Gläser

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3. Festkörper und Flüssigkeiten
3.1 Bindungstypen im Festkörper
Starke Bindungen
kovalente Bindungen
metallische Bindung
elektrostatische Bindungen (Ionenkristalle)
Mittlere Bindung
Wasserstoffbrückenbindung (z.B. Wasser, gerichtet)
Schwache Bindung
van-der-Waals-Bindungen
Dipol-Dipol (gerichtet)
Dipol-induzierter Dipol (schwache Richtungsabhängigkeit)
Elektronenkorrelation (London-Kräfte: Elektronenfluktuation in
einem Atom induziert Dipol im anderen Atom, nicht gerichtet)
In obiger Liste nimmt die Bindungsenergie und folglich auch die Schmelztemperatur von oben nach unten ab.
Wasserstoffbrückenbindungen sind größer als kT(300 K). Für Platzwechselprozesse (zum Beispiel in Flüssigkeiten) muss nicht dissoziiert werden, sondern es
wird nur der Bindungspartner gewechselt, deshalb muss dafür nur ein Teil der
Bindungsenergie aufgewendet werden.
Kovalente Bindungen werden durch das Morsepotential gut beschrieben. Die
mittleren und schwachen Bindungen werden durch das Lennard-Jones-Potential
beschrieben. Dessen abstoßender Anteil folgt einer 1/r12 und der anziehende Anteil einer -1/r6 Funktion.
Die Bindungsenergien können aus der Siedetemperatur oder genauer aus Gasphasemessungen an kleinen Komplexen und Clustern bestimmt werden (analog
zum Born-Haber-Kreisprozess)
Die Bindungsenergien von Festkörpern mit ionischen Bindungen können mit
Hilfe des Born-Haber-Kreisprozesses bestimmt werden (siehe Abbildung).
1
Die Bestimmung der Bindungsenergie -ΔHL im KCl-Ionenkristall aus Gasphasendaten nach Born und Haber.
2
3.2 Die elektronische Struktur kovalenter Festkörper und die resultierende elektrische Leitfähigkeit
Die elektronische Struktur eines kovalenten Festkörpers kann durch einen
schrittweisen Aufbau des Festkörpers aus Atomen verstanden werden (siehe
Bild unten). Beim Übergang vom Atom, zum Molekül, zum Cluster und dann
zum Festkörper entstehen die MOs als Linearkombination der Atomorbitale. Die
Anzahl der Orbitale ist gleich der Anzahl der Atome. Für Große Atomzahlen ist
die Dichte der elektronischen Zustände so hoch, dass man von Bändern spricht.
Abb: Schrittweiser Aufbau des Festkörpers und Entstehung einer elektronischen
Bandstruktur. Die Anzahl der Orbitale ist gleich der Zahl der Atome (siehe H2)
Dies gilt für jedes Orbital. So entstehen s- und p-Bänder (siehe Abb. unten). Die
Elektronen können sich nur bewegen, wenn es freie Lücken gibt. In den besetzten Bändern (Valenzband) ist keine Bewegung möglich. In den unbesetzten
Bändern (Leitungsband) ist bei Injektion von Elektronen Elektronenbewegung
3
möglich. Je nach Besetzung und Abstand der Bänder handelt es sich um einen
elektrischen Leiter, einen Halbleiter oder einen Isolator.
Abb.: Schematische Darstellung von Festkörperbändern. Je nach Atomorbital
entstehen s- oder p-Bänder. Ist das obere Band unbesetzt spricht man vom Leitungsband. Die besetzten Bänder sind Valenzbänder.
Ist der energetische Abstand zwischen Leitungsband und Valenzband
viel größer als kT, so spricht man von Isolatoren
vergleichbar kT, so spricht man von Halbleitern
kleiner kT, so spricht man von Metallen (Überlapp von Valenz- und Leitungsband)
Die Besetzung der elektronischen Zustände in den Bändern folgt der Fermistatistik. Gemäß dem Pauliprinzip dürfen dabei nur zwei Elektronen mit antiparallelem Spin in einem Zustand sitzen. Die Fermiverteilung resultiert aus dem
Problem, dass die vielen Elektronen unter Berücksichtigung des Pauliprinzips
auf nur etwa doppelt so viele Zustände verteilt werden können. Die Boltzmannverteilung entspricht dem Problem „wenige Teilchen werden auf viele Zustände
verteilt“ ohne weitere Restriktion.
P E  
1
e

Ist die Fermiverteilung mit P(µ) = 1/2 (siehe Abb)
E  
kT
1
(µ:= Fermienergie oder chem. Potential)
4
Abb. Die Fermiverteilung für verschiedene Temperaturen. Die Zahlen an den
Kurven sind die Werte von µ/kT (Beachte die Abnahme dieser Werte mit T)
In Halbleitern und Isolatoren liegt die Fermienergie µ in der Mitte der Bandlücke. Die Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der Temperatur ist bei Metallen und
Halbleitern unterschiedlich (siehe Abb. unten). Während sie bei Halbleitern mit
T steigt (zunehmende Besetzung von Leitungsbandzuständen), fällt sie bei Metallen. Hier wirken die Gitterschwingungen (Phononen) der positiven Ionenrümpfe einer geradlinigen Bewegung der Elektronen entgegen: An Orten höherer Ionenrumpfdichte ist die Anziehung für Elektronen größer.
5
Abb: Die Leitfähigkeit vom Metallen, Halbleitern und Supraleitern in Abhängigkeit von der Temperatur
Da in konjugierten Polymeren durch die Unordnung im Festkörper das π-System
abgeknickt und damit unterbrochen wird, ist die effektive Konjugationslänge
auch in langen konjugierten Polymersträngen endlich. Das HOMO-LUMO-Gap
ist deshalb immer viel größer als kT. Folglich können Polymere nur durch eine
Injektion oder einem Entfernen von Elektronen zum Leiten gebracht werden.
Dies geschieht durch Dotierung (z.B. Zugabe von Iod).
6
Halbleiter, Dotierung
Bei Halbleitern wächst die elektrische Leitfähigkeit exponentiell mit der Temperatur. Im Gegensatz zu Isolatoren ist die Bandlücke vergleichbar zu kT, so
dass eine beträchtliche Zahl von Elektronen durch thermische Anregung vom
Valenzband ins Leitungsband angehoben wird: Eigenhalbleiter.
Defekt- oder p-Halbleiter
Verunreinigungen mit Elementen, die weniger Elektronen als das Trägermaterial
enthalten (Bor [III.Gruppe] in Silizium [IV.Gruppe] versucht wie Si vier Bindungen aufzubauen) wirken als Akzeptoren für Elektronen aus dem Valenzband des Siliziums und hinterlassen dort Löcher (Defektelektronen, d.h. positive Ladungen), die den verbleibenden Elektronen Bewegung erlauben
Überschuß- oder n-Halbleiter
Verunreinigungen mit Elementen, die mehr Elektronen enthalten als das Trägermaterial (z.B. P-Atome [V.Gruppe] in Silizium versuchen unter Abgabe eines Elektrons ebenfalls vier Bindungen aufzubauen) wirken als ElektronenDonoren und führen zur Besetzung sonst leerer Niveaus im Leitungsband des Si
und damit zu freien Leitungselektronen:
Abb: Schema der p- und n-Halbleiter mit Donatorniveaus und Akzeptorniveaus,
die zu Elektronen im Leitungsband des n-Halbleiters und Löcher im Valenzband
des p-Halbleiters führen.
Wenn man p- und n- Halbleiter miteinander kombiniert, diffundieren wegen der
unterschiedlichen Konzentrationen Löcher von der p-Seite zur n-Seite und
Elektronen von der n-Seite zur p-Seite. Durch die Ladungstrennung entsteht im
Übergangsbereich eine Ladungsdoppelschicht mit negativen Ladungen auf der
p-Seite und positiven Ladungen auf der n-Seite. Diese Ladungstrennung führt zu
einer Potentialdifferenz U und damit zu einer Bandverbiegung (siehe Abb.).
7
Abb: Kontakt eines p- und n-Leiters: An der Kontaktstelle kommt es zu einer
Ladungstrennung und deshalb zu einer Verbiegung der Bänder.
Die Diode
Legt man eine Spannung mit Pluspol an die p-Schicht und Minuspol an die nSchicht (Durchlasspolung), dann gelangen sehr viele Majoritätsträger in die
Grenzschicht, wo sie rekombinieren.
Abb: Rechts: Spannung mit Pluspol an die p-Schicht und Minuspol an die nSchicht: Durchlaßstrom. Links: Spannung mit Minuspol an die n-Schicht und
Pluspol an die p-Schicht: Sperrstrom (beachte den Durchbruch bei höheren
Spannungen). Mit der Diode kann Wechselstrom gleichgerichtet werden.
8
Es fließt ein relativer starker Durchlassstrom. Bei umgekehrter Polung verhindert die angelegte Spannung die Diffusion der Majoritätsträger durch den Übergangsbereich und es fließt nur ein geringer Sperrstrom der Minoritätsträger (gestrichelt dargestellt). Ein p-n-Übergang wirkt also als Gleichrichter, indem er
den Strom nur von p nach n (technische Stromrichtung) fließen lässt. Eine solche Diode erlaubt die Gleichrichtung von Wechselströmen. Aus pnp oder npn
Doppelschichten lassen sich Transistoren bauen.
Solarzellen
Wenn die p-n Übergangszone ohne äußere Spannung mit Licht der Energie h >
eU (Bandlücke) bestrahlt wird, dann werden Elektronen aus dem Valenzband in
das Leitungsband angeregt. Auf Grund der Diffusionsspannung U werden die
Elektronen in den n-Teil und die Löcher in den p-Teil diffundieren. Dies führt
zu einer Reduktion der Potentialdifferenz U, die als Photospannung zwischen
den Enden der p-n Diode gemessen werden kann (je nach Halbleiter 0,4 – 1,2 V
ohne Belastung). Schaltet man einen Verbraucher mit endlichem Widerstand R
zu, so fließt ein Photostrom Ibeleuchtet = (Udunkel – Ubeleuchtet)/R, der die Leerlaufspannung erniedrigt. Die Diode wirkt als Solarzelle.
Abb: Wenn die p-n Übergangszone belichtet wird, werden Elektronen aus dem
Valenzband in das Leitungsband angeregt. Auf Grund der Diffusionsspannung
U werden die Elektronen in den n-Teil und die Löcher in den p-Teil diffundieren
und dort rekombinieren. Aus dem Bulk fließen Elektronen und Löcher nach. Die
Reduktion der Potentialdifferenz kann als Photospannung zwischen den Enden
der p-n Diode gemessen werden.
9
Die Supraleitung
Beim Abkühlen erhöht sich die Leitfähigkeit allmählich, nimmt jedoch bei vielen Metallen unterhalb der Sprungtemperatur Ts< 20 K schlagartig zu. Diese
Supraleitung mit einem elektrischen Widerstand von nahezu Null wird auf die
Bildung von Cooper – Elektronenpaaren zurückgeführt, die sich ohne Behinderung durch Wechselwirkung mit den schwingenden Gitteratomen bewegen können. Während sich bei hohen Temperaturen die Kerne stark bewegen und die
Elektronen der Kernbewegung folgen (wie in der Born-Oppenheimer-Näherung)
sind unterhalb der Sprungtemperatur die Kerne in Ruhe. Die Elektronen können
die Kerne polarisieren und erhöhen so lokal die Dichte der positiven Ladung:
Sie schaffen sich selbst eine Bindungsmulde (siehe Abb. unten). Ein zweites
Elektron mit entgegengesetztem Spin (nach Pauli ist dann größere räumliche
Nähe möglich), das sich ebenfalls eine Mulde geschaffen (diese fehlt in der Abb
unten!) kann sich nähern. Beide Elektronen finden in einer länglichen Mulde (partiges Orbital) eine niedrigere Energie vor (Teilchen im Kasten: Verdopplung
der Kastenlänge). Es kommt zu einer Korrelation zwischen diesen beiden Elektronen, die man Cooper-Paar nennt. Einen Augenblick später können andere
Elektronen ein solches Paar bilden. Die Abb. unten ist etwas simplifiziert: Die
Auslenkung der Ionenrümpfe ist übertrieben, denn eine Verschiebung der Elektronenhülle gegen den Kern reicht bereits. Zudem fehlt die Mulde des zweiten
Elektrons.
10
Ein Cooper-Paar kann als ein Teilchen mit Gesamtspin Null (Boson) betrachtet
werden, so dass sich beliebig viele Cooper-Paare im gleichen Quantenzustand
mit gleicher Energie befinden können. Je tiefer die Temperatur ist, desto größer
ist der Anteil an Cooper-Paaren.
11
E
VB
E=0
Elektronen im
Metall für T>Ts
Supraleitung für T<Ts :
reibungslose Bewegung
von Elektronenpaaren
Abb. Oberhalb der Sprungtemperatur sind die Cooper-Paare durch die Übertragung von Gitterschwingungsenergie vollständig dissoziiert (links). Alle
Cooperpaare können den gleichen Quantenzustand einnehmen (da Bosonen:
S=1)
Die Bindungsenergie dieser Elektronenpaare (Supraleiterenergielücke: Energieabstand Cooper-Paare  normalleitende Elektronen) kann z.B. durch Mikrowellenabsorptionsspektroskopie bestimmt werden.
Hochtemperatursupraleiter mit Sprungtemperaturen Ts > 30 K wie YBa2Cu3O7 Keramiken haben ihre Leitungselektronen (d-Schale des Kupfers) in den CuO2Ebenen. Ein Supraleiter verhält sich wie ein idealer Diamagnet (widerstandsfreie
Zirkulation des induzierten Stromes) und stößt einen Permanentmagneten ab
(Meißner-Ochsenfeld Effekt).
3.2 Phononen und die Wärmeleitfähigkeit
Die Atome im Kristall führen Schwingungen um ihre Gleichgewichtslage aus.
Auf Grund der 3 Bewegungsfreiheitsgrade pro Atom gibt es bei N Atomen 3N 6  3N (für N>>1) Eigenschwingungen des Festkörpers. Die Schwingungsenergie steigt nicht kontinuierlich mit der Temperatur an, sondern kann nur ganzzahlige Vielfache von Grundschwingungsquanten h annehmen. Die quantisierten
Gitterschwingungen im Festkörper nennt man Phononen.
12
Atomauslenkungen in den Netzebenen führen zu longitudinalen Wellen (siehe
Abb. unten: Teilbild oben), Auslenkungen senkrecht zu den Netzebenen zu
transversalen Wellen (Scherwellen). Die Schallgeschwindigkeit vt für transversale Wellen ist im Vergleich zu longitudinalen Wellen kleiner (vt<vl) und die
Wellenlänge größer, da die Kraftkonstante für die Scherbewegung relativ zum
Elastizitätsmodul kleiner ist.
Abb: Longitudinale und transversale Phononen
Bei Kristallen aus nur einer Atomsorte entsteht bei der Schwingung kein Dipolmoment. Deshalb können die Atome auf Grund ihrer Kopplung an die Nachbaratome zwar Energie in der nach Anregung entstandenen Schallwelle transportieren, aber keine elektromagnetische Strahlung absorbieren oder emittieren.
Die kleinste mögliche Wellenlänge der Gitterschwingungen in einem primitiven
Kristallgitter ist min = 2a mit a als Gitterkonstanten. Die größte Wellenlänge
ist durch die Länge l des Kristalls zu max = 2l bestimmt.
In Gittern mit verschiedenen Atomen gibt es Schwingungen, die nur akustisch
anregbar sind (während der Schwingung ändert sich das Dipolmoment nicht
(siehe Abb. unten: Teilbild oben)) und Schwingungen die optisch anregbar sind
(siehe Abb. unten: Teilbild unten)
13
Abb: In einem Kristall mit zwei Elementen (schwarz, weiss) verschiedener
Elektronegativität ist eine optische Anregung von den Phononen möglich, bei
welchen sich das lokale Dipolmoment während der Schwingung ändert (unten).
Das Phononenspektrum reicht vom Millimeter- bis in den unteren IR-Bereich,
zum Beispiel für NaCl im Bereich 35-40 m bzw. 55-65 m.
Durch Flugzeitmessung des Energieverlustes von schnellen, monochromatischen Neutronen nach inelastischer Streuung an dem Festkörper können Phononen höherer Energie gemessen werden.
Die Wärmekapazität von Festkörpern
Die elektronische Wärmekapazität von Festkörpern und auch Metallen ist bei
gewöhnlichen Temperaturen sehr klein, da die meisten Elektronen keine Energie
aufnehmen können, weil sie über sich nur besetzte Niveaus haben. Nur wenige
Elektronen an der Spitze der Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion haben Zugang zu
höheren unbesetzten Niveaus, die sie besetzen können.
14
Metalle:
kleine elektronische Wärmekapazität
=
Valenzband
=
=
Die Wärmekapazität des Festkörpers resultiert folglich im Wesentlichen aus den
Schwingungen der Atome im Festkörper. Die Schwingungen zählen doppelt ((
Ekin=1/2 kT, Epot=1/2 kT, siehe Kap 1). Simplifiziert kann jedes Atom in 3
Raumrichtungen um die jeweiligen Gitterpunkte schwingen: Pro Molekül gilt
Evib = k·f/2 = 3 · 2 · ½ kT=3 kT Energie
Und für ein Mol
Cvmolar  R·f/2=3·2/2·R  25 J K-1 mol-1 .
Dieses Dulong-Petitsche Gesetz gilt aber nur für höhere Temperaturen (T >
300K – 1000K). Experimentell nimmt die spezifische Wärme mit sinkender
Temperatur stark ab und geht für T0 mit Cv  T3 gegen Null (siehe Abb.).
15
Abb: Die Wärmekapazität von Elementkristallen in Abhängigkeit von der Temperatur (für C: Diamant)
Einstein schlug vor, daß die Gitterschwingungen des Festkörpers Energie nur in
diskreten Quanten h, den Phononen, einer Schwingungsfrequenz  aufnehmen
bzw. abgeben können.
  ln Q 
Mit E  NkT 2 
 und
 T  V
Qges, vib = (Qν)3n
groß)
Q ges,vib
 e  hv / 2 kT 

 hv / kT 
1  e

(Produkt der 3N-Einzelszustandssummen, 3N-6~3N für N
3N
16
 E vib 

 T V
Und dann cvib  
Damit fand er eine qualitative Übereinstimmung mit
der Kurve Cv  T3 bei kleinen Temperaturen:
Debye nahm an, dass die Bewegung der Atome im Festkörper durch Überlagerung von auf die Kristallebenen zulaufenden und nach Reflektion rücklaufenden
Wellen zu einer Vielzahl von stehenden Wellen im Kristallvolumen führt (analog dem Teilchen im dreidimensionalen Kasten, bzw. zum Planckschen Hohlrausmstrahler) mit entsprechend vielen Schwingungsfrequenzen bzw. Schwingungszuständen.
v3 N
Qges,vib  v1 Qvi (Produkt der 3N verschiedenen Einzelszustandssummen mit
der Frequenz vi)
 hvi / 2 kT

v3 N  e
Qges,vib  v1 
 hvi / kT 
1  e

Dieser Ansatz führt nach Bestimmung von Evib und Differenzierung nach der
Temperatur zur nahezu exakten Funktion von cv(T) bei kleinem T.
3.3 Die Analytik an Festkörpern
Oberflächenstrukturen und die Oberflächenzusammensetzung können sichtbar
gemacht werden durch

Photoelektronenspektromikroskopie, bei der die nach Bestrahlung mit
kurzwelligem Licht oder langwelligen Röntgenstrahlen emittierten Photoelektronen auf einen Detektor abgebildet werden (Rasterelektronenmikroskop).

Innerschalenanregungen: Die energetische Lage der 1s-, 2s- und 2pOrbitale hängt quadratisch von der Kernladungszahl ab (E1s ~ z2, z:= hier
Kernladungszahl)
Röntgenfluoreszenz-,
Auger- und
Photoelektronenspektroskopie mit Röntgenstrahlung: ESCASpektroskopie (ESCA: Electron Spectroscopy for Chemical
Analysis)
17
1. Bestrahlung mit Röntgenlicht oder mit schnellen Elektronen führt zum
Austritt eines primären Elektrons (in Abb. links) aus z.B. dem 1sOrbital. (unten in Abb 3s, 3p des Fe). Die Elektronenenergie entspricht
der Differenzenergie zwischen Photonenergie und Bindungsenergie)
2. Ein Elektron höherer Energie (z.B. 3p) fällt in das leere 1s-Orbital und
gibt seine Energie als Röntgenstrahlung ab (RöntgenfluoreszenzSpektroskopie) oder
3. regt ein anderes Elektron an, so dass es emittiert wird ( Auger(Sekundär)-Elektron). Da die höheren Orbitale sensitiv für die Bindungsumgebung sind lässt sich aus Auger-Elektronenenergien Information über die Bindung dieses Atoms zur Umgebung gewinnen.
Abb.: Zu 1) Röntgenphotoelektronenspektrum von Eisen (Zählrate I gegen Bindungsenergie Eb): Elektronenemission aus 3s und 3p mit der Mg kα-Strahlung.
18
Abb: Die chemische Verschiebung der Si 2p-Bindungsenergie. Elektronegative
Liganden (O,F) verschieben zu höheren Energien (Si wird positiver, höhere Ionisationsenergie), elektropositive (Ca) zu niedrigen Energien (Si wird negativer,
niedrigere Ionisationsenergie).

FEM (Feldemissionsspektroskopie, mit Elektronen)
Eine hohe Potentialdifferenz zwischen der Probe auf einer Nadelspitze
und einem Fluoreszenzschirm führt zum Austritt von Elektronen aus der
Probe und zu Lichtblitzen an den Auftreffpunkten der Elektronen auf dem
Schirm. Das Größenverhältnis zwischen Nadelspitze und Schirm bestimmt die Vergrößerung des Mikroskops. Die ElektronenDichteverteilung auf dem Schirm gibt die Atomlagen an. Die Leichtigkeit,
mit der Elektronen austreten, hängt von der Arbeits-Funktion des Oberflächenmaterials und der Oberflächenstruktur zusammen.

LEED (low energy electron diffraction)
Elektronen niedriger Energie können nur wenig in die Oberfläche eindringen. Ihr Beugungsmuster ist deshalb typisch für die Oberflächenstruktur.
Das Beugungsmuster ist scharf, wenn die Oberfläche über Entfernungen
gut geordnet ist, die deutlich größer als die Wellenlänge der Elektronen
sind (20 nm).
Abb. unten: Feldemissionsmikroskopische Aufnahme einer WolframSpitze. Beachte die Beugung (Dualismus Teilchen-Welle). Die konzentrischen Kreise kommen von einzelnen Atomen der Spitze (groß=vorne,
klein=hinten)
19

FIM (Feldionisationsmikroskopie, mit Ionen)
Apparatur wie bei FEM, aber umgekehrtes Potential und Zugabe von Heliumgas. Hervorstehende Atome an Oberflächenecken ionisieren He zu
He+, das - vom Schirm angezogen - dort Fluoreszenz produziert. Durch
Kühlen der Spitze auf ~20K wird die transversale Bewegung der He+Ionen reduziert, so daß aus ihrer Schirmposition ihre Oberflächenposition
rekonstruiert werden kann  atomare Auflösung.
Bei der Atomsonden-FIM wird das FIM-Bild eines adsorbierten Atoms
mit einem Loch im Fluoreszenzschirm überlappt, Helium entfernt und mit
einem Potentialpuls das Adsorbatatom als Ion durch das Loch zur Identifizierung in ein Massenspektrometer gezogen.
20

Adsorbatmoleküle können durch EELS (ElektronenenergieverlustSpektroskopie) identifiziert werden. Die Schwingungsanregung der Adsorbatmoleküle durch den Beschuß mit monoenergetischen Elektronen
(oder Helium-atomen) führt zu einem Energieverlust der Elektronen (Heatome), aus dem man direkt die Schwingungsfrequenz(en) erhält.

LEED (low energy electron diffraction)
Elektronen niedriger Energie können nur wenig in die Oberfläche eindringen. Ihr Beugungsmuster ist deshalb typisch für die Oberflächenstruktur.
Das Beugungsmuster ist scharf, wenn die Oberfläche über Entfernungen
gut geordnet ist, die deutlich größer als die Wellenlänge der Elektronen
sind (20 nm).

Rastertunnelmikroskopie
Die Nadel mit einem (!) Atom an der Spitze z.B. eines Pt/Ir –Drahtes wird
mit Piezoelementen, deren Ausdehnung sich mit der angelegten Spannung
ändert, über eine Oberfläche bewegt. Bei geringem Abstand zwischen
Nadel und Oberflächenatom (im nm–Bereich) können die Elektronen bei
angelegter Spannung zwischen Nadel und Oberfläche tunneln ( Tunnelstrom IT ). Die Größe des Tunnelstromes hängt empfindlich (exponentiell !) vom Abstand zwischen Tunnelspitze und Oberflächenatom ab.
Deshalb nehmen die Elektronen den kürzesten Weg, wodurch einen hohe
Ortsauflösung möglich ist.

Höhenliniendiagramm der Oberfläche
Prinzipiell ergeben sich zwei Betriebsarten für die Aufnahme von Rastertunnelbildern.
21
1. Konstanter Abstand Modus (constant height):
Die Nadelspitze wird mit konstantem Abstand über die Oberfläche gefahren
( konstante Spannung am z-Piezo) und IT (x, y) registriert:
 Höhenliniendiagramm.
2. Konstanter Strom Modus (constant current):
Die Nadelspitze wird über die Oberfläche gefahren und im Fall des Anstiegs des Tunnelstroms bei Näherung an ein Atom der z-Piezo zurückgezogen, bis der Tunnelstrom konstant ist. Es wird VZ-Piezo (x, y) registriert:
 Höhenliniendiagramm.
Bei adsorbierten Molekülen tunneln die Elektronen bei positiver Vorspannung der Oberfläche aus besetzten Orbitalen des Nadelmaterials in
unbesetzte Orbitale der Oberfläche. Bei negativer Vorspannung erfolgt
Tunneln aus besetzten Orbitalen der Oberfläche, zum Beispiel dem HOMO (Highest occupied molecular orbital) eines adsorbierten Moleküls,
zur Nadelspitze.
Die Mößbauer-Spektroskopie beruht auf der rückstoßfreien Emission und Absorption von -Quanten durch im Gitter fixierte Atomkerne, deren genaue Resonanzfrequenz von ihrer chemischen Umgebung abhängt. Neben den sehr
schmalbandigen (rückstoßfreien) Hauptlinien beobachtet man breite Phononenseitenbänder, die durch Kernanregung bei gleichzeitiger Phononen-Anregung
(bzw. –Abregung: heiße Banden) entstehen.
Oberflächenstrukturen von Festkörpern
Ein Kristall wächst auf Kristallflächen, Kristallstufen usw. durch Ablagerung
von Molekülen, Ionen oder Atomen aus der Lösung oder der Schmelze. Die
Kristallisation erfolgt innerhalb sehr enger Temperaturbereiche. Es bildet sich
unter gegebenen Bedingungen stets dieselbe Kristallform, die auch bei Abkühlung in die Nähe des absoluten Nullpunktes i.a. sehr stabil ist. Die reguläre äußere Form eines Kristalls (Morphology) impliziert eine interne Regelmäßigkeit
auf atomarer Ebene.
Im Inneren eines Festkörpers befindet sich im allgemeinen das meiste Material.
Trotzdem spielt gerade die Oberfläche eine wichtige Rolle bei Wachstum, Ver22
dampfung und Löslichkeit des Festkörpers sowie bei Prozessen wie zum Beispiel Katalyse oder Korrosion.
Defektstrukturen: Wenn ein Atom auf einer Terrasse umherläuft, wird es vorzugsweise in Ecken gefangen, weil es dort mit mehreren
Atomen wechselwirkt  Wachstum des Kristalls.
Weitere Defektstrukturen sind schraubenförmige Versetzungen mit Terrassen
verschiedener Höhe:
Die Deformation von Metallen (Kristallen, usw.) bis zum Bruch besteht im Gleiten schon vorhandener Versetzungen, wodurch weitere Versetzungen erzeugt
werden.
In Legierungen (wie C in Fe, Cu in Al, Be in Cu) steigt die mechanische Festigkeit gegenüber den reinen Metallen, da sich die Legierungsatome bevorzugt an
die Versetzungen anlagern (bei Erstarren der Schmelze) und das Gleiten der
Schichten erschweren.
Die bevorzugte Anlagerung von adsorbierten Atomen an Versetzungen ist auch
die Grundlage der photographischen Entwicklung und des Ätzprozesses.
23
24
3.5 Struktur und Dynamik von Flüssigkeiten
Kristall  Schmelze (Flüssigkeit)

kleinere innere Energie
kleinere Entropie
Wenn ein Kristall bei der Temperatur T schmilzt, wird die Zunahme der inneren Energie H (Schmelzenthalpie) gerade durch die Erhöhung der Entropie
kompensiert ( G = H - TS = 0 ) :
Hl - Hs = T (Sl - Ss)
mit l für liquid und s für solid.
Da Flüssigkeiten nur noch eine Nahordnung haben, zeigen BeugungsDiagramme von Röntgen- oder Neutronenstrahlung nur wenige BeugungsMaxima. Nur eine Ordnung über weite Bereiche wie in Kristallen führt zu meßbaren Streuintensitäten in große Winkel  . Dort liegen die zu kleinen Netzebenenabständen, also großen Millerschen Indizes, gehörenden Maxima.
Die Anordnung der Atome in einer Flüssigkeit wird durch eine radiale Verteilungsfunktion g(r) beschrieben. Das ist die Wahrscheinlichkeit, in einem Abstand zwischen r und r + d r von einem Zentralatom unabhängig von der Richtung ein weiteres Atom zu finden.
Für flüssiges Quecksilber erhält man eine strukturierte Verteilungsfunktion:
25
Die Nahordnung ist ähnlich wie im Hg-Kristall, wobei die Kernabstände aber
 5% größer sind.
Die Verteilungsfunktion von Wasser hängt stark von der Temperatur ab.
26


Die integrierte g(r)- Peakfläche steigt mit der Zahl der streuenden Nachbarmoleküle.
g(r) verschwindet für r < 0,25nm , d.h. das zum Zentralmolekül nächste
Wassermolekül ist mehr als 0,25 nm entfernt (~ Durchmesser eines H 2OMoleküls).
Den  Peak findet man bei der tetraedrischen Eis-I-Struktur nicht. Eis-I
hat 6 Zwischengitterplätze (Hohlräume) im Abstand von 0,348nm vom
Zentralmolekül. Beim Schmelzen vom Eis wandern vermutlich einige der
Wassermoleküle aus ihren Tetraederplätzen in Zwischengitterplätze, so
daß hier auch Streuung stattfindet. Volumenkontraktion (um  9%) bei
Eisschmelze.



Flüssigkristalle
fließen ähnlich, wie sich ein Kartenspiel verschiebt
bilden Tropfen, die in einem Mikroskop terrassenförmig aussehen
sind oft anisotrop gegenüber Licht (zum Beispiel Doppelbrechung)

27
zum Beispiel:
Diese Verbindung schmilzt bei 357K zu einem flüssigen Kristall und wandelt
sich bei 423 K zu einer isotropen Flüssigkeit um.
Gläser
Bei Abschrecken von Flüssigkeiten können sich keine wohlgeordneten Kristalle
ausbilden. Es bilden sich zum Beispiel Gläser, deren Struktur ähnlich ist der
stark assoziierter Flüssigkeiten.
Quarzglas hat viele Leerräume, in die Atome bei Temperaturerhöhung diffundieren können  niedriger thermischer Ausdehnungskoeffizient.
28
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