Theorien der internationalen Beziehungen 275 Theorien der internationalen Beziehungen 1. Theorienvielfalt im Zeichen pluralistischer Ausdifferenzierung – Zum Stand der Theoriedebatte in den Internationalen Beziehungen – Einer bis in die 80er Jahre des 20. Jhs im Fach noch konsensfähigen Minimaldefinition zufolge galt als Theorie ein System beschreibender und erklärender Aussagen über Regelmäßigkeiten, Verhaltensmuster, Entwicklung und Wandel des internationalen Systems und seiner Handlungseinheiten, Prozesse und Strukturen (Holsti 1991: 166). Der Anspruch, dass solche Aussagen die Bindung an spezifische Epochen, geographische Handlungsräume, Einzelereignisse und Einzelakteure überschreiten sollten, begründete ihren generalisierenden Charakter. Ihrer Form nach stellten sie Wenn-dann-Aussagen dar, denen zufolge eine Veränderung der Variable oder Eigenschaft X eine Veränderung der Variable oder des Verhaltensmusters Y notwendigerweise nach sich zog. Ihre Reichweite bezog sich auf Klassen von Sachverhalten, Ereignissen und (Kausal-) Beziehungen. Nicht das realhistorische Einzel-, sondern das gleichsam idealtypisierte Gattungsphänomen stand im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Im Idealfall sollte eine solche Theorie in der Vielfalt einzigartiger Erfahrungstatsachen das Einheitliche, Ähnliche und Typische entdecken, die Erfahrungstatsachen fallweise auf Ausprägungen allgemeiner Aussagen oder Sätze zurückführen, und hinter diesen umfassende Gesetze auffinden, denen die Einzelphänomene ihre Existenz verdankten und die ihre Entwicklung bestimmten (Morgenthau 1969: 68). M.a.W. – das vorherrschende Theorieverständnis bezog sich auf explikative Theorien, denen ab Mitte der 90er Jahre im Zuge der konstruktivistischen Wende in den IB konstitutive Theorien kontrastiert wurden (Übersicht Burchill 2009: Kap.1). Die theoriegeschichtliche Entwicklung des Faches in den letzten fünf Jahrzehnten zeigt, dass der Minimalkonsens über den explikativen Theoriebegriff zunehmend vordergründiger und brüchiger wurde. Er hatte einmal mit einem Verständnis von „Theorie“ zu kämpfen, demzufolge sich im Begriff ideengeschichtliche, sozialphilosophische, wissenschaftsgeschichtliche und wissenschaftstheoretische Elemente neben theorietypisierend – epistemologischen zu einem ganzen Begriffsfeld bündeln (vgl. Abb. 1 am Ende des Beitrags). Des weiteren setzten ihm Kontroversen über den Geltungsanspruch und die verschiedenen Möglichkeiten der Bewährung wissenschaftlicher Aussagen über internationale Sachverhalte zu, die eines deutlich zeigten: Nämlich, dass die Forderung nach einer einheitlichen, empirisch gehaltvollen, umfassenden, eineindeutigen und ein wissenschaftlich konsensfähiges Bild der internationalen Beziehungen vermittelnden Theorie nur schwerlich zu erfüllen war (Gründe bei Meyers 1990a: 230ff; Spindler/Schieder 2006, 9ff). Schließlich und endlich geriet er in den Sog einer Debatte über den Gegenstand der Internationa- 276 Theorien der internationalen Beziehungen len Beziehungen (Meyers 1990b: 50ff): In dem Maße, in dem dieser sich inhaltlich ausdifferenzierte, Elemente der traditionellen, nach den Formen, Ursachen und Randbedingungen von Krieg und Frieden, Konflikt und Kooperation, Machtausübung und Sicherheitsproduktion fragenden, freilich weitgehend dem machtpolitischen Nullsummenspiel des Kalten Krieges verhafteten Agenda mit Elementen einer neuen Agenda vermischte, die die Verhältnisse der erstweltlichen Interdependenz wie erst- und drittweltlichen Dependenz thematisierte und weltweite ökonomische und ökologische Verteilungs- und Herrschaftskonflikte reflektierte – in dem Maße musste auch der Konsens über „den“ Theoriebegriff des Faches ernsthaft ins Wanken geraten (paradigmatisch Kegley 2009, Kap.2; Dunne/Kurki/Smith 2010). Schon die 70er, mehr aber noch die 80er Jahre des 20. Jhs. sind durch Proliferation, Koexistenz und Konkurrenz einer Fülle theoretischer Konzepte, Ansätze, Zugangsweisen, Teiltheorien und Theorien internationaler Beziehungen gekennzeichnet; „... work takes place within a context of serious theoretical fragmentation and competing paradigms...“ (Holsti 1991: 165). Dougherty und Pfaltzgraff (2001) umschreiben zwölf den Gegenstand je perspektivisch unterschiedlich erschließende Theorie-Gruppen (Umwelttheorien, Macht- und Systemtheorien, verschiedene Spielarten der Konflikttheorien, Integrations- und Allianztheorien, Entscheidungs- und Spieltheorien usw.). Kubálková und Cruickshank (1980: 272) verdoppeln gar auf 24 generalisierende, Wirklichkeit erklärende und interpretierende Aussagen-Gefüge. Auch der die drei klassischen Waltz’schen (1954) Erklärungsebenen internationaler Politik: System, Staat, Individuum – wieder aufgreifende Kategorisierungsversuch von Genest (2004) bündelt 18 Theoriegruppen auf drei Analyseebenen und zeigt damit sehr schön, dass nicht nur die europäischen Ansätze der IB-Theorie (Friedrichs 2004), sondern auch und gerade ihre nordamerikanischen Varianten ein Haus mit vielen Wohnungen besetzen. Der Verweis auf den Turmbau zu Babel liegt da nicht allzu fern (Schmidt 2002: 3). Dass die Lehre von den Internationalen Beziehungen bis heute keinen umfassenden Konsens über die angemessene begriffliche und theoretische Fassung ihres Erkenntnisgegenstandes wie die Methoden ihrer Erkenntnisgewinnung (Spindler/Schieder 2006; Czempiel 2004: 9ff) ausgebildet hat, ist aber nicht nur Folge der ihre Entwicklung kennzeichnenden kumulativen Theoriebildung und der weitreichenden Adaption von Erkenntnissen aus verwandten und benachbarten, vor allem sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Hier spiegelt sich auch ihr enges Wechselverhältnis mit ihren realhistorischen, gesellschaftspolitischen und sozioökonomischen Kontexten (Menzel 2001): – bedenkt man etwa, dass vor dem Hintergrund des Verblassens der KaltenKriegs-Dominanz der Supermächte, der globalisierungsbedingten Teil-Erosion der Rolle des souveränen Nationalstaates als Hauptakteurs der internationalen Beziehungen (Meyers 1998) und dem Aufkommen transnationaler, in Ökonomie und Gesellschaft verwurzelter Handlungseinheiten (Bay- Theorien der internationalen Beziehungen 277 lis/Smith/Owens 2008; Schirm 2006; Scholte 2005) weltwirtschaftliche und welt-arbeitsteilige Phänomene und Problemkomplexe derart an Bedeutung gewinnen, dass sich schon in den 80er Jahren mit der Internationalen Politischen Ökonomie ein eigenes Teilfach aus den Internationalen Beziehungen ausgliederte (grundlegend Strange 1988; Übersicht Dicken 2007), – bedenkt man ferner, dass das klassische Substrat internationaler Politik – die Staatenwelt – diffundiert in das neuere Substrat transnationaler Beziehungen – die Gesellschaftswelt – (Czempiel 1999; Teusch 2003): eine postnationale (Zangl/Zürn 2003) Welt entgrenzter Räume, in der sich im Zeichen der Entstofflichung, Virtualisierung und Entnationalisierung ökonomischer Transaktionen, der Ausbildung postnationaler politischer Herrschaft in Prozessen der Vergesellschaftung und Verrechtlichung jenseits des Staates (Neyer 2004), mehr aber vielleicht noch im Zeichen fragiler oder gar zerfallender Staatlichkeit selbst (Schneckener 2006) die Probleme der Formulierung und Durchsetzung staatlicher Machtansprüche, der verbindlichen Entscheidung über die Zuteilung von Werten oder der Reaktion auf Außeneinflüsse wie der Beeinflussung des internationalen Umfeldes in immer vielschichtigeren und komplexeren, immer schneller sich wandelnden fluiden Kräftefeldern (Rosenau 1990, 2006) einer multipolaren Mehrebenen-Governancestruktur (Benz 2004, 2007; Schuppert 2005; Botzem 2009) beständig neu stellen, – bedenkt man weiter, dass die internationalen Beziehungen des beginnenden 21. Jhs. im Zeichen einer globalisierungsinduzierten Gleichzeitigkeit der Ungleichzeitigkeiten durch gegensätzliche/gegenläufige Tendenzen gekennzeichnet sind: weltweite Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen versus Regionalisierung politischer Handlungsräume, weltweite Herstellung virtueller Kommunikationsnetze und Erwartungshorizonte versus immer kleinräumigere (Re-)Etablierung nationaler, ethnischer, religiöser oder rassischer Identitäten, Ersatz der scheinbar sicheren weltpolitischen Vorstellungen, Begriffe, Bilder und Metaphern der Kalten Kriegs-Zeit durch eine Fülle widerstreitender Grundannahmen über die bedeutenden Einheiten, Kräfte, Spielfelder und Regeln der Weltpolitik (Brown/Bromley/Athreye 2004), – bedenkt man schließlich, dass neuerdings sowohl der Westfälische Friede als Ausgangspunkt des auf Souveränität und prinzipielle Gleichordnung seiner staatlichen Akteure bauenden Westfälischen Systems moderner internationaler Beziehungen in Frage gestellt wird (Teschke 2007) wie auch die traditionelle europazentrisch-atlantische Entwicklungsperspektive dieser Beziehungen aufgeweitet wird auf einen Weltzusammenhang, der schon im 19. Jh. die Entwicklung Europas eng mit der der anderen Kontinente verknüpfte (Bayly 2006), dann liegt es auf der Hand, dass die Theorieproliferation in den Internationalen Beziehungen auch künftig weitergehen (paradigmatischer Überblick Schieder/Spindler 2006; Krell 2009), die theorienkonkurrenzinduzierte Unüber- 278 Theorien der internationalen Beziehungen sichtlichkeit in der Disziplin so schnell kein Ende finden wird. Ein quantensprungartiger Erkenntnisfortschritt ist gegenwärtig nicht zu erwarten: die Lehre von den Internationalen Beziehungen ähnelt auch nach der Jahrtausendwende einer Holding, unter deren Dach eine Vielzahl von Subunternehmen höchst disparate Geschäftszweige verfolgen, und sich dabei je nach Erkenntniszweck und Fragestellung in unterschiedlichster Weise aus der großen Toolbox der Theorien bedienen. Allerdings: bei aller perspektivischen Differenz im einzelnen lässt sich herkömmlichen Theorie-Ausprägungen doch ein rationalistisch-aufklärerisches Minimalerbe zuschreiben: das Streben nach Zeit, Ort und Einzelakteur übergreifenden allgemeineren Aussagen über Sachverhalte; die Begründung dieser Aussagen in einer methodisch verfahrenden, nachprüfbaren Systematik des (empirischen) Beleges und/oder (deduktiven) Beweises; die Behauptung eines wissenschaftlichen Aussagen im Unterschied zu alltagspraktischen zugesprochenen, durch das Verfahren ihrer Gewinnung und Überprüfung gesicherten besonderen Geltungsanspruchs; schließlich auch das Bemühen um eine interpersonal nachvollziehbare, konsensorientierte Etablierung, Klärung und Vermittlung der Grundbegriffe des Fachs. Gerade diese den neuzeitlich-modernen Wissenschaftsbegriff konstitutiv prägenden epistemologischmethodologischen und methodischen Minimalia (Entwicklungsübersicht Gordon 1991, knapper Wight 2002; Kurki/Wight 2010), greifbar – im Ersatz der Offenbarung durch die Vernunft als Legitimationsinstanz des Wissens – in der Betätigung der kritischen Vernunft als Mittel zur Befreiung von Mythos und falscher Autorität mit dem Ziel der in Freiheit/Emanzipation des Individuums sich verwirklichenden Perfektibilität der menschlichen Gattung – im Widerstreit empiristischer und rationalistischer Erkenntnistheorien und -verfahren werden von einer Reihe neuerer Theorie-Strömungen infrage gestellt, die sich den Ideen der Postmoderne verpflichtet wissen: der Insistenz auf der räumlichzeitlich-sprachlichen Kontextabhängigkeit jeglicher Art von Aussagen, der Ablehnung der Bedeutungs- und inhaltlichen Konstanz wie der überzeitlichen Gültigkeit von Begriffen und Theorien, der Betonung der Bedeutung des Lokalen, (historisch) Kontingenten, des Einzelerlebnisses und Einzelfaktums bei der Genese und Prägung unserer je eigenen Begriffe, Einstellungen und Weltsichten (Übersicht bei Ulbert 2006; eingehender Wiener 2003; Ulbert/Weller 2005). Insofern lässt sich bei aller Verschiedenheit der Einzelausprägungen eine gemeinsame Stoßrichtung postmoderner Ansätze unterstellen: die durchaus aufklärerisch-kritisch intendierte Hinterfragung auch sprachlich-textuell verfestigter Weltsichten und ihrer politischen Bedeutung: „The point of postmodernism is not to provide the ‚true‘ representation of international relations, Theorien der internationalen Beziehungen 279 but to provide a critical account of how particular representations circulate and take hold to produce practical political effects.“ (Devetak 1996:185). Teils der Tradition der kritischen Theorie der Frankfurter Schule (Adorno, Horkheimer, Habermas) verpflichtet, teils von der dekonstruktivistischen Sprach- und Textanalyse der französischen Post-Strukturalisten (Baudrillard, Foucault, Derrida) beeinflusst (Näheres zur Genese und Bedeutung P. Rosenau 1992; George 1994; Campbell 2007; Gesamtübersicht Bedorf/Röttgers 2009; zur Kritik Guzzini/Leander 2006), teils ausgehend vom PostBehaviorismus verstärkt normativ argumentierend und die Randbedingungen des gerechten Krieges ebenso wie die Bedingungen internationaler Verteilungsgerechtigkeit erörternd (Näheres Brown 1992; Cochran 1999), teils endlich auch die feministische Kritik des bisherigen virozentrischen Weltbildes der Internationalen Beziehungen aufnehmend (knappe Übersicht Finke 2006; Tickner/Sjoberg 2010), zeichnen sich die Vertreter/Innen der Postmoderne im wesentlichen dadurch aus, dass sie die bisher gültigen Theorieansätze im Fach wegen ihrer neopositivistischen Faktizität, ihrer Verpflichtung auf Rationalität, gesehen als technische Beherrschung der gesellschaftlichen und natürlichen Umwelt, ihrer Privilegierung im gesellschaftlichen Diskurs, ihrer Hierarchisierung und politisch instrumentalisierten Aufladung von Wissensinhalten und wegen ihrer Einebnung der die Welt kennzeichnenden Widersprüche, Ironien, Paradoxien und unterschiedlichsten Konzepte von Raum, Zeit, Identität, Subjekt und Objekt entschieden ablehnen (Der Derian/Shapiro 1989). Natur und Zweck einer Theorie der internationalen Beziehungen erscheinen dieser Perspektive gänzlich anders als der traditionellen positivistischen: Aufgabe wird die Enthüllung „…how policymakers and positivist IR theorists describe international events, act upon those descriptions as if they were natural, and then justify their actions and arguments in a self-fulfilling circle of codetermination“ (Sterling-Folker 2006:8). Und: Instanzen, die über den Wahrheitsgehalt oder über die Geltung einer Aussage entscheiden, fallen der Dekonstruktion zum Opfer; Sprache(n), Symbole, alternative Diskurse und Bedeutungen, das Akzidentielle, die Grenze, das Getrennte und Vergessene lösen das historisch determinierte Weltbild der internationalen Beziehungen auf, mögen die traditionellen Theorien durch neue Dimensionen und Alternativen erweitern, ergänzen. „This runs counter to the modernist attempt to narrowly define the field of contestation and thus more readily dominate it; against monological, totalizing theory, postmodernism posits heterological, multipolar grids of knowledge and practice...“ (Der Derian 1989:6). Man wird sicher einräumen müssen, dass der Anspruch postmoderner Ansätze – nämlich durch Diskursanalyse und Dekonstruktion von Begrifflichkeiten neue Perspektiven auf die internationale Politik zu eröffnen, die etablierten Machtverhältnisse kritisch zu hinterfragen und den in aller Regel realistischen/neorealistischen Mainstream der Theoriebildung (Vasquez 1998) von der Peripherie des Anders-Denkens her aufzurollen – der Verengung und Insularisierung der Diskussion innerhalb der Disziplin ebenso wie der Einschrän- 280 Theorien der internationalen Beziehungen kung der politischen Imaginations- und Vorstellungsfähigkeit entgegenwirken mag. Allerdings: Welche neuen theoretischen Einsichten in die internationalen Beziehungen aus dem postmodernistischen Abbruch überkommener Begriffsgebäude erwachsen, bleibt offen: Eine wohlwollende Beurteilung des Unternehmens mag ihm zwar seine durchaus intendierte stilistische Vieldeutigkeit, seinen fast schon an bewusste Immunisierung gegen Außenkritik grenzenden sprachlichen Obskurantismus vorhalten, jedoch seine in kritischkontrapunktischer Absicht eröffneten Wege zu neuen, die eigenen Positionen hinterfragenden Einsichten durchaus anerkennen. Eine kritische Einschätzung freilich würde ihm Theoriefeindlichkeit, Relativismus und Subjektivismus, Antirationalismus und Ablehnung jeglicher, im Sinne Kants auf apriorische Anschauungsformen und Verstandeskategorien rückbezogener Vernunft und Vernunftkritik vorwerfen (P. Rosenau 1990:92ff; Jarvis 2000). Diese Kontroverse lässt sich nicht entscheiden: da die Postmoderne eben jene epistemologischen Grundprämissen negiert, die dem Mainstream der Disziplin Urteile über Geltungsgründe, Reichweite und Aussagekraft von Theorien erlauben, kann sie auf dem gewohnten Schlachtfeld weder Sieg noch Niederlage akzeptieren. „An intellectual guerilla war is the most that can be expected“ (Kahler 1997: 40) Gleichwohl – in den letzten Jahren hat es den Anschein, als ob ein gemäßigter Konstruktivismus im Sinne der Arbeiten Alexander Wendts (1999) zur via media postmoderner Theoriebildung (so auch Fierke 2007, 172ff) in den Internationalen Beziehungen werden könnte. Bei aller Verschiedenheit konstruktivistischer Ansätze im Einzelnen (Übersicht: Ulbert 2006; Wiener 2003) lautet ihre Grundprämisse doch, dass sich die gesellschaftliche Wirklichkeit uns nicht unmittelbar erschließt, sondern – sprachlich, begrifflich, symbolisch – konstruiert wird: der Gegenstand der Lehre von den Internationalen Beziehungen wird begriffen als „…international relations in a constructed world…“ (Kubalkova/Onuf/Kowert 1998). „…constructivism maintains that the sociopolitical world is constructed by human practice, and seeks to explain how this construction takes place …“ (ebd. 20). Identitätsvorstellungen, Weltbilder, Werte, Normen und Ideen, Handlungsziele und Handlungslegitimationen der Akteure werden sozial generiert und tradiert; sie sind das Produkt je unterschiedlicher Kulturen, Gruppenzugehörigkeiten, gesellschaftlicher Sozialisation. Den Schlüssel zum Verständnis der Strukturen und Prozesse der internationalen Beziehungen liefern Vorstellungen, Einstellungen, Glaubenssätze, Selbst- und Fremdbilder der Akteure. Materielle Faktoren – wie etwa militärische Macht oder wirtschaftliche Potenz – treten als potentiell noch notwendige, aber nicht länger hinreichende Elemente einer Erklärung internationalen Verhaltens in den Hintergrund. Konflikt oder Kooperation sind weitgehend Ergebnis der Werthaltungen, Bildvorstellungen, Verhaltensdispositionen, Zieldefinitionen und Vorstellungen der Akteure voneinander (→ Krieg und Frieden, Kooperationstheorien). Für den Konstruktivismus ist die Anarchie des internationalen Staatensystems kein festes, objektiv gegebenes Datum, sondern ein subjektives Theorien der internationalen Beziehungen 281 Konstrukt, das nur besteht, wenn die Akteure glauben, dass es besteht: „…Anarchy Is What States Make of It…“ (Wendt 1992). Insofern sind die Art und Weise, wie solche mentalen IB-Mindsets zustande kommen, die Bedeutung, die sie für die Handlungen der Akteure haben, die Rückwirkungen, die die Handlungsergebnisse auf die Mindsets ausüben, und nicht zuletzt das Wie und Warum ihrer Veränderung und/oder Entwicklung zentrale Untersuchungsgegenstände des Konstruktivismus. Er unterstellt die Wandelbarkeit und Wandlungsfähigkeit von Akteuren, Interessen, Prozessen und Strukturen, bettet sie ein in ihren jeweiligen historischen, sozioökonomischen, nationalen politischen oder kulturellen Kontext. Dabei betont er das Wechselverhältnis zwischen kollektivem sozialen Handeln auf der einen und gesellschaftlichen Strukturen auf der anderen Seite – präziser: Akteure und Strukturen konstituieren sich in seiner Sicht gegenseitig (womit ein eleganter Ausweg formuliert wäre für das klassische sozialwissenschaftliche Henne-Ei-Problem: ob nämlich die Akteure die Strukturen (ontologischer Individualismus) oder die Strukturen die Akteure (ontologischer Strukturalismus) determinieren). 2. Klassifikationsmerkmale von Theorien – In bewusster Opposition zum Postmodernismus wollen wir hier daran festhalten, dass es Aufgabe von Theorien internationaler Beziehungen ist, die verwirrende Mannigfaltigkeit der vielschichtigen und komplexen Phänomene, die in ihrer Gesamtheit den Gegenstand des Faches ausmachen, für den wissenschaftlichen Erkenntniszugriff zu ordnen und zu erschließen. Dementsprechend impliziert Theoriebildung kein Unternehmen der De-, sondern der einheits- und sinnstiftenden Re-Konstruktion: je unterschiedliche Theorien erzeugen je unterschiedliche Vorstellungsbilder des Gegenstandes. Karl R. Popper (1976: 31) hat einmal darauf verwiesen, dass die Theorie das Netz sei, das wir auswerfen, um „die Welt“ einzufangen, sie zu rationalisieren und zu erklären. Wenn dies zutrifft, muss aber auch zutreffen, dass unterschiedliche Netze unterschiedliche „Welten“ einfangen und je verschieden erklären. Insbesondere gilt dies für die Bestimmung von Ursachen und Wirkungen, von Elementen der Konstanz und von Elementen des Wandels, von Kriterien der Geltung und Nicht-Geltung von Aussagen. Sie sind keine objektiven Phänomene „an sich“. „Their observation acquires form through conceptual formulation, not from empirical ,reality‘ ...“ (J.N. Rosenau 1990: 76). Erkenntnis ist grundsätzlich theoriegeladen (Näheres vgl. Hollis/Smith 1990: 61ff). Diese Feststellung begründet, warum es so wichtig ist, sich mit den verschiedenen Theorien der internationalen Beziehungen auseinanderzusetzen. Und sie erschließt uns eine Menge funktionaler Kriterien, eine Typologie, der zufolge (formale) Theorieelemente gemäß ihrer Bedeutung für den Erkenntnisprozess geordnet werden können (vgl. Abb. 2 am Beitragsende). Eine besondere Rolle bei der Klassifizierung von Theorien spielen in der Regel ontologische und/oder epistemologische Kriterien. Sie führen zu zwei Grundfragen: 1) Welche Vorstellungen, welches Weltbild erzeugt eine Theorie 282 Theorien der internationalen Beziehungen von der „Sache“, vom Gegenstand der internationalen Beziehungen? 2) Wie begründet und legitimiert eine Theorie ihre Aussagen über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht? Wir werden diese Fragen unserer weiteren Erörterung zugrunde legen. Allerdings ist zuvor noch zu bemerken, das Theorien neben ihrer ontologischen und epistemologischen Funktion für den Erkenntnisprozess vielfach – implizit oder explizit – auf gesellschaftliche Praxis zielen, d.h. die Frage beantworten: „Was soll ich tun?“ und „Wie kann ich mein praktisches Handeln rechtfertigen?“ Als Gegenreaktion auf das Streben nach Wertfreiheit wissenschaftlicher Aussagen in der behavioristischen Entwicklungsphase der Internationalen Beziehungen (vgl. unten Abschn. 2.2) gewinnt diese normativ-handlungssinnstiftende Funktion von Theorie seit den 80er Jahren – gefördert auch durch den Einfluss der Hermeneutik und der kritischen Theorie (Näheres Brown 1992) – wieder stärker an Bedeutung. Mit Skinner (1990) bezeichnen wir daher Theorien, die nicht nur ontologische und epistemologische, sondern auch normative Funktionen erfüllen, als „Großtheorien“. In epistemologisch-bewährungslogischer Hinsicht stellen sie Systeme generalisierender Aussagen über sprachlich konstituierte, je für real gehaltene Sachverhalte dar; in ontologischer Hinsicht sind sie eher konstruktivistische, in teleologischer Hinsicht praxisbezogene kognitive Komplexe, denen im Prozess der wissenschaftlichen Erkenntnis folgende Funktionen zukommen: – Interpretationsfunktion: Strukturierung von Teilbereichen der (erfahrbaren) Realität – Orientierungsfunktion: Reduktion komplexer Sachverhalte auf vermeintlich einfache bzw. idealtypische Einsichten – Zielbeschreibungsfunktion: Anleitung zu praktischem Handeln in der „Realität“ – Handlungslegitimationsfunktion: Legitimierung praktischen Handelns in der „Realität“ – epistemologische Funktion: Anleitung für die Formulierung wissenschaftlicher Aussagen über den von der Großtheorie konstituierten Realitätsausschnitt sowie Bestimmung von Kriterien für deren Geltung (summarische Ableitung Meyers 2009). 2.1. Klassifikationsmerkmale von Theorien – ontologische Gestalten und wissenschaftliche Weltbilder – Nicht zuletzt die Existenz einer Vielzahl von Großtheorien internationaler Beziehungen ist der Grund dafür, dass im Fach Internationale Beziehungen der Konsens über den Theoriebegriff immer brüchiger, die Annahmen über das, was denn nun den Erkenntnisgegenstand des Faches ausmacht, immer ausufernder werden. Die wissenschafts- und ideengeschichtliche Durchmusterung unseres Theorie-Universums (Meyers 1981; Menzel/Varga 1999; Schieder/Spindler 2006; Krell 2009; Burchill 2009; Viotti/Kauppi 2009; Dunne/Kurki/Smith 2010; Jackson/Sorensen 2010) lässt schnell erkennen, dass jede Großtheorie die Phänomene der internationalen Theorien der internationalen Beziehungen 283 Politik mit unterschiedlichem Erkenntnisinteresse und davon abhängiger Fragestellung auf der Grundlage je verschiedener anthropologischer, ethischnormativer und methodischer Vorverständnisse zu erfassen sucht. D.h. die Großtheorien differieren einmal im Blick auf ihre ontologischen Grundannahmen. Ihre Differenzen betreffen den Charakter des internationalen Milieus und die Qualität der Akteure, die untereinander staatliche Grenzen überschreitende Interaktionsbeziehungen unterhalten; sie erstrecken sich ferner auch auf die von den Akteuren verfolgten Ziele ebenso wie auf die Mittel, die zur Verwirklichung dieser Ziele gemeinhin eingesetzt werden. Deutlich wird in diesem Kontext vor allem, dass – frei nach Popper – das Fischen mit unterschiedlichen (großtheoretischen) Netzen in der Tat unterschiedliche (wissenschaftliche) Welten(bilder) ans Ufer der Erkenntnis zieht. Wir verweisen zum Beleg auf Abb. 3 (am Beitragsende; nach Meyers 1990b bzw. 2008). Die Bedeutung solcher Großtheorien liegt nun nicht nur in ihrer Rolle als gedanklich-sprachliches Konstrukt, mit dessen Hilfe wir die „Fakten“ der internationalen Beziehungen auswählen und interpretieren (bzw. auch darüber entscheiden, was denn überhaupt als „Fakt“ gelten darf). Sie konstituieren vielmehr auch je ontologisch unterschiedliche wissenschaftliche Weltbilder, die der Bildung von Traditionen, Schulen, Forschergemeinschaften als ideeller Kristallisationskern dienen, die Abgrenzung solcher unter einem gemeinsamen Weltbild versammelter Gemeinschaften gegen andere vergleichbare ermöglichen und eine nicht zu verkennende Rolle bei der bildungsmäßigen Sozialisation des Nachwuchses in solche Gemeinschaften spielen. Dabei soll hier offen bleiben, ob im Sinne des Kuhnschen Paradigma-Begriffs (1978) wissenschaftliche Weltbilder inkommensurabel sind, d.h. zwischen Vertretern verschiedener Weltbilder eine Diskussion über den Gegenstand internationale Beziehungen nicht mehr möglich ist, oder ob sie eher komplementären Charakter haben. Duktus und Emphase mancher Theoriedebatten der Vergangenheit legen eher die erste Annahme nahe. 2.2. Klassifikationsmerkmale von Theorien: epistemologische Strukturen und Geltungsgründe wissenschaftlicher Aussagen – Die in Abb. 3 skizzierten ontologischen Differenzen bieten uns eine Menge möglicher Kriterien zur Klassifikation von Theorien internationaler Beziehungen. Eine zweite Kriterienmenge lässt sich aus der Feststellung ableiten, dass Theorien sich nicht nur hinsichtlich des (inhaltlichen) Bildes, das sie vom Gegenstand konstruieren, voneinander unterscheiden, sondern auch hinsichtlich der epistemologischen und methodischen Prämissen jener Fragen, die sie an den Gegenstand richten, und – daraus folgend – hinsichtlich der Kriterien, auf die sie den Geltungsanspruch ihrer Aussagen jeweils zurückführen. Traditionellerweise werden diese Kriterien als solche zweiter Ordnung, als metatheoretische, bezeichnet: Sie liegen quer zu den ontologischen Scheidelinien, die die Weltbilder internationaler Beziehungen voneinander trennen. 284 Theorien der internationalen Beziehungen In recht idealtypisierend-vereinfachender Sicht lassen sich die die Theoriediskussion des Faches kennzeichnenden metatheoretischen Kriterien um den Gegensatz von Verstehen und Erklären zentrieren. Genauer: wie die Sozialwissenschaften im allgemeinen ist auch die Lehre von den Internationalen Beziehungen im besonderen von zwei epistemologischen Perspektiv-Traditionen durchzogen, deren eine dem Wissenschaftsideal der modernen Naturwissenschaften, deren andere aber dem Wissenschaftsideal einer historisch orientierten Geisteswissenschaft verpflichtet ist. Die Anhänger des naturwissenschaftlichen Erkenntnisideals streben danach, das Verhalten der Akteure, die Genese der Strukturen und den Ablauf der Prozesse internationaler Beziehungen auf der Grundlage (empirisch fundierter) Kausalgesetze zu erklären. Ebenso wie die Naturwissenschaften die natürliche, setzen sie die gesellschaftliche Wirklichkeit als ein in sich eigengesetzliches Objekt, nähern sich ihm gleichsam „von außen“. Die rationale Erklärung beobachteter Tatsachen und/oder von Zusammenhängen zwischen Tatsachen verlangt, dass deren Auftreten von einem (in der Regel statistisch erhärteten) Gesetz abgeleitet, deduziert werden kann. „To explain an event or state of affairs is to find another which caused it.“ Und: „... science explains particular events by generalizing and by making them cases of laws at work“ (Hollis/Smith 1990: 3). Ferner: lässt sich die Geltung von Gesetzen durch vielfache Tests belegen – oder strenger: lassen sich Gesetze nicht falsifizieren – bieten sie über die Erklärung gegenwärtiger hinaus auch die Möglichkeit zur Prognose künftiger Ereignisse. Schließlich: streng zu trennen sind Tatsachenbehauptungen und Werturteile; wissenschaftliche Aussagen sollen allein auf Tatsachenbehauptungen beschränkt werden, weil die Gültigkeit von Werturteilen nicht durch empirische Tests beweisbar, sondern letztlich von außerwissenschaftlichen Glaubenssätzen abhängig ist. Prämissen und Kennzüge dieser in den 70er und 80er Jahren zur herrschenden Lehre in den Internationalen Beziehungen vornehmlich nordamerikanischer Provenienz verfestigten epistemologischen Orthodoxie lassen sich der Übersicht 4 am Beitragsende entnehmen. Der am naturwissenschaftlichen (engl. „science“, daher die Bezeichnung „Scientismus“) Erkenntnisideal orientierten Position bestreiten nun die Anhänger geisteswissenschaftlicher Erkenntnisverfahren („Traditionalisten“) drei zentrale Prämissen: einmal die, dass gesellschaftliche Tatbestände „von außen“ zum Objekt wissenschaftlicher Erkenntnisse gemacht werden können, zum anderen die, dass gesellschaftlichen Entwicklungen eine quasi-naturgesetzliche Regelmäßigkeit übergestülpt werden kann, und drittens die, dass Tatsachenbehauptungen und Werturteile voneinander zu trennen sind. In der traditionalistischen Perspekte ist Wissenschaft Teil jenes gesellschaftlichen Zusammenhanges, den sie untersucht; was sie leisten kann, ist, das Handeln der Akteure internationaler Beziehungen, ihre Motive, Interessen, Beweggründe, Zielsetzungen vor dem Hintergrund der eigenen lebenspraktischen Erfahrungen des Wissenschaftlers – d.h. gleichsam perspektivisch „von innen“ – verstehend nachzuvollziehen. Im strengen Sinne – durch Ableitung ihrer Phänomene von Geset- Theorien der internationalen Beziehungen 285 zen – zu erklären sind die internationalen Beziehungen schon deshalb nicht, weil sie dem Prinzip der historischen Kontingenz unterworfen sind. Was Wissenschaft leisten kann – gestützt auf „... shrewd political judgement and a philosophical skill in thinking out problems in terms of their basic elements...“ (Bull 1969: 29) – ist die Formulierung idealtypischer Modellvorstellungen, die im Wege des historischen Vergleiches Gleichartigkeiten, Unterschiede und Triebkräfte des Handelns internationaler Akteure aufdecken und die die je realhistorisch bestimmten Konfigurationen dieser Akteure eigenen charakteristischen Grundzüge aufzeigen. Schließlich hält der Traditionalist daran fest, dass wissenschaftliche Aussagen durch eine „... explicit reliance on the exercise of judgment...“ (Bull 1969: 20) – d.h. durch die Abhängigkeit von Werturteilen – gekennzeichnet sind. Das Geltungskriterium solcher Aussagen ist letztlich der Common Sense – der auf Alltagserfahrungen beruhende gesunde Menschenverstand; die durch ihn legitimierten Auffassungen und Annahmen können in der Regel in der je persönlichen Lebenserfahrung und in den methodisch nachprüfbar erworbenen Erkenntnissen des Wissenschaftlers Bestätigung finden. Im Gewande der Traditionalismus-Scientismus-Debatte hat die Auseinandersetzung der beiden skizzierten metatheoretischen Grundpositionen die Theorieentwicklung im Fach während der 60er und frühen 70er Jahre entscheidend geprägt (Übersicht: Jackson/Sorensen 2010, Kap. 2). Und auch die Auseinandersetzungen zwischen Positivisten und Post-Positivisten in den 80er und 90er Jahren lassen sich weitgehend unter diese klassische Streitfrage aller Sozialwissenschaften subsumieren. Wir fassen ihre Prämissen und Konsequenzen kontrapunktisch-tabellarisch (vgl. Abb. 5 am Beitragsende). Allerdings hat sie die Diskussion um die ontologisch-gestaltmäßige Beschaffenheit der Erkenntnisgegenstände des Faches nicht sonderlich weiter gebracht (Näheres Meyers 1993: 240ff). Vielmehr soll hier die These vertreten werden, dass diese Diskussion letztendlich immer wieder durch außerwissenschaftliche Entwicklungen neue Anstöße erhält. 3. Genese und Entwicklung von Theorien internationaler Beziehungen – Ihre Begründung findet diese These in dem Umstand, dass die Geschichte der Lehre von den Internationalen Beziehungen selbst (Meyers 1981) angesichts ihrer Entstehung als Folge des Ersten Weltkriegs zu begreifen ist als Geschichte einer „Kriseninterpretationsund Krisenbewältigungswissenschaft“ (Meyers 1990b), als Antwort der „scientific community“ auf außerwissenschaftliche, realhistorisch fassbare sozioökonomische und politische Krisenerscheinungen, die mit dem traditionellen analytischkonzeptionellen Instrumentarium der Diplomatiegeschichte (→ Diplomatie), des → Völkerrechts und der Politischen Philosophie nach 1919 nicht länger befriedigend gedeutet und bewältigt werden konnten. Die wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung des Faches – ebenso wie die spezifischen Ausprägungen seiner Theoriediskussion – lässt die enge Verschränkung außerwis- 286 Theorien der internationalen Beziehungen senschaftlicher Krisenerscheinungen und innerwissenschaftlicher (Neu)Formulierung ontologisch begründeter Annahmen über Erkenntnisinteresse, Fragestellung und Erkenntnisgegenstand immer wieder deutlich hervortreten. Dies gilt vor allem für drei inhaltliche Kontroversen, in denen es um die Bestimmung des für die Disziplin jeweils charakteristischen wissenschaftlichen Weltbildes ging: 1). Die in den 30er und 40er Jahren geführte Debatte zwischen Idealisten und Realisten (Grundpositionen in Abb. 6 am Beitragsende): angestoßen durch das Versagen des Völkerbundes und des Gedankens der kollektiven Sicherheit angesichts der aggressiven Expansion Japans, Italiens und NS-Deutschlands (Carr 1974). 2). Die vornehmlich in den 60er und 70er Jahren geführte Debatte zwischen Realisten und Globalisten (Grundpositionen in Abb. 7): angestoßen durch Phänomene und Politik der Integration (→ Theorien internationaler Verflechtung und Integration), befördert durch den quantitativ wie qualitativ erheblichen Aufstieg nichtstaatlicher Akteure internationaler Beziehungen, die die in der Souveränität wurzelnden Kompetenzen des Nationalstaates teils überwölben, teils unterlaufen – analytisch gefasst im Idealtyp der Transnationalen Politik, realpolitisch ausgedrückt in der Erosion der Rolle des Staates als des Hauptakteurs internationaler Beziehungen (Näheres Meyers 1997: 387ff). 3). Schließlich die die Ökonomisierung der Politik wie die Politisierung der Ökonomie reflektierende Debatte zwischen Globalisten und Neo-Realisten in den 70er und 80er Jahren. Ferner: angesichts der Entwicklungskrise der Dritten Welt, greifbar in den Phänomenen des Neoimperialismus, der Abhängigkeit, Ausbeutung und Unterentwicklung gilt diese Aussage auch für die Debatte zwischen den Vertretern erstweltlich – metropolitaner und drittweltlich – peripherer Theoriekonzepte (Grundpositionen in Abb. 8). Dem Ablauf der Theoriedebatte in den Internationalen Beziehungen können verschiedene Deutungsmodelle unterlegt werden. Aus westlicher – präziser: angloamerikanischer (Hoffmann 1987: 3ff) – Sicht könnte man als ihren Grundduktus den der durch die realhistorischen Zeitumstände jeweils angestoßenen Oszillation zwischen idealistischem und realistischem Weltbild begreifen (Dunne/Cox/Booth 1998), wobei allerdings dann die kontinentaleuropäisch-imperialismuskritische ebenso wie die drittweltlich-dependenzanalytische Denktradition außer Ansatz bliebe (kritische Aufarbeitung der Entwicklung bei Schmidt 2002). In Anlehnung an das wissenschaftsgeschichtliche Verlaufsmodell Thomas S. Kuhns wird oft behauptet, dass auch die Lehre von den Internationalen Beziehungen von einer Abfolge von Paradigma-Revolutionen geprägt sei (Menzel/Varga 1999). Zum Beleg wird auf die sogen. „Großen Debatten“ der Disziplin zwischen Idealismus und Realismus, Traditionalismus und Scientismus, Globalismus und Neorealismus, schließlich Positivismus und Postpositivismus verwiesen. Unseren Ausführungen im 2. Abschnitt zufolge vermengt diese Deutung jedoch in unzulässiger Weise ontologische und epistemologische Differenzkriterien. Denn: das wissenschaftliche Weltbild des Scientismus ist weitgehend realis- Theorien der internationalen Beziehungen 287 tischen – allenfalls methodisch-aussagenlogisch präzisierten – ontologischen Prämissen verpflichtet (Vasquez 1998). Von daher erscheint es sinnvoll, die Entstehung von Großtheorien nicht als inner-, sondern außerwissenschaftlich angestoßenen Vorgang zu deuten (Belege z.B. für den Realismus bei Guzzini 1998), d.h. das Konzept einer paradigmatischen Revolution – oder mit Stegmüller (1987: 280ff): die Annahme der Verdrängung einer Theorie durch eine Ersatztheorie – im Blick auf die Theorieentwicklung der Internationalen Beziehungen aufzugeben zugunsten eines Modells der Theorieverzweigung (Meyers 1990b: 57ff; ähnlich auch Waever 2007): die faktische Koexistenz ontologisch verschiedener wissenschaftlicher Weltbilder und Großtheorien (vgl. Abb. 9 am Beitragsende) im Fach ließe sich dann einleuchtender erklären. Mit Blick auf die Diskussion zwischen Anhängern überwiegend orthodoxpositivistischer Mainstream – und postmoderner Theorieansätze ließe sich die Theorieentwicklung in der Disziplin schließlich auch als Abfolge akademischgesellschaftlich institutionalisierter Diskurse, als Sukzession Großer Debatten begreifen. Diese entwerfen, schärfen und verfeinern wissenschaftliche Weltbilder, stellen einen Interpretationsrahmen zur Verfügung, innerhalb dessen „Wirklichkeit“ erst konstruiert, „Realität“ erst erfahrbar wird. Sie bilden das diskursive Unterfutter für je verschiedene „Epistemic Communities“, umreißen für deren Mitglieder „... the proper construction of social reality ...“ (Ruggie 1975: 570). Ähnlich wie Paradigmata der Naturwissenschaften befördern sie die Bildung von Schulen, vermitteln also die zwar innerwissenschaftliche, damit letztlich aber doch gesellschaftliche Konstruktion von Wissen. Aber sie umreißen eben auch „... the proper construction of social reality ...“ (unsere Hervorhebung!) – und entscheiden somit über Inklusion und Ausgrenzung oder zumindest Unterprivilegierung nicht nur bestimmter theoretischer Diskurse, sondern auch der an ihnen Beteiligten. Das akademische Schicksal einer an Marx’schen Kategorien orientierten Politischen Ökonomie der internationalen Beziehungen liefert ein hübsches Beispiel für die Negativ-Wirkung Großer Debatten – lange bevor die Anhänger postmoderner Ansätze die Stimmen der Marginalisierten, Unterprivilegierten und Ausgebeuteten dieser Welt wahrnahmen (Booth 1995). Kein Zweifel besteht in der Disziplin darüber, dass die oben skizzierten Idealismus-Realismus – sowie Traditionalismus-Scientismus-Debatten die beiden älteren Schichten dieser Große-Debatten-Sukzession darstellen. Die dritte Schicht wird teils von der Globalismus-Realismus-Kontroverse (vgl. Abb. 7), teils von der Inter-Paradigma-Debatte der frühen achtziger Jahre zwischen Realisten, Pluralisten und Strukturalisten beansprucht (Viotti/Kauppi 2009). Zur Diskussion stehen hier Prämissen und Grundannahmen verschiedener Großtheorien internationaler Beziehungen, die durch untereinander inkommensurable wissenschaftliche Weltbilder repräsentiert werden: dem Billard-Ball-, dem Spinnweb- und dem Schichttorten-Modell. Sie geben je unterschiedliche Antworten auf folgende Fragen: 288 – – – – Theorien der internationalen Beziehungen Wer sind die Hauptakteure der internationalen Beziehungen? Welches sind die Kernfragen der internationalen Beziehungen? Welches sind die Hauptprozesse der internationalen Beziehungen? Welches sind die hauptsächlichen Ergebnisse? Der Einfachheit halber werden die Antworten in Abb. 10 am Ende dieses Beitrags zusammengefasst. In epistemologischer Hinsicht ist die Inter-ParadigmaDebatte durch einen dreiwertigen Argumentationsduktus gekennzeichnet: 1. ihre Beschäftigung mit metatheoretischen Grenzziehungen zwischen ontologisch differenten wissenschaftlichen Forschungsprogrammen – oder ihr Paradigmatismus; 2. ihr Focus auf die diesen Programmen, Paradigmen, Großtheorien unterliegenden Prämissen und Annahmen oder ihr Perspektivismus; 3. schließlich ihre Abkehr vom methodologischen Monismus der positivistischen Orthodoxie, ihre antinaturalistische Wendung zur historischen wie gesellschaftlichen Kontingenz der Sozialwissenschaften im allgemeinen und der Internationalen Beziehungen im Besonderen, verbunden mit einer allmählichen Drift zum methodologischen Pluralismus – oder kurz: ihr Relativismus (Lapid 1989). Das Ensemble dieser Eigenschaften wird oft auch mit dem Stichwort PostPositivismus belegt. Ob diese Etikettierung besonders glücklich ist, mag allerdings mit Blick auf die vorherrschend scientistischen Methodologien des realistisch/neorealistischen wie des pluralistischen Paradigmas bezweifelt werden. Immerhin aber öffnet die Debatte die Perspektive auf bisher randständige, der klassischen Politischen Ökonomie Marx’scher Prägung unmittelbar oder mittelbar verbundene Großtheorien. Die Entwicklung der Debattensukzession hat – entgegen manch anderer Zählweise (Übersicht Mayer 2003) – inzwischen eine vierte Schicht erreicht. Ontologisch mag sie repräsentiert werden durch die Mitte der 90er Jahre revitalisierte Diskussion zwischen Realismus und (Wilsonianischem) Liberalismus (Baldwin 1993; Kegley 1995; Siedschlag 1997). Epistemologisch aber bezieht sie sich auf die seit Anfang der 90er Jahre entbrannte Auseinandersetzung zwischen rationalistischen und reflexiven/ konstruktivistischen Ansätzen der IB-Theorie – und greift damit die Unterscheidung zwischen Erklären und Verstehen als je verschiedenen Zugangsweisen zur Erkenntnis wieder auf, die wir bereits in der Traditionalismus-Scientismus-Kontroverse kennengelernt haben (Übersicht Schaber/Ulbert 1994; Kubálková/Onuf/Kowert 1998). Allerdings fällt sie im Vergleich methodisch sehr viel differenzierter und bewusster aus: sie konstatiert, dass die soziale Welt durch Interpretation der Beteiligten konstituiert wird, dass Menschen in einer symbolisch vermittelten Welt leben, die voller (selbstgesetzter) Regeln und Bedeutungen ist, und dass sie anderen oder Theorien der internationalen Beziehungen 289 Objekten gegenüber auf der Grundlage der Bedeutung handeln, die sie dem Gegenüber und/oder dem Handeln beimessen. Das Verstehen von Handeln erfordert folglich die Rekonstruktion der Regeln und Bedeutungskontexte, in die das Handeln eingebettet ist. Dies und die Kenntnis der Intentionen und Motive der Akteure konstituiert eine Sicht des Gegenstandsbereichs, die vom positivistischen Erklärungsmodell (vgl. Abb. 4 am Beitragsende) grundverschieden ist (paradigmatisch Wendt 1999). Realität wird gesellschaftlich gemacht, nicht analysefertig vorgefunden – und damit gelten eine Reihe nicht überwindbarer gegenseitiger Bezüge, Abhängigkeiten und Bindungen: einmal die der gegenseitigen Konstituierung handelnder Subjekte und gesellschaftlicher Strukturen („co-constitution“, Pettman 2000: 11ff), zum anderen die einer doppelten Hermeneutik: wenn die soziale Welt immer schon als interpretierte Welt erscheint, wird Sozialwissenschaft zur Interpretation von Interpretationsvorgängen. Im Gegensatz zu Alice im Wunderland, die durch ihren Spiegel hindurch sich in die Welt jenseits des Spiegelbildes begeben konnte, bleibt Wissenschaft immer im gesellschaftlich konstruierten Spiegelbild der Sprache, ihrer Konzepte, Denktraditionen, offenen und subkutanen Interessenbezüge, Weltbilder und Paradigmata gefangen. Dieses zuzugeben, macht den eigentlichen Fortschritt der Theoriediskussion der Gegenwart aus: die positivistischen Disziplinierungsversuche der Disziplin, die die Theoriedebatte des letzten Drittels des letzten Jahrhunderts oftmals mit einer gewissen vitriolischen Schärfe aufgeladen haben, machen Platz zugunsten der Anerkennung theoretischer Verschiedenheit als eines Wertes an sich (paradigmatisch Dunne/Kurki/Smith 2010). Ergänzende Beiträge Krieg und Frieden, Kooperationstheorien, Macht, Theorien internationaler Verflechtung und Integration. 290 Abb.1: Theorien der internationalen Beziehungen Theorien der Internationalen Beziehungen – Begriffsfeld Versuch, die geschichtliche Entwicklung der Begriffe, Problemstellungen und Lehrmeinungen des Denkens über internationale Beziehungen zu beschreiben; Darstellung des Ablaufs dogmengeschichtlicher Verknüpfung und Ausdifferenzierung „Verarbeitung“ des ideengeschichtlichen Fundus Ideengeschichte der internationalen Beziehungen beschreibende, analysierende und systematisierende Auseinandersetzung mit der organisatorischen Genese des Faches, der Entwicklung der Fachterminologie, der Definition von Untersuchungsgegenstand, Fragestellungen, Erkenntnisinteressen sowie der diese beeinflussenden wissenschaftsinternen und externen (historischen, politischen, gesellschaftlichen) Randbedingungen Wissenschaftsgeschichte der Internationalen Beziehungen (Sozial-)Philosophie der internationalen Beziehungen Theorie der internationalen Beziehungen Das auf Erarbeitung und/oder Klärung gesellschaftlicher Verhaltensnormen gerichtete Nachdenken über eine bereits bestehende internationale Gesellschaft oder der philosophische Entwurf einer neuen Sozialordnung, die die bestehende aufhebt; auch: Klärung der Frage, ob und in welcher Weise eine internationale Gesellschaft existiert und welche normative Gültigkeit ihre Geltungsgründe beanspruchen können deduktiv-systemanalytische Theorie axiomatische Konstruktion formaler Modelle; Formulierung allgemein gültiger Gesetzesaussagen über das Verhalten der Akteure Wissenschaftstheorie der internationalen Beziehungen a) Aufstellung explizit formulierter Merkmale zur Beurteilung der Wissenschaftlichkeit allgemeiner Aussagen, der Methodologie und Begriffslogik b) methodische Metareflexion auf Voraussetzungen, (Erkenntnis-) Leistungen und Grenzen jeglicher Erkenntnisbemühungen im Fach induktiv-empirische Theorie historisch-soziologische Theorie Beschreibung, Erklärung und Prognose internationaler Sachverhalte mit dem Ziel der Formulierung empirisch bestätigter Gesetzesaussagen über das Verhalten internationaler Akteure Verknüpfung der empirischen Untersuchung realhistorisch faßbarer Konfigurationen des internationalen Systems mit der Entwicklung idealtypischer Modellvorstellungen auf vergleichender Grundlage; Strukturanalyse und vergleichende Ursachenforschung 291 Theorien der internationalen Beziehungen Abb. 2: 1) 2) Theorieelemente und Theoriefunktionen Begriff Konstrukt Idealtyp Typologie (ontologische Theorie) Feststellung dessen, „was eigentlich ist“ Begriffsschema („conceptual framework“) Vortheorie („pre-theory“) Untersuchungsansatz („approach“) 3) Vermutung Hypothese Gesetz 4) Axion Proposition/Theorem/Lehrsatz 5) 1) Darstellungsmittel 2) Erklärungsmittel (explantive Theorie) Feststellung der Gründe: „Warum ist das eingetreten, was jetzt der Fall ist?“ 3) Rechtfertigungsmittel (validierende Theorie) Feststellung der Angemesenheit der Erklärung: „Warum gilt die Erklärung dessen, was jetzt der Fall ist?“ THEORIE Modell wissenschaftliches Weltbild Paradigma oder Großtheorie Abb. 3: Großtheorien internationaler Beziehungen Großtheorie Akteur Realismus Englische Schule Idealismus Nationalstaat Individuum Interdependenzorien- individuelle oder geselltierter Globalismus schaftliche Akteure Imperialismustheorien individuelle oder gesellschaftliche Akteure, die Klasseninteressen vertreten dependenzorientierter Globalismus (Dependenztheorien und Theorien des kapitalistischen Weltsystems) gesellschaftliche und nationalstaatliche Akteure, die Klasseninteressen vertreten Milieu StrukturprinzIp Staatenwelt als anarchischer Naturzustand vertikale Segmentierung, unlimitiertes Nullsummenspiel um Macht, Einfluss, Ressourcen vertikale Segmentierung, durch Norm und Übereinkunft geregeltes Nullsummenspiel universalistische Verfassung Staatenwelt als rechtlich verfasste internationale Staatengesellschaft Weltgesellschaft als internationale Gesellschaft derIndividuen transnationale Gesellschaft Internationale Klassengesellschaft kapitalistisches Weltsystern als Schichtungssystem von Metropolen und Peripherien funktionale, grenzübergreifende Vernetzung gesellschaftlich: horizontale grenzübergreifende Schichtung; (macht-)politisch: vertikale Segmentierung der imperialistischen Konkurrenten horizontale Schichtung nationaler Akteure im Weltsystem; strukturelle Abhängigkeit der Peripherien von den Metropolen; strukturelle Heterogenität der Peripherien 292 Abb. 4: Theorien der internationalen Beziehungen Kennzüge der positivistischen Orthodoxie in den internationalen Beziehungen Lehrsätze: Prämissen: – – – – – – Konsequenzen: – – – Weitere Folgerungen: – – – – – Korrespondenztheorie der Wahrheit methodologische Einheit der Wissenschaft Wertfreiheit wissenschaftlichen Wissens Trennung von Subjekt und Objekt Naturalismus Trennung vonTatsachen(behauptungen) und (Aussagen über) Werte(n) Postulierte Existenz einer „realen“ Welt (Objekt) unabhängig vom theoretischen Zugriff des Wissenschaftlers (Subjekt); theorienunabhängige Identifikation von Tatsachen in inter-subjektiv gültiger Beobachtungssprache: methodologischer Ausschluss idiosynkratischer Charakteristika/individueller (Subjekt-)Identitäten sichert der Sozialwissenschaft objektives Wissen intersubjektiv übertragbaren Charakters Postulat gleichartiger, von Zeit, Ort und Beobachter unabhängiger Regelmäßigkeiten in der natürlichen wie der sozialen Welt ermöglicht die Übertragung naturwissen-schaftlicher Untersuchungs- (und deduktiv-nomologischer) Theoriebildungsverfahren auf die Analyse gesellschaftlicher Phänomene Auf der Grundlage positivistischer Forschungsansätze/ Methodologien erzeugtes Wissen ist auf den Bereich der objektiven (d.h. empirischen) Welt beschränkt. Aussagen und Entscheidungen über Werte liegen außerhalb der wissen-schaftlichen Kompetenz Vernunftbegriff prädiziert auf die Zweckrationalität instrumentellen Handelns, das dem Akteur zur technischen Beherrschung seiner Umwelt verhilft Rationalisierung gesellschaftlichen Handelns durch dessen Prädizierung auf geplante Zweck-Mittel-Beziehungen, technisches Wissen, Entpersönlichung von Macht- und Herrschaftsbeziehungen sowie Ausdehnung der Kontrolle über natürliche und gesellschaftliche Objekte („Durchrationalisierung der Lebenswelt“). Voraussetzung: auf empirische Analyse gestützte Kalkulierbarkeit solchen Handelns und seiner Ergebnisse Theorie begreift sich als Problemlösungstheorie, die die Institutionen und Machtverhältnisse der vorgefundenen Realität als Analyserahmen akzeptiert und Kausalbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Phänomenen erklären will, um durch die Elimination von Störungen/Störungsquellen reibungsloses Handeln/Funktionieren gesellschaftlicher Akteure sicherzustellen Internationale Politik als Interaktion exogen konstituierter Akteure unter Anarchie, deren Verhalten allein durch Rekurs auf Charakteristika oder Parameter des internationalen Systems erklärt wird 293 Theorien der internationalen Beziehungen Abb. 5: Position der Traditionalismus-Scientismus-Debatte Traditionalismus Scientismus Erkenntnisinteresse Wissenschaftliche Beratung der Regierenden und politische Bildung der Regierten; wertende Stellungnahme und Verfahrensempfehlungen zu anstehenden politischen Entscheidungen auf der Grundlage der jeweiligen Forschungsergebnisse Fragestellung Bemühen um Verständnis der Politik auf der Grundlage der Einsicht in und des Wissens um historisch-gesellschaftliche Entwicklungen und Prozesse Erklärung, Beherrschung und Kontrolle politischer Prozesse in einer den Naturwissenschaften analogen methodisch exakten Verfahrensweise; Aufweis rational kalkulierbarer, empirisch abgesicherter Lösungen für außenpolitische und internationale Probleme, um politische Entscheidungsträger in die Lage zu versetzen, ihre Umwelt besser zu beherrschen. Die Auswahl einer Entscheidungsalternative aus der Menge aller möglichen bleibt den Entscheidungsträgern vorbehalten Bemühen um systematische Bestimmung und Ordnung der erfahrbaren Erscheinungsweisen des Politischen und empirisch evidenter Aufweis von (wiederholbaren) Zusammenhängen einzelner politischer Phänomene Politik ist eine spezifische Form des Verhaltens von Individuen in bestimmten Situationen und daher der (quantifizierend-) analysierenden wissenschaftlichen Beobachtung zugänglich. Gesellschaftliche Wirklichkeit ist in gleicher Weise wie die Wirklichkeit der Natur in sich eigengesetzlich; der Beobachter tritt ihr gegenüber und unterwirft sie seinem Untersuchungszugriff Gegenstandssicht a) Politik Politik ist eine spezifisch gesellschaftliche, sinn- und werthaltige, zielgerichtete Tätigkeit – eine Kunst, deren Nachvollzug insbesondere an historischen Beispielen gelernt werden kann. Historische und gesellschaftliche Tatbestände sind von denen der Natur zu scheiden und daher den naturwissenschaftlichen Erklärungsmustern in Form von Wenn-dann-Aussagen nicht zugänglich b) Internationa- konkurrenzhaftes Nullsummenle Politik spiel um Macht und Einfluss in einer anarchischen internationalen Staatenwelt, gekennzeichnet vom Sicherheitsdilemma und der herausragenden Rolle der Staaten als (fast) alleinige Akteure Prozess(muster-)haftes Verhalten von internationalen Akteuren im internationalen System Internationales System: die Gesamtheit der zueinander in angebbaren Struktur- und Funktionsbeziehungen stehenden internationalen Akteure 294 Theorien der internationalen Beziehungen Traditionalismus Untersuchungs- geisteswissenschaftlichmethoden hermeneutisch-ideographische, deskriptive oder normative Verfahren Geltungskriterium wissenschaftlicher Sätze Common Sense – d.h. auf nachvollziehbaren Alltagserfahrungen beruhender gesunder Menschenverstand Wertbezug Wissenschaftliche Aussagen sind gekennzeichnet durch explizite Abhängigkeit von Werturteilen Theorieverständnis a) Bildung von Idealtypen auf historisch-vergleichender Grundlage, die beim Verstehen und Klassifizieren konkreter historischer Tatbestände helfen b) Bildung einer allumfassenden (Handlungs-) Theorie der Internationalen Politik, die auf der Grundlage regelmäßigen Auftretens historischer Erscheinungsformen der internationalen Politik im Zeitablauf Anweisungen für künftiges Verhalten politi-scher Entscheidungsträger in vergleichbaren historischen Konstellationen zu formulieren erlaubt Scientismus analytisch-quantifizierende, nomothetische, teils amathematischstatistische Verfahren; Suche nach empirischen Regelmäßigkeiten auf induktivem Wege, Forderung nach formallogischer Konsistenz und Geschlossenheit der Aussagen Überprüfbarkeit aller aufgestellten theoretischen Aussagen (Propositionen) an der (beobachtungsgestützten) Erfahrung durch Verifikation oder Falsifikation Trennung von Tatsachenbehauptungen und Werturteilen; nur empirisch überprüfte Tatsachenbehauptungen genießen den Status wissenschaftlicher Aussagen, während Werturteile, weil erfahrungswissenschaftlich nicht belegbar, in einem Prozess gegenseitiger Kritik und Gegenkritik aus dem Fundus wissenschaftlicher, d.h. empirisch gehaltvoller, Sätze auszuschließen sind Streben nach einer allgemeinen, allumfassenden, empirisch überprüfbaren, in sich geschlossenen und logisch gültigen Theorie internationaler Beziehungen, die es erlaubt, gegenwärtige oder vergangene Konfigurationen und Handlungsabläufe des internationalen Systems zu beschreiben und zu erklären und künftige Konfigurationen und Handlungsabläufe vorherzusagen 295 Theorien der internationalen Beziehungen Abb. 6: Grundpositionen der Idealismus-Realismus-Debatte Idealismus Menschenbild Erkenntnisinteresse Fragestellung Gegenstand Hauptakteure der internationalen Politik Handlungsprämisse Handlungsziele Der Mensch ist von Natur aus vernunftbegabt; er orientiert sein Handeln an vernunftbegründeten und deshalb für ihn einsehbaren Normen oder Idealen, die sein Handeln auf den Fortschritt zum Besseren verpflichten Realismus Der Mensch ist eingebunden in die Widersprüche von Norm und Realität, von schöpferischer und zerstörerischer Verwirklichungsmöglichkeiten der Freiheit. Aus diesen Widersprüchen resultiert Angst, aus der Angst der Versuch, durch Machterwerb Sicherheit zu gewinnen Bewahrung des Weltfriedens Bewahrung des Weltfriedens durch Überwindung der Staaten- durch Einsicht in die Lehren der konkurrenz zugunsten einer in- Vergangenheit und deren Nutternationalistischzung zur Lösung der Probleme kosmopolitischen Weltgesellder Gegenwart schaft oder eines Weltstaates Welche Normen sind zu entWelche vergleichbaren, typischen wickeln, um politisches Handeln Bedingungen, Formen, Triebkräfte am Ziel der Verwirklichung des bestimmen die Beziehungen zwiWeltfriedens zu orientieren? schen den Staaten? Oder: Oder: Wie soll internationale Politik be- Wie ist internationale Politik tatschaffen sein? sächlich beschaffen? Weltgesellschaft als (im Entsteoffenes, multipolares Staatenhen begriffene) Weltgemeinschaft system ohne zentrale Entscheider Individuen und sozialen Grup- dungs- oder Sanktionsinstanz pen Individuen und deren gesellSouveräne Nationalstaaten schaftliche Zusammenschlüsse (auch: grenzübergreifende nichtgouvernementale Organisationen – INGOs) Analogie zum Gesellschaftsver- Analogie zum vorgesellschaftstrag und zur Innenpolitik: die den vertraglichen Naturzustand: anarchischen Naturzustand im mangels einer den einzelstaatliStaatsinnern überwindenden chen Souveränen übergeordneFaktoren lassen sich als ordten Zwangsgewalt befindet sich nungsstiftende Elemente auf der die Staatenwelt im Zustand ininternationalen Ebene reprodu- ternationaler Anarchie zieren und instrumentalisieren Herstellung einer internationalen Sicherung der staatlichen EigenFriedensordnung entwicklung und Durchsetzung des Nationalinteresses in einer dem Grunde nach feindlichen Umwelt; Stabilisierung des internationalen Staatensystems 296 Theorien der internationalen Beziehungen Idealismus typische Mittel zur Aufklärung über gemeinsame Verwirklichung Interessen der Ziele Erziehung zu normgerechtem Handeln Demokratisierung autokratischer Herrschaftsgebilde Förderung der kollektiven Sicherheit und der internationalen Zusammenarbeit spinnwebnetzartige Vermaschung internationaler Organisationen im Weltmaßstab Handlungsuniversaler Weltstaat bzw. unimilieu versales Weltgemeinwesen Strukturprinzip: horizontale Schichtung Charakteristikum Nichtnullsummenspiel der internatioDer auf Fortentwicklung der Pronalen Politik duktivkräfte und sich stetig ausbildender internationaler Arbeitsteilung beruhende Zuwachs an verteilbaren Wirtschaftsgütern im freihändlerisch verfassten internationalen System erlaubt die Befriedigung steigender Akteursansprüche aus der Zuwachsmasse des Weltsozialprodukts Realismus Erwerb, Erhalt, Vermehrung, Demonstration von Macht Sicherheits-, Bündnis- und Gleichgewichtspolitik notfalls militärische Selbsthilfe oder Gewaltanwendung zersplittertes Milieu der Staatenwelt Strukturprinzip: vertikale Segmentierung Nullsummenspiel Die Gesamtmenge der im internationalen Staatensystem verteilbaren Güter (Macht, Ressourcen, Einfluss) bleibt in aller Regel unverändert; in der Staatenkonkurrenz geht der Güterzuwachs eines Akteurs immer zu Lasten anderer Theorien der internationalen Beziehungen 297 Abb. 7: Grundpositionen der Realismus-Globalismus-Debatte Realistische Prämisse Globalistische Gegenpositionen Die Staaten sind die einzigen bedeutenden Akteure der internationalen Beziehungen. Zu erforschen sind daher ihre Motive und Verhaltensweisen – oder genauer: die Motive und Verhaltensweisen der sie nach außen vertretenden politischen Entscheidungsträger. Anderen internationalen Akteuren kommt allein in ihrer Funktion als Mittel, Agenten oder Auftragnehmern der Staaten Bedeutung zu. Staaten sind nicht die einzigen bedeutenden Akteure der internationalen Beziehungen. Manche internationalen Transaktionen und deren Resultate können nur im Hinblick auf die Motive und Verhaltensweisen internationaler gouvernementaler bzw. nichtgouvernementaler Organisationen oder Bürokratien, längerfristig bestehender oder ad hoc gebildeter transnationaler Koalitionen von Entscheidungsträgern und Beamten, multinationalen Konzernen, transnationalen gesellschaftlichen Gruppierungen oder anderen in der staatenzentrischen Sicht für bedeutungslos gehaltenen Akteuren erklärt werden. Internationale Beziehungen sind das Ergebnis von grenzüberschreitenden Aktionen internationaler Akteure, die das Ziel der Wahrung und Verbesserung ihres eigenen, in den Kategorien Pro-Kopf-Einkommen, Beschäftigungsniveau und Lebensqualität definierten Wohlstandes verfolgen. Die Bedeutung, die nationale Regierungen derartigen Zielen zumessen, und die innenpolitischen Vorteile oder Nachteile, die mit der Verwirklichung oder Nichtverwirklichung dieser Ziele verknüpft sind, lassen ihre Verfolgung als „high politics“ erscheinen. Die internationalen Beziehungen sind ein Nicht-Nullsummenspiel; Gewinne der Akteure resultieren aus einer kontinuierlich durch technischen Fortschritt und Verbesserung der internationalen Arbeitsteilung vermehrten Gesamtmenge gesellschaftlicher Ressourcen. Austragungsmodus des Spiels ist der der Kooperation. Alle wesentlichen Spielergebnisse nehmen die Form der Verteilung von Belohnungen unter den kooperierenden Akteuren an. Internationaler Einfluss resultiert aus dem gekonnten Umgang mit den Banden der internationalen Interdependenz, die die Akteure des internationalen Systems miteinander verknüpfen. Die Überzeugung anderer dient als Hilfsmittel bei der Erringung von Einfluss. Internationale Beziehungen sind das Ergebnis einzelstaatlicher außenpolitischer (Inter-)Aktionen, die das Ziel der Erhaltung der in Kategorien militärischer Macht sowie territorialer und/oder weltanschaulicher Herrschaft definierten nationalen Sicherheit (sog. „high politics“) verfolgen. Andere Ziele werden als „low politics“ definiert und belegen im Zielund Wertinventar der Staaten einen nachrangigen Stellenwert. Die internationalen Beziehungen sind ein Nullsummenspiel; der (Macht- und Status)Gewinn eines Akteurs im internationalen System geht zu Lasten eines/mehrerer/aller anderen Mitspieler. Der Austragungsmodus des Spiels ist der Konflikt; (militärische) Gewalt dient latent oder offen als Konfliktentscheidungsmittel Internationaler Einfluss resultiert aus dem Einsatz von oder der Drohung mit dem Einsatz von Macht, definiert als aktuelle oder potentielle militärische und/oder wirtschaftliche Handlungsbefähigung. 298 Theorien der internationalen Beziehungen Theorien der internationalen Beziehungen 299 300 Abb. 9: Theorien der internationalen Beziehungen Theoriegeschichtliche Entwicklungsstränge der IB-Theorie Gleichgewichtstheorem bei Thukydides Trennung von Ethik und Politik in der Philosophie Aristoteles’, maximierende politische Tugendlehre Ausbildung früher Souveränitätskonzepte im späten Mittelalter („rex est imperator in regno suo“) Säkularer Partikularstaatsgedanke bei Marsilius von Padua Gleichgewichtstheorem und Staatsraisongedanke (Machiavelli), Lösung der Politik aus dem scholastisch-normativen Kontext Kosmopolitische Ansatz der Stoa MITTELALTER Hochscholastik: bellum-justumLehre, Naturrechtsgedanke, Grundlegung völkerrechtlicher Theoreme (z.B. Thomas von Aquin) RENAISSANCE ABSOLUTISMUS Neorealismus, Struktureller Realismus Neomerkantilismus Theorie hegemonialer Stabilität Welt als Staatenwelt: BillardBall-Modell Humanistischer Pazifismus (Erasmus ), Begrenzung des jus ad bellum Konzept des „Ewigen Friedens“ als Produkt eines Völkerbundes Aufklärung: Vernunftgedanke und kosmopolitisches Ideal des 18. Jhdts. 19. JAHRHUNDERT Realismus (ab Mitte der 30er Jahre) als Reaktion auf das Scheitern des Idealismus an der Revisionspolitik Japans, NS-Deutschlands und Italiens Universalismus gedanke bei Dante Ausdifferenzierung des Völkerrechts und Trennung von Völkernaturrecht und gewillkürtem Völkerrecht, Begrenzung des jus in bello (Vitoria, Vasquez, Suarez) Merkantilismus: internationale (Wirtschafts-)Politik als Nullsummenspiel in der naturzuständlichen Staatengesellschaft Ausbildung des Konzepts vom Primat der Außenpolitik, internationale Politik als Machtpolitik Patristik: bellum-justum-Lehre bei Augustinus Utopien: Weltfriede durch Weltregierung (Cruce, Sully) Resolutiv-kompositive Konstruktion des Staates (more geometrico bei Hobbes); gesellschaftsvertragliche Überwindung des Naturzustandes der Individuen setzt das Naturzustandskonzept auf der nächsthöheren Ebene frei zur Beschreibung der Beziehungen in der Staatengesellschaft Konstruktion des Staates als eines autonomen internationalen Akteurs („persona ficta“ bei Pufendorf) Vernunftgedanke als Seinsprinzip in der Philosophie Platons optimierende politische Tugendlehre ANTIKE 20. JAHRHUNDERT Bürgerliche Politische Ökonomie (Hume, Smith, Ricardo): Arbeitsteilige Spezialisierung und Freihandel stärken den Weltfrieden (internationale Wirtschaftsbeziehungen als Nichtnullsummenspiel) Kritik der bürgerlichen Polit. Pazifismus/Internationalismus Ökonomie bei Marx und Engels: vor dem Ersten Weltkrieg internationale Politik als Ausdruck von Klasseninteressen Funktionalismus Imperialismustheorien (Lenin, Neofunktionalismus und Integra- Kautsky, Hilferding, Luxemburg) tionstheorien als Folge des Zweiten Weltkrieges Dependenz- Theorien des orientierter Glo- kapitalist. Interdependenzorientierter balismus Weltsystems Globalismus Regimetheorie Neoliberaler Institutionalismus Welt als Weltgesellschaft: Spinnweb von Assoziationen und Individuen Kritische Theorie der Internationalen Beziehungen Welt als kapitalistisches Weltsystem: Metropolen-Peripherie -Gegensatz Theorien der internationalen Beziehungen 301 Abb. 10: Eckwerte der Inter-Paradigma-Debatte Realismus Pluralismus Strukturalismus Hauptakteure Staaten Staaten und nichtstaatliche gesellschaftliche Akteure gesellschaftliche und nationalstaatliche Akteure, die Klasseninteressen vertreten Kernfragen und Hauptprobleme Internationale Anarchie; Sicherheitsdilemma; Machtstreben Transnationalismus und Interdependenz, aber keine klaren Problemhierarchien zwischen Sachgebieten Ausbeutung, Imperialismus, (Entwicklung der) Unterentwicklung in Zentrums-PeripherieRelationen Hauptprozesse Streben nach militärischer und/oder ökonomischer Sicherheit; Balance of Power Bargaining; Management von Problemkomplexen; Veränderung der Wertehierarchien Streben nach ökonomischer Dominanz Hauptergebnisse Krieg oder (negativer) Frieden Erfolgreiches Management komplexer Interdependenz Spaltung der Weltgesellschaft zwischen Zentrum und Peripherie; kontinuierliche Ausbeutung der (armen) Peripherie durch das (reiche) Zentrum Literatur Baldwin, David A. 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