xxxxxxxxxxxx cand. med. vet. 7. Semester Gießen, den 24.01.2006 Krankenbericht Die Erstvorstellung der Hündin erfolgte am xxxxxxxxxxx in der Zeit von 9:30 Uhr bis 10:00 Uhr in den Räumen der Kleintierabteilung der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz xxxxxxxxxxx. Signalement Bei dem zur Untersuchung vorgestellten Tier handelt es sich um eine am 17.09.2005 geborene, unkastrierte Mischlingshündin namens „XXXXXXX“. Sie hat ein Gewicht von 17,3 kg. Das Tier befindet sich im Besitz von Frau XY. Anamnese Die Hündin wird von ihrer Besitzerin in die Kleintierabteilung der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz der Justus-Liebig-Universität in Gießen gebracht. Frau XY berichtet, dass ihr am Vortag (am 23.01.2006) eine geringe Menge grünlich-eitrigen Ausflusses aus der Rima vulvae ihrer Hündin aufgefallen sei. Sie berichtet weiter, die Hündin lecke sich vermehrt im genitalen Bereich und nehme seit einigen Tagen vermehrt Flüssigkeit auf. Die Nahrungsaufnahme der Hündin ist unverändert gut. Sie ist geimpft und entwurmt. Das Verhalten des Tieres ist altersgerecht. „XXXXXXX“ ist neugierig und aufmerksam. Sie nimmt lebhaft an ihrer Umgebung teil. Allgemeine klinische Untersuchung Die Hündin zeigt ein ungestörtes Allgemeinbefinden. Ernährungs- und Pflegezustand sind gut. Sie zeigt keine Hinterhandschwäche. Die Pulsfrequenz beträgt 116 Schläge pro Minute. Die Atmungsfrequenz ist nicht zu ermitteln, da die Hündin hechelt. Die Körperinnentemperatur beträgt 38,7°C. Spezielle klinische Untersuchung Die Mundschleimhaut und die Konjunktiven sind rosarot, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet. Die kapilläre Rückfüllungszeit ist < 2 Sekunden. Die Lymphknoten weisen keine palpierbare Veränderung auf. Der Puls ist geringgradig arrhythmisch (physiologische atemabhängige Arrhythmie) und gleichmäßig in Größe und Stärke. Das Abdomen ist nicht dolent. Spezielle gynäkologische Untersuchung Bei der Adspektion der Rima vulvae ist wenig grünlich-eitriger Ausfluss vorhanden. Desweiteren wird eine Vaginoskopie mit einem Spreizspekulum nach Kilian durchgeführt. Die Vaginalschleimhaut ist mittelgradig gerötet. Es wird eine Trockentupferprobe zur exfoliativen Vaginalzytologie und eine Trockentupferprobe zur bakteriologischen Untersuchung entnommen. Im mikroskopischen Befund der exfoliativen Vaginalzytologie finden sich massenhaft Basal- und Parabasalzellen, vereinzelt Intermediärzellen und wenige neutrophile (segmentkernige) Granulozyten. Das Ergebnis der bakteriologische Untersuchung ist abzuwarten und der Therapieplan gegebenenfalls anzupassen. Systemische Diagnose Juvenile Vaginitis. Epikrise Bei der juvenilen Vaginitis handelt es sich um eine bakteriell bedingte Erkrankung der virginellen Hündin. In dieser Tiergruppe tritt das Krankheitsbild häufig auf und verursacht zumeist nur leichte klinische Beschwerden. Wesentlich seltener ist es bei der Hündin post partum zu beobachten, wobei dann nicht mehr von einer juvenilen Vaginitis gesprochen werden sollte. Staphylokokken, Streptokokken und Escherichia Coli sind, als fakultativ pathogene Keime, ursächlich am Krankheitsgeschehen beteiligt. Die verschiedenen Keime variieren ständig sowohl in ihrer Quantität, als auch dem generellen Vorkommen während des Krankheitsverlaufs. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine effiziente Behandlung mit Antibiotika durchzuführen, respektive ein antibiotikaunabhängiges Therapiekonzept zu entwickeln (siehe Therapie). Bei juvenilen Hündinnen kommt es zu krankhaften Veränderungen, da sie noch nicht über ein vollständig entwickeltes Abwehrsystem verfügen. Unterstützend für die Infektion können resistenzmindernde Faktoren wie Stress, unhygienische Verhältnisse, unausgewogene Fütterung, Vitaminmangel und andere Infektionskrankheiten (z. B. Staupe) wirken. Es sollte erfragt werden, ob mehrere Tiere im Bestand erkrankt sind, da ein enzootisches Auftreten der Erkrankung nicht auszuschließen ist. Klinisch fallen die Tiere durch ein juckreizbedingtes Belecken und Benagen der Genitalregion auf. Es kommt zu eitrigem Scheidenausfluss, welcher mengenmäßig von Tier zu Tier stark variieren kann. Bei der Vaginoskopie fällt eine fleckig gerötete Scheide auf, auf deren Epithel sich schleimige Beläge befinden können. In seltenen Fällen kann es durch eine Junghundvaginitis zu geringgradigen Störungen des Allgemeinbefindens mit leichtem Fieber kommen. Es ist zu beachten, dass es durch das zunächst isoliert vorliegende Krankheitsgeschehen durchaus zu einer nachhaltigen Schädigung der Reproduktionsleistung kommen kann. Therapie Die Medikation wurde im Fall von „XXXXXXX“ wie folgt vorgenommen: 2 x tgl. 250 mg Synolox (Amoxicillin und Clavulansäure) p. o. bis zum Ergebnis der Bakteriologischen Untersuchung. Dann gegebenenfalls Umstieg auf gezielt wirkende Antibiotika. Von der lokalen Anwendung antibiotikahaltiger Salben ist abzuraten, da sie durch die Reizung des Gewebes eher zu einer Verschlechterung als zu einer Verbesserung der Situation beitragen. In der Literatur sind eine Reihe von alternativen Behandlungsmethoden beschrieben, die sowohl als alleinige Therapie als auch begleitend eingesetzt werden können. Eine allein auf Antibiotika beruhende Therapie kann Schwierigkeiten bergen, wie folgende Tabelle veranschaulicht. Gegen Staphylokokkus aureus wirksame (+) bzw. unwirksame (-) Antibiotika am Beispiel einer Hündin mit chronischer Vestibulo-Vaginitis. Antibiotikum Sulfamethoxazol-Trimethoprim Cephalexin Nitrofurantoin Amoxycillin / Clavulansäure Penicillin Streptomycin Tetracyclin Erythromycin Ampicillin Enrofloxacin Gentamycin Neomycin Polymyxin B Sulfonamide Wirksamkeit + ++ + ++ - Alternative Behandlungsmethoden Spülung des vestibulo-vaginalen Bereichs mit milden desinfizierenden Lösungen. Hierzu eignen sich Kamille- oder hochverdünnte (>1:20) PVP-Jodlösungen. Unter digitaler Kontrolle wird ein flexibler Gummischlauch in den vestibulo- vaginalen Bereich verbracht und die Spülung mit körperwarmer Lösung durchgeführt. Eine Kontrolluntersuchung ist zehn Tage nach Beendigung der Spültherapie durchzuführen. Kann man die Vaginitis auf eine Erregerart zurückführen, so besteht die Möglichkeit der Autovakzinierung, welche zu einer Verstärkung der lokalen Abwehrmechanismen beiträgt. Zur Grundimmunisierung sind zwei subkutane Applikationen im Abstand von 14 Tagen notwendig. Danach sollte eine Auffrischungsimpfung alle sechs Monate durchgeführt werden. Nach der Applikation sollte die Hündin für 45 Minuten unter tierärztlicher Aufsicht verbleiben, um gegebenenfalls unerwünschten Nebenwirkungen entgegenwirken zu können. Prognose Die Aussicht auf Heilung ist gut bis sehr gut. Das Auftreten einer juvenilen Vaginitis in diesem Alter ist nichts Ungewöhnliches. Durch die gezielte, frühzeitige Therapie ist ein Übergang zu einem chronischen Krankheitsbild sehr unwahrscheinlich. ______________ xxxxxxxxxxxx