John Dewey – als Begründer der Demokratiepädagogik und Reformpädagoge Katharina Schmidt John Dewey, US-Amerikaner, gilt heute als Begründer der Demokratiepädagogik. In seinem pädagogischen Hauptwerk „Demokratie und Erziehung“ beschreibt er 1916 ausführlich das Verhältnis zwischen Demokratie und Erziehung. Seine theoretischen Ideen erprobte er später praktisch in seiner Modellschule an der Chicagoer Universität. Die Projektmethode, auf die Dewey heute in Deutschland größtenteils reduziert wird, ist ein kleiner Baustein des Gesamtkonzepts. Lernen wird hierin als Handeln betrachtet und das gemeinschaftliche Leben als Aushandeln verstanden. Die Schule soll in diesem Zusammenhang erster Lernort für gelingendes Leben in der Gemeinschaft sein, die Grundschule mit eingeschlossen. Der geläufige Satz „learning by doing“ geht auf John Dewey zurück. Obwohl sich Deweys Wirken sehr gut in die Zeit der Reformpädagogik einordnen lässt, nahm zu der damaligen Zeit fast niemand in Deutschland Notiz von ihm. Das mag an den unterschiedlichen philosophischen Schulen liegen, denen sich die Pädagogen und Philosophen derzeit in Deutschland bzw. den Vereinigten Staaten verschrieben hatten. Seine Ideen gewinnen heutzutage wieder an Aktualität und Popularität. In einer Zeit, in der Individualismus ganz groß geschrieben wird, trotzdem aber Kompetenzen wie „Teamfähigkeit“, „soziale Intelligenz“ und dergleichen eingefordert werden, ja sogar im „Katalog der Schlüsselkompetenzen“ stehen, werden in einigen Bundesländern in den Jahrgängen 1 bis 11 sogar wieder die so genannten „Kopfzeilen“ zum Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler aufgenommen. John Dewey, Begründer der Demokratiepädagogik, legte 1916 in seinem pädagogischen Hauptwerk „Demokratie und Erziehung“ zum ersten Mal den Zusammenhang zwischen Erziehung und Demokratie in aller Ausführlichkeit dar. Erziehung ist für Dewey ein permanenter „Prozess der Erneuerung, Vertiefung und Mehrung von Erfahrungen bei der Lösung praktischer Probleme“ (Himmelmann 2005, S. 47). Dabei geht es ihm nicht darum, dass Erziehung auf ein in der Ferne liegendes Ziel hinarbeitet oder die „überlebte Vergangenheit“ (Dewey 1949, S. 104) Vorbild für die Erziehung ist, sondern verhelfen soll, das momentane Leben im Hier und Jetzt zu bewältigen. Unter Demokratie versteht Dewey mehr als die verbreitete verkürzte Definition der Demokratie als Herrschaftsform oder als Regierungssystem. Sein Wunsch besteht darin, zur ursprünglichen Definition „der sozialen Idee der Demokratie“ als „Form des Zusammenlebens“ zurückzukehren. Für Dewey ist Demokratie „eine weitere reichere Idee“, sie sei die „Idee des Gemeinschaftslebens“, das Prinzip des „zivilen Lebens“ selbst. Das klare, reflektierte Bewusstsein eines solidarischen Lebens mit allem was dazu gehört, begründet die Idee der Demokratie (Dewey 1949). Ziel der Erziehung ist demnach: die Erfahrungsmöglichkeiten der Kinder in Bezug auf sich selbst und in ständiger Wechselwirkung mit der sächlichen und gesellschaftlichen Umwelt stets neu organisieren, damit eine Bereicherung und ein Fortschreiten des Wachstums von Erfahrung zum Zwecke der Lösung lebenspraktischer Probleme ermöglicht wird. Die dadurch freigesetzten bzw. aktivierten individuellen und sozialen Fähigkeiten können dann für die soziale Weiterentwicklung einer Gesellschaft genutzt werden. Im Bereich der Erziehung geht es zusammenfassend darum, dass „Interaktion“, „Kommunikation“ und „Kooperation“ in einer demokratischen, vielfältigen Gruppengesellschaft eingeübt wird. Im Laufe der Zeit wurden im Bereich der Demokratiepädagogik viele Materialien und Hilfsmittel entwickelt, die Möglichkeiten aufzeigen, wie ein Bewusstsein für gemeinschaftliches Miteinander bei Kindern und Erwachsenen erlangt und eingeübt werden kann. Dewey geht davon aus, „dass keine Demokratie als Herrschaftsform oder als Regierungssystem lebensfähig sein könne, wenn die Menschen nicht in Freiheit und Gleichheit und im gleichberechtigten Zusammenwirken mit anderen Menschen die „Fülle einer ganzheitlichen Persönlichkeit“ erlangen, d.h. wenn die ursprüngliche „soziale Idee“ der Demokratie nicht in der Haltung und im Verhalten der Menschen im täglichen Leben verankert sei“ (Himmelmann 2005, S. 43). Ein Großteil des alltäglichen Lebens spielt sich heute in der Schule ab, deshalb auch für Dewey ein idealer Ort, um Demokratie zu erlernen und zu üben, beispielsweise durch Teilnahme an Schulkonferenzen, Kinderparlamenten, Projektarbeit usw.; eben eine „beständige Erneuerung der Erfahrung“ (Dewey 1949, S. 112) kennzeichnet Deweys Verständnis von Erziehung. Die Reflexion dessen ist von immenser Bedeutung, der Transfer in den Alltag das Ziel. In seiner Modellschule an der Universität von Chicago setzte Dewey diese eben beschriebenen Ideen und Vorstellungen von Erziehung und Lernen praktisch um. Die Projektmethode, auf die, wie bereits erwähnt, Dewey in Deutschland größtenteils reduziert wird, ist ein einzelnes Element des Gesamtkonzepts. Lernen wird in dieser Schule als Handeln betrachtet und das gemeinschaftliche Leben als Aushandeln verstanden. Schule (auch die Grundschule) soll erster Lernort für gelingendes Leben in einer Gruppe sein. Es geht um das konkrete Ausprobieren und Erproben. Dewey wird auch der bekannte Satz „learning by doing“ zugeschrieben. „Mit seiner recht geschlossenen pragmatischen Sozial-, Erziehungs- und Schultheorie hat John Dewey ganzen Generationen von sozialwissenschaftlich orientierten Pädagogen in den USA im Rahmen der Reformbewegung „progressive eduaction“ einen neuen Halt und eine neue Orientierung gegeben (Himmelmann 2005, S. 44). In Deutschland allerdings, zur Zeit der Weimarer Republik, als Dewey großen Zuspruch in den USA erhielt, fand sein Konzept trotz einiger Anknüpfungspunkte bedauerlicherweise keine breite und sachentsprechende Aufnahme. Die Gedanken Deweys hätten jedoch den unterschiedlichen reformpädagogischen Denkanstößen der Zeit der Weimarer Republik sehr gut entsprochen und diese ergänzt. Sein bekanntes Werk „Demokratie und Erziehung“ wurde 1930 von Erich Hylla ins Deutsche übersetzt, blieb jedoch im damaligen Mainstream der Pädagogik relativ unbeachtet. Gründe für diese Abwehr resultierten aus der Zuordnung Deweys zur Philosophischen Schule des Pragmatismus, welche Theorien als Werkzeuge begreift, die sich im praktischen Leben beweisen müssen oder verworfen bzw. abgeändert werden müssen. Eine idealistische Bindung an übergeordnete Größen wie „Seele“ oder „Geist“ bzw. eine handlungsleitende Sichtweise solcher Größen wird im Pragmatismus abgelehnt. Die deutschen Reformpädagogen hingegen beharrten auf ihrer Tradition des deutschen Idealismus (zurückgehend auf Kant, Fichte, Schelling, Hegel) und einem davon ausgehenden Erziehungsideal, z. B. der „Freiheit“ oder des „freien Menschen“. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Orientierung an übergeordneten Ideen auch dazu führte, dass die Gefahr des aufkommenden Nationalsozialismus in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts unterschätzt wurde. Der bekannte Pädagoge Georg Kerschensteiner ist ein gutes Beispiel dafür. So zeigt sich bei Kerschenstein beispielhaft das idealistische, letztlich nicht hinterfragte obrigkeitsstaatliche Verhaftet sein des damaligen pädagogisch-politischen Denkens in Deutschland. In Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern, stehen wir heute vor einem immer weiter zunehmenden Individualisierungsprozess, einer ansteigenden sozialen Differenzierung und der scheinbar unkontrollierten auf unsere Gesellschaft einstürzenden Effekt der Globalisierung. Der Begriff „Multikulturalisierung“ ist beispielsweise längst kein Wort mehr, mit dem die Zukunft beschrieben wird. In Bezug auf die Zeit der Reformpädagogik lassen sich einige Parallelen erkennen, beispielsweise der Wunsch eines Wandelns von einer „Belehrungskultur“ zu einer neuen Form der „Lehr- und Lernkultur“. Ein wesentlicher Bestandteil kann dabei sein, im Rahmen der politischen Bildung nicht nur auf die Demokratie als Herrschaftsform oder Regierungsform einzugehen, sondern auch das Konzept „Demokratie als Lebensform“ zu berücksichtigen und somit an die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu erinnern. Der Gedanke der sozialen Zusammenarbeit und des sozialen Lernens kann eventuell auch eine Lücke schließen, die in der politischen Bildung heute oft unüberwindbar scheint, eine Brücke vom Erziehungsziel „Selbstbestimmung“ zum Erziehungsziel „Verstehen der repräsentativen Demokratie“ (vgl. Himmelmann 2005, S. 44 ff.). Wie schon erwähnt, werden Deweys Ideen hierzulande oft auf den Ansatz der„Projektmethode“ und den der„Arbeitsgemeinschaften“ beschränkt. Doch Deweys Gedanken sind weit reichender. Ihm geht es nicht darum „Demokratie-Lernen“ in Projekttage zu verbannen. „Demokratie-Lernen“ soll auch im Regelunterricht praktiziert werden können und letztendlich nicht nur in der Schule, sondern im gesamten alltäglichen Leben eine Rolle spielen. Der Erziehungs- und Bildungsprozess an sich soll in Form eines demokratischen Miteinanders gestaltet sein. Abschließend wird an dieser Stelle auf andere pädagogische Konzepte der Reformpädagogik verwiesen, die ebenfalls lehrreiche Ansätze bieten und teilweise, in der Zeit ihrer Entstehung, auch praktisch ausprobiert wurden. Schlussendlich sollte es nicht darum gehen die Konzepte wortwörtlich zu übernehmen, sondern den Gedankengang und die Problemsicht aufzugreifen und in die heutige Zeit zu transferieren. Literatur: Bohnsack, Fritz: Erziehung zur Demokratie: John Deweys Pädagogik und ihre Bedeutung für die Reform unserer Schule. Marburg 1975 Dewey, John: Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. 2. Aufl. Braunschweig 1949 Himmelmann, Gerhard: Demokratie Lernen als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 2. überarb. Auflage. Schwalbach/Ts. 2005