Aktiengesellschaft für Dienstleistungen in der Schweineproduktion Geschäftsbereich SGD-SSP Literaturrecherche Seroprevalence of Brucellosis, Tularemia, and Yersiniosis in wild boars (Sus scrofa) from North-Eastern Germany S. Al Dahouk et al. Journal of Veterinary Medicine B 52, 2005, 444-455 Brucellose, Tularämie und Yersiniose sind Krankheiten, die sowohl Haus- und Wildtiere aber auch Menschen infizieren können. Die Epidemiologie ist abhängig von klimatischen Faktoren und der Populationsdichte der entsprechenden Wirte. Brucella, Francisella und Yersinia werden als aufkommende oder wieder aufkommende Pathogene, die zu berufsbezogenen, freizeitbedingten und Lebensmittelinfektionen führen. Weder Brucellose noch Tularämie sind ansteckende Erkrankungen des Menschen. Die Infektionsquelle für Menschen basiert immer auf Kontakt mit einem tierischen Reservoir. Neue Schnittstellen zwischen Nutz- und Wildtieren sind die wichtigsten Faktoren in der KrankheitsÜbertragung. Brucella-Infektionen sind weltweit in verschiedenen Wildtieren endemisch, wobei B. abortus (Hauptreservoir Rind), B. melitensis (Schaf und Ziege) und B. suis (Schwein) am häufigsten vorkommen. Im Jahr 2000 wurden deutsche Herden offiziell als frei von Brucella abortus und Brucella melitensis deklariert. In der Zeit von 1995 bis 2004 konnten auf 6 verschiedenen Schweinemastbetrieben Infektionen mit B. suis Biovar 2 nachgewiesen werden, welche bakteriologisch bestätigt wurden. Eine regionale Häufung konnte dabei in den Regionen Nord-Ost Deutschland, Nord-Rhein-Westphalen und Bayern gefunden werden. In Zentraleuropa konnte B. suis häufig bei Wildschweinen und Feldhasen isoliert werden. Bei der Tularämie handelt es sich um eine Erkrankung welche bei verschiedenen Warm- und Kaltblütern und Insekten auftreten kann. Die Erkrankung ist über die ganze nördliche Hemisphäre verbreitet. Yersiniose wurde bisher in vielen Haustierarten und frei lebenden Säugetieren und Vögeln beschrieben. Die Erreger sind Y. enterocolitica und Y. pseudotuberculosis, wobei es mehrere Seround Biotypen gibt. Es gibt geographische Unterschiede in der Verteilung und auch die bevorzugten Wirte variieren. Das Vorkommen von Yersiniose bei Schweinen scheint abhängig zu sein von den Haltungsformen und –Bedingungen. Vor allem in Mastbetrieben konnte eine hohe Prävalenz des Erregers nachgewiesen werden. Y. enterocolitica gehört zu den pharyngealen Kommensalen bei Schweinen welche als Reservoir für pathogene Stränge dienen. Die Virulenz der pathogenen Yersiniae ist assoziiert mit einem Plasmid, das für ein Yersinia Aussenmembranprotein (YOP) kodiert. Da YOP sowohl in Menschen als auch Tieren immunogen wirken, können Yersinia Infektionen durch pathogene Stränge mittels Anti-YOP Antikörper unabhängig vom Serovar oder Biovar nachgewiesen werden. Mittels eines spezifischeren Westernblot für anti-Yersinia Antikörper kann eine Kreuzreaktion mit Tularämie und Brucellose ausgeschlossen werden. Ziel der Arbeit war die Seroprävalenz für Anti-Brucella, Anti-Francisella und Anti-Yersinia Antikörpern in Wildschweinen in Nord-Ost Deutschland zu bestimmen um das Risiko für domestizierte Tiere und Menschen abzuschätzen. Eine Reihe von positiven und negativen Seren, gewonnen nach experimenteller Infektion und Immunisierung von Schweinen, wurde für die Evaluierung der serologischen Tests und der Bestimmung der cut-off Werte genutzt. Insgesamt wurden 763 Seren von Wildschweinen nach Anti-Brucella, Anti-Francisella und AntiYersinia Antikörpern gescreened. Es wurden die Seren von 315 männlichen Tieren, 380 weiblichen Tieren und 68 Tieren mit unbekanntem Geschlecht und Alter getestet. Insgesamt stammten 201 Proben von Frischlingen (< 6 Monate), 129 Läuferschweinen (6-12 Monate), 270 Jährlingen (1-2 Jahre) und 95 Adulten (> 2 Jahre). Die Wildschweine wurden im Winter 1995/96 in MecklenburgVorpommern geschossen. Anti-YOP Antikörper wurden in 478 (62.6%) von 763 Seren gefunden. Es konnten keine geschlechtspezifischen Unterschiede gefunden werden. Die Anzahl an positiv getesteten Proben nahm mit dem Alter signifikant zu. Ersteller : Riccarda Ursprung Datum : 31.03.2006 Seite 1 von 3 Es konnte keine Assoziation zwischen den Antikörpern der drei Erreger gefunden werden. 16 bzw. 44 Wildschweine die negativ für anti-Yersinia Antikörper waren zeigten Anti-Francisella bzw. Anti-Brucella Antikörper. 8 Tiere wurden positiv auf Brucellose und Tularämie getestet, ohne dass Anti-Yersinia Antikörper gleichzeitig nachgewiesen werden konnten. Anti-Brucella Antikörper wurden in 168 Seren (22%) nachgewiesen. Bei 19 weiteren ELISA Resultaten war das Resultat fraglich. Die Verteilung der positiven Resultate war weder geschlechts- noch altersabhängig. Insgesamt wurden 33 Seren mittels ELISA positiv für Anti-Francisella Antikörper getestet. 24 (3.1%) erwiesen sich im Anti-Francisella tularensis Western blot als negativ. Die meisten positiven Resultate fand man in Jungtieren. Wegen der geringen Anzahl positiver Proben konnte dies jedoch statistisch nicht gesichert werden. Es konnten nur 2 adulte Tiere positiv getestet werden. Geschlechtliche Unterschiede bestanden keine. Wildtiere können die Quelle für humane Erkrankungen via direkte Übertragung oder Ansteckung von Haus- oder Nutztieren sein. Die Übertragung kann über offene Hautstellen erfolgen oder aber auch durch den Konsum von ungenügend verarbeitetem Fleisch und Fleischprodukten. Die Ansteckung über Fleisch aus der üblichen Produktion ist kein wichtiger Problemkreis für die Volksgesundheit. Im Gegensatz dazu ist das Risiko, dass durch den Verzehr von Wildschweinefleisch ausgeht noch unbekannt. Die Nachfrage nach Wildschweinefleisch steigt in Deutschland zurzeit stetig an. Akute Yersinia Infektionen bei Tieren sind charakterisiert durch Septikämie, Vergrösserung von Milz und Lymphknoten oder Enteritis, während die chronische Form granulomatöse Knoten und lokalisierte Abszesse in verschiedenen Orangen wie Lunge, Leber und Gesäuge verursacht. Schweine sind meist asymptomatische Träger von Yersinien. Y. pseudotuberculosis und Y. enterocolitica können das gleiche klinische Bild hervorrufen. Die Übertragung kann über fäkal verschmutzte Weideflächen und Tränkeplätze erfolgen. Der regionale Infektionsdruck kann über die Ermittlung der Seroprävalenz von Anti-YOP Antikörpern bei den ansässigen Wildtieren durchgeführt werden. In Norddeutschland konnten in 55% der Feldhasen-Seren Antikörper gegen Yersinia gefunden werden. Die Erkrankung des Menschen ist meist assoziiert mit dem Konsum von rohem oder ungenügend gekochtem Fleisch. In 45.5% von 1002 Schlachtschweinen in Bayern konnte eine vorgängige Yersinia Infektion nachgewiesen werden. Bei den untersuchten Wildschweinen lag die Prävalenz bei 62.6%, was mit einer längeren Lebensdauer und somit einer höheren Erregerexposition zusammenhängen könnte. Weiters wurde bei den Proben der Schlachtschweine Fleischsaft für die Serologie eingesetzt wobei Verunreinigungen des Fleischsafts zu einer Blockade der Antikörperbindung führen könnten.. Obwohl Brucellose in Schweinen auch latent vorkommen kann, sind granulomatöse Knoten oder Abszesse in Hoden, Leber, Milz und anderen Organen häufig zu finden. Da bei infizierten Wildschweinen seltener makroskopische Läsionen als bei Hausschweinen nachgewiesen werden, wird angenommen, dass die Pathogenität von B. suis Biovar 2 für Wildschweine geringer ist. Folglich kann eine Brucellose bei der Fleischschau von Wildschweinen leicht übersehen werden. In der Wildschweinepopulation in Zentraleuropa ist Brucellose weit verbreitet. Die Tatsache, dass Feldhasen als Reservoir für den Erreger dienen scheint sich in den letzten 10 Jahren geändert zu haben, da die Anzahl Feldhasen massiv absank wohingegen die Wildschweinepopulation immer mehr zugenommen hat. Dies nicht zuletzt wegen der Aufzucht in Gehegen für die spätere Freilassung zur Jagd. Werden solche Tiere auf Weiden gehalten, kann sich eine Brucellen-Infektion leicht verbreiten. Die Brucellose ist eine Geschlechtserkrankung, die sich mit Nachgeburten und Milch übertragen lässt. Da der Erreger im Boden und Wasser mehrere Wochen überleben kann, stellen die Aufnahme von kontaminiertem Futter und Wasser, sowie die Inhalation des Erregers, weitere Übertragungswege dar. In Europa beschränken sich die Infektionen auf Brucella suis Biovar 2, wobei dieser Typ bei humanen Infektionen nur sehr selten eine Rolle spielt. Beim Menschen tritt meist eine Infektion mit Brucella suis bv 1 oder 3 auf. Diese Biotypen kursieren bei Wildschweinen, verwilderten Schweinen und Hausschweinen in Südost Asien und Südamerika. Verwilderte Schweine stellen auch im Südosten der USA und in Queensland, Australien eine wichtige Infektionsquelle dar. Die Pathogenität der Brucellen ist meist auf einen Wirt beschränkt. Allerdings können neue Brucellen auftreten, oder sich altbekannte Brucella spp. der sich verändernden Umwelt anpassen. So konnte sich z. Bsp. in Südamerika B. suis Biovar 1 in Rindern etablieren und B. suis Biovar 3 konnte kürzlich in Pferden in Kroatien isoliert werden. Dennoch können zufällige Wirte eine Infektion nicht über längere Zeit aufrechterhalten. Vor allem der Jagd-Tourismus kann zu einer Verbreitung der Brucellose beitragen. Hausschweine, die sich auf Weideland aufhalten können durch einbrechende Wildschweine infiziert werden. Dies konnte bisher in mehreren Fällen in Frankreich nachgewiesen werden. Solche Infektionen führen zu massiven finanziellen Einbussen bedingt durch direkte Verluste wie Infertilität und Aborte und indirekte Verluste wegen Handelssperren. Trotzdem scheint die Auswirkung der Brucellose auf Wildschweine in Deutschland geringfügig zu sein. Ersteller : Riccarda Ursprung Datum : 31.03.2006 Seite 2 von 3 In Europa ist die Tularämie ausser in Grossbritannien, Island und Portugal weit verbreitet. In den meisten Ländern werden nur wenige sporadische Fälle jedes Jahr gemeldet, während z. Bsp. in Finnland und Schweden Ausbrüche mit hunderten von Fällen mindestens ein Mal pro zehn Jahre vorkommen. Tularämie existiert auch endemisch in Mittel- und Norddeutschland. Für humane Infektionen v. a. verantwortlich sind Francisella tularensis subsp. tularensis (Jellison Typ A) und subsp. holarctica (Jellison Typ B), wobei der Typ A, die zu den meisten Todesfällen führt, nur in Nordamerika vorkommt. Der Typ B ist auf der gesamten nördlichen Hemisphäre angesiedelt. Trotzdem wurde bereits ein hochvirulenter Strang vom Typ A aus Flöhen und Milben in der Slowakei isoliert. In der Humanmedizin sind weitere Francisella sp. unbedeutend. Die Klinik ist unterschiedlich und hängt von der Eintrittspforte des Erregers ab. Lokale Formen umfassen Ulzera und Vergrösserungen der lokalen Lymphknoten. Durch Erregerinhalation können Pneumonien und Septikämien provoziert werden. Historisch gesehen stellte der Beruf Landwirt immer schon eine Gefahrenquelle für die entsprechende Erkrankung dar. Das Vorkommen von AntiFrancisella Antikörpern in Wildschweinen zeigt ein mögliches Risiko für die Infektion von Jägern und Konsumenten auf. Schweine und Wildschweine scheinen nach erfolgter Francisella Infektion keine klinischen Anzeichen zu zeigen. Trotzdem konnten bisher in keinem tierischen Versuchsmodell gesunde Trägertiere oder persistierende Infektionen nachgewiesen werden. Da der kulturelle Nachweis von Francisella spp. sehr schwierig ist, werden serologische Methoden angewendet, um Wildtiere zu überwachen. ELISA und Western blot haben eine sehr gute Sensitivität und Spezifität, aber die spezifischen Antikörper können erst am Ende der 2. Woche nach erfolgter Infektion nachgewiesen werden. Die Antikörper Titer können über Jahre hinweg bestehen bleiben. Es wird spekuliert, dass Wildschweine zu den grössten Erregerreservoiren von Francisella gehören. Sie scheinen asymptomatische Trägertiere zu sein, könnten aber die Quelle von Enzootien bei leicht empfänglichen Spezies zu sein (z.Bsp. Feldhasen). Im untersuchten Gebiet ist die Tularämie enzootisch und die Seroprävalenz zunehmend. Die Seroprävalenz aus dieser Studie von 3.1% korreliert gut mit bisherigen Reporten aus anderen europäischen Ländern. Zecken und andere Arthropoden sind die Hauptvektoren von Tularämie, und Protozoen wurden als Umweltreservoir von Francisellae diskutiert. Das natürliche Habitat scheint mit demjenigen von Protozoen identisch zu sein wie z. Bsp. Erde, Morast und stehendes Wasser. Typ B Tularämie ist assoziiert mit natürlichem Wasser, und durch Wasser übertragene Krankheitsausbrüche sind in Europa üblich. Das untersuchte Gebiet ist bekannt für seine Wälder und Seen. Die Francisella Infektionen bei den untersuchten Wildschweinen können verursacht gewesen sein durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser und infizierten toten Hasen oder Mäusen, durch blutsaugende Insekten oder durch direkten Kontakt mit kontaminierter Erde. Obwohl die Ökologie der Tularämie noch nicht komplett bekannt ist, scheinen die Wirte und ihre Empfänglichkeit sowie die Überlebenskapazität der Francisellae in ihren ökologischen Nischen den Ausbruch von Erkrankungen zu beeinflussen. Verschiedene Umweltcharakteristika wurden bisher identifiziert wie Auenwälder, 8-10 °C Durchschnittstemperatur, 450-700 mm durchschnittlicher Jahresniederschlag und 2000-2200 h Sonnenschein pro Jahr. Das in der Studie ausgewählte Gebiet erfüllt die meisten dieser Punkte. - - - - Mehrere Infektionskrankheiten können von Wildtieren auf Nutztiere übertragen werden und anschliessend auf den Menschen übergehen. Humane Infektionen mit Brucella spp. und Francisella spp. sind immer mit einem tierischen Reservoir verbunden. Nur Langzeitüberwachungen von Wildtieren können helfen, endemische Gebiete zu erfassen und die entsprechenden Massnahmen zu ergreifen, bevor es zu epidemischen Ausbrüchen kommt. Da die systematische Überwachung von Wildtieren schwierig ist und in den meisten europäischen Ländern nur mangelhaft durchgeführt wird, ist eine Abschottung von Nutztieren gegenüber Wildtieren die einzige Möglichkeit, solche Situationen zu vermeiden. Momentan kann die Ansteckungsgefahr für Menschen an Wildtieren für die Zoonosen Tularämie und Brucellose noch nicht abgeschätzt werden. Dies nicht zuletzt, weil die epidemiologischen Daten ungenügend sind, da das klinische Bild oft nicht eindeutig ist und es zu Fehldiagnosen kommen kann. Um das Gesundheitsrisiko für Konsumenten und beruflich exponierten Personen abzuschätzen sollte eine Seroprävalenz-Studie bei Menschen durchgeführt werden. Ersteller : Riccarda Ursprung Datum : 31.03.2006 Seite 3 von 3