Informationsfluss und Organisation im Corpus geniculatum laterale CGL liegt strategisch günstig zwischen der Netzhaut und dem visuellen Cortex CGL = erster Ort, an dem Fasern der retinalen Ganglienzellen über Synapsen verschaltet werden Fasern der nasalen und der temporalen Retinahälften führen zum Chiasma opticum temporale Fasern führen ungekreuzt in die beiden Corpora geniculata nasale Fasern werden gekreuzt weitergeführt Retina Chiasma opticum: Fasern = Sehnerv Chiasma opticum CGL: Fasern = Sehbahn CGL primärer visueller Cortex: Fasern = Sehstrahlung 1. Informationsfluss im CGL Neuronen Im CGL empfangen Signale von: a) Fasern der Sehbahn b) Sehrinde c) Hirnstamm d) Thalamuskernen Aufschlüsselung dieser Eingänge von Signalen: a) Das CGL empfängt mehr Signale aus dem Cortex als von der Retina b) Der kleinste Signalfluss ist der vom CGL zum Cortex Grund: CGL reguliert den Informationsfluss zwischen Retina und CGL 2. Organisation nach dem linken und rechten Auge CGL ist paarig angelegt – kommt in der rechten und linken Gehirnhälfte vor Bohnenförmige Struktur Liegt im Thalamus In sechs Schichten gegliedert Schicht 2, 3 und 5: Signale vom ipsilateralen Auge Schicht 1, 4 und 6: Signale vom kontralateralen Auge Rezeptive Felder des CGL-Neuronen weisen dieselbe Gliederung in Zentrum und Umfeld auf wie die Ganglienzellen der Netzhaut 3. Organisation des CGL in einer retinotropen Karte Neuronale Karte der Netzhaut im CGL ist retinotrop, d.h. jeder Ort im CGL entspricht einem Ort auf der Netzhaut Benachbarte Orte im CGL entsprechen benachbarten Orten auf der Netzhaut Geschichtete retinotrope Karten mehrlagiges Sandwich (Walls, 1953) 4. Organisation des CGL in magno- und parvozelluläre Zellen Schichten 1 und 2: erhalten Input von M-Ganglienzellen Schichten 3, 4, 5 und 6: erhalten Input von P-Ganglienzellen Dritte Gruppe von Ganglienzellen = K-Zellen M-Zellen = magnozelluläre Zellen unterschiedliche P-Zellen = parvozelluläre Zellen Aufgaben Magnoschichtläsionen keine Wahrnehmung von Bewegung Parvoschichtläsionen keine Wahrnehmung von Farbe, feinen Texturen und Oberflächen, räumlicher Tiefe, kleiner, fein strukturierter Objekte Magnokanal schickt Information über Bewegung an den Cortex Parvokanal übermittelt Information über Farbe, Textur, Form und Tiefe Der primäre visuelle Cortex (V1) Area striata oder Streifenfeld wegen des weißen Streifens aus Nervenfasern, der ihn durchzieht In Schichten gegliedert Signale aus dem CGL treffen in einer der mittleren Schichten ein (IVc) und werden von dort in obere und untere Schichten weitergeleitet Neuronalen Systeme projizieren vom gleichen Netzhautabschnitt in den gleichen Sehrindenabschnitt Neurone des striären Cortex sind selektiv empfindlich, sie antworten selektiv auf bestimmte Reizmerkmale wie Richtung, Bewegung und Größe Spezialisierung kann nachgewiesen werden 1. rezeptive Felder für Orientierung, Länge und Bewegung in der Area striata Welche Art von optischen Reizen bringen die Cortexneurone zum Feuern? Hubel und Wiesel: Vermutung, dass Cortexneuronen am besten auf streifenförmige Reize ansprechen, die in eine bestimmte Richtung ausgerichtet sind Sie fanden auch drei Haupttypen von Neuronen und teilten diese nach der Art des Reizes ein, auf den sie optimal reagieren a) Einfache Zellen des Cortex Haben rezeptive Felder, die wie die einfachen rezeptiven Felder in eine erregende und eine hemmende Zone unterteilt sind Zonen sind nicht konzentrisch, sondern nebeneinander angeordnet Rezeptives Feld so gebaut, dass diese Zelle optimal auf einen in eine bestimmte Richtung orientierten Lichtstreifen reagiert Stärkste Reizantwort, wenn der Streifen genau parallel zur Ausrichtung des rezeptiven Feldes orientiert ist Orientierungs-Tuning-Kurve: ergibt sich aus der Messung der Reizantworten einer einfachen Cortexzelle auf Streifen mit unterschiedlicher Orientierung b) Komplexe Zellen des Cortex Reagieren ebenfalls optimal auf Streifen mit einer bestimmten Orientierung Reagieren kaum auf kleine Lichtpunkte oder ortsfeste Reize Sprechen auf einen sich bewegenden Lichtstreifen gut an Reagieren optimal auf eine bestimmte Bewegungsrichtung c) Endinhibierte Zellen des Cortex Hyperkomplexe Zellen Feuern in Reaktion auf sich bewegende Linien in einer bestimmten Länge oder auf sich bewegende Ecken oder Winkel Feuern nicht, wenn der Reiz zu lang ist Cortexneuronen feuern also auf bestimmte Reitmerkmale wie Orientierung oder Bewegungsrichtung Bezeichnung Merkmalsdetektoren Je weiter wir uns von der Netzhaut wegbewegen, desto mehr spezifische Reize sind nötig, damit die Neuronen feuern Betrachten eines Gegenstands Aktivierung einer großen Zahl unterschiedlich selektiv sensitiver Neuronen Basis für neuronale Repräsentation eines Gegenstands 2. Psychophysische Evidenz für Orientierungsdetektoren Technik der selektiven Adaptation: „ Wenn man ein Reizfeld mit einer bestimmten Streifenorientierung für längere Zeit betrachtet, so adaptieren die betroffenen Neuronen. Dies führt zu einer messbaren Sensitivitätsänderung.“ Streifenmuster: Eigenschaften eines Streifenmusters sind definiert durch Wellenform, Kontrast, Ortsfrequenz, Orientierung und Phase Wellenform Intensitätsverteilung Kontrast Amplitude A, geteilt durch den Mittelwert seiner Intensität M Orientierung Winkel relativ zur Senkrechten Phase Position relativ zu einem ortsfesten Referenzpunkt Ortsfrequenz Anzahl der Perioden pro Streckeneinheit im Muster liefert ein Maß für die örtliche Auflösung und die Detailtiefe wird üblicherweise in Perioden pro Sehwinkelgrad auf der Netzhaut angegeben Analyse eines Bildes in seine Ortsfrequenzen liefert Information über die Feinheit der räumliche Auflösung im Bild Sehwinkel eines Gegenstands= Winkel zwischen zwei Linien, die vom Auge des Beobachters ausgehen; die eine führt zum unteren Rand des Gegenstands, die andere zu dessen oberen Rand Direkter Zusammenhang zwischen Sehwinkel und Größe des Netzhautbildes: kleine Sehwinkel kleine Netzhautbilder 3. Selektive Adaptation an die Streifenorientierung Experiment zur selektiven Adaptation: Messung der Kontrastsensitivität für Streifenmuster für verschiedene Orientierungen der Streifen Kontrastsensitivität = Sensitivität für die Differenz in der Helligkeit der dunklen und hellen Streifen Kontrastschwelle = Schwelle, an der Kontraststreifen erkannt werden Kontrastsensitivität = 1/ Kontrastschwelle Die Adaptation des Beobachters an ein Streifenmuster mit hohem Kontrast (Adaptationsphase) Erneute Messung der Kontrastsensitivität bei den verschiedenen Orientierungen des Muster, wie vor der Adapationsphase Ergebnis: Sensitivität für die Wahrnehmung des vertikalorientierten Streifenmusters hat sich reduziert Darbietung einer größeren Helligkeitsdifferenz zwischen den dunklen und hellen Arealen nötig, damit Streifen wahrgenommen werden Erklärung: Betrachten des vertikal orientierten Adaptationsmusters wirkt primär auf die Neurone, die spezifisch auf die Verarbeitung vertikaler Streifenorientierung eingestellt sind. Neuronen für andere Streifenorientierungen werden vom Adaptationsmuster weit geringer oder gar nicht betroffen Aufzeichnung cortikaler Prozesse 1. Geringere Sensitivität für schräge Streifen Menschen sind sensitiver für horizontale oder vertikale als für schräge Streifenrichtungen Dieser Effekt ist wahrscheinlich mit den orientierungssensitiven Neuronen verbunden 2. Die Psychophysik von Ortsfrequenzkanälen Im visuelle System gibt auch Detektoren für die Ortsfrequenz Untersuchungen dazu benutzen die Auswirkungen selektiver Adaptation auf die Kontrastübertragungsfunktion = Funktion, die den Kontrast beschreibt, der nötig ist, um Streifenmuster mit unterschiedlicher Ortsfrequenz zu sehen Kontrastempfindlichkeit = 1/ Wahrnehmungsschwelle Ergebnisse von Untersuchungen: Fähigkeit, ein Streifenmuster wahrzunehmen hängt von dessen Ortsfrequenz ab Vorstellung, dass die Kontrastübertragungsfunktion auf die Aktivität einer Reihe von Kanäle zurückgeht, wobei jeder dieser Kanäle nur auf einen schmalen Bereich von Ortsfrequenzen anspricht Im primären visuellen Cortex wurden also Neurone gefunden, die selektiv auf Orientierung, auf Bewegung, Länge und Ortsfrequenz antworten. Die Organisation des primären visuellen Cortex 1. Retinotrope neuronale Karte Cortex ist nach den retinalen Orten in Säulen organisiert, wobei die rezeptiven Felder der Neuronen innerhalb einer solchen Säule an derselben Stelle der Netzhaut liegen Es gibt also in der Sehrinde – wie im CGL – eine retinotrope Karte der Netzhaut Derselbe Abstand im Cortex entspricht einer kleinen Entfernung auf der Netzhaut in der Nähe der Fovea und einem größeren Abstand in der retinalen Peripherie Vergrößerungsfaktor Vergrößerungsfaktor: Repräsentation der Fovea ist im Cortex – verglichen mit der Peripherie – vergrößert Erklärung: In der Fovea sind die Rezeptoren viel dichter gepackt als in der Peripherie kleines Foveaareal sendet Signale von sehr viel mehr Ganglienzellen an den Cortex als ein gleich großes Areal in der Peripherie Fazit: Den Teilen der Netzhaut, die mehr Ganglienzellen an den Cortex schicken, wird mehr cortikaler Raum zugeteilt Hohe Sehschärfe ist eine Folge des großen Bereichs im Cortex, dem der Fovea zusteht 2. Orientierungssäulen Vorstellung, dass der Cortex in Orientierungssäulen organisiert ist, wobei jede Säule Zellen enthält, die auf eine bestimmte Reizorientierung ansprechen 2-Desoxyglykose-Technik Bestätigung der oben genannten Vorstellung benachbarte Säulen haben zwar ähnliche, aber leicht unterschiedliche Orientierungen Neuronen ändern ihre bevorzugten Orientierungen regelmäßig 3. Augendominanzsäulen Meisten Zellen sprechen auf ein Auge besser als auf das andere an = Augendominanz Zellen mit derselben okularen Dominanz sind im Cortex zu Augendominanzsäulen organisiert Cortex besteht aus einer Reihe von Säulen, deren Augendominanz immer von links nach rechts wechselt 4. Hypersäulen Der visuelle Cortex ist also nach drei unterschiedlichen Eigenschaften des Reizes in Säule organisiert:: Ort auf der Netzhaut Orientierung auf der Netzhaut Darbietung an rechtes oder linkes Auge Nach Hubel und Wiesel kann ein Ein-Millimeter-Block aus dem Cortex als Verarbeitungsmodul für einen bestimmten Netzhautabschnitt dienen Dieses Verarbeitungsmodul wird als Hypersäule bezeichnet Cortex besteht aus zahlreichen Hypersäulen, die jeweils einen Abschnitt auf der Netzhaut bedienen 5. Repräsentation eines Objekts im primären visuellen Cortex Das retinale Abbild wird durch ein Muster neuronaler Antworten im Cortex repräsentiert Es handelt sich aber nur um die neuronale Repräsentation auf dieser Stufe der Verarbeitung, an der Wahrnehmung sind noch weitere cortikale System beteiligt Plastizität der Wahrnehmung 1. Frühe sensorische Deprivation beeinflusst die Entwicklung der neuronalen Verarbeitung Plastizität = Wahrnehmungssystem wird durch Reizmuster, die es aufnimmt, fortlaufend verändert Visuelles System und andere Sinnessysteme können durch Erfahrung geformt werden Wiederholte Erfahrung stimuliert jeweils die gleichen Gruppen von Neuronen Stärkung der synaptischen Verbindungen Lernen schafft also Zellen-Ensembles, die aufgrund ihrer Bahnung leichter antworten als andere 2. Katzen wachsen in einer Umgebung mit vertikalen oder horizontalen Streifen auf Neuronen, die sich unter normalen Bedingungen entwickeln, bauen sich bei restriktiven Umweltbedingungen nicht auf Bsp.: Katzen in einer Umgebung mit nur einer Sorte von Streifen können später andere Streifenarten nicht wahrnehmen 3. Ähnliche „Deprivationsversuche“ beim Menschen Personen mit Astigmatismus Zusammenarbeit der Sinne 1. Neuronale Karten und Säulenstruktur im Cortex retinotropen Ordnungen in den Karten des CGL und im primären visuellen Cortex behalten Information über den Ort der Reizung auf der Retina bei = wichtiges Merkmal der Informationsverarbeitung Vergleichbare Kartierungen erfolgen auch in anderen Sinnessystemen Tastsinn cortikales Körperschema = somatosensorischer Homunculus Kartierung auch für Tastsinn und auditives System In allen drei Sinnessystemen besteht auch eine Ordnung in Säulen Diese Gleichheit in der Organisation der Sinnessystem ist vermutlich eine Hilfe für die weitere Verarbeitung, da die komplexen Zellen auf dieser gleichen Organisation aufbauen können