102 德語乙組朗讀篇目 5 篇 Der alte Großvater und der Enkel Es war einmal ein alter Mann, seine Augen waren schlecht, er hörte nicht mehr und die Knie zitterten ihm. Wenn er bei Tisch saß und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch, und es floss ihm auch etwas wieder aus dem Mund. Sein Sohn und seine Schwiegertochter ekelten sich davor, und deswegen musste sich der alte Großvater schließlich hinter den Ofen in die Ecke setzen. Er bekam sein Essen in einem Schüsselchen und er hatte oft nicht genug zu essen und zu trinken. Da sah er traurig zum Tisch hinüber, und Tränen kamen ihm in die Augen. Einmal konnte seine alten Hände das Schüsselchen nicht festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schimpfte, er sagte aber nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm einen Teller aus Holz, daraus musste er nun essen. Diesen Teller konnte der Großvater nun ruhig fallen lassen, er ging nicht kaputt. Eines Tages trug der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde kleine Holzstücke zusammen. „Was machst du da?“ fragte der Vater. „Ich mache einen Teller.“ antwortete das Kind, „daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin.“ Da sahen sich der Mann und die Frau eine Weile an und begannen zu weinen. Sie holten sofort den Großvater an den Tisch, und er durfte von nun an immer mitessen. Wenn er Hunger oder Durst hatte, brachten sie ihm etwas. Und sie sagten auch nichts, wenn er ein wenig auf den Boden schüttete. Text: Brüder Grimm Der Text wurde zur Vorleseübung für DaF-Anfänger leicht geändert. 1 Der kleine Frosch Es war einmal ein kleiner Frosch. Der hatte ganz gerne frischen Dorsch. Er tauchte, schwamm den Fischen hinterher, doch leider blieben seine Hände immer leer. Irgendwann war der kleine Frosch müde und wollte nicht mehr den Fischen hinterherjagen. Er suchte sich ein neues Spiel aus. Als gerade viele Seerosenblätter auf dem Teich schwammen, kam ihm eine Idee. Er wollte von einem Seerosenblatt auf das andere hüpfen. Das war aber gar nicht so einfach für einen kleinen Frosch. Es brauchte Mut und Kraft. So übte der kleine Frosch zuerst mit Blättern, die ganz dicht aneinander auf dem Wasser lagen. Er hüpfte also ganz fröhlich von einem Blatt aufs andere und hatte viel Spaß. Die Blätter waren ja nah und es ging ganz leicht. Bald wurde das aber dem kleinen Frosch zu langweilig und zu leicht und so suchte er sich ein Blatt aus, das ziemlich weit weg von einem andern Blatt schwamm. Auf dieses Seerosenblatt wollte er jetzt unbedingt hüpfen. Er war ganz aufgeregt und sagte sich: "Ja, das schaffe ich." Der kleine Frosch nahm viel Anlauf und machte einen ganz großen Sprung. - Plumps! Der kleine Frosch fiel in den Teich. Dabei kam ihm ein großer Schluck Wasser in den Hals, so dass er husten musste. So gut und so schnell er konnte, paddelte er an den Teichrand. Dort wartete seine Mutter auf ihn. Mit einem lächelnden Auge hatte sie ihn beobachtet: "Komm Kleiner", sagte sie zu ihm und nahm ihn in die Arme. "Das nächste Mal bist du sicher vorsichtiger und dann klappt es ganz bestimmt. Da bin ich ganz sicher." Text: Monika Minder Der Text wurde zur Vorleseübung für DaF-Anfänger leicht geändert. 2 Die Prinzessin auf der Erbse Es war einmal ein Prinz, der wollte eine Prinzessin heiraten, aber es sollte eine wirkliche Prinzessin sein. Da reiste er in der ganzen Welt herum, um eine solche zu finden, aber überall fehlte etwas. Prinzessinnen gab es genug, aber ob es wirklich Prinzessinnen waren, konnte er nicht herausbringen, immer war etwas, was nicht in der Ordnung war. Da kam er wieder nach Hause und war ganz traurig, denn er wollte doch gern eine wirkliche Prinzessin haben. Eines Abends zog ein furchtbares Gewitter auf. Da klopfte es an das Stadttor, und der alte König ging hin, um aufzumachen. Es war eine Prinzessin, die draußen vor dem Tor stand. Aber, wie sah sie aus! Das Wasser lief ihr von den Haaren und Kleidern herunter und lief in die Schuhe. Sie sagte, dass sie eine wirkliche Prinzessin sei. "Ja, das werden wir schon erfahren!" dachte die alte Königin, aber sie sagte nichts, ging in die Schlafkammer hinein, nahm alle Betten ab und legte eine Erbse auf den Boden der Bettstelle. Darauf nahm sie zwanzig Matratzen, legte sie auf die Erbse, und dann noch zwanzig Daunendecken oben auf die Matratzen. Da sollte nun die Prinzessin schlafen. Am Morgen wurde sie gefragt, wie sie geschlafen habe. "O, sehr schlecht!" sagte die Prinzessin. "Ich habe meine Augen die ganze Nacht nicht geschlossen! Gott weiß, was da im Bett gewesen ist. Ich habe auf etwas Hartem gelegen, so dass ich ganz braun und blau über meinem ganzen Körper bin! Es ist ganz entsetzlich!" Nun sahen sie, dass es eine wirkliche Prinzessin war. Da nahm der Prinz sie zur Frau. Text: Hans Christian Andersen Der Text wurde zur Vorleseübung für DaF-Anfänger leicht geändert. 3 Ein Tisch ist ein Tisch Ich will von einem alten Mann erzählen, von einem Mann, der kein Wort mehr sagt, ein müdes Gesicht hat, zu müde zum Lächeln und zu müde, um böse zu sein. Er wohnt in einer kleinen Stadt, am Ende der Straße oder nahe der Kreuzung. Es lohnt sich fast nicht, ihn zu beschreiben, kaum etwas unterscheidet ihn von anderen. Er trägt einen grauen Hut, graue Hosen, einen grauen Rock und im Winter den langen grauen Mantel, und er hat einen dünnen Hals, dessen Haut trocken und runzelig ist, die weißen Hemdkragen sind ihm viel zu weit. Im obersten Stock des Hauses hat er sein Zimmer, vielleicht war er verheiratet und hatte Kinder., vielleicht wohnte er früher in einer andern Stadt. Bestimmt war er einmal ein Kind, aber das war zu einer Zeit, wo die Kinder wie Erwachsene angezogen waren. Man sieht sie so im Fotoalbum der Großmutter. In seinem Zimmer sind zwei Stühle, ein Tisch, ein Teppich, ein Bett und ein Schrank. Auf einem kleinen Tisch steht ein Wecker, daneben liegen alte Zeitungen und das Fotoalbum, an der Wand hängen ein Spiegel und ein Bild. Der alte Mann machte morgens einen Spaziergang und nachmittags einen Spaziergang, sprach ein paar Worte mit seinem Nachbarn, und abends saß er an seinem Tisch. Das änderte sich nie, auch sonntags war das so. Und wenn der Mann am Tisch saß, hörte er den Wecker ticken, immer den Wecker ticken. Dann gab es einmal einen besonderen Tag, einen Tag mit Sonne, nicht zu heiß, nicht zu kalt, mit Vogelgezwitscher, mit freundlichen Leuten, mit Kindern, die spielten und das Besondere war, dass das alles dem Mann plötzlich gefiel. Er lächelte. "Jetzt wird sich alles ändern", dachte er. Text: Peter Bichsel Der Text wurde zur Vorleseübung für DaF-Anfänger gekürzt. 4 Herr Böse und Herr Streit Es war einmal ein großer Apfelbaum. Der stand genau auf der Grenze zwischen zwei Gärten. Und der eine Garten gehörte Herrn Böse und der andere Herrn Streit. Als im Oktober die Äpfel reif wurden, holte Herr Böse mitten in der Nacht seine Leiter aus dem Keller und stieg heimlich und leise auf den Baum und pflückte alle Äpfel. Als Herr Streit am nächsten Tag ernten wollte, war kein einziger Apfel mehr am Baum. „Warte!“ sagte Herr Streit, „Dir werde ich es heimzahlen.“ Und im nächsten Jahr pflückte Herr Streit die Äpfel schon im September, obwohl sie noch gar nicht reif waren. „Warte!“ sagte Herr Böse, „Dir werde ich es heimzahlen.“ Und im nächsten Jahr pflückte Herr Böse die Äpfel schon im August, obwohl sie noch ganz grün und hart waren. „Warte!“ sagte Herr Streit, „Dir werde ich es heimzahlen.“ Und im nächsten Jahr pflückte Herr Streit die Äpfel schon im Juli, obwohl sie noch ganz grün und hart und sooo klein waren. „Warte!“ sagte Herr Böse, „Dir werde ich es heimzahlen.“ Und im nächsten Jahr pflückte Herr Böse die Äpfel schon im Juni, obwohl sie noch so klein wie Rosinen waren. „Warte!“ sagte Herr Streit, „Dir werde ich es heimzahlen.“ Und im nächsten Jahr schlug Herr Streit im Mai alle Blüten ab, so dass der Baum überhaupt keine Früchte mehr trug. „Warte!“ sagte Herr Böse, „Dir werde ich es heimzahlen.“ Und im nächsten Jahr im April schlug Herr Böse den Baum mit einer Axt um. „So“, sagte Herr Böse, „jetzt hat Herr Streit seine Strafe.“ Von da an trafen sie sich häufiger im Laden beim Äpfelkaufen. 5 Text: Heinrich Hannover Der Text wurde zur Vorleseübung für DaF-Anfänger leicht geändert. 6