Römische Geschichte Seite 1 von 8 2. DIE RÖMISCHE REPUBLIK Auch in Rom wurde die Königsherrschaft, wie in den meisten Poleis, von einer Adelsherrschaft abgelöst. Kriegerische Auseinandersetzungen sowie wirtschaftliche und soziale Veränderungen standen jedoch – im Gegensatz zu den griechischen Stadtstaaten – in ständiger Wechselwirkung. A) Entstehung der Adelsrepublik Im Jahre 510 v. Chr. wurde Rom unter der Führung der Patrizier (patres=Väter) Republik. Die eigentliche Macht im Staat übte der Senat (Rat der Alten, senex = alt) aus, der aus 300 Mitgliedern bestand. An der Spitze standen zwei Konsuln, Inhaber der militärischen und zivilen Gewalt. In Notzeiten konnten sie vom Senat abgesetzt werden, an ihre Stelle trat ein Diktator, der 6 Monate uneingeschränkt regieren konnte (ungefähre Dauer eines Feldzugs). Um Missbrauch und Machtanhäufung zu verhindern, galten folgende Prinzipien: Annuität: Wahl der Amtsträger auf ein Jahr Kollegialität: Ämter wurde gleichzeitig von 2 Personen ausgeübt, mit gegenseitigem Einspruchsrecht Kumulation: Verbot der Anhäufung von Ämtern Verbot der Wiederwahl B) Kampf zwischen Patriziern und Plebejer Offiziell lag die Herrschaft bei „Senat und Volk von Rom“ (SPQR – Senatus Populusque Romanum – häufige Abkürzung auf Inschriften). Tatsächlich blieb aber das Volk (=Plebs, daher Plebejer) von den Staatsämtern ausgeschlossen und hatte kaum Rechte. Die sozialen Spannungen führten zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, den so genannten Ständekämpfen. Sie beherrschten 2. Jh. lang (5. und 4. Jh.) die Innenpolitik. Da die Patrizier sowohl militärisch (Soldaten) als auch wirtschaftlich (Ackerbau) auf die Plebejer angewiesen waren, erkämpften sich diese schrittweise Zugeständnisse. Zunächst durfte der Volkstribun, Vorsitzender der Plebejer-Versammlung, den Senatssitzungen zuhören und bei Beschlüssen, die sich gegen die Interessen der Plebejer richteten, sein Veto (ich verbiete) einlegen. Tribunen wurden jährlich gewählt. Ein weiterer Erfolg war die schriftliche Fixierung des Rechts (12-Tafel-Gesetz, da es auf 12 Bronzetafeln niedergeschrieben wurde). Ein nächster Schritt war die Aufhebung des Eheverbots, außerdem bekamen die Plebejer Zugang zu allen Staatsämtern und zu den obersten Priesterstellen. Schließlich wurden Entscheidungen der Plebejer-Versammlung (Plebiszite) allgemein gültig. Der Ständekampf war beendet. C) Das Ende der Ständekämpfe Die wenigen plebejischen Familien, die sich Zugang zu Ämtern und Senat verschafft hatten, verbanden sich schnell mit den Patriziern. Eine neue Oberschicht, die Nobilität, entstand. Diese grenzte sich von den sozial niedrigeren Schichten, nun Proletarier genannt, scharf ab. 3. ROMS AUFSTIEG ZUR GROSSMACHT A) Rom erringt die Vorherrschaft in Italien In den ersten zwei Jahrhunderten der Republik erkämpfte sich das kriegerische Bauernvolk der Römer unter der Führung des Senats die Vorherrschaft in Italien. Das bedeutete langwierige Kämpfe gegen Etrusker, Italiker, Kelten und Griechen. Dabei gab es Rückschläge: So zerstörten 387 v. Chr. die von Norden vordringenden Gallier Rom fast völlig. Mit der Unterwerfung der griechischen Stadt Tarent in Süditalien konnte 272 v. Chr. die Eroberung der Halbinsel abgeschlossen werden. Die Römer setzten sich durch, obwohl Tarent in einigen Schlachten vom griechischen Feldherrn Pyrrhus unterstützt worden war. Mit Hilfe seiner Kriegselefanten hatte Pyrrhus mehrere Siege errungen. Einer davon war mit so großen Verlusten erkauft worden, dass er als „Pyrrhussieg" in Geschichte und Sprachgebrauch einging. Aus den eroberten Gebieten entstand nicht ein zentralistisch verwalteter Einheitsstaat, sondern ein kompliziertes Gebilde, in dem die unterworfenen Stämme, Städte und einzelnen Bürger unterschiedliche Rechte erhielten. Historiker der Renaissance haben im 16. Jahrhundert dieses System mit „divide et impera" Römische Geschichte Seite 2 von 8 (teile und herrsche) charakterisiert. Wesentliches Kennzeichen war, dass der besiegte Gegner seine Autonomie behielt, aber zur Heerfolge und zum Verzicht auf eigenständige Außenpolitik verpflichtet wurde (Wehrgemeinschaft). Waren die Kolonien der Griechen Küstenstädte an dünn besiedelten Ufern gewesen, die sich bald zu selbständigen Poleis entwickelten, so hatten die römischen Kolonien als Niederlassungen in besetztem Gebiet eine andere Aufgabe: „Sie dienten als Stützpunkte Roms an strategisch wichtigen Stellen und waren auf neuerrichteten Straßen von Rom aus rasch erreichbar. Außerdem waren sie Ausgangspunkte für die Verbreitung lateinischer Sprache und Kultur.“ Gleichzeitig wurden auf diese Art und Weise römische Bürger mit Land versorgt. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. hatte Italien einschließlich der Sklaven etwa 4 Millionen Einwohner; nur 300 000 davon waren römische (Voll-)Bürger. Im Kriegsfall konnten etwa 700 000 Fußsoldaten und 70 000 Reiter, dazu einige Flotteneinheiten, mobilisiert werden. B) Rom wird Großmacht im Mittelmeerraum Nach dem Ende der Ständekämpfe und der Vereinigung der Völker des festländischen Italiens zur Wehrgemeinschaft geriet Rom in Konflikt mit der nordafrikanischen Macht Karthago. Die Karthager, von den Römern nach ihrer phönizischen Herkunft auch Punier genannt, kontrollierten als führende See- und Handelsmacht das westliche Mittelmeer; auch Sardinien und Korsika sowie das westliche Sizilien gehörten zu Karthago. Der Streit um Sizilien führte zum 1. Punischen Krieg (264-241 v. Chr.). Die Römer lernten, Schiffe zu bauen und zur See zu kämpfen. Die römischen Schiffe hatten Enterbrücken, über die Soldaten die feindlichen Schiffe besteigen konnten. Nach wechselvollen Kämpfen siegte Rom. Karthago musste auf Sizilien verzichten und hohe Kriegsentschädigungen leisten. Sizilien wurde zur ersten Provinz (provincia = Verwaltungsbezirk außerhalb Italiens) des Römischen Reichs. Anders als die Bundesgenossen in der Wehrgemeinschaft verloren die Bewohner einer Provinz ihre Selbständigkeit und waren zu Abgaben verpflichtet. Jährlich wechselnde römische Statthalter, Militärbefehlshaber und Richter in einer Person, regierten die Provinzen. Die Karthager versuchten nun, in Spanien Fuß zu fassen, trafen hier aber ebenfalls auf römische Interessen. Dies führte zum 2. Punischen Krieg (218-201 v. Chr.). Zum Schrecken der Römer überquerte der karthagische Feldherr Hannibal von Spanien aus mit einem großen Heer und 37 Kriegselefanten die Pyrenäen, zog im Winter über die Alpen und drang in Italien ein. Innerhalb von zwei Jahren schlug er die römischen Heere mehrmals, griff aber die Stadt Rom selbst nicht an. Rom gab nicht auf und attackierte Karthago in Spanien und Nordafrika. Hannibal hatte keine andere Wahl, als mit seinem Heer aus Italien nach Nordafrika zurückzukehren, wo er die letzte entscheidende Schlacht des Kriegs verlor (Schlacht bei Zama, 202). Karthago musste einen Friedensvertrag annehmen, der es völlig entmachtete. Es hatte 10 000 Talente Kriegsentschädigung zu zahlen und fast alle Schiffe abzuliefern. Spanien wurde römische Provinz. Mit dem 3. Punischen Krieg (149-146 v. Chr.) gelang es Rom, den Rivalen Karthago endgültig zu beseitigen. Die Römer zerstörten die Stadt Karthago bis auf die Grundmauern; das karthagische Gebiet wurde zur Provinz Afrika. Für die römische Geschichtsschreibung hatten die Punischen Kriege dieselbe Bedeutung wie die Perserkriege für die griechische. Den Berichten Herodots und Thukydides' entsprechen die des Römers Livius und des Griechen Polybios. Unmittelbar nach dem Ende des 2. Punischen Kriegs wandte Rom seine militärische Aufmerksamkeit den hellenistischen Staaten zu, vor allem Makedonien und dem Seleukidenreich. Wirtschaftliche Interessen der führenden Schichten bestimmten immer hemmungsloser die römische Außen bzw. Kriegspolitik. Das Volk ließ sich durch Versprechen auf reiche Beute leicht dafür gewinnen. So wurden z. B. 167 v. Chr. im nordwestlichen Teil Griechenlands 150 000 Menschen versklavt. 146 v. Chr. kam ganz Griechenland unter die Herrschaft der Römer, die Stadt Korinth wurde dem Erdboden gleichgemacht. 133 v. Chr. erhielt Rom durch Erbschaft das Reich von Pergamon, das zur ersten Provinz der Römer auf asiatischem Boden wurde. 64 v. Chr. machte Pompeius Syrien zur römischen Provinz. Dies bedeutete das Ende des Seleukidenreichs. Die Eroberung der Nachfolgestaaten des ehemaligen Alexanderreichs wurde 30 v. Chr. durch die Eingliederung des ptolemaischen Ägyptens ins Römische Reich abgeschlossen. Heute bezeichnen Historiker die direkte und indirekte Herrschaft der Römer über die Staaten und Völker im Mittelmeerraum als „Imperialismus" (von imperium = Befehlsgewalt, Reich, Macht). 4. DIE AUSWIRKUNGEN DER WELTHERRSCHAFT Die Weltherrschaft der Römer hatte vielfältige Auswirkungen, auch in den unterworfenen Gebieten. So kam es einerseits zu Erhebungen und Aufständen der Provinzbewohner und Sklaven, Römische Geschichte Seite 3 von 8 andererseits passten sich gerade die Oberschichten in den Provinzen der römischen Lebensweise an und übernahmen römische Geisteshaltungen. Diesen Vorgang bezeichnet man als Romanisierung. A) Neue Gesellschaftsstruktur Der Weltmachtstatus führte zu noch größeren sozialen Unterschieden. Die Masse der Armen stand den wenigen Reichen gegenüber, wenige Gewinner standen vielen Verlierern gegenüber: Gewinner: Nobilität: Vermögen nahm durch die Feldzüge ständig zu (Landgewinn, versklavte Gefangene) Ritter: wohlhabende Römer, die zu Pferd Kriegsdienst leisteten. Sie bereicherten sich als Kriegslieferanten, als Steuerpächter und an der Kriegsbeute hemmungslos. Ein neuer Geldadel war entstanden, der – neben dem alten Amtsadel – zunehmend an Bedeutung gewann. Verlierer: Bauern und Handwerker: die langen Kriegsdienste machten eine Bebauung der Böden unmöglich. Um die ständig steigenden Schulden zu tilgen, musste das Land an die Großgrundbesitzer verkauft werden. Diese wiederum ließen ihr Güter (Latifundien) von Sklaven bewirtschaften, anstelle von Getreide wurde Fleisch, Obst, Öl und Wein angebaut, um bessere Preise zu erzielen. Der Reichtum nahm ständig zu, die Bauern verarmten. Sie zogen vielfach nach Rom, die Masse der Besitzlosen stieg stetig. Eine neue Bevölkerungsschicht, die Proletarier (von proles = Kind) entstand. Ihren Lebensunterhalt konnten sie nur durch die Unterstützung des Staats und der Politiker bestreiten, die Politiker wiederum brauchten die Proletarier, um ihre Ziele bei Abstimmungen durchsetzen zu können. Mit „Brot und Spielen“ versuchten sie, das Volk für sich zu gewinnen. B) Das Jahrhundert der Bürgerkriege 133 v. Chr. versuchten der Volkstribun Tiberius Gracchus, 123 v. Chr. sein Bruder Gaius eine Agrarreform, scheiterten jedoch am Widerstand des Senats. Die beiden Gracchen wurden ermordet, ein Bürgerkrieg brach aus (133-30 v. Chr.). Dabei standen einander zwei Parteien gegenüber: Optimaten: vertraten die traditionellen Interessen des Senats Populären: von Angehörigen der Oberschicht (Patrizier, Ritter) geführt, forderten Reformen und stützten sich dabei auf die Proletarier, um selbst an die Macht zu kommen. Mit dem Niedergang der Bauern verlor das Heer auch seinen Nachwuchs an Soldaten. Die Proletarier konnten sich nicht selbst mit Waffen auszurüsten, eine Voraussetzung für den Kriegsdienst. Konsul Marius führte eine Heeresreform durch (104 v. Chr.): Proletarier wurden in die Armee aufgenommen, ihre Ausrüstung übernahm der Staat. Proletarier wurden Berufssoldaten, das Volksheer zum Berufsheer. Kriegsveteranen wurden - gegen den Widerstand des Senats - als Bauern in Bürgerkolonien angesiedelt. Die neuen Söldnerheere gehorchten nur ihrem jeweiligen Feldherrn, dieser wiederum konnte mit Hilfe seines Heers die eigenen politischen Interessen verfolgen. Auch Marius und Sulla, unterstützt von den Populären bzw. den Optimaten, bekriegten sich so mit Hilfe ihrer Truppen. Sulla siegte schließlich und stellte als Diktator die Senatsherrschaft wieder her. 60 v. Chr. verbündete sich der in Kriegszügen gegen aufständische Sklaven und Seeräuber erfolgreiche Feldherr Pompeius mit Julius Caesar, dem Führer der Popularpartei, und mit Crassus, dem reichsten Mann Roms, gegen den Senat, da dieser den Soldaten des Pompeius die Zuteilung von Land verweigert hatte (erstes Triumvirat). Pompeius, Caesar und Crassus lenkten nun die Politik nach ihren Wünschen. Nach dem Tod des Crassus kämpfte Caesar gegen Pompeius und errang faktisch die Alleinherrschaft, wenngleich er die Republik der Form nach bestehen ließ. Caesar wurde 44 v. Chr. von republikanisch gesinnten Senatoren ermordet. Nach weiteren Bürgerkriegen wurde sein Adoptivsohn Octavian Alleinherrscher. Das Ende der römischen Republik war gekommen. C) Die Sklavenaufstände Römische Geschichte Seite 4 von 8 Leidtragende der römischen Eroberungspolitik waren vor allem die Besiegten. Die Kriegsgefangenen wurden zum Großteil versklavt. Außerdem gerieten viele Menschen durch die römische Geldwirtschaft in die Sklaverei. Die Zinssätze der römischen Geldverleiher betrugen in den Provinzen bis zu 50 Prozent. Viele Schuldner wurden von ihren Gläubigern in die Sklaverei verkauft. Zahlreiche Sklaven wurden im Bergbau und vor allem auf den landwirtschaftlichen Großgütern der Senatoren eingesetzt. Handwerkssklaven waren als Facharbeiter z. T. zusammen mit freien Lohnarbeitern im Gewerbe beschäftigt. Am besten trafen es im Allgemeinen die Haussklaven, vor allem solche, die als Lehrer, Wissenschaftler oder Arzt zum Hauslehrer oder gar Freund von vornehmen Römern aufsteigen konnten. Im alten Rom erreichte die Sklaverei des Altertums ihren Höhepunkt. Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. kamen in Italien vermutlich auf fünf Freie drei Sklaven, in der Stadt Rom lebten etwa 280 000 Sklaven. Die Sklaven ertrugen die Unterdrückung nicht ohne sich zu wehren. So leisteten Sklaven passiven Widerstand, indem sie langsam oder schlecht arbeiteten. Es kam aber auch zu aktivem Widerstand. Zwischen 135 und 71 v. Chr. wurden von Sklavenaufständen in erster Linie Sizilien und Süditalien erschüttert. Hier waren auf den Großgütern besonders viele Sklaven beschäftigt. Die bedeutendste Sklavenerhebung war der Spartakus-Aufstand (73 bis 71 v. Chr.). Der aus der Gladiatorenschule in Capua entflohene Spartakus befreite mit seinen Anhängern Tausende gefesselte Sklaven und ließ aus ihren Ketten Waffen schmieden. Durch ständigen Zulauf von Sklaven verstärkt, schlug er mehrere römische Armeen. Er drang bis Oberitalien vor und verheerte mit mindestens 40 000 Mann das ganze Land. Schließlich wurde Spartakus von Crassus besiegt und fand mit dem größten Teil seines Heers in der Entscheidungsschlacht den Tod. Zur Abschreckung ließ der Sieger 6 000 überlebende Sklaven entlang der Via Appia kreuzigen. 5. ROM IN DER KAISERZEIT A) Augustus und der Prinzipat Caesars Adoptivsohn Octavian vermied es aus politischer Klugheit als Diktator zu erscheinen. Er stellte sich als „primus inter pares“ (Erster unter Gleichen), als erster Bürger Roms (princeps civitatis) dar. In Wirklichkeit aber lagen alle entscheidenden Befugnisse in seiner Hand. Er bestimmte Gesetzgebung und Verwaltung, war gleichzeitig Konsul, Volkstribun und oberster Priester und stützte sich vor allem auf das ihm völlig ergebene Heer. Vom Senat erhielt er den Ehrennamen Augustus, d. h. der Erhabene. Mit seiner Machtstellung schuf Augustus eine neue Regierungsform, den Prinzipat. Der römische Staat war damit faktisch zur Monarchie geworden. Nach außen sicherte Augustus das Reich, indem er starke Heere an den gefährdeten Grenzen aufstellte und Kriege möglichst vermied. Die neue Herrschaftsform brachte dem Reich inneren und äußeren Frieden (Pax Romana). Die Vereinigung so großer Macht in einer Hand machte einen eigenen kaiserlichen Verwaltungsapparat erforderlich, den sich Augustus durch Schaffung eines Berufsbeamtentums aufbaute. Hier gab es genau festgelegte Rang- und Gehaltsstufen und eine bis ins Einzelne geregelte Laufbahn. Abgesehen von einigen Spitzenstellungen (Provinzstatthalter und Legionskommandanten), die durch Mitglieder des Senatorenstands besetzt wurden, bekleideten die höheren Stellen Leute des Ritterstands, der nun eine eigene, gut ausgebildete Beamtenschaft darstellte. Unterhalb der ritterlichen Beamten gab es eine weitere Rangstufenordnung, in der Freigelassene und sogar Sklaven zu bedeutendem Einfluss gelangen konnten. Allmählich zog dieser Verwaltungsapparat immer neue Aufgaben an sich, die bisher zu den Pflichten der republikanischen Beamten gezählt hatten. Dadurch wurde die Stellung des Prinzeps immer stärker. So übernahm bereits Augustus die Getreideversorgung der Stadt, deren Einwohnerzahl sich der Million näherte. 200 000 Bürger Roms erhielten regelmäßig kostenlos Getreide zugeteilt. Sie lebten eng zusammengedrängt in schlecht gebauten Mietskasernen, während die Häuser der Reichen meist weitläufig und gut ausgestattet waren. Die öffentlichen Bauten und Anlagen fielen in die Zuständigkeit des Prinzeps, Augustus trug auch den größten Teil der Kosten. Rom wurde prunkvoll ausgebaut, die monumentalen Marmorbauten sollten von Größe und Macht des Reichs zeugen. B) Die Nachfolger Augustus’ Da alle Macht im Reich beim Heer und seinem Feldherrn lag, entwickelte sich der Prinzipat unter den Nachfolgern des Augustus zu einer auf das Militär gestützten Monarchie, die im 1. Jahrhundert n. Chr. erblich war. Im 2. Jahrhundert adoptierte der jeweils regierende Kaiser den fähigsten seiner Generale und Römische Geschichte Seite 5 von 8 bestimmte ihn zu seinem Nachfolger (Adoptivkaiser). Dadurch kamen mehrere tüchtige Herrscher an die Regierung; das Römische Reich erlebte eine lange Blütezeit. Der Handel nahm einen großen Aufschwung, Städte, Straßen und Häfen wurden neu angelegt. Unter Kaiser Traian (98 bis 117) hatte das Imperium Romanum seine größte Ausdehnung; es reichte von Britannien bis Nordafrika, vom Atlantischen Ozean bis zu Euphrat und Tigris. Seine Nachfolger ließen entlang der gefährdeten Grenzen Schutzwälle (limes) errichten. Immer mehr verloren Rom und Italien ihre Bedeutung als Mitte des Römischen Reichs. In der Folge erhielten 212 alle freien Bürger, also auch die der Provinzen, das volle Bürgerrecht. Dies hatte jedoch auch zur Folge, dass sich mit der Zeit die Stellung aller Bürger änderte: Sie wurden zu Untertanen des Kaisers. Im kulturellen Bereich gelangten viele neue Götterkulte aus dem Orient nach dem Westen, verbreiteten sich im gesamten Römischen Reich und drängten den alten Götterglauben der Römer zurück. Die Vorstöße der Germanen im Norden und am Schwarzen Meer sowie die Angriffe der Perser im Osten bedrohten das Reich an seinen Grenzen. Dazu kamen Schwierigkeiten im Inneren: Entwaldung, Verödung weiter Gebiete, Sklavenmangel, Hungersnöte, Seuchen, hohe Steuern usw. Es kam zu schweren Wirtschaftskrisen und in der Folge zu einer Geldentwertung, so dass weite Gebiete wieder auf die Stufe des Tauschhandels zurücksanken. In dieser Zeit (3. Jahrhundert n. Chr.) beherrschten die Soldaten das Reich; sie ernannten die Kaiser und stürzten sie auch wieder (Soldatenkaiser). C) Der Dominat Angesichts dieser Schwierigkeiten reorganisierte Kaiser Diocletian (284-305) das Reich. Er zentralisierte die Verwaltung; die oberste militärische Befehlsgewalt jedoch dezentralisierte er durch die Teilung in ein Ost- und ein Westreich mit je einem Oberkaiser (Augustus) und einem Unterkaiser (Caesar). Er nannte sich „Dominus et Deus“ (Herr und Gott) und war als Gottkaiser unumschränkter Herrscher (Dominat). Die Bürger galten nur noch als Untertanen und verloren endgültig ihren Einfluss auf die Politik. Diocletian zog sich schließlich nach Spalato (Split) zurück. Nach Kämpfen gegen die Mitregenten erlangte Konstantin die Alleinherrschaft (324-337). Er vollendete die Reichsreform und verlegte die Hauptstadt des Reichs von Rom nach Byzanz, das von nun an Konstantinopel hieß. Durch die Förderung des Christentums versuchte er, dem Reich eine zusätzliche Klammer zu geben (Toleranzedikt 313). Das glückte jedoch wegen der Konflikte innerhalb des Christentums nur teilweise. 381 wurde das Christentum Staatsreligion. D) Das Ende des Römischen Reichs Nach dem Tod Kaiser Theodosius' I. 395 zerfiel das Römische Reich in einen Ost- und einen Westteil. Die im 4. Jahrhundert beginnende Völkerwanderung brachte für Westrom das Ende seiner Existenz. 476 setzte der germanische Heerführer Odoaker den letzten weströmischen Kaiser, Romulus Augustulus, ab. Ostrom hingegen bestand noch ein Jahrtausend, bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453. Römische Geschichte Seite 6 von 8 Das Römische Imperium 6. Österreich in der Römerzeit Der erste staatsähnliche Verband auf dem Gebiet des heutigen Österreichs war das keltische Königreich Noricum. Seine reichen Bodenschätze, vor allem Gold und Eisen, machten das Land für Rom interessant. A) Die Eroberung der Donauländer Nachdem die innenpolitischen Auseinandersetzungen Roms durch den Sieg Octavians beendet waren, gewannen die außenpolitischen Ziele wieder an Bedeutung. Das Streben nach Weltherrschaft und die Furcht vor einem Einbruch germanischkeltischer Stämme an der Nordgrenze des Reichs führten zur Eroberung der Donauländer. Die Donau, ein mächtiger Strom, der durch Kastelle und Wälle noch gesichert werden konnte, erschien den Römern als gute natürliche Grenze. Um 15 v. Chr. marschierten Roms Legionäre kampflos bis zur Donau vor. Das wirtschaftlich schon längst abhängige Noricum verlor seine staatliche Selbständigkeit. Nicht so leicht verlief der Einmarsch in den Alpentälern Tirols und Vorarlbergs. Dort leisteten Raeter und Vindeliker den römischen Soldaten, die von den Stiefsöhnen des Augustus, Tiberius und Drusus, geführt wurden, erbitterten, jedoch vergeblichen Widerstand. Die Römer behielten sich zwar die Oberhoheit vor, ließen aber der keltischen Stammesaristokratie geringfügige Autonomie (Selbstverwaltung). Um 50 n. Chr. richteten die Römer auf heute österreichischem Boden drei Provinzen ein: Rätien, Noricum und die durch Abtrennung von Illyricum neu geschaffene Provinz Pannonien. Sitz des kaiserlichen Statthalters war in Rätien Augusta Vindelicorum (Augsburg), in Noricum Virunum (Zollfeld bei Klagenfurt), später Ovilava (Wels); in Pannonien Savaria (Steinamanger), später Carnuntum. B) Bevölkerungs- und Gesellschaftsstruktur Zu den einheimischen Kelten, meist Bauern, kamen nun Bevölkerungsgruppen aus allen Teilen des Römerreichs, vor allem aus Oberitalien. Sie waren Soldaten, Veteranen und Verwaltungsbeamte, Händler und Handwerker. In den entstehenden Städten bildete sich eine Mischbevölkerung von Kelten, Römern, Griechen und Orientalen heraus, die römische Kultur und Lebensweise pflegte. Umgangssprache war ein Vulgärlatein. Hauptkennzeichen dieser Provinzgesellschaft waren ein starkes wirtschaftliches und kulturelles Gefalle zwischen Stadt und Land, der große Einfluss der im Land ansässig gewordenen Veteranen, die zumeist die Politik in der Provinz bestimmten, und eine verhältnismäßig schwach entwickelte Sklavenwirtschaft. Römische Geschichte Seite 7 von 8 C) Wirtschaft und Handel Die Donauprovinzen und Rätien zählten zu den Verwaltungsgebieten, die für Rom zwar strategisch wichtig, wirtschaftlich jedoch ziemlich unbedeutend waren. Es gab im österreichischen Raum keinen stark in Erscheinung tretenden Handwerkerstand. Die erhaltenen Inschriften führen Berufsbezeichnungen an, die mit der militärischen und der zivilen Verwaltung in Zusammenhang standen. Die stationierten Truppen hatten ihre eigenen Schmiedewerkstätten, Töpfereien und Ziegeleien; ihre übrige Versorgung bot aber gewiss einem größeren Personenkreis Verdienstmöglichkeiten. Ein norisches Handelszentrum lag auf dem Magdalensberg in Kärnten. Die wirtschaftlichen Zentren Rätiens (Augsburg, Regensburg) befanden sich außerhalb der heutigen Staatsgrenzen Österreichs. In Pannonien war Carnuntum als Kreuzungspunkt des Limes (Grenzwall) und der Bernsteinstraße ein wichtiger Handelsplatz. D) Städtekultur und Romanisierung Die Anwesenheit römischer Truppen und vor allem die wirtschaftliche Erschließung des Lands förderten die Städtebildung und damit die Romanisierung der Provinzen. Insgesamt erhielten elf Städte auf dem Boden des heutigen Österreichs das römische Stadtrecht. Sie waren nicht nur hinsichtlich ihrer autonomen Verwaltung verkleinerte Abbilder der Tibermetropole Rom, sondern auch in ihrer Gestaltung und in ihren technischen Anlagen. Ausgrabungen bezeugen das hohe Niveau städtischen Lebens: breite, gut gepflasterte Straßen, Märkte und Plätze mit Tempeln. Das Forum, ein rechteckiger Marktplatz, bildete das Zentrum, in dem die Verwaltungsgebäude lagen. In Richtung Stadtrand befanden sich ein oder mehrere Amphitheater, die vor allem für Tierhetzen und Gladiatorenspiele dienten. Großer Beliebtheit erfreuten sich in allen römischen Städten die ausgedehnten Thermenanlagen (Bäder). Die heißen Quellen in Bad Deutsch-Altenburg und Baden (Niederösterreich) sowie in Badgastein (Salzburg) wurden von den Römern entdeckt. Ein hervorragendes Kanal- und Wasserleitungssystem, wie es z. B. die Ausgrabungen in Carnuntum zeigen, gehörte überall zu den kommunalen Einrichtungen. Auch die Innengestaltung der Häuser entsprach dem römischen Vorbild. Fußbodenheizung, Bäder, Speise-, Wohn- und Schlafgemächer waren selbstverständlich, Mosaiken, Fresken, Stuck und Plastiken durchaus üblich. E) Religiöses Leben Die Götter und die Heroen aus Hellas und Rom wurden übernommen und vielfach den einheimischen Gottheiten oder Dämonen gleichgesetzt. Es gab nun einen Mars-Latobius, eine Isis-Noreia. Man opferte Jupiter und dem Kaiser ebenso wie den vielen guten und bösen Geistern der Heimat; einer davon, der Genius cucullatus, der hilfreiche Kleine im Kapuzenmantel, soll noch heute als Kasermandl in unseren Bergen hausen! Seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. drangen immer stärker orientalische Religionen in die Alpen- und Donauprovinzen ein, meist vermittelt durch Soldaten und Kaufleute. So zeugen viele Andachtsstätten in Österreich vom Kult des persischen Lichtgottes Mithras (z. B. in Carnuntum, in Virunum). Das Christentum verdrängte langsam sowohl die Verehrung der keltisch-illyrischen Gottheiten als auch den Mithraskult. Ein Zeugnis der weiten Verbreitung der christlichen Heilslehre ist die Lebensgeschichte des heiligen Severin, der im 5. Jahrhundert zahlreiche Gemeinden betreute. F) Das Ende der Römerherrschaft Der Einfall der germanischen Stämme der Markomannen und der Quaden um die Mitte des 2. Jahrhunderts bereitete der Blütezeit der Austria Romana ein jähes Ende. In mehreren Feldzügen gelang es Kaiser Marc Aurel, die Germanen zurückzuschlagen. Trotz wiederholter Angriffe von außen blieb die römische Kultur noch zwei Jahrhunderte bestimmend. Der allgemeine Auflösungsprozess setzte nach 400 ein. Den einströmenden germanischen Völkern mussten immer neue Zugeständnisse gemacht werden. Manche siedelten sich an, andere wanderten durchs Land. So zogen die Goten plündernd und raubend durch die ohnmächtigen Provinzen; die Alemannen nahmen das Land vor dem Arlberg in Besitz; im Wiener Becken und im heutigen Niederösterreich traten die Rugier als neue Herren auf. Odoaker, der 476 dem Weströmischen Reich ein Ende bereitet hatte, befahl 488 den Romanen Noricums den Abzug nach Italien. Den Leichnam des heiligen Severin nahm man mit. Die Herrschaft der Römer, die dem Gebiet des heutigen Österreichs den Anschluss an die Welt des Altertums gebracht hatte, war damit zu Ende. Römische Geschichte Seite 8 von 8