht ein Arbeitsbuch vrrn Arbeitsamt.
2o . Deutsche Nationalhymnen , Militärmusik., Fanfaren , Trommelwirbel, Musikstücke ,Lieder u,Fahnen der NSDAP sind verboten.-Görings Schatzkammer bei Berchtesgaden aufgefunden-ebenso Himmlers 11 Säcke voller
Münzen!
21. Die freigewordenen KZ-Lager dienen der Internierung verhafteter
Na z i s.
22. Aus dem Südd.Mitteilungsblatt-Allierte Nachrichten Nr.1o.vom 16.Juni 45: Zur Zeit der bedingungslosen Kapitulation befanden sich insgesamt 2 850 ooo deutsche Kriegsgefangene in amerk.Gewahrsam.Davon
werüen 60O000 nicht entlassen;225oo~ Mann kommen nach Frankreich
zur Aufbauarbeit.
23. AUS dem Augsburger Anzeiger Nr.1 vom 13.7.1945:Präsident Trumann in
Deutschland!-1o2 Industrielle in Bayern verhaftet.-Amerika schickt
20 Millionen Tonnen Getreide nach Europa.
24. Dur örtlicher Briefverkehr ist erlaubt.-Volksschulen werden wieder
eröffnet.-Tscheche! will die Deutschen ausweisen.
25. 1946 beginnt die Ausweisung u.Vertreibung von 17 Hill.Deutschen aus
den Ostgebieten,ohne internationale Kontrolle
26. Augsburger Anzeiger Nr . 2 vom 2o . Juli :Konf eren in Potsd.a .1-7O000 Nationalsozialisten verhaftet.Allierte Soldaten haben nun die Erlaubnis bekommen mit Deutschen auf Straßen und offentl.Plätzen zu sprechen (bisher Redeverbot von Eisenhauer 1)Die Ausgangsbeschränkung ab
2o„Juli aufgehoben(bisher bis 22,3° Uhr Ausgang).
27/28 alle Fremdarbeiter(Polen,Ukrainer,Russen)melden sich im Fliegerhorst Memmingen wegen Übersiedlung nach dort u.späterem Abtransport.
21 .Juli 1945
29 Alle Zivilpersonen im Landkreis Memmingen müssen bis 25-7•im nesit=
ze einer Regietrierkarte(mit Fingerabdruck)sein.
3o. Alle Lehrer u.Schüler werden registriert in der Hallhofschule Meang.
95-2
am 25.7--im Benediktinerkloster Ottobeuren am 26.7«"in Grönenbach am 27.
Juli-in Jllerbeuren am 28,Juli.Ab 15-Beptember 1945 erscheint ein neues Amtsblatt für den Staut-und Landkreis Memmingen, herausgegeben vom Bürgermeister der Stadt ''k-nsingen. -Im
März 194b Beginn der politischen Reinigung!
95 G) Kurze Erläuterungen zu den Nachrichten:
7 - 1o : Die einmarschierenden Amerikaner haben Listen führender Nationalsozialisten,
von
MilitarisCenKriegsverbrechern,Technikern
,
Industriellen bei sich.Um diesen Personenkreis habhaft zu werden, darf niemand den Ort verlassen,werden alle Personen registriert
u.die
Kennkarte
ausgestellt.-In
Ottobeuren
mußten
alle
männl.Personen auf der Maibaumwiese antreten und sich auswei =
sen-umstellt
von
bewaffneten
Posten-Verhaftungen
wurden
vorgenommen-inzwischen
auch
Haussuchungen
durchgeführt.
zu 13
Die Arbeit ruhteIGeschäfte waren geschlossen bis die Mil»Regi
den einzelnen Gewerbetreibenden Lizenz erteilte.
zu 14
Anfänglich wurde die Ausgangssperre nur für Stunden zum Einkau=
fen aufgehoben,später gelockert.Nicht betroffen vom Hausarrest
waren die 9OO000 Fremdarbeiter in Deutschland.Sie benützten ih=
re Freiheit zu organisierten Uberfallen,Racheakten(Bauer Schalk
von Stephansried wurde von Polen erschossen)und Plünderungen.
Die Mil.Reg.genehmigte wegen der zahlreichen nachtlichen Überfälle den unbewaffneten Selbstschutz der Einwohner(In Ottobeuren wurden in jeder Straße Wachlokale errichtet;die mit Stöcken
bewaffneten Wachmänner eilten bedrohten Nachbarn zu Hilfe).Be=
sonders bedroht waren abgelegene Bauernhofe.Gestohlene Lebensmittel kamen auf den Schwarzhandeliabgabe von Alkohol erhöhte
die Gefahr der Raubüberfälle.
zu 17
Fremdarbeiter hatten Lager U.Geschäftshäuser geplündert.Mit Tabak aus Ottobeuren,Lederwaren aus Memmingen,Textilien aus Grönenbach u.a.Orten wurde Schwarzhandel im Großen getrieben."
zu 23
Hungersnot in Europa'Die ganze Lebensmittelversorgung war zusammengebrochen .Die Bevölkerung von Krankheiten und Seuchen bedroht .Amerika. schickt Lebensmittel nach Europa!
Jede Schule sammle für Ortsgeschichte und Unterrichtszwecke Berichte und
Ereignisse,besondere Erlebnisse aus den Kriegsjähren,vom Einmarsch der
Amerikaner,bzw.Franzosen und deren Verhalten;von den Überfällen der Fremdarbeiter-von Vaters Rückkehr aus der Gefangenschaft oder Lager usw.Wie die
ersten Ausgewiesenen in unser Dorf kamen.
Erkenntnisse: Nach der Kapitulation stehen die Deutschen der verschiede=
nen Zonen unter der Diktatur der Militärregierung,ausgeliefert
der Willkür von Ortskommandanten und der Fremdarbeiter.Wir
wollen nicht vergessen,daß auch die Deutschen im besetzten Gebiete Mil.Regierung und Ortskammandanten einsetzen mußten.Dem Hunger preisgegeben,weil die Lebensmittelversorgung zusammenbrachLahmlegung des gesamten Verkehrs»Abtrennung wichtiger land.Gebiete im
^sten;Aufteilung in Besatzungszonen.-Miternährung von 900°oo Fremdarbeitern, die nun erhöhte Rationen erhielten;Plünderungen der Lebensmittellager,
Personenzuwachs durch Vertriebene Deutsche aus dem Osten.
Bedroht an Laben,Hab und Gut durch plündernde,rachsüchtige Fremdarbeiter
ohne Veraienstmöglichkeiten;Gewerbe verboten-LizenzierungiOhne Verbindung
mit Verwandten,Aekannten und Freunden-Nachtichtensperre in ganz Deutschland .-Presse-und RedeverbotiDann Presse unter Zensur.Nach Aufhebung der
Nachrichtensperre Aufhebung des Brief=und Postgeheimnisses.Von einer Diktatur zu anderen;von einer Unfreiheit zur anderenSMachtlos,
wehrlos,hilflos ist ein besiegtes Volk dem Feinde ausgeliefert.Ganz Deut=
schland büßt Hitlers Kriegs-ünd Rachegeschrei.-17 Jahre sind vergangen u.
noch ist kein Friede geschlossen.noch gibt es Z0nen in Berlin..AUS den Be=
satzungstruppen sind Schutztruppen geworden.Amerika half das zerstörte
Europa wieder aufbauen.
_,_ ..
95-a
95-D)
lebensmittelverteilung in der 74.Zuteilungsperiode
vom 9-bis 29.April 1945 (3 Wochenration )
Erwachsene
Fleisch Fett
g
g
mehl g
i\ormalversorgungsberechtigte
Brot
Mehl
Nährmittel
g
Zucker Käse
Marmela g
g
75o
175
de
36oo
200
375
-über 18 Jahre:
Quark
g
Kaffee K.Honig Stärke
g
Satz ^.g.^,,
6 e-
62,5
125
100
750
Jugendliche von 16 bis 18 Jahre:
300
300
425
375
26oo
15oo
2oo
500
62,5
1000
Rinder bis zu 6 Jahren:
225
375
62,5
125
100
125
100
125
25o
Vollselbstversorger(B luern)über 6
unter 6 J ,hre(in Klammer:)
ooo
ooo
ooo
ooo
ooo
ooo
ooo
( 15o)
375
62,5
125
1oo
(375 ) (62,5) (125) (loo)
Ausländische Zivilarbeiter:
750
225
4000
225
375
62,5
125
100
Schwerar beit er-Zusat zkar t e :
1050
5o
3000
Schwerstarbeiter-Zusatzkarte
1800
500
4500
ooo
ooo
000
ooo
100
ooo
ooo
"Alle Brotabschnitte berechtigen auch zum Bezug von 75 v.H.Mehl.-"
Stelle eine Aochen-T'ages-monatsration für Erwachsene und Kinder zusammen!
Vergleiche mit dem gegenwärtigen Normalverbrauch.-Kalorienberechnungen!
95~E
Der Völkermord in Zahlen(Zierer Bd.44 S.677:
Gesamtverluste der Menschheit 14,45 Hill.Gefallene,5,5 kill.Ermordete,286
Mill.Opfer des Luftterrors.-8Mili,+durch Hunger,Krankh.Elend.-11 Mill.+ in
KZ-Lagern.-29,65 Mill.Kriegskrüppel.-21,24 Mill.obdachlos.-15Mill. heimatlos
Zerstört wurden: 32 Mill,Privatgebäude,17,8 Mill.öffentliche Geb.Mit den GeBäudeschutt könnte man den M.Everest zudecken!-Jeder 5-J eu t sc He Mann ist im
Krieg gefallen.8OO000 Deutsche sind Opfer des Luftkrieges.Millionen befin=
den sich in Gefangenschaft.
In ganz Europa werden nach dea Kriege über 13 Mill.Flüchtlinge gezählt.Da=
runter 3,3 M Polen,2,5 Franzosen,2 Russen,1 Tschechen u.Italiener,0,6 Mill.
Beigier, 0,5 Holländer, 0, 4 Jugosl.,0,3 Balten-0,2 Finnen-0 ,1 85m Bulgaren0,15o 3panier-0 , o8_ Griechen-O, 065 Ungarn, je 40ooo Norweger u .Dänen,32ooo
Luxemburger.--
95-4
Literatur.zur OrtsgeSchichtsforschuug
A) Für Allgäuer Orte: (Nordgrenze etwa Bahnlinie Buxheim-Memmg.-Sonth.)
1.Baumann,Geschichte des Allgäus Bd.I-III-vergriffenlBiblioth.
2.Rottenkolber: ,Gesch.d.Allgäus ab 1800 als Fortsetzung Baumanns
IV.Band.-Verlag Kösel-Pustet München.
3.Haggenmiller,Geschichte von Kempten(vergriffen-ArchiveI
4.Merkt,Kleines Burgenbuch.-Letzen im Allgäu-Verlag Kempten.
5"Weitnauer,Schriften des Heimatpflegers,bes.Das kelt.Erbe.
B)Für Orte des ehemaligen Reichsgotteshauses Ottobeuren:
1 .Feyerabend,Ottobeurer Jahrbücher I-IV~-vergrif f en-Archiv , Bibl.
2.Schnieringer,Register zu obigen Ja.hrbüchern(vergrif f en)
3.Schnieringer,Gescnichte des Marktes,I.Teil.-vergriffen!
4.Sontheimer,Die Geistlichkeit des Kap»Ottobeuren I-V,behand.
fast sämtliche Ffarreien-wertvoll!-veigriffen!-Pfarrbibl.
5.Archive Ottobeuren,Neuburg a.Donau,München;Archiv Buxheim in
Ottobeuren.
C )Ortscbaf ten der ehem.Reichsstadt Memmingen u.ihrer Patrizier:
1.Fackler-Schcrer-Unold..Groniken der Reichsstadt Memmingen
2.Schnieringer,Register zur Geschichte von Unold (vergr . )
3.Miedel-Braun,Führer durch Memmingen und Umgebung i,II
4.Stark,Geschichte der ev.ref.Pfarrgemeinden(vergr.)
5•neimabdienst-Zeitschriften; Sfadtbibl.-Zettelsammlung....
D)Ortschaften der ehem.Herrschaft Grönenbach(Grönenb.-Ittelsburg,Herhis=
hofen,Theinselberg,Gemeinschwenden..) Gemd.und Pflarrarcbive,
1.Sedeimayer /Geschichte des Marktes Gronenbach(vergriffen!)
2.Schnieringer, do.-Handschrift Band I und II.+ Hofgeschichte.
3.Schnieringer,Geschichte Lachen-Theinselberg/ Ittelsburg.
E)Folgende Orte besitzen eine Chronik od.die Grundlagen dazu:
Enderle,Aus Legaus Vergangenheit(vergr.)-Epplen-meyer,Steinbach/
Gänsler,Beiträge zur aesch.von Fleß/-K0hl-Haid,Illerbeuren
(uanaschrif tl. )- Ludwig Meyer , Eisenburg(Druck)- Rapp',Fellheim.Wagner,Westerheim. Eine Siedlung u.Hofgeschichte von'Schnieringer besit zen: Böhen-Wolfertschwenden-Niecierdorf-hawangen-Unger=
hause n~Guggenberg+St ephansrie d-Ilaitzen-Fre chenrieden=ült isrie dIttelsburg.-Fertige Ortsgeseh.Lachon=Theinselberg. + Randschriftl.
Hof-und Schulgeschichte.-Ottobeuren I.Teil. -Gronenbach,
F)Gebietschroniken u.Abhandlungen:(außer A bis D )
1.Raiser,Oberdonaukreis 1830-vergrifIen1-Archive und Biblioth.
2.Geschichte des Hauses feidburg-dazu Register v.Schnieringer.
3.Schnieringer,Burgstalle im Landkreis Memmingen,Selbstverlag.
4.Schnieringer,Die Vorgeschichte im Unterricht-vergriffeni
5.Schnieringer,^eimatbriefe Nr.1-30,vergriffenl
6.Schnieringer,Heimatkunde im 3- und im 4.Schuljahr.
7.Schnieringer,Der Landkreis Mem mingen,Lehrerheft(vergriffen)
8.Schnieringer,Memminger neimatbuch-Schülerheft-gedr.Vergriffen.
9.Rar et,Das neue Bild der Vorgeschichte.
1o.Weitnauer,Das keltische Erbe.-Allgäuer Sagen.11.Verlag des Heimatpflegers:Zopf1,Das bayerische Schwaben.Dertsch,Dchwäbische Siedlungsgescnichte.-Huber,Landschaft,Tiere und Pflanzen.-Endriß,Landeskunde von Schwaben.-Stroh,Grundriß zur Vorgeschichte Schwabens.-Zeitschriften:Schönes Allgäu/
Schwabenland/der histor.VereineSArchiv des üeimatpflegers!
G)Einschlä0ige historische Romane:
Dörfler,Der Ndtwedder(Karl Hirnbein ).-Ortler,Ein mann kuriert
Europa (Pfarrer Kneipp , Stephansriea-iA/örishof en, Gronenbach )Art.Maxim.Miller,Der Fuhrmann Jeremies(Schwedenkrieg um Grönenb.
und üttobeuren-im Landkreis! wertvoll für die ^chule:- Die drei
Ringe (auszugsweise -^KLo st er neu bau 1 j-Dör iler ,Ur ,iaier . -Skalizki , Wallensteinsommer in he^uingeri.
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