Kurze Version

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Zusammenfassung der Ergebnisse
meiner empirischen Untersuchung zum Thema:
Motivation und Leistung in sozialen Situationen
Annette Feuchter
Einleitung ___________________________________________________________________ 2
Zur Untersuchung ____________________________________________________________ 3
Beschreibung der Experimente _________________________________________________ 5
Design ______________________________________________________________________ 6
Versuchsdurchführung________________________________________________________ 7
Ergebnisse __________________________________________________________________ 7
Zusammenfassung___________________________________________________________ 15
Literatur___________________________________________________________________ 17
Einleitung
Die meisten Aufgaben des täglichen Lebens können nur in und von Gruppen bewältigt
werden. Eine Vielzahl dieser Gruppenaufgaben sind kollektive Aufgaben, in der die individuellen Beiträge zu einem Gesamtergebnis oder einem Produkt aufaddiert werden. In
der Regierung, in zahlreichen Komitees und Kommissionen, in der Wirtschaft sowie im
Sport erleben wir stets, dass Entscheidungen getroffen und Leistungen erbracht werden,
die ein Produkt individueller Beiträge darstellen.
Es stellt sich daher die Frage, welche Faktoren die Motivation in kollektiven Aufgabensituationen sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Rein intuitiv würde man vermuten, dass das Zusammenarbeiten mit anderen die individuelle Motivation und das individuelle Leistungspotential erhöht. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass Akteure in
kollektiven Situationen häufig weniger leisten als wenn sie alleine für eine Entscheidung
oder die Herstellung eines Produktes zuständig wären. Dieser Motivationsverlust, der dadurch zustande kommt, dass Akteure gemeinsam ein Gruppenprodukt erzeugen, wird auch
als soziales Faulenzen bezeichnet.
Der Befund, dass es in kollektiven Situationen zu einem Motivationsverlust kommen
kann, leitet unmittelbar zu der Frage über, welche Situationsmerkmale dafür verantwortlich sind. Zu den zentralen situationsbezogenen Einflussfaktoren auf und für soziales
Faulenzen zählen die Nichtidentifizierbarkeit der eigenen Leistung sowie der Mangel an
Evaluations- und an Vergleichsmöglichkeiten im Hinblick auf die eigene Leistung.1
Daneben gibt es Faktoren, die primär von der Persönlichkeitsstruktur abhängen. Hierzu
zählen die Tendenz, kollektive Leistungen hoch zu bewerten sowie geschlechts- und kulturspezifische Differenzen. Frauen, so haben Studien gezeigt, faulenzen weniger als Männer und bei Personen aus östlichen Kulturkreisen tritt das Phänomen in geringerem Maße
auf als bei Personen aus westlichen Kulturkreisen.2 Von den situativen und personalen
Einflussfaktoren sind ferner jene abzugrenzen, die sich unmittelbar auf die Aufgabenstellung beziehen. Es hat sich gezeigt, dass Personen weniger faulenzen, wenn sie der Überzeugung sind, ihr Beitrag zum Gruppenprodukt sei einzigartig oder wenn sie an einer Aufgabe arbeiten, die intrinsisch motivierend ist.3 Dies gilt auch für komplexere Aufgaben, da
diese eine größere Herausforderung für die Problemlöser darstellen. Die Studien, die den
1
Vgl. hierzu Bartis, Szymanski & Harkins 1988, Davis, 1969; Geen, 1989,1991; Harkins &
Jackson, 1985; Harkins, Latané & Williams; Kerr & Bruun, 1983; Sheppert & Taylor, 1999.
2
Vgl. hierzu Earley, 1989; Hogg, 1996; Karau, 1997; Karau, 1998; Shirakashi, 1984-1985;
Wagner, 1995.
3
Vgl. hierzu Amabile 1979; Brickner, Harkins & Ostrom, 1986; Kerr & Bruun 1983; Paulus
1983; Zaccaro 1984.
2
Einflussfaktor Komplexität der Aufgaben- bzw. der Problemstellung untersucht haben,
kamen zu dem Befund, dass soziales Faulenzen in solchen Situationen nur in geringem
Maße auftritt.4
Es liegen daneben auch Ergebnisse darüber vor, dass soziales Faulenzen sich positiv auf
das Lösen komplexer Aufgaben auswirkt und Gruppen, die sich weniger anstrengen, sogar
bessere Leistungen erzielen.5 Damit dieser inverse Effekt überhaupt auftreten kann, ist
aber vorauszusetzen, dass es soziales Faulenzen auch beim Lösen solcher komplexer Aufgaben gibt. Die Richtigkeit dieses Befundes soll in der Dissertation überprüft werden.
Lässt sich dieser Befund auch für das Lösen von komplexen Problemen replizieren, so
hätte dies auch Konsequenzen für die negative Bewertung, die mit dem sozialen Faulenzen verknüpft ist. Soziales Faulenzen wird nach wie vor meist unter der Perspektive
betrachtet, es sei eine soziale Krankheit, die negative Konsequenzen für die Individuen,
für soziale Institutionen sowie für die Gesellschaft habe. Die negativen Konsequenzen
ergäben sich v.a. dadurch, dass Individuen aufgrund der mangelnden Verantwortlichkeit
ihr Anstrengungspotential herabsetzten, wenn ihre Beiträge nicht mehr individuell zurechenbar seien. Dies wird in der Literatur häufig dadurch erklärt, dass das Erregungspotential der beteiligten Akteure vermindert werde und diese deshalb ihre potentielle Leistungsfähigkeit nicht ausschöpften.6
Zur Untersuchung
Die eigene Untersuchung hat gezeigt, dass es auch in komplexen Problemlösesituationen
zu Motivationsverlusten kam und sich dies positiv auf die Güte der Problemlösung auswirkte. Im Gegensatz zu den vorliegenden Studien in diesem Bereich, wo meist einfachere
Aufgabenstellungen eingesetzt wurden, legte ich meiner Untersuchung ein komplexes
Problem zugrunde. Dies stellt eine wesentliche Ergänzung der bisherigen Forschung im
Bereich der Sozialpsychologie dar. Im Vergleich zu Aufgaben, für deren Bewältigung den
Problemlösern die Methoden bekannt sind, besteht bei Problemen eine Spannung zwischen einem Ist- und einem Sollzustand.7 Die Transformation vom Ist- in den Sollzustand
stellt für die Problemlöser eine Barriere dar, die sie mit Hilfe erst zu entwickelnder
Methoden überwinden müssen.
4
Vgl. hierzu Bartis, Szymanski & Harkins, 1988; Griffith, Fichman & Moreland, 1989; Harkins &
Petty, 1982.
5
Vgl. hierzu Jackson & Williams, 1985.
6
Vgl. hierzu Davis 1969; Geen 1991.
7
Vgl. hiezu Dörner, 1976; Hussy, 1984.
3
Das Anliegen meiner Untersuchung besteht darin, die Forschungslücke zwischen der
sozialpsychologischen Motivationsforschung und dem komplexen Problemlösen in sozialen Situationen zu schließen. Die Überprüfung sozialpsychologischer Modelle im Bereich
komplexes Problemlösen hat zahlreiche Vorteile. Drei Punkte möchte ich hierzu anführen:
In bisherigen Untersuchungen ist erstens die Bestimmung dessen, was einfache, schwierige oder komplexe Aufgabenstellungen sind, eher willkürlich. In meiner Untersuchung
konnte ich an Hand von Dörners Taxonomie für komplexe Probleme Kriterien zur
Bestimmung dessen ausmachen, was die Komplexität des Problems auszeichnet und worin
die Variation der Komplexität liegt. Nach Dörner weisen komplexe Probleme bzw. komplexe Systeme folgende Merkmale auf: (1) Komplexität, (2) Vernetztheit, (3) Eigendynamik, (4) Intransparenz und (5) Polytelie.8
Ein Problem ist (1) komplex, wenn es aus vielen unterschiedlichen Variablen besteht, die
die Problemlöser überschauen müssen. Dies erfordert eine gezielte Informationsreduktion.
Aufgrund (2) der Vernetztheit der Variablen ist es erforderlich, die wechselseitige Abhängigkeit der beteiligten Variablen zu berücksichtigen. Ein komplexes Problem weist ferner
(3) eine Eigendynamik auf, d.h. das Problem verändert sich auch ohne Zutun der Problemlöser. Diese Eigendynamik führt dazu, dass häufig rasche Entscheidungen getroffen
werden müssen und nur begrenzte Zeit zum Nachdenken zur Verfügung steht. Ferner
zeichnet sich ein komplexes Problem (4) durch Intransparenz aus. Entscheidungen müssen
deshalb unter Unsicherheit getroffen werden, da nicht alle Informationen zur Verfügung
stehen. Als weiteres Kriterium ist (5) die Polytelie zu nennen, die besagt, dass mehrere
Kriterien gleichzeitig optimiert werden müssen, diese aber auch im Widerspruch zueinander stehen können. Dies erfordert eine differenzierte Zielstrukturierung sowie eine
mehrdimensionale Informationsbewertung seitens der Problemlöser.
Zweitens besteht der Neuigkeitswert für die sozialpsychologische Forschung darin, dass
die Probanden über einen längeren Zeitraum hinweg die Problemstellung bearbeitet haben.
Dies - so meine These - erhöht die ökologische Validität, da auch in real life Situationen
Personen über einen längeren Zeitraum hinweg mit Problemlösungen befasst sind.
Drittens konnte im Gegensatz zu früheren Untersuchungen sowohl ein Maßstab für die
Anstrengung (Effort) als auch für die Leistung (Performance) festgelegt werden.
Die Untersuchung integriert sowohl sozialpsychologische als auch kognitionspsychologische Fragestellungen, daher stellt sich auch die Frage nach dem Nutzen für die Forschung
im Bereich Komplexes Problemlösen. Die Forschung zum Komplexen Problemlösen konzentrierte sich bisher weitestgehend auf kognitive Aspekte des Problemlöseprozesses. In
zahlreichen Studien, sei es in der Grundlagenforschung oder in der Eignungsdiagnostik,
bearbeiteten die Probanden meist individuell computersimulierte Szenarien. Situative und
8
Vgl. hierzu Dörner et al. 1983; Frensch & Funke 1995; Funke 1999.
4
soziale Einflüsse auf die Problemlösefähigkeit wurden bisher zu wenig berücksichtigt.9 Da
meine Untersuchung gezeigt hat, dass unterschiedliche soziale Situationen die Problemlösefähigkeit der Probanden sowohl negativ als auch positiv beeinflussen können, sollten
diese Dimensionen in zukünftigen Forschungen in stärkerem Maße Berücksichtigung finden. Des weiteren hat sich herausgestellt, dass sich erhöhter Leistungsdruck und erhöhte
individuelle Verantwortlichkeit in koaktiven Situationen negativ auf die Entscheidungsfindung sowie auf die Problemlösung in komplexen realitätsnahen Situationen auswirkten.
Deshalb sehe ich auch darin eine Herausforderung für den Bereich Komplexes Problemlösen.
Beschreibung der Experimente
In zwei Experimenten wurde der Einfluss sozialer Situationen und Komplexitätsniveaus
der Problemstellung auf die Anstrengung und Leistung von Probanden, die in Dreiergruppen das computersimulierte Szenario Networked Fire Chief Szenario bearbeitet haben,
untersucht.10 Die Experimente unterschieden sich dadurch, dass im ersten Experiment eine
eher additive Problemlösung und im zweiten eine eher kompensatorische Problemlösung
zugrundegelegt wurde. Im ersten Experiment war die Problemlösung isoliert, da die
Probanden lediglich auf einem Feld die Feuer bekämpfen konnten. Ihr Beitrag zur kollektiven Leistung war deshalb auch begrenzt. Diese Beschränkung auf ein Feld wurde im
zweiten Experiment dahingehend modifiziert, dass die Probanden auch in den benachbarten Gebieten die Feuer bekämpfen konnten. Im zweiten Experiment war die Problemstellung aufgrund der wechselseitigen sozialen Abhängigkeit vernetzt. In dieser realitätsnäheren Situation konnten die schwächeren Leistungen von Spielern durch das Engagement
anderer Spieler kompensiert werden. Dieser Veränderung verdankt sich auch, dass den
Erwartungserwartungen eine zentrale Bedeutung zukommt, die auf der Ebene der sozialen
Situation gegenüber dem ersten Experiment zu einer Komplexitätssteigerung führt.11
Die experimentelle Manipulation erfolgte durch die Aufgabenstellung für die Probanden
der jeweiligen Gruppen. Den Probanden der Realgruppen (kollektiven Gruppen) wurde
bereits bei der Einführung in das Programm mitgeteilt, dass ihr individueller Beitrag zur
Problemlösung nicht identifiziert werden könne und es lediglich darum gehe, eine hohe
9
Die Studien zum Komplexen Problemlösen in Gruppen befassten sich bisher überwiegend mit
dem Vergleich von individuellen und kollektiven Problemlöseprozessen. Der Einfluss
unterschiedlicher sozialer Situationen auf die individuelle Problemlösefähigkeit war bislang noch
nicht Gegenstand empirischer Untersuchungen. Vgl. hierzu Badke-Schaub 1993a; 1993b;
Berkowitz & Szabo 1978, Boos et al., 1990; Boos & Scharpf, 1990; Endres, 1994; Hesse, Spies &
Lüer, 1983; Köller, Dauenheimer & Strauß 1993.
10
Vgl. hierzu Omodei & Wearing 1993, 1995b; Omodei et al., 1998.
11
Vgl. hierzu Parsons, 1951.
5
kollektive Leistung zu erzielen. Aufgabe der Probanden war es, die Feuer in der Dreiergruppe so gut wie möglich zu bekämpfen. Den Probanden der Nominalgruppen (koaktiven
Gruppen) wurde hingegen mitgeteilt, dass das Programm die individuellen Leistungen der
einzelnen Spieler aufzeichnet und es darum gehe, eine möglichst hohe individuelle Leistung zu erzielen.
Die Manipulation der Komplexität des Problems erfolgt durch den Einsatz einer weiteren
Ressource, die zur Bekämpfung der Feuer notwendig ist. Das Hinzufügen einer weiteren
Ressource erhöht die Vernetztheit der Variablen, die Komplexität des Problems, die
Intransparenz sowie die Polytelie.
Design
Der Einfluss der unabhängigen Variablen Arbeitsbedingung und Komplexitätsniveau der
Problemstellung auf die Anstrengung (Effort) und die Leistung (Performance) wurde in
beiden Experimenten erhoben. Hierfür wurden die Anstrengungs- sowie die Leistungswerte der Gruppen koaktiver und kollektiver Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der
Probanden sowie der Gruppen als unabhängiger Untersuchungseinheiten verglichen. Die
Einflüsse der vier Treatmentbedingungen auf die Anstrengung und Leistung der Probanden konnten damit auch auf der Gruppenebene überprüft werden. Diese zweite Analyse
war deshalb erforderlich, weil sich die Gruppenmitglieder wechselseitig beeinflussen können und die Anstrengungen und Leistungen nicht unabhängig von der jeweiligen Gruppensituation sind.
Die Berechnung des Verhältnisses der beiden abhängigen Variablen Leistung und Effort
ermöglichte es, Effizienzkoeffizienten für die vier experimentellen Bedingungen zu
ermitteln. Diese erlauben Aussagen darüber, unter welchen der vier Treatmentbedingungen die Probanden am effizientesten das Problem bearbeitet haben.
Die Operationalisierung für den Effort erfolgte über die Anzahl der Commands, die die
Probanden während der Steuerung der Simulation abgegeben haben. Sie ist insofern ein
geeignetes Effortmaß, da die Commands Aufschluss über das Eingriffsverhalten der Probanden auf dem Spielfeld geben. Im zweiten Experiment wurde der Effort durch die
Selbsteinschätzung hinsichtlich der individuellen Anstrengung kontrolliert. Neben den
Commands, die für die einzelnen Probanden aufgezeichnet wurden, errechnet das Programm sowohl eine Gesamtleistung als auch Leistungen für die jeweiligen Flächen und
damit auch für die einzelnen Spieler.
Des weiteren wurden in den Fragebögen Items zu den intervenierenden Variablen Stress,
Arousal (Erregung), wahrgenommene Instrumentalität (perceived instrumentality), Rele-
6
vanz der Problemstellung (outcome valence) sowie zur problemirrelevanten Informationsverarbeitung erhoben.
Versuchsdurchführung
Die Versuchsdurchführung erfolgte in drei Abschnitten: einer Einführung, einer Trainings- und einer Versuchsphase. Die Teilnehmerinnen wurden zunächst mit Hilfe einer
Demoversion in das Programm eingeführt. Bei dieser Einführung wurde den Probanden
kollektiver Gruppen mitgeteilt, dass es um die Gruppenleistung gehe und das Programm
die Leistung für die gesamte Fläche berechne, wohingegen den Teilnehmerinnen koaktiver
Gruppen mitgeteilt wurde, dass das Programm die Leistungen der drei Flächen getrennt
aufzeichne und die Aufgabe darin besteht, eine möglichst hohe individuelle Leistung zu
erzielen.
Nach der Einführung fanden drei Probedurchläufe statt. Diese dienten einerseits dazu, die
Probanden aktiv mit dem Programm vertraut zu machen. Andererseits wurden auf der
Grundlage der Leistungen in den Trainingsdurchgängen die individuellen Leistungsvoraussetzungen der Probanden erhoben. Damit konnte der Einfluss der Leistungsvoraussetzungen auf die Leistungen in den Versuchsdurchgängen experimentell kontrolliert werden.
Im Anschluss an die Trainingsdurchgänge erfolgten drei Versuchsdurchgänge. Die wiederholte Bearbeitung des Szenarios diente einerseits der Kontrolle flächenabhängiger
Leistungsunterschiede und andererseits dazu, die Spieler über einen längeren Zeitraum
hinweg das Problem bearbeiten zu lassen. Die Durchführung iterierter Spiele erlaubte es,
das Auftreten von Lerneffekten zu kontrollieren.
Ergebnisse
In den Experimenten wurde zunächst überprüft, ob es zu Motivationsverlusten im Sinne
einer verminderten Anstrengung bei den Probanden kollektiver Gruppen kam und wie sich
diese verminderte Anstrengung in den einfachen sowie in den komplexen Problemstellungen auf die Güte der Leistung auswirkte. Hierfür wurde die H1 formuliert:
H1.1: Beim Problemlösen ist die Anstrengung der Probanden in der koaktiven Arbeitsbedingung insgesamt höher als in der kollektiven Arbeitsbedingung.
H1.2: Die höhere Anstrengung in der koaktiven Arbeitsbedingung (E1) führt beim Lösen
des einfacheren Problems zu besseren Leistungen (P) gegenüber der geringeren Anstrengung in der kollektiven Arbeitsbedingung (E2).
Für einfache Probleme gilt: E1 > E2  P1 > P2
7
H1.3: Die höhere Anstrengung in der koaktiven Arbeitsbedingung (E1) führt beim Lösen
des komplexen Problems zu schlechteren Leistungen (P) gegenüber der geringeren
Anstrengung in der kollektiven Arbeitsbedingung (E2).
Für komplexe Probleme gilt: E1 > E2  P1 < P2
Die H1.1. konnte in beiden Experimenten bestätigt werden. Es hat sich gezeigt, dass die
Manipulation der Situationsdefinition das Eingriffsverhalten der Probanden stark beeinflusst hat.
Im ersten Experiment wurden in der koaktiven Situation (M=111,70, SD=19,38) signifikant mehr Commands abgegeben als in der kollektiven Situation, M=99,86, SD=14,77,
F(1,56)=7,61, p<0.01. Auch im zweiten Experiment ist die Anstrengung in der koaktiven
Situation (M=107,84, SD=12,26) signifikant höher als in der kollektiven Situation,
M=100,34, SD=14,31; F(1,56)=4,81, p<0,05.
Tab.1: Anstrengung (Experiment 1)
Einfache
Problemstellung
M
N
SD
Komplexe
Problemstellung
M
N
SD
MGesamt
N
Koaktive Gruppen
Kollektive Gruppen
MGesamt
115,73
15
17,44
106,29
15
10,98
222
30
107,67
15
20,94
93,42
15
15,58
201
30
223,4
30
199,7
30
Im ersten Experiment findet sich dieser signifikante Unterschied zwischen den Gruppen
unterschiedlicher Arbeitsbedingungen v.a. bei der komplexen Problemlösesituation (vgl.
Tab.1). Hier erbrachten die Probanden in der koaktiven Arbeitsbedingung (M=107,67,
SD=20,94) signifikant mehr Commands als die Probanden in der Vergleichsgruppe
(M=93,42, SD=15,58), F(1,28)=4,466, p<0.05.
Für die einfache Problemstellung ist die Differenz zwischen der Anzahl an Commands in
der koaktiven Gruppe (M=115,73, SD=17,44) und der kollektiven Gruppe (M=106,29,
SD=10,98) hingegen gering, F(1,28)=3,15, n.s.
Auch im zweiten Experiment finden wir in der komplexen Problemstellung einen signifikanten Unterschied zwischen koaktiven und kollektiven Arbeitsbedingungen (vgl. Tab.2).
8
Probanden koaktiver Gruppen (M=105,84, SD=11,18) erbrachten signifikant mehr Commands als diejenigen kollektiver Gruppen (M=96,84, SD=7,92), F(1,28)=6,473, p<0,05.
Für die einfache Problemstellung unterscheidet sich die Anzahl an Commands in der
koaktiven (M=109,84, SD=13,34) und der kollektiven Arbeitsbedingung (M=103,84,
SD=18,31) hingegen nicht signifikant voneinander, F(1,28)=1,052, n.s.
Tab.2: Anstrengung (Experiment 2)
Einfache
Problemstellung
M
N
SD
Komplexe
Problemstellung
M
N
SD
Mgesamt
N
Koaktive Gruppen
Kollektive Gruppen
Mgesamt
109,84
15
13,34
103,84
15
18,31
213,68
30
105,84
15
11,18
96,84
15
7,92
202,68
30
215,68
30
200,68
30
Im Hinblick auf die Leistung finden wir für das erste Experiment einen signifikanten
Unterschied zwischen den Leistungen koaktiver (M=72,2, SD=5,52) und kollektiver
Arbeitsbedingungen (M=77,22, SD=4,72) in der komplexen Problemstellung,
F(1,28)=7,172, p<0,02 (vgl. Tab.3).
Tab.3: Leistung (Experiment 1)
Einfache
Problemstellung
M
N
SD
Komplexe
Problemstellung
M
N
SD
MGesamt
N
Koaktive Gruppen
Kollektive Gruppen
Mgesamt
88,36
15
4,55
87,02
15
4,99
175,4
30
72,2
15
5,52
77,22
15
4,72
149,4
30
160,6
30
164,2
30
9
Für die einfache Problemstellung ergibt sich hingegen nahezu keine Leistungsdifferenz
zwischen der koaktiven (M=88,36, SD=4,55) und der kollektiven Situation (M=87,02,
SD=4,99, F(1,28)=0,585, n.s.).
Im zweiten Experiment können die individuellen Leistungen den einzelnen Spielern zwar
nicht mehr zugerechnet werden, da die Durchschnittswerte der flächenabhängigen Leistungen aber mit der Gruppenleistung identisch sind, kann man trotz nicht individuell zurechenbarer Leistungen Rückschlüsse darauf ziehen, ob unter koaktiven oder unter kollektiven Arbeitsbedingungen bessere Leistungen erbracht wurden.
Tab.4: Leistung (Experiment 2)
Einfache
Problemstellung
M
N
SD
Komplexe
Problemstellung
M
N
SD
Mgesamt
N
Koaktive Gruppen
Kollektive Gruppen
Mgesamt
86,42
15
4,02
88,64
15
4,34
175,06
30
72,11
15
5,78
76,27
15
6,2
148,38
30
158,53
30
165,34
30
Für beide Komplexitätsniveaus finden wir eine höhere Leistung in der kollektiven als in
der koaktiven Situation (vgl. Tab.4). Der Unterschied zwischen koaktiven (M=86,42,
SD=4,02) und kollektiven Arbeitsbedingungen (M=88,64, SD=4,34) ist in der einfacheren
Problemsituation nicht signifikant, F(1,28)=2,117, n.s. In der komplexeren Problemsituation finden wir hingegen einen deutlicheren Unterschied zwischen koaktiven (M=72,11,
SD=5,52) und kollektiven Gruppen, M=76,27, SD=6,2, F(1,28)=3,407, p<0,07.
Für den Test der Hypothesen bedeutet dies, dass die H1.1. in den Experimenten über
beide Komplexitätsniveaus hinweg bestätigt werden konnte. Unter koaktiven Arbeitsbedingungen wurden signifikant mehr Commands abgegeben als unter kollektiven Arbeitsbedingungen.
Die H1.2 konnte hingegen nur im ersten Experiment bestätigt werden, da hier die Leistungen koaktiver Gruppen besser waren als diejenigen der Vergleichsgruppen. Im zweiten
Experiment trat bereits in der einfachen Problemstellung der inverse Effekt von Leistung
und Anstrengung ein. Eine Erklärung für diese Abweichung besteht darin, dass sich in
10
diesem Experiment aufgrund der Interaktionsmöglichkeiten die Definition der Situation
verändert hat und die Spieler die Erwartungserwartungen in ihr Handeln einplanen mussten. Diese Komplexitätssteigerung in der sozialen Situation könnte dazu beigetragen
haben, dass der inverse Effekt von Anstrengung und Leistung bereits in der einfacheren
Problemstellung auftrat.
Die H1.3. konnte wiederum für beide Experimente bestätigt werden. Die Leistungen in
den kollektiven Arbeitsbedingungen waren in der komplexeren Problemsituation in beiden
Experimenten höher als diejenigen der Vergleichsgruppen.
Nachdem der inverse Zusammenhang zwischen Anstrengung und Leistung bestätigt werden konnte, soll in einem nächsten Schritt erklärt werden, weshalb in koaktiven und kollektiven Arbeitsbedingungen unterschiedliche Anstrengungsniveaus auftraten. Eine Erklärung bietet das auf der Basis einer Meta-Analyse entwickelte Collective Effort Model
(CEM) welches Karau & Williams (1993) in den 90er Jahren vorgelegt haben. Dieses
Modell beruht auf wert-erwartungstheoretischen Annahmen im Sinne einer klassischen
SEU-Theorie und geht von der subjektiven Repräsentation des Zusammenhangs von
Anstrengung und Leistung aus (Esser, 1999).
Auf der Grundlage dieser Theorie stellt die Motivation eine Funktion zweier Faktoren
dar:
1. der erwarteten Instrumentalität der Mittel (perceived instrumentality), die besagt, dass
hohe Anstrengung auch zu hohen Leistungen führt, und
2. der Bewertung der Ergebnisse (outcome valence), der zufolge diese Ergebnisse auch
als wünschenswert betrachtet werden.
In kollektiven Situationen, so Karaus & Williams' These, sei die Instrumentalität der
Mittel geringer als in koaktiven Situationen, da die mit dem Aufwand verbundenen
Resultate in kollektiven Situationen nicht unmittelbar gegeben sind, sondern über die
Gruppe vermittelt werden. In koaktiven Situationen sind die Ziele unmittelbar an die
eigene Leistung rückgebunden, weshalb diese von den Akteuren auch höher bewertet werden als in kollektiven Situationen. Dies erklärt, warum die Anstrengung in den koaktiven
Situationen höher als in den kollektiven Situationen ist. Zur Überprüfung dieser Annahme
wurde folgende Hypothese formuliert:
H2: Die höhere Anstrengung in koaktiven Gruppen lässt sich auf die höhere Instrumentalität der Mittel im Vergleich zu den kollektiven Gruppen zurückführen.
In beiden Experimenten finden wir in der einfachen Problemstellung entgegen den theoretischen Erwartungen des CEMs für die perceived instrumentality (als Faktor der beiden
Items "wie gut das Feuer gelöscht wurde" und "ob sie sich für eine gute Feuerlöscherin
bzw. einen guten Feuerlöscher halten") identische und für die outcome valence (als Faktor
11
der beiden Items "wie interessant" und "wie wichtig" die Problemlösung jeweils war)
höhere Werte in den kollektiven im Vergleich zu den koaktiven Gruppen.
Betrachtet man den Einfluss, den die beiden Faktoren auf die Commands haben, so finden wir in beiden Experimenten einen starken positiven Zusammenhang zwischen der
perceived instrumentality und den Commands in den koaktiven Situationen, wohingegen
das in der kollektiven Situation nicht gilt. Daher lässt sich die höhere Anstrengung in
koaktiven Arbeitsbedingungen auf die höhere Instrumentalität der Mittel zurückführen.
Für die komplexe Problemstellung zeigt sich in beiden Experimenten, dass unter den
koaktiven Arbeitsbedingungen sowohl die perceived instrumentality als auch die outcome
valence erwartungsgemäß höhere Werte aufweisen als unter den kollektiven Bedingungen,
was auf die Richtigkeit der theoretischen Annahmen des CEMs verweist und eine Akzeptanz der H2 erlaubt. Die Berechnung des Zusammenhang zwischen dem Faktor outcome
valence und der Anzahl an Commands zeigt, dass es für die koaktive Situation einen positiven Zusammenhang gibt. Auf der Grundlage der Ergebnisse kann die höhere Anzahl an
Commands in den koaktiven Gruppen auf die höhere Instrumentalität sowie auf die höhere
Bewertung der Problemstellung zurückgeführt werden.
In beiden Experimenten lassen sich die signifikanten Unterschiede zwischen den Effortwerten auf die höhere perceived instrumentality sowie auf die höhere outcome valence
zurückführen. Dies berechtigt zu der Aussage, dass das theoretische Modell durch die
Ergebnisse empirisch bestätigt werden konnte und insofern für die Erklärung des Motivationsverlustes tauglich ist.
Nachdem sich die Überprüfung der zweiten Hypothese mit dem Auftreten des Motivationsverlustes in kollektiven Arbeitsbedingungen befasst hat, behandelt der folgende
Abschnitt das inverse Verhältnis von Anstrengung und Leistung.
Auf der Grundlage eines weiteren Modells, dem Cognitive-Motivational Model12 (CMM)
soll erklärt werden, weshalb in Problemstellungen mit geringer Komplexität höhere
Anstrengung zu besseren Leistungen und in Problemstellungen mit höherer Komplexität
niedrigere Anstrengung zu besseren Leistungen führt. Folgende Annahmen liegen dem
Modell zugrunde:
1. Die Anwesenheit anderer beeinflusst die sozialen Konsequenzen für die Personen.
2. Diese sozialen Konsequenzen beeinflussen sowohl die individuelle Motivation (arousal
und effort) als auch die Kognition (task irrelevant information processing).
3. Die Leistung ist eine Funktion dieser motivationalen und kognitiven Faktoren.
Das CMM geht davon aus, dass negative Konsequenzen zur Vermeidung negativer
Ergebnisse führen und positive Konsequenzen das Erlangen positiver Güter begünstigen.
Negative Konsequenzen wie Angst wirken sich positiv auf die Erregung (Arousal), auf die
12
Vgl. hierzu Griffith, Fichman & Moreland 1989; Karau & Williams 1993; Paulus, 1983.
12
Anstrengung (Effort) sowie auf die problemirrelevante Informationsverarbeitung aus. Die
negativen Konsequenzen ergeben sich aufgrund der Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit
denjenigen anderer Mitspieler. Da die Vergleichbarkeit in kollektiven Situationen gegenüber jener in koaktiven Situationen gering ist, sind koaktive Situationen solche Situationen
mit hohen negativen Konsequenzen. Hingegen sind kollektive Situationen solche Situationen mit geringen negativen Konsequenzen, weil die individuellen Leistungen nicht individuell zurechenbar sind, sondern über das Gruppenprodukt vermittelt werden. Die geringen
negativen Konsequenzen wirken sich schließlich negativ auf die Anstrengung (Effort), auf
die Erregung (Arousal) sowie auf die irrelevante Informationsverarbeitung aus. Alle drei
Werte sind deshalb in kollektiven Gruppen geringer als in koaktiven Gruppen.
Zur Überprüfung des Modells wurde die H3 formuliert, die besagt, dass in der koaktiven
Situation die negativen Konsequenzen und somit die problemirrelevante Informationsverarbeitung höher sind und sich dies bei Problemen mit geringer Komplexität nicht bzw.
positiv und bei Problemen mit hoher Komplexität negativ auf die Güte der Problemlösung
auswirken wird.
H3.1: Die problemirrelevante Informationsverarbeitung ist unter koaktiven Arbeitsbedingungen höher als unter kollektiven Arbeitsbedingungen.
H3.2: Beim Lösen einfacher Probleme wird die Leistung in der koaktiven Situation nicht
negativ durch die irrelevante Informationsverarbeitung beeinträchtigt, da sie durch die
erhöhte Anstrengung kompensiert werden kann.
H3.3: Beim Lösen komplexer Probleme wird die Leistung in der koaktiven Situation
negativ durch die problemirrelevante Informationsverarbeitung beeinflusst und kann
nicht durch die Anstrengung kompensiert werden.
In komplexeren Problemsituationen sind der H3.2 sowie der H3.3 entsprechend die
Leistungen der kollektiven Gruppen, die sich in geringerem Maße anstrengen als die
koaktiven Gruppen besser, weil in diesem Falle die geringere Anstrengung durch die
Verminderung der problemirrelevanten Informationsverarbeitung kompensiert werden
kann.
Betrachtet man die Ergebnisse, so konnte in beiden Experimenten bestätigt werden, dass
die irrelevante Informationsverarbeitung in den koaktiven Situationen höher als in den
kollektiven Situationen war. Für die einfache Problemstellung wird auf der Grundlage der
H3.2 erwartet, dass die höhere irrelevante Informationsverarbeitung in der koaktiven
Gruppe keinen negativen Einfluss auf die Leistung haben wird. Dies konnte in beiden
Experimenten bestätigt werden.
13
Für die komplexere Problemstellung konnte hingegen für beide Experimente gezeigt
werden, dass sich die höhere irrelevante Informationsverarbeitung im ersten Experiment
signifikant und im zweiten Experiment ebenfalls sehr deutlich auf die Anstrengung und
negativ auf die Leistung auswirkte.
Damit lassen sich die höheren Leistungen kollektiver Gruppen beim Lösen komplexer
Probleme darauf zurückführen, dass deren Bearbeitung höhere kognitive Anforderungen
stellen, was sich der größeren Vernetztheit der Variablen sowie der erhöhten Polytelie
verdankt. Wie sich gezeigt hat, konnten koaktive Gruppen diesen Anforderungen in geringerem Maße nachkommen, da sie zu stark von dem Problem abgelenkt waren und sich
weniger auf die Lösung des Problems konzentrierten als kollektive Gruppen. Auch aus
diesem Grunde war es den kollektiven Gruppen möglich, mit geringerem Aufwand eine
bessere Leistung zu erbringen als den Vergleichsgruppen. Die erhöhte irrelevante Informationsverarbeitung stellt daher eine Erklärung bereit, weshalb kollektive Gruppen trotz
geringerer Anstrengung bessere Ergebnisse erzielten als koaktive Gruppen.
In der Untersuchung konnte ergänzend zu der problemirrelevanten Informationsverarbeitung für den Faktor Stress ein negativer Einfluss auf die Leistung beim Lösen komplexer Probleme ausgemacht werden. Da das Bearbeiten komplexer Szenarien hohe Anforderungen an die Problemlöser stellt, die Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden
müssen und nicht systematisch planbar sind, kann sich der dadurch erzeugte Stress negativ
auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Dies belegen zahlreiche Ergebnisse der Forschung
aus dem Bereich Entscheidungsfindung in natürlichen Umgebungen (naturalistic decision
making).13 Stress führt, so haben diese Studien gezeigt, zu physiologischen Veränderungen, zu emotionalen Veränderungen wie Angst und Frustration, zu kognitiven Veränderungen, die den Problemhorizont einschränken, sowie zu Veränderungen im Sozialverhalten (Driskell & Johnston, 1998). Aus diesem Grunde ist zu erwarten, dass koaktive Gruppen, die insgesamt schlechtere Leistungen erbrachten als kollektive Gruppen, in stärkerem
Maße gestresst waren als die Vergleichsgruppen. Erwartungsgemäß waren die Stresswerte, die in der Stress-Arousal-Skala14 erfasst wurden, in der koaktiven Situation höher
als in der kollektiven Situation. Betrachtet man den Zusammenhang zwischen dem Faktor
Stress und dem Faktor problemirrelevante Informationsverarbeitung, so lässt sich für die
koaktive Situation zudem ein stärkerer Zusammenhang als für die Vergleichsgruppen
ermitteln.
13
Einschlägige Forschungen hierzu wurden vorgelegt von Brehmer 1992; Brehmer & Allard 1991;
Brehmer & Svenmark, 1994; Klein et al., 1993; Leplat 1991; Omodei & Wearing 1993, 1995a,
1995b, Omodei et al., 1998, Orasanu & Connolly 1993a; 1993b; Rasmussen 1991; Rasmussen,
Brehmer & Leplat 1991; Rasmussen, Pejtersen & Goodstein 1994.
14
Für beide Faktoren stellt die zugrundeliegende Adjektivliste ein valides Verfahren dar (vgl. Cox
& Mackay, 1995; King, Burrows & Stanley, 1983). Diese Liste wurde zudem bereits im Bereich
Entscheidungsfindung in natürlichen komplexen Umgebungen (decision making in complex
dynamic settings) eingesetzt (Omodei & Wearing 1995a).
14
Insgesamt lässt sich auf der Grundlage dieser Analyse zeigen, dass sich der Faktor Stress
negativ auf die Leistungsfähigkeit und positiv auf die Anstrengung auswirkt. Neben der
irrelevanten Informationsverarbeitung stellt der Stressfaktor eine weitere Erklärung für das
inverse Verhältnis von Leitung und Anstrengung bereit.
Zusammenfassung
Die Untersuchung gelang zu dem Resultat, dass beim Lösen komplexer Probleme soziales Faulenzen auftrat und Probanden der kollektiven Gruppen ein geringeres Maß an
Anstrengung aufbrachten als diejenigen der koaktiven Gruppen. Es hat sich ferner gezeigt,
dass kollektive Gruppen effizienter sind und beim Lösen des komplexeren Problems sogar
bessere Leistungen als die koaktiven Gruppen erbrachten. Erklären ließ sich das inverse
Verhältnis von Anstrengung und Leistung durch die erhöhten Werte für die Faktoren
Stress und problemirrelevante Informationsverarbeitung in der koaktiven Situation, die
einen positiven Einfluss auf die Anstrengung hatten und sich gleichzeitig negativ auf die
Leistung auswirkten. Die Einflüsse beider Faktoren auf die Anstrengung und die Leistung
in den kollektiven Situationen waren hingegen gering. Da die Bearbeitung des komplexen
Szenarios hohe Konzentration erforderte, waren die Spieler der kollektiven Gruppen, die
weniger abgelenkt und gestresst waren als diejenigen der koaktiven Gruppen, eher in der
Lage, trotz geringerem Aufwand bessere Leistungen zu erzielen.
Es konnte demnach empirisch bestätigt werden, dass sich die Übernahme individueller
Verantwortlichkeit beim Lösen komplexer Probleme negativ auf die Güte der Problemlösung auswirken kann.
15
16
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