PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE LUDWIGSBURG SomSem 2015 :: Digitale Medien in der Biologie Lerntheoretische Grundlagen 1. Theorien der Lernpsychologie ergänzen sich gegenseitig Die aktuelle Diskussion in der Lernpsychologie unterscheidet 3 Lerntheorien bzw. grundlegende Positionen (Kerres, 2012; Höhne, 2013): Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktuvismus. Ein weiteres in der Literatur (Gluck, Mercado, Myers, 2010) erwähntes, in der Bildungsforschung noch nicht endgültig konsolidiertes, lerntheoretisches Modell ist der Konnektivismus [Rumelhart & McClelland (1986), Rey (2009)], nach dem (bestimmte) Lernprozesse mit neuronal-vernetzten, modular-kleinen Inhaltseinheiten unterstützt werden können. Einen zusammenfassenden Überblick zum Stand der lernpsychologischen Theorien zeigt Abbildung 1 [nach www.lernpsychologie.net, wikipedia und Vontobel (2006)]: Abb. 1: Lernpsychologische Theorien :: Zusammenfassender Überblick Behaviorismus Kognitivismus Konstruktivismus Das Gehirn wird als „Black Box“ angesehen, Menschliches Verhalten wird nicht nur deren innere Prozesse nicht von durch Umweltbedingungen, sondern über Interesse sind. kognitive, innere Prozesse erklärt. Lernen ein aktiver Konstruktionsprozess, in dem jeder Lernende eine individuelle Repräsentation der Welt erschafft. Verhalten wird als Ergebnis von verstärkenden und abschwächenden Faktoren auf-gefasst. Individuen reagieren nicht auf Reize aus einer objektiven Welt. Reize werden durch die Sinnesorgane aufgenommen, vom Gehirn interpretiert und danach zu einem subjektiven Sinneseindruck verarbeitet. Der Mensch wird unter der Metapher der biologischen Maschine betrachtet, die Informationen aufnimmt, verarbeitet, abspeichert und anwendet. John B. Watson forderte in den 1920er Jahren, alles Subjektive aus der Psychologie Die im Gehirn ablaufenden Prozesse — zu entfernen. z. B. Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Entscheidungsprozesse, Problemlösen, Burrhus F. Skinner behauptete in den Sprache — sollen verstanden werden. 1950er Jahren, dass Bewusstsein und freier Wille Illusionen seien. Menschliches Lernen ist ein Prozess des Verstehens und Verhalten beruht nach ihm auf gelernten Nachvollziehens und mündet in eine EinReaktionen auf Reize der Umwelt. sicht mit darauf folgender Bewertung. Lernen soll so aufbereitet sein, dass positive Erfolgserlebnisse eintreten. Skinner erstellte Regeln für ein programmiertes Lernen. Die Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt führt zum Erwerb von Methoden und Fähigkeiten für das Lösen von Problemstellungen. Dem Lernenden muss das Lernziel so genau wie möglich bekannt sein. Grundsätzliche als auch die gerichtete Aufmerksamkeit des Lernenden muss gewährleistet sein. Die Lernschritte müssen in logischer Abfolge zum Lernziel führen. Der Lernende soll 95% aller Lerneinheiten erfolgreich bestehen können. Fest vorgegebene Aufgaben werden so lange wiederholt, bis sie richtig gelöst werden. Durch Lob oder Lernerfolge werden Reize geschaffen, die die korrekt memorierte Information verstärken. Wer erfolgreich lernt, lernt lieber und besser! Wissen kann nicht von einer Person auf eine andere Person übertragen werden, sondern muss von jedem Menschen neu konstruiert werden. Konstruktivistisches Lernen ist das selbständige Entdecken von Lerninhalten. Lernen ist aktive Wissenskonstruktion durch den Lernenden. Neue Informationen mit bestehendem Vorwissen verknüpfen. Lernen ist ein individueller Vorgang, abhängig vom Vorwissen des Lernenden und der Lernsituation. Aufbereitung der Lerninhalte so, dass sie leicht verstanden werden können. Lernen ist die Konstruktion und Verfeinerung mentaler kognitiver Landkarten. Gedächtnisleistung der Lernenden verbessern, z. B. durch die Aktivierung von Vorwissen und Wiederholung. Wissen an sich ist nicht vermittelbar, sondern kann nur individuell selbst konstruiert werden. Kontrolle des gelernten Wissens und ein damit verbundenes Erreichen von Lernerfolgen (positives Feedback). S-R-Modell S-O-R-Modell S-O-R-Modell Stimulus Stimulus Stimulus Reaktion Organismus Organismus Reaktion Reaktion Die jeweils „neueren“ Theorien bzw. Positionen schließen dabei die „älteren“ bei der Konzeption digitaler Medien bzw. multimedialer Lehr-Lern-Systeme nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich — je nach anvisiertem Lernziel und vorhersehbaren Voraussetzungen beim Lernenden — gegenseitig. Die Bildungswissenschaften verfolgen hier den Ansatz des Pragmatismus [Kerres (2012), S. 128ff]: Die drei Lerntheorien sind also nicht „richtig“ oder „falsch“, sondern sollten sinnvoll (im Sinne des beabsichtigten Lernerfolges) bei der Konzeption — beim Design — eines Lehr-Lern-Systems kombiniert werden. PH Ludwigsburg Seminar „Digitale Medien in der Biologie“ :: Lerntheorien, Konzepte und Prinzipien Bearbeiter: Version: Toni Cramer 29.10.2013 1 PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE LUDWIGSBURG SomSem 2015 :: Digitale Medien in der Biologie Lerntheoretische Grundlagen 2 Multimediale Systeme lassen sich anhand theoretischer Konzepte charakterisieren Etwa seit dem Aufkommen grafischer Benutzeroberflächen [wikipedia] beschäftigt sich die Lernpsychologie mit den theoretischen Grundlagen digitaler Medien bzw. multimedialer Lehr-Lern-Systeme. Einen stark komprimierten Überblick zum aktuelleren Stand lerntheoretischer Konzepte und Prinzipien im Kontext des naturwissenschaftlichen Unterrichts zeigt diese Abbildung [Girwidz, Schaal u.a. (2006), ergänzt um Rey (2009)]: Abb. 2: Lerntheoretische Konzepte und Prinzipien multimedialer Systeme :: Zusammenfassender Überblick Oberflächliche Struktur (der Information und Interaktion) Multi-Medialität Multi-Modalität Lernmedien integrieren unterschiedliche digitale Medien, wie Texte, Bilder, Videos, Audios Parallele Nutzung unterschiedlicher Sinneskanäle zur Übermittlung von Informationen Multi-Codalität Interaktivität Darstellung von (gleichen) Informationen durch unterschiedliche Repräsentationen Lernmedien erlauben dem Lernenden Eingriffs- und Steuermöglichkeiten Tiefere Struktur (des Lernens) Konzepte Kognitive Flexibilität Fähigkeit, Wissen flexibel zu restrukturieren, um in einer neuen Situation für eine Problemlösung anwendbar zu sein Mentale Modelle Bildhafte Repräsentation eines realen Gegenstandes oder eines Prozesses im Bewusstsein eines Lebewesens Situiertes Lernen Lernen hängt ab von der Aktivität, dem Kontext sowie dem kulturellen Hintergrund einer Person Wissensstrukturierung Lernen erfolgt in zwei Teilprozessen: Strukturieren von neuem Wissen und verknüpfen mit vorhandenem Wissen Kognitive Belastung Lernen ist mit einer kognitiven Belastung verbunden, es kann daher erleichtert oder erschwert werden und die mit den Konzepten verbundenen „Prinzipien“ Multiple Repräsentation Restrukturierung Supplantation Vergleichende Repräsentation Verlinkung (Hypermedia) Abruf / Aktivierung Fokussierung Konstruktion Ersatz Anchored Instruction Simulieren und Modellieren realitätsnaher Fragestellungen Mind Maps, Concept Maps Limitierung des Arbeitsgedächtnisses Charts, Maps und Hypermedia Bestimmende Faktoren Advance Organizer Informationsfluss steuern, um kognitive Belastung anzupassen 3 Interaktive Medienmodule beim Klett Verlag Abb. 3. Prisma Biologie 2 Zum Lehrwerk PRISMA Biologie (Abb. 3) des Ernst Klett Verlages gibt es eine Online-Ergänzung, die insbesondere interaktive Medienmodule bereithält. Diese eignen sich für den Einsatz am interaktiven Whiteboard. Geben Sie als unter www.klett.de rechts oben in das Suchfeld den Buchlink g7xv2d ein. Wählen Sie daraufhin den Band Prisma Biologie 1A (Klassen 5/6) bzw. 2A (Klassen 7—10) aus. Passend zu den Kapiteln des ausgewählten Buches finden Sie eine Sammlung an Medienmodulen, wie z. B. das nebenstehend gezeigte „Modell einer Bakterienzelle“. Wählen Sie aus den Listen eigenständig 4 Medienmodule aus, die nun weiter von Ihnen untersucht werden. PH Ludwigsburg Seminar „Digitale Medien in der Biologie“ :: Lerntheorien, Konzepte und Prinzipien Bearbeiter: Version: Toni Cramer 29.10.2013 2 PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE LUDWIGSBURG SomSem 2015 :: Digitale Medien in der Biologie Lerntheoretische Grundlagen 4 Ihr Arbeitsauftrag: Charakterisieren Sie Medienmodule nach Konzepten und Prinzipien Lesen Sie zunächst den Artikel „Lerntheoretische Konzepte für Multimedia-Anwendungen zur Physik“ von Prof. Girwidz (PHL, 2004). Sie finden den Artikel unter www.sciencetonic.de im Bereich „Seminar PHL“ „Konzepte & Prinzipien“. Versuchen Sie anschließend, die ausgewählten Medienmodule nach den in Abb. 2 genannten „Lerntheoretischen Konzepten und Prinzipien für Multimedia“ einzuordnen. Die von Ihnen ausgewählten Medienmodule Medienmodul 1 Medienmodul 2 Medienmodul 3 Medienmodul 4 ((Tragen Sie hier den Titel ein)) Zu welcher oberflächlichen Struktur lässt sich das Medienmodul einordnen? Begründen Sie kurz ihre Wahl. Multi-Medialität Multi-Medialität Multi-Medialität Multi-Medialität Multi-Modalität Multi-Modalität Multi-Modalität Multi-Modalität Multi-Codalität Multi-Codalität Multi-Codalität Multi-Codalität Interaktivität Interaktivität Interaktivität Interaktivität In diesem Bereich sind Mehrfachnennungen möglich. Zu welchem Konzept lässt sich das Medienmodul einordnen? Begründen Sie kurz ihre Wahl. Kognitive Flexibilität Kognitive Flexibilität Kognitive Flexibilität Kognitive Flexibilität Mentale Modelle Mentale Modelle Mentale Modelle Mentale Modelle Situiertes Lernen Situiertes Lernen Situiertes Lernen Situiertes Lernen Wissensstrukturierung Wissensstrukturierung Wissensstrukturierung Wissensstrukturierung Kognitive Belastung Kognitive Belastung Kognitive Belastung Kognitive Belastung In diesem Bereich sind Mehrfachnennungen möglich. Zu welchem Prinzip lässt sich das Medienmodul einordnen? Kreuzen Sie an. PH Ludwigsburg Seminar „Digitale Medien in der Biologie“ :: Lerntheorien, Konzepte und Prinzipien Bearbeiter: Version: Toni Cramer 29.10.2013 3 PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE LUDWIGSBURG SomSem 2015 :: Digitale Medien in der Biologie Lerntheoretische Grundlagen Medienmodul 1 Medienmodul 2 Medienmodul 3 Medienmodul 4 Kognitive Flexibilität Kognitive Flexibilität Kognitive Flexibilität ((Tragen Sie hier den Titel ein)) Kognitive Flexibilität Multiple Repräsentation Multiple Repräsentation Multiple Repräsentation Multiple Repräsentation Restrukturierung Restrukturierung Restrukturierung Restrukturierung Supplantation Supplantation Supplantation Supplantation Vergleichende Repräsentation Vergleichende Repräsentation Vergleichende Repräsentation Vergleichende Repräsentation Verlinkung (Hypermedian) Verlinkung (Hypermedian) Verlinkung (Hypermedian) Verlinkung (Hypermedian) Mentale Modelle Mentale Modelle Mentale Modelle Mentale Modelle Abruf / Aktivierung Abruf / Aktivierung Abruf / Aktivierung Abruf / Aktivierung Fokussierung Fokussierung Fokussierung Fokussierung Konstruktion Konstruktion Konstruktion Konstruktion Ersatz Ersatz Ersatz Ersatz Situiertes Lernen Situiertes Lernen Situiertes Lernen Situiertes Lernen Anchored Instruction Anchored Instruction Anchored Instruction Anchored Instruction Simulieren und Modellieren realitätsnaher Fragestellungen Simulieren und Modellieren realitätsnaher Fragestellungen Simulieren und Modellieren realitätsnaher Fragestellungen Simulieren und Modellieren realitätsnaher Fragestellungen Wissensstrukturierung Wissensstrukturierung Wissensstrukturierung Wissensstrukturierung Mind Maps, Concept Maps Mind Maps, Concept Maps Mind Maps, Concept Maps Mind Maps, Concept Maps Charts, Maps und Hypermedia Charts, Maps und Hypermedia Charts, Maps und Hypermedia Charts, Maps und Hypermedia Advance Organizer Advance Organizer Advance Organizer Advance Organizer Kognitive Belastung Kognitive Belastung Kognitive Belastung Kognitive Belastung Limitierung des Arbeitsgedächtnisses Limitierung des Arbeitsgedächtnisses Limitierung des Arbeitsgedächtnisses Limitierung des Arbeitsgedächtnisses Bestimmende Faktoren Bestimmende Faktoren Bestimmende Faktoren Bestimmende Faktoren Informationsfluss steuern, um kognitive Belastung anzupassen Informationsfluss steuern, um kognitive Belastung anzupassen Informationsfluss steuern, um kognitive Belastung anzupassen Informationsfluss steuern, um kognitive Belastung anzupassen PH Ludwigsburg Seminar „Digitale Medien in der Biologie“ :: Lerntheorien, Konzepte und Prinzipien Bearbeiter: Version: Toni Cramer 29.10.2013 4