Sozial-kognitive Lerntheorie der Massenkommunikation Seminar: Sportmedienpsychologie SS 2002 Christina Witt [email protected] Schlüsselwörter: Sozial-kognitive Lerntheorie der Massenkommunikation, Gewalt Einführung Die möglichen Effekte der Gewalt in den Medien wurde nach den Schüssen am Erfurter Gutenberg-Gymnasium im April 2002 wiedereinmal das Thema großer Diskussionen und öffentlicher Auseinandersetzungen. Der Fingerzeig ging sofort in Richtung Gewaltverherrlichung in Film, Fernsehen und Videospielen. Doch kann man die Medien wirklich allein dafür verantwortlich machen und übertragen die Menschen tatsächlich aggressives Verhalten aus den Medien in die Realität? Sozial-kognitive Lerntheorie Während in der instrumentellen Lerntheorie Verhaltensänderungen ausschließlich als Reaktion auf Umweltreize gesehen wird, die bestärkende oder hemmende Funktion haben können, geht Albert Bandura (1979/1989/ 1994) davon aus, dass Menschen lernen, indem sie das Verhalten anderer Personen beobachten und dieses als Modell nachahmen (Bonfadelli, 1999, S.119). Die sozial- kognitive Theorie erklärt psychosoziale Funktionalität in der Art einer wechselseitigen Ursächlichkeit. Verhalten, kognitive, biologische und andere persönliche Faktoren und Umweltereignisse operieren als aufeinander einwirkende Faktoren die sich gegenseitig in zwei Richtungen beeinflussen(Bandura, 1994, S.62). Die meisten externen Faktoren beeinflussen das Verhalten durch kognitive Prozesse. Kognitive Faktoren wiederum bestimmen, welche Umwelteinflüsse beobachtet werden, welche Bedeutung ihnen zukommen wird, ob sie einen dauerhaften Effekt zurücklassen, welche emotionalen Wirkungen und motivationalen Kräfte sie haben werden und wie die Informationen die sie vermitteln für den späteren Gebrauch organisiert sind. Solche kognitiven Modelle werden mit Hilfe von Symbolen gebildet. Durch Symbole lassen Menschen ihren Erfahrungen Bedeutung, Form und Kontinuität zukommen. Allgemein versucht Bandura also herauszufinden wie Menschen lernen und weshalb sich Menschen auf eine bestimmte Art und Weise verhalten. Grundlage Banduras` Ansatzes ist die Frage: Wie gelangen interne Verhaltensdeterminanten ins Gedächtnis, und wie verändern sie sich dort mit neuen Erfahrungen? Man unterscheidet da zum Einen die direkten Erfahrungen, welche z.B. die Konfrontation mit der Umwelt oder das Lernen von erfolgreichem Verhalten beinhaltet. Des weiteren existieren die stellvertretenden Erfahrungen, in welcher man andere Personen beobachtet und deren Verhalten aneignet. Zusätzlich gibt es noch die Instruktionen, aus denen man aus verbaler und bildlicher Beschreibung lernt. Banduras Ansicht besteht weiterhin darin, dass der Mensch erfolgreich und anpassungsfähig ist, weil er andere Menschen beobachtet, sensorische Reize aufnimmt, das Gedächtnis dies speichert und er so neue Verhaltensweisen lernen kann. Aufmerksamkeitsprozesse, Behaltensprozesse, Reproduktionsprozesse und Motivationsprozesse sind Faktoren, die sozial-kognitives Lernen beeinflussen. Zusammenfassung Verschiedene Theorien haben die Konditionen untersucht unter welchen das Schauen von Gewaltmedieninhalten zu aggressivem Verhalten führen kann. Dieses sind Theoriengruppen deren Erklärungen für den Prozess der Gewaltmedieninhalte auf Effekte eines kognitiven Prozesses zurückzuführen sind. Die dominante kognitive Annäherung um Gewaltmedieninhalte und aggressives Verhalten zu verbinden basiert auf dem Lernen (Perse, 1999, S.204) Das Aufkommen des TV vergrößerte die Zahl der verfügbaren Verhaltensmodelle für Kinder und Erwachsene gleichermaßen (v.a. im Unterhaltungsprogramm). Diese nehmen die Aufmerksamkeit so nachdrücklich gefangen, dass Zuschauer vieles von dem, was sie sehen, lernen, ohne dass sie dazu weiterer Anreize bedürfen. Direkte Beobachtungen von Aktivitäten von Kindern auf dem Spielplatz einer kanadischen Stadt z.B. ergaben, dass Kinder 2 Jahre nach der Einführung von TV körperlich und verbal aggressiver wurden. Voraussetzungen für solche Effekte sind, dass die Handlungen beobachtbar, hervorstechend und leicht verständlich sind. Das heißt also, dass die sozial-kognitive Lerntheorie die Auffassung vertritt, dass Gewalt in den Medien zu einem aggressiveren Verhalten führt, da der Rezipient das Geschehen beobachtet und in der Folge auch so handelt. Kritik Sozial-kognitive Lerntheorie kann nicht die Effekte der Medieninhalte erklären die aus einer Tat schließen. So ist es eben nicht möglich den Erwerb von Verhalten zu erklären, welche nicht in den Massenmedien geformt wurden (z.B. Bolemie). Weiterhin braucht der Beobachter kognitive Fertigkeiten ( sensorische motorische Systeme etc.) , die bei Kindern noch gar nicht in dem erforderlichen Maße ausgebildet sind. Natürlich spielen weiterhin bei Kindern die Eltern, Geschwister, Altersgenossen und Lehrer eine zentrale Rolle, so dass Medieninhalte nur eine Quelle des sozialen Lernens darstellt. Diskussion Es stellt sich doch hier sofort die Frage, ob es überhaupt möglich ist und wenn wie, den Einfluss der Medien zu beschränken. Dabei muss man aber auch bedenken, dass soziales Lernen ja eigentlich etwas Positives ist. Wie kann man also „Spreu von Weizen“ trennen und wo fängt man an? Ausblick Es gibt immer noch einige Gelehrte, die die kausale Folgerung zwischen Gewalt in den Medien und aggressivem Verhalten bestreiten, aber die Interessen der anderen gehen jetzt eher zu der Frage über, wie sich die Effekte bemerkbar machen und nicht mehr ob Gewalt in den Medien überhaupt einen Effekt hat. Literatur Bandura,A. (1994). Social Cognitive Theory of Mass Communication. In: J.Bryant, & D. Zillman. Mediaeffects: advances in theory and research , 61-90. Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates, Inc., Publishers Bonfadelli, H. (1999). MedienwirkungsforschungI: Grundlagen und theoretische Perspektiven. Konstanz: UVK MedienVerlagsgesellschaft mbH. Perse, E.M. (1999). Media Effects and Society.