EUROPÄISCHES PARLAMENT 2004 2009 Plenarsitzungsdokument 25.10.2004 B6-0110/2004 ENTSCHLIESSUNGSANTRAG eingereicht im Anschluss an eine Erklärung des Rates und der Kommission gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung von Konrad Krzysztof Szymański und Anna Elzbieta Fotyga im Namen der UEN-Fraktion zu den Wahlen und Referenden in Belarus RE\545749DE.doc DE PE 350.835 DE B6-0110/2004 Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Wahlen und Referenden in Belarus Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Belarus, – insbesondere unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Oktober 1996 zur Lage in Weißrussland, in der es beschloss, von jedem weiteren Schritt auf dem Weg zur Ratifizierung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens abzusehen, bis die weißrussischen Behörden deutliche Zeichen ihres Willens gesetzt hätten, die grundlegenden demokratischen Rechte und Menschenrechte uneingeschränkt zu achten, – insbesondere unter Hinweis auf seine vor den Präsidentschaftswahlen 2001 am 5. Juli 2001 angenommene Entschließung zu Belarus sowie auf die Berichte der Parlamentarischen Troika (Parlamentarische Versammlung der OSZE, Parlamentarische Versammlung des Europarates und Europäisches Parlament) die nach den allgemeinen Wahlen 2000 (30. Januar 2001) und nach den Präsidentschaftswahlen 2001 (4. Oktober 2001) veröffentlicht wurden, – insbesondere unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Februar 2003 zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Belarus: auf dem Weg zu einer künftigen Zusammenarbeit, – unter Hinweis auf die Erklärung der OSZE auf dem Gipfeltreffen von Istanbul 1999, – unter Hinweis auf die Entschließungen des Europarates zur Lage in Belarus und insbesondere seine Entschließung vom 28. April 2004 zur Verfolgung der Presse in der Republik Belarus, – unter Hinweis auf die Erklärung des Leiters des Büros der OSZE in Minsk zu den Haftstrafen, zu denen zwei Mitglieder der belarussischen Opposition verurteilt wurden, weil sie beschuldigt wurden, den Präsidenten von Belarus diffamiert zu haben, – unter Hinweis auf die Erklärung des niederländischen Vorsitzes im Namen der Europäischen Union zu dem nicht hinnehmbaren Druck, den die belarussischen Behörden auf die Europäische Humanistische Universität in Minsk ausüben, – unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Mai 2004 über die Europäische Nachbarschaftspolitik – KOM(2004) 373 end., – unter Hinweis auf die von der UN-Kommission für Menschenrechte angenommenen Entschließungen sowie ihren Beschluss, einen Sonderberichterstatter für Belarus zu ernennen, – unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die die Wahlen in Belarus beobachten, sowie PE 350.835 DE 2/5 RE\545749DE.doc unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzes der EU, in der er mitteilt, er sei äußerst verblüfft über die Tatsache, dass es sowohl während des Wahlkampfes als auch am Wahltag konkrete Hinweise gegeben hätte, dass die belarussischen Behörden die demokratischen Regeln des Wahlprozesses missachtet hätten, – gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in der Erwägung, dass die Wahlen zum belarussischen Parlament am 17. Oktober 2004 stattgefunden haben, B. in der Erwägung, dass die Wahlen demokratischen Kriterien nicht genügten, da es verboten war, Kandidaten der Opposition einzutragen und es der Opposition nicht gestattet wurde, die Auszählung der Stimmen zu beobachten, C. in der Erwägung, dass Präsident Lukaschenko einer unabhängigen Umfrage zufolge im Referendum weniger als die erforderlichen 50 % erhielt, D. in der Erwägung, dass die belarussischen Menschenrechtsaktivisten von staatlicher Seite bedroht und unter lächerlichen Vorwänden verfolgt werden, E. in der Erwägung, dass Sicherheitskräfte Demonstranten, die sich diese Woche versammelt haben, festgehalten und geschlagen haben, u.a. auch Anatoli Lebedko, Führer der belarussischen Oppositionspartei, der Vereinigten Bürgerpartei, F. in der Erwägung, dass Dutzende von Aktivisten der Opposition wegen Teilnahme an einer „nicht genehmigten Versammlung“ zu 10 bis 15 Tagen Haft verurteilt wurden, G. in der Erwägung, dass über 30 Demonstranten wegen Teilnahme an einer friedlichen Demonstration zu Geldstrafen verurteilt wurden, H. in der Erwägung, dass mehrere Personen, u.a. führende Persönlichkeiten der belarussischen Opposition und ausländische Journalisten, verhaftet und geschlagen wurden, I. in der Erwägung, dass internationale Beobachter mehrere grobe Verstöße der Regierung während des Wahlkampfes festgestellt haben, die das Wahlergebnis verzerren, bevor die Stimmen überhaupt abgegeben wurden, J. in der Erwägung, dass diese Maßnahmen gegen die Verfassung von Belarus, die freie Meinungsäußerung garantiert, sowie gegen international vereinbarte demokratische Standards, verstoßen, K. in der Erwägung, dass die Lage in Belarus sich nicht verbessert, sondern im Gegenteil verschlechtert hat, und dass die Menschenrechte in dieser Situation mit Verachtung gestraft werden, das Parlament seiner legislativen Rechte beraubt wurde und das Wirtschaftsleben vom Präsidenten bestimmt wird; in der Erwägung, dass diese Gesetzesverstöße die Inhaftierung von Mitgliedern der demokratischen Opposition und andere Formen der Repression gegen diese Menschen beinhalten, die Streichung politischer Parteien aus den Listen vor den Wahlen, die Belästigung und Einschüchterung RE\545749DE.doc 3/5 PE 350.835 DE von Kandidaten der Opposition und das Verbot für Vertreter der Oppositionsparteien, in den Wahllokalen anwesend zu sein, L. in der Erwägung, dass die EU wiederholt die Verhaftung prominenter Oppositionsführer durch die Regierung Lukaschenko verurteilt hat sowie in der Erwägung, dass keine Fortschritte in einigen ungelösten Fällen betreffend verschwundene Personen erzielt wurden, M. in der Erwägung, dass in den vergangenen Jahren über 50 demokratische nichtstaatliche Organisationen auf unterschiedlicher Ebene und unterschiedlicher politischer Ausrichtung, über 20 unabhängige Massenmedien, mehrere Bildungsinstitute und verschiedene politische Parteien aus „technischen“ Gründen geschlossen wurden, während es in Wirklichkeit klar war, dass diese Organisationen in allen Fällen nur deshalb bestraft wurden, weil sie den Präsidenten und seine Politik kritisiert hatten, N. in der Erwägung, dass es immer wieder zu politisch motivierten Verhaftungen und Gerichtsverfahren für Aktivisten der demokratischen Bewegung und unabhängige Journalisten, sowie zur Ausweisung ausländischer Bürger in Belarus kommt; in der Erwägung, dass erst vor ein paar Tagen zwei Mitglieder der belarussischen Opposition, Walerij Lewonewskij und Aleksander Wasiljew, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurden, weil sie beschuldigt wurden, den Präsidenten von Belarus diffamiert zu haben, O. unter Hinweis auf die zunehmende politische Isolation von Belarus, das das einzige osteuropäische Land ist, mit dem die EU noch kein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen unterzeichnet hat, 1. bedauert die undemokratischen Bedingungen, unter denen die Wahlen und Referenden in Belarus stattgefunden haben; 2. ist der Auffassung, dass die Wahlen und Referenden in Belarus nicht fair und frei verlaufen sind; 3. fordert Präsident Lukaschenko auf, die Verfolgung friedlicher Proteste in Belarus unverzüglich einzustellen; 4. fordert die Behörden von Belarus auf, die Demonstranten und Oppositionsführer unverzüglich freizulassen; 5. verurteilt nachdrücklich die willkürlichen Angriffe des belarussischen Regimes auf die Medien, Journalisten, Mitglieder der Opposition, Menschenrechtsaktivisten und alle Personen, die versuchen, den Präsidenten und das Regime frei zu kritisieren, was durch willkürliche Verhaftungen, Misshandlung von Häftlingen, das Verschwinden von Personen, politisch motivierte Verfolgung und anderer Akte der Unterdrückung, die gegen die Grundsätze der Demokratie und der Rechtstaatlichkeit verstoßen, belegt ist; 6. fordert den Rat und die Kommission auf, eine Strategie auszuarbeiten, um die demokratischen Kräfte und die unabhängigen Medien in Belarus zu unterstützen und in Erwägung zu ziehen, einen unabhängigen Rundfunksender zu gründen, mit dem Ziel, die belarussische Bevölkerung mit unabhängigen Informationen zu versorgen; PE 350.835 DE 4/5 RE\545749DE.doc 7. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten und dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament von Belarus zu übermitteln. RE\545749DE.doc 5/5 PE 350.835 DE