demenz - Siloah

Werbung
1.
Definition
Der Begriff „Demenz“ leitet sich ab vom lateinischen
de
=
weg ( im Sinne von fern sein )
mens
=
Geist
+
d.h., Menschen mit Demenz befinden sich „fernab“ ihres Geistes. Bildlich jedoch ist
es eigentlich mehr wie ein Leben hinter dem Vorhang.
2.
Demenzformen
Es gibt vier grundlegende Formen von Demenzen:
a)
Senile Demenzen vom Typ Alzheimer ( SDAT )
Alzheimer entsteht durch Schwund von Nervenzellen bzw. durch sog.
„Plaquebildung“. Hierbei bildet der Körper fremde Eiweissmoleküle, die
sich im Gehirn an verschiedenen Stellen ablagern und dadurch zu Ausfällen wichtiger Funktionen führen
Die Plaques wirken wie Gift: Sie stören den Stoffwechsel der Nervenzellen,
sodass diese nicht mehr wie früher miteinander kommunizieren können.
Deshalb nimmt die geistige Leistungsfähigkeit betroffener Menschen ab.
Die Ursachen für Alzheimer sind noch nicht vollkommen geklärt. Früh betroffen ist ein Bereich im Gehirn, der den wichtigen Botenstoff Acetylcholin ausschüttet. Alzheimer tritt in einigen Familien gehäuft auf; auch spielen genetische Faktoren mitunter eine gewisse Rolle.
I) Frühes Stadium
Im frühen Stadium von Alzheimer können sich Betroffene häufig neue Informationen nicht mehr gut merken. Beispielsweise lesen sie die Zeitung und wissen
am Ende eines Artikels nicht mehr, worum es am Anfang ging. Häufiger als
früher verlegen sie Gegenstände. Außerdem fällt es ihnen schwerer, sich auf
Gespräche zu konzentrieren. Sie können ihrem Gegenüber nur mit Mühe
folgen und bestimmte Wörter wollen ihnen einfach nicht in den Sinn kommen.
Auch erste Probleme mit der Orientierung treten auf: In fremden Umgebungen
finden sich die Betroffenen schwer zurecht. Das macht sich zum Beispiel in
Restaurants bemerkbar, wenn der Weg zurück von der Toilette zum Tisch wie
ein Labyrinth erscheint.
-2-
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-2II) Mittleres Stadium
Im mittleren Stadium der Alzheimer-Demenz sind Sprache und Sprachverständnis der Betroffenen meist spürbar beeinträchtigt: Fehler im Satzbau
treten auf, Antworten werden floskelhaft und Unterhaltungen schwierig, da
Betroffene den "roten Faden" verlieren. Da sich die Patienten kaum noch
etwas merken können, fällt es ihnen schwer, sich im Alltag zurechtzufinden.
Sie bringen Tageszeiten und Daten durcheinander. Außerhalb und innerhalb
der eigenen vier Wände fällt die Orientierung immer schwerer. Bei vielen
Kranken ist darüber hinaus der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört.
III) Spätes Stadium
Im späten Stadium können Demenzkranke kein Gespräch mehr führen. Sie
reagieren kaum und reihen allenfalls einzelne Wörter oder Laute aneinander.
Viele verstummen völlig. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass keinerlei
Kommunikation mehr möglich ist. Die Brücke der Gefühle trägt länger als
Worte.
Die Alzheimer-Krankheit ist nicht heilbar. Die Beschwerden lassen sich aber
hinauszögern und lindern. Je früher die Therapie beginnt, desto besser. Dabei
kommen gegebenenfalls Medikamente wie Antidementiva, Antidepressiva und
Neuroleptika zum Einsatz. Genauso wichtig bei der Alzheimer-Therapie sind
aber nicht medikamentöse Maßnahmen. Dazu zählen kognitives Training,
Ergo- und Musiktherapie, in bestimmten Fällen auch Psychotherapie. Über die
Art und Dauer der Behandlung entscheiden Demenzkranke und Angehörige
möglichst gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten. Dabei müssen sie das Stadium der Krankheit und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten berücksichtigen. Ziel jeder Therapie ist es, den Betroffenen so lange wie
möglich ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
b)
Vaskuläre Demenzen ( VD )
Diese entstehen auf Basis von Defekten bzw. Schwächen innerhalb des
Gefäßsystems z.B. durch wiederkehrende sog. TIA ( verständlich formuliert:
vorübergehende, kleine Phasen der Minderdurchblutung bestimmter Hirnareale – häufig nachts ).
Im Rahmen dieser Phasen kann es zum Absterben von Gehirnzellen kommen,
welche letztlich auch zu einem Funktionsausfall führen können. Mitunter folgen auf TIA’s auch kleinere / größere Schlaganfälle, die zu weitergehenden
und großflächigen Schädigungen im Gehirn führen können.
Diabetes, Herzrhythmusstörungen, ein zu hoher Blutdruck und verkalkte
Arterien erhöhen das Risiko, einen Hirnschlag zu erleiden. Diese Befunde
begünstigen damit auch Durchblutungsstörungen im Hirn und das Risiko, eine
vaskuläre Demenz zu entwickeln.
-3-
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-3Die vaskulären Demenzen bilden die zweithäufigste Form. SDAT und VD
„überlagern“ sich auch immer wieder. Ihre Symptomatik ist ähnlich. Wichtigster Unterschied für die Diagnostik: Alzheimer verändert den Menschen eher
schleichend; Menschen mit einer VD sind häufig „von heute auf morgen“
verändert.
c)
Sog. „Frontotemporallappendemenz“ ( auch bekannt als
Morbus Pick )
Der Frontotemporallappen ist ein umschriebenes Gebiet im Gehirn (Stirn /
Schläfe), welches v.a. durch Gifte wie Alkohol dauerhaft geschädigt werden
kann.
Manche Menschen mit dieser Form der Demenz sind rast- und ruhelos, aggressiv und leicht reizbar. Andere wiederum ziehen sich zurück, werden
stumpf und gleichgültig und finden an nichts Freude. Andere wiederum sind
über die Maßen heiter und fröhlich. Insgesamt besteht also sozusagen die
Tendenz zu einem „enthemmten Verhalten“.
Menschen mit dieser Demenzform machen gerne auch unpassende oder
peinliche Bemerkungen, die sie früher nicht gemacht hätten. Oder sie beginnen zu stehlen. Darauf angesprochen reagieren sie verblüfft oder empört. Zur
Selbstkritik / Selbstreflexion sind sie nicht mehr in der Lage.
Weitere Symptome können Heisshunger und „Ticks“ ( z.B. man muß ständig
dasselbe machen ) sein oder die Menschen wiederholen echohaft alles, was
man sagt. Erst Jahre später vermischen sich diese Erscheinungen dann häufig
mit Symptomen, die auch für Alzheimer typisch sind.
Morbus Pick ist nicht heilbar. Eine Linderung der Symptomatik lässt sich
häufig über Antidepressiva, aber v.a. auch über Sport, Musik-;Tanz- oder
Kunsttherapie erreichen.
d)
Lewy-Körperchen-Demenz
Die Symptome der Lewy-Demenz ähneln denjenigen der Alzheimer-Demenz.
Einige davon, wie z.B. Halluzinationen treten früher und heftiger auf. Häufig
findet man die Lewy-Demenz in Verbindung mit Parkinson, was eine erhöhte
Sturzgefährdung nach sich zieht.
Die geistige und körperliche Verfassung dieser Menschen schwank mitunter
sehr stark von hellwach und unternehmungslustig bis zu in sich gekehrt, verwirrt und orientierungslos. Die Gedächtnisleistung bleibt aber lange Zeit gut
erhalten.
Auch Lewy ist nicht heilbar; zudem sind die Symptome auf Basis des häufig
bestehenden Parkinson schwierig behandelbar ( keine Neuroleptika! ). Antidementiva und nicht medikamentöse Maßnahmen stehen im Vordergrund.
-4-
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-4-
3.
Risikofaktoren die die Entstehung einer Demenz
begünstigen
-
4.
Alter ( wichtigster Grund )
Erbanlagen ( gering und in der Regel nur bei früh beginnenden
Verläufen zwischen 40.tem und 50.tem Lebensjahr )
Chronische entzündliche Prozesse
Chronische Vergiftungen - Flüssigkeitsmangel
Medikamente
Hirnverletzungen
Anhaltende Depression, Trauer
Fortdauernder Schmerz
Zwänge, soziale Isolation, Lebensbrüche
Überforderung – Burnout – innere Isolation
Diagnostik / Untersuchungsmethoden
Vom Beginn der Erkrankung bis zur Diagnose können häufig bis zu 10 Jahre
vergehen. Dies liegt daran, daß der Mensch viele Kompensationsmechanismen entwickeln kann.
Da sich seine Persönlichkeit hier immer nur schleichend verändert, wird dies
von der Umwelt häufig zunächst gar nicht als krankhafte Veränderung erkannt.
Hellhörig sollte man werden, wenn:
-
ein Mensch, der bislang gewohnt war, Dinge selbstständig zu erledigen,
Sie plötzlich bittet, dieses und jenes für ihn zu erledigen ( „dätsch mer
net...“ )
-
Sich Aussagen häufen wie: „Ach, das habe ich heute vergessen, aber
ich kann es ja auch morgen noch erledigen
-
Jemand Sie immer wieder nach der Uhrzeit fragt
-
Jemand Sie bei ihrem Besuch immer wieder nur durch bestimmte
Räume seiner Wohnung führt ( die anderen könnten bereits vermüllt
oder zugestellt sein )
-
jemand das heutige Datum nicht weiß und/oder die Tageszeit nicht
richtig zuordnen kann
-
jemand Sie oder andere beschuldigt, daß er bestohlen wird, oder man
ihm etwas wegnimmt
-
und so vieles mehr!
-5-
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-5Untersucht wird heutzutage mit:
-
Neurologischen Testreihen
Bestimmung des Gedächtnisstatus mit Gedächtnistestverfahren ( z.B.
Mini-Mental-State, der aber bei Pick keine Auffälligkeiten aufdeckt )
Magnetresonanztomographie ( MRT )
Computertomographie ( CT )
Positronenemissionstomographie ( PET )
Die Diagnose einer Demenz gilt als gesichert, bei Vorliegen
1.
einer Beeinträchtigung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses
und
2.
mindestens einer der folgenden kognitiven Störungen:
a)
b)
c)
d)
5.
Aphasie ( Störung der Sprache )
Apraxie ( beeinträchtigte Fähigkeit, motorische Aktivitäten auszuführen, trotz intakter Motorik )
Agnosie ( Unfähigkeit, Gegenstände zu erkennen, trotz intakter
sensorischer Funktionen )
Störungen in den Exekutivhandlungen ( Planung, Organisation,
Folgerichtigkeit von Abläufen )
Die 4 Stadien der Demenz ( v.a. Alzheimer +
Vaskuläre Demenz )
Stadium I
Dieses ist gekennzeichnet durch:
Geistige Ebene
-
Tw. mangelhafte Orientierung
Zuhause wohnen; kaum die Wohnung verlassen
Aufrechterhalten der Fassade ( Kleidung, Make-up, usw. )
Körperliche Symptome
-
Blick ist noch klar und zielgerichtet
Oft steife Haltung, angespannte Muskeln
Bewegungen erfolgen präzise und gezielt
Das Lernvermögen ist noch grundsätzlich erhalten
Der Atem ist flach
Die Stimme ist noch sehr individuell ( klar, scharf, weinerlich... )
-6-
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-6Psychologische Charakteristika
-
Bislang unterdrückte Gefühle/Konflikte werden ausgedrückt
Der Mensch klammert sich an die Realität
Er möchte verstehen / verstanden werden
Ist sich gelegentlicher Verwirrung bewusst
Denkt sich aber Geschichten aus, um dies anderen zu erklären
Hat Angst vor Veränderung, widersetzt sich
Sucht Sicherheit, Vertrautes
Leugnet Gefühle wie Einsamkeit, Wut, Angst
Beschuldigt andere, wenn persönliche Verluste zu groß werden
weisen Berührung und Intimität ab
Stadium II
Dieses ist gekennzeichnet durch:
Zeitverwirrtheit
-
Körperliche + soziale Verluste ( Bewegung, Sinne, Lernen ) führen
zum weiteren Rückzug
Grundlegende, universelle Gefühle stehen im Vordergrund ( Liebe,
Hass, Angst usw. )
Körperliche Symptome
-
Entspannte Muskeln
Langsame Bewegungen
Schultern nach vorn gebeugt, evtl. schlurfender Gang
Klarer Blick, jedoch häufig zielloses Starren in die Ferne
Gesten stimmen mit den Gefühlen überein; oft fragend
Langsames mitunter auch monotones Sprechen; dabei flache Stimme
Psychologische Charakteristika
-
Realität zerfließt/verschwimmt langsam; Abnahme rationalen Denkens
Gefühle werden ausgedrückt; Erinnerung an Fakten unscharf
Zurückkehren zu intuitivem, früh gelerntem Wissen
Erinnern an angenehme, sinnliche Gefühle v.a. in der Kindheit
Vergessen jüngster Ereignisse
Verwenden persönlicher Fürworte ohne klare Angaben, wie z.B.
„Er“ für Gott, Vater „Sie“ für Mutter
ausgeprägte Symbolik; d.h. ein Ding/Tier steht für einen Menschen
Stadium III
Dieses ist gekennzeichnet durch:
-7HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-7Sich wiederholende Bewegungen
-
Körperteile werden zu Symbolen; Bewegungen ersetzen Worte
Lebenslang unterdrückte „eingesperrte“ Gefühle brechen hervor
und bahnen sich ihren Weg
Körperliche Symptome
-
Rhythmische Bewegungen; häufig hin und her
Singen ohne dabei Sätze bilden zu können
Entspannte Muskeln; Inkontinenz
Augen oft geschlossen bzw. nicht zielgerichtet
Können nicht mehr lesen oder schreiben; auch nicht fernsehen
Psychologische Charakteristika
-
Hinübergleiten in eine Sterbephase; Bedürfnis zu sprechen schwindet
Bewegungen schaffen Vergnügen und bestätigen das Leben
Denkvermögen verschwindet; selbst der Wunsch dazu
Monoton sich wiederholende Klänge/Rhythmen stimulieren bzw.
beruhigen
Der Mensch kann sich nur noch kurz und dabei auf nicht mehr als
1 Person / Sache konzentrieren
Weiterer Rückzug in die Isolation / Selbststimulation
Verbale Kommunikation sehr eingeschränkt
Stadium IV
Dieses ist gekennzeichnet durch:
Vegetieren
-
Der Mensch lebt in seiner eigenen Welt; abgekapselt von der
Umwelt
Grundsätzlich besteht Antriebslosigkeit, die nicht einmal zum
Überleben ausreichen würde
Der Mensch braucht Berührung, Anerkennung, Fürsorge und
eine Hand, die ihn hält
Körperliche Symptome
-
Augen meist geschlossen; leerer Blick der durch einen hindurchzugehen scheint
Schlaffe Muskeln bzw. Gefahr der Kontraktur
Im Bett häufig Einnehmen einer embryonalen Position
Kein Körperbewußtsein; kaum Bewegung
Psychologische Charakteristika
-8HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-8-
6.
Erkennen selbst nahestehende Angehörige nicht mehr
Zeigen kaum Gefühlsregungen
Keinerlei Aktivität; keie Reaktion auf Reize mehr
Was der Mensch in dieser „Welt“ empfindet ist unklar; im Zweifel
Ist er jedoch hochsensibel für seine Umwelt
Abgrenzung Demenz / Depression
Demenzen werden häufig von einer Depression begleitet oder überlagert. Die
Depression als solche kann ihre Ursache wiederum in chronischen Schmerzzuständen haben.
Wichtige Punkte, um ein wenig eingrenzen zu können, ob eher eine Demenz oder
eine Depression vorliegt, sind:
Faktor
Demenz
Beginn
Unmerklich, schleichend Innerhalb von Std./Tagen
Tagesschwankungen
Oft abends schlechter
Morgentief
Stimmung
Wechselnd, ablenkbar
Gleichbleibend depressiv
Angst
Gering
Versagensängste
Schuldgefühle
Nein, andere werden
Beschuldigt
Ja, bezieht alles auf sich
Körperpflege
Vernachlässigt
Intakt
Klagen
Wenig
Ausgeprägt
Antwort auf Fragen
„Tendenziell richtig“
Sagt oft „ich weiss nicht“
Auffassungsgabe
Stark gestört
Nicht gestört
Leistungsfähigkeit
Gleichbleibend schlecht
Gut erhaltene praktische
Schlaf
Schlaf-Wachrhythmus
gestört
Häufig frühmorgendliches
Erwachen
Medikamente/Alkohol
Selten Missbrauch
Häufiger Missbrauch
Verlauf
Langsam schlechter
werdend
Rasche Verschlechterung
Dauer
Chronisch fortschreitend Akut und durchaus umkehrbar
-9-
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
Depression
-9-
7.
Hilfsmöglichkeiten für die einzelnen Stadien
Stadium I
ROT ( = Realitätsorientierungstraining ) ist hier durchaus noch angezeigt;
d.h. bewusstes Konfrontieren des Menschen mit der Realität in folgender
Form:
-
Gezielte Frage-Antwortspiele
Gemeinsames Erledigen von Haushaltsdingen
Aufmunterung auszugehen („komm laß‘ uns doch mal dort hingehen...“)
Diskutieren der Tageszeitung
Gemeinsames Einkaufen – „Preisberatung“
Gemeinsames Aufarbeiten und Erhellen biographischer Hintergründe
Spaziergänge auf vertrauten Wegen
Usw.
Stadium II
Wenn das ROT den Menschen zunehmend überfordert ( erkennbar an zunehmender Aggression ), ist es an der Zeit validierend zu arbeiten. Das
bedeutet:
-
-
Einfache, offene Fragen verwenden ( wer, was, wann )
Biographische Gespräche auf das Jungerwachsenenalter (20-40)
ausrichten
Symbolik bestimmter Dinge, Bilder etc. ergründen ( z.B. dieses
Bild hat meine Tochter gemalt; diese Katze hat mir mein Sohn geschenkt)
Gefühle und Werte, die dem Menschen wichtig sind, annehmen
und ihm positiven Rückhalt bieten
Gemeinsam weiterhin lebenspraktische Fähigkeiten üben, den
Grat zur Überforderung jedoch nicht überschreiten ( nichts einfordern wie z:B. in der Form „Sie können doch“ oder „sie müssen“)
= Alles kann, nichts muß; man ist nie Lehrer, sondern kann immer nur Begleiter auf dem Weg in und durch die Demenz sein!
Was bedeutet ( Integrative ) Validation (IVA)?
a)
Bei der Kontaktaufnahme bzw. zu Gesprächsbeginn vermeidet
man:
-
Die Orientierung auf der Inhaltsebene
Fragetechniken
Interpretationen
b)
Die IVA nutzt bewusst
- 10 -
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
- 10 -
die Kraft und die Vertrautheit von Allgemeinplätzen und Sprichwörtern
die Orientierung am aktuell gezeigten Gefühl bzw. Antrieb
den Rückgriff auf früh gelernte / eingeprägte Inhalte
c)
Durch IVA kann so eine persönliche Gefühlsbeziehung zum dementen Menschen entstehen, die folgende Räume öffnen kann:
-
Erweiterung biographischer Kenntnisse
Kennenlernen wichtiger persönlicher Rituale und Gewohnheiten
Ziellosen Energien eine Richtung zu geben und so den Menschen
zu beruhigen
Stadium III
Hier ist der Zugang zum Menschen fast nur noch mittels IVA möglich; die Handlungskompetenz ist im Regelfall so stark eingeschränkt, daß selbst einfache Verrichtungen des Alltags nicht mehr möglich sind.
Ergänzend hierzu tritt die sog. „Basale Stimulation“. Hierbei geht es v.a. darum,
gezielt noch die Sinne zu reizen, denn hierüber ist der Mensch in diesem Stadium
durchaus noch erreichbar. Also z.B.:
-
Sanfte Musik hören, die idealerweise auch einen hohen Anteil an
sich wiederholenden Rhythmen hat
Speisen zubereiten, die viel + guten Duft verbreiten
Tees / Säfte mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen anbieten
In die Natur gehen, an Blumen riechen lassen, die Düfte verbreiten
Duftkerzen oder Duftöle verwenden ( im Pflegeheim problematisch.. )
Lichtreize / Farben verwenden
Daneben gilt:
-
Berührung schafft Nähe
Vertrauen schaffen und auch vermeintlich Sinnloses zulassen
Stadium IV
Der Mensch kann kaum noch erreicht werden; er liegt / sitzt oft teilnahmslos, als
ob er hinter einer Wand steht.
Auch starke Reize bringen häufig kaum noch Anzeichen einer Regung. In dieser
Zeit gilt:
- 11 HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
- 11 -
Urvertrauen schaffen + erhalten ( fast wie im Mutterleib )
Zuwendung und Nähe in Form von sanftem Streicheln, Hand auflegen / Hand halten ( je nach Beziehung )
Grundbedürfnisse befriedigen ( so gut als möglich )
Brücken bauen / noch vorhandene Ängste nehmen
Ehemalige Bezugspersonen wenn mgl. kommen lassen
Dem Menschen helfen, Frieden zu machen mit sich und seiner
Welt; ihn unterstützen; ihn „gehen lassen“
Daneben gibt es noch folgende Ansätze:
a) 10 min. Aktivierung
Diese Methode soll es Menschen erleichtern, sich an Begebenheiten aus ihrer
„gesunden“ Zeit zu erinnern, um dadurch Wohlbefinden zu schaffen. Wichtigste Ansatzpunkte sind hierbei frühere Interessen und Hobbies und alle Dinge,
die zu deren Ausübung gehörten, also z.B. Briefmarken, Pinzette, Alben, Kataloge, Länder etc.
b) Basale Stimulation / SET
Die Sinnesstimulierungs- und Entspannungstherapie (=SET) fusst auf der sog.
Basalen Stimulation. Bei beiden wird gezielt versucht, den Menschen über
seine Sinne ( z.B. durch Licht, Musik, Geräusche, Düfte, Geschmack ) anzuregen. Für die Dauer der therapeutischen Einheit soll der Mensch von anderen,
störenden Einflüssen ferngehalten werden, damit er sich ganz auf seine Sinne
und die damit verbundenen Sinneswahrnehmungen konzentrieren kann
c) Erinnerungspflege
Die Erinnerungspflege gründet ganz stark auf der Biografie des einzelnen
Menschen. Dem zunehmenden Verlust der Persönlichkeit, der Erinnerungen
und letztlich der Identität soll mit gezielten Aktivitäten punktuell entgegengewirkt werden, die dazu geeignet sind, Wohlbefinden in dem Menschen auszulösen.
Dies können positive Erlebnisse aus Kindheit / Jugend / Karriere / Familie
sein; aber auch Momente wie sie z.B. auf Fotos festgehalten sind wie Feiern,
Uralube, Reisen, Vereinstätigkeiten etc.. Erinnerungspflege kann sowohl in der
Gruppe als auch in Form einer Einzelaktivierung geschehen
8.
Grundregeln der Kommunikation
-
Wertschätzend kommunizieren
Blickkontakt aufnehmen
Vertraute Gesten nutzen ( z.B. Hand entgegen strecken zum Gruß )
Körperkontakt aufnehmen ( wenn geduldet; z.B. Hand auf die Schulter
legen
Den Menschen leicht anlächeln – dies entkrampft und hilft dem Demenzkranken seine grundsätzliche Angst zu überwinden
Frontal ansprechen ( wenn nicht Schwerhörigkeit o.ä. vorliegt )
Klar moduliert sprechen
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
-
Freundlich im verbalen Ausdruck und entspannt in der Körperhaltung
bleiben
Hektische Bewegungen und Angst einflössende Gesten vermeiden
( also nicht den Finger heben, sich vor jemandem aufbauen etc. )
Nicht die Stimme erheben – in emotional gleichmässiger und stabiler
Lage sprechen
Sich immer nur auf die Person konzentrieren, mit der ich gerade
spreche
Bei Demenzkranken mit Bewegungsdrang die Bewegung „aufnehmen“,
sich anpassen und ggf. mit dem Menschen Seite an Seite / Arm in Arm
laufen, um so Kommunikationsbereitschaft zu erreichen
Für alle Zeiten und Phasen gilt:
a)
Versuchen, soweit als möglich die Biographie zu kennen; je besser
man den Weg eines Menschen kennt und je mehr man über seine
Wertvorstellungen weiß, desto besser kann man ihn begleiten.
b)
Versuchen, nie zuviel von einem dementen Menschen zu fordern und
sich dabei von seinen eigenen Wünschen + Hoffnungen frei machen
c)
Ihm auch in geistig / seelisch / religiösen Belangen die Hilfen geben, die
er sich von Ihnen wünscht und die er Ihnen ggf. signalisiert
c)
Ihm angstfrei und unvoreingenommen begegnen, denn nur so kann es
gelingen, ihm die Ängste zu nehmen, von denen er beherrscht wird
d)
Lachen Sie mit ihm, aber weinen sie auch mit ihm, denn: Man vergisst viele,
mit denen man gelacht hat, aber nie jemanden, mit dem man geweint hat
e)
Auf sich selbst als Pflegeperson achten und reflektieren. Geben ist gut, geben
ist schön, doch man muß sich in Acht nehmen, nicht selbst in die Überforderung zu geraten
Demenz
Ist
Am Ende eines Lebenslaufs
In der Gegenwart
zu kämpfen
Jetzt bewältigen
Was man früher nicht bewältigt hatte
Jetzt herausweinen
Worüber man früher nicht geweint hatte
Jetzt aussprechen
Worüber man früher nicht gesprochen hatte
Ein großes Psychodrama
Mit Dir als Hauptperson
( Frans Meulmeesters )
HandreichungzumUmgangmitdementenMenschen.doc/cf/Vers3 0413
Herunterladen