Krankenhausbetriebsausschuss Sitzung am 9. Juli 2007 TOP 5: Ausbau des gastroenterologischen Schwerpunktes am Kreiskrankenhaus Backnang Antrag der CDU-Fraktion vom 26.03.2007 verantwortlich: Drucksache 80/2007 Eigenbetrieb Rems-Murr-Kliniken 1 Anlage Beschlussfassung: 09.07.2007 Krankenhausbetriebsausschuss Beschlussvorschlag für Der Krankenhausbetriebsausschuss beschließt den Ausbau den des gastroenterologischen Schwerpunktes am Krankenhausbetriebsauss Kreiskrankenhaus Backnang. Für erforderliche Investitionen chuss: werden vom Landkreis im Haushalt 2008 350.000 € über den Vermögensplan zur Verfügung gestellt. 1. Ausgangslage Die CDU-Fraktion stellt den Antrag, zu prüfen, ob sich für den Ausbau eines gastroenterologischen Schwerpunktes insbesondere das Kreiskrankenhaus Backnang eignen würde. 2. Sachstand An den drei Standorten der Rems-Murr-Kliniken werden in den Abteilungen für Innere Medizin in enger Verzahnung mit den jeweiligen Abteilungen für Allgemeinchirurgie gastroenterologische Patienten auf hohem Niveau versorgt. Obwohl nur am Kreiskrankenhaus Backnang der Chefarzt der Inneren Medizin über die Zusatzbezeichnung Gastroenterologie verfügt, wird an den anderen beiden Standorten der Bereich Gastroenterologie durch jeweils einen Oberarzt mit dieser Zusatzbezeichnung auch kompetent vertreten. Auch in den 3 Allgemeinchirurgien zählen Endoskopien und Operationen am Verdauungstrakt zu den Leistungsmerkmalen. Anders, als bei einer ausgesprochenen Fachabteilung Kardiologie, bei der neben zahlreichen Einzelgeräten das teuere Investment des Herzkathetermessplatzes von zentraler Bedeutung ist – und im optimalen Fall sogar zwei solche Geräte nebeneinander stehen – ist bei einem gastroenterologischen Schwerpunkt innerhalb einer Internistischen Abteilung das Investment in Relation geringer und daher eine Vorhaltung an mehren Standorten – wie im Rems-Murr-Kreis – sinnvoll und vertretbar. Zudem würden die Allgemeinchirurgischen Abteilungen empfindlich geschwächt werden, wenn sie keinen adäquaten, internistischen Partner für Probleme der Verdauungsorgane mehr vor Ort hätten. Insofern, kann es sich bei einer Schwerpunktbildung an den Rems-Murr-Kliniken nur um die Konzentration von teurer Spezial- oder Spitzendiagnostik handeln. 3. Gründe für einen gastroenterologischen Schwerpunkt in Backnang Der Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin am Kreiskrankenhaus Backnang hat folgende Gründe für einen gastroenterologischen Schwerpunkt am Kreiskrankenhaus Backnang 2 zusammengestellt: Traditionell hatte die medizinische Klinik in Backnang ein Schwergewicht auf dem gastroenterologischen Sektor. Die Chefärzte verfügten schon bisher über die Teilgebietsbezeichnung Gastroenterologie. Die Einführung von Spezialtechniken, die in jedem Haus nur in geringer Frequenz erforderlich wären, sollte sinnvoller Weise auf eine Abteilung konzentriert werden, um ausreichende Untersucher-Routine zu gewährleisten. Der Vorteil für alle drei Standorte bestünde in einer Ausweitung des Leistungsspektrums und Verbesserung der Untersuchungsqualität. Bei einzelnen Untersuchungen, wie der Kapselendoskopie, müsste kein Patiententransport stattfinden. Bei anderen Untersuchungen wäre ein Patiententransport zu den Untersuchern, mit anschließendem Rücktransport, nur innerhalb des Landkreises notwendig (z.B. Endosonographie). Angesichts der geplanten Zusammenlegung der Standorte Backnang und Waiblingen in einem Neubau in Winnenden steht die Differenzierung der Inneren Medizin in drei Spezialabteilungen bevor. Somit wäre es sinnvoll, analog zur geplanten Entwicklung einer kardiologischen Spezialabteilung in Waiblingen, schon Jahre vor dem Umzug in den Neubau die Gastroenterologie an einem Standort zu optimieren, um entsprechende Lernkurven bereits jetzt zu absolvieren. Sollte der Neubau aus finanziellen Gründen nicht zu verwirklichen sein, wäre die Stärkung der Altstandorte unerlässlich. Die Optimierung des gastroenterologischen Leistungsangebotes könnte zu einer weiteren Fallzahlsteigerung auch in den diagnostischen Abteilungen und operativen Abteilungen führen. Derzeit können lediglich für die Doppelballon-Enteroskopie zusätzliche Erlöse realisiert werden. Weder die Kapselendoskopie noch die Endosonographie wird zusätzlich vergütet. Die Fachgesellschaften setzen sich aber für eine zukünftige Vergütung dieser Verfahren ein. Es wäre dennoch kurzsichtig, die Erlösmöglichkeiten zum alleinigen Maßstab für die Entscheidung der Einführung neuer Untersuchungstechniken zu machen. Zum einen werden aus medizinischen Gründen, Techniken wie die Endosonographie (Beispiel Rektumkarzinom) unverzichtbar und zum anderen wirkt sich die Attraktivitätssteigerung einer Abteilung auch auf das Zuweisungsverhalten der Hausärzte aus. 4. Konzept für den Ausbau der Endoskopie in Backnang Zum Ausbau der Endoskopie in Backnang zählt die Einführung neuer Methoden und Geräte sowie die Modernisierung vorhandener Ausstattung. Zusätzlich werden Personalressourcen benötigt, um die neuen Verfahren qualifiziert einsetzen zu können. Neue Verfahren: 1. Kapselendoskopie Bei dieser neuen Technologie handelt es sich um eine 26 x 11 mm große einnehmbare Kapsel für medizinische Untersuchungszwecke. Sie enthält Batterien, einen Sender, Lichtquelle sowie eine Chip-Kamera, die über einen Zeitraum von ca. 6 Stunden Bilder mit einer Frequenz von 2/sec sendet. Die Kapsel wird auf natürlichem Wege über den Darm ausgeschieden und nicht wieder verwendet. Es können nur Patienten damit untersucht werden, bei denen keine Engstellen im Darm (Stenosen) zu befürchten sind. Die Bilder werden von einem Aufnahmegerät, das der Patient während der Untersuchung in einem Gürtel bei sich trägt, gespeichert und im Anschluss daran durch ein Computerprogramm als Film für eine Auswertung sichtbar gemacht. Die Auswertung ist äußerst Zeitaufwändig, man muss mit einer Auswertezeit von 2-3 Stunden rechnen. 3 Prinzipiell ist der Einsatz der Kapsel bei allen Erkrankungen des Dünndarms, die mit herkömmlichen Untersuchungsmethoden nicht oder nicht ausreichend geklärt werden können, angezeigt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das Verfahren noch nicht geeignet, die herkömmliche Endoskopie des Magens und des Dickdarms zu ersetzen, da die Kapsel hier nicht lange genug verweilen kann und keine Luftfüllung möglich ist. Auch können keine Gewebeproben damit gewonnen werden. Die endoskopischen Standardverfahren Gastroskopie und Koloskopie sind in Speiseröhre, Magen und Darm weiterhin der Kapsel an Genauigkeit deutlich überlegen. Die Methode der Kapselendokopie ist prinzipiell ein ambulant durchführbares Verfahren. Mit 3 Rekordern könnten an allen drei Standorten der Rems-Murr-Kliniken Patienten vor Ort untersucht werden. Die Auswertung der Untersuchung würde dann nach Übersendung des Aufnahmerekorders an der Workstation in Backnang erfolgen. Zunächst werden in Summe ca. 50 Patienten an den 3 Standorten p.a. geschätzt. 2. Doppelballon-Enteroskopie Diese neue Technik zur endoskopischen Untersuchung des gesamten Dünndarms erlaubt nach Identifizierung einer Läsion konkret invasive Eingriffe (Blutstillung, Polypektomie, Argon-plasma-Koagulation, Gewebeprobenentnahme) im gesamten Dünndarmbereich. Auch diese Technik ist äußerst zeitaufwändig und kann nur in Kurznarkose durchgeführt werden. In etwa der Hälfte der Fälle wird ein Befund der Kapselendoskopie eine DoppelballonEnteroskopie nach sich ziehen. Zunächst werden in Summe ca. 30-40 Patienten aus den 3 Standorten p.a. geschätzt. 3. Endosonographie Die Basisausrüstung für die Endosonographie wurde in Backnang vor einem Jahr beschafft. Sie besteht aus einer Sektor-Ultraschallsonde und einer Rektalsonde für das Rektumkarzinom. Die diagnostische Endosonographie ist mit der Sektor-Sonde deutlich schwieriger, dafür sind mit dieser Sonde auch Gewebeproben möglich. Für die komplette Durchführung der Endosonographie wäre daher noch die Anschaffung einer radialen Sonde erforderlich, die einen besseren Überblick über das Untersuchungsgebiet verschafft. Zusätzlich sollte die Minisondentechnik angewandt werden, um die Endosonographie auch in kleinen Gangsystemen (Gallengang oder stenosierte Darmabschnitte) einsetzen zu können Zunächst werden in Summe ca. 100-150 Patienten aus den 3 Standorten p.a. geschätzt. 4. Gastrointestinale Funktionsdiagnostik (Ph-Metrie, Manometrie, H2-Exhalationstests) Der aktuelle Bedarf bestünde lediglich für die Ph-Metrie (Messung des Ph-Wertes in der Speiseröhre) und einer H2-Exhalation zur Abklärung von Durchfallerkrankungen und Verdauungsstörungen im Dünndarmbereich. Modernisierung der vorhandenen Techniken: a) Einstieg in die hochauflösende Video-Endoskopietechnik unter Verwendung des modernsten Videoprozessors sowie Anschaffung je eines Video-Gastroskops und eines Video-Koloskops der neuesten Generation. b) Anschaffung der Software zur Durchführung der Kontrastmittel gestützten Sonographie. Personelle Konsequenzen: Die Einführung der genannten hochspezialisierten, zeitaufwändigen Untersuchungstechniken sowie insbesondere die qualifizierte Durchführung der Endosonographie erfordern die Einrichtung einer 4. Oberarztstelle in der Medizinischen Klinik des Kreiskrankenhauses Backnang. Die genannten Techniken können allesamt in den bereits vorhandenen Räumen durchgeführt werden. 4 Zusammenfassung der Anschaffungskosten: Kapselendoskopie (3 Rekorder bei 50 Kapseln) ca. 38.000 € Doppelballon-Enteroskopie ca. 110.000 € Endosonographie: Radialsonde Minisondentechnik ca. ca. 130.000 € 70.000 € Ph-Metrie (2 Recorder) ca. 14.000 € H2-Exhalation ca. 10.000 € Video-Gastroskop + Video-Koloskop + Prozessor ca. 115.000 € Software-upgrading für Kontrastmittel-Sonographie ca. 22.000€ Summe einmalige Anschaffungskosten ca. 509.000 € 50 Schluckkapseln p.a. ca. p.a. 25.000 € Kosten für eine Oberarztstelle p.a. ca. p.a. 100.000 € 5. wirtschaftliche Auswirkungen Für einen ersten Schritt wird vorgeschlagen: Kapselendoskopie, Doppelballon-Enteroskopie und die Erweiterung der Endosonographie einzuführen. Grundsätzlich gilt das Prinzip, dass durch den Erlös einer DRG die entstehenden Kosten gedeckt seien. Ob dies erreicht wird, hängt von der Kostenstruktur eines Krankenhauses ab. Weder die Kapselendoskopie noch die Endosonographie werden im Moment von den Krankenkassen besonders bzw. zusätzlich vergütet. Lediglich die Doppelballon-Enteroskopie erfährt über den Prozeduren-Code bei den DRG’s eine gewisse Vergütung. Der gesamte Fall eines Patienten, bei denen auch eine Doppelballon-Enteroskopie durchgeführt wird, wird im Durchschnitt mit 2.800 € vergütet, was bedeutet, dass bei 100-150 zusätzlichen Patienten die Erlöse in Backnang um 280 T€ - 420 T € gesteigert würden. Damit werden sicherlich noch nicht die Kosten für einen zusätzlichen Oberarzt in Höhe von 100 T€ gedeckt werden können, da neben den „variablen“ Kosten auch in einigen Bereichen ein zusätzlicher Personalbedarf entsteht, den man aber noch nicht genau abschätzen kann, da dies auch von der Gesamtentwicklung abhängt. In der ersten Stufe (zusätzliche 100-150 Patienten) steht daher durch diese Schwerpunktsetzung primär die Attraktivitätssteigerung der Rems-Murr-Kliniken im Vordergrund, von der das in Haus Backnang profitiert. Mittelfristig dient dieses Vorhaben der frühzeitigen Profilierung des medizinischen Angebotes im Hinblick auf einen Neubau der Zentralversorgung. 6. weiteres Vorgehen 5 Zur Einführung von Kapselendoskopie und Doppelballon-Enteroskopie und der Erweiterung der Endosonographie werden ca. 348 T€ für Investitionen erforderlich. Die Mittel für die Investitionen sind über den Kreishaushalt im Jahr 2008 zur Verfügung zu stellen, da die pauschalen Fördermittel der Rems-Murr-Kliniken bereits für andere Investitionen dringend benötigt werden. Anlage Antrag der CDU-Fraktion vom 26.03.2007