Hinweise für die Anfertigung von Falldiskussionen (Fallberichten) Die für Fachgebiete (Gebietsbezeichnung) und Bereiche (Zusatzbezeichnungen) vorgegebenen Falldiskussionen sollen die fachlich umfassende Bearbeitung des jeweiligen Falles während der Weiterbildungszeit chronologisch wiedergeben. Für die Mitglieder des WBA bzw. der Prüfungskommission müssen die Darstellungen nachvollzieh- und beurteilbar sein. Die tabellarische Darstellung wird dringend empfohlen. Abweichungen von den nachfolgend aufgeführten Angaben sind möglich, wenn dadurch die vorgenannte Zielstellung besser erreicht wird. Dies kann insbesondere durch die unterschiedlichen Tätigkeiten in den verschiedenen Gebieten bzw. Bereichen notwendig werden. Die aufgeführte Beispieltabelle orientiert sich an klinischen Arbeitsgebieten. Die Falldiskussionen sollten grundsätzlich den geforderten aktuellen Wissensstoff des entsprechenden Weiterbildungsganges, die aktuelle Literatur und/oder die gültigen Rechtsnormen berücksichtigen. Auch die Häufigkeit der Wiederholungen einzelner Fälle ist am wissenschaftlich anerkannten Methodenspektrum und dem wiss.-technischen Fortschritt auszurichten insbesondere, wenn im jeweiligen Weiterbildungsgang keine detaillierten Aufschlüsselung der Falldiskussionen durch den Leistungskatalog vorgegeben ist. . 1. Obligate Angaben Allgemeine Angaben 2. Signalement oder andere gebietsspezifische Kennzeichnungsmerkmale Anamnese oder Problembeschreibung Untersuchungsmethoden inklusive Befunderläuterung (Verdachts-) Diagnose Therapeutische oder andere Maßnahmen 3. 4. 5. 6. 7. Therapieverlauf 8 Abschlussbeurteilung 9. Literaturangaben, Rechtsgrundlagen 10. Unterschrift/Datum Stand: 1.3.2011 Erläuterungen Datum der Vorstellung, Name des Patienten, Name des Tierhalters oder andere Identifikationsmerkmale Tierart etc. einschließlich Gewicht und Kennzeichnungen Inklusive Grund der Vorstellung/Tätigkeit Inklusive Differentialdiagnose Inklusive eingesetzte Medikamente/In best. Fachgebieten sind hier Rechtsgrundlagen anzugeben Inklusive Nachuntersuchungen u. Überweisungen Epikrise sofern erforderlich, insbesondere bei Abweichung von aktuellen Standartmethoden/verfahren Inklusive des erm. Tierarztes Seite 1 von 5 Falldiskussionsmuster Beispiel einer Falldiskussion im klinischen Bereich ___________________________________________________________________________ zum Gebiet bzw. Teilgebiet ..., Teilbereich ... (z.B. Gebiet Kleintiere, Teilbereich Gynäkologie/Andrologie) 1. Datum 2. Patientennummer Stat.-Nummer 023 / 01 K 3. Signalment Jack-Russel-Terrier Alter und Geschlecht: 9-jährige Hündin, 5 kg Kennzeichen: Name: „Jackie“, keine Tätowierung o.ä. 4. Anamnese Die Hündin wird als Familienhund (Einzeltier) im Haus gehalten; die Fütterung besteht aus handelsüblichem Dosenfutter und Trockenfutter. Ihr Impfstatus ist vollständig und gültig; sie wird zweimal jährlich entwurmt. Frühere Erkrankungen oder Vorbehandlungen sind nicht bekannt. Seit einigen Tagen ist die Futteraufnahme reduziert und die Hündin zeigt Polydipsie sowie Polyurie; der Kotabsatz ist ebenfalls vermindert; dem Besitzer fiel auf, dass die Hündin in letzter Zeit gern auf kaltem Boden liegt. Die Hündin war noch nie trächtig und wurde auch noch nie gedeckt. Eine Zyklusunterbrechung mit Progestagenen oder ein Läufigkeitsabbruch wurde bisher nicht durchgeführt. Die letzte Läufigkeit war vor ca. 2 Monaten und dauerte etwa 4-5 Wochen; die geringfügige Blutung hielt etwa 3 Wochen an; in dieser Zeit war die Hündin für Rüden attraktiv; eine ausgeprägte Deckbereitschaft wurde nicht beobachtet; die vorangegangenen Läufigkeiten traten in regelmäßigen Abständen zweimal jährlich auf und dauerten durchschnittlich 3 Wochen. 5. Problemliste 1. Reduziertes Allgemeinbefinden 2. Unregelmäßiger Zyklus 3. Fluor vaginalis 6. Diagnostisches Vorgehen Die Ursachen des reduzierten Allgemeinbefindens sind durch eine klinische Untersuchung und Laboruntersuchungen einzugrenzen. Die Problemkreise „unregelmäßiger Zyklus“ sowie „Fluor vaginalis“ müssen durch eine komplette gynäkologische Untersuchung einschließlich einer Ultraschalluntersuchung des Abdomens abgeklärt werden. 7. Allgemeine Untersuchung Stand: 1.3.2011 Seite 2 von 5 Ernährungszustand: gut Pflegezustand: mäßig, Haarkleid etwas stumpf und struppig Habitus: dem Bild einer älteren Hündin entsprechend Verhalten: matt, auffällige Schwäche der Hintergliedmaßen, knickt immer wieder ein Atemfrequenz: 32 / min Pulsfrequenz: 108 / min Temperatur: 39,4°C Schleimhäute: Maulschleimhaut blassrosa, kein urämischer Mundgeruch KFZ: 5 sec. Allgemeinbefinden: mittelgradig gestört 8. Spezielle Untersuchung Adspektion des äußeren Genitales: Vulvaschluss ist vollständig; keine Schleimhaut oder tumoröses Gewebe in der Rima vulvae sichtbar; Labien sind symmetrisch und leicht ödematisiert; die Unterseite der Rute und die Sprunggelenke sind mit rötlich-bräunlichem, übelriechendem Sekret verschmiert. Palpation des äußeren Genitales: Vulva nicht vermehrt warm, nicht schmerzhaft, teigige Konsistenz Palpation des Abdomens: Bei der Palpation des Abdomens reagiert die Hündin mit Schmerzäußerungen; die Bauchdecke ist gespannt, das Abdomen aber nicht aufgetrieben; der Uterus ist infolge der Bauchdeckenspannung nicht palpierbar. Vaginale Untersuchung: Vestibulum- und Vaginalschleimhaut sowie Harnröhrenmündung sind gerötet, es sind keine Zubildungen sichtbar; der Hymenalring ist unversehrt; rötlich-bräunliches Sekret sammelt sich am Scheidenboden. Untersuchung des Gesäuges: Mammarkomplexe unauffällig; nicht laktierend; keine tumorösen Zubildungen. Ultraschalluntersuchung: Blase mäßig gefüllt; die Uterushörner erscheinen ampullenartig aufgetrieben; ihr Inhalt stellt sich echoarm, d.h. schwarz, dar. Röntgenuntersuchung: Nicht durchgeführt. Laboruntersuchung (EDTA-Blut) Erythrozyten: 7,0 x 106/µl Leukozyten: 25.000/ml Hkt: 49% Hb: 17,1 g/dl Creatinin: 0,61 mg/dl Harnstoff 30 mg/dl Glucose: 85 mg/dl 9. Diagnose Offene Form der Pyometra Stand: 1.3.2011 Seite 3 von 5 10. Differentialdiagnose(n) 1) Sepsis anderer Ursache durch klinische Untersuchung ausgeschlossen 2) Glandulär-zystische Hyperplasie des Endometriums Die im Vorbericht erwähnten Unregelmäßigkeiten im Zyklusablauf (verkürztes Zyklusintervall, verlängerte Läufigkeit) basieren auf einer Insuffizienz der Ovarien, die auch zu einer Ovulationsstörung (siehe verlängerte Läufigkeit) führen kann. Durch die verlängerte Östrogenphase kann es zu einer Überstimulierung des Endometriums kommen (Zystenbildung) kommen. Da auch kein kompletter Zervixschluss eintritt, ist häufig auch eine Endometritis unterschiedlichen Ausmaßes gegeben. Da es aber nicht wie bei einer Pyometra zu einer Eiteransammlung im Uterus mit Resorption von bakteriellen Toxinen kommt, sind die Auswirkungen auf das Allgemeinbefinden meistens nicht so schwerwiegend. 3) Deckverletzung, Scheidentumoren mit lokaler Vaginitis oder bakteriell bedingte Vaginitiden sowie Pilzinfektionen der Scheide Diese Erkrankungen können ebenfalls Scheidenausfluss hervorrufen. Mittels vaginoskopischer Untersuchung und ggf. BU werden diese Erkrankungen unterschieden und ausgeschlossen. Gelegentlich kommt es bei Hündinnen im Anschluss an die Läufigkeit (früher Metöstrus) zu schleimig-eitrigem Scheidenausfluss. Es handelt sich jedoch hierbei nur um eine normale Desquamation des Scheidenepithels. 4) Infektionen der Harnwege Ausfluss bedingt durch eine Infektion der Harnwege lässt sich durch Katheterisierung der Blase und BU des Harns ausschließen. Eine Gravidität bzw. ein Abort kommen differentialdiagnostisch nicht in Frage, da die Hündin nicht gedeckt wurde. Aszites kann durch Röntgen, Ultraschall oder Punktion der Bauchhöhle abgegrenzt werden. 9. Prognose quo ad vitam: vorsichtig bis günstig (abhängig vom Grad der Parenchymschäden) quo ad restitutionem: für Zuchthündinnen ungünstig (bei Hysterektomie) 10. Therapie Mittel der Wahl ist die Ovarhysterektomie unter gleichzeitiger Infusionstherapie (bei Nierenbeteiligung mit diureseanregenden Substanzen) und postoperativer antibiotischer Versorgung. Bei Zuchthündinnen kann bei einer offenen Pyometra eine konservative Therapie mit PGF2 versucht werden. Nebenwirkungen von natürlichem PGF2 (in Deutschland für den Hund offiziell nicht zugelassen) sind dosisabhängig. Dosierungsempfehlungen: 20µg (Dinolytic) / kg / 3x täglich über 5 Tage bzw. bis zur völligen Entleerung des Uterus 11. Verlauf (Nachuntersuchung/ Behandlung) 8 Tage p.op. sind die Fäden zu entfernen Bei konservativem Therapieversuch sollte die Hündin in 2-3tägigen Abständen mittels Ultraschall, Blutuntersuchung u.ä. wegen der möglichen Nebenwirkungen von PGF 2 überwacht werden. Bei Wahl der konservativen Therapie ist zu bedenken, dass sich bereits bestehende Organschädigungen im Verlauf der Therapie weiter verschlimmern können. Eine konsequente Kontrolle der Patienten ist angezeigt. Bei schwerer Störung des Allgemeinbefindens mit entsprechender Veränderung der Blutparameter ist die konservative Therapieform obsolet. Stand: 1.3.2011 Seite 4 von 5 Datum Unterschrift des Verfassers / der Verfasserin Datum Unterschrift des/der ermächtigten Tierarztes/Tierärztin Stand: 1.3.2011 Seite 5 von 5