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HP_WKL_K.DOC/HOMEPAGE
(enthält Einträge aus den Datenbanken AUSTRIA 1-4)
Wörterbuch der Austriazismen
Walter Klöpffer
K
Stand Jänner 2001
I
Kabanossi, die
eine Wurstsorte [ÖW]. ...elegante Frankfurter, endlose Cabanossi und derbe
Klobassi,.. jede Wurst ein Denkmal aus der längst vergangenen kaiserlichköniglichen Historie. Jörg Mauthe Wien S.30.
Kabinett, das
kleines, meist schmales, einfenstriges Zimmer [ÖW,Du8]. Eine ganze Welt voller
Türen und Schubladen war die weiße Kredenz im Kabinett. Gernot Wolfgruber:
Manuskripte 137/37 1997 S.17. Hier nun schlossen sich drei Räume an: zuvorderst
ein Kabinett, dann ein mäßig großes Zimmer und am Ende wieder ein Kabinett.
Heimito von Doderer: Strudelhofstiege S.112. Sie bewohnten nicht allzu weit weg von
diesen, jedoch immerhin schon in einem anderen Viertel, ein Kabinett mit Küche.
Heimito von Doderer: Die Wasserfälle von Slunj S.52; frz. cabinet; österr. [Du]
Kaffee, der
So haben wir es dahin gebracht, daß manchmal in Deutschland der Kaffee schon
besser ist als in Österreich und auf der letzten Silbe betont wird. Günther Nenning:
Es ist mir herzlich ernst S.117. Und außerdem - „Kaffee“ wird in Österreich auf der
zweiten Silbe betont. Jörg Mauthe: Wiener Knigge S.85; Betonung, s. [Du8]
Kaffeehäferl, das
(große) Kaffeeschale. Einmal soll ... in Anwesenheit mehrerer Personen in Erregung
sogar ein Kaffeehäferl gegen die Wand geknallt haben. Thomas Hofer: Profil,
6.3.2000 S.33. Überhaupt stehen in der ganzen Fabrik in jedem dafür geeigneten
Eck Espressomaschinen und Kaffeehäferln. Ute Woltron: Profil, 6.7.1998 S.e13.
Kaffeesieder(in)
(veralt., oft abwert.) Besitzer(in) eines Kaffeehauses [ÖWB,Du]. Zu ihnen gehörte
zunächst die Eigentümerin, die Wirtin, die „Kaffeesiederin“ also, wie es zu Wien
heißt, wo man sogar den Inhaber eines großen und eleganten Lokales in ebenso
despektierlicher Weise als „Kaffeesieder“ bezeichnen würde. Heimito von Doderer:
Dämonen S.125; österr. [Du]
kagazen, kagerzen
(mda.) husten, hüsteln [Castelli,WDL]. Auf der anderen Seite kagazt einer zum
Gotterbarmen. Erik G. Wickenburg: Österreichisch S.75. Frau v. Erbsenstein:...wo so
ein Mann / Statt der Zärtlichkeit kagetzt Jahr aus und Jahr ein / Da bleibt wohl nix
übrig, als nachsichtig sein.-/ Johann Nestroy: Mädl aus der Vorstadt S.31.
Kaiserschmarren, der
eine Mehlspeise [ÖW]. Kaiserschmarren: In unzählige Stücke zerrissenes Omlette,
um das sich noch mehr Anekdoten ranken. Profil, 24.7.2000 S.89.
Heutzutage würde man sicherheitshalber wohl erst erklären müssen, daß
„Kaiserschmarrn“ eine beliebte Wiener Mehlspeise ist (bestehend aus
kleingerissenem, mit Zibeben angerichtetem Palatschinkenteig)... Friedrich Torberg:
Tante Jolesch S.76. Wer Heißhunger auf einen Kaiserschmarrn hat, der sollte nach
Saalbach reisen: dort befindet sich die größte Kaiserschmarrnpfanne der Welt. Edgar
Böhm und Wolfgang Speiser: Rekorde S.177.
Kaisersemmel, die
durch fünf bogenförmige Einschnitte auf der Oberfläche gekennzeichnete Semmel
[Du8]. Aus den Butterkringeln spritzten Wassertropfen, während sie sie auf eine
resche Kaisersemmel strich,... Barbara Frischmuth: Die Mystifikationen der Sophie
Silber, S.36. Es ist durchaus fraglich, ob die Kaisersemmel etwas mit dem alten
Kaiser Franz Josef I. zu tun hat. Erik G. Wickenburg: Österreichisch S.66; zu Kaiser
oder casa = Haus [Wickenburg] (vgl. „Kaiserschmarrn“).
Kaiser-Virginia, die
noch heute produzierte längliche, dünne Zigarrensorte der Tabak-Regie (Austria
Tabak)....und alsbald zog Laska ein langes Etui hervor und bot Melzer eine KaiserVirginia an. Heimito von Doderer: Strudelhofstiege S.76; nach der Tabaksorte aus
Virginia (USA).
Kakanien
Alt-Österreich, Donaumonarchie. Dort, in Kakanien, diesem seither
untergegangenen, unverstandenen Staat, der in so vielem ohne Anerkennung
vorbildlich gewesen ist, gab es auch Tempo, aber nicht zuviel Tempo. Robert Musil:
Der Mann ohne Eigenschaften S.32. Kakanien revisited. ...das von Robert Musil
liebevoll ironisch Kakanien getaufte Staatsgebilde einer beinhart zeitgemäßen
Revision zu unterziehen: ... Kakanien sei in Brüssel kein Thema... Daniela Strigl:
Wiener Journal, 10/2000 S.38.nach der Abk. k.k., siehe kaiserlich-königlich,
gebildetes Kunstwort.
Kakanier, der
(scherzh.) (Alt-)Österreicher. Irgendwo zwischen Lissabon und den Pyrenäen
schwitzt sich eine Horde Kakanier durch den iberischen Hochsommer. Manfred
Wieninger: Grazer (Wiener) Journal, 10/1994 S.4; zu Kakanien (Wortbildung nach
Robert Musil).
kakanisch
(alt-)österreichisch. Wir sagen kakanisch, das heißt gute alte Zeit, als man noch
Sommerfrische sagte, und wo Plastik etwas war, was ein Bildhauer aus Stein
machte... Robert Menasse: Schubumkehr S.132; zu Kakanien.
Kälbernes, das
Kalbfleisch. Kajetan: Brod is keine Kleinigkeit; der edlere Mensch versteht darunter
auch Kälbernes, Gansln, Milirahmstrudl - das Alles nennt der Gebieldete „Brod“
Johann Nestroy: Charivari S.25.
Kalfakter, der
(ugs. abw.) Nichtstuer, liederlicher Mensch [ÖW]. “Aber lassen S´ ´n renna, dös is a
Kalfakta, der rennt an jedn nach,..“. Rudolf Stürzer: Leutln S.33. Er ist doch so ein
Kalfakter, am Schluß macht er die Scherereien im Ministerium, kannst nicht wissen,
der liebe Freund. Erik G. Wickenburg: Österreichisch S.15. Obholzer: Wendl, das
wird der ganzen Wallfahrt nit recht gut tun, wenns jetzt unter die Leut kommt, was du
für ein heimlicher Kalfakter bist! Karl Schönherr: Trenkwalder S.73.
Kalm, die
(mda.) „erwachsenes weibliches Kalb, welches noch kein Junges hatte“ [Castelli].
...dann kannst du doch ohne weiteres morgen beim unteren Almtor auf uns warten
und die erste Kalm, die zum Almtor kommt, durch den dichten Jungwald
treiben...Franz Innerhofer: Schöne Tage S.100; vermutlich zu Kalb.
Kameralistik, die
Staatswirtschaft, staatliches (unflexibles) Abrechnungswesen. Die Universitäten
sollen aus der Kameralistik ausgegliedert werden und ein Globalbudget erhalten.
Hans Pechar: Wiener Journal 7/8 1996 S.13; nlat. cameralia zu mlat. cameralius =
Kämmerer [Du]; veraltet [Du]
Kampl, der
(ugs.) Kerl, Geselle, Kumpan [Du8]. Der General: Ja, das is ein gefinkelter Kampl.
Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit S.609.
Kanari, der
(ugs.) Kurzwort für Kanarienvogel [Du8]. “Aber na, a Kanari is auskumma!“ Rudolf
Stürzer: Leutln S.48; zu Kanarienvogel; auch südd. [Du8]
Kanzlei, die
Büro eines Rechtsanwalts oder einer Behörde [Du]. mhd. kanzlie < lat. cancelli;
südd., österr., schweiz. (sonst veraltet) [Du]
Kanzleipapier, das
Dazu hat er allerlei bei sich: einen Aquarellkasten. Buntstifte, Kanzleipapier,
Briefumschläge von Sheperd's Hotel in Cairo, Abrechnungen der Bodencreditbank in
Wien über verschollene ungarische Actien,....Paul Flora: Fritz von HerzmanovskiOrlando, S.7.
Kapazunder, der
(ugs.,sal.) Koryphäe, Kapazität [ÖWB]. Schließlich sollen die Kapazunder auch
ungestört in ihre Ministerien kommen können. Reinhard Tramontana: Profil,
14.2.2000 S.136. “Schüssel hält ihn für keinen Kapazunder, sondern für einen
Provinzpolitiker, der im Bund nichts verloren hat“, meint einer in Wien. Dagmar
Schwelle: Profil, 31.12.1999 S.23; volksetymol. Mischbildung aus Kapazität und
Wunder(täter) [Wehle].
Kappel, das
(ugs.) Kappe, Mütze (kein Diminutiv). Die freiheitlichen Studenten mit ihren Säbeln
und Kappeln wurden bei Hochschülerschaftswahlen von einem Drittel der Studiosi
gekürt, die christlich-farbigen Biertrinker des CV von über der Hälfte. Georg
Hoffmann-Ostenhof: Profil, 28.7.1997 S.87. Knieriem: Schauts, wie den Wirt irzt ´s
G`wissen druckt, / Wie ängslich als er `s Kappel ruckt. Johann Nestroy: Familien
Zwirn...S.84. Unter einem Dach von flachen Mützen, richtigen „Kappeln“,
verschmelzen sie zu einer schwirrenden und summenden Masse...hier wird
ausschließlich über Fußball diskutiert. Ernst Trost: Doppeladler S.60. zu Kappe, mhd.
kappe = Mantel mit Kapuze, ahd. kappa > spätlat. cappa; österr. [Du].
Kaprize, die
Laune, Eigensinnigkeit [ÖW]. Knieriem...So ein Komet hat seine Kaprizen, so gut, als
wie ein anderer Mensch. Johann Nestroy: Familien Zwirn...S.31. Regina: ...natürlich
ich muß mir seine Kapritzen gefallen lassen, so soll er nur auch meine Launen
ertragen. Johann Nestroy: Der Treulose S.99; frz. caprice < ital. capriccio = Laune,
Grille [Du]; österr. [Du]
Kaprun
Speicherkraftwerk in Salzburg, benannt nach dem Talort [ÖL]. Nah von hier ist der
Großglockner, der große Staudamm von Kaprun, rundum sind Gipfel, Ketten,
Almen... Hans Weigel: O du mein Österreich S.275.
Kapuziner, der
eine Schale Kaffee mit wenig (schaumiger) Milch [ÖW]. ...denn es gibt nicht nur noch
einen „Kapuziner“, eine „Melange“ oder eine „Schale Gold“ - es gibt überdies und
fernerhin große und kleine Portionen Schlagobers, Zusätze und Spezialitäten. Jörg
Mauthe: Wiener Knigge S.87; ital. cappuccino zu cappuccio, Kapuze [Du]; österr.
[Du].
Kapuzinergruft, die
Kaisergruft in Wien. 1824 wurde festgestellt, daß sich die Kapuzinergruft an der
Stelle einer altrömischen Begräbnisstätte befindet. Peter Diem: Symbole Österreichs,
S.196; benannt nach der darüber liegenden Kapuzinerkirche am Neuen Markt in
Wien.
Karawanken, die
Gebirge im Süden Kärntens. Als ich das Ergebnis [der Wirtschaftskammerwahl] aus
dem Land der Karawanken hörte, erfasste mich eine so grosse innere Freude, dass
ich am liebsten frei nach Edi Finger ausgerufen hätte: „I wer` narrisch“. Christoph
Leitl: zit. nach Standard, 7.4.2000 S.9.
Karbonade, die
Nacken und (kurze) Koteletts vom Schwein [Du8]. Vincenz: Was? du halberter
Professor von alle Siebn Sachen, kannst dir mit deiner Weisheit nicht selbst die
Karbonadln des Genusses aufs saure Kraut des Lebens legen? Johann Nestroy: Die
beiden Herrn Söhne S.21; frz. carbonnade = Rostbraten < ital. carbonata < lat. carbo
= Kohle [Du]; landsch., bes. österr. [Du].
Karbonadl, das
Karbonade, ein Fleischstück, Bratenstück [ÖW]. Die Carbonadeln werden mit dem
Messerrücken wohl geklopft...in Semmelbröseln einballirt und entweder in einer
flachen Pfanne mit einem Stückchen Butter schnell abgebraten,... Josefa Kraft:
Kochbuch S.89.
Karenzurlaub, der
Mutterschaftsurlaub. Nach wie vor vergeblich sucht man im neuen Duden nach hoch
frequentierten Austriazismen wie Berufsreifeprüfung, Hauptspeise, Karenzurlaub,
Marktamt oder Zahlschein. Josef Schneeweiß: Standard, 2.9.2000 S.10 (Album).
Karfiol, der
Blumenkohl (*) [ÖW]. ...und dann ging er zwischen den Beeten herum,...lobte die
Größe des Karfiols, und er hatte ständig das Gefühl dabei, der Vater werde ihn gleich
fragen, warum er sich auf einmal für den Garten interessiere, für den er sich doch nie
interessiert hatte. Gernot Wolfgruber: Niemandsland S.390. Der Carviol wird rein
geputzt, das heißt, die grünen Blätter abgeklaubt und die Stängel abgehäutelt, und
sodann behutsam in Salzwasser weichgesotten. ... Carviol auf wälsche Art. Josefa
Kraft: Kochbuch S.63; ital. Carvolfiore = Kohlblume zu cavolo (< lat. Caulis) = Kohl
und fiori (< lat. flos, floris) = Blume [Du]; südd., österr. [Du].
Karfiolsuppe, die
Blumenkohl*suppe. “Nun, macht Karfiolsuppe - - -!“ „Eine „falsche Suppe“, am
Sonntag - - -?!“ Peter Altenberg: Wie ich es sehe S.107; siehe. Karfiol.
Karner, der
Beinhaus. Denn was ein Karner ist, weiß wohl nicht jeder: ein Carnarium. Erik G.
Wickenburg: Österreichisch S.19; mhd. karner = Beinhaus < mlat. carnarium [Du];
bes. südd., österr. [Du].
karnifeln
(mda.sal.) schikanieren [ÖW]. Die AUA blieb Erzrivale, sie wurde karnifelt, genervt,
provoziert. Renate Graber: Profil, 17.3.1997 S.61.
Kärnten
ein österreichisches Bundesland [ÖW]. Das frühe Kärnten stand unter der Herrschaft
verschiedener Geschlechter und umfaßte lange Zeit auch die Steiermark (bis 1122),
das oberöstereichische Ennstal sowie die Mark Verona mit Friaul, Krain und Istrien.
Peter Diem: Symbole Österreichs S.300.
Kärntner Nudeln, die (Pl.)
Kärntner Nudeln: Autochthones Gericht, das mit itanienischer Pasta nur die
Staatsgrenze gemeinsam hat Profil, 24.7.2000 S.89.
Kärntner, der
Weich wie das Klima ist auch die Sprache der Kärntner, der netteste, freundlichste,
ansprechendste unter den österreichischen Dialekten. Hans Weigel: O du mein
Österreich S.218.
Karotte, die
Möhre [ÖW], Mohrrübe, gelbe Rübe [Du8]. Wie sie knirschend von der rohen Karotte
abbeisst, die beinahe die Farbe von ihrem Haar hat. Barbara Frischmuth:
Manuskripte 129/95 S.78. lat. carato, grie. karoton [Du]; hochsprachlich für Möhre
(außer V,T) [Du8]
Karree, das
Fleischstück von der Rippe [ÖW]. Am Bauernschmaus teste ich: Ob die beiden
Fleischsorten wirklich Karrees sind, also durchzogen (allzuoft sind diese Stücke
erbärmlich trocken und ausgekocht). Günther Poidinger: Grazer (Wiener) Journal 9/
1994 S.21; frz. Carré.
Kartl, das
Karterl, Kärtchen. “Runtergehen und die Kartln wieder umstecken“, antwortete der
Franzi. Christine Nöstlinger: Weihnachten S.18.
Karzer, der
(veralt.) Disziplinarmaßnahme an österr. Mittelschulen; früher: Schul- u.
Hochschulgefängnis. Die Konferenz hat beschlossen, daß Sie einen Karzer in der
Dauer von vier Stunden abzusitzen haben. Friedrich Torberg: Schüler Gerber S.101;
lat. carcer = Umfriedung; Kerker [Du].
Kaschau
alte Bez. für Košice (Slowakei). Als Bügermeister von Kaschau (Košice) habe ich die
Verkehrsmittel verbessert, die Luft entgiftet und eine Wasserleitung gebaut. Rudolf
Schuster (Interview) Profil, 12.8.2000 S.101.
Kaschkanat, das
(veralt.) Restlspeise (Mischmasch aus Speiseresten [Hügel]). Muffinger:...ich will ihr
jetzt nicht den Kopf verwirren, sonst kocht sie in der Extas´ den Gästen einen
Kaschkanat zusamm – Johann Nestroy: Charivari S.10. frz. cochonaille =
Schweinssülze [Jakob] oder auch tschech. kase = Brei.
Kasnocken, die
(K) eine Speise. “Kasnocken“ sind ein besonders herzhaftes Gericht. Liselotte
Buchenauer: Sanfte Kuppen S.20
Kasnudel, die
(K) gefüllte Teigtasche [ÖW]. Und während ich Ritschert oder Germknödel oder
Kasnudeln zu mir genommen habe, habe ich an Wildbret und Geflügel gedenkt. Alois
Brandstetter: Wirt S.216. Noch Ende der Siebziger war es leichter, am Wörthersee
hawaiisch (oder was man dafür hielt) zu speisen, als Kärntner Kasnudeln zu
bekommen. Christoph Wagner Profil, 7.8.2000 S.98.
Kasperl, der
lustige Figur (der Volksbühne) [ÖW]. Ich sehe immer nur einen Kasperl, der sich
ständig verändert. Ilse Aichinger: Profil, 28.10.1996 (Interview) S.98. Schauspieler
sind immer wieder Kasperln oder Ungeheuer... Claus Peymann: Profil, 14.12.1998
S.125 ..., denn hierzulande wird der Literat, der ein Revolutionär werden will,
zunächst zum Kasperl und bleibt es meistens auch, sofern er nicht, was vorkommt,
zum Klassiker wird. Jörg Mauthe: Hitze S.113.
Kasperltheater, das
traditionelle altösterreichische Puppenbühne. H. ist allenfalls das Krokodil in einem
Kasperltheater, sicher nicht der insgeheime Lenker des Landes. Peter Michael
Lingens: Profil, 8.5.2000 S.198.
Kassa, die
Kasse. Die durchschnittliche Kassa-Besetzung eines durchschnittlichen
Supermarktes lässt ihren überdurchschnittlichen Frust nämlich bevorzugt an uns
Fünferlosen aus. [5 S ist im späten 20. Jh. das Pfand für ein Einkaufswagerl] Profil,
20.3.2000 S.65. ital. cassa = eigentl. Behältnis, Kasten für Bücherrollen < lat. capsa
[Du]; österr. [Du].
Kassasturz, der
Feststellung des Kassenstandes [Du]. Und einen Kassasturz sollte jede Regierung
nicht nur bei ihrem Amtsantritt, sondern auch am Ende ihrer Tätigkeit.. Karl Pisa:
Wiener Journal, 3/2000 S.6. Aber warum eigentlich diese Aufgeregtheit? Jeden Tag
ein neuer Kassasturz, bei der ÖIAG, bei den Sozialkassen. Kleine Zeitung, 26.2.2000
S.4; zu Kassa, s.d.
Kast(e)l, das
(ugs.) Küchenkastl, Briefkastl [ÖW]. Sich als liberal zu bezeichnen, war zunächst nur
die Weigerung, sich in die bestehende Aufteilung der kleinen österreichischen Welt
und ihre Kasteln einordnen zu lassen;... Gerhard Wilflinger: Grazer (Wiener) Journal
5/1994 S.10; Am Amazonas geht der Regenurwald ein / aber was soll`s, mein Kastel
muß aus Mahagoni sein / Erika Pluhar: Horizonte S.137. Verkleinerungsform zu
Kasten.
Kasten, der
Schrank (*) [Du,ÖW]. ...im Kabinett ein Bett, ein Waschtisch und zwei Kästen.
Hermann Bahr: Theater S.33. ...und um genau ein Uhr mittag stand sie betäubt vor
dem Kasten und fing an, die Laden herauszuziehen und Türen zu öffnen. Ingeborg
Bachmann: Probleme Probleme, Werke 2, S.320.
Mariandel: Was stehst denn da, Du miserabler Mensch; und mir räumens derweil den
ganzen Kasten aus. Ich bin bestohlen! Ferdinand Raimund: Diamant des
Geisterkönigs S.29. Vom Berghaus sieht man gerade auf den Loser, der durch seine
einem Kasten ähnliche Gestalt sich auszeichnet; Erzherzog Johann: Tagebuch S.5.
Zu einer Waffensammlung reichte sein Einkommen nicht, aber Messer, ..., besaß er
bald eine Menge, und hohe Kasten mit vielen flachen Schubfächern und
beschriebenen Zetteln standen in seinem Zimmer, was ihm den Ruf der
Gelehrsamkeit brachte. Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften S.342.
Die Kästen, Garderoben und Nachttischladen werden einmal in der Woche
kontrolliert, allerdings an verschiedenen, nicht vorherbestimmbaren Tagen. Barbara
Frischmuth: Die Klosterschule S.55; mhd kaste, ahd. kasto [Du]; südd., österr.,
schweiz. [Du].
Kastentür, die
Schranktür (*). Jedes Öffnen einer Kastentür ein Staunen. Gernot Wolfgruber:
Manuskripte, 137/37 1997 S.17; zu Kasten.
Katzamaika, die
(veralt.) Joppe [Unger]. Finkl:...diese gewissen Halb-Kazawaikerln mit Visitterlschnitt,
wie ich leider an dir bemercke, sind nicht Vertrauen erweckend. Johann Nestroy:
Charivari S.16; slaw.; NÖ, Unterstmk.
Katzelmacher, der
(ugs.abw.) Italiener [Du8]. Man nennt die Italiener etwas abschätzig Katzelmacher,
wofür es viele Erklärungen gibt, die zum Teil recht unfein sind und alle miteinander
nicht stimmen. Erik G. Wickenburg: Österreichisch; Gatzel = Löffel, also
Löffelmacher, Löffelgießer [Wickenburg]; auch bayr. [Du8]
Kauli, der
italienischer Blumenkohl. Gabriel: Zu dem G`sicht stundt a Kauli und a Krauthappl
am schönsten. Johann Nestroy: Der alte Mann mit der jungen Frau S.26.
Kavall, der
eine Kartenfigur im Tarocksspiel. Die Farbsymbole entsprechen zwar denen der
französischen Karten, doch kennt das Tarock eine weitere Figur, nämlich den Kavall
oder Reiter, und unterschiedliche Skartins (kleine Karten) für die roten und
schwarzen Farben. Johannes Bamberger: Tarock, S.11.
Keierei, die
(mda.) Verlegenheit, Verdruß, fatale Lage [Hügel]. Doch viele, die dencken, für was
die Keyerey, / und führ`n ungeniert eim a And`re vorbey. Johann Nestroy: Weder
Lorbeerbaum ... S.60. Portier: Wieder ein politischer Verbrecher? Nein, was einem
die für Keirey machen-! Johann Nestroy: Höllenangst S.62.
Keks, das
trockenes, haltbares Kleingebäck [Du,ÖW], Plätzchen (*). ...er ist einmal mit einer
großen Schachtel Keks gekommen, und die Mutter hat gesagt, das ist dein Vater,...
Franz Innerhofer: Schöne Tage S.98; engl. cakes (Pl.) zu cake = Kuchen [Du]; österr.
immer Neutrum [Du8, s.a. Du, ÖW]
Kellerstöckl, das
Kleiner überbauter Keller in einem Weingarten. Schilcher bewahrt man am besten in
Fässern oder Flaschen auf, die in einem weststeirischen Kellerstöckl kühl und
unbeweglich lagern. Reinhard P. Gruber: Schilcher S.20.
Keppelei, die
zu (ugs.) keppeln = (fortwährend) schimpfen, keifen, nörgeln [Du,ÖWB]. Die
Blockade-Drohungen österreichischer Regierungsmitglieder werden ebenso schnell
in Vergessenheit geraten wie bestimmte Keppeleien aus Kärnten. Herbert Lackner:
Profil, 19.6.2000 S.21; mhd. kibelen = zornig sein [Du]; österr. [Du]
Kernöl; das
Kürbiskernöl. Schilcher und Kernöl pulsieren in den Adern des Landes, der edle rote
Saft der blauen Wildbacher Rebe, vulgo Schilcher, und der edle tiefgrüne Saft des
Kürbiskerns, genannt Kernöl. Reinhard P. Gruber: Schilcher S.10. ...die ihnen mit
Salat und sehr schön, nämlich mit steirischem Kernöl auf grünem Salat, serviert
worden waren,... Klaus Bartgeyr: Wiener Journal, 7/8 1998 S.47. Die
Schicksalsfrage, ob man Erdäpfelsalat mit oder ohne Kernöl bevorzuge, wird heute
schon in der Arlberg-Hotellerie gestellt. Christoph Wagner: Profil, 2.11.1998 S.158.
Keusche, die
kleines, ärmliches Bauernhaus [ÖWB]. Bei dem unverwechselbaren Haus des
Kleinlandwirts, der Keusche, angelangt, sahen sie eine ältere Frau... Alois
Brandstetter: Groß in Fahrt, S.6.; slow. kaijza = Hütte; österr. [Du].
Kiberer, Kieberer, der
(ugs.,abw.) Kriminalbeamter [ÖWB]. Im übrigen wird man...auch aus guten Gründen
ein „Kieberer“ (wie man zu Wien solche Polizeileute nennt). Heimito von Doderer:
Strudelhofstiege S.174.
Kickerl, das
(ugs.) ein kleiner Kick (Fußballspiel). ...zog es den Kanzler zu einem Kickerl.
Sanktionen hin, Weisen-Delegation her- das Traditionsmatch Politiker gegen
Journalisten...lässt sich der Hobby-Fußballer Wolfgang Schüssel nicht entgehen.
Herbert Lackner u. Otmar Lahodynsky: Profil, 3.7.2000 S.25; Verkleinerungsform zu
Kick.
Kiefeln
(ugs.) nagen, an etwas kauen [Du8]. Oder sie sitzen am Gehsteig und kiefeln an ihrer
Pizza. Helmut Misak (Interview) Profil, 2.6.1997 S.e6. Seitdem kiefelt er daran, daß
man sich Derartiges in einem Film anschauen kann,... Marianne Enigl: Profil,
28.4.1997 S.90; auch bayr. [Du8].
Kilometerbank, die
Gutschein für Bahnreisen. Bis zu 6 Reisende können mit einer Kilometerbank
gemeinsam reisen. Kursbuch (ÖBB) 95-96.
Kinderverzahrer, der
(ugs.) jemand der sich an Kindern vergeht oder sie verschleppt [Du8],
Kinderschänder [WDL] Mühl wurde schließlich als Kinderverzahrer angeklagt und zu
sieben Jahren Haft verdonnert. Georg Hoffmann-Ostenhof: Profil, 16.2.1998 S.102.
Ja, ja, und zu sowas hat ma r a Madl ganze siebzehn Jahr aufgezogen, aufpaßt vor
die Kinderverzahrer wie a Haftelmacher und allers tan, was elternmöglich ist ...“ H.C.
Artmann: Burenwurst S.87. -verzieher oder -verzerrer [Artmann];
Kinigl(has), der
(mda.) Kaninchen [ÖW,Du8, Hügel]. ...das habn s´ amal zu mir gsagt, wia i an Kinigl
hintragen hab, den i gfundn hab, der war aus an Schrebergarten auskumma. Rudolf
Stürzer: Leutln S.34. Ich war als Bub sehr gern auf der Welt, und hab mich fleißig mit
Hund, Tauben, Katzen und Kinigelhasen gespielt,... Johann Nestroy: Der
Unbedeutende S.21. Nachtigall:...Eine Königin soll ich erhaschen? Einen Kiniglhasen
vielleicht. Ferdinand Raimund: Die gefesselte Fantasie S.159.
Kipfe(r)l, das
kleines gebogenes Weißbrotgebäck [Du8]. ...and the beaten turks left us the best
coffee and the famous viennese breakfast Kipfel, to remember. Ingeborg Bachmann:
Werke 2, S.278. Der Kipf ist ein Bestandteil am Pferdewagen...Und aus diesem Kipf
wurde in der Verkleinerungsform das Kipfel oder Kipferl. Erik G. Wickenburg:
Österreichisch S.65. Im „Fürstenbuch von Österreich“ war 1227 von K i p f e r l n und
w e i ß e n F l e c k e n die Rede. Gerda Rob: Streifzüge S.11. Regimentsarzt Dr.
Grün:...Einen Braunen passiert, mit Schlag, Geitinger, ein resches Kipferl dazu,- die
Virginia trocken und drei Stück Zucker! Franz Theodor Csokor: 3. November 1918
S.18; auch bayr. [Du8].
Kirchel, das
(T) Kircherl, Kirchlein (*). Alter Bauer: Herr! Uns Bauern wär` das alte, kleine Kirchel
gut genug gewesen! Karl Schönherr: Sonnwendtag S.91. Ein Tiroler, dem ich mein
Manuskript zu lesen gab, meinte, „Kircherl“ wäre zu wienerisch, es müßte „Kirchl“
heißen. Hans Weigel: Tirol S.39. Verkleinerungsform zu Kirche.
Kirchtag, der
Kirchweihfest [Du]. ... Pflanzen, die Wörter bildeten, geheime Botschaften auf
Lebkuchenherzen an Kirchtagsständen, ein Gastzimmer in einem
ÖSTERREICHISCHEN Gasthof mit vier Betten, von denen nur eines bezogen war.
Peter Handke: Der kurze Brief zum langen Abschied S.105. Sie besuchte mit
anderen die letzten Kirchtage des Jahres. Peter Handke: Wunschloses Unglück
S.82.
Kirtag, der
(mda.) Kirchtag [ÖW]. ... der mit seiner Zieharmonika von Dorf zu Dorf zog, immer
der nächsten Hochzeit oder einem Kirtag nach, nicht auf den Straßen, sondern
immer auf dem kürzesten Wege durch die Wälder und über die Berge. Jörg Mauthe:
Nachdenkbuch S.85. Wien, den 5. Septbr.[1888]. Den Kir-Tag in St.Gilgen hätte ich
gerne mitgemacht, nur um Sie tanzen zu sehen. Kaiser Franz Joseph: Briefe an
Frau Schratt S.110.
Kiste, die
Behälter für Flaschen, „eine Kiste Bier“ (binnendtsch.: ein Kasten B.) [Du8].
Kittel, der
Frauenrock, Damenrock [ÖW,Du]. Weib: Na ja, ich kann jetzt wegen dem Haus am
Marktplatz nit gleich aufhupfen, daß ich den Kittl verlier. Karl Schönherr: Weibsteufel
S.51; mhd. kitel; österr. (in dieser Bed.) [Du]
Kitz
Kurzform von Kitzbühel. ...sah sich auch Herbert von Karajan veranlaßt, aus seiner
lange geübten Zurückhaltung herauszutreten, und dirigierte auf einer Tournee
Abfahrtsläufe in Kitz, Gastein und auf dem Arlberg. Carl Merz u. Helmut Qualtinger:
Werke Bd.5 S.113.
Klachel, der
(mda.abw.) ein großer, derber Mensch [ÖW,Hügel,SSW]. ...wie sie in einem kleinen
Laden einer Pariser Vorstadt nach etwas vergebens fragte, aber nicht von einem
Klachel in einem undefinierbaren Dialekt angeschnauzt wurde, sondern freundlich an
einen Konkurrenten gewiesen, der die Ware bestimmt vorrätig habe; Karl Kraus: Die
Sprache S.107. Ferner der örtliche Heros, ein Klachel (...) mit unübersehbarem
Brustkorb und winzigem Haupt,... Erik G. Wickenburg: Österreichisch S.91; mhd.
klechel = Glockenschwengel [Wickenburg].
Klachelsuppe, die
eine steirische Spezialität aus Schweinshaxen [ÖWB], saure Suppe aus
Klachelfleisch [Unger], “versprudelte Suppe mit viel kleingeschnittenem Fleisch von
Schweinskopf und -fuß...“ [Wagner]. Auch wenn er „nur“ eine Klachelsuppe serviert,
so handelt es sich dabei mit Sicherheit um die beste aller jemals in steirischen
Landen gekochten Klachelsuppen. Christoph Wagner: Profil, 17.11.1997 S.128; zu
Klachelfleisch = Fleisch vom Kopfe und von den Stelzen (Wadschinken) des
Schweines [Unger].
klagen
jmdn. bei Gericht verklagen [Du8]. Knieriem:...Die Friseurin wird klagt wer`n, ihr
Schneider wart`t nit,/ Johann Nestroy: Familien Zwirn...S.38.
Klagsflut, die
Welle von gerichtlichen Klagen. Klagsflut droht. US-Anwalt Ed Fagan droht mit
Klagen gegen Österreichs Industrie, wenn die Regierung nur über NS-Zwangsarbeit
verhandeln will. Standard, 25.2.2000.
Klagsversuch
(jur.) Klageversuch; Versuch, eine gerichtliche Klage zu erheben. Die hilflosen
Klagsversuche gegen das Magazin „Spiegel“...verliefen unspektakulär im Sand.
Profil, 22.5.2000.
Klampfe, die
Eisenklammer für Baugerüste [ÖW], Bauklammer [Du]; hier: Guitarre. Einer von
Ihnen hatte ein Klampfe bei sich, er stimmte eine Lied an. Gertrud Fussenegger:
Spiel S.152; mhd. klimpfen = fest zusammendrücken; österr [Du].
Klampferin, die
(mda.veraltet) Frau des Spenglers, Klempners (*) [Hügel]. Und der Klampferin, der
spielt ihr Mann einen Streich, / Sein jüngster Bub, sagt er, der sieht ihm nicht gleich. /
Johann Nestroy: Familien Zwirn...S.38.
Klapotetz, der
Im steirischen Weingebiet (Sausal)* übliche Windräder, die mit kleinen Holzhämmern
auf ein Schallbrett klappern, um traubenhugrige Vögel zu verjagen. Otto Swoboda:
Holzbaukunst S.182; slowenisch klapotati; * die gesamte Gegend nennt sich auch
die „Steirische Toskana“. Dem kann unter landschaftlichen Aspekten zugestimmt
werden. Die nunmehr völlig offene Grenze zu Slowenien (EU, €-und Schengen-Land)
eröffnet eine seit 1918 verloren gegangene gemeinsame Heimat.
Klappe, die
(bes. W) Telefonnebenstelle, Anschluß, Apparat (einer zentralen Telefonanlage)
[ÖW,Du]. Anna:...Vielleicht haben Sie eine falsche Klappe gewählt, nein, es hat
sicher nicht geläutet... Ingeborg Bachmann: in Geschäft mit Träumen S.181.
Niederdt. < mniederdt. klappe = Klapper [Du]; österr. [Du] (in dieser Bed.)
Klappermandl, das
(mda.,T) Jäger:...Was kümmert mich das Klappermandl; das zaunmarterdürre? Karl
Schönherr: Weibsteufel S.40.
klaß
(ugs.) tüchtig, vorzüglich, ausgezeichnet, „toll“ [ÖW,WDL]. Wir dürfen nicht so
selbstgefällig sein und sagen, alles, was wir gemacht haben und was existiert, ist
super und klass`. Viktor Klima: Profil (Interview) 14.4.1997 S.30; zu Klasse [Du];
österr. [Du]
Klassenbuch, das
(Schule). Nun ereignete es sich zum ersten und einzigen Mal, daß ich in das
Klassenbuch eingetragen wurde und noch dazu von einem Lehrer, der beinahe nie
zu solchen Maßnahmen griff, um seine Autorität zu wahren; Arthur Schnitzler:
Jugend in Wien S.79.
Klassenvorstand, der
ein Lehrer, dem koordinierende, beratende und Verwaltungsaufgaben zukommen
[ÖW], Klassenlehrer (*)...- Kupfer wurde Klassenvorstand der Oktava. Friedrich
Torberg: Schüler Gerber S.26. Die Verbliebenen „tröstete“ der Klassenvorstand, daß
auch sie bald den „feldgrauen Rock des Führers“ tragen würden. Karl Pisa: Wiener
Journal. 2/1999/1/2000 S.31. Es hat mich immer betroffen gemacht, wenn ich jene,
die große pädagogische Theorien entwickelt haben, in vivo, etwa in der Erziehung
der eigenen Kinder oder als Klassenvorstände in der „Führung“ einer Klasse so
kläglich versagen habe sehen. Alois Brandstetter: Groß in Fahrt S.173.
Als er auf den Gang vor der Direktions-Kanzlei und dem Konferenz-Zimmer kam, fiel
ihm der Name des Klassenvorstandes nicht ein. Heimito von Doderer: Die
Wasserfälle von Slunj S.182. Sie hat sich vorgenommen, den Nagel vom Lack
befreit zu haben, bis der Klassenvorstand mit der Zeugnisansprache fertig ist.
Christine Nöstlinger: Pfui Spinne S.139; österr. [Du]
Kleiderkasten, der
Kleiderschrank (*). sie liebte es im Grunde gar nicht, wenn man sie dabei
ansprach...während sie vom Wäscheschrank zum Kleiderkasten und von da zu den
Hutschachteln eilte. Heimito von Doderer: Strudelhofstiege S.825.
Kleinhäusler, der
Kleinbauer, Keuschler [ÖWB,Du]. Der Müller ist aber nicht nur Müller von Beruf,
sondern ein Kleinhäusler, der in einer Keuschen nahebei wohnt und den Bauern der
Gemeinde für diese Wochen und Tage die Arbeit tut. Heimito von Doderer:
Strudelhofstiege S.185; österr. [Du]
kleschen
(mda.) klatschen [Hügel], knallen [Hornung]. ...an klan Madl auf da erstn is a
Pumarantschn owigfalln und an Altn im Parkett auf d´ Glatzn, daß ´s nur so klescht
hat, dös war a Mordsbahöl... Rudolf Stürzer: Leutln S.198; bayr.-österr. knallen,
lautmalerisch [Hornung].
Kletzenbrot, das
dunkles Brot mit gedörrten Birnen und versch. Gewürzen [Du]. Gerade in der
Vorweihnachtszeit ist das Kletzenbrot besonders beliebt. Kleine Zeitung, 26.11.1999
S.30. Öfter zog er einen Keil Kletzenbrot aus der Tasche und kiefelte daran. Paula
Grogger: Räuberlegende S.125; zu Kletzen = gedörrtes Obst, besonders gedörrte
Birnen und Äpfel [Unger]; von bayr., österr. kleuzen = spalten < mhd. kloezen [Du];
österr. [Du].
Klitsch`n, die
(mda.abw.) Hütte, Keusche. ...und i weiß ganz gut, daß sie meine Klitsch`n, wie sie`s
nennen, im Grund garnet regardieren. Erik G. Wickenburg: Österreichisch S.130; zu
gglitsch = Verschlag im Keller oder Stall [WTM] (?)
Klosterwirtschaft, die
Klosterrestaurant, Stiftskeller. Wo immer ein Kloster ist zwischen Rhein und Donau,
gibt`s auch eine Klosterwirtschaft. Günther Poidinger: Wiener Journal, 10/1997 S.43;
zu Wirtschaft = Gastwirtschaft;
Klothhose, die
Turnhose aus (schwarzem) Kloth [Du]. Dame: ... Allerdings mit Ihrem neuen Modell
„Ruderleibchen mit Klothhosen“ hab' ich Furore gemacht. Carl Merz und Helmut
Qualtinger: Brettl vor dem Kopf S.40; zu Kloth, ein Baumwollgewebe [ÖW]; österr.
[Du]
Klubobmann, der
Fraktionsvorsitzender (im Parlament) [Du8]. Zu ihnen gehören Finanzminister
Edlinger und SPÖ-Nationalratsklubobmann (Fraktionschef) Kostelka, beide aus dem
mitgliederstärksten Landesverband Wien. FAZ, 18.9.1997 S.5
Klumpert, das
(landsch.ugs.abw.) wertloses Zeug, schäbige Sachen [ÖWB]. Bergleute mit Händen
wie Schaufeln mußten sodann umlernen...irgendwelche idiotischen Plastikformen für
irgendein Klumpert produzierend. Georg Pichler: Manuskripte 139/98 S.35; zu
Gelump, österr.[Du]
Kluppe, die
Wäscheklammer [Du,ÖW]. ..., und Äquatorianer, die an Hundstagen in Wien
scheppern wie ein Kluppensackerl, weil sie's derart friert. André Heller: Schlamassel
S.83; mhd. kluppe = Zange; bayr., österr. [Du].
Kneissl
traditionsreiche Tiroler Skifirma
Knierling
Haspel (*). Die Haspel (vielleicht auch der Haspel) ist übrigens eine zuerst gesurte
und dann gekochte Schweinshaxen, zu welcher die Wiener oder die Steirer
„Knierling“ sagen, während das Berliner „Eisbein“ vorher nie gesurt wird. Günther
Poidinger: Grazer (Wiener) Journal, 2/1996, S.43
Knieschnaggler, der
(mda.) beim Abwärtsgehen Knieschmerzen verursachender, steiler Weg. ...doch ist
der Pfad zur Hochgollinghütte berüchtigt steil, ein richtiger Knieschnaggler. Liselotte
Buchenauer: Heimat S. 70. Wie wahr!
Knödel, der
Kloß (*). Und Melzer glich in diesem Punkte einem Menschen, der daraus, daß man
einen Knödel nach dem andern ißt, deduzieren wollte, es gäbe keine Vielfraße.
Heimito von Doderer: Strudelhofstiege S.371; spätmhd. knödel; bes. südd., österr.
[Du].
Knödelakademie, die
(scherzh.) Haushalts-Mittelschule. ...die sie auf eine - in Bessis Schulzeit so
genannte - Knödelakademie geschickt und ihr Nachhilfestunden...gezahlt haben.
Elfriede Hammerl: Profil, 24.10.1998 S.147.
knödelfest
(mda.) sehr fest, sehr stark [Unger]. Knieriem: Er muß dir s` geben, du gehst hin zum
Leim, ganz knödelfest, und sagst: „Ich bin der Geliebte von Ihrer Tochter...!“ Johann
Nestroy: Familien Zwirn...S.33;
Knofel, der
(mda.) Knoblauch [ÖWB,Du,SW,WDL]. Ein Beispiel wäre der Knofel-Gürtel, der
ungefähr mit der Main-Linie zwischen Sizilien und Spitzbergen zu tun hat. Günther
Poidinger: Wiener Journal, 4/1998 S.46; zu Knoblauch; landsch. [Du].
Koalition, die
kurz für große Koalition aus ÖVP und SPÖ (häufige Konstellation in der österr.
Bundesregierung) seit 1945; siehe auch SPÖVP. Daß Österreich von einer Koalition
regiert wird, dürfte heute den Untertanen, also auch unseren Lesern, ziemlich
bekannt sein. Carl Merz und Helmut Qualtinger: Werke Bd.5 S.31; frz. coalition <
engl. coalition < mlat. coalitio Zusammenwachsen [Du].
Kobel, der
Verschlag [ÖBW]. Das, hab ich abkühlend zur Kenntnis nehmen müssen, hat der
Kobel nicht drauf. Reinhard Tramontana: Profil, 3.3.1997 S.118.
Kogel, der
Bergkuppe, kegelförmiger Berg [Du]. Während sie so den Kogel emporstieg, mußte
sie häufig stehenbleiben und tief durchatmen. Barbara Frischmuth: Mystifikationen
der Sophie Silber. S.150.
Kohlblatt, das
Anders als beim Weiß- und Rotkraut sind die Kohlblätter lockerer übereinander
angeordnet. Die Blätter sind am Rand immer gewellt, netzartig gerippt, höckerig und
gekräuselt. Die Ganze Woche, Sammelalbum ca. 1999.
Kohlrübe, die
eine Gemüsepflanze [ÖW], Kohlrabi (brassica oleracea, var. gongylides)
[Du,Du8,Mayer]; binnendtsch. bedeutet Kohlrübe = Steckrübe (brassica napus, var.
napobrassica) [Mayer]. Hiezu wird die kleine Gattung von Kohlrüben gewählt, von
denen man alles Grüne wegnimmt, selbe abschält und gut abdressirt;... Katharina
Schreder: Kochbuch S.36. Gedünstete Kohlrüben (Kohlrabi). Deren Bereitung ist
ganz dieselbe, wie jene der weißen Rüben... Josefa Kraft: Kochbuch S.64;
vermeintlich hochdeutsche Form von Kohlrabi, ein Wort das in Österreich vermutlich
wegen seines Klanges fälschlich als Dialektwort eingestuft wird [Du8]; österr. [Du].
Kolatsche, die
Golatsche, eine Mehlspeise [ÖW]; kl. gefülltes Hefegebäckstück [Du] -, dazwischen
würgte er löffelweise an einem Eiskaffee mit kalten Kolatschen herum, obschon er all
das Zeug nicht vertragen konnte, verdarb sich den Magen ... Fritz von
Herzmanovsky-Orlando: Gaulschreck S.96; tschech. kolác (c-Hatschek);
Kolin
Stadt in Böhmen (Tschechien), Schlacht bei Kolin; Denn hier, ein paar Kilometer
westlich von Kolin, konnten die Österreicher am 18. Juni 1757 den scheinbar
unaufhaltsamen Vormarsch des Preußenkönigs Friedrich II. beenden, seiner
sieggewohnten Armee eine recht empfindliche Niederlage beibringen und... Humbert
Fink: Spuren des Doppeladlers S.9.
Kollaudierung, die
(Amtsspr.) letzte Prüfung und Bewilligung zur Benützung eines Neubaus [ÖW]. Wer
heute,...bei Begehungen und Kollaudierungen, ein „Arbeitsessen“ veranstaltet, kann
sich das Essen natürlich nicht m u n d e n lassen. Alois Brandstetter: Wirt S.123.
Die Kollaudierung der fertiggestellten Badeanlagen und des neuen Strandgebäudes
war eine bloße Formalität... Robert Menasse: Schubumkehr S.154; schweiz., österr.
[Du].
Kombination, die
Lautschr.: Kombinesch (ugs.) Unterkleid [ÖW]. i hab ma 's Hemd auszogn, sie war in
der Kombinesch ... schön war s' net. Michael Kehrmann, Merz und Qualtinger: Herr
Karl S.180; frz. combinaison = Unterrock [Larousse].
Komfortabel, der
(veraltet) ein Pferdewagen. Mehrere Umstehende behaupten, es sei ein Pferd; sie
schöpfen diese Erkenntnis hauptsächlich aus der Tatsache, daß daneben ein Wagen
steht - ein sogenannter Komfortabel. Rudolf Stürzer: Leutln S.18; frz.;
Kommerzialrat, der
ein Titel für Kaufleute und Industrielle [ÖWB]. Die geradezu skurillen Sitten der alten
Monarchie erforderten manchmal, daß Kommerzialräte österreichischer Provenienz
ungarische Barone wurden. Joseph Roth: Kapuzinergruft S.65. Ja, man war im
Begriff, ihm in diesen Tagen den Titel des Kommerzialrats zu verschaffen. Joseph
Roth: Radetzkymarsch S.96. Selbstverständlich hatte auch Kommerzialrat Hugo
Orlik, Herrenschneider der Prager Crème de la Crème am Graben seine exklusive
Geschäftsräume... Friedrich Torberg: Tante Jolesch S.125. Dass ihn Ehrgeiz in
immer höhere Würden treibe, lässt der „Daimler“ fahrende Kommerzialrat nicht
gelten:... Karin Leitner: Kurier, 7.11.1999 S.3; zu veralt. kommerzial < lat.
commercialis = den Kommerz betreffend [Du]; österr. [Du].
Kommissär, der
Kommissar, staatl. Beauftragter, Dienstbez., v.a. in Zusammensetzungen [Du]. EUAgrarkommissär Franz Fischler forderte Mittwoch mehr Durchgriffsmöglichkeiten
gegen BSE-Sünder. Standard, 28.12.2000 S.1; frz.; südd., schweiz., österr. [Du]
Komorn
alte österr./ungar. Bez. von Komárno (Slovakei). Geburtsort von Franz Lehar.
Kompliment, das
“Kompliment, Herr Doktor“, sagte hingegen der Ministerialrat Haberditzl, der stets als
erster im Amte war,...und sich nun, die amtliche „Wiener Zeitung mit dem Amtsblatt“
in der Hand, auf dem Wege zur Toilette befand. Jörg Mauthe: Hitze S.33.
Kondukteur, der
(veralt.) Schaffner [ÖWB]. Der Kondukteur grüßt stumm den bleichen Boten / In
Schaffneraugen brennt ein Neid, ein weher: / Um dunkler Herzen Tiefe auszuloten
Peter Hammerschlag: Die Wüste ist aus gelbem Mehl S.121. Zunächst freilich die
Hausmeister, als gewissermaßen ins Privatleben vorgeschobene Polizei-Organe,
danach jedoch auch - neben Briefträgern, Kondukteuren, Gaskassierern - viele
Specimina, die...als durchaus nichtamtliche Privatpersonen indentifizierbar sei
Heimito von Doderer: Strudelhofstiege S.393. Es gab eine Zeit, da waren die
Fahrkarten der Eisenbahn winzige Pappendeckelplättchen, die der Kondukteur dann
mit einer Zwickzange...entwertete. Herbert Rosendorfer: Wiener Journal, 11/1999
S.39 frz. conducteur < lat. conductor [Du]; bes. schweiz. [Du]
Konsistentes
Festes, zusammenhängendes. Nun, irgend etwas Konsistentes müssen Sie doch
dazu nehmen! Peter Altenberg: Schenk-Lesebuch S.211; zu konsistent, von lat.
consistens, consistere = stillstehen; dicht werden [Du].
Konsular-Akademie, die
noch bestehende Eliteschule in Wien, die auf den diplomatischen Dienst vorbereitet.
“Wer fährt morgen mit von der Waisenhausgasse?“ Er meinte die KonsularAkademie. ... Im halben Weg etwa befand sich die k.u.k. Orientalische Akademie,
eine Gründung der Kaiserin Maria Theresia:... Heimito von Doderer: Strudelhofstiege
S.70.
Kontumaz, die
(Amtsspr.) Verkehrssperre (...) als Seuchenschutzmaßnahme [ÖW]; Quarantaine
[Du]. Denn hier mußten die Reisenden zuerst hinter die Mauern der „Kontumaz“: in
Semlin wurde Europa ... verteidigt, auch gegen den schwarzen Tod, gegen die Pest.
Ernst Trost: Doppeladler S.41/42; lat. contumacia = Widerspenstigkeit; österr. [Du]
Konzipient, der
(Amtsspr.) Angestellter in einem Anwaltbüro [Du]....laut eigener, stolzer Aussage
„Wiens ältester Konzipient“ und bar jeglichen Ehrgeizes, es jemals bis zur Advokatur
zu bringen. Friedrich Torberg: Tante Jolesch S.46; spätmhd. concipieren < lat.
concipere = zusammenfassen, aufnehmen [Du]; österr. [Du].
Konzipientin, die
(Amtsspr.) juristische Hilfskraft eines Anwalts [ÖW]. Ein Rechtsanwalt und Vater von
drei Kindern war nach neun Ehejahren zu einer Konzipientin gezogen. Profil,
9.3.1998 S.90; Herkunft siehe Kozipient.
Kooperator, der
katholischer Hilfsgeistlicher, Kaplan [ÖW,Du]. Daß der Kooperator mit seinem
Dirigieren aufhören soll. Franz Innerhofer: Schöne Tage S.114; kirchenlat. cooperator
= Mitarbeiter [Du]; landsch., bes. österr. [Du].
Körbel, das
Körbchen, Einkaufskorb. Madame Cichori: Warum nicht gar, ein Mann mit einem
Körbel, das steht so albern. Johann Nestroy: Gewürzkrämer-Kleeblatt S.109;
Diminutiv zu Korb.
Koreferat, das
Zusatzreferat (das sich auf das Hauptthema bezieht), Korreferat (*) [ÖWB,Du]
Koreferent(in), der,die
Korrefent(in) (*); jmd. der ein Koreferat hält; zweite(r) Gutachter(in).
Koriandoli, die (Pl.)
Konfetti [ÖW]. Manche hatten nicht einmal die bunten Papierschlangenfetzen und die
runden Koriandoliblättchen von ihren Schultern, Hälsen und Köpfen entfernt. Joseph
Roth: Radetzkymarsch S.340. ... unter den Augen hatte er ein paar Tränen, aber
diese hingegen waren wieder falsche, aus Coriandoli, lustig blau, grün, gelb und
rosa. H.C. Artmann: Burenwurst S.109; ital. coriandoli eigtl. Korianderkörner [Du];
österr. [Du].
Kornmandl, das
Schober. Er stellt sich neben einem Kornmandl in Positur. Blitzlichter. Carl Merz u.
Helmut Qualtinger: Brettl vor dem Kopf, S.201.
Korrespondenzkarte, die
Postkarte mit eingedrucktem Wertzeichen [Du]. Tags darauf kam sogar eine
Korrespondenzkarte, auf die er mit seiner zittrigen Schrift „Pardon, H.W.“ gekritzelt
hatte. Herbert Pirker: Wiener Journal 7/8 1998 S.46. Ich kann meine guten Leute
nicht wegen einer einzigen dünnen Korrespondenzkarte kilometerweit ins Land
hinausjagen, sagst du. Alois Brandstetter: Zu Lasten der Briefträger S.7; österr.,
schweiz. [Du]
Korso, der
(veralt.) Aufundabgehen der Bevölkerung in einer bestimmten Straße und zu einer
bestimmten Zeit, zum Sehen und Gesehenwerden. ...die Brünner marschieren auf
und ab, wie es schon ihre Großväter und Großmütter getan haben. Denn die
Rudolphstraße, die war der Korso der Tschechen. Ernst Trost: Doppeladler S.142;
Außer „Unter den Linden“ gab es kein richtiges Zentrum, keinen „Korso“ wie bei uns
am Graben, und vollkommen fehlte dank der alten preußischen Sparsamkeit eine
durchgängige Eleganz. Stefan Zweig: Welt von Gestern S.137. Das lief und rannte
am andern Tag herum, und in allen Gassen, am Korso und in den Kaffeehäusern
wurde die wunderliche Neuigkeit bestritten und befehdet, deren sich zwei
Schauspieler da erkühnt hatten:... Rudolf Hans Bartsch: Elisabeth Kött S.90. Der
Korso hatte bis in die Dreißigerjahre bestanden, nicht nur am Graben zu Prag, auch
auf der Wiener Ringstraße und am Budapester Donaukai und auf dem Hauptplatz
noch der kleinsten Provinzstadt,... Friedrich Torberg: Tante Jolesch S.124.
Das Naturgesetz des Korso, das die Menschen zwischen Adria und Dnjestr zu
bestimmten Stunden in bestimmte Straßen treibt, wurde auch von den Normen des
Marxismus-Leninismus nicht aufgehoben. Ernst Trost: Doppeladler S.57; ital. corso.
Persönliche Beobachtung: das gab es noch Anfang der 1970er Jahre in Pressburg
(Bratislava)!
Kotter, der
(veraltet) Arrest(-lokal) [ÖW]; Zelle, Gefängnis. Puffmann: Aha, Arrest. Tupper: Im
Kotter. Johann Nestroy: Der Unbedeutende S.73; Kate, Kote: niederd. Höhle, Loch,
ärmliches Haus [Du].
Kracherl, das
(ugs.) eine Fruchtlimonade [ÖWB], Limonade mit Kohlensäure [Du]. Freilich, von
Zeit zu Zeit quoll und schwoll der alte Saus und Braus empor wie ein geöffnetes
Kracherl. Heimito von Doderer: Dämonen S.76. Freund:..Stell'n S' sich vor: keine
österreichischen Kracherln mehr! Carl Merz und Helmut Qualtinger;Travnicek S.13.
Für Generationen von Wienern kommt das Kracherl in der Nahrungskette gleich nach
der Muttermilch. Rosemarie Schwaiger: Profil, 14.4.1997 S.60. H.P., Erfinder des
legendären Wiener Kracherl, hat jetzt die letzte Stufe der Insolvenzhierarchie
erreicht. Profil, 28.8.2000 S.49. ...der kauft sich vielleicht beim Krämer ein Kracherl
und setzt sich daheim zu seiner Familie und trinkt mit seiner Gattin und den Kindern
gemeinsam sein Kracherl... Alois Brandstetter: Wirt S.40. Manchmal nahm die Alte
den Enkel ins Wirtshaus mit. Er durfte ein K r a c h e r l trinken, und noch eins und
noch eins. Erich Wolfgang Skwara: Manuskripte 131/'96 S.33; lautmalerisch [Du];
südd., österr. [Du]. Es gibt das Kracherl noch WK (2011).
Krachn, die
(ugs.sal.) Pistole. ...ohne eine Krachn nicht (länger) leben zu können, weiß, daß die
Fortsetzung der eigenen Existenz einfach zum Schießen ist. Reinhard Tramontana:
Profil 4.5.1998 S.152; lautmalerisch.
Kraftlackel, der
(ugs. sal., oft abw.) Kraftprotz [ÖW,Du]. An seinem Ruf als rabiater Kraftlackel war
Guttenbrunner freilich nicht unschuldig: Wer ihm am Watschenbaum rüttelte, eine
Frau beleidigte oder im Wirtshaus das Horst Wessel-Lied grölte, der wurde bedient.
Daniela Striegl: Grazer (Wiener) Journal, 3/1996, S.33.
Krain, die
Kerngebiet von Slowenien, früher Herzogtum, habsburgisch 1335-1918. Aber auf
dem Weg nach Krain schlitzte der Randstein zwei der Reifen, sie standen still und
warteten lange auf Hilfe, aber die Straße war menschenleer. Klaus Händl
Manuskripte 129/95 S.99. Nicht weit vom Adriatischen Meere, von diesem nur durch
die schmalen Streifen der Grafschaften Görz und Gradiska getrennt, erhebt sich das
Herzogtum Krain, ein Land, reich an stolzem Hochgebirg, dunklen Wäldern und
unermeßlichen Höhlen. Fritz von Hermanovsky-Orlando: Rout am Fliegenden
Holländer S.13. ; Carniola (820), Mark Craina (973) [Meyer].
Krakau
Deutsche Bez. für Kraków, die alte polnische Hauptstadt. “Die Österreicher aber
haben unsere Nation am Leben gelassen, und von Krakau aus konnten wir die
Vereinigung Polens, die Auferstehung unseres Volkes vorbereiten.“ Ernst Trost:
Doppeladler S.148. Persönliche Anmerkung: besonders der polnisch-sprachige
Status der Universität Krakau wird uns noch heute hoch angerechnet (trotz der
ungeheuerlichen Verbrechen, die auch Österreicher in Polen begangen haben).
krallawadscherd
(mda.) wegen krummer Beine einen unzierlichen Gang haben [Hügel]; schief,
verwackelt, deformiert (von den Beinen) [Hornung]. ...er hat die englische Krankheit
g`habt, das heißt nicht die, die d`kleinen Buben kralawatschet macht... Johann
Nestroy: Holländische Bauer S.11; tschech. královac = Anlernling, der auf unsicheren
Beinen steht [Hornung].
Krampen, der (1)
(mda.abw.) Mähre, magerer Gaul [Hügel]. Mei Liaber, vom Renna is bei dem Krampn
ka Red - vielleicht is er schon maukas (verendet). Rudolf Stürzer: Leutln S.20.
Krampen, der (2)
eine Spitzhacke [ÖW], Eiserne Hacke, Spitzhacke [Du]. Am dritten Morgen erhielt er
eine hölzerne Schaufel und einen hölzernen Krampen. Viktor von Geramb: Kinderund Hausmärchen S.31; Der Arbeiter setzt den Krampen bald hier, bald dort an,
probiert es auf dieser und jener Seite, versucht es auch von unten, doch der
Pflasterstein rührt sich nicht. Johannes Kunz: Witz S.117. Die zwei Mann, mit
Krampen und Brecheisen ausgerüstet, trugen eine kurze Leiter. Heimito von
Doderer: Dämonen S.746; ahd. chramph = krumm [Du]; bayr., österr. [Du].
Kramperltee, der
(mda.) ein Kräutertee [ÖW]; ..auf wie viele Arten als man Thee kriegen kann, das is
enorm, am häufigsten is der Kramperlthee, welcher in Eh`standsform verabfolgt wird,
wo bekanntlich das Bittere und die Kramperl vorherrschend sind. Johann Nestroy:
Holländische Bauer S.12. Die isländische Moosflechte,..., auch „Kramperltee“ (weil
man zur Ernte ein rechenartiges „Kramperl“ benützt) genannt, ist eine
Strauchflechte... Franz Wirleitner: Salzburger Bauernkalender 1974 S.225.
Krampus, der
Begleiter des Nikolaus [Du]. Ab Ende November nahm er Krampus-Bestellungen auf.
Christine Nöstlinger: Weihnachten, S.12. Der Krampus, eine Art Ungeheuer in
Teufelsgestalt, spielt in der Weihnachtszeit im Leben der armen Kinder eine weit
größere Rolle als in dem der Reichen. Adelheid Popp: Erinnerungen S.16. Nach und
nach finden sich Leidensgenossen ein, und auch mein Berggefährte Hans kommt
hakenrasselnd wie ein Krampus herangeklirrt. Liselotte Buchenauer: Heimat S.16.
Am 5. Dezember kommt in alle Kinderzimmer der wattebärtige heilige Nikolaus und
mit ihm der kettenklirrende Krampus, der gar nichts Großstädtisches an sich hat,
sondern ein echter, rechter Bauernteufel geblieben ist Jörg Mauthe: Wien S.44.
Feindbild: ...Broda etwa...war in den siebziger Jahren der Parade-Krampus von
„Kronen-Zeitung“ und Opposition. Herbert Lackner: Profil, 30.11.1998 S.25; ev. zu
Krampen (nach der eisernen Hacke, die er mit sich führt) [Du]; bes. österr. [Du].
Kramuri, das, die
(mda.) Trödelkram, Plunder [WDL]. Kein alter Hausrat, kein Kramuri, sondern
vergammelte Dekoration - das verlassene Atelier eines Fotoreporters oder
Reklamemenschen. Dorothea Zeemann: Liebhaberin S.118. “fileicht fint'n S' a
Laumpm unta dea Gramuri. ...“ H.C. Artmann: Burenwurst S.43; zu Kram + rumän.
Pluralendung -uri [Du].
Kranewit, der
(landsch.) Wacholder [ÖW]. Binde dein Pferd hier an den Kranawettbaum, damit es
grasen kann. Viktor von Geramb: Kinder- und Hausmärchen S.85.
Kranzljungfer, die
Brautjungfer [ÖWB]; (landsch.) Kranzjungfer (*)[Du]. In diesem Sommer feierte Elvira
ihre Hochzeit... Marietta und ich figurierten als Kranzeljungfern. Bertha von Suttner:
Memoiren S.65. Außerdem ist die überzeugt davon, daß Christine eine hübsche
Kranzeljungfer abgeben würde. Christine Nöstlinger: Pfui Spinne S.222; südd. österr.
[Du]
Krapfen, der
eine Mehlspeise aus Germteig, die in Fett gebacken wird [Du8,ÖWB], Berliner (*)..
Krapfl: ...unsere Vorältern, sagn s`, haben seit Jahrhunderten runde Krapfen
gegessen. Johann Nestroy: Holländische Bauer S.15; auch südd., schweiz. [Du8].
...auch eine Art in Fett ausgebackene „Kuechleyn“ - mögliche Vorgänger der Krapfen
- waren damals in Maximilians Hauptstadt Innsbruck - die er immer Wien vorgezogen
hatte - bekannt. Gerda Rob: Streifzüge S.12; mhd. krapfe = hackenförmiges Gebäck
= Klammer, ahd. krapho = Haken, Kralle, Klaue [Du]; landsch. [Du]
kratzen
(ugs.) stören (das kratzt mich nicht = das stört mich nicht) [WDL], kümmern. Wen
kratzt der Papst? Profil, 15.6.1998 (Schlagzeile); mhd. kratzen, ahd. chrazzon [Du].
Krautfleckerln, die (Pl.)
Fleckerlspeis mit leicht karamelisiertem Weißkraut [Wagner]. Weiterhin bietet die
Küche [im Demel] wunderbare Altwiener Delikatessen, darunter sogenannte
Schöpfgerichte, wie Krautfleckerl und Schinkenfleckerl. Michaela Seiser: Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 5.12.2000 S.32. Das marinierte Gamsfilet auf Dirndlmus, die
„pfeffrigen“ Krautfleckeln,...das alles war...eine erstaunliche Leistungsschau des
Duos Gruber/Kulterer. Christoph Wagner: Profil, 18.9.2000 S.142. Krautfleckerln
waren die berühmteste unter den Meisterkreationen der Tante Jolesch. Wenn es
ruchbar wurde, daß die Tante Jolesch für den nächsten Sonntag Krautfleckerln
plante...setzte aus allen Himmelsrichtungen ein Strom von Krautfleckerlliebhabern
ein. Friedrich Torberg: Tante Jolesch S.24.
Krauthappel, der
(ostösterr. mda.) Krauthäuptel, Krautkopf [ÖW], Kohlkopf (*). Die Wiener aber spotten
über den viereckigen Kasten mit dem „goldenen Krauthappel“ auf dem flachen Dach.
Johannes Kunz: Witz S.305. Wurzel: ... Darauf ist er in die Krauthappeln
verschwunden, und ich hab' ihn nimmer g'seh'n. Fedinand Raimund: Bauer als
Millionär S.126.
Kräutlerin, die
(ugs.veraltend, bes.W.) Gemüsehändlerin [Du8, ÖWB]. “Hinter der Lina [Linie] - eine
Kräutlerin hat´s mit ihren Kittln verdeckt.“ Rudolf Stürzer: Leutln S.168. Josephine:
Wie ordinär! „Kräuterin“-! Johann Nestroy: Frühere Verhältnisse S.8; österr.[Du].
Krawallieren, das
zu (ugs.) krawallisieren [ÖW], Lärm machen. Und wir machten unserer Empörung
durch ausgiebiges Krawallieren Luft. Friedrich Torberg: Hier bin ich, mein Vater S.44
zu Krawall < mlat. charavallium = Katzenmusik, Straßenlärm [Du].
Kraxe, die
(ugs.) Holzgestell zum Tragen auf dem Rücken [ÖW,Du8]. Da schickte der Bauer
den Stallbuben mit einer großen Krachsen hinauf auf die Alm, damit er Käs und
Butter heimbringe und nachsehe, was denn die Kathl oben treibe. Viktor von
Geramb: Kinder- und Hausmärchen S.17; mhd. kräxe, krechse [Du]; österr., auch
bayr. [Du].
Kraxen, die
(mda.) unleserlicher Schriftzug [Du8], Unterschrift. („na also, jetzt beruhigen´s Ihnen
aber schon, Koissenbrunner“, sagte Melzer, und machte geschwind seine Kraxen) ...
Heimito von Doderer: Strudelhofstiege S.706.
Kredenz, die
Anrichte, Küchenkredenz [ÖWB]. Auf der Kredenz steht eine Flasche mit
Mineralwasser, bereits geöffnet und ungekühlt. Barbara Frischmuth: Amy S.10; ital.
credenza (Glaube), von far la credenza = vorkosten < mlat. credentia < lat. credere
[Du]; binnendtsch. veraltet [Du].
Kren, der (1)
Meerrettich (*) (Amoracia rusticana) [ÖWB]. ...ließ das Buch sinken und schlief bis
Linz, wo ihm ein Paar Würstel mit Kren sowie ein Seidel Bier auf seinen Wink hin
zum Fenster heraufgereicht wurden. Heimito von Doderer: Strudelhofstiege S.67.
...so wünsche ich den Kren, genannt Meerrettich, etwas trockener. Joseph Roth:
Radetzkymarsch S.36. Aber sie wünschte sich freilich Würstel mit Kren. Joseph
Roth: Kapuzinergruft S.132. mhd. kren, aus dem Slaw. vgl. russ. chren, tschech.
kren; südd., bes. österr. [Du].
Kren, der (2)
(mda.) Geld haben (Mandl mit Kren = wohlhabender Mann [WDL]). Den anderen
geht's wieder nur um den Kren. H.C. Artmann: Burenwurst S.16.
Krenfleisch, das
gekochtes Schweinefleisch vom Bauch oder Kopf (mit Meerrettich (*)) [Du].
Das Lieblingsfrühstück der Wiener besteht aus jungem Schweinefleisch mit
Meerrettich, dem sogenannten „Krenfleisch“, oder Würsten mit Senf und einigen
Gläschen österreichischen Weines. Charles Sealsfield (Karl Postl): Österreich, wie es
ist S.121; Ich bin grad' gut aufgelegt...Dich hau ich zu Krenfleisch! Arthur Schnitzler:
Leutnant Gustl S.145. Arthur Schnitzler: Leutnant Gustl S.14.
Krepierl, das
(ostösterr.mda. abw,) sehr schwacher, kränklicher, unscheinbarer Mensch oder auch
Tier im selben Zustand [Du8,Jontes3], ein schwächliches Lebewesen [ÖW]. “So, du
Rabnviecherl, ölendigs, so, da hab i di jetzt, Krepierl vardächtigs, wegn dir muaß ma
ausruckn bei dera Hitz... Rudolf Stürzer: Leutln S.53. So Krepirln, was eine
Handgranaten nicht von an Dreckhäufl unterscheiden können. Karl Kraus: Die letzten
Tage der Menschheit S.156.
Krainer, die
eine Wurstsorte [ÖWB]. Andererseits, jetzt ohne Absicht, mir eine heiße Krainer
zuzuziehen,.. Klaus Bartgeyr: Wiener Journal 7/8 1998 S.48; zum ehem. Kronland
Krain.
Kreuzer, der
alte, kleine Geldeinheit in Österreich [ÖW] (vor 1892). Er giebt Uns zwei Kreuzer und
Wir laufen hin und kaufen Uns dafür eine Semmel - - -. Peter Altenberg: Wie ich es
sehe S.93; ab 1270 in Tirol (Münze)
Kreuzteufel
ein Fluch. Kreuzteufel, sagte ich zu mir, kaum bin ich zurück im katholischen
Österreich, springt die Phantasie auf die Wildsau und galoppiert davon. Michael
Scharang: Manuskripte 129/95 S.169.
Kreuztibidomine
(mda.) Ausruf. Wendl: Kreuztibidomine; recht hat sie; der Herrgott kanns am bestn!
Karl Schönherr: Trenkwalder S.13.
Krida, die
Konkursvergehen, betrügerischer Konkurs, Bankrott [Du8,ÖW]. Quecksilber:...Wie
ich mit meiner Schönheit Crida ang`sagt hab`, hat sie nichts mehr von mir wissen
wollen, jetzt, wo ich wieder rangirt bin, jetzt möcht` sie mich wieder. Ferdinand
Raimund: Barometermacher S.73. Amalie: Na-glauben S` denn, wir haben ´s nicht
gehört? ihr Herr hat Crida gemacht. Johann Nestroy: Holländischer Bauer S.79; ital.
crida < mlat crida = Zusammenrufung der Gläubiger; Konkurs [Du]; österr. (jur.) [Du].
Kriminal, das
(veraltend) Zuchthaus [Du8], Gericht, Gefängnis [ÖW]. Durch ihn kam der
Korallenhändler Piczenik ins Kriminal, der Tuchhändler Tortschiner...und viele
andere. Joseph Roth: Das falsche Gewicht S.128; Sie konnte doch den alten
Mann...nicht ins Kriminal sperren lassen! Hermann Bahr: Theater S.72
...Doras Schwager, der wieder einmal vor dem Ruin, wenn nicht gar vor dem Kriminal
stand... Arthur Schnitzler: Jugend in Wien, S.275. österr. [Du].
Krone, die (1)
österr. Währungseinheit 1892-1924 [Diem]. Da wurde der Schilling erfunden: 10.000
Kronen wurden 1 Schilling. Hans Mühlbacher: Wiener Journal, 3/2000 S.19. Fanny:
Fünf Kronen vierzig, bitte. Wunderlechner: A was, Kronen, sagn S´ ma´s in Gulden!
Fanny: Zwei Gulden siebzig, bitte. Rudolf Stürzer: Leutln S.195.1892 wurde diese mit
der Münzeinheit 1 Krone = 100 Heller eingeführt. Peter Diem: Symbole Österreichs,
S.228. Unsere Währung, die österreichische Krone, lief in blanken Goldstücken um
und verbürgte damit ihre Unwandelbarkeit. Stefan Zweig: Die Welt von Gestern S.16.
Krone, die (2)
Kurzbez. für Kronenzeitung. Und da der „Krone“-Kolumnist seine Weltsicht
bekanntlich an Millionen weitergibt, ist es wert, sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Georg Hoffmann-Ostenhof: Profil, 2.6.1997 S.158.
Kronenzeitung, die
Von Monte Carlo hörte man, las gelegentlich in der „Kronenzeitung“ von Ostende,
von Nizza, von Capri, von Meran! Joseph Roth: 1002. Nacht S.46.
Kronland, das
Kronländer: Bezeichnung für die einzelnen Teile der österr. Reichshälfte der österr.ungar. Monarchie [ÖW]. Der Wuchs der Wiener Küche aus den einstigen
Kronländern wird negiert, der Stadt wird ihr Land abgesprochen, dem Kruspelspitz
seine Heimat. Günther Poidinger: Wiener Journal, 3/2000 S.31. Aber haben die
Leute in den ehemaligen Kronländern in der Zwischenzeit etwa Kirchenglocken
gefressen oder eine der Allgemeinheit dienliche Moral imitiert? Erwin Einzinger:
Manuskripte 129/95 S.55.
Krot, die
(mda.) Kröte [ÖWB]....würde ich vielleicht doch noch einmal die SPÖ wählen obwohl wir diese Krot nun schon seit Jahren schlucken müssen und es politisch
eigentlich nichts bringt. Elfriede Jelinek Profil, 27.9.1999 S.50; mhd. krote [Hornung].
Krowot, der
(mda.) Kroate. Es hieß, er sei ein Kroate, „ein Krowot“. Heimito von Doderer:
Dämonen S.144.
krowotisch
(abw.) kroatisch [WDL]. Jedem Kenner der krowottischen Psyche mußte klar sein,
daß beide Herren jetzt Heldenlieder anstimmen würden. Fritz von HerzmanovskyOrlando: Rout auf dem fliegenden Holländer S.127.
Krumau
alte Bez. für Český Krumlov, Stadt in Tschechien [ÖWB], 20 km sw. von Budweis.
Schiele
Krüppelgespiel (Gripplgspül), das
(mda.abw.) schächlicher Mensch, übertragen: gebrechliche Gegenstände [Hornung].
Dann starrt er auf die Sohle nieder: „Vafluachts Gripplgspül! Jatzt howi jo wieda nur
an!“ Hanns Sassmann: Wienerisch S.127. Da muaß i aber aa dabei sein, Sö
Krüpplgspiel! Rudolf Stürzer: Leutln S.12; zu Grippe und Gespiel (Gschbü) [Hornung]
Kruspelspitz, der
(Wien) eine Rindfleischsorte [ÖW], Fleisch vom Rind unter dem Kamm; Kavalierspitz
[Du]. Ein Kruschpelspitz ist durchwachsen. Peter Wehle: Wienerisch S.48 ;...und
wenn uns die Phantasie einen Kruspelspitz vorzauberte mit einem Glase frischen
Pils, da blickten wir einander in die Augen, Prantl und ich, und stimmten eine
tiefempfundene Weise an zum Lob unserer Kaiserstadt. Alexander Roda Roda:
Geschichten S.42; mhd. kruspe = Knorpel [Wehle]; das Verbum kruspeln ist nach
[Du] eine Nebenform von krispeln (lautmalerisch) und bedeutet knistern, zerbröseln.
Kruzitürken
(mda.) Donnerwetter! Sauerfass (wütend): Kruzitürken! – Johann Nestroy: Umsonst
S.67. Scheitermann: ...Cruzi-! Cruzi-! Muffl: Na? was hab'n Ihnen die „Türken“
gethan, daß Sie s'nicht loslassen? Johann Nestroy: Frühere Verhältnisse S.16; zu:
Kuruzzen und Türken [WDL]; auch südd. [Du8]
Kübel, der
Eimer; in Österreich synonym gebraucht, vgl. [ÖWB]; dennoch wird Kübel oft als
Austriazismus betrachtet, z.B. von [Wehle]: Kübel kommt von ahd. chubili, Eimer von
griechisch amphora = Doppelhenkeltopf. Wir sagen Kübel! Peter Wehle: Wienerisch
S.40; mhd kübel, ahd. kubelen (Pl.) < mlat. cupellus = kleines Trinkgefäß, Diminutiv.
von lat. cupa = Kufe [Du].
Kuchel, die
(mda.) Küche. Rosa:...Merkst Du denn noch nicht, daß mir der Kammerdiener überall
nachschleicht, daß ich nicht einmal in der Kuchel eine Ruh` hab`. Ferdinand
Raimund: Verschwender, Werke Bd.4, S.199.
Kühdreckstetten
(mda., abw.) scherzhafte Bezeichnung für einen trostlosen kleinen Ort, Kaff. “Wer
mosaisch, fühlt ein Grausen, Kühdreckstecken bricht jetzt los! Schruns und NixdorfJauchenhausen sind antisemitleidslos... Karl Farkas(1929): zit. in Profil, 21.2.2000
S.152; zu Kuhdreck (= Kuhmist).
Kukuruz, der
Mais, Maiskolben [ÖWB]. Servus. Dort siech ich einen Infanteristen im Feld, der
nimmt einen Kolben Kukuruz! Wart Kerl, stehlen -! Karl Kraus: Die letzten Tage der
Menschheit S.431. Bei Chruschtschows Besuch im Jahr 1960 kam es etwa zur
legendären Kukuruz-Wette mit Leopold Figl:... Herbert Lackner: Profil, 17.5.1997
S.27. Abends saß ich in einer unterirdischen Hütte bei einem Platze im Walde, wo
den Wildschweinen Kukurutz gestreut wird, um so möglichst eines zu schießen,
allein ich hörte nur welche ganz in der Nähe grunzen und pfnausen, aber zu sehen
bekam ich Keines...“ Kaiser Franz Joseph: Briefe an Frau Schratt S.172. ...sie
wandert die schlangenförmigen Feldwege entlang und verschwindet im mannshohen
Getreidefeld oder im grünen Kukuruz. Josef Winkler: Der Ackermann aus Kärnten
S.126; serb. Kukuruz [Du]; landsch., bes. österr. [Du].
Kukuruzfeld, das
Maisfeld. Auf einem früheren Kukuruzfeld wird der Altar für die Papst-Messe
errichtet. Kleine Zeitung (extra Blatt) 12.9.1999 S.3. Dann, verstreut in größeren und
kleineren umfriedeten Grasplätzen oder Kukuruzfeldern, einstöckige Häuser im
kaukasischen Stil, das heißt aus Holz gebaut und rings mit Veranden versehen; ...
Bertha von Suttner: Memoiren S.151. Der Riedboden war eine Decke. Sie verkamen
in den Kukuruzfeldern. Ingrid Puganigg: Fasnacht S.90. Hellblaue wunderbare
Flachsfelder, hellgrüne modefarbige Kukuruzfelder, braungrüne Kartoffelfelder. Peter
Altenberg: Wie ich es sehe S.49. Kukuruzfelder und der Horizont, Insekten und
Ebene. Dorothea Zeemann: Liebhaberin S.81; zu Kukuruz.
Kukuruzkolben, der
Maiskolben [Du]. ...in der Veranda hängen noch alle Bilder und sogar die
Kukuruzkolben von vorigem Jahre. Kaiser Franz Joseph: Briefe an Frau Schratt
S.428; landsch., bes. österr. [Du].
Kukuruzmehl, das
Maismehl, Polenta (gröber gemahlen: Maisgries); Polenta bezeichnet auch die aus
dem Maismehl/gries bereitete Speise, s.a. Sterz [ÖWB]. Polenta auf italienische Art.
Setze eine Casserole mit Wasser auf, laß es sieden, gib so viel Kukuruzmehl
darein,... Josefa Kraft: Kochbuch S.142; zu Kukuruz.
Kummerl (Kommerl), der
(mda.,spött.) Kommunist [SSW], Angehöriger der KPÖ [WDL]. So ein Lausbub, wählt
die Kommerln, und daran ist natürlich die Elisabeth schuld mit ihrem
Aufklärungsgerede aus der großen Welt, sag schon? Ingeborg Bachmann: Drei
Wege, Werke 2, S.454. Den Euro wollen alle: letztlich auch die Alt-Kummerln. Georg
Hoffmann-Ostenhof: Profil, 13.10.1997 S.126. Die Maschine, mit der ein Kummerl,
der es ernst gemeint hat, ins 21. Jahrhundert gebeamt würde, ist nicht erfunden.
Christian Seiler: Profil, 28.10.1996 S.102.
Kunde, die
Kundschaft, die Kunden (eines Geschäftes) [Du,Du8,ÖW].
österr. [Du]
Kupee, das
Coupé, Abteil im Eisenbahnwaggon [ÖW]. Sie waren allein im Kupee. Joseph Roth:
Radetzkymarsch S.58; frz. coupé; binnendt. veraltet [Du8].
Kurasch, die
Courage, Mut. Auch zu den Mädeln ist er spät gegangen, ich hab ihm Kurasch
machen müssen, sonst hätt er nie hingefunden. Joseph Roth: Radetzkymarsch S.55;
seltene Eindeutschung des frz. courage.
Kürbiskernöl, das
kurz Kernöl. Das schwarze „Gold der grünen Mark (Stmk)“ wird neuerdings schon im
Big Apple über die Salate geträufelt. Profil, 24.7.2000 S.88. Persönliche Anmerkung:
Es ist seit einigen Jahren auch in Frankfurt erhältlich (am Tiroler(!) Stand in der
Kleinmarkthalle).
Kurrent
in Kurrent: in deutscher Schrift [Du]. Und da ich im wesentlichen in Kurrent nicht viel
mehr als meinen Namen zusammenbringe, muß ich mich, was das angeht, als einen
partiellen Analphabeten bezeichnen. Alois Brandstetter: Schönschreiben S.7; lat.
currens; österr. [Du].
Küß die Hand, (Küss die Hand)
Ja, küß die Hand. Das ist so recht das Wort, das für Sie paßt. Das ist wienerisch.
Theodor Fontane: Effi Briest, S.142. Die Herren sagen zu den Damen: „Küßdiehand“
oder etwas manieriert :Küßdiehände“. Erik G. Wickenburg: Österreichisch S.81.
Kuttelfleck,der
Siehe Kutteln. Die Wiener Kücke kennt Kuttelfleck (Kaldaunen) gebacken in
Weinsoße oder als Suppe. Gerda Rob: Kulinarische Streifzüge S.31.
Kutteln, die (Pl.)
Kaldaunen (*) [Du]. Wohingegen die Blunzen und Kutteln und Erdäpfelnockerln bei
ihm absolut wieder stimmen. Günther Poidinger: Grazer (Wiener) Journal
12/1993/01/1994 S.40; mhd. kutel [Du]; südd., österr., schweiz. [Du].
Kuvert, das
Couvert, Briefumschlag [ÖW]. Als er das Kuvert betrachtete, erkannte er Doris'
Handschrift. Gerhard Roth: Der See S.108. Es war ein hellblaues Hotelkuvert; auf der
Rückseite mit dem Aufdruck: „Delmonico's Park Avenue at Fifty-ninth Street, New
York“. Peter Handke: Der kurze Brief zum langen Abschied S.12. Das Kuvert, in dem
das Entschuldigungsschreiben der Offiziersgesellschaft steckte, war adressiert an:
„Herrn Gemeinderat Mag. Renate Brauner“ Profil 29.4.1995, S.20; frz. couvert (früher
gleichbedeutend, jetzt: enveloppe), couvrir [Du].
Finis K
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