Kirchliche Zeitgeschichte Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart Eine Veranstaltung im Modul 2: Quellen und Entwicklungen – Das Christentum in seiner Geschichte, Sommer-Semester2005 (Eckehart Stöve) Textauszüge zum Thema: Toleranz und Intoleranz. Humanismus versus Fundamentalismus (14.7.2005) 1. der Antisemitismus der Deutschen Christen 9. In der Judenmission sehen wir eine schwere Gefahr für unser Volkstum. Sie ist das Eingangstor fremden Blutes in unsern Volkskörper. ... 10. Wir wollen eine evangelische Kirche, die im Volkstum wurzelt, und lehnen den Geist eines christlichen Weltbürgertums ab. Wir wollen die aus diesem Geist entspringenden verderblichen Erscheinungen wie Pazifismus, Internationale, Freimaurertum usw. durch den Glauben an unsere von Gott befohlene völkische Sendung überwinden. Richtlinien der Deutsche Christen, 6. Juni 1932 2. Schuldbekenntnis der Ev. Kirche im Rheinland (1980) (1) Wir bekennen betroffen die Mitverantwortung und Schuld der Christenheit in Deutschland am Holocaust. ... (3) Wir bekennen uns zu Jesus Christus, dem Juden, der als Messias Israels der Retter der Welt ist und die Völker der Welt mit dem Volk Gottes verbindet. (4) Wir glauben an die bleibende Erwählung des jüdischen Volkes als Gottes Volk und erkennen, daß die Kirche durch Jesus Christus in den Bund Gottes mit seinem Volk hineingenommen ist. ... (6) Wir glauben, daß Juden und Christen je in ihrer Berufung Zeugen Gottes vor der Welt und voreinander sind Beschluß der rhein. Landessynode "zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden" (1980) 3. Lausanner Verpflichtung 1974 Wir bekräftigen die göttliche Inspiration, die gewißmachende Wahrheit und Autorität der altund neutestamentlichen Schriften in ihrer Gesamtheit als das einzige geschriebene Wort Gottes. Es ist ohne Irrtum in allem, was es verkündigt und ist der einzige unfehlbare Maßstab des Glaubens und des Lebens. ... Wir entdecken die Aktivität des Feindes nicht allein in falschen Ideologien außerhalb der Gemeinde, sondern gleichermaßen in der Gemeinde durch die Verkündigung eines anderen Evangeliums, das die Schrift verkehrt und den Menschen an die Stelle Gottes setzt. Lausanne, Internationaler Kongreß für die Weltevangelisation (1974) 4. Schleiermacher, Reden (1799) ... so wie nichts irreligiöser ist als Einförmigkeit zu fordern in der Menschheit überhaupt, so ist nichts unchristlicher, als Einförmigkeit zu suchen in der Religion. Auf alle Weise werde das Universum angeschaut und angebetet. Unzählige Gestalten der Religion sind möglich, und wenn es notwendig ist, daß jede zu irgend einer Zeit wirklich werde, so wäre wenigstens zu wünschen, daß viele zu jeder Zeit könnten geahndet werden ... Friedrich Daniel E. Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern(1799) 5. Döllinger (1863) Jeder Irrtum, jede falsche Lehre nimmt für sie [die echte Theologie] den Charakter einer Einwendung an, welche sie zu beantworten, einer Dissonanz, welche sie in Harmonie aufzulösen hat. Erst dann, wenn die Theologie die Lösung nicht gibt oder unrichtig gibt, wird der Irrtum theologisch gefährlich. An sich aber ist er ein wohltätiges Element im kirchl. Lebensprozesse, welches, indem es gebieterisch zu einer Lösung drängt, zugleich wesentlich zur Vervollkommnung und Erweiterung der Wissenschaft beiträgt Ignaz von Döllinger, Die Vergangenheit und Gegenwart der katholischen Theologie (1863) 6. Blumhardt, Christentum und Toleranz (1899) Es schwand mir die Notwendigkeit eines kirchlichen Bekenntnisses für diese Nachfolger Christi vollständig dahin. Ob ein solcher Mensch, der auf dieses Ziel [Ideal einer neuen Menschheit] bedacht ist, katholisch oder protestantisch geboren war, dieser oder jener kirchlichen Obrigkeit noch angehörte, war für mich Nebensache. Genug, wenn jemand lebendig wurde für Recht und Wahrheit, für Liebe und Nachsicht für alle Menschen, und mithalf, Aberglauben und Herrschsucht, Standes- und Geburtsstolz zu bekämpfen, und besonders der Verdammungssucht auf Grund einer religiösen Anschauung absagte ... Christoph Blumhardt, Antwortschreiben an seine Freunde (1899) 7. Paulskirchenverfassung (1849) 145. Jeder Deutsche ist unbeschränkt in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Übung seiner Religion. Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen. 146. Durch das religiöse Bekenntnis wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf dasselbe keinen Abbruch tun. Frankfurter Reichsverfassung (1849), Art. 145, 146 8. Weimarer Reichsverfassung (1919) Art.136. Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt. Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. ... Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden. 9. Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (1949) Art. 6 (1) Glaube, Gewissen und Überzeugung sind frei. (2) Der Staat gewährleistet ungestörte Religionsausübung. Art. 7 (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung frei und öffentlich zu äußern und sich über die Meinung anderer zu unterrichten. Beschränkungen des Rundfunkempfangs und des Bezugs von Druckerzeugnissen sind unzulässig. Art. 8 Alle haben das Recht, sich ohne vorherige Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Art. 9 (1) Alle haben das Recht, Vereine oder Gesellschaften 10. Vaticanum II, Deklaration über die Religionsfreiheit «Dignitatis humanae personae» (1965) Ferner erklärt das Konzil, das Recht auf religiöse Freiheit sei in Wahrheit auf die Würde der menschlichen Person selbst gegründet, so wie sie durch das geoffenbarte Wort Gottes und durch die Vernunft selbst erkannt wird. Dieses Recht der menschlichen Person auf religiöse Freiheit muß in der rechtlichen Ordnung der Gesellschaft so anerkannt werden, daß es zum bürgerlichen Recht wird.