Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.
Amen.
Liebe Gemeinde!
Volle Scheune - leeres Herz? Lässt sich die Geschichte so
zusammenfassen? Mit einem „Narren“ haben wir es zu tun
gehabt in der Geschichte, einem Menschen, der Dinge tut, die
ihm nicht weiterhelfen. Dabei ist das doch nur vernünftig, was
er tut. Damit das Korn und die Ernte nicht verderben kümmert
er sich um sie. Die Bitte vor der Ernte - sie erinnern sich, es
war der 29. Juni dieses Jahres - war nicht umsonst - Gott hat es
wachsen lassen, so wie er versprochen hat: Saat und Ernte
gehen weiter, Frost und Hitze. Gott schafft die Bedingungen
für´s Leben. Wir haben geerntet, die Scheunen sind voll. Was
machen wir falsch?
Es kann nicht falsch sein, sich über eine große Ernte zu freuen,
es kann nicht falsch sein, größere Scheunen zu bauen, wenn die
Ernte groß ist. Worauf will uns Jesus mit diesem Gleichnis
stoßen - was sollen wir lernen? - Wenn wir´s so lesen und
hören könnten, dass Jesus hier nicht Reichtum und
Vorratshaltung verurteilt, sondern uns auf etwas ganz anderes
hinweisen will, dann wird uns die Geschichte glaube ich sehr
nahe kommen.
Ich vermute, es geht darum, dass wir unser Selbstgespräch
beenden. Ich vermute, dass wir zu Narren werden, wenn wir
uns nur mit unserer Seele in einem Zwiegespräch, einem
Dialog befinden und nicht mit Gott. Das macht uns närrisch.
Dieses immer mit mir selbst beschäftigt sein. Mit meinen
Gefühlen, Gedanken, Sorgen, meiner Vergangenheit und
meiner vermeintlichen Zukunft. Das geht natürlich auch zu
zweit gut oder sogar in einer Gruppe: immer dann, wenn es ein
geschlossener Kreis ist und niemand rein kommt. Dann findet
dort das immer gleiche statt, das tödlich-langweilige
Selbstgespräch. Endlos. Wie in einer Warteschlange bei der
Telekom-Auskunft.
Im Kornbauer ist die Sorge groß, die Angst - das sind starke
Gefühle. Es ist wichtig vor-sorglich und für-sorglich zu sein.
Wenn aber daraus Angst wird, lähmt uns das. Solche Sorge
treibt uns auf die Bank - was daraus werden kann, steht täglich
in der Zeitung.
Der Kornbauer „denkt bei sich“ - er ist vernünftig, vorausdenkend, will die Situation recht einschätzen - und verschätzt
sich doch grandios.
Im Grunde ist er nur mit sich selbst beschäftigt. Er ist ein
furchtbar einsamer Mensch. Es ist eigentlich zum Erbarmen
mit ihm. Die kleinen Szenen der Kinder sollten das etwas
ausschmücken, das steht ja so nicht in der Schrift. Der mit sich
selbst beschäftigte Kornbauer sieht Frau und Kinder gar nicht
mehr, Nachbarn und Knechte. Die Stimme in seinem Innern wir nennen sie ja manchmal das Gewissen - die nennt er
närrisch. Weil sie ihm die Wahrheit sagt. Wenn er es schaffen
würde, sich mit seinem Gewissen zu unterhalten, käme er aus
dem Selbstgespräch heraus. Denn dann würde er durch das
Gewissen hindurch die Stimme Gottes hören. Die kommen aus
der gleichen Ecke. Das Gewissen ist nicht Gott, aber das
Gewissen ist so etwas wie ein offenes Scheunentor, durch das
Gott dann hindurch gehen kann. Wenn wir dem Gewissen den
Mund verbieten, dann schließen wir das Tor vor Gottes Wort
auch zu.
Gott sucht deshalb manchmal auch nach anderen Wegen, um
an uns heran zu kommen. Menschen stellt er uns in den Weg
wie Merkposten, Ausrufezeichen, Stopp-Schilder. Sie sollen
uns aus unserer Einsamkeit herausholen. Gott mag es nicht
mehr mit an sehen, wie wir uns das Leben zerstören, wie wir
um uns selber kreisen und dabei ganz irre werden. Wir
verlieren dann ja auch total den Blick für die Realität. Wenn
wir nur uns selbst zum Maßstab haben - woher sollen und
wollen wir wissen was noch richtig oder falsch ist? Woher
sollen wir Orientierung haben? Den Weg finden?
Jesus will uns mit dem Gleichnis helfen, die Scheunentore der
Seele zu öffnen, Luft reinzulassen. Unsere fertigen, festen
Häuser auszulüften. Da hat sich doch über die Jahre so viel
abgelagert, aufgestaut, dass wir oft glauben, es geht doch gar
nicht anders, es gibt doch keinen Weg, es muss doch so sein,
wie ich das denke, andere Möglichkeiten gibt´s doch gar nicht.
Aber die gibt´s nur nicht, weil wir andere nicht kennenlernen
wollen. So sitzt dann jede und jeder in seiner Scheune. Und
rafft und rafft Gefühle und Gedanken und alles mögliche
zusammen, kriegt den Hals nicht voll und nie genug. Aber das
ist ja tragische: man kriegt da ja auch nie genug, wenn man
glaubt, man kann alles selber hinkriegen, be-herrschen, planen,
sich versichern, vorsorgen usw.
Was wäre, wenn Gott heute Nacht käme? Würde er meine
Lebensversicherung sehen wollen?
Liebe Gemeinde, ich glaube wir ahnen oft kaum, wie herrlich
befreiend es sein kann, unterbrochen zu werden. Wir herrlich
lebendig und dankbar wir sein könnten. Das ist vielleicht so
wie an einigen Nebeltagen letzte Woche: das steckt man in
dieser grauen Suppe drin, sieht keine Farben, es drückt auf die
Seele, der Kopf schmerzt und man richtet sich irgendwie ein in
so einer Trostlosigkeit. Und dann geht die Sonne auf, bricht
durch den Nebel und alles glänzt vom Tau. Die Farben sind
wieder da in dieser Großartigkeit des Oktobers, die ganze Fülle
von Rot, Gelb, Orange und Grün. Die Luft wird warm und es
zieht einen nur noch nach draußen. Ob uns da das Herz aufgeht
und wir ganz leise „danke“ sagen? Wäre das nicht auch ein
Seelenbild?
Da kommt Jesus um die Ecke und sagt: lebe von der Hand in
den Mund: von der Hand Gottes in den Mund der anderen, die
weniger haben als du. Dann lebst du. Das hast du dir nicht
verdient, das kannst du dir nicht verdienen, das brauchst du dir
aber auch nicht verdienen. Du hast dein Leben nicht in der
Hand. Morgen kann es zu Ende sein. Eigentlich weißt du das.
Warum lebst du es dann nicht? Warum häufst du noch immer
mehr an und wirst dadurch immer unlebendiger?
Es kommt darauf an, ob wir an diesem Tag und in dieser
Nacht am Leben sind. Oder ob wir uns in den Scheunen
unseres kleinen Lebens verschanzen und niemanden und nichts
hineinlassen. Wir werden nicht satt, wenn wir immer mehr
anhäufen sondern nur dadurch, dass wir uns verschenken. Uns
als Menschen, nicht nur die Dinge. Uns sollen und dürfen wir
hergeben.
Schauen wir am Ende noch einmal zurück auf den Anfang.
„Es war einmal ein reicher Mensch“ so fängt die Geschichte an
- und Jesus spielt damit auf die Paradieszeit an. Als der
Reichtum zum Greifen nahe lag. „Das Feld hatte gut getragen“
- das ist das Paradies. Und dann ver-greift sich der Mensch.
Langt daneben. Indem er nicht ein Gespräch mit Gott beginnt,
sondern mit sich selber. Sie erinnern sich: Adam und Eva. Sie
sperren Gott aus ihrem Gespräch aus, denken, sie kommen
allein zurecht. Deshalb hat die Schlange, das Böse Platz. Sie
schlängelt sich herein in die Lücke, die sie lassen. Nicht Gott
ist mehr dort, wo er hingehört - nämlich in der Mitte - sondern
die Lüge, der Geiz, die Habgier. Es geht ganz schnell. Wir
merken es kaum. Es ist aber die menschliche
Grundentscheidung, 100 mal am Tag. 100 mal stellt uns Gott
ins Paradies und sagt uns: schau, so reich bist du. Ich hab dir so
viel gegeben. Nützte den Tag, die Stunde, die Minute. Nütze
die Zeit, die dir geschenkt ist um sie weiterzuschenken. Wir
haben 100 mal am Tag die Möglichkeit uns auf Gott hin
auszurichten und das Leben zu spüren. Uns an ihm zu
orientieren. Oder wir reißen etwas an uns, was uns Verderben
bringt. Dabei sind unsere Regale übervoll: mit den gleichen
Gedanken vom letzten Jahr. Mit den gleichen Gefühlen wie
immer. Mit der 1000sten Folge meines Selbstgespräches.
Es ist Zeit, Gott dafür zu danken, dass das Leben heute
stattfindet. Ihm zu danken, dass wir nicht die Alten bleiben
müssen und unsere Gedanken auch nicht. Ich glaube nicht, dass
wir Mangel leiden werden, wenn wir uns unsere Reichtümer
verschenken.
Amen
Es gilt das geprochene Wort - © Thomas Thiel, Unterensingen
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