Themenkreis

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Landkreis Info
29.05.2006
300.2 Ht/Hi
0395/2006
Auskunft erteilt: Simone Hübert
eMail: [email protected]
Tel.: 0431/570050-13
Themenkreis
Kultur
Betreff
06/0395 UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt
Bezug: LandkreisInfo 0573/2004 vom 08.07.2004
Zusammenfassung
Die UNESCO hat die Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt verabschiedet. Die
Ratifizierung in Deutschland steht bevor. Ziel der Konvention ist es
- erstmals auf internationaler Ebene Kulturpolitik mit Handelspolitik in Einklang zu
bringen,
- die Legitimität von nationalen Kulturpolitiken (z. B. öffentliche Finanzierung von
Kultureinrichtungen) festzuschreiben und
- den Doppelcharakter von Kultur als Handelsware und als öffentlichem Gut
anzuerkennen.
Bei der innerstaatlichen Umsetzung wird es darauf ankommen, dass die umfänglichen
Kompetenzen von Ländern und Kommunen im Kulturbereich geachtet werden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Landkreistages hat uns hierzu wie folgt informiert:
UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt
Die Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft,
Kultur und Kommunikation UNESCO hat am 20.10.2005 das Übereinkommen zum Schutz
und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen verabschiedet (UNESCOKonvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt). Seit kurzem liegt die als Anlage beigefügte
deutsche Sprachfassung des Übereinkommens vor.
Die Konvention ist von der Überzeugung geprägt, dass die Globalisierungsprozesse zwar
neue Möglichkeiten für eine verstärkte Interaktion zwischen den Kulturen schaffen, zugleich
aber eine Bedrohung der kulturellen Vielfalt darstellen und zu einer Verarmung kultureller
Ausdrucksformen führen können. Im Kern geht es um den Doppelcharakter von Kultur als
Ware und damit als Wirtschaftsgut auf der einen und als öffentlichem Gut auf der anderen
Seite. Allgemeine Zielsetzung ist es deshalb, das Prinzip der kulturellen Vielfalt in allen
Politikfeldern als Querschnittsaufgabe zu behandeln. Die Konvention will sicherstellen, dass
die Staaten auch weiterhin die Möglichkeit haben, aktive Politik zur Förderung der kulturellen
Vielfalt zu betreiben, und wendet sich gegen Bestrebungen, die Märkte der Kulturindustrie
wie andere Dienstleistungen zu liberalisieren. Daneben steht die Verpflichtung, die kulturelle
Vielfalt auch auf globaler Ebene zu schützen und zu fördern.
Die UNESCO-Konvention bewirkt keine Änderung anderer Abkommen (z. B. WTOAbkommen), soll aber die Unterzeichnerstaaten verpflichten, die Ziele der kulturellen Vielfalt
und die Bestimmungen der Konvention auch bei Handelsregelungen zu berücksichtigen.
-2_______________________________________________________________________________________________
Schleswig-Holsteinischer Landkreistag  Haus der kommunalen Selbstverwaltung  Reventlouallee 6  24105 Kiel
0431/570050-10  Fax: 0431/570050-20  eMail: [email protected]  Internet: www.sh-landkreistag.de
-2Inhaltlich bekräftigt die Konvention das souveräne Recht der Vertragsparteien, ihre
Kulturpolitik zu formulieren und umzusetzen sowie Maßnahmen zu beschließen, um die
Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zu schützen und zu fördern sowie die internationale
Zusammenarbeit zu verstärken (Art. 5 der Konvention).
Auf nationaler Ebene kann jede Vertragspartei im Rahmen ihrer Kulturpolitik und unter
Berücksichtigung ihrer eigenen besonderen Gegebenheiten Maßnahmen beschließen, die
auf den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen innerhalb ihres
Hoheitsgebietes abzielen. Als Beispiele werden u. a. öffentliche Finanzhilfen, die Errichtung
oder Unterstützung öffentlicher Einrichtungen oder die Förderung von Künstlern genannt
(Art. 6 der Konvention).
Für die Bundesrepublik entstehen Probleme dadurch, dass Kultur hauptsächlich in die
Kompetenzen von Ländern und Kommunen fällt. Die Kompetenzordnung in föderalen
Staaten kann in einem völkerrechtlichen Übereinkommen naturgemäß kaum berücksichtigt
werden.
Für die Besonderheiten bundesstaatlicher Verfassungssysteme ist daher – übertragen auf
die Bundesrepublik – Folgendes vorgesehen (Art. 30 der Konvention): Sofern Bestimmungen
des Übereinkommens nach bundesdeutschem Recht in die Zuständigkeit der Länder und
Kommunen fallen, unterrichtet die Bundesregierung die Länder und Kommunen über die
Bestimmungen und empfiehlt ihnen ihre Annahme. Eine Bindungswirkung besteht nicht, die
Entscheidung über die Akzeptanz der Bestimmungen des Übereinkommens liegt bei den
Ländern und Kommunen.
Ratifizierung durch die Bundesrepublik
Die Bundesregierung hat sich aktiv an der Erarbeitung der Konvention beteiligt. Auch der
Deutsche Bundestag hat im September 2004 die Schaffung eines internationalen
Instruments zum Schutz der kulturellen Vielfalt unterstützt.
Die Konvention wird drei Monate nach der Ratifizierung durch mindestens 30
Mitgliedsstaaten der UNESCO in Kraft treten. CDU/CSU und SPD haben sich im Rahmen
ihrer Koalitionsvereinbarung für die Politik der großen Koalition auf Bundesebene darauf
verständigt, dass die Bundesrepublik diesem Abkommen beitreten soll. Entsprechend der
„Lindauer Absprache“ bedarf es dazu der Vorabbeteiligung der Länder (Bund-LänderAbstimmung
bei
völkerrechtlich
verbindlichen
Abkommen).
Aufgrund
dieses
Abstimmungsverfahrens wird mit der endgültigen Ratifizierung des Abkommens in
Deutschland kaum vor Ende 2006 zu rechnen sein.
Die Europäische Union will das Abkommen ebenfalls ratifizieren. Das Europäische
Parlament, das in mehreren Entschließungen die Schaffung eines internationalen
Instruments zum Schutz der kulturellen Vielfalt gefordert hatte, hat dem Abschluss des
Übereinkommens im April 2006 bereits zugestimmt.
Bewertung
Die Konvention ist vor allem auf zwischenstaatliche Sachverhalte angelegt. Sie beinhaltet
wie dargestellt aber auch Rechte der Vertragsparteien auf nationaler Ebene. Die
innerstaatliche Wirkung der Konvention wird damit begründet, dass der Schutz der
kulturellen Vielfalt im globalen Maßstab erst dann erreicht werden kann, wenn durch
nationale Kulturförderung die Vitalität der eigenen, nationalstaatlichen Kultur aufrechterhalten wird.
Während der Ausarbeitung der Konvention ist von kommunaler Seite grundlegende Kritik
geübt worden, dass die Kompetenzverteilung in föderalen Systemen wie der Bundesrepublik
-3-
-3nicht berücksichtigt würde. Zugleich haben die kommunalen Spitzenverbände Kulturgesetze
des Bundes und der Länder abgelehnt.
Die Konvention ist in diesem Punkt überarbeitet worden. Der im Jahr 2004 vorgelegte
vorläufige Entwurf des Übereinkommens, der weitgehende Verpflichtungen der
Vertragsparteien auf nationaler Ebene enthielt, ist deutlich entschärft worden.
Aus kommunaler Sicht kommt insoweit Art. 30 der Konvention, der die Besonderheiten
bundesstaatlicher Verfassungssysteme anerkennt, grundlegende Bedeutung zu.
Im Ratifizierungsprozess in Deutschland und bei der innerstaatlichen Umsetzung der
Konvention wird daher darauf zu achten sein, dass den Kulturkompetenzen von Ländern und
Kommunen tatsächlich Rechnung getragen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Simone Hübert
- Referentin Anlage: - 1 -
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