Ingo Busch Emmelie Heinsen Neelandskamp 15 Flütenkamp 13 49661 Cloppenburg 21271 Quarrendorf Diplom-Studiengang Diplom-Studiengang Erziehungswissenschaft, Erziehungswissenschaft, Schwerpunkt Sozialpädagogik Schwerpunkt Sozialpädagogik 5. Fachsemester 1. Fachsemester Ausarbeitung zum Referat: Kampagnen zum Seminar: Einstellung und Einstellungsänderung unter Leitung von: Frau Chris Bendig (Dipl. Psych.) Ruhr-Universität Bochum Universitätsstrasse 150 44780 Bochum - Kognitions- und Umweltpsychologie – - GAFO 02/387 – Gliederung: 1. Geplanter Sitzungsaufbau .................................................................................. 3 2. Inhaltliche Gestaltung ........................................................................................ 3 2.1. Vorstellung der Geschichte des Rauchens .................................................. 4 2.2. Theorieteil zur Kampagnengestaltung ........................................................ 5 2.3. Anschauliches Beispiel: Die Nichtraucherschutzkampagne inklusive Maßnahmen zum Nichtraucherschutz im Ausland ..................................... 9 2.4. Gruppenarbeit und Auswertung .................................................................. 10 3. Bemerkungen zum tatsächlichen Ablauf, Kritik und Verbesserung .................. 11 4. Literaturangaben ................................................................................................ 12 Anlagen: Gruppenarbeiten Sehr geehrte Frau Bendig, da Sie uns gebeten haben, die Unterlagen des Referats vollständig und mit allen Anlagen einzureichen, überschreitet die vorliegende Ausarbeitung den geforderten Maximalrahmen. Wir bitten dafür um Verständnis. 2 01 Geplanter Sitzungsablauf Die von uns gestaltete Seminarsitzung sollte zwei Anforderungen genügen, auf die wir uns in der Vorbereitung verständigt hatten. Zum einen sollte die Nichtraucherschutzkampagne als praktisches Anschauungsbeispiel vorgestellt werden und an diesem Problembereich die Grundzüge einer Kampagne erläutert werden. Zum anderen erschien es uns wichtig auch die theoretischen Grundlagen einer Kampagne inklusive ihres Aufbaus und ihrer Schwierigkeiten darzustellen. Letztes sollte eben losgelöst von einem Beispiel erfolgen, um den Fokus nicht auf einen Sachverhalt zu verengen. Dadurch wurde es dem Plenum möglich, die einzelnen Schritte und grundsätzlichen Sachverhalte auch auf andere Kampagnen zu übertragen, bzw. Kampagnen auf diese Grundzüge zu überprüfen. 02 Inhaltliche Gestaltung 02.1 Vorstellung der Geschichte des Rauchens Die Sitzung begann mit einer Geschichte des Rauchens, beginnend mit den amerikanischen Ureinwohnern vor der Entdeckung Amerikas durch die europäischen Völker bis hin zur heutigen überwiegend negativen Gesellschaftseinstellung zum Tabakkonsum. Anhand eines Zeitstrahls wurde anschaulich, wie der Tabakkonsum zunächst als spiritueller Akt, dann als Weltoffenheit und schlußendlich als Gesundheitsschädigung aufgefaßt wurde. Dieser Einstieg griff die Grundeinstellung auf, die in der Gesellschaft vorherrscht und begründete die elementare Ausrichtung der Kampagne. 3 Zur Geschichte des Rauchens: vor 1492 Rauch als Kulthandlung der Naturvölker 1492 "Entdeckung" Amerikas; Kontakt der Europäer mit Tabak Anfang 1500 Tabak kommt nach Europa Rauchen gilt als merkwürdig, unchristlich und Gefährdung der öffentl. Ordnung Rauchverbote werden ausgesprochen, besonders in Kirchen allerdings Züchtung der Tabakpflanze als Heilpflanze und Experimente mit dieser 1560 Tabak kommt durch Jean Nicot nach Frankreich; er experimentiert viel mit ihr und will die Wirkungsweisen erforschen 1570 Nutzen gegen Kopfschmerzen, Flechten, Ermattungsgefühl, u.a., aber auch Erkenntnis, dass sie im Übermaß angewandt, Leberbeschwerden und andere unheilbare Krankheiten hervorruft um 1600 Tabak als persönlicher Genuss; Rauchen als gesellschaftl. Zeremoniell; der Begriff smoking/ Rauchen entsteht gegen 1650 Rauchgegner haben religiöse, moralische, soziale und gesundheitliche Aspekte in ihrer Argumentation staatliche Haltung ist gespalten medizinische Kritik, allerdings beschränkt auf die Gelehrtenkreise 1700 erste Höhepunkte der Zigarrenmanufaktur in Spanien 1780 Zigarre findet in Deutschland Anklang Anfang 1800 Die Geste des öffentl. Rauchens gilt als Vertreten demokratischer Ansichten 1848 Rauchverbot kann nicht weiter durchgesetzt werden; wird in Deutschland aufgehoben gegen 1850 Langzeitschädigungen rücken ins Blickfeld (Zungenkrebs, chronische Mundschleimhautentzündungen,...) weitere Kritik am Rauchen und Aspekte des Jugendschutzes (Rauchen unter Kindern und Jugendlichen wurde als spezifisches soziales Problem gesehen) Gründung von Anti-Tabak-Vereinigungen Anfang 1900 Rauchen ist normal und alltäglich; die Zigarette ist sehr beliebt; sie hat ein sauberes Image mit der Zigarette entstehen viel Werbung, Symbole und Figuren und neue Werbetechniken Zigarettenlänge als neue Zeiteinheit Rauchende Frauen waren Symbole der Emanzipation 1930 Zusammenhang zwischen Gewohnheit des Rauchens und der Krebserkrankung als Todesursache wird erkannt während des 2. Weltkrieges „Die deutsche Frau raucht nicht!“ nach dem 2. WK Angleichung des Rauchverhaltens bei Männern und Frauen Zigarette als Schwarzmarktwährung und als Siegersymbol 50er/60er medizinische Argumente und Aufklärungen gegen das Rauchen, aber keine Verhaltensänderung in der Bevölkerung Werbestrategien werden immer besser 80er Problematik des Passivrauchens kommt auf Veränderung des Körperverständnisses und des Gesundheitsbewusstseins Tabakrauch nicht nur unangenehm und belästigend, sondern auch gesundheitsgefährdend Raucher als Gefahrenquellen; der Nichtraucher den Risiken ausgesetzt 2002 Arbeitsstättenverordnung 4 02.2 Theorieteil zur Kampagnengestaltung Vor einer Vorstellung der Nichtraucherkampagne stand aber zunächst die theoretische Grundlage einer Kampagne allgemein, um Aufbau und Wirkungsstruktur abgelöst vom Einzelbeispiel zu verdeutlichen. Im Rahmen dieser Vortragsphase wurden mit Unterstützung eines Tafelbilds folgende Informationen vermittelt: KAMPAGNE-GRUNDSATZ Eine Kampagne beginnt immer da, wo eine Krise entstanden ist. Es kann auch als Krise aufgefasst werden, wenn die potentiellen Kunden das neue Auto nicht kaufen wollen. Eine gute Kampagne arbeitet mit Überzeugung, mit einer individuellen Einstellungsänderung. Was so selbstverständlich klingt, bedeutet in der Praxis, dass eine Verhaltensänderungen um so wahrscheinlicher wird, je mehr die Bedürfnisse der Betroffenen (Konsumenten bzw. Raucher) berücksichtigt und integriert werden. Gleichzeitig wird ein Verhalten um so eher angestrebt, je mehr positive Konsequenzen daran angeknüpft sind, bzw. je mehr sich die Betroffenen davon versprechen. Deshalb ist es unerlässlich, die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der verschiedenen Personen und Gruppen zu ergründen. Problem der Gruppenkampagne - passiv Betroffene und deren Einbeziehung Eine Nichtraucher-Kampagne hat Auswirkungen nicht nur auf die tatsächlichen Raucher (die aktiv Betroffenen), sondern auch auf andere Interessengruppen. Diese passiv Betroffenen können Tabakhändler, Werbeabhängige, aber auch Krankenkassen sein. Die passiv Betroffenen sind zwar nicht die primäre Zielgruppe der Kampagne, werden aber gleichwohl Auswirkungen spüren und eventuell auf die Kampagne reagieren (Protestorganisation, Unterstützungsmaßnahmen). Zielsetzung muss es bei einer Kampagne sein, nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg Entscheidungen zu fällen. Auch die passiv Betroffenen sollten das Gefühl bekommen, respektiert zu werden. Ob dies in fairer oder in manipulativer Weise geschieht, hängt letztlich vom Kampagnenleiter ab. Kampagnenvermittlung Viele Erkenntnisse der Kommunikationsforschung können und sollen hier genutzt werden. In aller Kürze sind die folgenden Leitvorstellungen grundlegend für einen Erfolg: Der SENDER sollte glaubwürdig, interessant, kompetent und dem Empfänger ähnlich sein. Die BOTSCHAFT sollte der Wortwahl nach verständlich, der Struktur nach einfach und doch vollständig („zweiseitig“) sein. Der EMPFÄNGER sollte schon zuvor „gekannt“ sein, deshalb macht man eine Zielgruppenforschung vor dem Kampagnenstart. Probleme und Perspektiven Die einzelnen Kampagnenschritte und –formen sind schon in der Theorie und gerade in der Praxis kaum voneinander zu trennen. Kampagnen sind multiperspektivisch aufgebaut; Die häufig eingesetzte Mehrschrittstrategie erschwert eine Separierung der Einzelfaktoren und macht eine Effektivitätskontrolle sehr schwierig. Die Zielgruppe kann in viele Untergruppen bis hin zu jedem einzelnen Individuum aufgeteilt werden und jedes Individuum könnte (im theoretischen Extremfall) auf eine unterschiedliche Strategie / Argument anders reagieren. Eine umfassende Wirkungsforschung liegt deshalb erst in Grundzügen vor. 5 Hinweise zur Gestaltung von Kampagnen Ein Patentrezept gibt es nicht, aus dem bisher Dargestellten lassen sich aber einige zentrale Hinweise ableiten: Realistisch sein, optimistisch sein, selbst „Betroffener“ sein Zielgruppen, passiv Betroffene und Einstellungen analysieren Orientierung auf intrinsische Motivation (für Langzeitwirkung) Widerstand und Problemsicht der Zielgruppe erkennen und akzeptieren Einbeziehen der Zielgruppe (zusätzliche wertvolle Personalressource) Evaluation als kontinuierlicher Begleitprozess KAMPAGNE-AUFBAU 1. Allgemein Eine Kampagne kann individuums- oder gruppenbezogen ausgerichtet sein. Zunächst wird die individuumsbezogene Verhaltsänderung vorgestellt, in einem zweiten Teil die gruppenbezogenen Techniken. 2. Individuumsbezogene Interventionstechniken Personenbezogene, auf das Individuum zielende Strategien können extern und intern motiviert Änderungen erreichen. 2.1. Externe Techniken Dem Staat und der Wirtschaft bleibt fast ausschließlich die externe Technik. Dies funktioniert über Technische Änderung – die Verfügbarkeit von Zigaretten (z.B. Zigarettenkästen) wird reduziert. Es macht mehr Mühe, Zigaretten zu bekommen Materielle Belohnung / Bestrafung – hier darf man gern die Tabaksteuer zurechnen, ebenso die Strafandrohung für New Yorker Kneipen, die rauchende Gäste duldet. Eine hohe materielle Bestrafung hat jedoch einige Nachteile: erhöhter Kontrolldruck und das Problem des Widerstands: Das Verhalten wird nicht übernommen, sondern im Gegenteil sabotiert, weil sich der Betroffene ungerechtfertigt belastet fühlt. Da die Gewöhnung an (geringe) materielle Belohnungen relativ schnell einsetzt, kommen verstärkt Lotterien zum Einsatz: Es gibt keine kleinen materiellen Belohnungen, sondern es werden große Belohnungen verlost, um die intrinsische Motivation zu erhöhen. 2.2 Interne Techniken Bei den internen Techniken, die auf das Individuum abzielen, sollte zwischen wissensbasierten und normbasierten Strategien unterschieden werden. Wissensbasierte Techniken würden eher über die Gefahren des Rauchens und des Passivrauchens aufklären und so an die Vernunft der Betroffenen appellieren. Normbasierte Techniken vermitteln zwar auch Wissen, sprechen aber zudem das soziale Gewissen und Verantwortungsübernahme an. Sie wirken damit suggestiver, haben aber länger anhaltendere Erfolgsaussichten. 6 2.3. Die „beste“ Strategie ? Natürlich haben externe Strategie weniger Aussichten auf Erfolg: Die Motivation kommt von außen, d.h. der Betroffene wird zu einem Verhalten gezwungen, ohne wirklich überzeugt zu sein. Er hat keine Einsicht, so dass sich seine Einstellung grundlegend nicht ändert. Zudem muss der Druck aufrecht erhalten werden, denn sobald dieser nachlässt, wird der Betroffene voraussichtlich in sein altes Verhalten zurückfallen. Es hat sich in vielen Untersuchungen gezeigt, dass bei den internen Strategien die Wissensvermittlung zwar eine wichtige Voraussetzung für eine Verhaltensänderung, aber alleine wenig wirksam ist. Normbasierte Techniken, unterstützt durch externe (ökonomische) Faktoren haben die besten, auch langfristigsten Erfolgschancen. 3 Intervention als Initiation von sozialem Wandel 3.1 Gellers gruppenbezogenes Interventionsprogramm Gruppenbezogene Verhaltensänderungsstrategien werden auch Soziales Marketing genannt. Sie entstammen eben dem betriebswirtschaftlichen Marketinggedanken zur Optimierung einer Produktvermarktung, wollen aber keine Ware an den Konsumenten bringen, sondern eine soziale Idee. Das Vorgehen beim (sozialen) Marketing gliedert sich in vier Schritte: 1. Marktanalyse Hierbei wird der Markt für die soziale Idee untersucht, die potentiell Betroffenen (aktive wie passive) erforscht und ihre Einstellungen und Widerstände eingeschätzt. Dies geschieht optimal in einer Kombination aus breiten quantitativen und tiefen qualitativen Forschungsmethoden. 2. Marktsegmentierung Welche Interessengruppen gibt es zusätzlich zu den „aktiv Betroffenen“? (Werbeindustrie, Krankenkassen, Tabakkonzerne...) In welche Gruppierungen zerfällt die heterogene Gruppe der Raucher? (Jugendliche, Frauen, Männer, Arbeiter, Beamte, Kettenraucher, Partyraucher...) 3. Marketing-Strategie Genau wie in der Betriebsvariante wird hier die Strategie (basierend auf den oben gewonnenen Erkenntnissen) festgelegt – Produktgestaltung, Hauptargumente, Slogans, Promotion, Platzierung... 4. Evaluation Nicht nur als abschließende Überprüfung gemeint, sondern auch als kontinuierlicher Prozess, der möglicherweise Änderungen in der Strategieausrichtung nach sich ziehen kann. Die Zielgruppensegmentierung hat Geller in späteren Modellen dazu bewogen, eine Hierarchie multipler Interventionen zu implementieren, die sich nach Zielgruppe, Einstellungen und Resistenz staffeln und im Zuge der Staffelung auch Kosten, Intensität und Wirksamkeit aufteilen. 3.2 Partizipatives Soziales Marketing Dieses Konzept basiert auf der Leitvorstellung, dass Teile der Zielgruppe als Vermittler zu anderen Betroffenen agieren. Im Idealfall bringt dieser Schneeballeffekt eine breite und kostengünstige Streuung der sozialen Idee, die zudem durch den persönlichen Kontakt eine intensivere Wirkung entfaltet. Dabei wird in dieser Strategie nicht nur die (theoretische) Idee, sondern das (praktische) Verhalten selbst übertragen. Eine wissenschaftlich fundierte Wirksamkeitsstudie dieser Strategie steht aber noch aus. 7 3.3 Gruppenanalyse – Gruppengegensätze GEGENSATZ GRUPPE VS GESELLSCHAFT (Gesetzgebung – betroffener Raucher) Der harte Standpunkt wäre: Wenn es die deklarierte Politik ist, einen umfassenden Nichtraucherschutz einzuführen, dann müssen die Raucher eben Nachteile in Kauf nehmen. Allerdings ist für den Betroffenen die Grundlage der Politik nicht immer einsichtig. Es muss ausführlich erläutert werden, auf welche Werte sich die Grundlage bezieht. Ausführlich bedeutet, dass sowohl die Vor- als auch die Nachteile genannt werden. In der Sozialpsychologie hat sich gezeigt, dass eine einseitige Aufzählung der Vorteile nicht gut angenommen wird. Wenn restriktive Maßnahmen nicht ausbleiben können, sollte zumindest darauf geachtet werden, dass es möglichst wenig (optimal: keine) Ausnahmeregelungen gibt. Diese Ausnahmefälle schüren sofort den offenen Protest als auch das innere Gefühl, „wieder mal der Dumme zu sein“. GEGENSATZ GRUPPE VS GRUPPE (Nichtraucher – Raucher) Übertragen könnte der harte Standpunkt auch hier: Da es ein Gesetz zum Schutze der Nichtraucher gibt, wird im Betrieb / der Uni / der Öffentlichkeit nicht mehr geraucht. Um Protest und Widerstand abzubauen, kann es wiederum helfen, die dahinerstehenden Werte zu erläutern (Gesundheitsschädigung der Passivraucher, Ästhetik von überquellenden Aschenbechern...). Auf vorgeschlagene Lösungen, etwa solchen, die einer Gruppe Vorteile bringt, gehen Betroffene mit passivem Akzeptieren ein, wenn sie sich auch eigene Vorteile erhoffen (z.B.: besseres Betriebsklima, bessere Luft...). Ebenso werden häufig Lösungen akzeptiert und begrüßt, die allen Seiten gewisse Nachteile einbringt (z.B.: nur vormittags rauchen, nachmittags überall). GEGENSATZ GRUPPE VS INTRAGRUPPE (Erwachsene Raucher – jugendliche Raucher) Auch innerhalb einer Gruppe gibt es je nach Motivlage unterschiedliche Gruppierungen. Auch Individuen haben verschiedene und z.T. widersprüchliche Interessen. Der Kontext macht aus, welchen man letztendlich nachgibt. Ein Nichtraucherschutz kann daher mit dem Wunsch nach ungehindertem Tabakgenuss einhergehen: Diese beiden Interessen schließen sich nicht zwangsläufig aus! Es ist somit nicht selten, dass die Zustimmung zu folgenden Items immer mehr abnimmt, da die eigene Betroffenheit zunimmt: Man sollte in der Öffentlichkeit weniger rauchen. Ich sollte in der Öffentlichkeit weniger rauchen. Ich werde in der Öffentlichkeit weniger rauchen. 8 02.3 Anschauliches Beispiel: Die Nichtraucherschutzkampagne inklusive Maßnahmen zum Nichtraucherschutz im Ausland Um die Einzelfaktoren einer Kampagne anschaulich zu verdeutlichen, sollten die Teilnehmer aus ihrer Erfahrung Elemente nennen, die Teile der aktuellen Nichtraucherschutz bzw. Antiraucherkampagne sind. Diese wurden (auch zur späteren Auswertung) an der Tafel gesammelt. Hinweise auf Schachteln Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen Zigarettenautomaten direkt an der Kasse Aufklärung in Zeitschriften / Fernsehen / Schule Tabakwerbeverbot im Fernsehen Tabaksteuererhöhung Raucheinschränkung / Rücksicht bei Kindern / Schwangeren / Kranken Geplante Umstellung auf EC-Kartenzahlung (bei Zigarettenautomaten) Spezielle Raucherzonen (Flughafen, Züge...) Keine irreführende Aufschriften („Mild“ / „Light“) Geplante Tabakwerbeverbot in Zeitschriften / Zeitung / Radio / Internet ab Juli `05 Nichtraucherschutzmaßnahmen im Ausland: In Norwegen gibt es schon seit den 80er Jahren eine harte Politik gegen Tabak. Das Raucher ist erst ab 18 Jahren erlaubt und bereits 1996 gab es Rauchverbote in öffentlichen Räumen. Norwegen ist Vorreiter beim Rauchverbot in Restaurants und Bars. In den USA werden Aufklärungskampagnen durch Ausgleichszahlungen der Tabakkonzerne finanziert. Die Konzerne umgehen so die kostspieligeren Schmerzensgeldforderungen von Rauchgeschädigten. In Spielfilmen und Serien gibt es einen Rückgang der rauchenden Darsteller. In Deutschland ist ein gegensätzlicher Trend zu beobachten: Da die Tabakkonzerne seit dem Tabakwerbeverbot im Fernsehen nicht auf dieses Massenmedium verzichten wollen, gibt es eine Zunahme von rauchenden Darstellern. In New York ist Rauchen in Restaurants und Bars verboten, was zu großen Protesten und wirtschaftlichen Ausfällen geführt hat. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass diese Maßnahme zurückgenommen wird. Teilnehmerinnen bei Miss-Wahlen müssen in Thailand Nichtraucherinnen sein. Werden sie als amtierende „Miss Thailand“ beim Rauchen gesehen, so kann ihnen der Titel aberkannt werden. Diese Beispiele zeigen, dass der Nichtraucherschutz in unterschiedlichen Formen international Beachtung findet. 9 02.4 Gruppenarbeit und Auswertung Aufgrund der Teilnehmerzahl haben wir während der Sitzung beschlossen, auf eine der drei geplanten Gruppenarbeiten zu verzichten. Eine Gruppe bearbeitete die erste Gruppenarbeit und verließ dazu den Raum, während sich die beiden verbliebenen Gruppen voneinander unabhängig mit der zweiten Gruppenarbeit beschäftigten. Aufgrund des Umfangs sind alle drei Gruppenarbeiten nicht an dieser Stelle aufgeführt, sie befinden sich im Anhang. Die erste Gruppe wurde von Herrn Busch betreut. Zunächst schien die Aufgabenstellung etwas verwirrend und vielleicht zu umfangreich. Die Gruppe verlas anschließend abschnittsweise den beigefügten Anlagenteil, der Auszüge aus einer Kolumne der PorNOKampagne enthielt. Schon während des Verlesens kam es zu Protest, Kopfschütteln und Auseinandersetzungen, als der ganze Text verlesen war, setzten sich die Teilnehmer mit dem Gelesenen auseinander. Da sich sowohl männliche als auch weibliche Teilnehmer in der Gruppe befanden, wurden die aufgrund von Geschlechtspezifität verschiedenen Sichtweisen dargestellt. Erfreulicherweise hielt sich die Gruppe nicht allzu lange mit persönlichen Erfahrungen auf, sondern bewertete und kritisierte nicht die Motivation, sondern die Umsetzung der Kampagne. Dabei wurden die elementaren Inhalte des theoretischen Vortrags genutzt. Die Teilnehmer verständigten sich dann darauf, dass aus moderner sozialpsychologischer Sicht die Emma-Kampagne nicht gut vorbereitet oder umgesetzt war. Besonders eklatant fiel die totale Ablehnung der männlichen Zielgruppe und deren konsequente Nicht-Einbindung (vielleicht sogar Nicht-Berücksichtigung) auf. Die Gruppe beschloss, den Grundlagentext der Gruppenaufgabe knapp vorzustellen, um dann im Anschluss Hauptkritikpunkte zu nennen. Die beiden im Raum verbliebenen Gruppen wurden durch Frau Heinsen unterstützt. Ihre Aufgabe bestand darin, die vorher gesammelten Einzelfaktoren in die verschiedenen Techniken (intern / extern) und Wirkungsziele (individuell / Gruppe) einzuordnen. Anhand des Schaubilds war eine Kategorisierung zwar vorgegeben, die tatsächliche Einordnung der praktischen Faktoren fiel dann aber schwer. Es kam innerhalb der beiden Arbeitsgruppen zu Diskussionen, so dass sich nicht immer alle Teilnehmer eindeutig festlegen konnten. Als Präsentation und Auswertung stellten die beiden Gruppen ihre Ergebnisse einander (und der dritten Arbeitsgruppe) vor. Auch hier kam es zu Unstimmigkeiten, die auch teilweise 10 nicht gelöst werden konnten. Wie geplant wurde von den Gruppenteilnehmern festgestellt, dass es keine eindeutige Zuordnung zu jedem einzelnen Punkt geben muss. 03. Bemerkungen zum tatsächlichen Ablauf, Kritik und Verbesserung Nach unserem Befinden war die Sitzung durchdacht und aufeinander aufbauend geplant und konnte (trotz der fortgeschrittenen Zeit) gut nachvollzogen werden. Die lange Vortragsphase durch die Vorstellung der Geschichte des Rauchens, dem Theorieteil und der Vorstellung der Nichtraucherkampagne war während der Vorbereitung ein Schwachpunkt, da wir einerseits fürchteten, das Plenum zu überfordern, andererseits wollten und konnten wir kaum auf einen Teil verzichten, um unseren Ansprüchen gerecht zu werden. Wir hofften durch teils einfache, überwiegend offene Fragen eine Einbeziehung des Plenums zu erreichen. Es stellte sich bei der Umsetzung heraus, dass die ständige Einbindung des Plenums besonders aufmerksamkeitsfördernd war und die Seminarteilnehmer wirklich aktiv mitgestalten konnten und ihre Einwände nicht bis zur Gruppenarbeit aufsparen mussten. Dazu war unser spontanes Eingehen auf die Vorschläge der Gruppe nötig, was unserer Meinung nach gut gelang. Kritisch sehen wir die geringen Aufgabengruppen. Von geplanten drei Gruppenaufgaben wurden nur zwei tatsächlich bearbeitet und ausgewertet. Obwohl in der Planung bereits ein großer Zeitraum für Aufgabenbearbeitung und Auswertung eingeplant war, kam eine Diskussion und Auseinandersetzung mit der Emma-Kampagne „PorNO“ nicht umfassend zustande. Unter dem Gesichtspunkt der guten Auseinandersetzung und umfassenden Einbindung der zuvor vorgestellten theoretischen Grundlagen war dies für das übrige Plenum besonders schade, da die Gruppengespräche während der Gruppenarbeit sehr fruchtbar und gelungen waren. Die zweite Gruppenarbeit wurde von zwei Gruppen bearbeitet – hier war ein Vergleich der Einsortierung von zwei unabhängigen Gruppen besonders spannend. An diesem Punkt wäre eine tiefere Auseinandersetzung mit den voneinander divergierenden Ergebnissen sicherlich interessant und lehrreich gewesen. Insgesamt hoffen wir die Seminarteilnehmer erreicht zu haben. Es sollte keine Über- aber selbstverständlich auch keine Unterforderung der Teilnehmer stattfinden. Die Grundzüge einer Kampagne wurden dargestellt und mit einem aktuellen Beispiel vertieft. Die aktive Auseinandersetzung durch die nachfolgenden Gruppenarbeiten sollten den Lerneffekt durch selbständige Auseinandersetzung fördern. 11 04. Literaturangaben: Corti, Egon Caesar Conte: Geschichte des Rauchens: Die trockene Trunkenheit – Ursprung, Kampf und Triumph des Rauchens. Frankfurt a.M. Insel 1986. Dietrich, Claus-Marco: Dicke Luft um blauen Dunst: Geschichte und Gegenwart des Raucher/Nichtraucher-Konflikts. Marburg. Jonas 1998. Homburg, Andreas: Umweltpsychologie: Umweltkrise, Gesellschaft und Individuum. Weinheim und München. Juventa 1998. Ralf Risser: Psychologie für die Verkehrswende. In: Giese, Eckhard: Verkehr ohne (W)Ende? Dgvt 1997. Schwarzer, Alice (Hrsg.): PorNO: d. Kampagne, d. Gesetz, d. Debatte. Köln. Emma-Frauenverl.-GmbH [Emma-Sonderband 5] 1988. URL: [www.nichtraucherschutz.ch] (am 06.03.04) 12 Gruppenarbeit I GRP1: Beurteilen Sie die PorNO-Kampagne der 80er. Ein kleiner Ausschnitt aus dem Programm ist Ihrer Aufgabe beigefügt. Berücksichtigen Sie die untenstehenden Hinweise zur Gestaltung von Kampagnen aus sozialpsychologischer Sicht. Bonuspunkte verdienen Sie, wenn Sie bei eventueller Kritik Verbesserungsvorschläge nennen können. Hinweise zur Gestaltung von Kampagnen Ein Patentrezept gibt es nicht, dennoch sollten folgende Punkte grundlegend sein: Realistisch sein, optimistisch sein, selbst „Betroffener“ sein Zielgruppen, passiv Betroffene und Einstellungen analysieren Orientierung auf intrinsische Motivation (für Langzeitwirkung) Widerstand und Problemsicht der Zielgruppe erkennen und akzeptieren Einbeziehen der Zielgruppe (zusätzliche wertvolle Personalressource) Evaluation als kontinuierlicher Begleitprozess Gruppenarbeit III GRP3: Ordnen Sie die vorgestellten Nichtrauchermaßnahmen in die Kategorien gruppen- / individuumsbezogene Maßnahmen bzw. externe / interne Motivation ein. Verdienen Sie sich Bonuspunkte, indem Sie die Maßnahmen auf ihre voraussichtliche Wirksamkeit (Langzeit / Kurzzeit / keine Wirkung) in Relation zum Aufwand (finanziell / personell) beurteilen. 13 Gruppenarbeit II [fand nicht im Rahmen der Sitzung statt] GPR2: Erstellen Sie eine strategische Grobplanung für ein Nichtraucherprogramm für die Hochschule Vechta. Orientieren Sie sich dabei an Gellers gruppenbezogenes Interventionsprogramm und bauen Sie ein Mehrstufenprogramm für unterschiedliche „Härtegrade“ auf. Bonuspunkte erreicht Ihre Gruppe, wenn Sie zusätzlich nach dem Partizipativem Sozialem Marketing für jede Ebene Mittler finden. Gellers gruppenbezogenes Interventionsprogramm gliedert sich in vier Schritte: Marktanalyse – Einstellungen von aktiv und passiv Betroffenen und Unbeteiligten ermessen Marktsegmentierung – Gruppierungen in Untergruppen zerlegen Marketing-Strategie – Kurzstrategie für jede Untergruppe erarbeiten Evaluation – fortlaufende Überprüfung der Wirksamkeit Die Zielgruppensegmentierung hat Geller in späteren Modellen dazu bewogen, eine Hierarchie multipler Interventionen zu implementieren, die sich nach Zielgruppe, Einstellungen und Resistenz staffeln und im Zuge der Staffelung auch Kosten, Intensität und Wirksamkeit aufteilen: Das Partizipative Soziale Marketing basiert auf der Leitvorstellung, dass Teile der Zielgruppe als Vermittler zu anderen Betroffenen agieren. Im Idealfall bringt dieser Schneeballeffekt eine breite und kostengünstige Streuung der Sozialen Idee, die zudem durch den persönlichen Kontakt eine intensivere Wirkung entfaltet. 14