Exzerpt Kapitel 2

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Einführung
 Wir besitzen zwei Typen von Rezeptoren: die Zapfen, die das Sehen bei
großer Beleuchtung kontrollieren und die Stäbchen, die für das Sehen bei
niedriger Beleuchtung verantwortlich sind
 Zapfen  lösen feine Details auf und extrahieren Information zum
Farbensehen
 Stäbchen  geringe Auflösung für Details, kein Farbensehen
 Im Licht und Dunkeln kommen also verschiedene Rezeptoren zum Einsatz
 Visuelle Wahrnehmung der Umwelt beruht auf den Eigenschaften der Umwelt
und auf den Eigenschaften des visuellen Systems
 Beim Sehen wird der beachtete Bildausschnitt auf der Retina abgebildet
Die Empfindlichkeit des Auges für Licht und die Struktur des
visuellen Systems
Zum visuellen System gehören folgende Einheiten:
a) Sinnesorgan  Umweltreize aufnehmen
b) Rezeptoren  Umsetzung von Reizinformation in neuronale Signale
c) Neurone  Verarbeitung und Weiterleitung der Signale
d) Zentrale Neurone im Gehirn  Empfangen und Weiterverarbeiten der
Signale
1. Die Empfindlichkeit des Auges für Licht
 Sehen benutzt als Trägerprozess das Licht
 Sichtbares Licht umfasst die Wellenlängen von etwa 400 bis 700nm
 Elektromagnetische Wellen entstehen durch die Schwingungen von
Elektronen
 Bereich der Wellenlängen des gesamten elektromagnetischen
Spektrums ist sehr groß  sichtbares Licht umfasst nur einen kleinen
Ausschnitt dieses Spektrums
2. Die Struktur des visuellen Systems
 Das visuelle System umfasst vier Hauptkomponenten:
a) Auge
b) Corpus geniculatum laterale (CGL)
c) Primärer visueller Cortex: wird als striär bezeichnet, weil der
Verlauf der Nervenfasern helle Streifen erzeugt
d) Extrastriärer visueller Cortex: besteht aus Arealen im temporalen,
parietalen und frontalen Cortex
 Sehvorgang: Licht fällt ins Auge  Auge nimmt Licht auf  Licht
passiert Hornhaut, Pupille und Linse Hornhaut und Linse fokussieren
das Licht  lenken es auf Netzhaut (=Retina)
 Retina = komplexes Netzwerk aus fünf Arten an Neuronen:
a) Stäbchen und Zapfen = Photorezeptoren
b) Bipolarzellen
c) Horizontalzellen
d) Amakrinzellen
e) Ganglienzellen
 Elektrische Signale verlassen durch den Sehnerv (=Nervus opticus)
das hintere Auge
 Die meisten Impulse erreichen dann den seitlichen Kniehöcker (CGL)
 Von dort führt die Sehbahn (=Tractus opticus) zum primären visuellen
Cortex und dann weiter zum extrastriären Cortex
Licht, Photorezeptoren und neuronale Signale
1. Fokussierung des vom Auge aufgenommenen Lichts
 Erster Schritt im Sehvorgang = Fokussierung des Lichts auf die
Netzhaut
 Auge bricht Licht mit den beiden Brechungselementen: Hornhaut und
Linse  scharfes Bild auf der Netzhaut
 Brechkraft der Linse kann erhöht werden: Akkommodation
 Akkomodation hat ihre Grenzen: Entfernung, bei der die Linse nicht
mehr akkommodieren kann = Nahpunkt
 Der Abstand des Nahpunktes wächst mit zunehmendem Alter 
Altersweitsichtigkeit
 Mit dem Alter lässt also die Akkommodationsfähigkeit nach
Die Netzhaut
1. Stäbchen und Zapfen
 Hauptaufgabe der Stäbchen und Zapfen = Transduktion des
auftreffenden Lichtmusters in elektrische Signale
 Dies geschieht mittels chemischer Substanzen: der Sehpigmente
 Opsin
Seh Retinal = kleines lichtempfindliches Molekül
farbstoff
 Retinal reagiert auf Licht und startet damit den Transduktionsvorgang
 Isomeration = Formveränderung des Retinal bei der Lichtabsorption
 Es reicht die Isomeration eines einzigen Sehpigmentmoleküls, um
einen Rezeptor zu stimulieren, und für die Wahrnehmung eines
Lichtreizes reicht die Stimulation von sieben Rezeptoren
 Formveränderung  Sehpigment wird zu Katalysator  chemische
Kettenreaktion (=Enzym-Kaskade)  elektrisches Signal in den
Photorezeptoren
 Fovea (=Sehgrube): - enthält nur Zapfen
- sitzt genau auf der Blicklinie
 Peripherie: - enthält Stäbchen und Zapfen
 Stäbchen und Zapfen stehen vom Licht abgewandt
 Kontakt zum Pigmentepithel, die Rezeptoren mit Nährstoffen
und Enzymen versorgt
 für das Sehen kein Problem
 Problem: Blockade des direkten Wegs der Ganglienzellen aus
dem Auge heraus
Aber: Blinder Fleck = kleiner, rezeptorenloser Bereich, durch den
der Sehnerv das Auge verlässt – Abbildungen, die an
diese Stelle fallen, werden nicht gesehen, bzw. durch
bisher noch kaum verstandene Mechanismen „ausgefüllt“
2. die weiteren Netzhautneuronen
 Zwischen die Rezeptoren- und Ganglienzellen sind drei andere
Neuronentypen geschaltet:
a) Bipolarzellen  Übertragung der Signale von Rezeptoren zu
Ganglienzellen
b) Horizontal- und Amakrinzellen  übertragen Signale von einem
Rezeptor zum nächsten und einer Bipolarzelle zur nächsten
Sehpigmente und Wahrnehmung
 Duplizitätstheorie des Sehens: Netzhaut besitzt zwei Arten von
Rezeptortypen, die verschieden aussehen, nach verschiedenen Bedingungen
arbeiten und unterschiedliche Eigenschaften haben
1. Dunkeladaptation
 Dunkeladaptation verläuft in zwei getrennten Stufen:
a) schnelles Anfangsstadium  Adaptation der Zapfen
b) späteres, langsameres Stadium  Adaptation der Stäbchen
 Experiment 1: Erstellen einer zweistufigen Dunkeladaptationskurve
 Experiment 2: Messung der Zapfenadaptation
 Experiment 3: Messung der Stäbchenadaptation
2. Regeneration des Sehpigments
 Wenn Retinal Licht absorbiert, verändert es seine Form und löst den
Umwandlungsprozess aus
 Dies bewirkt eine Farbänderung des Retinals von ursprünglich rot zu
orange, dann gelb und schließlich transparent
 Diesen Vorgang nennt man Bleichung
 Bevor neues Licht in elektrische Aktivität umgewandelt werden kann,
müssen sich Retinal und Opsin wieder vereinigen =
Pigmentregeneration
 Die Pigmentregeneration erfolgt mithilfe von Enzymen
 William Rushton hat mit dem Verfahren der Retina-Densiometrie die
Konzentration der Stäbchen- und Zapfenpigmente während der
Dunkeladaptation gemessen
Ergebnisse:
a) Zapfenpigmente brauchen sechs Minuten, um sich vollständig zu
regenerieren
b) Stäbchenpigmente benötigen über dreißig Minuten
Fazit:
a) Regeneration des Sehpigments ist verantwortlich für die erhöhte
Empfindlichkeit von Stäbchen und Zapfen bei der
Dunkeladaptation
b) Stäbchen adaptieren langsam, weil sich das Stäbchenpigment
langsam regeneriert
3. Spektrale Hellempfindlichkeit
 Stäbchen und Zapfen unterscheiden sich auch in ihrer spektralen
Hellempfindlichkeit = Empfindlichkeit für verschiedene Abschnitte des
sichtbaren Spektrums
 Kurzwelliges Licht  erscheint blau
Mittelwelliges Licht  erscheint grün oder gelb
Langwelliges Licht  erscheint orange oder rot
 Messung der relativen Schwelle für das Sehen von Licht
unterschiedlicher Wellenlängen  Kurve spektraler Hellempfindlichkeit
 Schwelle liegt in der Mitte des Spektrums am niedrigsten  bei
mittleren Wellenlängen braucht man weniger Licht, um es zu sehen
 Stäbchen sind für kurzwelliges Licht empfindlicher als Zapfen,
Stäbchen am empfindlichsten für Licht mit der Wellenlänge 500nm
 Zapfen am empfindlichsten für Licht mit der Wellenlänge 560nm
 Wenn während der Dunkeladaptation das Sehen von den Zapfen zu
den Stäbchen übergeht, steigt unsere Empfindlichkeit für kurze
Wellenlängen stärker als die für längere Wellenlängen
4. Pigmentabsorptionsspektren
 Absorptionsspektrum = Darstellung der Lichtmenge, die ein
Sehpigment absorbiert, aufgetragen gegen die Wellenlänge des Lichts
 Spektrale Empfindlichkeit des Stäbchensehens beruht auf der
Lichtabsorption des Sehpigments der Stäbchen
 Drei verschiedene Zapfenpigmente:
a) kurzwelliges Zapfenpigment  absorbiert Licht von 419nm am
besten
b) mittelwelliges Zapfenpigment  absorbiert Licht von 531nm am
besten
c) langwelliges Zapfenpigment  absorbiert Licht von 558nm am
besten
 spektrale Hellempfindlichkeitskurven der Zapfen geht auf die
gemeinsame Aktivität aller drei Zapfenpigmente zurück
Die Verarbeitung neuronaler Signale
 Wenn Information verarbeitet wird, wird sie analysiert und transformiert
 Neuronale Signale werden so analysiert und transformiert, dass das
resultierende Nervensignal im Wahrnehmungssystem leichter „verstanden“
wird und daher leichter in Wahrnehmungen umgesetzt werden kann
1. Neuronale Verarbeitung durch Konvergenz
 Synapsen dienen dem Nervensystem zur „Verarbeitung“ der
elektrischen Signale auf ihrem Weg von den Rezeptoren zum Gehirn
 Elektrische Signale werden durch neuronale Schaltkreise verarbeitet
 Linearer Schaltkreis: jedes vom Rezeptor erzeugte Signal läuft direkt
zum nächsten Neuron; keine anderen Neuronen sind beteiligt
 Konvergenz: Synapsen von zwei oder mehreren Neuronen münden
auf ein einziges Neuron  Zelle erhält zusätzliche Information von
mehreren Zellen
 Hemmung: Synapsen wirken hemmend auf ein Neuron
 Durch Konvergenz und Hemmung erhalten wir ein Neuron, das sehr
spezifisch auf einen bestimmten Reiz anspricht
2. Neuronale Verarbeitung in der Netzhaut: Einführung in rezeptive Felder
 Exzitatorische- oder On-Reaktion  Neuron feuert, wenn Licht
angeschaltet wird
 Inhibitorische- oder Off-Reaktion  Entladungshäufigkeit nimmt beim
Anschalten des Lichts ab
 Rezeptives Feld = Jener Teil der Retina, dessen Reizung dasselbe
Neuron erregt
 On-Zentrum-Neuron = Neuron, das auf Reizung des Zentrums
exzitatorisch reagiert
 Off-Zentrum-Neuron = Neuron, das auf Reizung des Umfelds
exzitatorisch reagiert
 Zentrum-Umfeld-Antagonismus: Zentrum und Umfeld rezeptiver Felder
reagieren entgegengesetzt
 Reizung des inhibitorischen Umfeldes wirkt der exzitatorischen
Reaktion des Zentrums entgegen  Herabsetzung der Entladungsrate
des Neurons
 Das Neuron reagiert also maximal auf einen Lichtpunkt, der der Größe
des Zentrums des rezeptiven Feldes entspricht
 Neuronale Verarbeitung hat Auswirkungen auf die Wahrnehmung
3. Neuronale Verschaltung und räumliche Summation
 Signale aus den zahlreichen Zapfen und Stäbchen werden in den weit
weniger Gagleinzellen zusammengefasst
 Stäbchen konvergieren viel stärker als Zapfen
 Annahmen für einen Versuch:
a) eine Einheit an Lichtintensität verursacht eine Reaktionseinheit in
einem Rezeptor
b) Eine nachgeschaltete Ganglienzelle braucht zum Feuern zehn
Reaktionseinheiten
c) Wenn eine Ganglienzelle feuert, dann sehen wir
 Ergebnis: Wegen der größeren räumlichen Summation haben Stäbchen
gegenüber den Zapfen eine höhere Empfindlichkeit, d.h. die Antworten
vieler Stäbchen summieren oder addieren sich in derselben
Ganglienzelle
 Die größere räumliche Summation der Stäbchen führt zu größeren
rezeptiven Feldern in der Netzhautperipherie, die vorwiegend Stäbchen
enthält
 Die überlegene Empfindlichkeit der Stäbchen ergibt sich auch aus der
Tatsache, dass ein Stäbchenrezeptor mehr Licht absorbiert als ein
Zapfenrezeptor und dass ein Stäbchen generell stärkere elektrische
Reizantworten als ein Zapfen
4. Neuronale Verschaltung und Erkennen von Details
 Sehschärfenmessung durch - Snellen-Schriftproben
- Landolt-Ringe
 Stäbchen sind zwar lichtempfindlicher als Zapfen, mit ihnen könne wir
aber wesentlich schlechter Details erkennen als mit den Zapfen
 Konvergenz der Stäbchen vermindert also ihre Fähigkeit zur räumlichen
Auflösung
5. Laterale Inhibition
 Lichtreizung der benachbarten Rezeptoren hemmt die Entladung des
Neuron – diese Hemmung nennt man lateral, weil sie vom lateralen
Plexus seitwärts an das Umfeld in der Netzhaut übertragen wird
 Versuche am Limulus-Auge (=Pfeilschwanzkrebs)
Neuronale Verarbeitung und Wahrnehmung
Welche Wahrnehmungskonsequenzen hat die Verarbeitung der lateralen Inhibition?
1. Laterale Inhibition und das Hermann-Gitter
 Phänomen des Herrmann-Gitters lässt sich durch Eigenschaften der
visuellen Verarbeitung erklären
 Hermann-Gitter lässt sich auf die Wirkung des Zentrum-UmfeldAntagonismus konzentrischer rezeptiver Felder zurückführen
2. Laterale Inhibition und die Mach’schen Bänder
 den hellen und dunklen Bändern muss nach Mach „eine organische
Wechselwirkung der Netzhautelemente“ zugrunde liegen
 Die Beleuchtung eines Netzhautbereichs beeinflusst die Reaktion der
Rezeptoren in einer anderen, benachbarten Retinaregion
 Die Mach’schen Bänder lassen sich durch laterale Inhibition erklären
 Laterale Inhibition modifiziert die ursprünglichen Reaktionen der
Reeptoren so, dass sie einen physiologischen Effekt erzeugen, der die
Wahrnehmung der Mach’schen Bänder nachahmt
3. Laterale Inhibition und Simultankontrast
 Simultankontrast entsteht, wenn die Wahrnehmung der Helligkeit oder
der Farbe einer angrenzenden oder umschließenden Fläche verändert
wird
 Erklärung für das Auftreten des simultanen Helligkeitskontrastes ist die
laterale Inhibition
Laterale Inhibition ist jedoch nicht in der Lage, die beiden Phänomene des BenaryKreuzes und der White’schen Illusion zu erklären
 Sie können erklärt werden, wenn man annimmt, dass das visuelle
System bei der Auswertung nach dem Prinzip der Berücksichtigung der
Zugehörigkeit verfährt
 Die Ursache für die genannten Phänomene liegen nicht in der
Verarbeitung der Retina allein, sondern eher in den Eigenschaften des
visuellen Cortex
 Die laterale Inhibition, die in den ersten Verarbeitungsstufen erfolgt, ist
nur eine Vorverarbeitung für jene Stufen, die folgen
4. Die neuronalen Anfangsstufen des Wahrnehmungsprozesses
 Die Vorgänge in den Rezeptoren und in der Retina beeinflussen die
visuelle Wahrnehmung wie folgt:
a) Rezeptoren reagieren nur auf Lichtsignale, für die sie sensibel
sind. Stäbchen und Zapfen sind innerhalb dieses Bereiches
unterschiedlich empfindlich
b) Rezeptoren und ihre neuronale verschaltung bestimmen, welche
Helligkeiten wir wahrnehmen und welche Details wir auflösen
können
Stäbchen  Sehen im Dämmerlicht, aber mit geringer Auflösung
Zapfen  Sehen im Hellen und mit hoher Auflösung
c) laterale Inhibition in den konzentrischen rezeptiven Feldern 
Kontrastverstärkung
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