Kapitel 6 (1. Teil) Quasi-Experimente: Designs mit unterbrochenen Zeitreihen Zeitreihe - Lange (zeitliche) Abfolge an Beobachtungen der einen gleichen Variablen - Beobachtungen entweder an den gleichen Einheiten (Bsp. Wiederholte Beobachtung von Symptomen bei ein und dem gleichen Patienten oder an verschiedenen, aber ähnlichen, units (Bsp. Verkehrsunfälle in einem bestimmten Staat über mehrere Jahre → Bevölkerung hat sich geändert) Spezialfall: Unterbrochene Zeitreihen - Unterbrochen durch die Einführung eines Treatments (Bsp. Einführung der Gurtpflicht) Designs mit unterbrochenen Zeitreihen = Quasi-experimentelle Alternative zu Randomisierten Designs, wenn diese nicht durchführbar sind und eine Zeitreihe gegeben ist Beschreibung der Effekte Die posttreatment Zeitreihe kann sich von der prätreatment Zeitreihe auf verschiedene Weise unterscheiden: Form des Effekts: - Abfall der Werte nach Einführung des Treatments (abfallender Graph) oder - Größerer Wertezuwachs pro Zeiteinheit nach Einführung des Treatments (Bsp. Prätreatment Wertezuwachs/Monat = +1 → Posttreatment Wertezuwachs/Monat = +2 → Werteanstieg (ansteigender Graph) Dauer des Effekts: Unterscheidung der Effekte in andauernde und nicht andauernde Effekte (entwickeln sich mit der Zeit wieder zurück zum prätreatment Zustand). Unmittelbarkeit des Effekts: Unterscheidung der Effekte in unmittelbare (treten gleich nach Einführung des Treatments auf → leichter zu interpretieren) und verzögerte Effekte (mehr alternative Interpretationen müssen ausgeschlossen werden). Bsp. eines Basisdesign mit unterbrochener Zeitreihe Eine Treatmentgruppe mit vielen Beobachtungen vor und nach Einführung des Treatments: O O O O O X O O O O O (Fünf Messungen O vor und fünf Messungen nach Einführung des Treatments X) Bedrohungen der Validität eines Basisdesign mit unterbrochener Zeitreihe - Häufigste Bedrohung der internen Validität = History (Gefahr, dass ein Ereignis zum Zeitpunkt der Treatmenteinführung die abhängige Variable beeinflusst) → Lösung: Zeitreihe ohne Treatment als Kontrollgruppe - Weitere Gefährdung der internen Validität = Instrumentation (Gefahr, dass die Daten mit fortdauernder Untersuchung anders gemessen werden, das Messinstrument sich verändert) - Weitere Gefährdung der internen Validität = Selection (Gefahr dann, wenn die Zusammensetzung der EG zum Zeitpunkt der Treatmenteinführung wechselt → der beobachtete Effekt könnte dann auch auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Prätreatment- und der Posttreatmentreihe zurückzuführen sein) - Gefährdungen der Validität der statistischen Schlussfolgerung so groß wie bei anderen Designs auch → aber, spezielles Problem bei Zeitreihendesigns: Der Zeitpunkt der Treatmenteinführung muss genau festgelegt werden, was nicht immer möglich ist - Gefährdungen der Konstruktvalidität so groß wie bei anderen Designs auch → aber, spezieller Vorteil von Zeitreihendesigns: Viele Zeitreihendesigns bauen auf Archivdaten auf → Die Probanden wissen oft nicht, dass sie an einer Studie teilnehmen→ Reaktivität der Probanden in Bezug auf die experimentelle Situation geringer - Aber speziell für Zeitreihendesigns: Gefahr für die Konstruktvalidität, da bereits vorhandene Daten, die übernommen werden müssen, oft nicht genau das Konstrukt beschreiben, das der Forscher untersuchen will. - Gefährdungen der statistischen Validität speziell bei Zeitreihendesigns: Die Erhöhung der statistischen Validität über möglichst heterogene Stichproben ist nur möglich, wenn die vorhandenen Archivdaten, auf die man zurückgreifen muss, heterogen sind Hinzufügen einer nicht-äquivalenten Kontrollgruppe ohne Treatment - Gefährdungen der internen Validität (v.a. History) können durch die KG getestet werden - KG erleichtert es die zeitliche Beständigkeit eines Treatmenteffektes abzuschätzen Hinzufügen von nicht-äquivalenten abhängigen Variablen - 2 abhängige Variablen: Eine sollte vom Treatment beeinflusst werden, die (nichtäquivalente) andere Variable nicht - beide Variablen sollten aber auf die gleiche Art auf Gefährdungen der internen Validität reagieren → bessere Bewertung der Plausibilität von vielen Gefährdungen der internen Validität und Erhöhung der Konstruktvalidität des Treatments Kapitel 6 (2. Teil) Entfernen des Treatments zu einer bestimmten Zeit - Der Einfluss eines Treatments kann auch dadurch gezeigt werden, dass ein bestimmter Effekt dann nicht mehr auftritt, wenn das Treatment entfernt wird (Im Buch gekennzeichnet durch ein durchgestrichenes X, hier durch ein rotes X) O1 O2 O3 O4 X O5 O6 O7 O8 O9 X O10 O11 O12 O13 - Von O1 bis 09: Beurteilung des Effekts, wenn Treatment hinzugefügt wird Von O5 bis 013: Effekt, wenn Treatment entfernt wird Abschnitt zwischen 04 und 05 bzw. O9 und O10 folglich am interessantesten Hinzufügen von mehreren Wiederholungen - bei dieser Erweiterung des vorhergehenden Designs wird das Treatment eingeführt, dann entfernt wieder eingeführt und wieder entfernt usw. O1 O2 X O3 O4 X O5 O6 X O7 O8 X O9 O10 X O11 O12 X O13 O14 - - - es gibt dann einen Effekt, wenn die abhängige Variable, jedes Mal gleich reagiert, je nachdem ob das Treatment entfernt oder hinzugefügt wird, natürlich in unterschiedliche Richtungen zu beachten ist, dass das Entfernen und Hinzufügen zufällig geschehen sollte, da dann eine zyklische Reifung ausgeschlossen werden kann, die auch ohne das Treatment stattgefunden hätte dieses Design kann jedoch nur benutzt werden, wenn davon auszugehen ist, dass der Effekt des Treatments schnell abfällt und durch die hohe experimentelle Kontrolle ist es für Feldstudien wenig geeignet Hinzufügen von wechselnden Wiederholungen - Bei diesem Design bekommen die beiden Gruppen jeweils zu unterschiedlichen Zeiten ein Treatment, somit keine die eine Gruppe als KG dienen, wenn die andere ein Treatment bekommt O1 O2 O3 X O4 O5 O6 O7 O8 O9 O10 O11 O1 O2 O3 O4 O5 O6 O7 O8 X O9 O10 O11 - externe Validität, da ein Effekt an zwei Gruppen zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten gezeigt werden kann Beispiel 6.10: Die Einführung des Fernsehens in einigen Städten im Jahre 1951 erhöhte danach die Kriminalitätsrate, während in den Städten in denen das Fernsehen erst 1955 eingeführt wurde, dort dann die Rate stieg Häufige Probleme bei Designs mit unterbrochenen Zeitreihen - Viele Effekte können nur langsam eigeführt werden und breiten sich nur langsam in einer Population aus, so dass das Treatment eher als ein sich graduell verbreitender Prozess zu sehen ist anstatt dass die Effekte alle gleichzeitig auftreten - Viele Effekte treten mit einer unvorhersagbaren Zeitverzögerung auf, die sich in Abhängigkeit der Population und über die Zeit hinweg unterscheiden - um eine statistische Analyse durchzuführen, sollte man eigentlich 100 Beobachtungen vornehmen, jedoch sind die Datenreihen meist viel kürzer - Es ist schwierig die benötigten Daten aus den Archiven zu bekommen - Archivdaten haben oft Zeitabstände zwischen den einzelnen Messzeitpunkten, die zu groß sind - fehlende oder falsche Daten