Chemie Wie man dem Glühwürmchen das Leuchten lehrt (Chemie der Leuchterscheinungen) In diesem Kurs wollen wir die Chemie von einer ihrer faszinierendsten und im wahrsten Sinne des Wortes schillerndsten Seiten kennen lernen. Es soll sich um chemische Reaktionen drehen, die Licht als kaltes Leuchten (Fluoreszenz, Lumineszenz) aussenden. Mineraliensammlung, links in weißem Licht, rechts unter UV-Strahlung Bestrahlt man Mineralien mit einer "Schwarzlichtlampe", also einer UV-Strahlungsquelle, wie sie z. B. Briefmarkensammler zur Prüfung ihrer Marken benutzen, so zeigt die Mineraliensammlung plötzlich ein völlig neues Aussehen. Da leuchten Calcitkristalle rot bis gelb, Fluorit blau bis violett und Aragonit gelb. Aber auch Uranmineralien zeigen diesen Effekt: sie leuchten gelb bis pinkgrün. Wenn wir genau hinschauen und sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, beobachten wir bei manchen Mineralien, daß sie, wenn wir die anregende Strahlung kurz an- und dann wieder ausstellen, sogar noch einige Zeit nachleuchten. Dieses Leucht-Verhalten ist so typisch, daß man durch die UV-Bestrahlung viele Mineralien genau bestimmen kann. Was ist Lumineszenz? Neben der Bestrahlung mit UV gibt es noch viel mehr Auslöser von Kristall-Leuchten. Alle diese Phänomenen fassen wir unter einem Begriff zusammen: Lumineszenz. Dies ist der Sammelbegriff für alle Arten des Aufleuchtens einer Substanz unter Einwirkung von jedweder Energie. Dies können elektromagnetische Strahlung, radioaktive Korpuskularstrahlung, Hitze, elektrische Felder oder mechanische Einwirkung sein. Diese Energieformen dienen zunächst dazu, Elektronen in energetisch höhere Zustände anzuheben. -2Hört die Energiezufuhr auf, so fallen die Elektronen aus den höheren Zuständen in unbesetzte, energetisch tiefere Zustände zurück. Die Energiedifferenz wird als Strahlungsenergie abgegeben; der Kristall leuchtet auf. Je nachdem, wie schnell das geschieht, unterscheiden wir zwei Arten von Emissionen: Fluoreszenz und Phosphoreszenz. Fluoreszenz Der Begriff Fluoreszenz ist dem Namen des Minerals Fluorit entlehnt. Bei diesem hat man den Effekt zuerst studiert. Fluoreszenz wird durch Einfall von Licht-, UV-, Röntgen- oder Korpuskularstrahlung hervorgerufen. Dabei erregt die einfallende Strahlung - wir nennen sie die Primärstrahlung - das Mineral zum Aussenden der sogenannten Sekundärstrahlung. Durch die Primärstrahlung werden Elektronen in einen Anregungszustand gehoben, aus dem sie augenblicklich wieder in den Grundzustand zurückfallen. Das ist mit einem Aussenden der Sekundärstrahlung verbunden. Da die Primärstrahlung weiter strahlt, wiederholt sich dieser Vorgang anhaltend. Knipsen wir die Primärstrahlenquelle aus, so verlischt auch die Fluoreszenz. Die Fluoreszenzstrahlung ist langwelliger als die Primärstrahlung. Denn ein Teil der Energie der Primärstrahlung wird zur Anregung von Schwingungen im Kristallgitter genutzt und damit letztlich in Wärme umgewandelt. Das Mineral kann also unsichtbare Strahlung z. B. aus dem UV-Bereich absorbieren und strahlt dann sichtbares Licht ab, es fluoresziert oder leuchtet im "Dunkellicht". Das tut übrigens auch der Zahnschmelz. Dieser besteht aus Apatit, einem auch in der anorganischen Natur vorkommenden Phosphor-Mineral: Ca2(OH,F)PO4. Künstliche Zähne fluoreszieren meistens nicht. Das sollte man wissen, wenn man in eine Disko geht. Die UVStrahlung offenbart dann nämlich herrliche Zahnlücken... Fluoreszierender Flussspat Phosphoreszenz Wenn die Substanz auch nach der Einwirkung der Primärstrahlung nachleuchtet, sprechen wir von Phosphoreszenz, benannt nach dem langanhaltenden Leuchten von Phosphor. Letzteres hat allerdings mit dem Prozess der angeregten Strahlungsemission von Mineralien nichts zu tun. Während es sich beim Phosphor um die anhaltende Abgabe von Oxidationsenergie in Form von Licht handelt (Chemolumineszenz), werden bei bestrahlten Mineralien die Elektronen auf einen Anregungszustand gehoben und von da aus in einen Zwischenzustand verschoben, der zum Beispiel eine Kristallfehlstelle sein kann. Aus diesem können sie nur langsam wieder in den -3Grundzustand zurückfallen. Dazu müssen sie wieder leicht angehoben werden. Das kann durch Erwärmen, Stoß oder erneute Strahlungszufuhr erreicht werden. Nun zu den verschiedenen Formen von Lumineszenz: Zur Lumineszenz zählt nicht das Leuchten, das durch Erhitzen eines Kristalls ausgelöst wird (Glühen). Dabei handelt es sich um das bekannte Verhalten eines Schwarzen Strahlers oder um die Folge chemischer Reaktionen (Langsames Verglühen z. B. von Pyrit oder Kohle). Wenn Fluoreszenz und Phosphoreszenz (wie eben beschrieben) durch Absorption von elektromagnetischer Strahlung verursacht werden, sprechen wir von Photolumineszenz. Erhitzt man Kristalle wie die von farbigem Flußspat auf etwa 100 °C, beobachtet man eine intensive Thermolumineszenz. Allerdings zeigen nicht alle kristallinen Stoffe dieses Verhalten. Voraussetzung ist die Anwesenheit von Störfaktoren wie freie Atome von Calcium und Fluor. Deformiert man einen Kristall, beobachtet man manchmal Tribolumineszenz. Das ist beim Schwingquarz zu beobachten. Aber auch das Zusammenschlagen von Kieselsteinen, die ja aus -Quarz bestehen, löst im Dunkeln deutlich sichtbares Leuchten aus. Dies ist beileibe kein Zündfunken! Voraussetzung für die Lumineszenzen Die Leuchterscheinungen haben Verunreinigungen im Kristall durch Fremdatome sowie Fehlstellen im Gitter zur Voraussetzung. Diese nennt man auch "Aktivatoren". Meistens werden gerade die Aktivatoren zur Abgabe der Elektronen angeregt. Superreine Mineralien zeigen deshalb diese Phänomene nicht. Aktivatoren können z. B. durch Einwirkung von radioaktiver Strahlung freigesetzte Natrium- oder Calcium-Ionen in Flussspatkristallen sein. Aber auch Ionen und Atome von Metallen aus der Gruppe der Seltenen Erden (Lanthanoiden) sind hier zu nennen. Nach: http://dc2.uni-bielefeld.de/dc2/kristalle/fluoresz.htm Einen Schwerpunkt unserer Experimente werden die Formen von Lumineszenz einnehmen, die durch ultraviolettes Licht (UV) angeregt werden (Fluoreszenz). Dabei gewinnen Sie einen Überblick über Fluoreszenzphänomene aus dem Alltag und dem Bereich der Anorganischen Chemie (). Am Beispiel des Fluoresceins betrachten wir dann eine Substanz mit interessanten Indikatoreigenschaften , die auch zur Phosphoreszenz, also zum Nachleuchten, zu bringen ist (). Dass Stoffe auch ohne UV-Anregung zum Leuchten fähig sind, sondern ihre Energie aus chemischen Reaktionen beziehen (Chemolumineszenz) zeigt abschließend das Beispiel des Luminols (), einem Stoff, der ähnliche Eigenschaften zeigt wie das Luciferin der Glühwürmchen. -4- Chinin Aesculin aus der Rosskastanie http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/00/00H217/t3.pdf Stanic, G., Jurisic, B., Brkic, D. 1999. HPLC analysis of esculin and fraxin in horse-chestnut bark (Aesculus hippocastanum L.) Croatica Chemica Acta. 72:827-834 Fluorescein Luminol http://www.omikron-online.de/cyberchem/cheminfo/0221lex.htm http://chemserv.bc.edu/ugrad/lab/org/Luminol.pdf D-Luciferin http://www.biotium.com/prodindex/enzyme-substrate/biolumin/10100.htm -5- Das kalte Leuchten unter UV-Anregung (Fluoreszenz) Geräte: 1 Becherglas 100 mL 6 Reagenzgläser mit Ständer u. 2 Stopfen 1 Spatel 1 Trichter mit Filterpapier und Filterring 1 UV-Lampe (zentral) 2 Mörser mit Pistill 1 Becherglas 600 mL 1 Schneidebrett 1 Messer Chemikalien: Bitter Lemon, Tonic Wasser (chininhaltig) Waschmittel mit / ohne optische Aufheller Grüne Pflanzenteile Aceton Seesand Calciumcarbonat Zinnchlorid SnCl2 (C) Magnesiumbromid MgBr2 ∙ 6H2O (Xi) Durchführung: 1. Bestrahle eine Flasche mit Tonic-Wasser oder Bitter Lemon-Getränk (chininhaltig) mit dem Licht einer UV-Lampe. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ 2. Ein großes Becherglas wird mit Leitungswasser gefüllt und im abgedunkelten Raum mit UVLicht bestrahlt. Dann wird ein frisch abgeschnittener Rosskastanienzweig (oder Eschenzweig) mit der Schnittfläche in das Wasser getaucht. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ 3. Stelle im Reagenzglas Lösungen von verschiedenen Vollwaschmitteln mit und ohne optische Aufheller her und beobachten Sie die Lösungen im UV-Licht. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ -64. Herstellung einer Rohchlorophyll-Lösung: Man schneidet die Blätter (ca. 5 g) in kleine Stücke und verreibt sie in einem Mörser mit 30 ml Aceton (Lösungsmittel für Chlorophyll) unter Zusatz von ca. 5 g Seesand und ca. 1 g Calciumcarbonat (dient zur Neutralisation des saueren Zellsaftes). Die so erhaltene Rohchlorophyll-Lösung (sie enthält auch noch Carotinoide und Xanthophylle) wird in ein Becherglas filtriert. Die Rohchlorophyll-Lösung wird im Dunkeln mit UV-Licht (366 nm) bestrahlt. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ 5. Man zerkleinert einen Spatel voll Magnesiumbromidkristalle im Dunkeln und bestrahlt mit der UV-Lampe. Ebenso verfährt man in einem zweiten Mörser mit einer kleinen Menge an Zinnchlorid. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ Mit einem Spatel werden kleine Körnchen von Zinnchlorid über das Magnesiumbromid im großen Mörser gestreut. Beobachte unter der UV-Lampe im Dunkeln einige Zeit. Verreibe die beiden Pulver schließlich gründlich unter UV-Licht. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ Entsorgung: Ausguss bzw. Papierkorb; Sammelbehälter bei 4. -7- Darstellung und Fluoreszenz von Fluorescein Geräte: 1 Becherglas 400 mL 3 Reagenzgläser 1 Spatel 1 Gasbrenner 1 Reagenzglasklammer 1 UV-Lampe (zentral) Chemikalien: Phthalsäureanhydrid (Xn) Resorcin (Xn, N) verd. Natronlauge (10%ig) (C) Bromwasser (T, Xi) Salzsäure (c(HCl) = 1 mol L-1) (Xi) pH-Indikatorpapier Durchführung: 1. In einem Reagenzglas wird je eine Spatelspitze Phthalsäureanhydrid und Resorcin vermischt und vorsichtig erhitzt. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ 2. Nach kurzem Erhitzen lässt man die Schmelze abkühlen und erstarren. Dann gibt man ca. 5 mL verdünnte Natronlauge hinzu und löst damit den Reagenzglasinhalt auf. 3. Die dabei erhaltene Fluorescein-Lösung tropft man langsam in ein großes Becherglas mit Wasser. Bestrahle das Becherglas dabei seitlich mit einer UV-Lampe im abgedunkelten Raum. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ 4. Nimm von der Fluorescein-Lösung aus dem Becherglas etwas in ein Reagenzglas ab und versetze weiter mit Natronlauge. Gib anschließend Salzsäure bis zur sauren Reaktion hinzu (Überprüfung mit pH-Papier). Beobachte die Fluoreszenz unter UV-Bestrahlung bei basischer und saurer Fluorescein-Lösung. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ 5. Zu einer anderen Probe der Fluorescein-Lösung gibt man in einem Reagenzglas unter dem Abzug(!) Bromwasser bis zum Farbumschlag. Ggf. muss vorsichtig erwärmt werden. Bestrahle wieder mit der UV-Lampe. ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ Entsorgung: Sammelbehälter -8- Phosphoreszenz Geräte: 1 Mörser mit Pistill 1 Porzellanschale 1 Gasbrenner mit Dreifuß und Drahtnetz 1 Tiegelzange 3 Reagenzgläser im Ständer 1 Reagenzglasklammer 2 Bechergläser 400 mL 1 Magnetrührer 1 UV-Lampe (zentral) Chemikalien: Fluorescein demin. Wasser Borsäure (Xn) Durchführung: 1. Zerreibe in einem Mörser ca. 0,1 g Fluorescein mit ca. 40 g Borsäure. Beschicke eine Porzellanschale ca. 1 cm hoch mit diesem Gemisch und erhitze in der Brennerflamme, bis sich am Rande des Gemisches eine glasige Schmelze bildet. Kippe dann mit Hilfe der Tiegelzange den Inhalt auf ein Blatt Papier um und betrachte den auf Raumtemperatur abgekühlten Borsäure-Kuchen im UV-Licht. Was geschieht nach dem Ausschalten der Lampe? ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ 2. Beschicke drei Reagenzgläser ca. 2 cm hoch mit einem Borsäure-Fluorescein-Gemisch nach Vorschrift aus Versuch 1) und erhitze jedes Reagenzglas in der Bunsenbrennerflamme, bis das Gemisch schmilzt. Verteile es durch Drehen des Reagenzglases auf eine möglichst große Fläche der Innenwand des Reagenzglases. a) lasse ein Reagenzglas auf Raumtemperatur abkühlen, b) kühle ein Reagenzglas in einem Becherglas mit Kältemischung (Eiswasser und Kochsalz) auf ca. –5°C ab (nicht gleich das heiße Reagenzglas in das Eiswasser stellen) und c) erwärme eines der Reagenzgläser im Wasserbad auf ca. 70°C Halten Sie jeweils zwei dieser Reagenzgläser gleichzeitig ins Licht der UV-Lampe und beobachten Sie die Unterschiede beim Ausschalten der Lampe ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................ Entsorgung: Feststoffe in den Papierkorb -9- Chemolumineszenz am Beispiel des Luminol Geräte: 2 Bechergläser 600 mL 1 Messzylinder 50 mL 1 Becherglas 1L Chemikalien: Natronlauge (w = 5%) (C) Wasserstoffperoxidlösung H2O2 (w=3%)(C) Luminol (5-Amino-1,2,3,4-tetrahydrophthalazindion-(1,4)) (Xi) Kaliumhexacyanoferrat(III) Durchführung: 1. Zuerst werden zwei Lösungen hergestellt. Lösung 1 : In 10 mL 5 %-iger Natronlauge werden 100 mg Luminol gelöst. Die Lösung wird mit Wasser auf 500 mL aufgefüllt. Lösung 2 : In 500 mL Wasser werden 0,3 g Kaliumhexacyanoferrat(III) ( = rotes Blutlaugensalz ) gelöst. Dazu gibt man 20 mL 3 %-ige Wasserstoffperoxidlösung. 2. Gleiche Teile der beiden Lösungen werden im Dunkeln gleichzeitig unter Rühren langsam in ein großes Becherglas gegeben. Probiere aus, ob die Lumineszenz durch Zugabe von weiterem festen Kaliumhexacyanoferrat(III) mehrmals aufgefrischt werden kann. ............................................................................................................................................... ............................................................................................................................................... ............................................................................................................................................... Entsorgung: Sammelbehälter