Seite 1/4 Eine neue Konvention gegen illegalen Handel mit menschlichen Organen Bekämpfung von illegalem Handel mit menschlichen Organen Wichtige Aspekte ̶ ̶ ̶ ̶ ̶ Organmangel, durch die Wirtschaftskrise verstärkte soziale Ungleichheiten, große Unterschiede zwischen den Gesundheitssystemen und die Gier skrupelloser Organhändler haben in den letzten Jahren zu einer Zunahme von „Transplantationstourismus“ und illegalem Handel mit menschlichen Organen geführt. Illegaler Handel mit menschlichen Organen verstößt gegen die Menschenwürde und das Recht auf Leben und stellt eine ernstzunehmende Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Es ist daher dringend notwendig, Maßnahmen zum Schutz der am stärksten gefährdeten Personen zu ergreifen. Der Europarat hat deshalb eine Konvention ausgearbeitet, um den illegalen Handel mit menschlichen Organen zum Zweck der Transplantation zu bestrafen, die Rechte der Opfer zu schützen sowie die Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene zu erleichtern. Die am 9. Juli vom Ministerkomitee verabschiedete Konvention hat einen weltweiten Anwendungsbereich und steht folglich Mitgliedsstaaten und Nichtmitgliedsstaaten des Europarates offen. Gleichzeitig führt der Europarat Sensibilisierungskampagnen durch, um die Zahl der Organspenden und Transplantationsorgane zu erhöhen, damit der illegale Handel nicht mehr nötig ist. Fragen und Antworten Was ist Handel mit menschlichen Organen? Organhandel ist eine illegale Praxis, die häufig von Netzwerken mit mafiaähnlichen Strukturen betrieben wird. Dabei werden lebenden oder toten Personen Gewebe oder Organe entnommen. Dieser Organhandel geht oft zu Lasten von armen Menschen oder findet in unterentwickelten Ländern statt. Obgleich in den letzten 20 Jahren eine Qualitätssteigerung bei Transplantationen sowie eine Erhöhung ihrer Anzahl um 42 % zu verzeichnen sind, reicht dies bei Weitem nicht aus, um den Organmangel zu decken und den daraus resultierenden Organhandel zu beenden. Im Jahr 2012 warteten in Europa 68 073 Menschen auf eine Nierentransplantation. Jeden Tag sind zwölf Patienten, deren Name auf einer Warteliste für eine Transplantation stand, aufgrund des Mangels an verfügbaren Organen verstorben. Das bedeutet, dass man zwölf Menschen retten hätte können, wenn rechtzeitig ein Organ eingetroffen wäre (siehe Newsletter Transplant 2013, EDQM). Wie verbreitet ist das Problem? Der Handel mit menschlichen Organen ist eine große Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und hat globale Ausmaße angenommen. Weltweit nehmen die Fälle von „Transplantationstourismus“ zu. Dieser Begriff wird verwendet, wenn der Organkäufer in das Land des Verkäufers reist. Der Austausch kann auch im Land des Käufers oder in einem anderen Land stattfinden, um größere Diskretion zu wahren. COUNCIL OF EUROPE CONSEIL DE L'EUROPE Seite 2/4 Es ist jedoch äußerst schwierig, den Organhandel oder die illegalen Transplantationen genau zu beziffern. Auf immer mehr Internetseiten werden Organe zu sehr hohen Preisen zum Verkauf angeboten. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge werden weltweit jährlich etwa 10 000 illegale Operationen durchgeführt. Die Konvention des Europarates soll dazu beitragen, das Wachstum dieses Markts einzudämmen und jegliche Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Organhandel zu bestrafen. Welche Handlungen sind gemäß der Konvention strafbar? Die Regierungen sollten die notwendigen Maßnahmen ergreifen, einschließlich gesetzgeberischer, um die illegale Entnahme menschlicher Organe aus lebenden oder toten Spendern unter Strafe zu stellen: ̶ falls die Entnahme ohne die freiwillige, bewusste und eindeutige Einwilligung des lebenden oder toten Spenders erfolgt oder, im Falle eines toten Spenders, die Entnahme gemäß innerstaatlichem Recht nicht zulässig ist; ̶ falls ein lebender Spender oder ein Dritter im Austausch für ein entnommenes Organ einen Geldbetrag oder einen vergleichbaren Vorteil erhält; ̶ falls ein Dritter im Austausch für ein Organ, das einem toten Spender entnommen wurde, einen Geldbetrag oder einen vergleichbaren Vorteil erhält. Welche Strafen sieht die Konvention vor? Diejenigen, die des illegalen Organhandels für schuldig befunden werden, müssen mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen rechnen, die von den Vertragsstaaten der Konvention festgelegt werden. Darüber hinaus können Sanktionen sowie straf-, zivil- und verwaltungsrechtliche Maßnahmen gegen juristische Personen erfolgen, wie: ̶ vorübergehendes oder ständiges Verbot der Ausübung einer Handelstätigkeit; ̶ Unterstellung unter richterliche Aufsicht; ̶ richterlich angeordnete Auflösung. Ziel ist es, Handelsgesellschaften, Verbände und ähnliche Rechtskörperschaften („juristische Personen“) für eine Straftat haftbar zu machen, die in ihrem Auftrag durch eine Person in leitender Stellung begangenen wurde. In folgenden Fällen können laut der Konvention erschwerende Umstände geltend gemacht werden: ̶ falls die Straftat zum Tod oder einer schwerwiegenden Schädigung des körperlichen oder geistigen Gesundheitszustands des Opfers geführt hat; ̶ falls die Straftat durch eine Person erfolgte, die ihre Stellung missbraucht hat; ̶ falls die Straftat an einem Kind oder einer anderen besonders schutzbedürftigen Person begangen wurde. Warum ist der Handel mit menschlichen Organen als Straftat zu betrachten? Transplantationen sind komplexe medizinische Verfahren, die nur von hoch qualifizierten Fachkräften durchgeführt werden sollten. Sie finden unter strenger Kontrolle der Behörden statt und es sind alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass das Leben des Patienten keiner Gefahr ausgesetzt wird. Illegale Transplantationen im Zusammenhang mit Organhandel unterliegen keinen angemessenen Kontrollen und können, sofern es sich um lebende Spender handelt, nicht nur das Leben der Spender, sondern auch das der Empfänger gefährden. COUNCIL OF EUROPE CONSEIL DE L'EUROPE Seite 3/4 Ziel der Konvention ist eine Angleichung der Strafrechtssysteme in Europa, um für den Organhandel verantwortliche Einzeltäter und kriminelle Organisationen wirksamer zu verfolgen. Will die Konvention Spender und Empfänger bestrafen? Mehrere Staaten haben bereits ihre Absicht erklärt, in jedem Fall von einer strafrechtlichen Verfolgung von Organspendern abzusehen, die im Verdacht stehen, derartige Straftaten begangen zu haben. Andere Staaten haben mitgeteilt, dass Organspender gemäß ihrem innerstaatlichen Recht unter bestimmten Bedingungen ebenfalls als Beteiligte am Handel mit menschlichen Organen oder sogar als Anstifter dazu gelten können. Die Konvention überlässt daher den Vertragsstaaten die gesetzgeberische Entscheidung in dieser Frage. Im Fall des Chirurgen, der die Organentnahme oder -implantation vornimmt, greift jedoch stets die Kriminalisierungsverpflichtung. Wie schützt die Konvention die Opfer? Neben der Bestrafung der für den Organhandel Verantwortlichen müssen die Opfer geschützt und, wenn möglich, entschädigt werden. Die Konvention sieht hier eine entsprechende Unterstützung bei ihrer körperlichen, seelischen und sozialen Rehabilitation vor. Darüber hinaus steht ihnen auch eine Entschädigung vonseiten des Täters zu. Empfiehlt die Konvention auch Präventionsmaßnahmen? Die Konvention des Europarates enthält auch Vorschläge für Präventionsmaßnahmen, denn es ist sehr wichtig, die Bürger für das Thema Organspende zu sensibilisieren und ein für die Organspende förderliches System zu etablieren. Zunächst muss jedes Land für ein transparentes innerstaatliches System zur Transplantation von menschlichen Organen sorgen. Transparenz ist in diesem Zusammenhang entscheidend, da sie die Gefahr verringert, dass illegal entnommene Organe in das legale Transplantationssystem eingeschleust werden. Patienten müssen zudem gleichberechtigten Zugang zu Transplantationsdiensten erhalten, damit niemand, etwa aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Klasse, bevorzugt behandelt wird. Schließlich ist zur Verhütung von Organhandel und den damit einhergehenden Straftaten eine enge Zusammenarbeit zwischen den für die Erhebung, Analyse und den Austausch von Daten zuständigen Behörden notwendig. COUNCIL OF EUROPE CONSEIL DE L'EUROPE Seite 4/4 Europäischer Tag für Organspende Anlässlich des Europäischen Tags für Organspende führt der Europarat gemeinsam mit seinem Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln und Gesundheitsfürsorge (EDQM) jedes Jahr eine Sensibilisierungskampagne durch, um die Zahl der registrierten Organspender in ganz Europa zu erhöhen, einen Beitrag zur Senkung der schockierenden Todesrate unter den Patienten auf den Wartelisten für Organtransplantationen zu leisten sowie den Organhandel zu bekämpfen. Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse, Darm, Knochenmark und zahlreiche andere Zellen und Gewebe können transplantiert werden und es besteht keine Altersbeschränkung für Spender. Als Organspender kann man möglicherweise acht Menschen das Leben retten. Zell- oder Gewebespenden können bis zu 100 Menschenleben retten oder verbessern. Im Jahr 2013 beinhaltete die Sensibilisierungskampagne animierte Online-Videos mit den Geschichten der Figuren Julia, Anna, Daniel und George. Diese sind auf YouTube abrufbar. Pressekontakt Estelle STEINER, Pressereferentin/Sprecherin Tel.: +33 (0)3 88 41 33 35 Mobiltel.: +33 (0)6 08 46 01 57 [email protected] Stand: 08.07.2014 COUNCIL OF EUROPE CONSEIL DE L'EUROPE