Lein Lein ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde bereits im alten Ägypten verwendet. Flachs nutzte man sowohl zur Anfertigung von Geweben (Leintuch, Leinwand) als auch als Nahrungsmittel. Das Wort Lein hängt wahrscheinlich mit dem keltischen „lin“ (Faden) zusammen. Der lateinische Name Linum (Lein) usitatissimum weist auf die vielfältige Nutzbarkeit der Pflanze hin. Namensherkunft und Historisches Lein ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde bereits im alten Ägypten verwendet. Flachs nutzte man sowohl zur Anfertigung von Geweben (Leintuch, Leinwand) als auch als Nahrungsmittel. Das Wort Lein hängt wahrscheinlich mit dem keltischen „lin“ (Faden) zusammen. Der lateinische Name Linum (Lein) usitatissimum weist auf die vielfältige Nutzbarkeit der Pflanze hin. Nach der Verwendung des Leins als Gewebefaser und Nahrungsmittel wurde sehr schnell auch seine heilende Wirkung erkannt. So nutzten nach den Ägyptern auch antike Ärzte wie die Hippokratiker den Leinsamen zu Behandlung von Sonnenbrand, Geschwüren, Husten und Darmträgheit. Theophrast (376 – 286 v. Chr.), der ein Schüler des Aristoteles war und eine “Geschichte der Pflanzen” verfasste, beschreibt die Verwendung des Pflanzenschleimes aus Lein für medizinische Zwecke. Hildegard von Bingen (1098– 1179) empfiehlt u.a. den Einsatz von Leinsamen als Umschlag: „Und wer irgendwo an seinem Körper durch Feuer gebrannt wurde, der koche Leinsamen in Wasser bei großer Hitze und tauche ein leinernes Tuch in das Wasser, und lege es warm auf die Stelle, wo er gebrannt wurde, und das Tuch zieht die Verbrennung heraus“. In der Volksmedizin wird der schleimhaltige Leinsamen seit längerem als leichtes Abführmittel benutzt sowie zur Behandlung von Störungen der oberen Luftwege (z.B. Husten), Entzündungen von Magen und Darm, Koliken, Erkrankungen der Harnwege, Gicht und Rheuma angewandt. Botanische Merkmale Lein gehört zur Pflanzenfamilie der Linaceae (Leingewächse). Er entwickelt einen aufrechten, bis 1,5 m hoch werdenden dünnen Stängel, der dicht mit lanzettförmigen Blättern besetzt ist. Die oberen Stängelverzweigungen enden in einzelstehenden, zart gebauten Blüten. Sie entfalten ihre blauen oder weißen Blütenblätter von Juni bis Juli. Auf den Kronblättern erkennt man eine feine Zeichnung. Aus den Blüten entwickeln sich bis 8 mm lange Kapselfrüchte, die etwa 10 eiförmige und glänzende Samen enthalten. Die Leinpflanze ist im Mittelmeerraum, Vorderasien und Nordafrika beheimatet. Sie wird heute in Gebieten mit gemäßigtem Klima kultiviert. Die Kulturpflanzen stammen aus dem im Mittelmeergebiet verbreiteten Wildlein. Da Lein einen guten Boden beansprucht, wird er oft im Wechsel mit Hülsenfrüchten angebaut. In der Phytotherapie verwendete Leinbestandteile Phytotherapeutisch werden zwei aus Lein gewonnene Drogen benutzt: - Leinsamen (syn. Lini semen, Flachssamen, Flachslinsen, Leinwanzen; Haarlinsen, Hornsamen) - Leinöl (Lini oleum) Leinsamen Die Ernte der Samen erfolgt August bis September, wenn sich die Kapselfrüchte braun verfärben. Die Droge ist geruchlos und hat einen schwach schleimigen und öligen Geschmack. Inhaltsstoffe Leinsamen enthält 3 bis 10% Schleimstoffe, die sich besonders in der Samenschale befinden, etwa 25% schwer verdauliche Ballaststoffe, 30 bis 40% (fettes) Öl, ca. 25% Eiweißstoffe und Aminosäuren (u.a. Linatin). Außerdem lassen sich Sterole und Triterpene sowie bis zu 1,5% cyanogene Glykoside (Linustatin, Neolinustatin) nachweisen. Phytotherapeutische und biochemische Eigenschaften Nach dem heutigen Erkenntnisstand der Phytotherapie sind Leinsamen insbesondere für die Behandlung der chronischen Verstopfung (Obstipation) geeignet. Dabei werden die ganzen oder nur leicht gequetschten, nicht geschroteten Samen verwendet. Leinsamen zählt zu den sogenannten Quellstoffdrogen und gilt als mildes Abführmittel. Seine Wirkung beruht vor allem darauf, dass die in ihm enthaltenen Schleimpolysaccharide im Darm auf ein Mehrfaches ihres urprünglichen Volumens quellen. Durch das Quellungsvermögen wird ein Dehnungsreiz auf die Darmschleimhaut ausgeübt, der die Darmbewegung stimuliert und so die Darmpassage verkürzt. Der abführende Effekt kommt also nicht wie bei vielen anderen Laxanzien durch eine Reizung der Darmschleimhaut zustande. Während der Behandlung mit Leinsamen ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von täglich 1 bis 2 Litern zu achten. Die Anwendung des Leinsamens erfolgt in der Weise, dass man zwei- bis dreimal täglich je einen bis zwei Esslöffel ganzen oder zerquetschten Samen mit mindestens 150 bis 200 ml Wasser einnimmt. Bei drohendem oder bestehendem Darmverschluss ist Leinsamen kontraindiziert. Die darmanregende Wirkung der Quellstoffdroge Leinsamen wird durch dessen hohen Gehalt an Ballaststoffen unterstützt. Ballaststoffe sind polymere Bestandteile pflanzlicher Zellwände und stellen eine heterogene Stoffklasse dar. Diese Stoffe werden durch die Verdauungsenzyme des Menschen nicht angegriffen, sondern nur teilweise durch die Darmbakterien zu resorbierbaren Einzelbausteinen abgebaut. Die unverdaulichen Pflanzenfasern vergrößern das Darmvolumen und über den Füllungsdruck wird ein mechanischer Reiz auf die Darmfunktion ausgeübt. Schleimzubereitungen aus Leinsamen können auch Beschwerden bei MagenDarmerkrankungen wie Gastritis und Enteritis lindern. Der Schleim bildet eine Schutzschicht auf entzündeten Organschleimhäuten, die selbst nicht mehr genügend Schleim produzieren können. Die Schleimzubereitung wirkt reizmildernd und auf diese Weise auch entzündungshemmend. Den Leinsamen lässt man vor der Einnahme durch Einweichen in Wasser bereits vorquellen, indem man einen bis zwei Esslöffel ganzer Samen in 250 bis 500 ml Wasser gibt und mindestens ½ bis mehrere Stunden einweicht. Die im Leinsamen in geringer Menge enthaltenen cyanogenen Glykoside wie das Linustatin werden während der Passage des Magen-Darmkanals gespalten und dabei Cyanid freigesetzt. Die Bildung des Cyanids erfolgt jedoch sehr langsam, sodass es sehr schnell im Körper durch das Enzym Rhodanase in das ungiftige Thiocyanat umgewandelt wird. Dass mit der Aufnahme grösserer Mengen Leinsamen kein Risiko durch Cyanid bzw. Blausäure verbunden ist, konnte auch anhand einer kontrollierten Studie mit 20 Personen nachgewiesen werden. In keinem Fall trat eine bedeutsame Erhöhung des Blausäurespiegels im Blut ein. Leinöl Das etwas süßlich schmeckende Öl wird aus den Leinsamen durch Pressen gewonnen. Besonders schonend sind die Kaltpressverfahren. Hierbei entsteht eine für die gesundheitsrelevanten Inhaltsstoffe unschädliche, mechanische Reibungstemperatur von nur 40 bis 60 °C. Das durch Kaltpressung gewonnene Öl wird abschließend noch filtriert. Kaltgepresstes und filtriertes Leinöl ist eine klare, gelbe Flüssigkeit, die bis – 16 °C flüssig bleibt. Leinöl soll nicht erhitzt werden und kann unter ungünstigen Bedingungen schon nach kurzer Zeit bitter oder fischig schmecken. Ein bedeutsames im Leinöl enthaltenes Vitamin ist das Tokopherol (Vitamin E). Die physiologische Wirkung dieses Vitamins beruht auf seinen Eigenschaften, überschüssige, d.h. für den Organismus schädliche freie Radikale abzufangen und zu zerstören. Radikale sind kurzlebige Verbindungen und können im Überschuss durch Umweltgifte und Stress entstehen. Inhaltsstoffe Hauptinhaltsstoffe des Leinöls sind mit über 98% Triglyceride. Das sind Ester des Glyzerins (Glycerol) mit Fettsäuren. Leinöl enthält in Esterbindung 45 bis 65%Linolensäure, 11 bis 24% Linolsäure, 13 bis 30% Ölsäure sowie 6 bis 16% Palmitinund Stearinsäure. Linolensäure (3-Fettsäure) und Linolsäure (6-Fettsäure) sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Beide können vom menschlichen Organismus nicht synthetisiert werden. Sie sind aber lebensnotwendige Stoffwechselbestandteile und müssen demnach mit der Nahrung dem Organismus zugeführt werden, d.h. diese Fettsäuren sind essenziell. Biochemische, dermatologische und andere phytotherapeutische Eigenschaften Leinöl unterliegt in Gegenwart von Sauerstoff der Autoxidation, wobei die esterartig gebundenen ungesättigten Fettsäuren chemisch verändert werden. Bei diesem Prozess spielen Sauerstoffradikale eine bedeutende Rolle. Der Gehalt des Leinöls an Vitamin E verlangsamt jedoch den Vorgang, da dieses Vitamin als Antioxidanz wirkt. Ein längerer Kontakt des Leinöls mit Sauerstoff und Licht verhindert aber nicht, dass der Prozess der Autoxidation letztlich zum Verharzen und damit zur „Trocknung“ des Öls führt. Andererseits kann dieser Trocknungsprozess beim Aufbringen von Leinöl auf die Haut auch von Vorteil sein. Die Leinöltrocknung findet nur an der Grenzschicht von Luft und Leinöl statt und die getrocknete, verhärtete obere Leinölschicht bildet einen Schutzfilm gegen eindringende Umwelteinflüsse. Das Antioxidanz Vitamin E vermag auf Grund seiner Radikalfängerwirkung die Haut auch vor übermäßiger Exposition gegenüber UV-Strahlung zu schützen, die zur Auslösung bzw. zum Wachstum von Hauttumoren führen kann. In anerkannten Fachbüchern, die schon vor 60 und mehr Jahren verfasst wurden, wird die gute hautpflegende Wirkung von Leinöl und anderen fettenden Ölen als gesicherter Wissensstand vermittelt. Hierbei wird darauf hingewiesen, dass ölhaltige Salben gute Hautverträglichkeit besitzen und insbesondere Öle, die ungesättigte Fettsäuren enthalten, eine granulationsanregende bzw. wundheilende Wirkung haben. Gleiche oder ähnliche Aussagen finden sich auch in einschlägigen Fachbüchern unserer Zeit; hervorgehoben wird die reizmildernde und abdeckende Eigenschaft der fetten Öle sowie ihre Fähigkeit, die Wasserverdunstung der Haut einzuschränken, deren Geschmeidigkeit zu gewähren und Schorf zu erweichen. Aber auch in Fachzeitschriften – einschließlich solcher der neuesten Zeit – finden sich Publikationen über die günstige Wirksamkeit von bestimmten fetten Ölen und Fettsäuren auf die Haut. Diese Veröffentlichungen zeigen u.a., dass fette Öle, die estergebundene Linolsäure enthalten, Hautirritationen an den Unterarmen wie die schuppige Dermatitis (Hautentzündung) zu heilen vermögen. Die kutane Applikation von linolsäurehaltigen Triglyceriden vermag bei einer Haut, die infolge Mangelnahrung an essentiellen Fettsäuren geschädigt ist, die so genannte Barrierefunktion wieder herzustellen. Diese Barrierefunktion gewährleistet die oberste Schicht der Haut, die Hornhaut (Stratum corneum). Das Stratum corneum besitzt als Grenzschicht zur Umwelt eine entscheidende Funktion als mechanischchemische Barriere, als Regulator metabolischer Vorgänge der darunter liegenden Keratinocyten und für das Wärmesowie Flüssigkeitsgleichgewicht. Fettsäuretriglyceride, die reich an Linolsäure sind, vermögen auch Xerosen (Austrocknung) der Beinhaut, die im Winter bei den weiblichen Einwohnern Kaukasiens beobachtet werden, zu verhindern. Es sei noch darauf hingewiesen, dass die günstigen dermatologischen Eigenschaften von Leinöl durch dessen Kombination mit Bienenwachs, wodurch eine salbenförmige Zubereitung entsteht, optimiert werden können. Leinöl ist aber nicht nur auf dermatologischem Gebiet wirksam, sondern kann auf Grund seines Gehaltes an der in Esterbindung vorliegenden 3-Fettsäure (Linolensäure) auch die Behandlung der Arthritis (entzündliche Erkrankung von Gelenken) unterstützen. Linolensäure soll ferner prophylaktisch in der Lage sein, schädliche Ablagerungen in den Blutgefäßen zu verhindern bzw. zu vermindern und so das Infarktrisiko in diesen Gefäßen zu senken.