Thesenpapier für das DAS Symposium Betrachtungsfeld: Gesundheit & Klima ___________________________________________________________________________ Ergänzungen bitte bis 03.09.2008 an [email protected] 1. Die Auswirkungen des Klimas mit seinen Implikationen auf das Betrachtungsfeld - Auswirkungen klimabezogener Faktoren: 1. Klima- und Wetter (z.B. Hitze u.a. klimatische Faktoren) und deren Fluktuationen beeinflussen Erkrankungs- Überlebensraten, Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit. 2. Vermehrte UV Strahlung und vermehrte Exposition erhöht das Hautkrebsrisiko und Augenkrankheiten. 3. Schadstoffe in der Luft verändern ihre Toxizität in Abhängigkeit von Klimafaktoren (z. B. Luftfeuchte); erhöhte Ozonkonzentrationen können Atemwegserkrankungen auslösen. 4. Vektor-assoziierte Krankheiten (West-Niel, Chikungunja), durch Einschleppung und Zunahme von Vektoren und Erregern (Mücken, Zecken, Nagetiere). 5. Ausbreitung nicht Vektor-assoziierte Infektionskrankheiten (über Wasser und Nahrung). 6. Ausbreitung (Einwanderung neuer) allergener Pflanzen (Ambrosia) und Insekten. - Auswirkungen sozio-ökonomischer Aspekte: 7. Verstärkung vorhandener Exposition und Sensitivität. 8. Risikofaktoren, die durch einen erhöhten Einwanderungsdruck von Menschen und anderen Organismen nach Deutschland verstärkt werden. 2. Stand des Wissens 2a. Wissen über die Auswirkungen des Klimas mit seinen Implikationen (Prozessverständnis) Ad 1. Klima- und Wetter beeinflussen Erkrankungs- und Überlebensraten; in geringem Maß durch direkte Auswirkungen (Hitzeschlag); in größerem Maß durch indirekte Effekte (Herz-Kreislauf System). Zivilisationskrankheiten (Atemwegs-, HerzKreislauf-Erkrankungen) werden durch Klima, Jahreszeiten und Wetter beeinflusst (Meteorotropie). Bekannt ist eine Erhöhung der Vulnerabilität infolge von Vorerkrankungen Ad 2. Klimatisch bedingte Zunahme der UV Strahlung sowie erhöhte UV Exposition aufgrund veränderten Freizeitverhaltens erhöht die Hautkrebsrate sowie das Risiko von Augenerkrankungen. Thesenpapier für das DAS Symposium Betrachtungsfeld: Gesundheit & Klima ___________________________________________________________________________ Ad 3. Meteorologische Bedingungen (Temperatur, atmosphärische Stabilität) verändern einerseits die Belastung von Luft und Wasser mit Schadstoffen. Deren Toxizität und Wirkmechanismus werden andererseits auch durch Klimafaktoren beeinflusst. (z.B. erhöht trockene Luft das Risiko für Bronchitis bei Feinstaub). Ad 4. Die Ausbreitung Vektor-assoziierte Krankheiten sowie die Einschleppung und Zunahme von Vektoren und Erregern werden durch das veränderte Klima (Temperatur, Niederschlagsverteilung) begünstigt. Daneben sind gestiegene internationale Handelsströme sowie die Verbreitung von Zwischenwirten für die Ausbreitung verantwortlich. Ad 5. Die Verbreitung von Infektionskrankheiten wird durch klimatische Faktoren bestimmt (Temperatur, Feuchte und Wetterereignisse wie Überflutungen). Für Deutschland kann der Klimawandel die Häufigkeit autochthoner wie auch importierter Infektionen verstärken. Die individuelle Sensitivität gegenüber Infektionen kann durch klimatischen Stress zudem erhöht werden. Ad 6. Das Risiko einer erhöhten allergenen Wirkung endemischer Organismen (evtl. verlängerter Pollenflug) und der Ausbreitung neuer, allergener Organismen (Pflanzen und Insekten) steigt. Ad 7. Die Folgen des Klimawandels werden sich entsprechend des sozioökonomischen Hintergrundes unterschiedlich auf Individuen auswirken. So kann z.B. das Risiko der Erkrankung an Infektionen von entsprechendem Wissen abhängen. Verändertes Freizeitverhalten (mehr Aktivität im Freien) kann erhöhte Risiken auslösen (mehr UV Exposition). Psychologische Auswirkungen können positiv (vermehrtes Lichtangebot) oder negativ (Klima-induzierter Stress) sein. Ad 8. Ein verstärkter Einwanderungsdruck (Migration) in Europa und Deutschland wird erwartet - induziert durch Konflikte um verminderte landwirtschaftliche Fläche, reduzierte Wasserverfügbarkeit und Überschwemmungsgefährdung in Küstenregionen sowie regionale Gefährdung durch Krankheiten. 2b. Wissen über den Anpassungsbedarf (Maßnahmen) Ad 1. Warnsysteme für extreme Klima- und Wetter Bedingungen können akuten Schäden nicht nur bei besonders sensitiven Personen vorbeugen. Zum Beispiel angepasstes Verhalten während Hitzewellen wird empfohlen (Rolle von Stadtklima und Innenraumklima). Indirekte Mechanismen sind durch epidemiologische Untersuchungen zu erforschen. Ad 2. Primärprävention und Warnsysteme müssen Risikoverhalten (hohe UV Exposition) reduzieren. Sekundärprävention ist z.B. auf eine frühzeitige Diagnose von Hautkrebs auszurichten. Ad 3. Mit dem sich verändernden Klima verändert sich auch die atmosphärische Stabilität, die die bodennahe Luftqualität bestimmt. Hier ist besonders das Stadtklima wichtig. Bisher harmlose Luftbeimengungen könnten bei verändertem Klima schädigend werden. Vorläufersubstanzen der Ozonbildung sind zu reduzieren. Ad 4. Vektor-Assoziierte Krankheiten: Präventive Maßnahmen der Überwachung sich potentiell ausbreitender Arboviren und ihrer Überträger (Mücken, Zecken) sind notwendig und werden z.B. in Australien erfolgreich durchgeführt. Dies beinhaltet Handelsbeschränkungen (z.B. lebender Tiere) und Überwachung von Importen (z.B. Reifen und andere wasserhaltende Güter). Die Kontrolle vorhandener Vektoren erfolgt durch Einsatz von Larviziden und Adultiziden und geeignetes Umweltmanagement. Thesenpapier für das DAS Symposium Betrachtungsfeld: Gesundheit & Klima ___________________________________________________________________________ Ad 5. Das von bereits vorkommenden und neu aufkommenden Infektionskrankheiten ausgehende Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung sowie sensibler Personengruppen ist abzuschätzen. Zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit und zur Verminderung finanzieller Belastung des Gesundheitswesens ist die Entwicklung vorbeugender Maßnahmen von Bedeutung. Ad 6. Informationsdienste für Pollenflug und andere allergene Substanzen sind teilweise bereits vorhanden. Wenn möglich sollte die Ausbreitung allergener Organismen gestoppt werden. Ad 7. Allgemeine Bildung in Bezug auf zunehmende Gesundheitsgefahren sollte einhergehen mit einem vereinfachten Zugang gefährdeter Bevölkerungsschichten zu präventiven Informationen und Notfallbehandlung. Vorbereitung regionaler medizinischer Versorgungsstellen auf wetterbedingte Notfallsituationen. Ad 8. Maßnahmen zur Reduzierung der Armut und der Vulnerabilität in Entwicklungsländern. Gemeinsame Entwicklung von Adaptionsstrategien (Wasserversorgung, Maßnahmen der Reduzierung von Arboviren und ihrer Überträger, insbesondere Mosquitos). 3. Forschungsbedarf 3a. Auswirkungen des Klimas mit seinen Implikationen (Prozessverständnis) Ad 1. Untersuchung des Zusammenhangs von Wetter und Klima (z.B. Hitze), insbesondere in urbanen Ballungsräumen, und physiologischen Reaktionen sowie Krankheitslast der gesamten Bevölkerung sowie speziell exponierter und sensibler Gruppen; Untersuchungen zur Beeinflussung des Stadtklimas. Modellierung von Rückkopplungen und indirekten Wirkungen. Vergleichende Untersuchungen der Klima/Wetterwirkungen auf die Gesundheit in unterschiedlichen Klimazonen. Analyse der Wetterschwankungen und Wetterlagen. Ad 2. Modellierung der Faktoren welche Haut- und Augen Erkrankungen hervorrufen, retrospektive Modell-Validierung und Vorhersagen von Erkrankungen. Ad 3. Komplexe Untersuchung der direkten und indirekten klimainduzierten Veränderungen der Wirkung von Luftbeimengungen. Unterscheidung von Ursachen, Auslösern, und Wechselwirkungen. Neue wissenschaftliche Ansätze zur Berücksichtigung der individuellen Sensitivität und Veränderung der pathogenen Mechanismen. Ad 4. Identifizierung der klimatischen Parameter welche eine Ausbreitung der Vektoren und Erregern bestimmen (verbesserte Risikovorhersage, Bekämpfung der Vektoren). Bestimmung der Vektorkompetenz zur Vorhersage von Krankheitsausbreitung. Ad 5. Kombinierte Effekte der Änderung von Klimafaktoren (z.B. Temperatur, Feuchte, Luftqualität) auf die Prävalenz von Infektionen sind durch epidemiologische Studien zu untersuchen, um effektive Präventions- und Kontrollmaßnahmen zu entwickeln. Ad 6. Untersuchung der Ausbreitung allergener Pflanzen und Insekten und ihrer Abhängigkeit von Klimaveränderungen und Umweltparametern. Ad 7. Der Klimawandel wird die vorhandenen Unterschiede in Exposition und Sensitivität zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen verstärken (Zunahme sozialer Ungleichheiten). Von daher müssen Modelle entwickelt werden, welche die zu erwartenden Effekte differenziert vorhersagen. Ebenso müssen wirtschaftliche Folgekosten der Klimaänderung auf die Gesundheits -vorsorge und –erhaltung abgeschätzt werden. Thesenpapier für das DAS Symposium Betrachtungsfeld: Gesundheit & Klima ___________________________________________________________________________ Ad 8. Untersuchung der Risikofaktoren, die einen verstärkten Einwanderungsdruck hervorrufen; Bewertung Ihrer Relevanz; Erarbeitung von Strategien zur Verminderung der Problematik (Wasserversorgung, Maßnahmen der Reduzierung von Arboviren und ihrer Überträger, insbesondere Mosquitos). Querschnittsthema mit Verbindung zu AG 12. 3b. Anpassungsbedarf (Maßnahmen) Ad 1. Reduzierung urbaner Hitzeinseln; Verbesserte Modelle zur Vorhersage der Wirkung von Hitze in urbanen Ballungsräumen, Energieeffiziente Konstruktion kühlender Gebäudekonstruktionen. Vorhersage von Erkrankungsraten für Klimaszenarien; Identifizierung von Wetterlagen mit Gesundheitsrisiko und Entwicklung von Warnsystemen, insbesondere für Atemwegs- und Herz-KreislaufErkrankungen. Ad 2. Evaluation, Anpassung und Optimierung von Frühwarnsystemen und Vorsorgeprogrammen (z.B. UV Vermeidung). Ad 3. Identifizierung von Luftbeimengungen mit potentiellem Gesundheitsrisiko bei Klimawandel. Definition von Grenzwerten in Abhängigkeit von der Klimasituation. Ableitung von Anpassungsstrategien an die erhöhte Schadwirkung von Feinstaub bei trockenerer Luft. Untersuchung der kombinierten Wirkung von Luftbeimengungen und Klima/Wetter anhand von epidemiologischen Daten, z. B. zu Kinderkohorten. Ad 4. Vektor indizierte Krankheiten: Monitoring der Ausbreitung von Vektoren und Erregern (Einsatz klassischer Erfassung und neuartiger Techniken - Proteomik); Einsatz effektiver und nachhaltiger Bekämpfungsstrategien von Vektoren und Erregern (Kombination biologischer und chemischer Methoden); Erstellen von Notfallplänen für Krankheitsausbrüche. Ad 5. Entwicklung von Modellen zur: Risikoabschätzung für Bevölkerung und sensible Personengruppen, Identifizierung von Risikolebensräumen, Identifizierung von risikobehafteten Klima- und Umweltbedingungen, zur Übertragung und Krankheitsausbruch durch Infektionen; entsprechend Entwicklung neuer Therapien und Impftechnologien Ad 6. Modelle zur Verbreitung von Allergenen; Erstellung von Verbreitungskarten; Erarbeitung von Strategien zur Invasionsreduktion relevanter Organismen Ad 7. Entwicklung und Evaluation von Programmen zur Gesundheitsvorsorge für sensitive Bevölkerungsgruppen. Medizinische und psychosoziale Vorsorge auf Exremereignisse. Ad 8. Erarbeitung von Strategien zur Verminderung der Faktoren, die einen verstärkten Einwanderungsdruck hervorrufen (Verbesserung der Wasserversorgung, Durchführung von Maßnahmen der Reduzierung von Arboviren und ihrer Überträger). Prioritäten - Erfassung der Folgen veränderter Wetter- und Klimabedingungen für die Gesundheit: Direkte Effekte (z.B. Hitzschlag, Hautkrebs, Herz-Kreislauf- Thesenpapier für das DAS Symposium Betrachtungsfeld: Gesundheit & Klima ___________________________________________________________________________ Erkrankungen); Indirekte Effekte (z.B. Atemwegserkrankungen, Durchfallerkrankungen, Infektionskrankheiten, Lebensqualität und allergische Erkrankungen, Krankheitsüberträger und Erreger). - Entwicklung von Anpassungsstrategien: Frühwarnsysteme für Krankheitsausbrüche und Erarbeitung von Strategien der Risikoverhütung (z. B. Kontrolle von Krankheitsüberträgern und Erregern sowie Allergenen, epidemiologische Vorhersagemodelle, Neubewertung von Schadstoffrichtwerten). Anpassung des Gesundheitssystems an Krankheits -spektrum und – häufigkeit. - Aufbau eines Europäischen Netzwerkes „Climate & Health“ Verbesserter Informationsaustausch; Maximierung der Effektivität isolierter Programme. Identifizieren Sie die 3 Betrachtungsfelder, zu denen aus Ihrer Sicht der größte Abstimmungsbedarf hinsichtlich des Forschungsbedarfs besteht. Die Betrachtungsfelder sind: AG 1 AG 2 AG 3 AG 4 AG 5 Verkehr und Kommunikation Energie Raumplanung sowie Städte- und Wohnungsbau Basisdienstleistungen der Natur Natürliche Grundlagen zur Produktion von Nahrungsmitteln und genetischen Ressourcen AG 6 Natürliche Grundlagen zur Produktion von Holz und Biomasse AG 7 Natürlicher Wasserhaushalt AG 8 Schutz vor Extremereignissen AG 9 Klimawandel und Gesundheit AG 10 Klimawandel-Tourismus-Naturerleben AG 11 Naturschutz und Biologische Vielfalt AG 12 Internationale Zusammenarbeit und Verantwortung AG 13 Umgang mit Risiken und Verwundbarkeit AG 14 Schnittstelle Klimaforschung Thesenpapier für das DAS Symposium Betrachtungsfeld: Gesundheit & Klima ___________________________________________________________________________ - AG 3 - AG 7 - AG 11