xxx KRANKENBERICHT in Rahmen der Prüfung über einen Patienten der Medizinischen und Gerichtlichen Veterinärklinik I der xxx. Die Untersuchung findet am xx gegen xxx in den Räumen der oben genannten Klinik statt. Bei dem zu untersuchenden Tier handelt es sich um einen weiblichen Kuvaz mit dem Namen Babolna. Der Besitzer ist Herr X aus Y. Anamnese Im Januar 2001 wurde das Tier aufgrund einer Pyometra kastriert. Laut den Besitzern litt das Tier in den letzten 2 Monaten unter Vomitus ( 1mal in 2-3 Tagen), nüchtern kam gelber Schleim heraus. Die anderen Tiere, Hunde und Pferde, sind alle gesund. Die Patientin wird wie auch andere Hunde mit selbstgekochtem Futter gefüttert, wird in der Wohnung mit Gartenauslauf gehalten . Der Zustand des Tieres hat sich kontinuirlich verschlechtert. Es wurde vom Haustierarzt mit Cimetidin ( gegen die Magenübersäuerung) sowie mit Antiemetica Metoclopamid behandelt. Der Zustand der Patientin hat sich nicht gebessert. Den Besitzern ist vermehrte Aufnahme vom Wasser, vermehrter Harnabsatz, Durchfall (breiiger Kot) sowie Inappetenz aufgefallen. Das Tier wird 3 mal im Jahr entwurmt und regelmäßig geimpft. Signalement Bei dem Patienten handelt es sich um den kastrierten weiblichen Kuvaz namens Babolna. Das Fell ist von weißer Farbe. Das Gewicht beträgt 33,6 kg, der Schultermaß ca. 60cm. Die Hündin ist 8 Jahre alt. Klinische Untersuchung Allgemeine klinische Untersuchung Die Hündin ist zurückhaltend und zeigt kaum Interesse an der Umgebung. Der Entwicklungszustand entspricht dem Alter. Der Ernährungszustand ist schlecht. Der Pflegezustand ist gut, abgesehen von den geringgradigen Zahnsteinablagerungen. Das Tier belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Die Körperoberflächentemperatur ist physiologisch, die Körperinnentemperatur beträgt 38,4 °C. Die Hündin hat einen Puls von 120 Schläge/Min. Die Atemfrequenz liegt bei 80 Atemzügen/min, was auf die für Hunde mit langem Fell relativ hohe Raumtemperatur zurückzuführen ist. Das Allgemeinbefinden ist nicht gestört. Spezielle klinische Untersuchung 1.Haare, Haut und Unterhaut. Das Haar ist glatt, dicht und glänzend. Der Hautturgor ist erhalten und Elastizität, Dichte und Farbe der Haut sind ohne besonderen Befund. Ektoparasiten, äußere Verletzungen und Auflagerungen sind nicht vorhanden. 2.Schleimhäute. Die sichtbaren Schleimhäute sind von physiologischer Farbe , feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. 3.Lymphapparat. Die Nll. mandibulares, parotidei, cervicales, axillares proprii und poplitei superficiales sind von physiologischer Größe, Form, Konsistenz und Lage, verschieblich und nicht schmerzhaft. 4.Zirkulationsapparat. Die Episkleralgefäße sind abgegrenzt und fein gezeichnet. Die Rückfüllungszeit ist 2 Sekunden. Die Pulsfrequenz beträgt 120 Schläge/Minute und ist regelmäßig, gleichmäßig, kräftig. Die Herzfrequenz ist 120 Schläge/Minute. Der Herztöne sind intensiv, regelmäßig, gut voneinander abgesezt und ohne Nebengeräusche. 5.Atmungsapparat. Während der Untersuchung wurde kein Nasenausfluß beobachtet . Die Atmung ist costoabdominal. Die Auskultation ergab keine pathologischen Geräusche. 6.Verdauungsapparat. Die Zähne des Tieres weisen geringgradige Zahnsteinablagerungen auf. Die Zunge und Maulhöhle sind ohne besonderen Befund. Das Abdomen ist symmetrisch und bei der Palpation stark gespannt und geringgradig schmerzhaft. Der Anus ist geschlossen und mit Kot verschmutzt. Während der Untersuchung wurde weder Futter aufgenommen noch Kot abgesetzt. 7. Harn- und Geschlechtsapparat. Die Wasseraufnahme wie auch der Harnabsatz wurden während der Untersuchung nicht beobachtet. Die Nieren sind aufgrund der stark gespannten Bauchwand nicht palpierbar. Die äußere Geschlechtsorgane sind ohne besonderen Befund. 8.Bewegugsapparat. Die Hündin steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Die Bewegungen sind koordiniert und physiologisch. 9.ZNS und Sinnesorgane. Die Patientin ist ruhig und zurückhaltend. Oberflächen- und Tiefensensibilität sind erhalten. Ciliar-, Papillar- und Analreflex sind auslösbar. Das Hör- und Sehevermögen scheinen nicht beeinträchtigt zu sein. Weitergehende Untersuchungen Röntgen: Abdomen: Die knöcherne Begrenzung ist ohne besonderen Befund. Der Magen ist leer. In ihm befindet sich ventral eine Gasblase Der Darm weißt eine leichte Aufgasung auf. Der Rektuminhalt weist dichte Einschlüsse auf. Die Nieren sind darstellbar und weisen geringgradige Verdichtung auf. Die Harnblase ist ohne besonderen Befund. Die Leber ist abgrenzbar. Die Milz ist nicht darstellbar. Labor: 1.Blutuntersuchungen vom 20.09.01 1.1. Blutbild. Hb 7,5mmol/l Leukozyten 9,8 109/l Erytrozyten 5,28 1012/l vermindert Htc 0,33 l/l vermindert 1.2. Differtialblutbild. Monozyten Eosinophile Segmentkernige Lymphozyten Thrombozyten 5% 7% 76 % 12% 219 103/µl - 1.3. Blutwerte Leber. GPT (ALT) AP GLDH Ges. Eiw. Globulin Albumin Blutzucker Bilirub.ges. CPK Gallensäure 21 U/l 90 U/l 3,1 U/l 58,5 g/l 36,6 g/l 21,9 g/l 4,8 mmol/l 2 µmol/l 44 U/l 24,7 µmol/l 1.4. Blutwerte Niere Harnstoff Na K P Kreatinin Cl Ca++ 5,37 mmol/l 146 mmol/l 5,1 mmol/l 5,24 mmol/l erhöht 408,2µmol/l stark erhöht 114 mmol/l 1,20 mmol/l stark vermindert leicht erhöht leicht erhöht leicht erhöht geringgradig vermindert vermindert vermindert erhöht 2. Urinuntersuchung pH 5,9 Spez.Gew. 1018 Eiweiß +++ Hb ++ Harnstoff Kreatinin Harnsediment : Nierenepithelzellen geringgradig Erythrozyten zahlreich Leukozyten mehrere Bakterien +++ Diagnosen nach allen Tests wurde eine hypoproliferative Anämie und Glomerulopathie diagnostiziert. Differenzialdiagnosen Zu den Leitsymptomen Polydipsie und Polyurie ergeben sich folgende Differenzialdiagnosen: - Diabetes mellitus - Diabetes insipidus - renale tubuläre Glukosurie - postobstruktive Diurese - psychogene Polydipsie - Hypodrenokortizismus - Hyperadrenokortizismus - Polyzythämie - Hyperkalzämie - Nephropathie mit Kaliumverarmung - Auswaschung des Nierenmarks - Leberinsuffizienz - primäre Niereninsuffizienz - Glomerulonephritis Für die Proteinurie und Hypoalbuminämie renaler Ursache kommen folgende Differentialdiagnosen in Frage: - Glomerulopathie - Amyloidose Epikrise Glomerulopathie ist entzündliche bis degenerative Krankheit des Glomerulums. Zugrunde liegt eine Antigen-Antikörper-Reaktion, wobei in seltenen Fällen die Antikörper gegen Antigene auf der glomerulären Basalmembran gerichtet sind. Die Immunglobuline und Komplement werden auf der Basalmembran abgelagert. Wesentlich häufiger kommen Ablagerungen zierkulierender Antikörperkomplexe vor, bei denen die Antikörperreaktion gegen andere Antigene gerichtet sind: ANA bei Lupus erythematodes, Antikörpergegen FIP, FeLV, Viren des Respirationstrakts der Katze, gegen bakterielle Infektionen, gegen Dirofilaria immitis u.a. Infektionserreger. Glomerulonephritis kann auch bei folgenden Infektionserkrankungen auftreten: Hepatitis contagiosa canis, Ehrlichiose, Leishmaniose, Borelliose, Bakteriämie, Endokarditis; bei entzündlich verlaufenden Krankheiten: Pyometra, Polyarthritis, Prostatitis, Pankreatitis. Möglicherweise spielen auch familiäre Veranlagungen eine Rolle, wie eine Häufung bei Dobermann gezeigt hat. Aber auch bei Tumoren und zahlreichen Stoffwechselkrankheiten wurde die Glomerulopathie beobachtet. Die zirkulierende Immunkomplexe geraten auf dem Blutweg ins glomeruläre Filter, wo sie deponiert werden und Komplement aktivieren. Dieses zieht chemotaktisch Neutrophile an. Aus den Neutrophilen werden freie Sauerstoffradikale und lysosomale Enzyme freigesetzt, wodurch eine Schädigung des Glomerulums ausgelöst wird. Durch die Vorgänge werden bioaktive Mediatoren stimuliert, besonders Zytokine, Prostaglandine, Thromboxane, Leukotriene, Eikosonaide. Thromboxan führt zur Thrombozytenaggregation und zieht neutrophile Granulozyten chemotaktisch an. Dia Anlockung von Neutrophilen erfolgt auch durch Leukotriene, die außerdem zur einer Proliferation der Bindegewebszellen führen. Beide, Thromboxan und Leukotriene, veranlassen Gefäßkonstriktion und Kontraktion der Bindegewebszellen in den Kapillarschleifen der Glomerula. Dadurch kommt eine Ischämie mit nachfolgender Hypoxie zustande. Dem ist die Wirkung der Prostaglandine entgegengerichtet. In dem geschädigtem Gewebe werden außerdem Tumornekrosefaktor, Interleukin I, epidermaler und Thrombozyten-Wachstumsfaktor gebildet, die insgesamt zu der Bindegewebsproliferation, Adhäsion von Entzündungszellen, Thrombozytenaggregation, Fibrinablagerung, erhöhter Gefäßpermiabilität und Koagulation führen. Im Glomerulum werden durch diese Vorgänge eine Verdickung der Basalmembran und einen Zellprolifiration bewirkt, woraus eine erhöhte glomeruläre Permiabilität resultiert, so dass auch größere Moleküle hindurchtreten können. Dies führt zur Proteinurie mit Verlust hauptsächlich von Albumin, das so dem Kreislauf verloren geht. Die Folge ist eine Hypoalbuminämie mit Abfall des intravasalen onkotischen Drucks . Dadurch kann Wasser nicht im intravasalen Raum gehalten werden. Es entstehen Ödeme. Wenn Glomerulitis längere Zeit bestehen bleibt, kommt eine Hyalinisierung und schließlich Sklerose zustande, wodurch mononukleäre Zellen und Neutrophile angelockt werden die das Nephron infiltrieren. Dieser Zustand ist irreversiebel, das Glomerulum geht unter. Sobald ein Teil des Nephrons zugrunde geht, fällt das gesamte Nephron in der Funktion aus. Mit zunehmendem Ausfall von Nephronen sinkt schließlich der primäre Harn ab. Die noch intakten Nephrone übernehmen zunächst noch durcg verstärkte Funktion die Aufgaben der Niere. Aus der Glomerulitis entsteht eine Form der chronischen Niereninsuffizienz. Proteinurie und Hypoalbuminämie können als renale Ursache nur durch Amyloidose hervorgerufen werden. Die kann nur durch die Biopsie ausgeschlossen werden. Amyloid ist ein Protein-Polisaccharid-Komplex. Es wird hauptsächlich im Mesangium der Glomerula abgelagert. Es sind meistens sekundären Formen, die als Folgen von entzündlichen oder neoplastischen Krankheiten auftreten. Alle anderen oben erwähnten Differentialdiagnosen konnten bei den Untersuchungen nicht bestätigt werden. Um sich auf eine Prognose festzulegen und die Therapie zu bestimmen muß also eine Nierenbiopsie mit anschließender histologischer Untersuchung durchgeführt werden. Prognose Bei der Hyalinisierung und Amyloidablagerungen sind die betroffenen Glomerula verloren. In diesem Fall würde der Ausmaß der Schäden für die Lebenserwartung des Patienten ausschlaggebend sein. Wenn aber die nötige Therapie vorher angeleitet wird, durfte die Prognose auf „vorsichtig“ heraufgestuft werden. Therapie Stressvermeidung, da die Belastungen jeglicher Art die Niereninsufizienz verschlechtern können. Es muß eine individuelle Diät erstellt werden und auf mehrmals täglich verteilt werden. Besondere Beachtung muß der Versorgung mit hochwertigen Proteinen geschenkt werden, wobei die Gesamtproteinversorgung eher runtergefahren werden muß. Per Infusion soll Wasser-Elektrolythaushalt geregelt werden. Bei Hypokalzämie wird Kalzium in Form von Kalziumkarbonat 100 mg/kg KM gegeben. Bie Hyperphosphatämie werden phosphorbindende Substanzen gegeben werden. Aluminiumhydroxid als Pulver mit dem Futter oder als Tabletten 10 bis 30 mg/kg KM. Man kann die Anämie mit Erythropoetin begegnen nach eimen Schema 1 Woche 2x50 E/kg KM, 2 Woche 2x75 E/kg KM, ab 3 Woche 2x100 E/kg KM. Zur Minderung der Hypertonie werden ACE-Hemmer Enalapril oder Benazepril mit Dosis 0,25 mg/kg 1x bis 2xtäglich p.o. Nach 14 Tagen dann 0,5 mg/kg 2x täglich p.o. verwendet. Oder auch Amlodipin 0,05-0,1 mg/kg KM 1x täglich p.o. Da die Glomerulopathien Immunreaktionen zugrunde liegen werden auch Kortikosteroide in Verbindung mit Immunsupressiva verabreicht. Gegeben werden immunsupressive Dosen: Prednisolon, 2-5mg/kg KM, zweimal täglich. Bei gleichzeitiger Gabe von Azathioprin, 0,5-2mg/kg KM, einmal täglich, kann die Prednisolondosis halbiert werden. Auch die Anwendung von nichtsteroidalen antiphlogistika in niedriger Dosis ist empfohlen worden. Im Vordergrund steht dabei die Azetylsalizylsäure, die in einer Dosis von 0,5 mg/kg KM, einmal täglich, gegeben werden soll. Sie soll in dieser Dosis auch die Plättchenaggregation herabsetzen. Nolte bestreitet jedoch diese Wirkung bei dieser Dosis. Andere Angaben belaufen sich auf zweimal wöchentlich 25mg.