Von neuer Religiosität zu politischer Gewalt Religiöse Ursachen für islamische Radikalisierung in Westeuropa Daniela Ioana Pisoiu University of St Andrews Ringvorlesung Fundamentalismus und Terrorismus Zur Geschichte und Gegenwart radikalisierter Religion 16 Januar 2008 Inhalt 1) Artikel im Sammelband Neue Islamische Islamische Religiosität Radikalisierung 2) Was ist Radikalisierung 3) Fragen und Kritiken David Courtailler Djamel Beghal Nizar Trabelsi Omar Sharif Asif Muhammad Hanif Mohamed Siddique Khan Shehzad Tanweer Ahmed Omar Saeed Sheikh Germaine Lindsay Hassib Hussain Muriel Degauque Definitionen Radikalisierung - Prozess der schrittweise ideologischen Hinwendung zu Terrorismus und Involvierung darin Neue Religiosität Dogmas Wiederentwicklung einer religiösen Gesellschaft persönliche Suche nach einem unmittelbaren zugänglichen Wissen fundamentalistische Auslegung des Gesetzes Kernargument Religiosität politische Fakt. Radikalisierung ökon. Fakt. kulturelle Fakt. Ideologie Motivation Ursachen I. Ideologie die Rückkehr zu den ursprünglichen islamischen Texten und die Wiedererrichtung einer Gemeinschaft, wie sie zur Zeit des Propheten bestanden hat die individuelle Pflicht zum Dschihad gegen den Westen das Verständnis von Selbstmordattentaten als Märtyrertum I. Ideologie die Rückkehr zu den ursprünglichen islamischen Texten und zur Gemeinschaft in der Zeit des Propheten Ibn Taymiyya (1268 – 1328) Muhammad ibn Abd al-Wahhab (1703 – 1791) Hasan al-Banna (1906 – 1949) und Mawlana Mawdudi (1903 – 1979) I. Ideologie „Sind aber die heiligen Monate, in welchen jeder Kampf verboten ist, verflossen, dann tötet die Götzendiener, wo ihr sie auch finden mögt; oder nehmt sie gefangen oder belagert sie und lauert ihnen auf allen Wegen auf.” (9:5) „Es gibt keinen Zwang im Glauben“ (2:256) I. Ideologie „Osama bin Laden ist einer der Hauptgelehrten des Dschihad und gleichzeitig der Oberbefehlshaber der Mujaheddin auf der ganzen Welt. Er kämpfte viele Jahre gegen die Kommunisten in Afghanistan und ist einer der Anführer im Kampf gegen den amerikanischen Imperialismus.“ Ibn ul-Khattab Mohammed Siddique Khan Kosten Medien Selbstmordattentate Spuren Ideologie Schaden I. Ideologie “die Wichtigkeit, sich auf Märtyrereinsätze zu konzentrieren, da diese die erfolgreichste Methode sind, dem Gegner Schaden zuzufügen und in Bezug auf eigene Opfer die am wenigsten kostspielige für die Mudschahidin“ Ayman al-Zawahiri II. Motivation Ins Paradies eingehen? Selbstopfer Heilige Krieger „Wir sind im Krieg und ich bin ein Soldat. Jetzt werdet auch ihr die Realität dieser Situation erfahren.“ Videobotschaft MSK II. Motivation Soziale und emotionale Belohnung Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft „Ich habe niemanden in Brighton gekannt. Es gab dort viele Franzosen, die in Hotels gearbeitet haben. Das habe ich auch gemacht. Meinen ersten Kontakt mit Islam hatte ich mit einem alten pakistanischen Muslim. Ich habe ihm gesagt, dass ich unglücklich war, dass ich mit den Drogen aufhören wollte. Er hat mich moralisch unterstützt. Ich habe menschliche Wärme in diesem Mann gefunden. Das war entscheidend für mich. Ich wollte wissen, woher er diese Weisheit hatte. Man hat mir gesagt, es ist die Macht des Islam, welche die Menschen versteht. Ich habe es geglaubt. Mit meinen muslimischen Freunde bin ich zum ersten Mal in eine Moschee eingetreten. Es war beeindruckend, alle diese Leute in Meditation. Diese Gelassenheit auf ihren Gesichtern. Die Leute waren nett, ich habe Freunde gefunden. Ich habe Arabisch gelernt.“ (Interview 28 Oktober 2001) Vaterfigur “Ich habe ihn sehr geliebt, wie einen Vater. Für mich, er ist mein Vater. 9/11, was er gemacht hat, das interessiert mich nicht. Er war jemand mit dem ich eine gute Beziehung hatte. Ich habe mit ihm viel gesprochen und ich habe gefühlt dass er mit mir nicht spielt. Ich habe gefühlt dass er mir geholfen hat und mir Ratschläge gegeben hat.“ (Interview 15 November 2002) II. Motivation Ruhm, Heldentum, Abenteuer „wichtig werden“ Macht Eroberung starke Empfindungen II. Motivation „Nicht nur war ich akzeptiert, ich war plötzlich exklusiv. Ich bin Teil von etwas Größeres – wir gehen ins Paradies. Wir haben gedacht, dass sich alle andere geirrt haben…Wir sind herumgesessen, wir haben geplant, wie wir dieses und jenes in die Luft sprengen werden. Es ging um das Gefühl von Macht.“ Fatima Khan 2005 „nicht meinen Träumen entsprach. Trotz ihrer vielen Vorzüge findet sie keinen Gefallen an starken Empfindungen und am Abenteuer.” Daoudi über seine Frau III. Ursachen eine fundamentalistische Interpretation der Religion wie religiös waren die Terroristen? was für eine Religiosität ist das? was ist die Rolle einer solchen Religiosität? ist diese Religiosität eine Ursache der Involvierung? III. Ursachen Wie religiös waren sie? Sharif „war wie eine leere Schüssel…wusste nicht viel über die Kultur seiner Familie, seinen Hintergrund und war nicht religiös…Er hatte keine Ahnung von Islam. Er kannte namaz (wie man betet) und dies und jenes, aber einen tiefen Verstand gab es nicht.“ Zaheer Khan, Freund von King's College London Daoudi war „dem Rap näher als dem Koran“… „Er trank Alkohol und rauchte, betete nie und war nicht religiös.“ III. Ursachen Politische Ursachen Erniedrigung, Niedergang, Nachrangigkeit Selbstverteidigung III. Ursachen “Wir werden uns an den Juden und den Kreuzzüglern rächen und wir werden sie aus dem Land des Islams jagen. Brüder, Muslime, wir haben Großbritannien verlassen, um das Märtyrertum zu suchen.“ Sharif im Abschiedsvideo „Ihr Muslime sitzt in euren Häusern und seht dabei zu, was unseren Brüdern in Palästina passiert. Wir wollen Märtyrer für Allah sein und wir wollen, dass auch ihr Märtyrer seit…Ok, auch wenn ihr nicht mit uns kämpfen werdet, bitte schaut euch die Fakten an: Juden vergewaltigen unsere Frauen, töten unsere Kinder jeden Tag.“ Hanif im Abschiedsvideo Doudi über den algerischen Krieg „Frankreich war ein Hauptprotagonist in diesem Konflikt. Ich konnte die Tatsache nicht akzeptieren, dass die ehemalige Kolonialmacht das Schicksal von meinem Land noch immer unter seiner Kontrolle hatte, wenn so viele Frauen, Kinder und Männer gefoltert, massakriert, vergewaltigt und ermordet wurden.“ III. Ursachen „Der Slogan, der sehr gut von der Nation verstanden wurde, ist der Ruf nach dem Dschihad gegen Israel. Zusätzlich zu diesem Slogan richtet sich die Nation gegen die amerikanische Präsenz. Sie hat positiv auf den Ruf des Dschihads gegen die Amerikaner geantwortet. Ein einziger Blick auf die Geschichte der Mujahedeen in Afghanistan, Palästina und Tschetschenien wird zeigen, dass die DschihadBewegung das Zentrum der Führung der Nation erreicht hat, als sie den Slogan der Befreiung der Nation von ihren ausländischen Feinden übernommen hat.“ Ayman al-Sawahiri Pfade zur ummah „Was hat Sie denn dazu gebracht?“ „Die Wahrheit über das Leid der Moslems.“ Persönliche Not Absolute Deprivation Relative Deprivation „Sie waren drogenabhängig?“ „Aber woher denn, ich habe Kokain genommen, wie das so ist im Jetset.“ Radikalisierung "That's where I became aware of the abominable social treatment given to all of those potential 'myselves' who had been conditioned to become subcitizens just good for paying pensions for the real French when the French age pyramid starts getting thin at the base. . . . "There were only two choices left for me, either to sink into a deep depression, and I did for more than six months at the end my second year at university, or to react by taking part in the universal struggle against this overwhelming unjust cynicism. "I had to succeed by acquiring enough political tools so that I could know my enemy well and fight back. I discovered the great contemporary writers of political Islam. I read them in French or in English because my Arabic wasn't good enough. I knew that a victory of Islam over the West was possible. The Algerian war, the Bosnian war, the gulf war, Kosovo, Afghanistan, Palestine, Lebanon - all of these events strengthen my conviction that the Judeo-Christian community influenced by atheism has a visceral hatred of the community of Muhammad. For all these reasons and because of all these events which have left indelible wounds, I went over to the forces of the "dark side.“ Kamel Daoudi Marginalisierung Ideologie Not Migration Frustration Aggression Politik Das Radikalisierungsprozess Marginalisierung und Identitätskrise kognitive Eröffnung die Suche nach religiöser Bedeutung und Gesellschaft Empathie mit der ummah Radikalisierung in einer Gruppe Anschlag Radikalisierung und Integration Radikalisierung und Religion bzw. Religiosität Kritiken Die Religion als Kulisse des Phänomens Terrorismus Die Rationalisierung der Religion Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! [email protected] [email protected]