Motivation und Leistung in sozialen Situationen Annette Feuchter Einleitung _________________________________________________________________ 3 1 Theoretischer Hintergrund _________________________________________________ 5 2 Hypothesen ______________________________________________________________ 8 3 Motivationsverluste und Komplexes Problemlösen ____________________________ 10 3.1 Kriterien für die Auswahl eines komplexen Szenarios ______________________ 11 3.2 Beschreibung des Szenarios Networked Fire Chief _________________________ 13 4 Anlage der Experimente __________________________________________________ 13 4.1 Pilotstudien _________________________________________________________ 14 4.1.1 Pilotstudie I _______________________________________________________ 15 4.1.2 Pilotstudie II_______________________________________________________ 15 4.1.3 Pilotstudie III ______________________________________________________ 16 4.2 Experiment 1 ________________________________________________________ 17 4.2.1 Design ____________________________________________________________ 17 4.2.1.1 Experimentelle Manipulation______________________________________ 18 4.2.1.2 Manipulation Checks ____________________________________________ 19 4.2.1.3 Prozedur _______________________________________________________ 20 4.2.1.4 Kontrolle von nicht-experimentellen Einflussfaktoren _________________ 24 4.2.1.5 Ausschluss von weiteren Einflussfaktoren ___________________________ 26 4.2.2 Motivation und Leistung ____________________________________________ 28 4.2.2.1 Ergebnisse für Probanden ________________________________________ 28 4.2.2.2 Ergebnisse für Gruppen __________________________________________ 31 4.2.3 Manipulation Checks _______________________________________________ 32 4.2.3.1 Ergebnisse für Probanden ________________________________________ 32 4.2.3.2 Ergebnisse für Gruppen __________________________________________ 34 4.2.4 Diskussion ________________________________________________________ 35 4.2.4.1 Erklärungen für Motivationsverluste _______________________________ 35 4.2.4.2 Erklärungen für Leistung _________________________________________ 39 4.2.4.3 Zusammenfassung _______________________________________________ 44 4.2.5 Konsequenzen für das zweite Experiment _______________________________ 45 4.3 Experiment 2 ________________________________________________________ 48 4.3.1 Design ____________________________________________________________ 49 4.3.1.1 Kontrolle von nicht-experimentellen Einflussfaktoren _________________ 52 4.2.1.2 Ausschluss von weiteren Einflussfaktoren ___________________________ 54 4.3.2 Motivation und Leistung ____________________________________________ 56 4.3.2.1 Ergebnisse für Probanden ________________________________________ 56 4.3.2.2 Ergebnisse für Gruppen __________________________________________ 59 4.3.3 Manipulation Checks _______________________________________________ 60 4.3.3.1 Ergebnisse für Probanden ________________________________________ 60 4.3.3.2 Ergebnisse für Gruppen __________________________________________ 62 4.3.4 Diskussion ________________________________________________________ 63 4.3.4.1 Erklärungen für Motivationsverluste _______________________________ 63 4.3.4.2 Erklärungen für Leistung _________________________________________ 69 4.4 Zusammenfassung ____________________________________________________ 70 Literatur _______________________________________________________________ 71 2 Einleitung Zahlreiche Aufgaben erfordern die Zusammenarbeit mehrerer Personen. Die Dissertation geht der Frage nach, wie in solchen Situationen die Motivation und die Problemlösefähigkeit von Akteuren durch den Charakter der sozialen Situation beeinflusst werden. Neben positiven Auswirkungen stellen vor allem die negativen Auswirkungen von Zusammenarbeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen dar. In der Sozialpsychologie, der Soziologie sowie der Ökonomie hat sich die Forschung ausführlich den Problemen des free-ridings1 (Trittbrettfahrens) sowie des social loafings2 (sozialen Faulenzens) zugewandt. Im Gegensatz zum Trittbrettfahren, welches primär als Resultat eines rationalen Kalküls verstanden wird, geht die sozialpsychologische Forschung davon aus, dass Motivationsverluste - bedingt durch das Vorliegen einer Situation mit kollektiver Verantwortlichkeit - auch auf nicht-kognitive Faktoren zurückzuführen sind. Neben diesem Unterschied finden sich auch Gemeinsamkeiten in beiden Konzepten. Eine erste Übereinstimmung liegt in der negativen Bewertung der Phänomene. Daraus ergibt sich eine weitere Gemeinsamkeit: in beiden Bereichen konzentriert sich die Forschung darauf, Wege zu finden, Akteure in solchen Situationen zur Verantwortlichkeit für die Erstellung eines kollektiven Gutes bzw. zur Erzeugung eines Gruppenproduktes zu motivieren. In der sozialpsychologischen Forschung, die im Mittelpunkt der eigenen Untersuchung steht, konnten mittlerweile drei Bereiche valider Einflussfaktoren auf und für social loafing ausgemacht werden. Sie zeigen einerseits, wodurch social loafing bedingt ist und andererseits mit Hilfe welcher Maßnahmen das Auftreten dieser Motivationsverluste verhindert werden kann. Hierbei handelt es sich um situative, personale sowie aufgabenbezogene Einflussfaktoren. Zu den zentralen situationsbezogenen Einflussfaktoren zählen die Nichtidentifizierbarkeit der eigenen Leistung sowie der Mangel an Evaluations- und an Vergleichsmöglichkeiten im Hinblick auf die eigene Leistung.3 Daneben gibt es Faktoren, die primär von der Persönlichkeitsstruktur abhängen. Zu nennen sind die Tendenz, kollektive Leistungen hoch zu bewerten sowie geschlechts- und kulturspezifische Differenzen. Frauen, so haben Studien gezeigt, faulenzen weniger als Männer und bei Personen aus östlichen Kulturkreisen tritt das Phänomen in geringerem Maße auf als bei Personen aus westlichen Kulturkreisen.4 Von den situativen und personalen Einflussfaktoren sind ferner jene abzugrenzen, die sich unmittelbar auf die Aufgabenstellung beziehen. Es hat sich gezeigt, dass Personen weniger faulenzen, wenn sie der Überzeugung sind, ihr Beitrag zum Gruppenprodukt sei einzigartig oder wenn sie an einer 1 Vgl. hierzu Arnscheid et al., 1997; Baron et al., 1993; Kerr & Bruun, 1983; Olson, 1992 Vgl. hierzu Latané et al., 1979. Der Begriff social loafing fand in diesem Aufsartz erstmals Erwähnung. Zuvor sprach man in der Literatur vom Ringelmann-Effekt. Vgl. Ingham et al. , 1974; Kravitz & Martin, 1986. 3 Vgl. hierzu Bartis, Szymanski & Harkins 1988. 4 Vgl. hierzu Earley, 1989; Hogg, 1996; Karau, 1997; Karau, 1998; Shirakashi, 1984-1985; Wagner, 1995. 2 3 Aufgabe arbeiten, die intrinsisch motivierend ist.5 Dies gilt auch für komplexe Aufgaben, da diese eine größere Herausforderung für die Problemlöser darstellen. Die Studien, die den Einflussfaktor Komplexität der Aufgaben- bzw. der Problemstellung untersucht haben, kamen zu dem Befund, dass soziales Faulenzen in solchen Situationen nur in geringem Maße auftritt.6 Es liegen daneben auch Befunde darüber vor, dass soziales Faulenzen sich positiv auf das Lösen komplexer Aufgaben7 auswirkt und Gruppen, die sich weniger anstrengen, sogar bessere Leistungen erzielen.8 Die Richtigkeit dieses Befundes soll in der Dissertation überprüft werden. Lässt sich dieser Befund für das Lösen von komplexen Problemen replizieren, so hätte dies auch Konsequenzen für die negative Bewertung, die mit dem sozialen Faulenzen verknüpft ist. Soziales Faulenzen wird nach wie vor meist unter der Perspektive betrachtet, es sei eine soziale Krankheit, die negative Konsequenzen für die Individuen, für soziale Institutionen sowie für die Gesellschaft habe. Die negativen Konsequenzen ergäben sich vor allem dadurch, dass Individuen aufgrund der mangelnden Verantwortlichkeit ihr Anstrengungspotential herabsetzten, wenn ihre Beiträge nicht mehr individuell zurechenbar seien. Dies wird in der Literatur häufig dadurch erklärt, dass das Erregungspotential der beteiligten Akteure vermindert werde und diese deshalb ihre potentielle Leistungsfähigkeit nicht ausschöpften.9 Wie lässt sich nun aber erklären, dass für das Lösen komplexerer Aufgaben ein vermindertes Anstrengungspotential positive Auswirkungen haben sollte? Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass aufgrund der Gruppensituation die positiven und negativen Konsequenzen für die einzelnen verringert werden. Für die einzelnen Problemlöser bedeutet dies, dass die Beabeitung der Aufgabe bzw. des Problems ruhiger angegangen werden kann und sie sich in der kollektiven Situation mehr Zeit für die problemrelevante Informationsverarbeitung nehmen können und weniger von der Bearbeitung der Aufgabe bzw. des Problems abgelenkt sind.10 In der vorliegenden Untersuchung soll u.a. der Einfluss beider Faktoren, der positiven und negativen Konsequenzen sowie des Informationsverarbeitungspotentials, überprüft werden, um eine Erklärung für den empirischen Befund zu gewinnen, dass kollektive Gruppen beim Lösen komplexer Probleme bessere Leistungen erbringen. Eine kausale Erklärung des 5 Vgl. hierzu Amabile 1979; Brickner, Harkins & Ostrom, 1986; Kerr & Bruun 1983; Paulus 1983; Zaccaro 1984. 6 Vgl. hierzu Bartis, Szymanski &Harkins, 1988; Griffith, Fichman & Moreland, 1989; Harkins & Petty, 1982; Jackson & Williams 1985. 7 Aufgaben lassen sich im Gegensatz zu Problemen dadurch kennzeichnen, dass es sich bei ersteren um Anforderungen handelt, für deren Bewältigung die Methoden bekannt sind. Bei Problemen wird hingegen von einer Spannung zwischen einem Ist- und einem Sollzustand ausgegangen. Zur Transformation des Ist- in den Zielzustand muss mit Hilfe erst zu entwickelnder Methoden eine Barriere überwunden werden. Der Übergang zwischen Aufgaben und Problemen ist dennoch fließend, da der Unterschied keine absolute Eigenschaft des Problems selbst ist, sondern auch von dem Vorwissen des Problemlösers abhängt. Vgl. Hussey, 1984. 8 Vgl. hierzu Jackson & Williams, 1985. Damit dieser paradoxe Effekt überhaupt auftreten kann, ist aber vorauszusetzen, dass es soziales Faulenzen auch in solchen komplexen Problemlösesituationen gibt. 9 Vgl. hierzu Davis 1969; Geen 1991. 10 Vgl. hierzu Griffith, Fichman & Moreland 1989; Karau & Williams 1993; Paulus, 1983. 4 Zusammenhangs von sozialem Faulenzen und der Güte kollektiver Leistungen ist sowohl wissenschaftsimmanent als auch im Hinblick auf zahlreiche Anwendungsfelder von herausragender Relevanz. Können diese Zusammenhänge adäquat beschrieben und in der experimentellen Untersuchung gezeigt werden, dass sich erhöhter Leistungsdruck und erhöhte individuelle Verantwortlichkeit negativ auf die Entscheidungsfindung und auf die Problemlösung in komplexen realitätsnahen Situationen auswirken, so hätte dies Folgen für die Gestaltung zahlreicher institutioneller Arrangements, in denen man sich nach wie vor durch die Übertragung der Verantwortlichkeit auf eine Person einen Vorteil verspricht. 1 Theoretischer Hintergrund Den theoretischen Überlegungen der Dissertation liegt das von Karau & Williams (1993) entwickelte Collective Effort Model (CEM) zugrunde.11 Dieses Modell basiert auf den Grundlagen der klassischen Wert-Erwartungstheorie12 und ging aus einer Metaanalyse über die Einflussfaktoren auf soziales Faulenzen hervor.13 Ziel der Arbeit ist es, dieses Modell zum einen einer empirischen Überprüfung zu unterziehen, um die Richtigkeit der theoretischen Annahmen für das Lösen komplexer Probleme zu erforschen. Zum anderen soll die Arbeit zeigen, worin die Defizite des Modells liegen und welche ergänzenden theoretischen Annahmen erforderlich sind, um die Motivationsverluste samt Auswirkungen auf die Güte der kollektiven Problemlösefähigkeit in komplexen Problemlösesituationen zu erklären. Das CEM integriert zahlreiche theoretische Ansätze, die zuvor als Mediatoren zur Erklärung von social loafing ausgewiesen wurden. Den Autoren folgend bilden diese Ansätze noch keinen Erklärungsrahmen, der Aussagen darüber erlaubt, welche besonderen Faktoren social loafing in unterschiedlichen Bedingungen abschwächen oder begünstigen. Die Assoziation der moderierenden Variablen mit unterschiedlichen Theorien zeichneten daher nur einen von mehreren kausalen Mechanismen auf. Die folgenden Ansätze sollen in der Dissertation diskutiert werden: 1. Evaluation Potential ("Evaluationspotentiale"): Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Nichtidentifizierbarkeit individueller Beiträge in kollektiven Situationen zu Motivationsverlusten führt. Akteure entziehen sich deshalb der Verantwortlichkeit für die Erstellung eines Gruppenproduktes.14 2. Dispensability of Effort ("Entbehrlichkeit der Anstrengung"): Dieses Paradigma ist eng mit dem free-riding verknüpft. Es besagt, dass Akteure ihren Beitrag in kollektiven 11 Vgl. hierzu Karau & Williams 1993, 1995. Vgl. hierzu Feather, 1982a; 1982b; Mitchell, 1982; Raynor, 1982; Vroom, 1964. 13 Das CEM wurde bisher nur vereinzelt einer empirischen Überprüfung unterzogen. Vgl. Arnscheid, 1997; Hoeksema-van Orden, 1998; Huguet, 1999; Shepperd & Taylor, 1999. 14 Vgl. hierzu Davis 1960; Harkins 1987; Harkins & Jackson, 1985; Williams et al., 1981. 12 5 Situationen für entbehrlich erachten, sofern sie davon ausgehen, dass sich andere Akteure hinreichend für die Erstellung des kollektiven Gutes einsetzen.15 3. Matching of Effort ("Anpassung der Anstrengung"): Dieser Ansatz geht von der gegenseitigen Unterstellung der Akteure aus, die Coakteure würden ihr Anstrengungspotential in einer kollektiven Situation verringern. Aufgrund dieser Projektion reduzieren sie selbst ihre eigene Anstrengung, um nicht die Leistungen anderer kompensieren zu müssen.16 4. Self-Attention ("Selbstwahrnehmung"): Diese Theorie betont den Mangel an Kontrolle, den Akteure in kollektiven Situationen über ihr Leistungspotential haben. Motivationsverluste kommen deshalb zustande, da es keine Vergleichsmöglichkeiten bzw. Standards gibt.17 Das auf wert-erwartungstheoretischen Annahmen basierende CEM wird von Karau & Williams (1993) durch Annahmen der Theorie Sozialer Identität in Gruppen18 ergänzt. Steht bei der Wert-Erwartungstheorie die Frage nach der Instrumentalität der Mittel im Zentrum, so gibt die Theorie Sozialer Identität Auskunft darüber, welche Ziele Akteure hoch bewerten. Das CEM geht davon aus, dass die motivationale Kraft von drei Faktoren abhängt: 1. der Erwartung (expectancy), die besagt, dass eine hohe Anstrengung auch zu einem hohen Leistungsniveau führt; 2. der Instrumentalität (instrumentality), die besagt, dass gute Leistungen auch weitere positive Konsequenzen haben und 3. der Bewertung der Resultate bzw. Ergebnisse (valence of outcomes), die besagt, dass die Ergebnisse als wünschenswert betrachtet werden. Karau & Williams betonen, dass in einer kollektiven Situation die wahrgenommene Instrumentalität von drei Faktoren abhängt: a.) vom Zusammenhang zwischen individueller und kollektiver Leistung b.) vom Zusammenhang zwischen Gruppenleistung und den Gruppenbelohnungen und c.) vom Zusammenhang zwischen der Gruppenbelohnung und der individuellen Belohnung. Aus diesen Annahmen ergeben sich zwei Thesen: Die erste These besagt, dass es in der individuellen Leistungssituation einen stärkeren Zusammenhang zwischen der Anstrengung und der Belohnung gibt. In einer kollektiven Leistungssituation ist die individuelle Belohnung hingegen nicht unmittelbar erreichbar, sondern wird über das Gruppenprodukt vermittelt. Social loafing kommt deshalb zustande, weil die Kontingenz zwischen individueller Anstrengung und der Auszahlung in einer kollektiven Situation höher ist als in einer individuellen oder koaktiven Situation. 15 Vgl. hierzu Bruun & Kerr, 1983; Kerr, 1983. Vgl. hierzu Jackson & Harkins, 1985. 17 Vgl. hierzu Jackson, 1986; Mullen, 1983; 1985; 1991. 18 Für einen Überblick, siehe: Abrams, 1999; Hogg, 1999; Taijfel, 1986. 16 6 Die zweite These besagt, dass es angesichts der Kontingenz von Leistung und Auszahlung zu einer geringeren individuellen Bewertung des Ergebnisses kommt. D. h. Ziele, die schwer zu erreichen sind, werden zugunsten anderer Ziele aufgegeben. Erkennen Akteure, dass einer dieser Zusammenhänge zwischen individueller und kollektiver Leistung, zwischen Gruppenleistung und Gruppenbelohnung oder zwischen Gruppenbelohnung und individueller Belohnung gestört ist, sinkt die Instrumentalität und Akteure werden sich folglich nicht mehr in dem Maße anstrengen. Ähnlich werden sich Akteure nicht anstrengen, wenn die Ziele nicht wünschenswert sind, selbst wenn diese unmittelbar an die individuelle Leistung rückgebunden sind. Relevante individuelle Ziele sind z.B. externe Belohnungen, das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe sowie Informationen über die Selbstbewertung bzw. Selbsteinschätzung. Das CEM stellt den theoretischen Rahmen für meine Arbeit bereit. Es erlaubt mir, die relevanten Faktoren zu identifizieren und in der empirischen Untersuchung zu erheben, die einen Einfluss auf social loafing haben. Aufgrund der kognitivistischen Ausrichtung dieses Modells stellt sich aber die Frage, ob seine Erklärungskraft auch im Hinblick auf komplexe Probleme ausreichend ist, da diese mit höheren emotionalen Anforderungen verbunden sind. Darüber hinaus stellt das CEM keine Erklärung dafür bereit, wie sich social loafing beim Lösen komplexer Probleme auf die Güte der Leistung auswirkt. Deshalb wird ein weiteres Ziel meiner Arbeit darin bestehen, das CEM durch zusätzliche Erklärungsansätze zu ergänzen. Diese Ansätze bilden die Arousal Reduction Theorie ("Theorie der Triebreduktion") (1) sowie das Cognitive-Motivational Model (CMM) (2). 1.) Die wesentliche Aussage der Arousal Reduction Theorie besteht darin, dass Akteure in einer für sie schwierigen Situation in der Anwesenheit anderer weniger Angst haben als Akteure, die in derselben Situation alleine sind. Es wird davon ausgegangen, dass das Arbeiten in Gruppen triebreduzierend wirkt und der Arousal, d. h. die Erregung der einzelnen Akteure, aufgrund der sozialen Situation verringert wird.19 Beim Lösen komplexer Aufgaben ist diesen theoretischen Annahmen zufolge die Leistungsfähigkeit von Akteuren in kollektiven Situationen besser als jene von Akteuren in koaktiven oder individuellen Situationen. Diese bessere Leistungsfähigkeit verdankt sich schließlich der verminderten Erregung.20 2.) Das Cognitive-Motivational Model (CMM) umfasst im wesentlichen drei Komponenten, die Anstrengung (Effort), die Erregung (Arousal) und die problemirrelevante Informationsverarbeitung (task irrelevant information processing).21 Effort und Arousal sind motivationale Faktoren und letzterer stellt einen kognitiven Faktor dar. Das CMM basiert auf drei Annahmen: (1) Die Anwesenheit anderer beeinflusst die sozialen Konsequenzen der Ergebnisse für das Individuum, diese wirken sich (2) sowohl auf die 19 Vgl. hierzu Schachter, 1959; Wrightsman, 1960. 20 Vgl. hierzu Jackson & Williams, 1985. 21 Vgl. hierzu Geen, 1989; Griffith, Fichman & Moreland, 1989; Paulus, 1983 7 individuelle Motivation (Effort und Arousal) als auch auf die Kognition (task-irrelevant information processing) aus. (3) Die Leistung ist eine Funktion dieser motivationalen und kognitiven Faktoren. Beim Lösen komplexer Aufgaben in kollektiven Situationen, wird der Arousal, der Effort wie auch das task-irrelevant information processing reduziert. Eine höhere Leistung kommt deshalb zustande, weil der verminderte Effort und der verminderte Arousal durch die Verringerung der irrelevanten Informationsverarbeitung ausgeglichen wird. Eine verringerte Informationsverarbeitung, die sich nicht primär auf die Aufgabe bezieht, kann sich insofern positiv auf das Leistungspotential auswirken, da die Konzentration auf die Aufgabe nicht gestört wird. Auf der Grundlage dieser, wenn auch nur kurz skizzierten theoretischen Überlegungen, sollen in einem weiteren Schritt die Hypothesen, die in der empirischen Untersuchung überprüft wurden, dargestellt werden. 2 Hypothesen In der Untersuchung wurden die folgenden Hypothesen getestet, die sich auf die Anstrengungsniveaus und die Leistung der Probanden in den Treatmentbedingungen beziehen. H1.1: Beim Problemlösen ist die Anstrengung in der koaktiven Situation insgesamt höher als in der kollektiven Situation.22 H1.2: Beim Problemlösen ist die Anstrengung in der komplexeren Situation insgesamt höher als in der weniger komplexen Situation. H1.3: Die höhere Anstrengung koaktiver Gruppen (E1) führt beim Lösen des einfacheren Problems zu besseren Leistungen (P) gegenüber der geringeren Anstrengung kollektiver Gruppen (E2). Für einfache Probleme gilt: E1 > E2 P1 > P2. H1.4: Beim Bearbeiten eines komplexeren Problems führt die höhere Anstrengung koaktiver Gruppen (E1) gegenüber der geringeren Anstrengungen kollektiver Gruppen (E2) zu schlechteren Leistungen (P). Für komplexe Probleme gilt: E1 > E2 P1 < P2. Zur Erklärung der unterschiedlichen Anstrengungsniveaus in koaktiven im Vergleich zu kollektiven Gruppen sollen folgende Hypothesen getestet werden: H2: Die höhere Anstrengung in den koaktiven Gruppen gegenüber den kollektiven Gruppen lässt sich auf das erhöhte Erregungsniveau in den Nominalgruppen zurückführen. H3: Die höhere Anstrengung in den Nominalgruppen ist auf das höhere Stressniveau 22 Koaktive Situation soll synonym verwendet werden mit koaktiver Arbeitsbedingung. Selbiges gilt auch für kollektive Situation und kollektive Arbeitsbedingung. 8 zurückzuführen. H4: Die höhere Anstrengung in koaktiven Gruppen lässt sich auf die höhere wahrgenommene Instrumentalität der Mittel sowie auf die höhere Bewertung der Ergebnisse im Vergleich zu den kollektiven Gruppen zurückführen. Dem Collective Effort Model (CEM) folgend ist die Instrumentalität in kollektiven Situationen geringer als jene in koaktiven Situationen, da die mit dem Aufwand verbundenen Ergebnisse in kollektiven Situationen nicht unmittelbar gegeben sind, sondern über die Gruppe vermittelt werden. Die wahrgenommene Instrumentalität alleine kann hohe Anstrengung aber noch nicht erklären. Eine weitere Voraussetzung für eine hohe Anstrengung besteht darin, dass die Akteure die Ergebnisse auch hoch bewerten müssen. Aufgrund der unmittelbaren Erreichbarkeit der Ergebnisse unter koaktiven Arbeitsbedingungen kann davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse dort höher bewertet werden als unter kollektiven Arbeitsbedingungen und daher die Anstrengung höher ist.23 Wurden in H2 bis H4 Erwartungen über die Einflussfaktoren auf die Anstrengung formuliert, so beinhalten die folgenden Hypothesen Aussagen über das Verhältnis von Anstrengung und Leistung. Dem Cognitive-Motivational Model (CMM) zufolge lassen sich höhere Anstrengungen in koaktiven Situationen auf die höheren positiven wie auch negativen Konsequenzen in diesen Situationen zurückführen. Hohe positive Konsequenzen im Sinne von Belohnungen führen zu erhöhter Anstrengung und hohe negative Konsequenzen im Sinne von Bewertungsängsten führen dem CMM zufolge zu höherer Erregung (Arousal), zu höherer Anstrengung (Effort) sowie zu einer Steigerung problemirrelevanter Informationsverarbeitungsprozesse (task irrelevant information processing). H5.1: Die problemirrelevante Informationsverarbeitung ist unter koaktiven Arbeitsbedingungen höher als unter kollektiven Arbeitsbedingungen. H5.2: Bei der Bearbeitung einfacher Probleme wird in der koaktiven Situation die mit der Anstrengung verbundene Leistung nicht negativ durch die irrelevante Informationsverarbeitung beeinträchtigt. Die Leistungen koaktiver Gruppen sind besser als die Leistungen kollektiver Gruppen. H5.3: Beim Lösen komplexer Probleme wird die Leistung in der koaktiven Situation durch die problemirrelevante Informationsverarbeitung negativ beeinflusst und kann nicht durch die Anstrengung kompensiert werden. 23 Umgekehrt kann aber auch der Fall eintreten, dass Akteure in kollektiven Situationen die Gruppe an sich oder die von der Gruppe erbrachte Leistung hoch bewerten, gerade weil es eine kollektiv erbrachte Leistung ist. Kollektive Gruppen strengen sich in diesem Falle sogar in höherem Maße an als koaktive Gruppen. Vgl. Karau & Hart 1998; Williams, Karau & Bourgeois 1993. 9 In komplexeren Problemsituationen sind die Leistungen der kollektiven Gruppen, die sich in geringerem Maße anstrengen als die koaktiven Gruppen besser, weil in diesem Falle die geringere Anstrengung durch die Verminderung der problemirrelevanten Informationsverarbeitung kompensiert werden kann. Auf der Grundlage der theoretischen Annahmen, die Jackson & Williams (1985) formuliert haben, lassen sich unterschiedliche Erwartungen über das Verhältnis von Anstrengung und Leistung für einfachere und komplexere Problemstellungen formulieren. Den Annahmen zufolge führt die Anwesenheit anderer zu einer Trieberhöhung. Aufgrund dieser Trieberhöhung werden meist bereits ausgeprägte Verhaltensmuster zur Lösung des Problems angewendet. H6.1: Diese sozial erzeugte Erregung und die Anwendung dieses Verhaltens führt beim Lösen einfacher Probleme zu besseren Leistungen. H6.2: Beim Lösen komplexerer Probleme wirkt sich die Anwendung bereits ausgeprägter Verhaltensmuster hingegen nachteilig aus und ist mit einer erhöhten Fehlerquote verknüpft, was die Leistungsfähigkeit der Probanden beeinträchtigt. 3 Motivationsverluste und Komplexes Problemlösen Die vorliegenden Studien zum sozialen Faulenzen befassten sich überwiegend mit der Bearbeitung einfacher Aufgabenstellungen. Der Einfluss unterschiedlicher Komplexitätsniveaus und Schwierigkeitsgrade auf und für soziales Faulenzen war bisher nur Gegenstand weniger Untersuchungen.24 Ein gemeinsames Merkmal dieser Studien, die den Einfluss unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade der Aufgabenstellung auf soziales Faulenzen untersucht haben, besteht darin, dass die Vorstellungen darüber, was schwierige oder auch komplexe Aufgabenstellungen sind, sehr heterogen sind. Dies ist insofern problematisch, da die Problemschwierigkeit sowohl von den Problem- als auch von den Personenmerkmalen abhängt. Die Problemkomplexität stellt - folgt man der Taxonomie Hussys (1984) - aber lediglich ein zentrales Problemmerkmal dar. Problemmerkmale werden in der Problemlöseforschung unterschieden nach Situationsmerkmalen, nach inhaltlichen und nach formalen Merkmalen. Zu letzteren zählt auch die Komplexität des Problems. Um die terminlogische Unschärfe der vorliegenden Untersuchungen im Bereich Soziales Faulenzen zu überwinden, soll diese Taxonomie in der eigenen Untersuchung zugrundegelegt werden. Dies erlaubt es mir zudem, adäquat beschreiben zu können, welche Manipulation in den unterschiedlichen Treatmentbedingungen vorgenommen werden. Zu nennen sind die Variation der situativen Merkmale im Sinne des Vergleichs von koaktiven und kollektiven Arbeitsbedingungen sowie die Variation der formalen Merkmale im Sinne der Problemkomplexität. 24 Vgl. Bartis, Szymanski & Harkins, 1988; Brickner, Harkins & Ostrom, 1986; Griffith, Fichman, & Moreland, 1989; Harkins & Petty 1982; Jackson & Williams, 1985. 10 Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht die Frage, wie sich die Komplexität des Problems auf die Motivation und die Problemlösefähigkeit auswirkt. Welchen Einfluss der Schwierigkeitsgrad hat, soll im folgenden vernachlässigt werden. Um die Variation der Problemkomplexität adäquat erfassen zu können, beziehe ich mich auf die von Dietrich Dörner entwickelten Kriterien zur Bestimmung eines komplexen Problems. Nach Dörner weisen komplexe Probleme bzw. komplexe Systeme folgende Merkmale auf: (1) Komplexität, (2) Vernetztheit, (3) Eigendynamik, (4) Intransparenz und (5) Polytelie.25 Ein Problem ist (1) komplex, wenn es aus vielen unterschiedlichen Variablen besteht, die die Problemlöserin überschauen muss. Dies erfordert eine gezielte Informationsreduktion. Aufgrund (2) der Vernetztheit der Variablen ist es erforderlich, die wechselseitige Abhängigkeit der beteiligten Variablen zu berücksichtigen. Ein komplexes Problem weist ferner (3) eine Eigendynamik auf, d. h. das Problem verändert sich auch ohne Zutun der Problemlöserin. Diese Eigendynamik führt dazu, dass Problemlöser häufig rasche Entscheidungen treffen müssen und nur begrenzte Zeit zum Nachdenken zur Verfügung haben. Ferner zeichnet sich ein komplexes Problem (4) durch Intransparenz aus. Dies führt dazu, dass Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden müssen, da nicht alle Informationen zur Verfügung stehen. Als weiteres Kriterium ist (5) die Polytelie zu nennen, die besagt, dass mehrere Kriterien gleichzeitig optimiert werden müssen, obgleich diese oftmals auch im Widerspruch zueinander stehen. Dies erfordert eine differenzierte Zielstrukturierung sowie eine mehrdimensionale Informationsbewertung seitens der Problemlöser. Auf der Grundlage dieser Kriterien lässt sich auch beschreiben, worin die Manipulation des Komplexitätsniveaus eines Szenarios liegt. War diese Beschreibung der Komplexitätsniveaus in den bisherigen Untersuchungen eher vage, so ist es mit Hilfe der fünf Kriterien möglich, eine adäquate Analyse der unterschiedlichen Komplexitätsniveaus vorzulegen. 3.1 Kriterien für die Auswahl eines komplexen Szenarios Das erste computersimulierte Szenario, welches im deutschsprachigen Raum für Forschungszwecke eingesetzt wurde, war TANALAND.26 Die Problemlöser mussten in diesem ökologisch ausgerichteten Szenario für das Wohlergehen einer fiktiven afrikanischen Landschaft Sorge tragen. Ende der 70er Jahre wurde einweiteres computersimuliertes Szenario, LOHHAUSEN, von Dörner und seinen Mitarbeitern zum Einsatz gebracht.27 In diesem Szenario war es die Aufgabe der Problemlöser, sich in die Lage eines Bürgermeisters zu versetzen und sich über Monate hinweg um den Fortbestand der Kleinstadt zu kümmern. Seither wurden zahlreiche weitere Szenarien mit höchst heterogenen semantischen und inhaltlichen Einbettungen entwickelt, die überwiegend in der kognitionspsychologischen Grundlagenfor25 Vgl. hierzu Dörner et al. 1983; Frensch & Funke 1995; Funke 1999 Vgl. Dörner & Reither, 1978. 27 Vgl. Dörner et al., 1983. 26 11 schung sowie in der Eignungsdiagnostik Verwendung finden. Der Einsatz solcher Szenarien im Bereich der Sozialpsychologie ist hingegen nach wie vor sehr selten. 28 Aufgrund der geringen Anzahl an Studien, die den Umgang mit computersimulierten Szenarien in sozialen Bedingungen untersucht haben, ist es auch nicht verwunderlich, dass für den Bereich soziales Faulenzen noch keine Studien vorliegen, bei denen computersimulierte Szenarien zugrundegelegt wurden.29 Im Gegensatz zu den klassischen Brainstorming- und Lärmerzeugungsaufgaben, um nur einige Beispiele zu nennen, die in dieser Forschung bislang eingesetzt wurden, weisen computersimulierte Szenarien einen hohen Realitätsgehalt auf und sind hoch motivierend. Daher ermöglichen sie es auch zu überprüfen, ob soziales Faulenzen beim Lösen realitätsnaher Probleme überhaupt auftritt. Die Ergebnisse der Feldforschung scheinen dies zwar bereits belegt zu haben30, aufgrund der Unkontrollierbarkeit der Bedingungen im Feld, sollten diese Befunde jedoch einer weiteren experimentellen Überprüfung unterzogen werden, wofür sich computersimulierte Szenarien bestens eignen. Für den Einsatz einer Computersimulation spricht ferner, dass die Probanden über einen längeren Zeitraum hinweg an der Simulation arbeiten. Im Gegensatz zu den klassischen Aufgabenstellungen, bei denen die Anwendung bereits bekannter Methoden zur Lösung der Aufgabenstellung ausreichend sind, ist der Umgang mit einer Simulation sehr voraussetzungsvoll und erst nach einer intensiven Trainingsphase zu bewerkstelligen. Aufgrund der intensiven und produktiven Auseinandersetzung mit dem Problem sowie der wiederholten Bearbeitung der Simulation kann zudem die ökologische Validität der Ergebnisse gewährleistet werden, da Personen in realen Situationen ebenfalls über eine längere Zeit hinweg an einem Problem arbeiten. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass mittlerweile eine Vielzahl von computersimulierten Szenarien mit den unterschiedlichsten Inhalten vorliegt. Diese Szenarien lassen sich auch danach klassifizieren, ob sie eine klare objektiv bestimmbare Zielvorgabe für die Problemlöser formulieren oder ob die Problemlöser selbst die Ziele entwickeln müssen. Ein Beispiel für letzteres wäre die Simulation LOHHAUSEN, in der die Probanden für das Wohlergehen der fiktiven Kleinstadt verantwortlich waren und dabei selbst entscheiden mussten, welche Prioritäten, sei es im ökologischen Bereich, sei es in der Vollbeschäftigung, sie für richtig halten. Szenarien mit klarer Zielformulierung stellen beispielsweise die unterschiedlichen Fire Chief Simulationen dar, die von Dörner, Brehmer sowie Omodei & Wearing entwickelt wurden. Für die eigene Untersuchung stellt die Ermittlung eines objektiv bestimmbaren Leistungskriteriums eine notwendige Voraussetzung dar, was die Auswahl an verfügbaren Simulationen erheblich einschränkt. Eine weitere Anforderung an das einzusetzende Szenario besteht darin, dass die Simulation unter verschiedenen Untersuchungsbedingungen bearbeitet werden kann. Beide Anforderun28 Vgl. hierzu Badke-Schaub 1993a; 1993b; Berkowitz & Szabo 1978, Boos et al., 1990; Boos & Scharpf, 1990; Endres, 1994; Hesse, Spies & Lüer, 1983; Köller, Dauenheimer & Strauß 1993. 29 Ausnahme bildet der Einsatz von Labyrinthaufgaben (mazes) (vgl. Jackson & Harkins, 1985). Das Szenario, welches in der eignen Forschung zugrundegelegt wird, ist allerdings weitaus komplexer. 30 Vgl. Comer, 1995 12 gen werden von der Computersimulation Networked Fire Chief bestens erfüllt. Darüber hinaus erlaubt das NFC-Programm eine getrennte Bestimmung von Leistung (Performance) und Anstrengung (Effort) wodurch untersucht werden kann, wie sich beide Größen zueinander verhalten. Dies war für die Aufgabenstellungen, die bislang der Forschung im Bereich soziales Faulenzen zugrundelagen, nicht möglich, was dezidierte Aussagen über das Verhältnis von Leistung und Anstrengung nicht zuließ. 3.2 Beschreibung des Szenarios Networked Fire Chief Die Computersimulation Networked Fire Chief (NFC), die von australischen Experten entwickelt wurde, konnte ich für meine eigene Zwecke umprogrammieren und an mein Forschungsdesign anpassen. Es handelt sich dabei um die Computersimulation einer realen Feuerlöschsituation, in der Probanden in Dreiergruppen gemeinsam einen Flächenbrand bekämpfen müssen, der in bestimmten Segmenten auf der Bildschirmoberfläche ausbricht. 31 Aufgabe der Probanden ist es, die Ausbreitung der Feuer zu kontrollieren, indem sie diese mit den ihnen zur Verfügung stehenden Löschfahrzeugen bekämpfen. Ist ein Feuer ausgebrochen, so breitet es sich mit einer zuvor festgelegten Geschwindigkeit auf die angrenzende Fläche aus. Die Ausbreitungsrichtung wird durch die Windrichtung bestimmt, welche sich – unter Kontrolle der Versuchsleiterin – im Laufe des Spiels häufiger verändert. Auf dem Spielfeld befinden sich unterschiedliche Symbole (besiedelte Gebiete, Vegetationen), die es zu retten gilt. Sie weisen jeweils einen unterschiedlichen Stellenwert im Hinblick auf die Gewichtung zum Gesamtergebnis auf. So ist es beispielsweise wichtiger, besiedelte Gebiete als Grünflächen zu retten. Das Programm erlaubt es, die individuelle und die kollektive Leistung der Spieler in Form von Prozentsätzen geretteter Fläche bzw. Objekte zu ermitteln. Der im Anschluss an die Simulationsbearbeitung ausgegebene „statistics report“ liefert neben allgemeinen Leistungsindikatoren auch Indikatoren für das individuelle Eingriffsverhalten und die Nutzung der jeweils zur Verfügung gestellten Ressourcen. Somit ist es möglich, unabhängig von der Performance die Anstrengungswerte für die jeweiligen Spieler zu bestimmen. Die Unterscheidung beider Werte erlaubt es, eine Verhältnisbestimmung zwischen beiden Größen vorzunehmen und Effizienzwerte für die jeweiligen Spieler zu berechnen. 4 Anlage der Experimente Ziel der Untersuchung ist es erstens nachzuweisen, ob soziales Faulenzen beim Lösen komplexer Probleme überhaupt auftritt und wenn ja, ob sich soziales Faulenzen zweitens positiv auf das Lösen komplexer Probleme auswirkt. Da in den einschlägigen Untersuchungen gezeigt werden konnte, dass beim Lösen komplexer Aufgaben die kollektiven Gruppen bessere Leistungen erzielten als die koaktiven Gruppen, ist zu prüfen, ob dieser Befund auch für das Lösen komplexer Probleme bestätigt werden kann. Lässt sich dieser Befund für komplexe 31 Vgl. hierzu Omodei & Wearing 1993, 1995b; Omodei et al., 1998. 13 Probleme replizieren, so wird der Frage nachgegangen, worauf sich dieses inverse Verhältnis von Aufwand und Leistung zurückführen lässt. Die Beantwortung dieser Fragen soll auf der empirischen Grundlage zweier Experimente erfolgen. In beiden Experimenten soll geprüft werden, wie sich unterschiedliche Arbeitsbedingungen (koaktiv vs. kollektiv) und unterschiedliche Komplexitätsniveaus der Problemstellung auf soziales Faulenzen und die Leistungsfähigkeit von Problemlösern auswirken. Die Problemstellung besteht darin, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die oben beschriebene Computersimulation NFC bearbeiten. Der Unterschied zwischen den beiden Experimenten liegt darin, dass im ersten Experiment eine eher additive Problemstellung und im zweiten eine eher kompensatorische Problemstellung zugrundegelegt wird. Da die Probanden im ersten Experiment lediglich auf einem Feld die Feuer bekämpfen können, ist ihr Beitrag, den sie zur kollektiven Leistung erbringen können, begrenzt. Die kollektive Leistung ergibt sich aus dem Durchschnitt der erbrachten Leistungen in den drei Feldern. Diese Beschränkung auf ein Feld wird im zweiten Experiment dahingehend modifiziert, dass die Probanden auch in den benachbarten Gebieten die Feuer bekämpfen können. Dies erlaubt es, eine realitätsnähere Situation zu schaffen, in der die schwächeren Leistungen bestimmter Spieler durch das Engagement anderer Spieler kompensiert werden können. In beiden Experimenten sollen schließlich unterschiedliche Komplexitätsniveaus verglichen werden. Die Manipulation der Komplexität erfolgt durch den Einsatz einer weiteren Ressource, die zur Bekämpfung der Feuer notwendig ist. Gemessen an den oben beschriebenen Kriterien zur Bestimmung komplexer Probleme erhöht sich mit dem Hinzufügen einer weiteren Ressource die Komplexität, die Vernetztheit, die Intransparenz sowie die Polytelie des Problems. 4.1 Pilotstudien Bevor mit den Experimenten begonnen wurde, war es erforderlich, Pilotstudien durchzuführen. Diese dienten der Einstellung und Justierung des Programms sowie der Überprüfung, wie sich unterschiedliche Komplexitätsniveaus des Problems auf die Anstrengungen und Leistungen der Problemlöser auswirken. In vier unabhängigen Dreiergruppen wurden Szenarien mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden eingesetzt, um ein Szenario zu bestimmen, das ausreichend komplex war, damit die Spieler über die Dauer von 15 Minuten beschäftigt waren. Diese Durchgänge erfolgten unabhängig von der Situationsdefinition und dienten lediglich der Überprüfung, wie gut die Probanden die Feuer bekämpfen. Im Anschluss daran wurden die drei Pilotstudien durchgeführt, die im folgenden kurz skizziert werden. 14 4.1.1 Pilotstudie I In einer ersten Pilotstudie wurde der Effekt des sozialen Faulenzens innerhalb des Fire Chief Szenarios nachgewiesen. Die Versuchsanordnung bestand darin, dass die Anstrengung von Probanden einer kollektiven Situation mit jener von Probanden einer koaktiven Situation verglichen wurde. In der kollektiven Situation wurde den Probanden mitgeteilt, dass eine kollektive Leistung erbracht werden soll und in der koaktiven Situation wurde ihnen mitgeteilt, dass die Einzelleistungen vom Computer aufgezeichnet werden. Insgesamt haben an dieser Pilotstudie 4 Gruppen à 3 Personen teilgenommen. Zwei Gruppen bearbeiteten das ausgewählte Szenario unter der kollektiven und zwei weitere unter der koaktiven Arbeitsbedingung. Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass der erwartete social loafing Effekt auftrat: Gruppe 1 (koaktive Arbeitsbedingung) erbrachte durchschnittlich 128 Commands Gruppe 2 (koaktive Arbeitsbedingung) erbrachte durchschnittlich 117 Commands Gruppe 3 (kollektive Arbeitsbedingung) erbrachte durchschnittlich 107 Commands Gruppe 4 (kollektive Arbeitsbedingung) erbrachte durchschnittlich 98 Commands Es zeigt sich demnach, dass die Probanden unter der kollektiven Arbeitsbedingung deutlich weniger Commands abgegeben haben als diejenigen der Vergleichsgruppen, woraus sich folgern lässt, dass das Phänomen social laofing auch beim Lösen komplexer realitätsnaher Probleme auftritt. Da ein Interesse meiner Untersuchung auch darin besteht, herauszufinden, wie sich Anstrengung und Leistung beim Lösen von komplexen Problemen zueinander verhalten, wurde überprüft, unter welchen Bedingungen die besseren Leistungen erbracht wurden: Gruppe 1 (koaktive Arbeitsbedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 89% Gruppe 2 (koaktive Arbeitsbedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 90% Gruppe 3 (kollektive Arbeitsbedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 87% Gruppe 4 (kollektive Arbeitsbedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 86%. Diese Ergebnisse belegen frühere Befunde: beim Bearbeiten einfacher Problemstellungen erzielten die koaktiven Gruppen bessere Leistungen als die kollektiven Gruppen. Damit konnte in der Pilotstudie gezeigt werden, dass sich social loafing beim Bearbeiten dieses einfachern Szenarios negativ auf die Lösung des Problems auswirkte. 4.1.2 Pilotstudie II In der zweiten Pilotstudie wurde die Auswirkung unterschiedlicher Komplexitätsniveaus der Problemstellung auf die Anstrengung und die Leistung überprüft. Das Komplexitätsniveau 15 der Problemstellung wurde dadurch erhöht, dass die Löschgeräte in diesem komplexeren Szenario neben der Ressource Wasser auch Benzin benötigten. Den widersprüchlichen empirischen Befunden zufolge müsste soziales Faulenzen bei steigender Komplexität der Problemstellung verschwinden oder falls dies nicht der Fall sein sollte, müsste sich social loafing positiv auf die Leistung auswirken. Die Ergebnisse der zweiten Pilotstudie zeigten, dass letzteres zutrifft. Auch beim Lösen komplexer Probleme trat der social loafing Effekt ein und die Gruppe, die unter der kollektiven Bedingung das Problem gelöst hat, erbrachte mit deutlich weniger Aufwand eine höhere Leistung als die Vergleichsgruppe. Damit konnte in der Vorstudie nachgewiesen werden, dass es beim Lösen des komplexeren Problems einen inversen Effekt von Leistung und Anstrengung gibt. Im einzelnen haben die Gruppen wie folgt abgeschnitten: Gruppe 1 (koaktive Arbeitsbedingung) erbrachte durchschnittlich 100 Commands und eine Leistung von 69%. Gruppe 2 (kollektive Arbeitsbedingung) erbrachte hingegen nur 93 Commands im Durchschnitt und erzielte mit dieser geringeren Anstrengung ein Ergebnis von 79%. Die zweite Pilotstudie hat gezeigt, dass beim Lösen des komplexeren Problems die geringere Anstrengung der kollektiven Gruppe zu besseren Leistungen führte. In dem ersten Experiment soll dieses Ergebnis repliziert werden. 4.1.3 Pilotstudie III In einer dritten Pilotstudie wurde überprüft, inwiefern sich eine Komplexitätssteigerung in der sozialen Situation auf die Anstrengung und Leistung der Probanden in den jeweiligen Gruppen auswirkt. Diese Komplexitätssteigerung in der sozialen Situation erfolgte durch die Öffnung der Grenzen zwischen den jeweiligen Feldern, auf denen die Feuer gelöscht werden mussten. Den Probanden war es im Gegensatz zu den vorhergehenden Studien nun auch möglich, mit den Mitspielern zu interagieren und in deren Felder die Feuer zu löschen. Diese Interaktionsmöglichkeiten sind schließlich auch ausschlaggebend für die Komplexitätssteigerung der sozialen Situation, da die Spieler das Verhalten der anderen Mitspieler in ihr Handeln einplanen mussten. Insgesamt wurde sowohl für die einfache als auch für die komplexe Problemstellung überprüft, wie sich die erhöhte Komplexität der sozialen Situation auf die Anstrengung und Leistung in den jeweiligen Treatmentbedingungen auswirkt: Gruppe 1 (koaktiv-einfache Bedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 93% mit einem Aufwand von durchschnittlich 112 Commands. Gruppe 2 (koaktiv-komplexe Bedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 90% mit einem Aufwand von durchschnittlich 105 Commands. Gruppe 3 (kollektiv-einfache Bedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 74% mit einem Aufwand von 99 Commands. 16 Gruppe 4 (kollektiv-komplexe Bedingung) erbrachte eine durchschnittliche Leistung von 78% mit einem Aufwand von 92 Commands. Mit den Ergebnissen der dritten Pilotstudie konnten jene aus den ersten und zweiten Studien auch für die Situation mit erhöhter sozialer Komplexität repliziert werden. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Steigerung der Komplexität durch die Interaktion keine zusätzlichen Effekte hatte. Die Pilotstudie wurde erst vor dem zweiten Experiment durchgeführt (s.u.). In diesem Experiment wurden alle Faktoren des ersten Experiments konstant gehalten, bis auf die Veränderung der Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Spielern, welche hinzukam. Die Situation mit erhöhter sozialer Komplexität wurde gewählt, da sie eine realitätsnähere Situation darstellt. Gerade deshalb ist es von hohem wissenschaftlichen wie auch anwendungsbezogenen Interesse, nachzuweisen, ob und weshalb es in dieser Situation zu einem inversen Verhältnis von Anstrengung und Leistung beim Lösen komplexer Probleme kommt. Die Veränderung nur eines Faktors gegenüber dem ersten Experiment erlaubt mir zudem, nach Abschluss der Untersuchung eine Berechnung für ein 3*2*2 faktorielles between-subject design durchzuführen. 4.2 Experiment 1 Im ersten Experiment wurde der Einfluss unterschiedlicher Arbeitsbedingungen (koaktiv vs. kollektiv) und unterschiedlicher Komplexitätsniveaus der Problemstellung auf die Anstrengung und die Leistung untersucht. Hierfür wurde ein 2 (koaktiv vs. kollektiv) * 2 (einfaches vs. komplexes Problem) faktorielles between-subject design zugrunde gelegt. Beschreibung der Stichprobe An dem Experiment haben insgesamt 60 Personen (38 Frauen und 22 Männer) im Alter von 18 bis 49 Jahren teilgenommen. Die Probanden rekrutierten sich überwiegend aus Studierenden der Universität Erfurt, der FH Erfurt und der PH Erfurt. Die Teilnahme war mit einem zeitlichen Aufwand von drei Stunden verbunden und wurde mit einer Aufwandsentschädigung von DM 30,- vergütet. Die Probanden wurden in Dreiergruppen einbestellt und zufällig den vier Treatmentbedingungen zugeteilt. 4.2.1 Design Die unabhängigen Variablen des Designs bilden die Arbeitsbedingung und das Komplexitätsniveau der Problemstellung. In dem Experiment wurde der Einfluss beider unabhängiger Variablen auf die Anstrengung (Effort) und die Leistung (Performance) erhoben. Hierfür wurden die Effortwerte der Gruppen koaktiver und kollektiver Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der Probanden als unabhängiger Untersuchungseinheit sowie der Gruppen 17 als unabhängiger Untersuchungseinheit verglichen. Ferner wurde untersucht, wie sich die vier Versuchsbedingungen auf die Leistungsfähigkeit (Performance) der jeweiligen Gruppen(-mitglieder) auswirken. Die Berechnung des Verhältnisses von den beiden abhängigen Variablen Performance und Effort ermöglichte es, die Effizienzkoeffizienten für die vier experimentellen Bedingungen zu ermitteln. Diese erlauben Aussagen darüber, welche der vier Gruppen am effizientesten war. Die Operationalisierung für den Effort erfolgt über die Anzahl der Commands, die die Probanden während der Steuerung der Simulation abgegeben haben. Die Anzahl an Commands ist insofern ein geeignetes Effortmaß, da sie Aufschluss über das Eingriffsverhalten der Probanden auf dem Spielfeld geben. Ferner entspricht die Anzahl an Commands am ehesten den Effortmaßen früherer Untersuchungen, die meist auf Maximierungsaufgaben basierten. Neben den Commands, die für die einzelnen Probanden getrennt aufgezeichnet werden (das Programm zeichnet auf, wie viele Commands von den jeweiligen Stationen, d. h. von den einzelnen PCs abgegeben wurden), errechnet das Programm sowohl eine Gesamtperformance als auch Performances für die jeweiligen Flächen. Die Angabe der drei flächenabhängigen Performances ermöglicht es, die Leistungen der einzelnen Spieler zu erheben. Berechnet werden die Performancescores auf der Grundlage der geretteten Flächen und Symbole in den jeweiligen Feldern. 4.2.1.1 Experimentelle Manipulation Die Manipulation der Situationsdefinition erfolgte durch die Aufgabenstellung für die jeweiligen Gruppen. Den Realgruppen wurde bereits bei der Einführung in das Programm mitgeteilt, dass ihr individueller Beitrag zur Problemlösung nicht identifiziert werden könne und es lediglich darum gehe, eine hohe kollektive Leistung zu erzielen. Aufgabe dieser Gruppen war es, die Feuer in der Dreiergruppe so gut wie möglich zu bekämpfen. Den Nominalgruppen wurde hingegen mitgeteilt, dass das Programm die individuellen Leistungen der einzelnen Spieler aufzeichnet und es darum gehe, eine möglichst gute individuelle Leistung zu erzielen. Die Manipulation des Komplexitätsniveaus erfolgte durch die Einführung einer weiteren Ressource, die zur Bekämpfung der Feuer nötig war. Beim Bearbeiten des einfacheren Szenarios benötigten die Löschgeräte, die von den Probanden zum Einsatz gebracht werden mussten, lediglich die Ressource Wasser. Beim komplexeren Szenario mussten die Probanden die Löschgeräte zusätzlich mit der Ressource Benzin versorgen. Die Variation des Komplexitätsniveaus der Problemstellung durch die Einführung einer weiteren Ressource bedeutet eine Erhöhung der Komplexität, eine umfangreichere Vernetztheit der Variablen (d. h. die Löschgeräte müssen sowohl mit Wasser als auch mit Benzin aufgetankt werden, um einsatzbereit zu sein), eine größere Intransparenz (d. h. die Inaktivität der Löschgeräte kann auf das Fehlen von zwei Ressourcen zurückzuführen sein) sowie eine gesteigerte Polytelie (d. h. weitere strategische Entscheidungen im Hinblick auf das Auftanken der Löschgeräte sind notwendig). 18 4.2.1.2 Manipulation Checks In dem Fragebogen, der nach jedem Versuchsdurchgang auszufüllen war, wurden erstens die Stimmungen, zweitens die Bewertung der Instrumentalität der Mittel und die Bewertung der Relevanz der Problembewältigung sowie drittens das Ausmaß an problemrelevanten und irrelevanten Informationsverarbeitungsprozessen erhoben. Ziel der Befragung war es, Aufschluss darüber zu gewinnen, inwiefern diese Dimensionen das Anstrengungspotential und die Leistung der Probanden beeinflusst haben. Stress und Arousal Zur Erhebung der Stimmungen wurde die von Mackay et al. (1978) entwickelte Stress-Arousal-Checklist (SACL) eingesetzt, mit Hilfe derer die beiden Faktoren Erregung (Arousal) und Stress auf der Grundlage ausgewählter Items ermittelt wurden.32 Die Erhebung der Items für die Bestimmung der Faktoren Erregung und Stress wurde durch die Vorgabe der folgenden Instruktion vollzogen: "In der folgenden Liste werden unterschiedliche Stimmungen beschrieben. Bitte kreuzen Sie für jede dieser Stimmungen an, in welchem Ausmaß diese während des letzten Durchgangs für Sie zugetroffen hat." Der Faktor Erregung (Arousal) wurde über die Items lebhaft, aufmerksam und aktiv einerseits sowie die Items träge, müde und schläfrig andererseits erhoben. Für die Bildung des ArousalFaktors wurden die drei letzten Werte reversibel kodiert. Die Auswahl liegt darin begründet, dass diese sechs Items in der Stress-Arousal-Checklist die höchsten Faktorladungen für Arousal aufwiesen. Analog hierzu wurde auch der Faktor Stress bestimmt. Stress wurde über die Items nervös, ängstlich und unbehaglich einerseits sowie über die Items gelassen, ruhig und angenehm andererseits erfasst. Auch hier wurden die letzten drei Items reversibel codiert. Die Antworten für jede dieser Stimmungen wurde mit Hilfe einer Likert-Skala erfasst (1="gar nicht", 7="in großem Maße"). CEM (Collective Effort Model) Des weiteren wurden Items erhoben, die der Überprüfung des CEMs dienen. Hierzu wurden zwei Fragen zur Instrumentalität der Mittel (perceived instrumentality) gestellt: "Wie gut haben Sie die Feuer in diesem Durchgang gelöscht?" und "Glauben Sie, dass Sie eine gute Feuerlöscherin sind?". Ferner wurde die subjektive Relevanz der Problemlösung (outcome valence) erhoben. Hierzu wurden folgende Fragen gestellt: "Wie interessant fanden Sie dieses Fire Chief Szenario?" und "Wie wichtig war es für Sie, die Feuer gut zu bekämpfen?" Die Antworten wurden mit einer 7-Punkte Likert-Skala erfasst. 32 Für beide Faktoren stellt die zugrundeliegende Adjektivliste ein valides Verfahren dar (vgl. Cox & Mackay, 1995; King, Burrows & Stanley, 1983). Diese Liste wurde zudem bereits im Bereich Entscheidungsfindung in natürlichen komplexen Umgebungen (decision making in complex dynamic settings) eingesetzt (Omodei & Wearing 1995a). Die Checkliste für Arousal weist eine enge Beziehung zu der von Thayer (1978; 1986) entwickelten Activation-Deactivation Adjective Check List (AD ACL) auf. 19 CMM (Cognitive-Motivational Model) Drittens wurden Daten erhoben, die Aufschluss darüber geben sollen, inwiefern es Unterschiede zwischen dem Ausmaß an problemrelevanter und -irrelevanter Informationsverarbeitung in den unterschiedlichen Situationen gibt. Erhoben wurde das Ausmaß von relevanter Informationsverarbeitung mit Hilfe der Frage "Haben Sie beim Löschen der Feuer über Ihr strategisches Vorgehen nachgedacht?" sowie der Frage "Konnten Sie sich gut auf Ihre Aufgabe konzentrieren?". Problemirrelevante Informationsverarbeitung wurde durch die folgenden Fragen erhoben: "Hatten Sie während des letzten Durchgangs Zeit an anderes als an das Szenario zu denken?" und "Waren Sie durch die Anwesenheit der anderen Spieler abgelenkt?" Die Antworten wurden jeweils mit einer 7-Punkte Likert-Skala erfasst. Diese aufgeführten Fragen und Items stellen die wesentliche Grundlage für die Überprüfung der Hypothesen dar. Mit Hilfe der Daten soll gezeigt werden, inwiefern diese Faktoren durch die experimentellen Bedingungen determiniert sind und somit auch geeignete Mediatoren zur Erklärung unterschiedlicher Anstrengungsniveaus und Leistungen in den unterschiedlichen Gruppen darstellen. 4.2.1.3 Prozedur Die Versuchsdurchführung erfolgte in drei Abschnitten: einer Einführung, einer Trainingsund einer Versuchsphase. Nachdem die Versuchsleiterin die Teilnehmerinnen und Teilnehmer empfangen hatte, wurde ihnen mitgeteilt, dass es bei der Untersuchung um komplexes Problemlösen in sozialen Situationen gehe und die Aufgabe der Probanden darin bestehe, ein komplexes computersimuliertes Szenario zu steuern, in dem Flächenbrände bekämpft werden müssen. Daraufhin wurde den Probanden ein Formular mit Informationen über den Versuchsablauf sowie ein kurzer Fragebogen zur Erfassung demographischer Daten und zur Erhebung individueller Erfahrungen im Umgang mit Computern ausgehändigt. Im Anschluss daran wurden die Teilnehmerinnen mit Hilfe einer Demoversion in das Programm eingeführt. Bei dieser Einführung wurde den Teilnehmerinnen kollektiver Gruppen mitgeteilt, dass es um die Gruppenleistung gehe und das Programm die Leistung für die gesamte Fläche berechne, wohingegen den Teilnehmerinnen koaktiver Gruppen mitgeteilt wurde, dass das Programm die Leistungen der drei Flächen getrennt aufzeichne und es die Aufgabe der Probanden sei, eine möglichst hohe individuelle Leistung zu erzielen. Des weiteren wurde den Gruppen, die das einfachere Szenario zu bearbeiten hatten, eine Demoversion vorgeführt, in der es nur eine Ressource (Wasser) gibt, und den Gruppen, die das komplexe Szenario zu bearbeiten hatten, wurde eine Demoversion vorgeführt, bei der es zwei Ressourcen, Wasser und Benzin, gibt. Entsprechend unterschied sich die Instruktion zwischen beiden Bedingungen: in dem einfacheren Szenario wurde darauf hingewiesen, dass die Löschgeräte 20 lediglich Wasser zum Löschen benötigen und in dem komplexeren Szenario darauf, dass die Löschgeräte Wasser zum Löschen und Benzin zur Fortbewegung benötigen. Nachdem die Probanden mit der Bedeutung der Landschaftselemente und Symbole, die auf der Bildschirmoberfläche zu sehen sind, vertraut waren, wurde ihnen gezeigt, wie sich die Feuer ausbreiten (in Abhängigkeit von der Windrichtung und Windstärke), wie die Löschgeräte zu bewegen sind, wie die Feuer gelöscht werden und wie die Fahrzeuge mit den erforderlichen Ressourcen aufgetankt werden. Die Versuchsinstruktion wurde weitestgehend vorgelesen, um den jeweiligen Gruppen identische Informationen zu geben. Abb.1: Bildschirmoberfläche des komplexen NFC-Szenarios Im Anschluss an die Einführung erfolgten drei Probedurchläufe. Diese dienten einerseits dazu, die Probanden aktiv mit dem Programm vertraut zu machen und andererseits dazu, die individuellen Leistungsvoraussetzungen der Probanden zu erheben. Die Bildschirmoberfläche war - wie in der Demoversion - in drei Bereiche aufgeteilt, und jeder Proband hatte die Aufgabe, in einem dieser Felder die Feuer zu bekämpfen. 21 Gemeinsam ist allen Szenarien, dass die unterschiedlichen Landschaftselemente gleichmäßig über alle drei Felder hinweg verteilt sind. In der Mitte zwischen den drei Flächen befindet sich in den einfacheren wie auch in den komplexeren Szenarien ein See, an dem die Löschgeräte aufgetankt werden können. Außer dem See gibt es keine Möglichkeit, die Löschgeräte mit Wasser zu versorgen. In den komplexeren Szenarien befindet sich auf allen drei Flächen jeweils eine Tankstelle in der Nähe des Sees, an denen die Geräte mit Benzin versorgt werden können. Die Gestaltung der Bildschirmoberfläche des Szenarios sieht vor, dass die Probanden insgesamt lange Wege zu den Ressourcendepots haben (vgl. Abb. 1). Die Erfahrung mit den langen Wegen sowie die Tatsache, je Ressource nur ein Depot zu haben, ist wichtig, damit die Probanden mit den Zeitverzögerungen der Simulation umgehen lernen. Daher erfordert die Bearbeitung der Simulation strategisches Entscheidungsvermögen und Geschick im Umgang mit den Anforderungen. In den Probedurchgängen wurden die drei Felder nach jedem Durchgang gewechselt, so dass nach Ablauf des Trainings jeder Spieler jeweils einmal auf allen drei Feldern die Brände gelöscht hat. In der Trainingsphase wurde ein einfacheres Szenario gewählt als in den experimentellen Durchgängen. Einfacher insofern, da die Anzahl der Feuer und die Häufigkeit der Windrichtungsänderungen geringer waren als in den Versuchsdurchgängen. Im folgenden soll geschildert werden, wie sich die Ausbreitung der Feuer in den Trainingsdurchgängen im einzelnen entwickelt hat. Bereits nach 10 Sekunden bricht auf allen drei Flächen jeweils ein Feuer in der Mitte der drei Felder aus. In allen drei Feldern sind die Städte betroffen. Die Voreinstellung der Windstärke liegt im mittleren Bereich und der Wind weht in Richtung Osten (Westwind). Nach 1, 5 Minuten ändert sich die Windrichtung (süd-ost) und die Windstärke verringert sich deutlich. Eine weitere Änderung erfolgt nach 3,5 Minuten Spielzeit: die Windstärke nimmt zu und die Windrichtung ändert sich (Nord-Ostwind). Nach 5 Minuten ändert sich die Windrichtung erneut. Der Wind weht dann in Richtung Osten (Westwind) und wird wieder sehr schwach. Nach 6,5 Minuten brechen schließlich auf allen drei Feldern weitere Feuer aus. Nach 8,5 Minuten dreht dann der Wind in Richtung Südosten (Nord-Westwind) und wird etwas stärker. Nach 10 Minuten bricht dann auf allen drei Flächen jeweils ein weiteres Feuer aus. Kurz darauf ändert sich die Windrichtung (Ostwind) und die Stärke des Windes nimmt zu. Nach weiteren zwei Minuten nimmt die Windstärke wieder ab, die Richtung bleibt aber unverändert. Nach 14 Minuten ändern sich die Windrichtung und stärke erneut. Der Wind weht in Richtung Osten (Westwind) und wird etwas stärker. Insgesamt ändert sich die Windrichtung sieben mal und jede Spielerin hat insgesamt drei Feuer während der Trainingsdurchgänge zu bekämpfen. Hinzu kommt, dass es keine grenzüberschreitenden Feuer gibt. In den Trainingsdurchgängen ist die Gesamtbelastung für die Spieler eher gering, da ohne Intervention insgesamt nur 30% der gesamten Fläche abbrennen kann. D. h. ohne Intervention ergibt sich eine Gesamtleistung von 70%. Die Performanz von 70% ist für alle drei Flächen identisch. Die individuellen Leistungen, die die Spieler in den drei Probedurchgängen erbrachten, wurden als individuelle Leistungsvoraussetzung in die Analyse aufgenommen. Dies ermöglicht 22 die Kontrolle des Einflusses der Leistungsvoraussetzungen auf die Leistungen in den Versuchsdurchgängen. Im Anschluss an die Trainingsdurchgänge wurden die drei Versuchsdurchgänge durchgeführt. In diesen Versuchsdurchgängen blieb die Anordnung der Landschaftselemente sowie der Ressourcendepots auf der Bildschirmoberfläche unverändert gegenüber der Anordnung in den Trainingsdurchgängen, wohingegen die Komplexität der Szenarios sich veränderte. Für beide Vergleichsgruppen (einfache und komplexe Simulation) wurde in den experimentellen Durchgängen ein jeweils komplexeres Szenario als in den Trainingsdurchgängen gewählt. Komplexer waren die Szenarios insofern, als bereits nach kürzester Zeit ein zweites Feuer ausbrach und die Probanden folglich von Anfang an entscheiden mussten, wie sie ihre Löschgeräte auf die Feuer verteilen. In den Versuchsdurchgängen war die Anzahl der Feuer insgesamt höher und die Windrichtungen änderten sich häufiger als in den Trainingsdurchgängen. Die Gesamtbelastung für die einzelnen Spieler erhöhte sich dadurch so, dass ohne Intervention ca. 50% der Fläche abbrennt. Dies ist wiederum in allen drei Flächen konstant. Hinzu kommt, dass es in den Versuchsdurchgängen auch grenzüberschreitende Feuer gibt. Im folgenden soll dargestellt werden, wie sich die Feuer im einzelnen ausbreiten. Nach 10 Sekunden brechen in allen drei Flächen die ersten Feuer aus. Dieses mal aber in anderen Siedlungen als in den Trainingsdurchgängen. Der Wind weht nach Westen (Ostwind) und ist eher stärker. Bereits nach 40 Sekunden ändert sich die Windrichtung (Süd-Westwind) und weitere Feuer brechen auf allen drei Flächen aus. Die Spieler sind daher gezwungen, sich bereits von Beginn des Spieles an zu entscheiden, wie sie ihre Fahrzeuge auf die zwei Feuer verteilen. Nach zwei Minuten ändert sich die Windrichtung (Westwind) erneut und auch die Windstärke nimmt zu. Nach 3,5 Minuten ändert sich der Wind (Ostwind) und drei weitere Feuer brechen aus. Daher haben die Spieler in den experimentellen Durchgängen bereits nach 3,5 Minuten jeweils drei Feuer zu bekämpfen, was eine deutlich höhere Belastung als bei den Trainingsdurchgängen darstellt. Nach 5 Minuten erfolgt die nächste Windrichtungsänderung (Westwind) und die Stärke des Windes nimmt zu. Nach 6,5 Minuten ändert sich die Windrichtung (Süd-Ostwind) erneut und die Stärke des Windes nimmt wieder ab. Nach 8 Minuten erfolgt eine erneute Windrichtungsänderung (Süd-Westwind) und der Wind wird stärker. Erst nach 10,5 Minuten brechen weitere Feuer aus. Dieses mal erstrecken sich die Feuer über die Grenzen der Felder hinweg. Da jedes Spielfeld zwei angrenzende Flächen hat, bedeutet dies, dass jeder Spieler bei grenzüberschreitenden Feuern zwei weitere Feuer zu bekämpfen hat. Gleichzeitig ändert sich die Windrichtung (Nord-Ostwind) und die Windstärke wird wieder geringer. Eine letzte Windrichtungsänderung tritt nach 13,5 Minuten ein (Nord-Westwind). Die Windstärke ändert sich nicht maßgeblich. Insgesamt wurde bei der Einstellung des Programms darauf geachtet, dass die Belastung durch die Feuer für die jeweiligen Spieler identisch ist. Sowohl die Anzahl der Feuer als auch die Verteilung der Brandherde über die drei Flächen hinweg sind in allen drei Flächen gleich. Aufgrund der Erhöhung des Schwierigkeitsgrades in den experimentellen Szenarien gegenüber den Trainingsszenarien muss überprüft werden, ob die Leistungen in den experimentel23 len Durchgängen sich auf der Grundlage der Leistungen in den Trainingsdurchgängen prognostizieren lassen. Die Durchführung der drei Versuchsdurchgänge erfolgte ebenfalls nach dem Rotationsprinzip. Allerdings wurde die Reihenfolge der Felder gegenüber jener der Trainingsdurchgänge verändert. Spieler, die im Training auf der Fläche A begonnen hatten, begannen in den Versuchsdurchgängen beispielsweise auf der Fläche B und bearbeiteten erst dann die Fläche A und zuletzt die Fläche C. Bei der Durchführung der Experimente blieben die Probanden an ihrem Arbeitsplatz. Das Programm erlaubt eine Voreinstellung der Zugriffsrechte für die einzelnen Flächen. Daher war es möglich zu bestimmen, auf welchen Flächen die Probanden in welcher Reihenfolge die Feuer löschen mussten. Die drei PCs waren in einer Reihe aufgestellt, so dass die Spieler nur ihren eigenen Bildschirm sehen konnten. Aufgrund der Zuständigkeit für jeweils einen Bereich, wurde auf den drei Bildschirmen jeweils eine Fläche ins Zentrum gerückt. Die angrenzenden Flächen waren für die einzelnen Spieler daher nur teilweise zu sehen. Insgesamt konnten sie jeweils ca. 30% der anderen Flächen sehen. Im Anschluss an jeden der drei Versuchsdurchgänge sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den oben beschriebenen Fragebogen (Manipulation Checks, s.o.) ausfüllen. Nach Abschluss aller Versuchsdurchgänge wurde ein weiterer Fragebogen ausgehändigt, der den Umgang mit der Simulation zum Gegenstand hat. 4.2.1.4 Kontrolle von nicht-experimentellen Einflussfaktoren Die Bearbeitung der Simulation wiederholte sich in jeder Gruppe drei mal, d. h. jede Probandin und jeder Proband bekämpfte in den experimentellen Durchgängen insgesamt einmal auf jeder Fläche die Feuer. Da bei der wiederholten Bearbeitung des Szenarios Lerneffekte nicht auszuschließen sind, wurde in einem ersten Schritt untersucht, ob es eine signifikante Leistungssteigerung innerhalb der drei Durchgängen gab. Hierfür wurden die Leistungsmittelwerte (L) der jeweiligen Durchgänge mit Hilfe von drei gepaarten T-Tests verglichen. L133 (M=80,97) und L2 (M=80,62), t(1,59)=0,205, n.s. L1 (M=80,97) und L3 (M=82,02), t(1,59)=-0,578, n.s. L2 (M=80,62,) und L3 (M=82,02), t(1,59)=-0,971, n.s. Der Vergleich der Leistungsmittelwerte zeigt, dass die erbrachten Gesamtleistungen in den drei Durchgängen nahezu identisch sind und es keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Durchgängen gab. Damit kann das Auftreten von Lerneffekten ausgeschlossen werden. In einem zweiten Schritt wurde untersucht, ob es Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Flächen gab. Der Vergleich der durchschnittlichen Leistungen, die in den einzelnen Flächen erbracht wurden, zeigt, dass es zwischen den Leistungsmittelwerten der Felder A 33 L1 steht für die Leistung, die im ersten Durchgang erbracht wurde, L2 für diejenige des zweiten Durchgangs etc. 24 (M=77,67) und B (M=78,27) keine Differenz gab, die Leistungen, die auf dem Feld C (M=86,85) erbracht wurden, sich jedoch signifikant von den beiden anderen unterschieden. Die Unterschiede zwischen den Flächen A und B und der Fläche C lassen sich darauf zurückführen, dass die Fläche anders als die beiden anderen geschnitten ist. Diese Veränderung war aus technischen Gründen erforderlich. Hätte man die Fläche C ebenfalls als Parallellogramm abgebildet und sie analog der beiden anderen Flächen gestaltet, wäre das Problem aufgetreten, dass diese nicht vollständig auf der Bildschirmoberfläche zu sehen gewesen wäre. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Spieler auf dieser Fläche hätten scrollen müssen, um einen Überblick über das gesamte Feld zu behalten. Da das Scrollen auf dem Bildschirm zeitaufwendig ist und die Spieler deshalb benachteiligt gewesen wären, bot sich eine Änderung der Flächenform an. Tab.1: Vergleich von Leistungen und Anstrengung (Experiment 1) Gruppe1 Gruppe 2 Gruppe3 Leistung/Durchgang1 78,85 (Feld A) Leistung/ Durchgang 2 85,25 (Feld C) t(1,19)=-3,795, p<0,01 76,1 (Feld B) 76,95 (Feld A) t(1,19)=-0,379, n.s. 87,95 (Feld C) 79,65 (Feld B) t(1,19)=2,255, p<0,05 Anstrengung/ Durchg.1 99,15 (Feld A) Anstrengung/ Durchg.2 106,25 (Feld C) t(1,19)=-2,535, p<0,05 105,9 (Feld B) 105,5 (Feld A) t(1,19)=0,195, n.s. 108,05 (Feld C) 106,45 (Feld B) t(1,19)=0,467, n.s. Leistung/ Durchgang 2 85,25 (Feld C) Leistung/ Durchgang 3 81,2 (Feld B) t(1,19)=1,968, n.s. 76,95 (Feld A) 87,35 (Feld C) t(1,19)=-5,617, p<0,01 79,65 (Feld B) 77,5 (Feld A) t(1,19)=0,94, n.s. Anstrengung/ Durchg.2 106,25 (Feld C) Anstrengung/ Durchg.3 101,45 (Feld B) t(1,19)=1,726, n.s. 105,5 (Feld A) 111,7 (Feld C) t(1,19)=-1,748, n.s. 106,45 (Feld B) 107,55 (Feld A) t(1,19)=0,713, n.s. Leistung/ gesamt Anstrengung/ gesamt 81,77 107,7 81,7 107,35 80,13 102,28 Die Ergebnisse legen nun aber nahe, dass die Spieler auf dieser Fläche gegenüber jenen, die auf den anderen Flächen die Feuer gelöscht haben, im Vorteil sind. Es hat sich gezeigt, dass 25 auf der Fläche C bessere Leistungen erbracht wurden als auf den beiden anderen Flächen. Erklären lässt sich dies dadurch, dass zum einen die Wege zu den Wasser- und Benzindepots kürzer als bei den anderen Flächen sind. Im Hinblick auf das zweite Experiment stellt sich daher die Frage, ob man in dem Feld C nochmals eine Veränderung vornehmen sollte. Für eine Veränderung spricht, dass man keine Leistungsunterschiede zwischen den drei Feldern mehr hätte und sich die Performances der Probanden für alle drei Felder angleichen müssten. Gegen eine Veränderung spricht, dass die Vergleichbarkeit der Daten beider Experimente nicht mehr gewährleistet wäre. Da dies aber wünschenswert ist und das zweite Experiment nochmals die Validität der Ergebnisse bestätigen sollte, entscheide ich mich auf die Gefahr hin, die Ungleichheit der Flächen könne zu Verzerrungen führen, für die Beibehaltung des Szenarios in der Weise, wie es im ersten Experiment eingesetzt wurde. Aufgrund der Differenzen zwischen den einzelnen Feldern, die sich auf den unterschiedlichen Zuschnitt der Flächen zurückführen lassen, wurde in einem dritten Schritt untersucht, ob das Beginnen auf einer bestimmten Fläche einen Einfluss auf die Leistungen und die Commands in den weiteren Spielen hatte. Hierfür wurden den drei Feldern entsprechend, auf denen die Probanden im ersten Versuchsdurchgang gespielt haben, drei Gruppen gebildet, für die getrennt die Leistungen und Commands des ersten Durchgangs mit jenen des zweiten und letztere mit jenen des dritten Durchgangs verglichen wurden. Wie der Tabelle (Tab.1) zu entnehmen ist, gibt es zwischen den Gruppen, die auf unterschiedlichen Feldern begonnen haben, zwar unterschiedliche Entwicklungen hinsichtlich der Leistung und der Anzahl an Commands, die durchschnittlichen Gesamtleistungen und die durchschnittliche Anzahl an Commands war für alle drei Gruppen aber annähernd gleich. Für die Gesamtperformance kann gezeigt werden, dass die drei Gruppen mit MGr.1=80,13, MGr.2=81,77 und M Gr.3=81,7 nahezu eine identische Gesamtleistung über alle Durchgänge hinweg erbracht haben. Selbiges konnte auch für die Anzahl an Commands festgestellt werden (M Gr.1=102,28, M Gr.2=107,7 und M Gr.3=107,35). Auch hier lassen sich keine Unterschiede finden. Da keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen auftreten, die auf unterschiedlichen Feldern begonnen haben, wurden die individuellen Leistungen sowie die jeweiligen Effortwerte auf der Basis der Mittelwerte der drei experimentellen Durchgänge bestimmt. 4.2.1.5 Ausschluss von weiteren Einflussfaktoren Eine Differenz zwischen Frauen und Männern hinsichtlich der Anzahl an Commands und der Leistung konnte nicht nachgewiesen werden. In der Anzahl an Commands unterschieden sich Frauen (M=104,96) nicht signifikant von Männern (M=107,18), F(1,58)=0,206, n.s. Auch im Hinblick auf die Leistung gab es keine Unterschiede zwischen Frauen (M=80,71) und Männern (M=82,05), F(1,58)=0,353, n.s. 26 Ferner wurde untersucht, ob der regelmäßige Umgang mit Computern einen Einfluss auf den Effort und auf die Performance hat. Dieser Einfluss kann sowohl für den Effort F(3,56) =1,151, n.s. als auch für die Leistung F(3,56)=1,543, n.s. nicht nachgewiesen werden. Als weitere Dimension wurde der Umgang mit Computerspielen erhoben. Auch hier zeigte sich, dass Erfahrungen im Umgang mit Computerspielen weder auf den Effort F(3,56)=0,054, n.s. noch auf die Leistung F(3,56)=1,792, n.s. einen Einfluss haben. Die Dimensionen "Spaß im Umgang mit Computern" sowie "Schwierigkeiten im Umgang mit Computern" wurden mit Hilfe einer Likert-Skala von 1 bis 7 erfasst. "Spaß im Umgang mit Computern" wirkte sich weder auf den Effort F(6,53)=0,699, n.s. noch auch auf die Leistung F(6,53)=1,004, n.s. signifikant aus. Nicht signifikant war auch der Einfluss für das Item "Schwierigkeit im Umgang mit dem Computern" (für den Effort F(6,53)=0,458, n.s. und für die Leistung F(6,53)=0,671, n.s.). Zur Bestimmung der individuellen Leistungsvoraussetzungen wurde der Mittelwert der individuellen Leistungen in den Trainingsdurchgängen gewählt. Um den Einfluss der Leistungsvoraussetzungen auf die Gesamtleistungen in den experimentellen Durchgängen zu testen, wurde mit Hilfe einer Regression überprüft, ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden Leistungen gibt. Insgesamt konnte ein schwacher Einfluss (r=0,315, p<0,05) der Trainingsleistung auf die Versuchsleistung ausgemacht werden. Da der Test auf Autokorrelation der Residuen (d=1, Durbin-Watson Statistik) positiv ist, darf dieser Einfluss jedoch nicht überbewertet werden. Betrachtet man die vier experimentellen Bedingungen getrennt, so lassen sich starke Einflüsse der Trainingsleistungen auf die Leistung in der kollektiv-einfachen Problemsituation sowie auf diejenige in der koaktiv-komplexen Problemsituation nachweisen. Eine Prüfung der Linearitätsvoraussetzungen zeigt aber, dass die Streuungen der Residuen gegen die Linearitätsvoraussetzungen verstoßen. Damit lassen sich die Performances in den Versuchsdurchgängen trotz der starken Zusammenhänge zwischen den Leistungen im Training und den Leistungen, die in der kollektiv-einfachen Situation (r=0,708, p<0,05) sowie jenen, die in der koaktivkomplexen Situation erbracht wurden (r=0,656, p<0,01), nicht auf der Basis der individuellen Leistungsvoraussetzungen vorhersagen. Zur Überprüfung, ob sich signifikante Unterschiede zwischen den Leistungen der vier Treatmentbedingungen auch unabhängig von den Trainingsleistungen ermitteln lassen, wurde in einem weiteren Schritt eine Kovarianzanalyse durchgeführt. Eine Kontrolle der Trainingsleistung über alle vier Treatmentbedingungen hinweg zeigt, dass die Unterschiede zwischen den Leistungen hoch signifikant sind, F(3,55)=39,33, p<0,001. (Die Voraussetzungen für Varianzhomogenität sind mit einem Bartlett-Box-Wert von F(3,5645)=0,199, p>0,8 gegeben.) Bei einer separaten Betrachtung beider Komplexitätsniveaus ergeben sich aber für die einfachere Problemstellung keine signifikanten Leistungsunterschiede zwischen den beiden Arbeitsbedingungen, F(1,27)=0,28, n.s. Für die komplexe Problemstellung konnte der signifikante Leistungsunterschied zwischen beiden Arbeitsbedingungen hingegen bestätigt 27 werden F(1,27)=4,9, p<0,01. In beiden Fällen sind die Voraussetzungen für homogene Varianzen erfüllt. Es wird sich zeigen, dass die Kovarianzanalyse die Ergebnisse der Varianzanalyse bestätigt und eine Vorhersage der individuellen Leistungsdifferenzen auf der Grundlage der Leistungen des Trainings auszuschließen ist. Die Leistungsdifferenzen zwischen den Gruppen sind ausschließlich auf die experimentelle Manipulation zurückzuführen, was durch die Ergebnisse der Kovarianzanalyse bestätigt werden konnte. 4.2.2 Motivation und Leistung 4.2.2.1 Ergebnisse für Probanden Insgesamt konnte für das gesamte Modell ein hoch signifikanter social loafing Effekt auf der Basis eines varianzanalytischen Verfahrens (MANOVA) nachgewiesen werden (vgl. Tab.2). Es hat sich gezeigt, dass die Manipulation der Situationsdefinition das Eingriffsverhalten der Probanden bei der Steuerung des Systems stark beeinflusst hat und in der koaktiven Situation erwartungsgemäß mehr Commands (M=111,70, SD=19,38) als in der kollektiven Situation (M=99,86, SD=14,77), F(1,56)=7,61, p<0.01 abgegeben wurden. Nicht zu erwarten war hingegen, dass der experimentelle Faktor Komplexitätsniveau der Problemstellung einen signifikanten negativen Einfluss auf die Anzahl der Commands F(1,56)=5,94, p<0,02 hatte. Der Interaktionseffekt beider Variablen ist hingegen zu vernachlässigen. (Mit einem Wert für Bartlett-Box F(3,5645)=1,83, p>0,1 sind die Voraussetzungen für homogene Varianzen erfüllt.) In den vorliegenden Untersuchungen zum sozialen Faulenzen konnte gezeigt werden, dass beim Lösen komplexer Aufgaben die Anstrengung insgesamt höher war als beim Lösen einfacher Aufgaben. Des weiteren konnte gezeigt werden, dass beim Bearbeiten komplexer Aufgabenstellungen soziales Faulenzen nicht oder nur in geringem Maße auftrat. Die eigenen Ergebnisse weisen nun wider erwarten auf einen gegenteiligen Befund hin. Es zeigte sich zum einen, dass soziales Faulenzen auch beim Lösen des komplexeren Problems aufgetreten ist und zum anderen, dass die Anstrengung in der komplexeren Situation weit aus geringer war als in der weniger komplexen Situation. Eine Erklärung für die Unterschiede der Commands in den beiden Komplexitätsniveaus besteht darin, dass die Löschgeräte, die die Probanden zur Bekämpfung der Brände zum Einsatz bringen mussten, in der komplexen Problemstellung längere Tankzeiten hatten als in der weniger komplexen Problemstellung. Diese längere Tankzeit lässt sich darauf zurückführen, dass die Löschgeräte mit zwei Ressourcen versorgt werden mussten, um einsatzbereit zu sein. Während der Zeit, in denen die Geräte an den Depots mit Ressourcen versorgt werden, können sie von den Probanden nicht aktiviert werden. Im Gegensatz zu den längeren Tankzeiten in dem komplexeren Szenario sind die Tankzeiten in dem einfacheren 28 Szenario geringer und die Löschgeräte sind unmittelbar nach dem Auftanken mit Wasser wieder einsatzbereit. Dies erklärt, weshalb die Probanden in dem komplexeren Szenario insgesamt weniger Commands abgaben als die Probanden in dem weniger komplexen Szenario. Tab.2: Anstrengung in Abhängigkeit von Komplexitätsniveau und Situationsdefinition (Experiment 1) Einfache Problemstellung M N SD Komplexe Problemstellung M N SD MGesamt N Koaktive Gruppen Kollektive Gruppen MGesamt 115,73 15 17,44 106,29 15 10,98 222 30 107,67 15 20,94 93,42 15 15,58 201 30 223,4 30 199,7 30 Betrachtet man die Mittelwerte der Gruppen mit unterschiedlichem Komplexitätsniveau getrennt voneinander, lässt sich vor allem für das komplexere Szenario ein signifikanter Einfluss der Situationsdefinition auf den Effort ermitteln (vgl. Tab. 3). Hier erbrachten die Probanden koaktiver Gruppen (M=107,67, SD=20,94) signifikant mehr Commands als die Probanden in der Vergleichsgruppe (M=93,42, SD=15,58), F(1,28)=4,466, p<0.05. Dieser Unterschied wird durch die Ergebnisse der apriori Kontrastanalyse bestätigt. In der komplexen Bedingung ist der Unterschied zwischen der Anzahl der Commands in der koaktiven und der kollektiven Situation hoch signifikant (t(1,28)=-2,113, p<0,05). Für die einfache Aufgabenstellung ist die Differenz zwischen der Anzahl an Commands in der koaktiven Gruppe (M=115,73, SD=17,44) und der kollektiven Gruppe (M=106,29, SD=10,98) hingegen gering, t(1,28)=-1,775, n.s. Leistung Im Gegensatz zum Einfluss der Situationsdefinition auf den Effort (Commands), determiniert sie die Leistungsdifferenzen (Performance) zwischen koaktiven (M=80,28, SD=9,6) und kollektiven Gruppen (M=82,12, SD=6,9) nicht. Die Ergebnisse der Varianzanalyse (MANOVA) zeigen, dass ein Haupteffekt ausgeschlossen werden muss (F(1,56)=2,08, n.s.). Betrachtet man dagegen den Einfluss des Interaktionseffektes von Situationsdefinition und Komplexitätsniveau, so wirkt sich dieser hoch signifikant auf die Erklärung der Varianz aus 29 (F(1,56)=6,16, p<0.02). Für die Differenzen zwischen den Leistungen in unterschiedlichen Situationen bedeutet dies, dass erst durch das Zusammenwirken von Situation und Komplexitätsniveau ein signifikanter Unterschied zwischen koaktiven und kollektiven Gruppen zu finden ist. Der größte Teil der Varianz wird jedoch durch die alleinige Wirkung des Faktors Komplexitätsniveau aufgeklärt (F(1,56)=102,78, p<0,001). (Mit einem Wert für Bartlett-Box F(3,5645)=1,98, p>0,8 sind die Voraussetzungen für homogene Varianzen erfüllt.) Tab.3: Leistung in Abhängigkeit von Komplexitätsniveau und Situationsdefinition (Experiment 1) Einfache Problemstellung M N SD Komplexe Problemstellung M N SD MGesamt N Koaktive Gruppen Kollektive Gruppen Mgesamt 88,36 15 4,55 87,02 15 4,99 175,4 30 72,2 15 5,52 77,22 15 4,72 149,4 30 160,6 30 164,2 30 Eine getrennte Betrachtung der einfacheren und der komplexeren Situation (vgl. Tab.3) lässt für die komplexere Situation einen signifikanten Unterschied zwischen den Leistungen koaktiver (M=72,2, SD=5,52) und kollektiver Gruppen (M=77,22, SD=4,72) erkennbar werden. Die Werte aus der apriori Kontrastanalyse belegen diesen Befund (t(1,28)=2,678, p<0.02). Für die einfache Bedingung ergibt sich hingegen nahezu keine Leistungsdifferenz zwischen der koaktiven (M=88,36, SD=4,55) und der kollektiven Situation (M=87,02, SD=4,99, t(1,28)=-0,765, n.s.). Effizienz In einem nächsten Schritt soll der Frage nachgegangen werden, ob es signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen im Hinblick auf die Effizienz als der Relation von Leistung und Effort gibt. In der kollektiven Situation ist die Effizienz (M=0,839, SD=0,13) größer als in der koaktiven Situation (M=0,736, SD=0,13), F(1,58)=8,807, p<0.01. Der Einfluss der Situationsdefinition auf die Effizienz zeigt sich in den Ergebnissen der Varianzanalyse, in der ein signifikanter Haupteffekt der Situationsdefinition auf die Effizienz ermittelt werden konnte, F(1,56)=9,0, p<0,01. 30 Betrachtet man die beiden Situationsdefinitionen getrennt, ergibt sich vor allem für die komplexe Problemstellung ein hoch signifikanter Zusammenhang. Die Ergebnisse der apriori Kontrastanalyse zeigen, dass die Effizienz in den koaktiv-komplexen Gruppen (M=0,694, SD=0,14) unter derjenigen in den kollektiv-komplexen Gruppen liegt (M=0,849, SD=0,15), t(1,28)=2,902, p<0,01. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Treatmentbedingungen entscheidende Einflüsse auf die Anzahl der Commands, auf die Performance und somit auch auf die Effizienz der Probanden hatten. 4.2.2.2 Ergebnisse für Gruppen Wurden in der bisherigen Analyse die Probanden als unabhängige Untersuchungseinheiten zugrundegelegt, so soll in einem nächsten Schritt überprüft werden, ob die Differenzen zwischen den Treatmentbedingungen auch auf der Gruppenebene zu finden sind. Da die Gruppenmitglieder sich bei der Bearbeitung der Simulation gegenseitig beeinflussen können, ist diese Analyse erforderlich. Nur wenn gezeigt werden kann, dass die oben beschriebenen Effekte auch auf der Gruppenebene zu finden sind, können die Ergebnisse als bestätigt gelten. Aufgrund der geringen Fallzahl der Gruppen unterschiedlicher Treatments (N=5) erfolgt eine Analyse mit Hilfe verteilungsfreier statistischer Verfahren (Mann-Whitney-U-Test). Abb.2: Vergleich von koaktiven und kollektiven Gruppen 120 110 100 90 80 Mit tel we rt Performance 70 COMMAND 60 Effizienz koak koll Situationsdefinition koaktiv vs. kollektiv Betrachtet man die Unterschiede zwischen den koaktiven und den kollektiven Gruppen unabhängig von den Komplexitätsniveaus (vgl. Abb.2), so lassen sich für die Commands und die Effizienz signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen finden. Ein Vergleich der koaktiven (N=10) und der kollektiven Gruppen (N=10) zeigt, dass für die Commands (U=20, 31 p<0,05) wie auch für die Effizienz (U=17, p<0,02) ein signifikanter Unterschied zwischen den Rangreihen der Werte besteht. Für die einfache Problemstellung wurde die Hypothese getestet, dass die koaktiven Gruppen mehr Commands abgeben und dass sie eine höhere Leistung erbringen als die koaktiven Gruppen. Aus diesem Grunde wurde für beide Variablen ein einseitiger U-Test durchgeführt. Die Hypothese, koaktive Gruppen würden eine bessere Leistung erbringen als kollektive, kann auf der Grundlage des nichtparametrischen Testverfahrens nicht aufrechterhalten werden (vgl. Abb.3). Für die Commands lassen sich hingegen signifikante Unterschiede zwischen den koaktiven (N=5) und den kollektiven (N=5) Gruppen finden (U=3, p<0,03). Dies trifft auch für die Effizienz zu. Hier lassen sich signifikante Unterschiede auf der Grundlage eines zweiseitigen U-Tests finden (U=2, p<0,04). Im Gegensatz zur einfachen Problemstellung wurde für die komplexe Problemstellung die These vertreten, dass koaktive Gruppen sich mehr anstrengten und dass diese höhere Anstrengung zu geringeren Leistungen führt als bei den kollektiven Gruppen, die sich weniger anstrengen. Die These, dass kollektive Gruppen (N=5) eine bessere Leistung erbringen als koaktive Gruppen (N=5) konnte bestätigt werden (U=3,5, p<0,05). Ebenfalls lässt sich bestätigen, dass koaktive Gruppen signifikant mehr Commands abgeben als kollektive Gruppen (U=4, p<0,05) (vgl. Abb.4). Daraus folgt für die Effizienz, dass kollektive Gruppen effizienter sind als koaktive Gruppen (U=3, p<0,03). Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass auf der Grundlage der unabhängigen Untersuchungseinheit Gruppe die Treatmenteffekte zu denselben Resultaten führen, wie wenn man die Probanden als unabhängige Untersuchungseinheit zugrundelegt. 4.2.3 Manipulation Checks Nach den einzelnen Versuchsdurchgängen wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Fragebogen vorgelegt, den sie im Anschluss an die 15-minütigen Durchgänge ausfüllen mussten. Die Fragen bezogen sich auf den jeweils letzten Durchgang. Bei der Auswertung der Fragebögen wurden analog zur Ermittlung der individuellen Leistung und der individuellen Anstrengung die Mittelwerte der Antworten der drei Fragebögen für jede Person gebildet. Da die Ausprägungen der einzelnen Items über die drei Durchgänge hinweg hoch korrelieren, stellt diese Zusammenfassung ein legitimes Verfahren dar. 4.2.3.1 Ergebnisse für Probanden Im Hinblick auf die beiden Faktoren Arousal und Stress konnten lediglich schwache Unterschiede zwischen koaktiven und kollektiven Gruppen ausgemacht werden. Der Faktor Arousal war bei den Probanden kollektiver Gruppen (M=5,16, SD=0,91) etwas höher als derjenige 32 der Vergleichsgruppen (M=4,89, SD=0,96), F(1,58)=1,307, n.s. Für den Faktor Stress konnte für die koaktiven Gruppen ein höherer Wert ermittelt werden (M=3,13, SD=1,12) als für die kollektiven Gruppen (M=2,88, SD=0,92), F(1,58)=0,896, n.s. Eine Aufschlüsselung des Stress-Faktors, zeigt, dass sich für die Items ängstlich und nervös Unterschiede zwischen den beiden Situationsdefinitionen ausmachen lassen. Koaktive Gruppenmitglieder gaben bei der Befragung an, ängstlicher zu sein (M=2,44, SD=1,51) als die Probanden der kollektiven Gruppen (M=1,81, SD=1,19), F(1,58)=3,251, n.s. Sie waren darüber hinaus auch nervöser, was sich auch in dem Antwortverhalten auf die Frage, ob sie beim Bekämpfen der Feuer nervös waren, widergespiegelt hat. In den Antworten für das Item nervös der Stress-Arousal-Skala lagen die Werte der koaktiven Gruppenmitglieder (M=3,68, SD=1,41) etwas über jenen der Vergleichsgruppe (M=3,28, SD=1,54), F(1,58)=1,1, n.s. Diese Differenz findet sich auch in dem Antwortverhalten auf die Frage nach der Nervosität. Probanden koaktiver Arbeitsbedingungen (M=3,6, SD=1,39) gaben an, beim Bekämpfen der Feuer nervöser gewesen zu sein als jene der kollektiven Arbeitsbedingung (M=3,08, SD=1,47, F(1,58)=2,003, n.s.). Ein weiterer Indikator für den erhöhten Stress bei den koaktiven Gruppen ist das Item unbehaglich, welches ebenfalls in der Stress-Arousal-Skala erfasst wurde. Probanden koaktiver Gruppen fühlten sich unbehaglicher (M=2,64, SD=1,52) als jene der Vergleichsgruppe (M=2,1, SD=1,3), F(1,58)=2,219, n.s. Im Hinblick auf die Vorhersagen des CMMs können weitere Unterschiede zwischen beiden Gruppen aufgezeigt werden. Die beiden Indikatoren zur problemirrelevanten Informationsverarbeitung (task irrelevant information processing) unterscheiden sich signifikant voneinander. Auf die Frage, ob die Probanden Zeit hatten, während der Bearbeitung der Simulation an anderes als an das Szenario zu denken, unterschieden sich die Antworten der Teilnehmerinnen in koaktiven Situationen (M=2,38, SD=0,98) signifikant von jenen der Vergleichsgruppen (M=1,81, SD=1,02), F(1,58)=4,827, p<0,04. Des weiteren fühlten sich die Probanden in der kollektiven Situation weniger durch die anderen Mitspieler abgelenkt (M=1,17, SD=0,35) als die Probanden in der koaktiven Situation (M=1,66, SD=0,75), F=(1,58)=10,605, p<0,01. Ein weiterer Beleg für den Befund, dass Probanden in koaktiven Gruppen mehr problemirrelevante Information verarbeiten und stärker durch anderes abgelenkt sind, findet sich auch bei der Betrachtung der Items verwirrt und frustriert, die in der Stress-ArousalSkala miterhoben wurden. Probanden der Nominalgruppen fühlten sich in stärkerem Maße verwirrt (M=3,23, SD=1,33) als diejenigen der Realgruppen (M=2,27, SD=1,53), F(1,58)=6,818, p<0,02 und gaben ferner an, frustrierter (M=3,29, SD=1,35) zu sein, als die Probanden der Realgruppen (M=2,73, SD=1,32, F(1,58)=2,592, n.s.). Für die problemrelevante Informationsverarbeitung kehrt sich das Verhältnis zwischen den Gruppen um. Hier liegen die Werte der kollektiven Gruppen höher als jene der koaktiven Gruppen. Die Realgruppen haben eher über ihr strategisches Vorgehen nachgedacht (M=5,26, SD=1,16 für kollektive Gruppen im Vergleich zu M=4,9, SD=1,27, F(1,58)=1,283, n.s.) und waren in höherem Maße konzentriert (M=5,68, SD=0,87 im Vergleich zu M=5,34, SD=0,96, F(1,58)=1,978, n.s.) als die Nominalgruppen. 33 Für die Haupteffekte zwischen den beiden Gruppen lässt sich festhalten, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer koaktiver Gruppen in größerem Maße gestresst waren als jene der kollektiven Gruppen und dass dieses erhöhte Stresspotential mit einer höheren Ablenkung von der Bearbeitung der Simulation verbunden war. 4.2.3.2 Ergebnisse für Gruppen Legt man bei der Auswertung des Manipulation Checks die Gruppe als unabhängige Einheit zugrunde, so lassen sich unabhängig von dem Komplexitätsniveau zwischen den koaktiven (N=10) und den kollektiven Gruppen (N=10) auf der Grundlage nichtparametrischer Testverfahren (Mann-Whitney-U-Test) die oben genannten Unterschiede bestätigen. Die H5.1 besagt, dass die problemirrelevante Informationsverarbeitung in koaktiven Gruppen höher sei als in kollektiven Gruppen. Dies wird durch beide Items, die hierfür erhoben wurden, bestätigt. Für die Frage, inwiefern die Probanden an anderes als die Aufgabe gedacht haben, lassen sich signifikant höhere Werte für die koaktiven im Vergleich zu den kollektiven Gruppen finden (U=21, p<0,03). Selbiges gilt auch für das Antwortverhalten auf die Frage, ob die Probanden durch die anderen abgelenkt waren. Die Werte für Nominalgruppen waren signifikant höher als diejenigen für die Realgruppen (U=25, p<0,05). Ferner zeigt der Vergleich der beiden Gruppen, dass die Nominalgruppen in höherem Maße gestresst waren als die Realgruppen (U=21,5, p<0,03). Betrachtet man die Gruppen getrennt nach Komplexitätsniveau, so zeigen sich für die einfachere Problemstellung auch hier Unterschiede zwischen den koaktiven (N=5) und kollektiven (N=5) Gruppen. Der Vergleich zeigt, dass es einen signifikanten Unterschied für den Faktor Stress gibt (U=2, p<0,02). Des weiteren konnten Unterschiede für die irrelevante Informationsverarbeitung ausgemacht werden, die in koaktiven erwartungsgemäß höher als in kollektiven Gruppen war (U=4,5, p<0,07 für das Antwortverhalten, ob Zeit war, an anderes als die Aufgabe zu denken und mit U=3, p<0,03 für den gesamten Faktor irrelevante Informationsverarbeitung). Unterschiede finden sich auch bei der problemrelevanten Informationsverarbeitung, die in kollektiven Gruppen höher war als in koaktiven Gruppen (U=4,5, p<0,07 für die Antwort auf die Frage, ob Probanden sich eine Strategie erarbeitet haben und U=4, p<0,05 für den Faktor problemrelevante Informationsverarbeitung). Für die komplexe Problemstellung ist der Nachweis signifikanter Unterschiede auf der Basis der Gruppen als Untersuchungseinheit problematischer. Signifikante Unterschiede lassen sich hier lediglich für das Item "Ablenkung" und damit für den Faktor irrelevante Informationsverarbeitung finden (U=4, p<0,05). Die Stresswerte unterschieden sich nicht signifikant voneinander (U=7,5, n.s.). Insgesamt bestätigen diese Ergebnisse die Resultate der Analyse, in der Probanden als unabhängige Untersuchungseinheiten zugrunde lagen. Letztere Analyse kann entsprechend 34 bei der anschließenden Diskussion der Ergebnisse zugrundegelegt werden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse sollen die theoretischen Annahmen überprüft und in einem weiteren Schritt der Frage nachgegangen werden, wie sich soziales Faulenzen und Leistung zueinander verhalten. 4.2.4 Diskussion 4.2.4.1 Erklärungen für Motivationsverluste Die Ergebnisse zeigen, dass soziales Faulenzen beim Lösen komplexer Probleme auftritt und es im Hinblick auf die Anstrengung sowohl in der weniger komplexen als auch in der komplexeren Problemstellung Unterschiede zwischen der koaktiven und der kollektiven Arbeitsbedingung gibt. Damit kann die H1.1, die auf der Grundlage bisheriger empirischer Ergebnisse formuliert wurde, nachgewiesen werden. Abb.3: Vergleich der Mittelwerte der vier Versuchsbedingungen34 120 110 100 90 Mit tel we rt 80 COMMAND 70 Performance 60 Effizienz koak-sim koll-sim koak-kom koll-kom Situationsdefinition Nicht bestätigt werden kann hingegen die H1.2, der zufolge in der komplexen Problemsituation die Anstrengung höher ist als in der weniger komplexen Situation. In der eigenen Untersuchung erbrachten die Probanden bei der Bearbeitung des einfacheren Szenarios einen höheren Aufwand als jene, die das komplexere Szenario bearbeiteten. Das ergibt sich daraus, dass erstens die Tankzeiten in dem komplexeren Szenario insgesamt höher waren, da die Löschgeräte sowohl mit Wasser als auch mit Benzin aufgetankt werden mussten. Deshalb konnten die Geräte auch nicht so oft durch die Probanden aktiviert werden. Hinzu kommt zweitens, dass die Kontrolle des Füllzustandes der Löschgeräte für die Probanden in der 34 Die Werte für die Effizienz wurden 100 multipliziert, um sie in dem Schaubild abbilden zu können. In der Abbildung wird deutlich, dass die kollektiven Gruppen in beiden Problemstellungen insgesamt effizienter waren als die koaktiven Gruppen. 35 komplexeren Situation mit einem höheren Aufwand verbunden war. Drittens stellt das komplexere Szenario eine größere Herausforderung für die Probanden dar und ist mit einem höheren kognitiven Aufwand verbunden. Die Probanden müssen beispielsweise abwägen, ob sie ein Löschgerät, wenn es einmal mit Wasser aufgefüllt ist und noch über 50% Benzin verfügt, auch gleich mit Benzin versorgen und erst dann zu dem Feuer zurückbewegen oder ob sie das restliche Benzin aufbrauchen und dann die Tankstelle anfahren. Festzuhalten bleibt, dass es trotz dieser Ungeklärtheit einen deutlichen social loafing Effekt gegeben hat. Dieser positive Befund führt unweigerlich zu der Frage, warum soziales Faulenzen beim Lösen komplexer Probleme zu einer Effizienzsteigerung führt und sich positiv auf die Güte der Problemlösung auswirken kann. Bevor ich der Beantwortung dieser Frage nachgehen werde, sollen zunächst die Einflussfaktoren auf die Anstrengung untersucht werden. Arousal In der Theorie der sozialen Aktivierung (social facilitation) wurde lange Zeit davon ausgegangen, dass die alleinige Zunahme der Gruppengröße eine verstärkende Wirkung auf das Erregungsniveau der Personen habe.35 Diese These wurde in den 70er Jahren von Cottrell (1972) zurückgewiesen, der zeigen konnte, dass es nicht die alleinige Präsenz anderer Personen ist, die zu einer Trieberhöhung führt, sondern auch die Angst vor Sanktionen für eine erhöhte Erregung verantwortlich ist. Auch diese Theorie ist umstritten und steht in Konkurrenz zu der eher kognitivistisch ausgerichteten self awareness theory (Theorie des Selbstbewusstseins), die davon ausgeht, dass sich Personen unter der Anwesenheit anderer darüber bewusst werden, dass es eine Diskrepanz zwischen der aktuellen individuellen Leistung und einer idealisierten Leistung gibt.36 Das gesteigerte Selbstbewusstsein ist Grund dafür, dass sich Personen unter der Anwesenheit anderer in höherem Maße anstrengen, als wenn sie alleine wären. Die Theorie versucht sich zwar explizit von einer triebtheoretischen Erklärung abzugrenzen, aber da auch sie davon ausgeht, dass Personen sich unter Anwesenheit anderer mehr anstrengen, besteht eine Wahlverwandtschaft zwischen der Arousaltheorie und der Theorie des Selbstbewusstseins. Da in der eigenen Untersuchung die Anzahl der Gruppenmitglieder konstant gehalten wurde, lässt sich nicht entscheiden, ob sich die koaktive oder die kollektive Situation positiv auf die Erhöhung des Selbstbewusstseins auswirkt und unter welcher Arbeitsbedingung es zu einer Motivationssteigerung kommt. Entscheidender ist vielmehr, dass in der koaktiven Situation die individuelle Leistung im Mittelpunkt steht. Die Befunde früherer Untersuchungen sprechen dafür, dass die Probanden dieser Gruppen aufgrund der Identifizierbarkeit der eigenen Leistungen sowie der gegebenen Vergleichbarkeit mit den Leistungen anderer höher motiviert sind als diejenigen der kollektiven Gruppen. 35 36 Vgl. Cotrell, 1972; Geen 1989; 1991; Zajonc, 1965. Vgl. Carver & Scheier, 1981; Duval & Wicklund 1972. 36 So ist zu erwarten, dass in der koaktiven Situation eine Erhöhung des Selbstbewusstseins eher auftritt als in der kollektiven Situation und es deshalb in diesen Situationen auch zu einer Motivationssteigerung im Sinne eines erhöhten Arousals kommen wird. Aus diesem Grunde müssten, wie in H2 formuliert, die Probanden in koaktiven Gruppen höhere Arousalwerte aufweisen als die Probanden in kollektiven Gruppen. Betrachtet man die Werte für Arousal, die mit Hilfe der Stress-Arousal-Checklist erfasst wurden, so zeigt sich, dass diese in der Situation mit einfacher Problemstellung für kollektive Gruppen (M=5,11, SD=0,511) höher als diejenigen für die koaktiven Gruppen sind (M= 4,75, SD=0,77). Die kollektiven Gruppen gaben hier z.B. an, aktiver gewesen zu sein, als die koaktiven Gruppen (in der kollektiven Situation M=5,73, SD=0,94 und in der koaktiven Situation M=5,09, SD= 0,78, F(1,28)=4,146, p<0.06). In der komplexen Problemsituation sind die Arousalwerte für beide Vergleichsgruppen hingegen nahezu identisch. Ein Blick auf den Einfluss, den Arousal auf die Anstrengung hat, zeigt, dass dieser sowohl für die einfachere-koaktive als auch für die komplexere-koaktive Situation positiv ist und für die einfachere-kollektive wie für die komplexere-kollektive Situation negativ ist. Ein statistischer Zusammenhang zwischen Arousalwerten und Commands konnte aber für keine der vier Treatmentbedingungen nachgewiesen werden. Auf der Grundlage dieser Befunde muss die H2, die besagt, dass sich die höhere Anstrengung in den Nominalgruppen auf die höheren Erregungsniveaus in diesen Gruppen zurückführen lässt, zurückgewiesen werden. Stress Neben dem Faktor Arousal wurde in dem Experiment auch der Frage nachgegangen, wie sich Stress auf die Anstrengung in den unterschiedlichen Situationen auswirkt. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass die Stresswert für die koaktiven Gruppen (M=3,13, SD=1,12) etwas höher sind als diejenigen für die kollektiven Gruppen (M=2,88, SD=0,92). Ein Vergleich der Stresswerte für die einfachere und die komplexere Problemstellung zeigt eine ähnliche Differenz zwischen den jeweiligen Real- und Nominalgruppen. Betrachtet man den Einfluss, den der Faktor Stress auf die Anstrengung hat, so zeigt sich für die koaktive Situation, dass sich Stress positiv auf die Anstrengung auswirkt (Spearman-Rho=0,191). Dieser Befund - wenn auch nicht signifikant - könnte eine Erklärung dafür sein, dass die Probanden in der koaktiven Situation deutlicher mehr Commands abgeben als in der kollektiven Situation, in der es keinen Zusammenhang zwischen Stress und Commands gibt (Spearman-Rho=0,044). Da die Zusammenhänge nicht signifikant sind, kann die These, Stress habe in koaktiven Situationen einen positiven Einfluss auf die Anstrengung, nicht aufrechterhalten werden. Collective Effort Model (CEM) Zur Überprüfung des CEMs von Karau & Williams (1993) wurde die Hypothese H4 formuliert, die besagt, dass die Anstrengung in koaktiven Gruppen deswegen höher ist als in kollektiven Gruppen, weil in koaktiven Gruppen die Instrumentalität der Mittel zur Errei37 chung der Ziele höher als in kollektiven Gruppen sei. Die höhere Instrumentalität geht Karau und Williams zufolge damit einher, dass die Ergebnisse in koaktiven Situationen aufgrund der unmittelbaren Erreichbarkeit höher bewertet werden als in kollektiven Situationen. Für die einfachere Problemstellung finden wir entgegen den theoretischen Erwartungen des CEMs sowohl bei der perceived instrumentality (als Faktor der beiden Items "wie gut das Feuer gelöscht wurde" und "ob sie sich für eine gute Feuerlöscherin bzw. einen guten Feuerlöscher halten") als auch bei der outcome valence (als Faktor der beiden Items "wie interessant" und "wie wichtig" die Problemlösung jeweils war) identische bzw. höhere Werte für die kollektiven als für die koaktiven Gruppen. Für die Instrumentalität ergeben sich keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen, was sich eventuell dadurch erklären lässt, dass die Probanden auf ihren Bildschirmen unmittelbar sehen konnten, wie viele der Feuer sie bekämpft haben. Dieses Feedback ermöglicht eine positive Selbsteinschätzung ganz unabhängig von dem Performancescore, der für die Probanden nicht zu sehen war.37 Betrachtet man den Einfluss, den die beiden Faktoren auf die Commands haben, so lassen sich keine signifikanten Einflüsse finden. Allerdings zeigt sich, dass die perceived instrumentality in der koaktiven Situation eine positive und in der kollektiven Situation eine negative Wirkung auf die Anstrengung hat. Dies erklärt vielleicht auch, weshalb in der koaktiven Situation mehr Commands abgegeben wurden als in der kollektiven Situation. In Gruppen, die das komplexere Problem bearbeitet haben, liegen die Werte in den koaktiven Gruppen für die beiden Faktoren perceived instrumentality und outcome valence erwartungsgemäß höher als in den kollektiven Gruppen, was auf die Richtigkeit der theoretischen Annahmen des CEMs verweist und eine Akzeptanz der H4 erlauben würde. In den koaktiven Gruppen (M=5,2) ist die outcome valence höher als in den kollektiven Gruppen (M=4,8). Diese Differenz wird noch deutlicher, wenn man das Item "wie wichtig es den Spielern war, die Feuer gut zu bekämpfen" isoliert betrachtet. Hier zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den koaktiven (M=5,8, SD=0,98) und den kollektiven Gruppen (M=4,89, SD=1,47), F(1,28)=3,993, p<0,06. Für die Frage, ob die Probanden sich für eine gute Feuerlöscherin bzw. einen guten Feuerlöscher halten, ist der Unterschied zwar etwas geringer, er weist aber in dieselbe Richtung (für koaktive Gruppen lag der Mittelwert bei M=3,84, SD=1,58 und für kollektive Gruppen bei M=3,40, SD=1,16, F(1,28)=0,768, p<0,4). Diese höhere outcome valence kann eine Erklärung dafür sein, weshalb sich die koaktiven Gruppen mehr anstrengen als die kollektiven Gruppen. Da die outcome valence auch durch die perceived instrumentality bestimmt wird, ist zu erwarten, dass diese in den koaktiven Gruppen ebenfalls höher ist. Die 37 Die Differenz bei der Bewertung der Problemstellung (outcome valence) könnte sich Karau und Williams zufolge auch auf eine hohe Bewertung der Gruppe zurückführen lassen, die sich wiederum positiv auf die Anstrengung auswirken könnte. In diesem Falle hätten wir es nicht mehr mit sozialem Faulenzen, sondern mit sozialer Kompensation zu tun. Würde eine höhere Bewertung der Gruppe in der kollektiven Situation vorliegen, dann müssten konsequenterweise auch die Effortwerte in den Realgruppen höher als jene in den Vergleichsgruppen sein. Da die Effortwerte aber auf einen gegenteiligen Effekt verweisen, kann die Annahme, soziale Kompensation habe stattgefunden, nicht bestätigt werden. 38 Ergebnisse bestätigen dies insofern, als eine - wenn auch nur geringe - Differenz zwischen der perceived instrumentality koaktiver Gruppen (M=3,71) und kollektiver Gruppen (M=3,4) vorliegt. Aufgrund der signifikanten Unterschiede für den Faktor outcome valence ist es aufschlussreich zu untersuchen, wie sich dieser auf die Anzahl an Commands auswirkt. Die Ergebnisse weisen nur auf einen schwachen Zusammenhang hin, der für die koaktiven Gruppen positiv und für die kollektiven Gruppen negativ ist. Festzuhalten ist, dass auf der Grundlage der Ergebnisse für die komplexere Problemstellung die höhere Anzahl an Commands in den koaktiven Gruppen auf eine höhere Instrumentalität und auf eine höhere Bewertung der Problemstellung zurückgeführt werden kann. Da diese Einflüsse nicht signifikant sind, kann die Hypothese zwar nicht bestätigt werden, allerdings spricht auch nichts dafür, die Hypothese H4 zurückzuweisen. 4.2.4.2 Erklärungen für Leistung Cognitive-Motivational Model (CMM) Im nächsten Abschnitt soll die Aufklärung des inversen Verhältnisses von Anstrengung und Leistung behandelt werden. Hierfür wird der Versuch unternommen, auf der Grundlage des Cognitive-Motivational Models (CMM) den Befund zu erklären, dass in Problemstellungen mit geringer Komplexität höhere Anstrengung zu besseren Leistungen führt und in Problemstellungen mit höherer Komplexität niedrigere Anstrengung zu besseren Leistungen. Das Modell basiert auf folgenden drei Annahmen: 1. Die Anwesenheit anderer beeinflusst die sozialen Konsequenzen für die Personen. 2. Diese sozialen Konsequenzen beeinflussen sowohl die individuelle Motivation (Arousal und Effort) als auch die Kognition (task irrelevant information processing). 3. Die Leistung ist eine Funktion dieser motivationalen und kognitiven Faktoren. Soziale Konsequenzen können sowohl negativ wie auch positiv sein. Das Modell geht davon aus, dass negative Konsequenzen zur Vermeidung negativer Ergebnisse führt und positive Konsequenzen das Erlangen positiver Güter begünstigt. Potentielle positive Konsequenzen beziehen sich auf die Anstrengung und potentielle negative Konsequenzen beziehen sich auf die Angst. Angst wiederum wirkt sich auf die Erregung (Arousal), auf die Anstrengung (Effort) sowie auf die problemirrelevante Informationsverarbeitung aus. Wurde bei der Analyse der Daten im Hinblick auf das CEM der Einfluss positiver Konsequenzen wie die Bewertung der Ergebnisse (outcome valence) und die Bewertung der Instrumentalität (perceived instrumentality) in den Vordergrund gestellt, so soll es im folgenden darum gehen zu zeigen, wie sich negative Konsequenzen auswirken. Negative Konsequenzen in sozialen Situationen, die über Angst vermittelt sind, ergeben sich aufgrund der Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit denjenigen anderer Mitspieler. Da die Vergleichbarkeit in kollekti39 ven Situationen gegenüber jener in koaktiven Situationen sehr gering ist, lassen sich Situationen mit hohen und niedrigen Konsequenzen unterscheiden. Zu ersteren zählen koaktive Situationen, in denen die individuelle Anstrengung und die individuelle Leistung unmittelbar verglichen werden können. Zu letzteren zählen die kollektiven Situationen, in denen die individuellen Leistungen nicht individuell zurechenbar sind, sondern über das Gruppenprodukt vermittelt werden. Diese Nichtidentifizierbarkeit führt letztlich auch dazu, dass die Probanden nicht in dem Maße von den negativen Konsequenzen betroffen sind, wie in koaktiven Gruppen. Die geringen Konsequenzen wirken sich schließlich negativ auf den Effortlevel, auf das Arousalniveau und auf die irrelevante Informationsverarbeitung aus. Alle drei Werte sind deshalb in kollektiven Gruppen geringer als in koaktiven Gruppen. Zur Überprüfung des Modells wurde die H5 formuliert, die besagt, dass in der koaktiven Situation die negativen Konsequenzen und somit die problemirrelevante Informationsverarbeitung höher sind (H5.1) und sich dies bei Problemen mit geringer Komplexität nicht bzw. positiv (H5.2) und bei Problemen mit hoher Komplexität negativ (H5.3) auf die Güte der Problemlösung auswirken wird. Betrachtet man die Ergebnisse, so konnte für beide Problemstellungen gezeigt werden, dass die irrelevante Informationsverarbeitung in der koaktiven Situation (M=2,02, SD=0,69) signifikant höher ist als in der kollektiven Situation (M=1,49, SD=0,57), F(1,58)=10,45, p<0,003. Dieser signifikante Unterschied lässt sich auch bei getrennter Betrachtung nach Komplexitätsniveaus der Problemstellung finden. Daher wird die H5.1. bestätigt, die besagt, dass die irrelevante Problemverarbeitung in koaktiven Situationen höher sei als in kollektiven Situationen. Für die einfache Problemstellung wird auf der Grundlage der H5.2 erwartet, dass die höhere irrelevante Informationsverarbeitung in der koaktiven Gruppe keinen negativen Einfluss auf die Leistung haben wird. Da in den koaktiven Situationen die negativen Konsequenzen höher als in den kollektiven Situationen sind, ist dem Modell nach zu erwarten, dass die irrelevante Informationsverarbeitung sowie die Anstrengung hoch sein werden und sich dies positiv auf die Leistung niederschlagen wird. In der kollektiven Situation ist aufgrund der geringeren Konsequenzen hingegen zu erwarten, dass die Anstrengung und die problemirrelevante Informationsverarbeitung geringer sein werden und sich dies negativ auf die Leistung auswirken wird. An anderer Stelle konnte bereits gezeigt werden, wie Anstrengung und Erregung in Abhängigkeit von der Arbeitsbedingung variieren. Deshalb sollen hier vor allem die Unterschiede in der irrelevanten Informationsverarbeitung diskutiert werden. In dem Antwortverhalten auf die Frage, ob die Probanden durch die Mitspieler abgelenkt waren, liegen die Werte der koaktiven Gruppen (M=1,58, SD=0,78) höher als diejenigen der Vergleichsgruppen (M=1,11, SD=0,30), F(1,28)=4,663, p<0,05. Zudem dachten Probanden in koaktiven Situationen häufiger an anderes als die Aufgabe (M=2,49, SD=1,17) verglichen mit jenen der 40 kollektiven Situation (M=1,6, SD=0,82), F(1,28)=5,83, p<0,03. Hoch signifikant war auch, dass sich Probanden der koaktiven Gruppen in größerem Maße verwirrt fühlten (M=3,53, SD= 1,51) als Probanden der kollektiven Gruppen (M=1,8, SD=1,21), F(1,28)=12,102, p<0.01. Betrachtet man den Einfluss, den die irrelevante Informationsverarbeitung auf die Leistung hat, so finden sich für beide Situationen leicht negative Einflüsse. Da die koaktiven Gruppen trotz der höheren Ablenkung eine bessere Leistung erbrachten, wird deutlich, dass die irrelevante Informationsverarbeitung durch die Anstrengung kompensiert werden konnte. Dieses Ergebnis bestätigt wiederum die These, dass sich beim Lösen des einfacheren Problems negative Konsequenzen nicht nachteilig auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Die geringeren negativen Konsequenzen führen in kollektiven Situationen hingegen dazu, dass der Effort und die irrelevante Informationsverarbeitung ebenfalls niedrig sind, was sich erwartungsgemäß in einer geringen Leistungsfähigkeit niederschlägt. Aufgrund dieses Befundes kann die Hypothese H5.2 bestätigt werden, da die Effortwerte sowie die Werte für das task irrelevant information processing signifikant höher sind als in den Vergleichsgruppen und die Nominalgruppen zudem eine bessere Leistung erzielt haben als die Realgruppen. Für die komplexere Problemsituation war auf der Grundlage des CMMs ebenfalls zu erwarten, dass sich hohe negative Konsequenzen der koaktiven Situation positiv auf den Effort und auf die irrelevante Informationsverarbeitung auswirken. Gemäß der H5.3 ist davon auszugehen, dass die höhere irrelevante Informationsverarbeitung in koaktiven Situationen nicht durch die Anstrengung kompensiert werden kann. Wie bereits gesagt, lassen sich auch für die komplexere Problemstellung für die irrelevante Informationsverarbeitung Unterschiede zwischen der koaktiven Situation (M=1,73, SD=0,73) und der kollektiven Situation (M=1,22, SD=0,39) finden (F(1,28)=5,759, p<0,03). Betrachtet man den Einfluss, den die irrelevante Informationsverarbeitung auf die Leistung hat, so sind die Einflüsse für beide Situationen gering. Interessant ist aber der positive Einfluss der irrelevanten Informationsverarbeitung auf die Commands. Dieser ist lediglich in der koaktiv-komplexen Situationen signifikant (SpearmanRho=0,488, p<0,06). Die erhöhte irrelevante Informationsverarbeitung kann somit eine Erklärung sein, weshalb in diesen Situationen die Effortwerte signifikant höher sind als in den kollektiven Situationen und weshalb sich dies negativ auf die Leistung auswirken kann. Dass kollektive Gruppen beim Lösen komplexer Probleme bessere Leistungen erbringen als koaktive Gruppen lässt sich darauf zurückführen, dass die Bearbeitung des komplexeren Problems höhere kognitive Anforderungen stellt, was sich auf die größere Vernetztheit der Variablen und die erhöhte Polytelie zurückführen lässt. Wie sich gezeigt hat, können koaktive Gruppen diesen Anforderungen in geringerem Maße nachkommen, da sie zu stark von dem Problem abgelenkt waren und sich weniger auf die Lösung des Problems konzentriert haben als die kollektiven Gruppen. Auch aus diesem Grunde war es den kollektiven Gruppen mög41 lich, mit geringerem Aufwand eine bessere Leistung zu erbringen als die Vergleichsgruppen. Damit kann auch die Hypothese bestätigt werden, die besagt, dass kollektive Gruppen trotz geringerer Anstrengung bessere Ergebnisse erzielen als koaktive Gruppen und sich dies auf die niedrigere irrelevante Informationsverarbeitung zurückführen lässt. Exkurs Es stellt sich die Frage, ob die negativen Auswirkungen der problemirrelevanten Informationsverarbeitung in einem additiven Verhältnis zur problemrelevanten Informationsverarbeitung stehen. Daher soll geprüft werden, ob deren Einfluss ebenfalls zur Erklärung der höheren Leistung kollektiver Gruppen in komplexen Situationen herangezogen werden kann. Da die Mittelwertsunterschiede der relevanten Informationsverarbeitung für die koaktiven und die kollektiven Gruppen sehr gering sind und sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen relevanter Informationsverarbeitung und Performance nachweisen ließ, ist zum einen auszuschließen, dass dieser Faktor im additiven Verhältnis zur irrelevanten Informationsverarbeitung steht und zum anderen, dass er die höhere Leistung in den kollektiven Gruppen determiniert. Aufgrund dieses Ergebnisses lässt sich die bessere Leistung ausschließlich auf die geringere irrelevante Informationsverarbeitung in den kollektiven Gruppen zurückführen. Arousal In einem nächsten Schritt soll der Frage nachgegangen werden, ob sich die Annahmen, die Jackson & Williams (1985) über das inverse Verhältnis von Leistung und Anstrengung beim Lösen komplexer Aufgaben formuliert haben, bestätigen lassen. Die Autoren beschreiben, dass den Annahmen der Theorie Sozialer Aktivierung (social facilitation) zufolge die Anwesenheit anderer zu erhöhtem Antrieb führt und sich die Personen deshalb in stärkerem Maße anstrengen als in Situationen, in denen sie alleine sind. Diese starke Erregung führt beim Lösen einfacher Aufgaben zu besseren Leistungen, beim Lösen komplexer Aufgaben hingegen zu schlechteren Leistungen. Die Begründung dafür lautet, dass Akteure aufgrund der erhöhten Erregung bereits ausgeprägte Verhaltensmuster anwenden. Die Anwendung dieser dominanten Verhaltensmuster ist im Falle von komplexen und unbekannten Aufgabenstellungen, die Reflexion erfordern, mit einer höheren Fehlerwahrscheinlichkeit verknüpft, was zu Leistungseinbußen der Akteure in diesen Gruppen führt. Die Theorie des sozialen Faulenzens geht hingegen davon aus, dass die Anwesenheit anderer die Erregung der Personen herabsetzt und sie deshalb ruhiger mit der Problemlösung umgehen können.38 Demnach erbringen Akteure in kollektiven Gruppen beim Lösen komplexer Aufgaben bessere Leistungen als diejenigen in koaktiven Gruppen. Der Rekurs auf die beruhigende Wirkung 38 Die Autoren beziehen sich hier auf Schachters Untersuchung über Angst und Gruppenanschluss. Schachter konnte zeigen, dass Personen, denen gesagt wurde, sie würden in den Experimenten schmerzhafte Elektroschocks erhalten, lieber in Gruppen gewartet haben als alleine. Dieser Wunsch, zusammen mit anderen zu warten, wird dahingehend interpretiert, dass die Personen hoffen, durch die Anwesenheit anderer ihre Angst zu reduzieren. Vgl. Schachter, 1959). 42 von Gruppen ist m.E. aber sehr problematisch. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Arbeiten in Gruppen und die Übernahme einer kollektiven Verantwortung auch den gegenteiligen Effekt haben kann und Personen gerade deshalb, weil sie in einer Gruppe ein Problem bearbeiten, besonders erregt sind. Dieser Befund wurde in der social loafing Forschung bislang weitestgehend ausgeblendet. Erst in jüngerer Zeit haben Karau & Williams darauf hingewiesen, dass die Motivation und somit auch das Anstrengungspotential von der Wertschätzung, den die Probanden der Gruppe oder den einzelnen Gruppenmitgliedern beimessen, abhängt. Untersuchungen belegen, dass Probanden beim Bearbeiten von Aufgaben in Realgruppen, in denen sie mit für sie wichtigen Bezugspersonen zusammengearbeitet haben, sich sogar mehr anstrengten als die Nominalgruppen. Wie bereits gezeigt werden konnte, sind die Arousalwerte in den vier Treatmentbedingungen nahezu identisch, weshalb auch die H2, die besagt, koaktive Gruppen seien erregter als kollektive Gruppen, nicht aufrechterhalten werden konnte. Des weiteren spricht die Annäherung der Arousalwerte in den Treatmentbedingungen auch dafür, dass die Bewertung der Gruppe keinen positiven Einfluss auf den Arousal hatte. Deshalb muss auch die H6 zurückgewiesen werden, die besagt, dass höherer Arousal in einfacheren Problemsituationen zu besseren und in komplexeren Situationen zu schlechteren Leistungen führen wird. Stress Neben dem Faktor Arousal soll im folgenden der Frage nachgegangen werden, wie sich Stress auf die Leistung in den unterschiedlichen Situationen auswirkt. Da das komplexe Szenario hohe Anforderungen an die Probanden stellt, die Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden müssen und nicht systematisch planbar sind, kann der dadurch erzeugte Stress sich negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Dies belegen zahlreiche Ergebnisse der Forschung aus dem Bereich Entscheidungsfindung in natürlichen Umgebungen (naturalistic decision making).39 Stress führt, so haben diese Studien gezeigt, zu physiologischen Veränderungen, zu emotionalen Veränderungen wie Angst und Frustration, zu kognitiven Veränderungen, die den Problemhorizont einschränken, sowie zu Veränderungen im Sozialverhalten.40 Da diese Stresseffekte die Leistungsfähigkeit negativ beeinträchtigen, ist zu erwarten, dass koaktive Gruppen (M=80,28), die insgesamt schlechtere Leistungen erbrachten als kollektive Gruppen (M=82,12), in stärkerem Maße davon beeinflusst sind. Erwartungsgemäß waren die Stresswerte, die in der Stress-Arousal-Skala erfasst wurden, in der koaktiven Situation (M=3,13) etwas höher als in der kollektiven Situation (M=2,88). 39 Einschlägige Forschungen hierzu wurden vorgelegt von Brehmer 1992; Brehmer & Allard 1991; Brehmer & Svenmark, 1994; Klein et al., 1993; Leplat 1991; Omodei & Wearing 1993, 1995a, 1995b, Omodei et al., 1998, Orasanu & Connolly 1993a; 1993b; Rasmussen 1991; Rasmussen, Brehmer & Leplat 1991; Rasmussen, Pejtersen & Goodstein 1994. 40 Vgl. Driskell & Johnston, 1998 43 Der Stressfaktor schließt das Item ängstlich ein, wofür deutliche Unterschiede zwischen koaktiven (M=2,42) und kollektiven Gruppen (M=1,93) ermittelt werden konnten. Die höhere Ängstlichkeit in koaktiven Gruppen lässt der kognitiven Theorie der Angst folgend auch vermuten, dass die Probanden dieser Gruppen stärker durch anderes abgelenkt sind und sich weniger auf die Problemlösung konzentrieren können. Betrachtet man den Zusammenhang von Ängstlichkeit sowie dem Faktor Stress mit dem Faktor problemirrelevante Informationsverarbeitung, so lassen sich für die Variable ängstlich und den Faktor Stress jeweils positive Zusammenhänge mit dem Faktor irrelevante Informationsverarbeitung für die koaktiven Situationen feststellen. Diese Zusammenhänge können sowohl für die Variable ängstlich (Spearman-Rho=0,237) als auch für den Faktor Stress (Spearman-Rho=0,272) bestätigt werden, obgleich die Zusammenhänge jeweils sehr schwach sind. Insgesamt lässt sich auf der Grundlage der Analyse der Haupteffekte zeigen, dass sich der Faktor Stress negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirkt und neben der irrelevanten Informationsverarbeitung eine Erklärung für das inverse Verhältnis von Leitung und Anstrengung bietet. Die Einflüsse von Stress auf die Leistung sind insgesamt für alle Treatmentbedingungen negativ. In der koaktiv-komplexen Situation kann zudem gezeigt werden, dass sich Stress positiv auf die Anzahl an Commands (Spearman-Rho=0,19) und negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirkt (Spearmen-Rho=-0,490, p<0,06). Dies erklärt auch, weshalb die Probanden in der koaktiv-komplexen Problemlösesituation trotz höherer Anstrengung schlechtere Resultate erzielen. 4.2.4.3 Zusammenfassung Im ersten Experiment konnte gezeigt werden, dass beim Lösen komplexer Probleme soziales Faulenzen auftritt und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kollektiver Gruppen in geringerem Maße motiviert waren als diejenigen koaktiver Gruppen. Ferner konnte nachgewiesen werden, dass kollektive Gruppen effizienter sind und beim Lösen des komplexeren Problems sogar bessere Leistungen als koaktive Gruppen erbrachten. Wie lässt sich dieser Befund erklären? Eine plausible Erklärung für das inverse Verhältnis von Anstrengung und Leistung in der komplexeren Problemsituation besteht darin, dass sowohl der Faktor Stress als auch die problemirrelevante Informationsverarbeitung in der koaktiven Situation einen jeweils positiven Einfluss auf die Commands hatten und sich gleichzeitig negativ auf die Leistung auswirkten. Die Einflüsse auf die Commands waren in der kollektiven Situation hingegen nur sehr gering und die Auswirkungen auf die Leistung nicht in dem Maße negativ wie in der koaktiven Situation. Da die Bearbeitung des komplexen Szenarios hohe Konzentration erfordert, sind Mitglieder der Realgruppen, die weniger abgelenkt und gestresst sind als 44 diejenigen der Nominalgruppen, eher in der Lage, mit weniger Aufwand bessere Leistungen zu erzielen. 4.2.5 Konsequenzen für das zweite Experiment Das Auftreten von Motivationsverlusten konnte sowohl für die einfache als auch für die komplexe Problemlösesituation bestätigt werden. In den Nominalgruppen wurden in beiden Szenarien mehr Commands abgegeben als in den Realgruppen. Nachgewiesen werden konnte auch das prognostizierte inverse Verhältnis von geringerer Anstrengung und höherer Leistung beim Lösen des komplexen Szenarios. Daraus folgt, dass das Networked Fire Chief Szenario für die Replikation der Ergebnisse der social loafing Forschung geeignet ist. Entgegen den Erwartungen, die auf der Grundlage bisheriger Befunde formuliert wurden, hat sich ergeben, dass beim Bearbeiten des komplexen Szenarios insgesamt weniger Commands abgegeben wurden als beim Bearbeiten des weniger komplexen Szenarios. Dies verdankt sich der Tatsache, dass die Löschgeräte, da sie Wasser zum Löschen und Benzin zur Fortbewegung benötigen, in dem komplexeren Szenario längere Tankzeiten haben und dies auf Kosten der Zeit geht, in der die Geräte einsatzbereit sind. In dem einfacheren Szenario benötigen die Geräte hingegen nur eine Ressource, was die Tankzeit verringert und die Einsetzbarkeit der Löschgeräte erhöht. Darüber hinaus mussten die Probanden in dem komplexeren Szenario insgesamt mehr Zeit für die Kontrolle der Füllzustände der Löschgeräte aufwenden. Sind in dem einfachen Szenario die Löschgeräte in einem inaktiven Zustand, so liegt das daran, dass die Geräte zu weit von den Feuern entfernt sind oder kein Wasser mehr haben. In dem komplexen Szenario müssen die Problemlöser hingegen kontrollieren, welche Ressource nicht vorhanden ist, um entscheiden zu können, zu welchem Ressourcendepot das Gerät bewegt werden muss. Zwar kann dieser Kontrollaufwand nicht experimentell überprüft werden, dennoch ist davon auszugehen, dass er unabhängig von der sozialen Situation auftritt und als Aufwand zu den Commands hinzukommt. Trotz dieser nicht unproblematischen Operationalisierung des Efforts und der Abweichung zu früheren Experimenten, was die geringere Anstrengung beim Lösen des komplexeren Problems im Vergleich zu dem einfacheren Problem anbelangt, werden die Commands weiterhin als Maßstab für den Effort zugrundegelegt, da sie am ehesten Aufschluss über das Agieren in den unterschiedlichen Situationsdefinitionen geben. Motivation Wider Erwarten waren die Arousalwerte in allen vier Treatmentbedingungen ähnlich. Eine Erklärung dafür wäre, dass das Fire Chief Szenario sowohl in der einfacheren als auch in der komplexeren Problemstellung sehr motivierend ist und bei den Probanden das Gefühl der Erregung auslöst. Für diese These sprechen die Ergebnisse früherer Untersuchungen, die 45 Omodei & Wearing vorgelegt haben. Sie konnten zeigen, dass die intrinsische Motivation bei Probanden im Umgang mit der Simulation eines Flächenbrandes sehr hoch ist, was sich vor allem der inhaltlichen Einbettung und der grafischen Gestaltung des Szenarios verdankt.41 Gegen eine hohe emotionale Betroffenheit spricht aber, dass die Werte der Antworten für das Item betroffen (vgl. Adjektiv-Liste, Frage 1) eher gering waren. Zudem zeigt das Antwortverhalten in der offenen Befragung nach Ablauf aller drei experimentellen Durchgänge, dass den Probanden die Ausbreitung der Feuer häufig gleichgültig war und sie emotional nicht beeinflusst hat. Eine Erklärung für diese Reaktion auf das Szenario besteht darin, dass die grafische Gestaltung der Bildschirmoberfläche in der vernetzten NFC-Version verändert wurde. Im Gegensatz zu der früheren Version, in der konkrete Gegenstände wie Häuser, Tiere, Bäume etc. abgebildet sind, ist die Oberfläche in der vernetzten Version, die in der Untersuchung eingesetzt wurde, eher abstrakt, was sich dem geringen Auflösungsniveau der Symbole verdankt. Dies kann ein Grund dafür sein, dass die Spieler emotional weniger von der Ausbreitung der Feuer betroffen waren. Aufgrund dieses Befundes sollte erneut überprüft werden, ob das Szenario intrinsisch motivierend ist. Hierfür wird im zweiten Experiment eine detailliertere Befragung im Hinblick auf die Motivation durchgeführt. Zufriedenheit Aus der Perspektive der Theorie des Selbstbewusstseins ist zu fragen, wie sich die Anwesenheit anderer auf die Motivation der Probanden auswirkt. Die Theorie des Selbstbewusstseins geht in Anlehnung an Duval & Wicklund (1972) davon aus, die Anwesenheit anderer führe dazu, dass die Probanden ihre Aufmerksamkeit gezielter auf sich selbst und auf den individuellen Umgang mit der Problemstellung lenken. Deshalb nehmen die Probanden die Diskrepanz zwischen dem aktuellen Leistungsniveau und einem idealisierten Standard verstärkt wahr. Carver & Scheier (1981) folgend kann dieser ideale Leistungsstandard sowohl von den Probanden selbst als auch von anderen vorgegeben werden. Beim Lösen einfacher Aufgaben ist der ideale Standard, der von den Probanden gewählt wird, eher zu erreichen als bei komplexeren Aufgabenstellungen. Aus diesem Grunde begünstigt das gesteigerte Selbstbewusstsein die Problemlösefähigkeit in einfachen Problemsituationen, in denen der ideale Standard auch erreicht werden kann, und behindert diese in komplexeren Situationen, in denen es schwieriger ist, diesen Standard zu erreichen. Da die Probanden im ersten Experiment lediglich über den Umgang mit der Problemstellung befragt wurden und die Anwesenheit der anderen Mitspieler nicht Gegenstand der Befragung war, sollte im zweiten Experiment auch danach gefragt werden, inwiefern sie sich durch das 41 Wenn dem so wäre, müssten sich aber auch die Effortwerte beider Vergleichsgruppen einander annähern. In früheren Untersuchungen zum sozialen Faulenzen konnte gezeigt werden, dass bei intrinsisch motivierenden Aufgabenstellungen, in denen die Probanden emotional von der Aufgabenstellung betroffen waren, social loafing nicht oder nur in geringem Maße vorkamen. Vgl. hierzu Brickner et al. 1986; Petty & Cacioppo, 1982. Da in der vorliegenden Untersuchung aber deutliche social loafing Effekte auftraten, stellt sich die Frage, ob diese postulierte emotionale Betroffenheit tatsächlich vorhanden war. 46 Verhalten der anderen Mitspieler haben beeinflussen lassen. Das Ziel ist, zu erfahren, ob die Anwesenheit anderer dazu beigetragen hat, sich der Diskrepanz zwischen diesem Ist- und einem Idealzustand bewusst zu werden und dies ein Grund für die höhere Anstrengung war. Das Erreichen eines Standards bzw. eines erwünschten Ziels drückt sich auch in der Zufriedenheit über die eigene Leistung aus. Daher wird im zweiten Experiment gefragt, inwiefern die Probanden mit den von ihnen erbrachten Leistungen zufrieden waren. Entscheidend ist neben der Zufriedenheit mit der eigenen Leistung auch jene mit der sozialen Situation. Diese Zufriedenheit bezieht sich einerseits darauf, ob die Probanden sich in ihrer Gruppe wohlfühlten und andererseits darauf, ob sie mit den Leistungen der Mitspieler zufrieden waren. Letzteres ist lediglich bei den kollektiven Gruppen bedeutsam, da hier die Leistung der anderen Gruppenmitglieder Teil der wahrgenommenen Instrumentalität der Mittel zur Erreichung des Ziels darstellt. Damit wird auch der Bezug zwischen der Zufriedenheit und dem Collective Effort Model deutlich. Die Schnittstelle zwischen perceived instrumentality und outcome valence liegt in der Zufriedenheit der Probanden mit ihren Leistungen. Es ist einerseits davon auszugehen, dass die perceived instrumentality insgesamt höher ist, wenn die Probanden mit ihrer eigenen Leistung zufrieden sind, und andererseits davon, dass die perceived instrumentality in der koaktiven Situation höher ist, wenn sich die anderen wenig anstrengen und in der kollektiven Situation höher ist, wenn sich die anderen Mitspieler sehr anstrengen. Daraus folgt, dass die Zufriedenheit über die eigene Leistung in einer sozialen Situation davon abhängt, wie gut die anderen Mitspieler sind. Aus diesem Grunde ist eine Wahrnehmung der Situation als Wettbewerb nicht auszuschließen. Im Fragebogen des zweiten Experiments soll erhoben werden, ob die Probanden den Eindruck haben, im Wettbewerb mit den anderen Spielern zu stehen. Kehren wir zurück zum CEM. Karau & Williams folgend kann sich die outcome valence neben der Bewertung der Problemstellung in sozialen Situationen auch auf die Bewertung der Gruppe beziehen. Aus diesem Grunde wird im zweiten Experiment nach der Bedeutung der Gruppe für die jeweiligen Spieler gefragt. Anzunehmen ist, dass eine hohe Bewertung der Gruppe zu einer Motivationssteigerung führt und sich die Probanden im Falle einer hohen Wertschätzung der Gruppe in stärkerem Maße anstrengen als wenn ihnen die Gruppe nicht wichtig ist. Um diese Antwort auf ihre Konsistenz hin überprüfen zu können, soll schließlich auch gefragt werden, ob die Spieler dem Erzeugen von kollektiven Leistungen insgesamt einen hohen Stellenwert beimessen. Interaktion Den Probanden im zweiten Experiment wird es möglich sein, die Feuer auf den benachbarten Gebieten zu löschen. Daraus folgt, dass neben den durch die soziale Situation bedingten Motivationsgewinnen bzw. -verlusten auch Koordinationsgewinne und -verluste auftreten können. Um das Ausmaß der Interaktion zu kontrollieren, sollen die Probanden schließlich 47 danach gefragt werden, ob die Spieler ihren Mitspielern geholfen haben und ob sie selbst von ihren Mitspielern Hilfe erhalten haben. Auf der Basis dieser Analyse ergibt sich für das zweite Experiment, dass der Fragebogen um die Dimensionen Motivation, Zufriedenheit und Wahrnehmung der sozialen Situation erweitert werden muss, um einerseits ergänzende Erklärungen für den social loafing Effekt zu gewinnen und um andererseits die Überprüfung der theoretischen Modelle stärker absichern zu können. Neben diesen Ergänzungen im Fragebogen wird die wesentliche Veränderung des Designs darin bestehen, dass die Spieler bei der Bearbeitung des Szenarios auch grenzüberschreitend Feuer löschen können. 4.3 Experiment 2 Im Gegensatz zum ersten Experiment, in dem die Probanden nur auf einer Fläche die Feuer bekämpfen konnten, war es ihnen im zweiten Experiment auch möglich, die Feuer auf allen drei Feldern zu bekämpfen. Trotz dieser offenen Gestaltung waren die Probanden aber primär für eine ihnen zugeteilte Fläche zuständig und konnten nur in den Grenzgebieten der beiden benachbarten Felder intervenieren. Im zweiten Experiment wurde derselbe Auflösungsgrad der Bildschirmoberfläche wie im ersten verwendet, daher konnten die Probanden neben der ihnen zugeteilten Fläche jeweils nur ca. 30-40% der benachbarten Flächen sehen. Folglich war es nicht möglich, auf allen drei Flächen in gleichem Maße zu intervenieren. Die zugrundeliegende Überlegung für diese Gestaltung war, die Vergleichbarkeit der Ergebnisse beider Experimente nicht zu weit einzuschränken. Die Möglichkeit zur Interaktion im zweiten Experiment soll primär dazu dienen, den Probanden stärker als im ersten Experiment das Gefühl zu geben, an einer kollektiven Problemlösung beteiligt zu sein. Hing die Glaubwürdigkeit, es handle sich um eine kollektive Problemstellung, im ersten Experiment von der Überzeugungsleistung der Versuchsleiterin ab, so ist es beim Design des zweiten Experiments offensichtlicher, dass es um die Erbringung einer kollektiven Leistung geht. Damit kann auch gewährleistet werden, dass die Situation realitätsnäher ist und die Probanden tatsächlich eine kollektive Leistung erbringen müssen. Im Unterschied zur additiven Problemstellung des ersten Experiments lag dem zweiten Experiment eine eher kompensatorische Problemstellung zu Grunde.42 War die 42 Vgl. Steiner, 1976. Freilich ist die Anwendung der Steinerschen Taxonomie für unser Problem schwierig, da das zugrundeliegende komplexe Problem weder rein additiv noch rein kompensatorisch ist. Dennoch bietet sie eine hilfreiche Orientierung, um die wesentliche Differenz zwischen beiden Experimenten beschreiben zu können. Der Unterschied zwischen den beiden Experimenten manifestiert sich gerade darin, dass die schlechteren Leistungen von Probanden im ersten Experiment in der kollektiven Situation nur indirekt durch die besseren Leistungen kompensiert werden können, 48 Problemlösung im ersten Experiment wegen der begrenzten Interventionsmöglichkeiten isoliert, so handelt es sich im zweiten Experiment um eine vernetzte Problemlösung. Dies führt zu einer Komplexitätssteigerung auf der sozialen Ebene, da es aufgrund der wechselseitigen sozialen Abhängigkeit der Spieler zu einer Situation mit doppelter Kontingenz (Parsons 1951: 36f.) kommt, in der das Handeln der Problemlöser durch die jeweiligen Erwartungserwartungen beeinflusst wird. In dieser Situation können zudem die schwächeren Leistungen von Spielern durch das Engagement anderer Spieler kompensiert werden. Vor dem Hintergrund der theoretischen Annahmen ist in diesem zweiten Experiment zu erwarten, dass der social loafing Effekt noch in deutlicherem Maße auftreten wird als im ersten Experiment, da die vernetzte Problemlösung, bedingt durch die grenzüberschreitenden Interventionsmöglichkeiten, die individuelle Zurechenbarkeit der Leistungen faktisch nicht mehr möglich werden lässt. Im ersten Experiment erfüllten die Beiträge der Spieler die Einzigartigkeitsbedingung (uniqueness), d. h. der Beitrag jedes Spielers konnte identifiziert werden. Sobald diese Bedingung - wie es im zweiten Experiment der Fall ist - nicht mehr gegeben ist, müsste sich die Einschätzung der Spieler dahingehend verändern, den eigenen Beitrag zur Erzeugung des Gruppenproduktes eher für redundant zu halten. Hinzu kommt, dass im Vergleich zum ersten Experiment die Angst vor Evaluation abnehmen müsste. 4.3.1 Design Im zweiten Experiment wurde der Einfluss unterschiedlicher Arbeitsbedingungen und unterschiedlicher Komplexitätsniveaus der Problemstellung auf die Anstrengungen und Leistungen untersucht. Hierfür wurde ein 2 (koaktiv vs. kollektiv) * 2 (einfaches vs. komplexes Problem) faktorielles between-subject Design zugrundegelegt. Beschreibung der Stichprobe An dem Experiment haben insgesamt 60 Personen (52 Frauen und 8 Männer) im Alter von 18 bis 30 Jahren teilgenommen.43 Die Probanden rekrutierten sich überwiegend aus Erfurter Studierenden der Fachhochschule, der Pädagogischen Hochschule sowie der Universität. Die Teilnahme war mit einem zeitlichen Aufwand von ca. 3 Stunden verbunden und wurde mit einer Aufwandsentschädigung von DM 30,- vergütet. Die Probanden wurden in Dreiergruppen einbestellt und zufällig einer der vier Treatmentbedingungen zugeteilt. sofern man die Gruppenleistung als Maßstab nimmt. Im zweiten Experiment können die schlechteren Leistungen unmittelbar durch die besseren Leistungen der Probanden kompensiert werden, sofern diese sich wechselseitig unterstützen. D. h. im zweiten Experiment kann durch die Zusammenarbeit auch die individuelle Leistung der Spieler auf den jeweiligen Flächen erhöht werden. 49 Der Einfluss der unabhängigen Variablen Arbeitsbedingung und Komplexitätsniveau der Problemstellung wurde für die Probanden sowie für die Gruppen als unabhängige Untersuchungseinheit überprüft. Die Operationalisierung für die Anstrengung bestand in der Anzahl der Commands, die die Probanden während der jeweiligen Spiele abgegeben haben. Dieser objektive Maßstab wurde im zweiten Experiment zusätzlich durch die subjektive Wahrnehmung hinsichtlich der erbrachten Anstrengung kontrolliert, indem die Spieler danach gefragt wurden, wie sehr sie sich bei der Bearbeitung der Simulation angestrengt haben. Durch das Programm wurde neben den Commands die Gruppenleistung sowie die Leistungen der jeweiligen Flächen aufgezeichnet. Da die individuelle Zurechnung der flächenspezifischen Leistungen auf die einzelnen Spieler aufgrund der Interaktionsmöglichkeiten problematisch ist, wurde für die Bestimmung der individuellen Leistungen im Gegensatz zum ersten Experiment die Gruppenleistung zugrundegelegt. Experimentelle Manipulation Durch die Vorgabe unterschiedlicher Aufgabenstellungen wurde die experimentelle Manipulation der Arbeitsbedingung realisiert. Den Gruppenmitgliedern in der koaktiven Arbeitsbedingung wurde bei der Einführung in das Programm mitgeteilt, dass es bei der Bearbeitung der Simulation darum gehe, eine möglichst hohe individuelle Leistung zu erzielen und den Gruppenmitgliedern in der kollektiven Arbeitsbedingung wurde mitgeteilt, dass es darum gehe, die Feuer in der Dreiergruppe so gut wie möglich zu bekämpfen, um eine möglichst hohe Gesamtleistung zu erzielen. Die Manipulation des Komplexitätsniveaus erfolgte analog zum ersten Experiment durch die Einführung einer weiteren Ressource, wodurch sich im komplexen Szenario die Komplexität, die Vernetztheit, die Polytelie sowie die Intransparenz des Problems erhöhte. Manipulation Checks Auch im zweiten Experiment wurden die Stimmungen der Probanden mit Hilfe der StressArousal-Checklist erhoben, um auf der Grundlage ausgewählter Items das Ausmaß an Erregung sowie an Stress der einzelnen Probanden bestimmen zu können. Der Fragebogen zur Erhebung der perceived instrumentality, der outcome valence, der problemrelevanten sowie der problemirrelevanten Informationsverarbeitung wurde im zweiten Experiment durch weitere Fragen ergänzt, die sich auf die Zufriedenheit, die Motivation, die Bewertung der Gruppe sowie auf das Gefühl des Wettbewerbs beziehen. - Zufriedenheit: Im Hinblick auf diesen Faktor wurde danach gefragt, ob die Probanden mit den von ihnen erbrachten Leistungen zufrieden waren und ihnen die Bearbeitung des Szenarios Spaß gemacht hat. Diese Items dienen - wie wir gesehen haben - vor allem der 43 Dabei handelt es sich nicht um dieselbe Gruppe von Leuten, die bereits beim ersten Experiment teilgenommen haben. 50 Überprüfung des Collective Effort Models. Studien haben gezeigt, dass Aufgaben, deren Bearbeitung bei den Problemlösern das Gefühl der Zufriedenheit auslösen, von Akteuren höher bewertet werden als jene Aufgaben, die nicht zufriedenstellend bewerkstelligt werden können. Deshalb soll überprüft werden, ob eine höhere Zufriedenheit mit einer höheren Bewertung der Aufgabenstellung einhergeht. Folgende Fragen wurden hierzu gestellt: - Sind Sie mit Ihrer Leistung in diesem Szenario zufrieden? - Hat Ihnen die Bearbeitung der Simulation Spaß gemacht? - Motivation: Zur Erhebung der Motivation wurde die Frage gestellt, ob das Szenario die Spieler motiviert hat, sich anzustrengen. Diese Frage ist insofern relevant, da ein Ergebnis des ersten Experiments war, dass das Szenario bei den Probanden nicht wie erwartet eine hohe emotionale Betroffenheit ausgelöst hat, was frühere Studien nahegelegt haben. Des weiteren wurde erhoben, ob die Spieler sich angestrengt haben. Diese letzte Frage zielt auf die wahrgenommene Anstrengung ab und dient v. a. der Überprüfung, ob die subjektive und objektive Anstrengung positiv korrelieren. Folgende Fragen wurden gestellt: - Haben Sie sich sehr angestrengt? - Hat Sie das Szenario motiviert, sich anzustrengen? - Bewertung der Gruppe bzw. der Leistungen anderer Mitspieler. Die Fragen hierzu haben zum Ziel, herauszufinden, wie die Spieler die Anstrengung und Leistung der Mitspieler bewerten und ob sich die Probanden in ihren jeweiligen Gruppen wohlfühlten. Diese Fragen sind insofern relevant, da in einer kollektiven Arbeitsbedingung die Anstrengung anderer als Teil der eigenen perceived instrumentality betrachtet werden kann. Ähnlich kann eine hohe Bewertung der Gruppen die outcome valence für die Problemstellung erhöhen. Die Fragen zur Anstrengung der Gruppenmitglieder lauten: - Wie gut haben die anderen Gruppenmitglieder die Feuer bekämpft? - Haben sich Ihre Gruppenmitglieder angestrengt? In der kollektiven Arbeitsbedingung wurden zusätzlich folgende Fragen gestellt: - Sind Sie mit den Leistungen Ihrer Gruppenmitglieder zufrieden? Wie hoch war Ihr eigener Beitrag zur Lösung des Problems im Vergleich zu den Beiträgen der anderen Gruppenmitgliedern? Fragen zur Bewertung der Gruppe: - Haben Sie sich in Ihrer Gruppe wohlgefühlt? - Arbeiten Sie gerne mit anderen zusammen? 51 - Wettbewerb: Des weiteren wurden die Probanden danach gefragt, ob sie sich im Wettbewerb mit ihren Mitspielern befanden. Das Gefühl des Wettbewerbs kann zu einer Steigerung der Erregung führen und die Stimmungen der Probanden beeinflussen. Die Frage hierzu war: - Hatten Sie das Gefühl sich in einer Wettbewerbssituation mit Ihren Mitspielern zu befinden? Abschließend wurde auch danach gefragt, ob die Probanden den anderen Mitspielern geholfen haben und ob sie selbst Hilfe von den Mitspielern erhalten haben. Auf der Grundlage dieser zusätzlich erhobenen Information kann die Aussage über die Richtigkeit der Hypothesen besser abgesichert werden, als dies im ersten Experiment der Fall war. Prozedur Die Versuchsdurchführung erfolgt in drei Durchgängen, einer Einführungs- einer Trainingsund einer Versuchsphase. Für die Trainings- und Versuchsdurchgänge wurden die Szenarien des ersten Experiments übernommen. Daher war das Szenario in den Trainingsdurchgängen einfacher als jenes in den Versuchsdurchgängen. Wie im ersten Experiment konnten die Probanden in den Trainingsdurchgängen lediglich auf einer ihnen zugewiesenen Fläche die Feuer bekämpfen. Diese Restriktion wurde erst in den experimentellen Durchgängen aufgehoben, in denen es den Spielern auch möglich war, auf allen drei Feldern die Feuer zu bekämpfen. Beide Durchgänge wurden drei mal wiederholt, um das Rotationsprinzip aufrecht erhalten zu können. Nach jedem der experimentellen Durchgänge wurde der Fragebogen zur Erfassung der Stimmungen und der Items zur Überprüfung der Hypothesen eingesetzt, um die Einflüsse der Treatmentbedingungen auf die jeweiligen Spieler ermitteln zu können. 4.3.1.1 Kontrolle von nicht-experimentellen Einflussfaktoren Die Spieler der jeweiligen Gruppen bearbeiteten insgesamt drei mal das Szenario und bekämpften jeweils einmal auf jeder Fläche die Brände. Da iterierte Spiele Lerneffekte wahrscheinlich werden lassen, wurde erstens untersucht, ob es eine Leistungssteigerung innerhalb der drei Versuchsdurchgänge gibt. Hierfür wurden die Leistungsmittelwerte der jeweiligen Durchgänge mit Hilfe drei gepaarter t-Tests verglichen. L144(M=79,65) und L2 (M=81,40), t(1,59)=-1,215, n.s. L1 (M=79,65) und L3 (M=81,53), t(1,59)=-1,453, n.s. L2 (M=81,40) und L3 (M=81,53), t(1,59)=-0,08, n.s. 44 L1 steht für Leistungen, die im ersten Durchgang erzielt wurden, L2 für jene des zweiten Durchgangs und L3 für jene des dritten Durchgangs. 52 Ein Vergleich der Leistungsmittelwerte über die drei Durchgänge hinweg zeigt, dass es keine Unterschiede zwischen den Gesamtleistungen gibt. Das Auftreten von Lerneffekten wird aus diesem Grunde ausgeschlossen. Zweitens wurde geprüft, ob es Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Flächen gibt. Im ersten Experiment hat sich gezeigt, dass es Leistungsunterschiede zwischen den Flächen gab, was sich dadurch erklären ließ, dass die Fläche C einen anderen Zuschnitt als die beiden anderen Flächen hat. Um die Vergleichbarkeit mit dem ersten Experiment aufrechterhalten zu können, wurde das Szenario unverändert eingesetzt.45 In den Spielen wurde auf dem Feld A eine Leistung von M=77,3 erbracht, auf dem Feld B eine Leistung von M=79,23 und auf dem Feld C eine Leistung von M=85,92. Diese Werte stimmen im wesentlichen mit jenen des ersten Experiments überein. Es zeigt sich demnach, dass die Unterschiede zwischen den Flächen A und C sowie zwischen den Flächen B und C, wie zu erwarten war, auch im zweiten Experiment auftraten. Aufgrund dieser Differenzen wird drittens überprüft, ob das Beginnen auf einer bestimmten Fläche einen Einfluss auf die Anstrengungen und Leistungen der darauffolgenden Durchgänge hat. Tab.4: Vergleich von Leistungen und Commands (Experiment 2) Gruppe 1 Leistung/ Durchgang 1 76 (Feld A) Leistung/ Durchgang 2 86,95 (Feld C) t(1,19)=-4,793, p<0,01 Anstrengung/ Durchg.1 99,2 (Feld A) Anstrengung/ Durchg.2 99,85 (Feld C) t(1,19)=-0,197, n.s. Gruppe 2 Gruppe 3 78,15 (Feld B) 76,95 (Feld A) t(1,19)=0,618, n.s. 84,8 (Feld C) 80,3 (Feld B) t(1,19)=2,451, p<0,05 105,85 (Feld B) 105,3 (Feld A) t(1,19)=0,151, n.s. 100,8 (Feld C) 109,15 (Feld B) t(1,19)=-2,985, p<0,05 45 Die Einstellung wurde so gewählt, dass die Flächen erstens gleich groß sind, zweitens eine gleiche Wertigkeit hinsichtlich der Symbole aufweisen und drittens wurde darauf geachtet, dass bei NichtIntervention jede Fläche eine Performance Score von 50% aufweist. 53 Leistung/ Durchgang 2 86,95 (Feld C) Leistung/ Durchgang 3 79,55 (Feld B) t(1,19)=2,355, p<0,01 Anstrengung/ Durchg.2 99,85 (Feld C) Anstrengung/ Durchg.3 96,55 (Feld B) t(1,19)=1,164, n.s. Leistung/ gesamt Anstrengung/ gesamt 80,83 98,53 76,95 (Feld A) 86 (Feld C) t(1,19)=-4,744, p<0,05 105,3 (Feld A) 109,8 (Feld C) t(1,19)=-1,413, n.s. 80,3 106,9 80,3 (Feld B) 79,05 (Feld A) t(1,19)=0,565, n.s. 109,15 (Feld B) 110,35 (Feld A) t(1,19)=-0,312, n.s. 81,38 106,77 Die Ergebnisse legen nahe, dass es keine Unterschiede zwischen den Gesamtleistungen der Gruppen, die auf unterschiedlichen Feldern begonnen haben, gibt (vgl. Tab.4). Daher ist das Beginnen auf einer bestimmten Fläche als leistungsdeterminierende Variable auszuschließen. Bei den Commands finden wir hingegen, dass die Gruppen, die auf Feld A begonnen haben, sich insgesamt weniger anstrengten als die beiden anderen Gruppen.46 Da der Unterschied nicht signifikant ist, kann das Beginnen auf einer bestimmten Fläche als Einflussfaktor auf die Commands vernachlässigt werden. 4.2.1.2 Ausschluss von weiteren Einflussfaktoren Geschlechtsspezifische Unterschiede im Hinblick auf die Anstrengung und Leistung sind in diesem Experiment auszuschließen. In der Anzahl an Commands unterschieden sich die Frauen (M=103,42; SD=14,11) nicht signifikant von den Männern (M=106,42; SD=11,62), F(1,58)=0,26, n.s. Auch in Bezug auf die Leistung gab es keine Unterschiede zwischen Frauen (M=80,46) und Männern (M=83,46), F(1,58)=0,846, n.s. Ferner wurde geprüft, ob der regelmäßige Umgang mit Computern einen Einfluss auf die Anstrengung und Leistung der Probanden hat. Die Durchführung einer Varianzanalyse zeigt, dass der Einfluss des Umgangs mit Computern weder für den (Effort F(3,56)= 2,615, n.s.) noch für die Leistung (F(3,56)=2,284, n.s.) signifikant sind. Analog hierzu wurde überprüft, ob Personen, die regelmäßig Computerspiele spielen, eine höhere Leistung erbringen und sich 46 Diese Differenz konnte bereits im ersten Experiment gefunden werden. In beiden Experimenten erbrachten die Teilnehmerinnen, die auf Feld A begannen in der ersten Runde weniger Commands. Stieg im ersten Experiment die Anzahl der Commands nach dem ersten Durchgang rapide an und fiel danach wieder ab, so finden wir im zweiten Experiment ein gleichbleibend niedriges Niveau. Dieser Unterschied lässt sich auf der Grundlage der Daten allerdings nicht erklären. 54 mehr bzw. weniger anstrengen als Personen, die nie Computerspiele spielen. Hierbei zeigte sich, dass die Häufigkeit des Spielens von Computerspielen weder einen Einfluss auf die Anstrengung (F(3,56)=0,939, n.s.) noch auf die Leistung hat, F(3,56)= 1,105, n.s. In einem weiteren Schritt wurde untersucht, ob die Dimensionen „Spaß im Umgang mit Computern“ sowie „Schwierigkeiten im Umgang mit Computern“ das Verhalten in den Spielen beeinflusst haben. Die Ergebnisse der Varianzanalyse zeigen, dass es einen signifikanten Einfluss der Werte für das Item Spaß im Umgang mit Computern auf die Leistung der Probanden gibt, F(4,55)=2,591, p<0,05. Die Ausprägung der Häufigkeitsverteilung der Variablen Spaß im Umgang mit Computern zeigte, dass 80% der Probenden sich auf der Likert-Skala den Kategorien 4-6 und 10% der höchsten Kategorie zuordneten. Es ist folglich davon auszugehen, dass den Probanden, die an dem Experiment teilgenommen haben, der Umgang mit PCs Freude bereitet. In einem weiteren Schritt wurde untersucht, ob die Schwierigkeiten, die Personen im Umgang mit Computern haben, einen Einfluss auf die Leistung hat. Es zeigte sich, dass es keinen signifikanten Einfluss der Dimension Schwierigkeit im Umgang mit Computern auf die Leistung in den Spielen gibt, F(5,54)=1,483, n.s. Auf der Grundlage dieser Berechnung und der Tatsache, dass alle Teilnehmerinnen angaben, Spaß im Umgang mit Computern zu haben, bringen die Teilnehmer vergleichbare Ausgangsbedingungen mit, was eine Voraussetzung für die Überprüfung unterschiedlicher Treatmentbedingungen auf die Anstrengung und die Leistung der Probanden darstellt. Ein weiterer zu kontrollierender Faktor ist die individuelle Leistungsvoraussetzung der Probanden, die die Leistungen der Spieler in den experimentellen Durchgängen beeinflussen kann. Die individuellen Leistungsvoraussetzungen wurden auf der Grundlage der erbrachten Leistungen in den Trainingsdurchgängen berechnet. Zunächst wurde mit Hilfe einer Regression der Einfluss der Trainingsleistung auf die Leistung in den experimentellen Durchgängen überprüft. Das Ergebnis lässt auf einen starken Zusammenhang zwischen der Trainingsleistung und der Leistung in den experimentellen Durchgängen schließen, r=0,692, p<0,05. Betrachtet man den Einfluss der im Training erbrachten Leistungen auf die in den experimentellen Durchgängen erbrachten Leistungen getrennt für die Gruppen der vier Treatmentbedingungen, so finden wir lediglich für die einfach-koaktive Arbeitsbedingung einen signifikanten Einfluss, r=0,587, p<0,05. Für die drei weiteren Treatmentbedingungen ist der Einfluss hingegen nicht signifikant (kollektiv-simpel: r=0,412, n.s., koaktiv-komplex: r=0,149, n.s., kollektiv-komplex: r=0,416, n.s.). Um den Einfluss der Treatmentbedingungen unabhängig von den Leistungen in den Trainingsdurchgängen überprüfen zu können, wurde eine Kovarianzanalyse durchgeführt. Diese Analyse zeigt, dass es einen signifikanten Unterschied zwischen den Leistungen der vier Treatmentbedingungen gibt, F(3,55)=13,59, p<0,001. (Die Voraussetzungen für die Varianzhomogenität sind mit einem Bartlett-Box-Wert von F(3,5645)=1,1947 erfüllt.) 55 Von Interesse ist nun, ob sich dieser Unterschied auf die beiden Komplexitätsniveaus oder auf die beiden Arbeitsbedingungen zurückführen lässt. Eine getrennte Analyse nach Komplexitätsniveaus zeigt, dass es weder in der einfachen noch in der komplexen Problemlösesituation einen Leistungsunterschied zwischen koaktiven und kollektiven Gruppen gibt. Der Einfluss der Situationsdefinition auf die Leistung ist in der einfachen Problemstellung sehr gering, F(1,27)=0,06, n.s. Auch für die komplexe Problemstellung konnte in diesem Experiment keine signifikante Differenz ermittelt werden, F(1,27)=2,54, n.s. Aufgrund der geringen Leistungsunterschiede, die sowohl in der einfacheren als auch in der komplexeren Problemstellung ausgemacht werden konnten (s.u.), ist es um so schwieriger, die individuelle Leistung auf der Grundlage der Trainingsleistung zu prognostizieren. Die Einflüsse der Leistungsvoraussetzungen auf die Leistungen in den experimentellen Durchgängen werden deshalb vernachlässigt. 4.3.2 Motivation und Leistung 4.3.2.1 Ergebnisse für Probanden Insgesamt konnte für das gesamte Modell ein signifikanter social loafing Effekt auf der Grundlage eines varianzanalytischen Verfahrens (MANOVA) ausgemacht werden. So haben Probanden der Gruppen, die unter der kollektiven Arbeitsbedingungen das Problem gelöst haben, signifikant weniger Commands abgegeben (M=100,34, SD=14,31) als Probanden in den Vergleichsgruppen, M=107,84, SD=12,26, F(1,56)=4,81, p<0,05. Damit konnte bestätigt werden, dass die Treatmentbedingungen einen signifikanten Einfluss auf die Anstrengung der Probanden haben. Tab.5: Anstrengung in Abhängigkeit von Komplexitätsniveau und Situationsdefinition (Experiment 2) Einfache Problemstellung M N SD Komplexe Problemstellung M N SD Koaktive Gruppen Kollektive Gruppen Mgesamt 109,84 15 13,34 103,84 15 18,31 213,68 30 105,84 15 11,18 96,84 15 7,92 202,68 30 56 Mgesamt N 215,68 30 200,68 30 Der Einfluss des Komplexitätsniveaus auf die Anstrengung war hingegen nicht signifikant, F(1,56)=2,59, n.s. Wie im ersten Experiment zeigt sich aber auch hier, dass bei der Bearbeitung des komplexeren Problems insgesamt weniger Commands abgegeben wurden als bei derjenigen des einfacheren Problems. Da bei dieser Berechnung die Voraussetzungen für homogene Varianzen nicht erfüllt sind, ist das Ergebnis mit Vorsicht zu genießen, BartlettBox: F(3,5645)=3,18125, p=0,023. Ein Mittelwertvergleich der Commands zwischen den Gruppen mit unterschiedlichen Komplexitätsniveaus zeigt für die komplexe Problemstellung einen signifikanten Unterschied zwischen koaktiven und kollektiven Gruppen. Probanden koaktiver Gruppen (M=105,84, SD=11,18) gaben signifikant mehr Commands ab als diejenigen kollektiver Gruppen (M=96,84, SD=7,92), F(1,28)=6,473, p<0,05 (vgl. Tab.5). Dieser Unterschied wird auch durch die Ergebnisse der apriori Kontrastanalyse bestätigt, t(1,28)=-2,544, p<0,05. Für die einfache Problemstellung unterscheidet sich die Anzahl an Commands in der koaktiven (M=109,84, SD=13,34) und der kollektiven Situation (M=103,84, SD=18,31) hingegen nicht signifikant voneinander, F(1,28)=1,052, n.s. Auch die apriori Kontrastanalyse zeigt, dass es keinen signifikanten Unterschied gibt, t(1,28)=-1,026, n.s. Leistung In diesem zweiten Experiment lag ein experimentelles Setting zugrunde, welches uns zwar erlaubt, die individuellen Effortwerte zu bestimmen, es erlaubt uns aber nicht, die damit verbundenen Leistungen den jeweiligen Probanden zuzurechnen. Aufgrund der Interventionsmöglichkeiten der Spieler auf allen drei Feldern werden die individuellen Leistungen deshalb durch die jeweilige Gruppenleistung bestimmt. Ein Vergleich der Leistungen unterschiedlicher Treatmentbedingungen erfolgt deshalb nicht auf der Grundlage der individuellen, sondern auf jener der kollektiven Leistungen. Die Gruppenleistungen erlauben, Rückschluss darauf zu ziehen, unter welchen Treatmentbedingungen bessere bzw. schlechtere Leistungen erzielt wurden. In einer Varianzanalyse (MANOVA) wurde der Einfluss der Situationsdefinition und des Komplexitätsniveaus auf die Leistung berechnet. Für beide unabhängigen Variablen konnten Haupteffekte auf die Leistung ausgemacht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Situationsdefinition die Leistungen koaktiver Gruppen (M=79,27, SD=8,77) und kollektiver Gruppen (M=82,46, SD=8,2) signifikant beeinflussen, F(1,56)=5,71, p<0,01. In ähnlicher Weise beeinflusst das Komplexitätsniveau die Leistungen der unterschiedlichen Gruppen, F(1,56)=100,05, p<0,01. Durch beide Faktoren wird demzufolge ein Großteil der Varianz 57 aufgeklärt. Die Voraussetzungen für homogene Varianzen sind für diese Berechnung erfüllt, Bartlett-Box: F(3,5645)=1,1946, p>0,3. Tab.6: Leistung in Abhängigkeit von Situationsdefinition und Komplexitätsniveau (Experiment 2) Einfache Problemstellung M N SD Komplexe Problemstellung M N SD Mgesamt N Koaktive Gruppen Kollektive Gruppen Mgesamt 86,42 15 4,02 88,64 15 4,34 175,06 30 72,11 15 5,78 76,27 15 6,2 148,38 30 158,53 30 165,34 30 Im Hinblick auf die Leistungen finden wir bei separater Analyse für beide Komplexitätsniveaus eine höhere Leistung in der kollektiven als in der koaktiven Situation. Der Unterschied zwischen koaktiven (M=86,42, SD=4,02) und kollektiven Gruppen (M=88,64, SD=4,34) ist in der einfacheren Problemsituation nicht signifikant, F(1,28)=2,117, n.s. In der komplexeren Problemsituation finden wir hingegen einen deutlicheren Unterschied zwischen koaktiven (M=72,11, SD=5,52) und kollektiven Gruppen (M=76,27, SD=6,2), F(1,28)=3,407, p<0,07. Die apriori Kontrastanalyse für die einfachere Problemsituation zeigt, dass sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Arbeitsbedingungen finden lassen, t(1,28)=1,4550, n.s. Selbiges gilt auch für die komplexere Situation, t(1,28)=1,899, n.s. Die Ergebnisse des zweiten Experiments bestätigen für die komplexere Problemlösesituation den Befund des ersten Experiments. Auch hier erbrachten kollektive Gruppen höhere Leistungen als koaktive Gruppen. Für die einfache Problemstellung konnte hingegen gezeigt werden, dass die Leistungen der kollektiven Gruppen ebenfalls höher waren als jene der Vergleichsgruppen. Dieses Ergebnis, welches sich von jenem des ersten Experiments unterscheidet, lässt sich dahingehend interpretieren, dass es aufgrund der Komplexitätssteigerung der sozialen Situation, die durch die wechselseitige soziale Abhängigkeit bedingt ist, bereits in der einfachen Problemstellung zu dem inversen Effekt von Leistung und Anstrengung kam. 58 Effizienz Im folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob sich hinsichtlich der Effizienz Unterschiede zwischen den beiden Arbeitsbedingungen finden lassen. Insgesamt ist die Effizienz in der kollektiven Situation (M=0,836, SD=0,127) signifikant höher als in der koaktiven Situation, M=0,74, SD=0,1; F(1,58)=10,15, p<0,01. Eine getrennte Analyse für beide Komplexitätsniveaus zeigt, dass in der einfacheren Problemstellung die kollektiven Gruppen (M=0,875, SD=0,137) effizienter waren als die koaktiven Gruppen, M=0,796, SD=0,867; F(1,28)=3,623, n.s. In der komplexen Problemstellung ist die Effizienz der Realgruppen (M=0,797, SD=0,108) hingegen signifikant höher als jene der Nominalgruppen, M=0,688, SD=0,837; F(1,28)=9,56, p<0,01. Analog zum ersten Experiment gelangten auch in diesem Experiment die kollektiven Gruppen mit weniger Aufwand zu signifikant besseren Leistungen. Die Effizienz ist daher in den kollektiven Arbeitsbedingungen höher als in den koaktiven Arbeitsbedingungen. Damit konnte das Ergebnis des ersten Experiments durch die Resultate des zweiten Experiments repliziert werden. 4.3.2.2 Ergebnisse für Gruppen In einem nächsten Schritt sollen die Differenzen zwischen den Treatmentbedingungen auch auf der Gruppenebene überprüft werden. Eine Analyse, in der die Gruppen als unabhängige Untersuchungseinheiten zugrundegelegt werden, ist in diesem Experiment verstärkt geboten, da die Interaktionsmöglichkeiten den gegenseitigen Einfluss der Gruppenmitglieder verstärken und für die Leistungen eine individuelle Zurechenbarkeit nur noch schwer möglich ist. Abb.4: Vergleich von koaktiven und kollektiven Gruppen (Experiment 2) 120 110 100 90 80 Performance 70 Commands Effizienz 60 koak koll Situationsdefinition koaktiv vs. kollektiv 59 Aufgrund der geringen Fallzahl der Gruppen unterschiedlicher Treatments (N=5) erfolgt eine Analyse mit Hilfe verteilungsfreier statistischer Verfahren (Mann-Whitney-U-Test). Betrachtet man die Unterschiede zwischen den koaktiven und den kollektiven Gruppen unabhängig von den Komplexitätsniveaus, so lassen sich für die Commands und die Effizienz signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen finden. Ein Vergleich der koaktiven (N=10) und der kollektiven Gruppen (N=10) zeigt, dass sowohl für die Commands (U=10, p<0,01) als auch für die Effizienz (U=18, p<0,02) ein signifikanter Unterschied zwischen den Rangreihen der Werte besteht. In der einfachen Problemstellung erbrachten koaktive Gruppen (N=5) trotz höherer Anstrengung eine geringere Leistung als kollektive Gruppen (N=5). Für beide abhängigen Variablen, Anstrengung und Leistung, wurde jeweils ein einseitiger U-Test durchgeführt. Weder für die Anstrengung noch für die Leistung konnte dabei ein signifikanter Unterschied ausgemacht werden. In der komplexen Problemstellung haben sich die koaktiven Gruppen (N=5) in höherem Maße angestrengt und signifikant mehr Commands abgeben als die kollektiven Gruppen (N=5; U=0,0, p<0,01). Ebenfalls lässt sich auf der Grundlage nichtparametrischer Verfahren bestätigen, dass die kollektiven Gruppen in der komplexen Problemlösesituation effizienter als die koaktiven Gruppen waren (U=1, p<0,02). Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass auf der Grundlage der unabhängigen Untersuchungseinheit Gruppe die Treatmenteffekte zu denselben Resultaten führen, die wir für die Probanden als unabhängige Untersuchungseinheit erhalten haben. 4.3.3 Manipulation Checks 4.3.3.1 Ergebnisse für Probanden Die Teilnehmerinnen wurden nach allen drei Versuchsdurchgängen gebeten, den erweiterten Fragebogen (siehe Anhang) auszufüllen, der die Stimmungen bezogen auf die Bearbeitung des Szenarios sowie die Selbst- und Fremdeinschätzung hinsichtlich der erbrachten Anstrengung und Leistung erhebt. Bei der Auswertung wurde zunächst die interne Konsistenz des Antwortverhaltens der Probanden über die drei Fragebögen hinweg überprüft. Da die Konsistenzbedingung erfüllt war, wurden die Antworten der drei Fragebögen zusammengefasst. Die nachfolgenden Berechnungen erfolgen deshalb auf der Basis dieser Mittelwerte. Im Hinblick auf die Faktoren Stress und Arousal konnten wiederum nur schwache Unterschiede zwischen beiden Arbeitsbedingungen ausgemacht werden. Der Faktor Arousal war bei den Probanden koaktiver Gruppen (M=4,81, SD=0,89) etwas geringer als bei jenen der kollektiven Gruppen, M=5,04, SD=0,88, F(1,58)=0,945, n.s. Dieses Antwortverhalten 60 lässt auf Übereinstimmungen zum ersten Experiment schließen, da auch dort die Werte für Arousal in den kollektiven Gruppen etwas über jenen der koaktiven Gruppen lagen. Der Faktor Stress war in den koaktiven Gruppen (M=2,74, SD=0,8) insgesamt höher als in den kollektiven Gruppen, M=2,52, SD=0,84; F(1,58)=1,083,n.s. Eine Aufschlüsselung des Stressfaktors in die einzelnen Items, zeigt, dass die Items nervös, ängstlich und unbehaglich in den koaktiven jeweils etwas höher liegen als in den kollektiven Gruppen. Die Probanden koaktiver Gruppen (M=2,79; SD=1,36) gaben an, nervöser zu sein als diejenigen in den kollektiven Gruppen, M=2,47; SD=1,23; F(1,58)=0,924, n.s. Für das Item ängstlich liegen die Werte der koaktiven Gruppen (M=1,88; SD=1,0) etwas über jenen der Vergleichsgruppe, M=1,73; SD=1,02; F(1,58)=0,307, n.s. Selbiges gilt auch für das Item unbehaglich (für koaktive Gruppen M=2,34; SD=1,14 und für kollektive Gruppen M=2,08; SD=1,17; F(1,58)=0,782, n.s.). Dieses Ergebnis legt nahe, dass alle Items für die Differenz des Faktors Stress verantwortlich sind. Zur Überprüfung des Collecitve Effort Models dienen die Faktoren perceived instrumenatlity sowie outcome valence, die über unterschiedliche Fragen operational definiert wurden. Über beide Komplexitätsniveaus hinweg finden wir hierfür nahezu keine Unterschiede zwischen den beiden Arbeitsbedingungen. Die perceived instrumenatlity der koaktiven Gruppen (M=3,56; SD=1,13) war nur geringfügig höher als diejenige in den kollektiven Gruppen (M=3,47; SD=1,42); F(1,58)= 0,072, n.s. Die Werte für die outcome valence lagen hingegen bei den kollektiven Gruppen (M=4,93; SD=1,18) geringfügig über jenen der koaktiven Gruppen, M=4,76; SD=1,3; F(1,58)=0,29, n.s. In dem zweiten Experiment wurde die Zufriedenheit als weiterer Indikator für die Überprüfung des CEMs hinzugezogen. Für die Zufriedenheit mit der eigenen Leistung liegen die Werte der koaktiven Gruppen (M=3,72; SD=1,18) ebenfalls nur geringfügig unter jenen der kollektiven Gruppen, M=3,84; SD=1,44; F(1,58)=0,129, n.s. Die Zufriedenheit wurde auch über den Spaß bei der Bearbeitung des Szenarios ermittelt. Hier waren die Differenzen zwischen den beiden Arbeitsbedingungen etwas deutlicher. Mitglieder der kollektiven Gruppen (M=5,26; SD=1,27) hatten mehr Spaß bei der Bearbeitung des Szenarios als jene der koaktiven Gruppen M=4,62; SD=1,46; F(1,58)=3,21, n.s. Aufgrund der geringen Differenzen und der Tatsache, dass bei koaktiven Gruppen die perceived instrumenatality höher ist als bei den kollektiven Gruppen und sich dieses Verhältnis für die Zufriedenheit umkehrt, ist es problematisch, die Thesen des CEMs zu belegen. Erst wenn man die Gruppen nach einfachen und komplexen Problemstellungen getrennt betrachtet, finden wir Differenzen zwischen den beiden Arbeitsbedingungen. Diese sollen in der Diskussion erläutert werden. Im Hinblick auf die Vorhersagen des Cognitive-Motivational Models lassen sich Unterschiede in der Ausprägung des Faktors problemirrelevante Informationsverarbeitung 61 finden. Die Probanden koaktiver Gruppen verarbeiteten erwartungsgemäß signifikant mehr problemirrelevante Information (M=2,27, SD=0,73) als die Vergleichsgruppen (M=1,77, SD=0,67), F(1,58)=7,786, p<0,01. Am stärksten tritt dieser Unterschied zu Tage, wenn man das Antwortverhalten auf die Frage, ob die Probanden durch die Anwesenheit anderer abgelenkt waren, betrachtet. Hier finden sich signifikante Unterschiede zwischen den Realgruppen (M=2,3, SD=1,04) und den Nominalgruppen, M=1,42, SD=0,61; F(1,58)=16,021, p<0,01. Die höhere Ablenkung verdankt sich auch der Tatsache, dass die Mitspieler der koaktiven Gruppen die Situation als Wettbewerb wahrnehmen. Auf die Frage, ob die Spieler das Gefühl hatten, im Wettbewerb zu den Mitspielern zu sein, unterschied sich das Antwortverhalten der Nominalgruppen (M=2,64, SD=1,92) deutlich von jenem der Realgruppen, M=1,97, SD=1,27; F(1,58)=2,594, n.s. Gruppenmitglieder der Realgruppe gaben zudem an, weniger frustriert und verwirrt zu sein als jene der Nominalgruppen. 4.3.3.2 Ergebnisse für Gruppen Legt man bei der Auswertung des Manipulation Checks die Gruppe als unabhängige Untersuchungseinheit zugrunde, so lassen sich zwischen den koaktiven (N=10) und den kollektiven Gruppen (N=10) auf der Grundlage nicht-parametrischer Testverfahren (MannWhitney-U-Test) die oben genannten Unterschiede bestätigen. Eine signifikante Differenz ergab sich für das Item Ablenkung. In koaktiven Gruppen (N=10) war die Ablenkung deutlich höher als in kollektiven Gruppen (N=10; U=17,5; p<0,01). Diese höhere Ablenkung spiegelt sich auch in den Ausprägungen des Faktors problemirrelevante Informationsverarbeitung wider (U=27, p<0,07). Im Gegensatz zum ersten Experiment, in dem eine deutliche Differenz zwischen beiden Gruppen für den Faktor Stress ausgemacht werden konnte, lässt sich diese Differenz im zweiten Experiment nicht nachweisen (U=37,5, n.s.). Betrachtet man die Gruppen getrennt nach Komplexitätsniveau, so zeigen sich für die einfachere Problemstellung auch hier Unterschiede zwischen den koaktiven (N=5) und kollektiven (N=5) Gruppen. Differenzen konnten für die irrelevante Informationsverarbeitung ausgemacht werden, die in koaktiven erwartungsgemäß höher als in kollektiven Gruppen war (U=4 p<0,05). Beeinflusst ist dieser Unterschied vor allem durch jenen für das Item Ablenkung durch die anderen Mitspieler (U=2, p<0,02). Für die komplexe Problemstellung ist der Nachweis signifikanter Unterschiede auf der Basis der Gruppen als unabhängiger Untersuchungseinheit problematischer. Differenzen lassen sich hier für das Item "Ablenkung" (und damit für den Faktor irrelevante Informationsverarbeitung) finden (U=6, n.s.). Ein deutlicher Unterschied findet sich in der komplexen Problemstellung in der outcome valence, die in koaktiven Gruppen höher als in kollektiven 62 Gruppen ist (U=8, n.s.). Es zeigt sich, dass es Mitglieder der koaktiven Gruppen wichtiger war, das Problem zu lösen als den Mitgliedern kollektiver Gruppen (U=7, n.s.). Insgesamt bestätigen diese Ergebnisse die Resultate der Analyse, in der Probanden als unabhängige Untersuchungseinheit zugrunde lagen. Letztere Analyse kann deshalb auch im zweiten Experiment bei der anschließenden Diskussion der Ergebnisse verwendet werden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse sollen im Folgenden die theoretischen Annahmen überprüft und in einem weiteren Schritt der Frage nachgegangen werden, wie sich soziales Faulenzen und Leistung zueinander verhalten. 4.3.4 Diskussion 4.3.4.1 Erklärungen für Motivationsverluste In dem zweiten Experiment konnte ein social loafing Effekt in den kollektiven Gruppen nachgewiesen werden. Insgesamt erbrachten die Spieler der Gruppen in der koaktiven Arbeitsbedingung (M=105,84; SD=11,18) signifikant mehr Commands als diejenigen der Gruppen in der kollektiven Arbeitsbedingung, M=96,84; SD=7,92; F(1,28)=6,473; p<0,05. Damit kann die H1.1 bestätigt werden, die besagt, dass die Anstrengung in koaktiven Arbeitsbedingungen höher als diejenige in kollektiven Arbeitsbedingungen ist. Es hat sich gezeigt, dass der Unterschied für die komplexere Problemstellung hoch signifikant war, wohingegen er für die einfache Problemstellung geringer war. Wie im ersten Experiment muss auch hier die H1.2, die besagt, dass die Anstrengung beim Lösen komplexer Probleme höher sei als beim Lösen einfacher Probleme, zurückgewiesen werden. Dies liegt darin begründet, dass die Löschgeräte aufgrund der längeren Tankzeiten in dem komplexeren Szenario nicht so häufig aktiviert werden können wie in dem weniger komplexen Szenario. Eine ausführlichere Diskussion wurde bereits bei der Auswertung des ersten Experiments vorgelegt und soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden (s.o.) Die H1.3. besagt, dass in der einfacheren Problemstellung die höhere Anstrengung in der koaktiven Situation zu besseren Leistungen und die geringere Anstrengung in der kollektiven Situation zu schlechteren Leistungen führt. Diese Hypothese konnte durch die Ergebnisse des zweiten Experiments nicht bestätigt werden. In diesem Experiment trat bereits in der einfachen Problemstellung der inverse Effekt von Anstrengung und Leistung ein. Eine Erklärung für diese Abweichung besteht darin, dass sich in diesem Experiment aufgrund der Interaktionsmöglichkeiten die Definition der Situation verändert hat und die Spieler die Erwartungserwartungen in ihr Handeln einplanen mussten. Diese soziale Komplexitätssteigerung hat wie die Komplexitätssteigerung des Problems zur Folge, dass 63 weniger Anstrengung zu einem problemadäquateren Verhalten führt als eine höhere Anstrengung. Der H1.4. folgend kommt es in der komplexen Problemlösesituation im Vergleich zur einfachen Problemlösesituation zu einem inversen Verhältnis von Anstrengung und Leistung. Dies konnte durch die Ergebnisse erneut bestätigt werden. Die koaktiven Gruppen erzielten schlechtere Ergebnisse als die kollektiven Gruppen, die insgesamt weniger Commands abgaben als erstere. Damit konnten die Ergebnisse des ersten Experiments repliziert werden. Festzuhalten ist für die H1, dass sich das inverse Verhältnis von Anstrengung und Leistung beim Lösen komplexer Probleme bestätigt hat. Einerseits ließ sich der inverse Effekt auf die Komplexitätssteigerung des Problems selbst zurückführen, weshalb die Richtigkeit der H1.4. akzeptiert wurde. Andererseits hat sich aber auch gezeigt, dass der inverse Effekt auch bei einer Komplexitätssteigerung der sozialen Situation auftritt und deshalb auch der veränderten sozialen Situation geschuldet ist. Deshalb musste die H1.3 zurückgewiesen werden, da sich bereits für die einfachere Problemstellung in der Situation mit hoher sozialer Komplexität gezeigt hat, dass es zu dem inversen Effekt kommt. Arousal Die H2 ist analog zu den Resultaten des ersten Experiments auch für dieses Experiment zu verwerfen, da es keine Unterschiede zwischen den Arousalwerten in den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen gab. Ein Vergleich der Werte der koaktiven und der kollektiven Arbeitsbedingung über beide Komplexitätsniveaus hinweg zeigt, dass die Arousalwerte in der kollektiven Bedingung (M=5,04, SD=0,88) etwas höher sind als jene in der koaktiven Bedingung, M=4,81, SD=0,89; F(1,58)=0,945, n.s. Betrachtet man die Arousalwerte der einfachen Problemstellung, so ergaben sich für beide Gruppen identische Werte (koaktive Gruppen M=5,16, SD=0,7 und kollektive Gruppen M=5,16, SD=0,95). Für die komplexe Problemstellung liegen die Arousalwerte der kollektiven Gruppen (M=4,91, SD=0,82) hingegen leicht über jenen der koaktiven Gruppen (M=4,47, SD=0,94). Die H2 besagt nun, dass es einen positiven Einfluss des Arousals auf die Anstrengung gibt. Dies lässt sich allerdings für die einfache Problemstellung nicht bestätigten, denn die Einflüsse auf den Effort sind sehr gering. Für die komplexere Problemstellung lässt sich hingegen ein positiver Einfluss ausmachen, der am deutlichsten bei der koaktiv-komplexen Situation ausgeprägt ist (Spearmans-Rho = 0,402, n.s.). Da der Einfluss nur für die komplexe Problemstellung zutrifft, kann die H2, die besagt, dass sich der höhere Effort in koaktiven Situationen einem höheren Arousal verdankt, nicht aufrecht erhalten werden. Stress 64 Die H3 besagt, dass sich der höhere Effort der Probanden in den koaktiven Gruppen auf das höhere Stressniveau zurückführen lässt. Die Stresswerte, die ebenfalls mit der Stress-ArousalSkala erfasst wurden, liegen für koaktive Gruppen (M=2,74; SD=0,8) nur geringfügig über jenen der kollektiven Gruppen (M=2,52; SD=0,84), F(1,58)=1,083, n.s. Insgesamt finden sich in diesem Experiment geringere Stresswerte als in dem ersten Experiment. Erklären lässt sich dies dadurch, dass die Zurechenbarkeit der individuellen Leistungen in dem zweiten Experiment aufgrund der grenzüberschreitenden Interventionsmöglichkeiten nicht mehr möglich ist und sich die Probanden aus diesem Grunde auch in der koaktiven Situation weniger gestresst fühlen als in dem ersten Experiment, bei dem der Fokus tatsächlich auf der individuellen Leistung lag. Damit kann gezeigt werden, dass die Übernahme individueller Verantwortlichkeit in höherem Maße Stress erzeugt, wenn man an einer isolierten Problemstellung arbeitet, bei der keine Unterstützung durch andere zu erwarten ist. Bei den Gruppen, die das komplexe Problem bearbeitet haben, finden wir lediglich eine geringe Differenz zwischen den Stresswerten für kollektive (M=2,68; SD=0,91) und koaktive Gruppen (M=2,71; SD=0,74), dennoch kann hier das Ergebnis aus dem ersten Experiment bestätigt werden, dass Stress in der koaktiven Arbeitsbedingung positiv mit der Anzahl an Commands korreliert ist (Spearman-Rho=0,236, n.s.). Aufgrund des schwachen Zusammenhangs kann die These, dass sich die höhere Anzahl an Commands in der koaktiven Situation dem erhöhten Stresslevel verdankt, zwar nicht aufrechterhalten werden. Es spricht aber auch nichts dagegen, diese bei zu behalten. Collective Effort Model (CEM) Der folgende Abschnitt befasst sich mit der H4, die zur Überprüfung des Collective Effort Models formuliert wurde. Zum einen soll der Frage nachgegangen werden, ob sich die höhere Anstrengung der koaktiven Gruppen einer höheren perceived instrumentality verdankt und zum anderen, ob sie sich aus der höheren Bewertung der Resultate (outcome valence) ergibt. Der Faktor für perceived instrumentality ist in koaktiven Gruppen (M=3,56; SD=1,13) etwas höher als in kollektiven Gruppen (M=3,47; SD=1,42). Betrachtet man den Einfluss der perceived instrumentality auf die Anzahl an Commands, so finden wir in den koaktiven Gruppen einen stärkeren Zusammenhang zwischen beiden Variablen (Spearman-Rho=0,305, n.s.) als in den kollektiven Gruppen (Spearman-Rho=0,15, n.s). Für die einfache Problemstellung ergaben sich in der kollektiven Arbeitsbedingung (M=4,04; SD=1,5) höhere Werte für perceived instrumentality als in der koaktiven Arbeitsbedingung (M=3,88; SD=1,09). Diese Differenz verdankt sich vor allem dem Unterschied in dem Antwortverhalten auf die Frage, wie gut sie meinen, die Feuer gelöscht zu haben (kollektive Gruppen M=4,51; SD=1,39 und koaktive Gruppen M=4,09; SD=1,14). Einen Einfluss der perceived instrumentality auf die Anzahl an Commands konnte für die koaktiven Gruppen 65 ausgemacht werden (Spearman-Rho=0,332, n.s.). Dieser Einfluss ist zwar nicht signifikant, dennoch kann er eine Erklärung dafür sein, dass in den koaktiven Gruppen mehr Commands abgegeben wurden als in den kollektiven Gruppen. Die Werte für die outcome valence sind in diesem Experiment bei den kollektiven Gruppen (M=5,49; SD=1,19) ebenfalls höher als bei den koaktiven Gruppen (M=5,06; SD=1,3). Der Einfluss des Faktors outcome valence auf die Anstrengung ist aber in beiden Situationen gering. In der einfachen Problemstellung hat sich gezeigt, dass in der kollektiven Situation die outcome valence höher ist als in der koaktiven Situation und sich dies auch der höheren Bewertung der durch die Gruppe erbrachten Leistungen verdankt (kollektive Arbeitsbedingung M=5,13; SD=0,97 und koaktive Arbeitsbedingung M=4,93; SD=1,01), dennoch zeigen die Ergebnisse, dass dies nicht mit einer höheren Anstrengung in der kollektiven Gruppe einhergeht. Dies lässt sich unter Umständen dadurch erklären, dass die höhere Bewertung der von der Gruppe erbrachten Leistungen dazu führen kann, den eigenen Beitrag für redundant zu halten. Wird davon ausgegangen, die anderen strengten sich in hohem Maße an, dann kann dies leicht dazu führen, dass die eigene Motivation sinkt. Im Gegensatz zu der einfachen Problemstellung finden wir in der komplexen Problemstellung sowohl für die perceived instrumentality als auch für die outcome valence höhere Werte in den koaktiven als in den kollektiven Gruppen. Die perceived instrumentality ist in den Nominalgruppen (M=3,23, SD=1,1) deutlich höher als in den Realgruppen, M=2,89; SD=1,09; F(1,28)=0,737, n.s. Der Einfluss der perceived instrumentality auf die Anzahl an Commands lässt sich für die koaktive Arbeitsbedingung bestätigen (Spearman-Rho=0,226, n.s.). Auch die Werte für die outcome valence sind in dem komplexeren Szenario in den koaktiven Gruppen (M=4,46; SD=1,26) höher als in den Vergleichsgruppen, M=4,36, SD=0,89. Zudem konnte ein positiver Zusammenhang zwischen der höheren outcome valence und der höheren Anzahl an Commands in der koaktiven Situation ausgemacht werden (Spearman-Rho=0,154, n.s.). Daher zeigt sich, dass der signifikante Unterschied zwischen den Effortwerten in der komplexeren Problemsituation auf die höhere perceived instrumentality sowie auf die höhere outcome valence zurückgeführt werden kann. Da die Zusammenhänge sehr gering sind, ist im folgenden zu prüfen, inwiefern die Wahrnehmung der Leistungen anderer Mitspieler das Verhalten der Spieler beeinflusst hat. Für die komplexe Problemstellung zeigt sich, dass die Spieler der kollektiven Gruppe in stärkerem Maße davon ausgehen, dass die Mitspieler die Feuer sehr gut bekämpfen. Auf die Frage, wie gut die anderen Gruppenmitglieder die Feuer bekämpft haben, liegen die Werte der kollektiven Gruppen (M=4,18; SD=0,55) signifikant höher als diejenigen der koaktiven Gruppen, M=3,47; SD=0,75, F(1,28)=8,741, p<0,01. Die Einschätzung, dass die anderen Gruppenmitglieder sich sehr viel Mühe bei der Bearbeitung des Szenarios geben, wird auch durch das Antwortverhalten auf die Frage, ob sich die anderen Gruppenmitglieder angestrengt 66 haben, bestätigt. In den kollektiven Gruppen (M=5,29; SD=0,73) liegen die Werte signifikant höher als jene in den koaktiven Gruppen, M=4,6; SD=0,87; F(1,28)=5,465, p<0,05. Eine Erklärung für das social loafing wäre in diesem Fall durch das Trittbrettfahren gegeben. Die Wahrnehmung, dass sich die Mitspieler sehr anstrengen, kann zur Folge haben, dass man die eigene Anstrengung herabsetzt und bewusst von den Leistungen anderer profitieren möchte. Die Spieler können in der kollektiven Problemlösesituation, in der es nicht auf die individuell erbrachte Leistung ankommt, davon ausgehen, dass selbst durch das Erbringen eines geringen Beitrages zum Gruppenprodukt ein erwünschtes Resultat erzielt werden kann. Jeder profitiert in gleichem Maße vom Gesamtergebnis, da die Teilhabe an diesem kollektiv erbrachten Resultat den einzelnen Spielern nicht verwehrt werden kann. Daraus würde folgen, dass die Spieler in der komplexen Problemsituation ihre Anstrengung bewusst herabsetzten. Dieses Verhalten ist insofern möglich, da wir es in unserem Falle mit einem kollektiven Gut zu tun haben und es keine Aufteilung des Gewinnes gibt. In der komplexen Problemlösesituation hat sich ferner gezeigt, dass die perceived instrumentality und die outcome valence in der koaktiven Arbeitsbedingung höher als in der kollektiven Arbeitsbedingung ist. Da die Zufriedenheit mit der eigenen Leistung in der Schnittstelle zwischen beiden Faktoren liegt, müsste auch gezeigt werden, dass die Zufriedenheit in der koaktiven Situation höher als in der kollektiven Situation ist. Diese These lässt sich insofern bestätigen, als dass die Gruppenmitglieder kollektiver Gruppen (M=3,27; SD=1,11) in geringerem Maße zufrieden waren als jene der koaktiven Gruppen, M=3,47; SD=1,05; F(1,28)=0,255, n.s. Exkurs Im zweiten Experiment wurde den Probanden die Frage gestellt, wie motivierend das Szenario war, um Aufschluss darüber zu gewinnen, ob es sich um eine intrinsisch motivierende Aufgabenstellung handelt. Über beide Komplexitätsniveaus hinweg gab es keine Differenzen zwischen den koaktiven und den kollektiven Gruppen. Betrachtet man die Gruppen getrennt nach Problemstellungen, so finden wir bei den Probanden, die das komplexere Szenario bearbeitet haben, insgesamt eine geringere Motivation als bei den Probanden, die das einfachere Szenario bearbeitet haben. Bei der Bearbeitung des komplexen Szenarios waren die Probanden koaktiver Gruppen (M=4,67; SD=1,52) etwas stärker motiviert als jene der kollektiven Gruppen (M=4,58; SD=0,99). Diese Aussage wird dadurch bestätigt, dass wir in der komplexen Problemlösesituation auf die Frage, ob sich die Probanden angestrengt haben, einen höheren Wert bei den koaktiven Gruppen (M=5,22; SD=1,37) als bei den kollektiven Gruppen (M=4,91; SD=1,20) finden können, F(1,28)=0,439, n.s. Die dadurch zum Ausdruck gebrachte höhere Motivation und die Selbsteinschätzung hinsichtlich der höheren Anstrengung in der koaktiv-komplexen Situation ist ein Indiz dafür, dass die Wahl der Commands als Maßstab für den Effort ein valides Instrument ist, zumal in der komplexen Problemlösesituation ein 67 signifikanter Unterschied zwischen der Anzahl an Commands, die in koaktiven Gruppen abgegeben wurden, und jener, die in kollektiven Gruppen abgegeben wurden, ausgemacht werden konnte. Ein Vergleich der Werte für Motivation zeigt zunächst, dass die Spieler in dem einfacheren Szenario höher motiviert waren als in dem komplexeren Szenario. Bei der Bearbeitung des einfacheren Szenarios waren die kollektiven Gruppenmitglieder (M=5,42; SD=1,37) eher motiviert als die koaktiven Gruppenmitglieder (M=5,22; SD=0,92). Dieses Verhältnis kehrt sich für die komplexe Problemstellung um. Hier waren die koaktiven Gruppen (M=4,67; SD=1,52) etwas stärker motiviert als die kollektiven Gruppen (M=4,58; SD=0,99). Vor dem Hintergrund des Befundes, dass die Probanden bei der Bearbeitung des einfacheren Problems eher motiviert waren als bei dem komplexeren Problem, findet sich eine weitere Erklärung dafür, weshalb Probanden in der komplexeren Problemsituation eher zum sozialen Faulenzen neigten als in der weniger komplexen Situation. Der auf der Basis der Selbsteinschätzung berechnete geringerer Motivationswert in der komplexen Situation stellt damit eine weitere Erklärung für die geringere Anzahl an Commands in dieser Situation dar - neben der Tatsache, dass die Probanden im komplexeren Szenario aus technischen Gründen weniger Commands abgeben können als im einfachen Szenario. Motivation steht in einem engen Zusammenhang mit der Zufriedenheit hinsichtlich der erbrachten Leistung. Deshalb wurden die Spieler auch danach befragt, inwiefern sie mit den erbrachten Leistungen zufrieden sind. Über beide Komplexitätsniveaus hinweg finden wir eine geringe Differenz in der Ausprägung der Dimension "Zufriedenheit mit der eigenen Leistung". In den Gruppen, die die einfache Problemstellung bearbeitet haben, sind die Spieler kollektiver Gruppen (M=4,42; SD=1,54) insgesamt zufriedener als diejenigen koaktiver Gruppen, M=3,98; SD=1,28; F(1,28)=0,741, n.s. Diese höhere Zufriedenheit verdankt sich sicherlich auch der Zusammenarbeit sowie der wechselseitigen Unterstützung, die in der kollektiven Situation stärker ausgeprägt war als in der koaktiven Situation. Die Probanden in den kollektiven Gruppen (M=3,22; SD=1,47) gaben an, dass sie im Vergleich zu den koaktiven Gruppen (M=2,6; SD=1,45; F(1,28)=1,366, n.s.) mehr Hilfe bekommen haben und selbst auch anderen mehr geholfen haben (M=3,27; SD=1,49) als die Spieler der koaktiven Gruppen, M=2,36; SD=1,15; F(1,28)=3,507,n.s. Ferner findet sich in der einfachen Problemstellung auch ein deutlicher Unterschied im Antwortverhalten auf die Frage, ob den Probanden die Bearbeitung der Simulation Spaß machte. Kollektive Gruppenmitglieder (M=5,71; SD=1,25) hatten mehr Spaß bei der Bearbeitung des Szenarios als diejenigen der Vergleichsgruppe, M=4,89; SD=1,35; F(1,28)=3,01,n.s. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die kollektiven Gruppenmitglieder in der einfachen Problemstellung sehr motiviert waren. 68 In der komplexen Problemstellung finden wir hingegen eine höhere Zufriedenheit bei den Spielern der koaktiven Gruppen (M=3,47; SD=1,05) im Vergleich zu jenen der kollektiven Gruppen (M=3,27; SD=1,11). Zudem zeigt sich, dass die Hilfsbereitschaft in den kollektiven Gruppen der komplexen Problemlösesituation geringer war. Die geringe Zufriedenheit, so die These, wirkt sich negativ auf die Anstrengung aus. Damit haben wir eine weitere Begründung dafür gefunden, weshalb sich die Spieler kollektiver Gruppen in geringerem Maße anstrengen als diejenigen der koaktiven Gruppen. 4.3.4.2 Erklärungen für Leistung Cognitive-Motivational Model (CMM) In einem nächsten Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, wie sich das inverse Verhältnis von Anstrengung und Leistung beim Lösen komplexer Probleme erklären lässt. Wir hatten hierfür das CMM gewählt, welches besagt, dass in koaktiven Problemlösesituationen die problemirrelevante Informationsverarbeitung höher sei als in kollektiven Problemlösesituationen. Die irrelevante Problemverarbeitung habe geringe Effekte bei der Bearbeitung von einfachen Problemstellungen, wohingegen sie einen negativen Einfluss auf das Bearbeiten von komplexeren Problemen habe. Über beide Komplexitätsniveaus hinweg konnte ein signifikanter Unterschied zwischen koaktiven Gruppen (M=2,27; SD=0,73) und kollektiven Gruppen (M=1,77; SD=0,67) festgestellt werden, F(1,58)=7,786, p<0,01. Damit wird auch im zweiten Experiment die H5.1 bestätigt, die besagt, dass die irrelevante Informationsverarbeitung in den Nominalgruppen höher als in der Realgruppen ist. Für die einfache Problemstellung konnten ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen der problemirrelevanten Informationsverarbeitung ausgemacht werden. Die Werte der koaktiven Gruppen (M=2,21; SD=0,87) waren signifikant höher als jene in den kollektiven Gruppen (M=1,62; SD=0,64; F(1,28)=4,445, p<0,05. Zudem fühlten sich Probanden in der koaktiven Situation verwirrter (M=2,42; SD=1,51) als jene in den Vergleichsgruppen (M=2,02; SD=1,24; F(1,28)=0,63, n.s.) und erstere (M=2,27; SD=1,45) waren eher frustriert als die Mitglieder der Realgruppen, M=1,93; SD=1,11; F(1,28)=0,499, n.s. Betrachtet man den Einfluss, den die irrelevante Informationsverarbeitung auf die Leistung hat, so dürfte diese der H5.2 folgend die Leistungen in der einfachen Problemstellung nicht negativ beeinflussen. Die Ergebnisse bestätigen, dass es nur geringe positive Einflüsse der irrelevante Informationsverarbeitung auf die Leistungen gab. Daher kann die Hypothese wie auch im ersten Experiment erneut bestätigt werden. Für die komplexe Problemstellung konnte ebenfalls eine signifikante Differenz zwischen den Werten der Nominalgruppen (M=2,33; SD=0,59) und jenen der Realgruppen (M=1,91; SD=0,69) ausgemacht werden; F(1,28)=3,273, p<0,09. 69 In der komplex-koaktiven Situation konnte für die problemirrelevante Informationsverarbeitung ein geringer negativer Einfluss auf die Leistung ausgemacht werden (Spearman-Rho=-0,153, n.s.) Bestätigt werden kann ferner, dass die höhere Ablenkung aufgrund der irrelevanten Informationsverarbeitung in der komplexen Problemsituation negative Auswirkungen auf die Leistung dieser Gruppen hatte. Damit kann das Ergebnis des ersten Experiments repliziert werden, welches besagt, dass die erhöhte irrelevante Informationsverarbeitung einer adäquaten Problemlösung entgegensteht. Da die komplexere Problemlösesituation höhere kognitive Anforderungen an die Probanden stellen, erbringen kollektive Gruppen, die in geringerem Maße abgelenkt sind, auch bessere Leistungen als die koaktiven Gruppen. 4.4 Zusammenfassung Die Untersuchung gelang zu dem Resultat, dass beim Lösen komplexer Probleme soziales Faulenzen auftrat und Probanden der kollektiven Gruppen ein geringeres Maß an Anstrengung aufbrachten als diejenigen der koaktiven Gruppen. Es hat sich ferner gezeigt, dass kollektive Gruppen effizienter sind und beim Lösen des komplexeren Problems sogar bessere Leistungen als die koaktiven Gruppen erbrachten. Erklären ließ sich das inverse Verhältnis von Anstrengung und Leistung durch die erhöhten Werte für die Faktoren Stress und problemirrelevante Informationsverarbeitung in der koaktiven Situation, die einen positiven Einfluss auf die Anstrengung hatten und sich gleichzeitig negativ auf die Leistung auswirkten. Die Einflüsse beider Faktoren auf die Anstrengung und die Leistung in den kollektiven Situationen waren hingegen gering. Da die Bearbeitung des komplexen Szenarios hohe Konzentration erforderte, waren die Spieler der kollektiven Gruppen, die weniger abgelenkt und gestresst waren als diejenigen der koaktiven Gruppen, eher in der Lage, trotz geringerem Aufwand bessere Leistungen zu erzielen. Es konnte demnach empirisch bestätigt werden, dass sich die Übernahme individueller Verantwortlichkeit beim Lösen komplexer Probleme negativ auf die Güte der Problemlösung auswirken kann. 70 Literatur Abrams, D. & Hogg, M. A. (Eds.) (1999). Social identity and social cognition. Oxford: Blackwell. Amabile, T. M. (1979). Effects of external evaluation on artistic creativity. In: Journal of Personality and Social Psychology, 37, 221-233. Arnscheid, R., Diehl, M. & Sroebe, W. (1997). Motivationsverluste in Gruppen: Ein empirischer Test einer theoretischen Integration. In: Zeitschrift für Sozialpsychologie, 28, 241-250. Badke-Schaub, P. (1993a). Denken und Planen als soziale Prozesse. In: S. Strohschneider &R. v. d. Weth (Eds.), Ja, mach nur einen Plan: Planen und Fehlschläge - Ursachen, Beispiele, Lösungen (pp. 51-67). Bern: Huber. Badke-Schaub, P. (1993b). Gruppen und komplexe Probleme. 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