Schilddrüsenoperationen Im Zusammenhang mit einer Schilddrüsenoperation ergeben sich viele Fragen, die wir mit diesen Informationen gerne beantworten möchten. Unabhängig davon stehen wir Ihnen natürlich für weitere Fragen gerne zur Verfügung. Funktion, Lage und Anatomie der Schilddrüse Die Schilddrüse (Glandula thyroidea) ist eine Hormondrüse, welche einen wichtigen Einfluss auf den Energiestoffwechsel hat. Sie befindet sich unterhalb des Kehlkopfes vor der Luftröhre. Die Schilddrüse ist mit zwei großen Seitenlappen und einem Verbindungsstück aus Bindegewebe in der Mitte schmetterlingsförmig aufgebaut. In enger Nachbarschaft zur Schilddrüse verlaufen wichtige Strukturen wie der Stimmbandnerv (Nervus recurrens), Abgänge der Halsschlagader und die Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyreoideae). Copyright: Prof. Delaere, Unitversity Hospital Leuven, Belgien Wann sollte die Schilddrüse operiert werden? Krankheiten der Schilddrüse sind sehr häufig in Deutschland. Oftmals können Vergrößerungen und Funktionsstörungen der Schilddrüse zunächst mit Medikamenten behandelt werden. Doch je nach Art der Erkrankung, Größe oder Lage der Schilddrüsenveränderung ist eine dauerhafte Entfernung des betroffenen Schilddrüsengewebes notwendig. Die Schilddrüse sollte insbesondere operiert werden, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt: - Vergrößerung der Schilddrüse, so dass andere Organe eingeengt werden (Schluckoder Atembeschwerden, Druckgefühl im Hals) - Vergrößerung und/oder Überfunktion der Schilddrüse, wenn die medikamentöse Therapie unzureichend ist oder eine Radiojodbehandlung nicht erwünscht oder sinnvoll ist - Bei Verdacht auf eine bösartige Erkrankung oder wenn eine bösartige Erkrankung nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist (z.B. bei einem kalten Knoten) Risiken und Komplikationen einer Schilddrüsenoperation Jede Operation und Vollnarkose beinhaltet Risiken. Das gilt auch für Schilddrüsenoperationen. Neben allgemeinen Risiken wie Wundheilungsstörungen, Blutergüssen, Infektionen, allergischen Reaktionen und Lagerungsschäden, können folgende typische Komplikationen auftreten: - Verletzung der Stimmbandnerven. Die Stimmbandnerven verlaufen auf der Rückseite der Schilddrüsenlappen. Wegen Ihrer Nähe zur Schilddrüse sind sie bei einer Schilddrüsenoperation auch bei größter Sorgfalt besonders gefährdet. Falls die Stimmbandfunktion nach einer Operation gestört ist (in ca. 3% der Fälle), kommt es zu einer Veränderung der Stimmqualität (tiefer oder schwächer bis zu starker Heiserkeit). In den meisten Fällen handelt es sich um eine vorübergehende Beeinträchtigung der Stimme (1-3 Monaten). Bei einer dauerhafte Lähmung (in etwa 0.5%) kann die Stimmqualität durch Sprachtherapie (Logopädie) verbessert worden. In sehr seltenen Fällen kann es bei einer beidseitigen Stimmbandlähmung zu akuter Luftnot kommen, wodurch eine erneute Intubation und/oder eine Revisionsoperation zur Erweiterung des Kehlkopfes notwendig werden könnte. - Verletzung/Entfernung der Nebenschildddrüsen. Die Nebenschilddrüsen bestehen aus vier linsen- bis erbsengroßen Organen, die sich unmittelbar hinter der Schilddrüse befinden. Genau wie die Schilddrüse produzieren sie Hormone. Mit ihrem Hormon, dem sogenannten Parathormon (PTH), steuern sie den Kalziumstoffwechsel. Fehlt das Hormon aufgrund von postoperativen Durchblutungsstörungen oder akzidenteller Entfernung der Nebenschilddrüsen während der Operation, kann kurz nach der Operation ein Kribbeln an Händen und Füßen auftreten, unbehandelt kommen Muskelkrämpfe hinzu. In etwa 7% der Patienten tritt diese Komplikation vorübergehend auf, und bei etwa 0.2% dauerhaft. Die beschriebenen Beschwerden können gut mit Kalziumtabletten und Vitamin D-Präparaten behandelt werden. - Blutung. Die Schilddrüse ist ein sehr gut durchblutetes Organ. Nachblutungen, wenn auch selten (<1%), treten meistens innerhalb der ersten 24-48 Stunden auf. In diesem Fall kann ein erneuter Eingriff zur Blutstillung notwendig werden. Ablauf einer Schilddrüsenoperation in unserer Praxis 1. Ambulante Voruntersuchungen - Labortechnische Bestimmung der Schilddrüsenhormone. - Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse (ggf. mit Punktion). Diese Untersuchung gibt uns Auskunft über die Größe, die Lage und das Gewebemuster der Schilddrüse. - Szintigraphische Aufnahme der Schilddrüse zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion (Facharzt für Nuklearmedizin). - Untersuchung der Stimmbänder zur Festzustellung der einwandfreien Funktion (Laryngoskopie). - Abklärung der Narkosefähigkeit nach Alter und nach Allgemeinzustand des Patienten. 2. Die Operation - Die Schilddrüsenoperation wird in Vollnarkose durchgeführt und dauert etwa 1 1/2 (einseitig) bzw. 2 1/2 Stunden (beidseitig). - Wir führen den Schnitt am Hals und die Schilddrüsenpräparation in minimal-invasiver Weise aus. Im Gegensatz zur klassischen Methode wird der Hautschnitt nicht oberhalb der Schlüsselbeine bzw. des Brustbeines gelegt, sondern - individuell an die Haut des Patienten angepasst - vor dem Kehlkopf in einer vorhandenen Hautfalte, damit die Narbe (2-4 cm) möglichst unsichtbar bleibt. Wir erreichen dadurch hervorragende kosmetische Ergebnisse. - Während der Operation wird das Organ auf beiden Seiten freigelegt und erkrankte Teile der Schilddrüse werden entfernt. Wie viel Schilddrüsengewebe genau entfernt wird, richtet sich nach dem konkreten, individuellen Befund. Das Ziel ist die vollständige Entfernung von erkranktem Gewebe unter Schonung des gesunden Schilddrüsengewebes. Mitunter kann es sinnvoll sein, die komplette Schilddrüse auf einer oder sogar beiden Seiten zu entfernen. Dadurch vermeiden wir Revisionsoperationen, die mit einem deutlich erhöhten Risiko einer Stimmbandlähmung einhergehen. - Als Fachärzte für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde mit großer Erfahrung in der Kopf- und Halschirurgie sind wir in besonderem Maße für die Operationen an der Schilddrüse und den Nebenschilddrüsen geeignet. Darüberhinaus verfügen wir über die modernsten Techniken, um Komplikationen so gering wie möglich zu halten: o Neuromonitoring: Das Neuromonitoring-System leitet Muskelsignale von den Stimmbändern ab und unterstützt uns während der Schilddrüsenoperation beim Auffinden der Stimmbandnerven. Die ständige Kontrolle der Stimmbandsignale hilft uns, die Stimmbandnerven vor Verletzungen zu schützen und das Risiko eines postoperativen Stimmbandstillstandes deutlich zu reduzieren. o Ultracision® (Harmonisches Skalpell): Das harmonische Skalpell ist ein chirurgisches Präparationsgerät, das seine Energie aus hochfrequentem Ultraschall bezieht. Es ermöglicht eine exakte Blutstillung, eine schonende Gewebedurchtrennung und eine ausgezeichnete Präparation anatomischer Schichten. Der Einsatz des "Harmonischen Skalpells" zum Schneiden, zur Blutstillung und zur Gewebepräparation versetzt uns in die Lage, den operativen Eingriff risikoärmer, zeitsparender und vor allem minimal-invasiver durchzuführen. Diese Technik ermöglicht es uns, sehr kleine Hautschnitte zu verwenden. o Wir führen die Operationen unter optischer Vergrößerung aus (Lupenmikroskopie) aus. Dieses gewährleistet eine äußert präzise chirurgische Präparation und Blutstillung. Unsere Erfahrungen im Halsbereich, die Verwendung von modernsten Techniken und die Lupenvergrößerung ergeben bei den Schilddrüsenoperationen die höchstmögliche Sicherheit und sorgen dafür, dass wir eine äußerst geringe Komplikationsrate haben. 3. Die Tage nach der Operation Aufgrund unserer schonenden Operationstechnik können die meisten Patienten bereits nach 2 Tagen das Krankenhaus in guten Allgemeinzustand verlassen. Am Operationstag können Sie aufstehen, trinken und etwas essen. Duschen ist bereits am nächsten Tag wieder erlaubt. Gegen evtl. auftretende Schmerzen können Medikamente verabreicht werden. Eine Arbeitsunfähigkeitbescheinigung wird individuell ausgestellt (in der Regel etwa 1-2 Wochen). Danach können fast alle gewohnten Aktivitäten wieder aufgenommen werden. 4. Die ambulante Nachbehandlung Etwa eine Woche nach der Operation erfolgt eine ambulante Kontrolluntersuchung zur Wundinspektion, zur erneuten Stimmbandkontrolle und zur Besprechung der feingeweblichen Befunde. Dann wird auch die genaue Nachbehandlung festgelegt. Bei gutartigen Erkrankungen werden in den meisten Fällen Schilddrüsenhormone in einer angepassten Dosierung verordnet. Nach etwa 6-8 Wochen sollten die Schilddrüsenwerte vom HNO-Facharzt, Hausarzt oder Nuklearmediziner kontrolliert und ggf. angepasst werden. Auch nach einer erfolgreichen Schilddrüsenoperation ist in der Regel eine lebenslange Kontrolle zu empfehlen. Bei bösartigen Erkrankungen wird ein individuelles Verfahren auf Basis der aktuellsten Tumorforschungen angewandt. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesen Informationen schon die wichtigsten Fragen beantworten konnten. Sollten sich von Ihrer Seite aber noch Fragen ergeben, kontaktieren Sie uns. Wir erteilen Ihnen gerne weitere Auskünfte. Dr. V. Picavet Prof. Dr. med. E. Gehrking