Frühlingswald-Exkursion vom 10.4.1999 Groß-Karben Wetterau Auf dieser Exkursion behandelten wir folgende Themen: 1. Mit welchen Organen überwintern die Frühblüher(Blüte bis Mai), die wir im Laufe unsere Wanderung trafen? 2. Worin liegen die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten der beiden Biotope Ackerrand und Laubwald? Teil 1 Beschreibung der beiden Biotope An den Ackerrändern, die oft nur eine Breite von nur wenigen handbreit aufweisen, entwickelte sich ein eigener Bereich von Lebensformtypen, bestehend aus Pflanzen, die den besonderen Bedingungen der Feldränder angepaßt sind. Trotz des begrenzten Lebensraum, weißt der Ackerrand eine beträchtliche Pflanzenartenvielfalt von Therophyten,d.h. einjährige Pflanzen auf. Von diesen überwintern lediglich die Diasporen. Diese Pflanzen sind besonderen Streß ausgesetzt. So bekämpft der Bauer die Wildpflanzen mit Herbeziden. Dadurch sind viele Arten auf eben diesen schmalen Streifen zurückgedrängt und etliche sind auch nicht mehr Konkurrenzfähig. Die Annualität der Pflanzen, die hier am Feldrande vorherrscht, ist dadurch begründet, das der Bauer ein jedes Jahr den Boden aufeggt und pflügt, wodurch mehrjährige Pflanzen zerstört werden. Auch Geophyten, die mit Zwiebeln oder ähnlichen Speicherorganen überwintern, haben unter diesen Bedingungen schlechte Karten, weil durch das Pflügen die Zwiebel dann oben liegt und im nächsten Winter kaputt geht. Gute Bedienungen haben hier also tatsächlich nur Therophyten, Pflanzen, die nur einjährig sind, die dann im Frühjahr unheimlich lospowern in Puncto Geschwindigkeit, um ihren Vegetationszyklus abgeschlossen zu haben, bevor der Bauer mit dem Pflug kommt. Eine weiterer Trick der Pflanzen besteht darin, daß die Pflanzen unheimlich viele Diasporen produzieren, wie zum Beispiel die Mohnblume, die Tausende von Diasporen produziert. Auf diese Weise bleibt auch trotz der obengenannten Faktoren einiges liegen. Dieses kann dann im nächsten Jahr auswachsen und das was im Boden liegen bleibt, das überschreibt man dann mit dem Begriff der Samenbank. Das heißt, im Boden liegen Diasporen, sozusagen auf Abruf, um bei günstigen Bedingungen auszukeimen. Die Diasporen sind natürlich unterschiedlich haltbar, bei Chenopodium kann sie bis zu einige hundert Jahre betragen. Doch auch die Samenbanken können erschöpfen, dies ist besonders schlimm bei Arten wie zum Beispiel der Kornblume, die früher auf Getreidefeldern besonders häufig war und nun immer mehr verschwindet, weil eben die Samenbanken erschöpft bzw. gestört sind und das Getreide stärker gereinigt wird als in früheren Jahren. Durch eben diese intensive landwirtschaftliche Nutzung tritt schon eine Verarmung der Arten auf. Durch besondere Arten der Felderbewirtschaftung, wie zum Beispiel der Dreifelderwirtschaft, liegen einige größere Flächen brach. Diese werden dann von Pflanzen gestörter Standorte , wozu landwirtschaftliche Nutzflächen zählen, besiedelt. Wie am Feldrand, halten einige Pflanzen den Konkurrenzdruck nicht stand, andere haben auch hier ihre optimale Strategie entwickelt, z.B. Einjährigkeit, hohe Samenproduktion, Lospowern im Frühjahr. Neben diesen brachliegenden Flächen gibt es noch schmale Streifen, die auf Dauer brach liegen, wo auch Arten einmal groß werden können ohne Störung, und wo dann auch mehrjährige Pflanzen, wie zum Beispiel Büsche, sich ansiedeln können. Durch sie wird dann der Wind gebrochen, was auch positiv ist für die Landwirtschaft, denn durch die Windbrechung wird die Bodenerosion gemildert. Wir verlassen nun den Bereich des Feld- und Ackerrandes und kommen nun zum Waldrand, wo ein größerer Artenreichtum herrscht. Hier gibt es vielerlei verschiedener Laubhözer, Buche, Eiche usw. Diese Phanaeophyten überwintern mit Hilfe ihres Stammes. Den Streß durch Trockenheit und Kälte im Winter vermeiden sie, indem sie im Herbst die Blätter abwerfen. Der Nachteil besteht im hohen Energieverbrauch im Frühjahr, um neue Blätter zu bilden. Der Frühlingswald ist noch wenig grün, wodurch das Lichtklima am Waldboden im Frühjahr günstig ist. Viel Licht fällt jetzt auf der Boden, was charakteristisch ist für den jetzigen Zustand des Waldes. Auf Böden mit hohem Stickstoffgehalt finden wir häufig die Brennessel. Sie ist eine Zeigerpflanze für hohen Stickstoffgehalt des Bodens. So hat man eine Skala erstellt aus verschiedenen Pflanzenarten, denen man willkürlich Verschiedene Zeigerwerte zugeordnet hat auf einer Skala von 1 bis 9. Die Brennessel besitzt für Stickstoff einen hohen Wert von 9-10. Auf dem Waldboden befindet sich jetzt eine Menge verrottetes Laub, die sogenannte Streuschicht, die einen weiteren Grund für die Fülle an Frühblühern darstellt. Denn in der Streuschicht ist die Temperatur höher als an laublosen Stellen, wie beispielsweise den Wegen. Die Streuschicht erwärmt sich stark im Vergleich zu anderen Regionen und gibt auch die Wärme nur schlecht wieder ab. So wird der Boden aufgeheizt, wodurch dann die Stoffwechselprozesse, wie der Abbau von Stärke, beschleunigt ablaufen können. Durch das noch gute Lichtklima können dann die Bodenpflanzen des Waldes auch noch gut Photosynthese betreiben und - ähnlich wie die Pflanzen am Feldrand - rasch ihren Vegetationszyklus durchlaufen und in kurzer Zeit ihren Bestand sichern. Der Streßfaktor, der hier im Walde wirkt, ist die Tatsache, das nach dem Auswachsen der Blätter der Bäume kein Licht mehr auf den Waldboden fällt. Neben diesen physikalischen Bedingungen, Streuschicht und Lichtklima, besitzen auch die Pflanzen selbst besondere Überwinterungsorgane, um dann im Frühjahr schnell zu keimen. Im Gegensatz zu den Ackerrandpflanzen existieren hier auch etliche Geophyten, die mit Hilfe von Rhizomen (Buschwindröschen), Wurzelknollen (Schabockskraut), Sproßknollen (Aronstab) oder Zwiebeln (Bärenlauch) überwintern. Rhizome sind Metamorphosen von ursprünglich überirdisch gelegenen Sprossen, die sich nun unter der Erde befinden und dort überwintern. Wurzel- und Sproßknollen stellen dagegen Verdickungen der Wurzel bzw. des Sprosse dar. Diese dienen dann im Winter als Speicher- und Überwinterungsorgan. Zwiebeln dagegen sind umgewandelte, dicke, fleischige Blätter, die ebenfalls der Speicherung von Nährstoffen und der Überwinterung dienen. Teil 2 Beschreibung einiger Pflanzen vom Ackerrand und aus dem Frühlingswald Stadt: Amelanchier ovalis Gemeine Felsenbirne Rosengewächs Charakteristika: Sträucher oder kleine Bäume, die Blätter sind ungeteilt, von ovaler Form und scharf gesägt, in der Jugend unterseits weißfilzig. Die weißen Blüten stehen in Trauben. Phanaeophyt Prunus spinosa Schlehdorn oder auch Schlehen Rosengewächs Charakteristika: Der Schlehdorn ist ein bis ca. 3m hoher sparriger Strauch mit in Dornen auslaufenden Kurztrieben, doppelt gesägten Blättern und kleinen weißen, einzeln oder zu Zweien im Vorfrühling an laubblattlosen Blütenkurztrieben erscheinende Blüten. Phanaeophyt Ackerrand: Lamium purpureum rote Taubnessel Lippenblütler Charakteristika: Die Taubnessel ist ein Lippenblütler, der Name rührt daher, das die Blätter denen der Brennessel täuschend ähnlich sehen, jedoch keine Brennhaare besitzen. Der Stengel ist vierkantig und die Blätter stehen gegenständig. Sie produziert Ätherische Öle, die kleine Tiere, wie zum Beispiel Insekten anlocken. Therophyt Arctium kolletorum Klette Korbblütler Charakteristika: Die Klette ist eine zweijährige Krautpflanze mit großen dreieckigen Blättern. Der Name Klette rührt von den Früchten her: Die Hüllblätter tragen außen kleine Haken. Mit diesen haken sich nun die Früchte im Fell von Tieren oder auch den Kleidern des Menschen fest, wodurch ihre Verbreitung erfolgt. Laminum amplexicaule Stengelumfassende Taubnessel Lippenblütler Charakteristika: Von der roten Taubnessel läßt sie sich wie folgt unterscheiden: Die Tragblätter der Blütenquirle umfassen ganz den Stengel, die rote Taubnessel besitzt nur kurzgestielte, bisweilen auch sitzende Tragblätter. Die Blätter sind auch stärker gezahnt als die der roten Taubnessel. Therophyt Capsella bursa-pastoris Gemeine Hirtentäschelkraut Kreuzblütler Charakteristika: Das Hirtentäschelkraut sind niedrige, ein- bis zweijährige Kräuter mit weißen Blüten und dreieckigen, verkehrt-herzförmigen Schotenfrüchten, die den Hirtentaschen frühere Zeiten ähneln, daher der Name. Therophyt Veronica hederaefolia Efeublättriger Ehrenpreis Rachenblütler Charakteristika: Der Ehrenpreis ist eine krautige Pflanze mit eben efeuförmige, gegenständigen Blättern und kleinen blauen Blüten. Die Verbreitung erfolgt mit Hilfe von Ameisen, da die Samen ein ölhaltiges Anhängsel besitzen, welches gerne von Insekten gefressen wird. Therophyt Wald: Quercus robur Stieleiche Buchengewächse Charakteristika: Die Stieleiche wird bis zu 50 Meter hoch, besitzt einen mächtigen, oft in Teilstämme aufgelöster Stamm mit ausladender Krone. Die Blüten sind unscheinbar, die männlichen hängen. Die Früchte sind die bekannten Eicheln, bei der Stieleiche bestielt. Die Äste sind knorrig, die Borke ist dunkel, mit tiefen Rissen, jedoch nicht abblätternd. Phanaeophyt Fagus silvatica Rotbuche Buchengewächse Charakteristika: Die buche wird bis zu 30 Meter hoch. Die Blüten sind unscheinbar, die männlichen stehen in kugeligen Blütenständen, die weiblichen sind lang gestielt und hängend. Die Früchte sind die Bucheckern. Sie sind leicht giftig. Der Stamm ist rund, die Äste sind dicht verzweigt. Die Borke ist silbergrau, glatt und nicht abblätternd. Phanaeophyt Convallaria majalis Maiglöckchen Liliengewächse Charakteristika: Das Maiglöckchen ist eine bis 20 cm hohe Staude mit grundständigen, elliptischen Blättern. Die Blüten sind nickend, grünlichweiß und wohlriechend. Je 5-8 Blüten bilden eine Traube. Geophyt Stellaria olostia Große Sternmiere Nelkengewächs Charakteristika: Die Große Sternmiere ist bis zu 30 cm hoch. Sie hat einen vierkantigen Stengel, sowie sitzende, gegenständige, lanzettliche Blätter. Ihre Blüten sind weiß und größer als die Gemeine Sternmiere. Anemone nemorosa Buschwindröschen Hahnenfußgewächse Charakteristika: Das Buschwindröschen ist eine Staude mit einem läuferartigem unterirdischen Rhizom. Welches überwintert. Dieses Rhizom ist ein Erdsproß, eine Metamorphose des normalen Sprosses. Es besitzt kein radiales Leitbündel, keine Calypra, dafür kleine schuppenförmige Blättchen, die Niederblätter. Der Blütenstiel besitzt einen Quirl aus drei fiederschnittigen Hochblättern und eine weiße Blüte, deren Fruchtblätter nicht verwachsen sind. Geophyt Polygonatum multiflorum Vielblütiges Salomonsiegel Liliengewächse Charakteristika: Der Salomonsiegel ist eine ausdauernde Pflanze mit eiförmig-lanzettlichen Blättern. Er besitzt ebenfalls einen unterirdischen, weißliches Rhizom, an dem abgestorbene oberirdische Sprosse siegelartige Narben hinterlassen. Er wird 30 bis 100 cm hoch. Er hat nickende, weiße, an der Spitze grünliche Blüten. Geophyt Arum maculatum Gefleckte Aronstab Aronstabgewächse Charakteristika: Der Aronstab bildet Stauden mit pfeil- oder spießförmigen Blättern und einem knolligen Wurzelstock. Bei polyploiden Pflanzen weisen die Blätter dunkle Flecken auf. Die Beerenfrüchte sind scharlachrot und sehr giftig. Zur Fortpflanzung verwendet er eine Kesselfalle: Ein tütenförmiges Hüllblatt umgibt einen keulenförmigen Kolben, an dem die unscheinbaren Blüten sitzen, die männlichen im oberen, die weiblichen im unteren Teil des Kolbens, wo das Hüllblatt einen Kessel bildet. Durch Aasgeruch angelockt, fallen Fliegen auf der wachsglatten Oberseite des Hüllblattes in den Kessel hinein, dabei streifen sie an den Staubblättern entlang. Durch eine Reuse aus Haaren wird ihnen der Ausgang versperrt. Nachdem Bestäuben der weiblichen Blüte welkt das Hüllblatt, so daß die Fliegen wieder abschwirren können. Geophyt Galium odoratum oder Asperula odorata Waldmeister Rötegewächse Charakteristika: Der Waldmeister besitzt einen vierkantigen, glänzenden Stengel und quirlig angeordnete, lanzettliche Blätter. Seine Blüten sind reinweiß und stehen in Trugdolden. Er enthält Cumarin, ein stark aromatischer, jedoch leicht giftiger Stoff, der gerne als Aromamittel in der Lebensmittelherstellung verwendet wird. Allium ursinum Bärenlauch Liliengewächse Charakteristika: Der Bärenlauch bildet meist ausgedehnte reine Bestände. Die Blätter sind denen des Maiglöckchen recht ähnlich, verströmen beim Zerreiben jedoch einen scharfen knoblauchartigen Geruch. Überwintern tut er mittels Zwiebeln. Geophyt Ficaria verna Scharbockskraut Hahnenfußgewächse Charakteristika: Das Scharbockskraut ist ein etwa 15 cm hohes Kraut mit gelben Blüten. Er besitzt keulenförmige Wurzelknollen, mit denen er überwintert. Die Blätter sind rundlich-herzförmig und lackglänzend. Das frische Kraut enthält viel Vitamin C und wurde früher gegen Skorbut verwandt, daher auch der Name. Tiere: Bombus terrestris Erdhummel Apidae (Echte Bienen) Charakteristika: Die Erdhummel ist plump gebaut und stark pelzig behaart. Am äußeren Abdomenende ist sie weiß gefärbt. Ihre Nester befinden sich im Erdboden, wo sie verlassene Säugerhöhlen bezieht. Im Frühjahr ziehen die begatteten Weibchen vom Vorjahr die ersten Arbeiterinnen allein auf. Im Herbst dann sterben alle Hummeln mit Ausnahme der begatteten Weibchen. Helix pomatia Weinbergschnecke Helicidae (Schnirkelschnecken) Charakteristika: Die Weinbergschnecke ist ein auf Kalkböden häufiges Tier. Das Gehäuse ist 38 bis 45 mm breit. Cylindroiulus silvarum Tausendfüßer Julidae (Schnurfüßler) Charakteristika: Der Tausendfüßer ist ein 15 bis 40 mm langes Gliedertier. Der Rumpf besteht aus einer Vielzahl gleichartiger Segmente, von denen jedes zwei Beinpaare trägt. Lithobius forficatus Brauner Steinläufer, auch Hundertfüßer Lithobiidae (Steinläufer) Charakteristika: Der Hundertfüßer ist bis zu 23 mm lang. Sein Körper ist abgeflacht und besteht aus vielen Segmenten wie der Tausendfüßer, von denen jedes jedoch nur ein Beinpaar trägt. Das Tier lebt räuberisch und überwältigt seine Opfer mit einer sichelförmigen Giftklaue am Kopf. Quellen: 1. Marcus Würmli, Kleine Enzyklopädie der Natur, Pawlak 1983 Herrsching 3. Schülerduden Die Pflanzen, Dudenverlag 1988 Mannheim, Wien, Zürich 4. Kilda-Naturführer Natur entdecken, Kilda-Verlag 1985 Greven © 14.4.1999 Andreas Petry