Sozialpsychologie 1. Definition: Sozialpsychologie beschäftigt sich mit der Situation des einzelnen Menschen in der Gemeinschaft unter Berücksichtigung der Beeinflussung durch das Kollektiv, den Interaktions- und Kommunikationsprozessen in der Gesellschaft; Sozialpsychologie ist also das Teilgebiet der Psychologie, das sich mit dem Einfluss des sozialen Kontextes auf die Menschen befasst. Zu den Themen der Sozialpsychologie gehören die Ausbildung von Stereotypen und Kollektivnormen mit ihren differenzierten Konsequenzen; Im Gegensatz zur Soziologie, der Gesellschaftslehre, beschäftigt sich die Sozialpsychologie vorwiegend mit den psychischen Vorgängen und Verhaltensweisen im menschlichen Zusammenleben. 2. Der Einzelne in der Gemeinschaft: „Niemand ist eine Insel“ diese berühmte Zeile des Dichters John Donne beschreibt die Grundannahme der Sozialpsychologie. Das Leben des Menschen ist immer ein Leben in einer sozialen Gemeinschaft; keine Mensch bleibt von seinem mitmenschlichen Milieu unbeeinflusst; von Geburt an wirken auf den Menschen andere Menschen ein. Familienmitglieder, Freunde, Schulkollegen, Berufskollegen vermitteln jeden einzelnen weitere Erfahrungen und beeinflussen somit sein Verhalten, vielleicht auch sein Erleben und Denken. Will man also Verständnis für die Eigenart und den Eigensinn eines Individuums gewinnen, so darf man es nicht isoliert von seiner sozialen Umgebung, der Gesellschaft, in der es lebt, und seinem Kulturkreis, betrachten. Eine Ausnahme bilden vielleicht die sogenannten „Kasper Hauser- Menschen“; besagter Kaspar Hauser hat angeblich in der Zeit von 1812-1833 in vollkommener gesellschaftlicher Absonderung gelebt. Der deutsche Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich hat in seinen Publikationen ein „Kaspar Hauser Syndrom“ beschrieben; er schildert dabei eine Entwicklungsstörung, die durch Isolierung, durch einen Mangel an sozialer Bindung, hervorgerufen wird und als Folge Gemütsarmut (affektive Abflachung) und schwere Kontaktschwierigkeiten mit sich bringt. Der amerikanische Kinderpsychologe Rene Spitz hat in seiner Versuchsreihe gezeigt, dass Kinder, die im Verlauf des ersten Lebensjahres zwar materiell versorgt werden (also Nahrung und Pflege, Versorgung), aber liebevolle Zuwendung entbehren müssen, schwerste Schäden davontragen; Kinder, die extremer emotionaler Verwahrlosung ausgesetzt sind, haben ein größeres Risiko in die Kriminalität abzurutschen, Suchtprobleme zu erweben, ihre Intelligenzpotentiale nicht ausbauen zu können und manche von ihnen ziehen es vor zu sterben, so weiter zu leben. Grundsätzlich gehen wir aber, um zum psychologischen Verständnis menschlichen Verhaltens zu gelangen, nicht von Isolation aus, da in der Regel der Einzelne in ein Netz von interpersonellen Beziehungen, von wechselseitigen intellektuellen und gefühlsmäßigen Einwirkungen verstrickt ist. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 1 Sozialpsychologie Für diese wechselseitigen Einwirkungen der Menschen untereinander hat eine Gruppe Wissenschaftler rund um Moreno den Begriff der Interaktion geprägt. 3. Soziale Wahrnehmung: Damit ist der Prozess gemeint, der es einem Menschen ermöglicht, seine persönlichen Eigenheiten und die Eigenschaften anderer Menschen zu erkennen oder wahrzunehmen. Sozialpsychologen nehmen an, dass ein Individuum andere bei ihren Handlungen genau beobachtet, wissen möchte, warum diese so handeln, wie die es tun. Der Bobachtende versucht aus dem Beobachtetem Rückschlüsse auf die handelnden Personen, ihre Persönlichkeit, ihre Einstellung zu ziehen. Diese Prozess der sozialen Wahrnehmung, der sich im Individuum abspielt, hat große Ähnlichkeit mit der Art und Weise, wie Psychologen Rückschlüsse ziehen (intuitiv psychologist). 3.1. Attributionstheorie nach Heider: Heider, ein deutscher Psychologe, der kurz vor dem 2. Weltkrieg in die Vereinigten Staaten emigriere, schlug vor, die Psychologen sollten doch den Theorien, die sich „ganz gewöhnliche Menschen“ bilden, Gehör schenken. Sein grundlegendes Argument lautete, dass Menschen nach ihren eigenen Überzeugungen bezüglich der Ursachen und Wirkungen ihres Verhaltens handeln und sich kaum an Theorien der Wissenschaften orientieren. Stellen sie sich vor, sie litten seit einiger Zeit an Schlaflosigkeit, sie sind erschöpft und keine unmittelbare Lösung für ihr Problem scheint in Sicht zu sein. Sie haben nun beschlossen, dass es Zeit ist, etwas zu unternehmen, aber sie wissen nicht genau, was zu tun ist. Eine übliche Lösungsstrategie ist, zuerst die Ursache ihres Problems zu bestimmen, denn es gilt diese zu beseitigen. Wenn sie beispielsweise den Verdacht hegen, es sei der Kaffee, der sie nachts wach hält, gehen sie möglicherweise zu einer koffeinfreien Sorte über. Wenn sie annehmen, das Problem sei eine Folge von Ängsten, die sie quälen, suchen sie vielleicht einen Therapeuten auf. Wenn sie zu dem Schluss kommen, ihre Matratze sei kaputt, kaufen sie sich vielleicht das langersehnte Wasserbett. Dieses Beispiel illustriert Heiders Ansicht, dass die individuellen Theorien über Ursache – in unserem Fall der Schlaflosigkeit- eher handlungsanweisend sind als wissenschaftliche Verhaltenstheorien. Die Ursachenzuschreibungen = Kausalattributionen, die ein Individuum selbst vornimmt, werden die Handlungen beeinflussen, die es wählt. Die Attributionstheorie konzentriert sich auf die Versuche von Menschen, den inneren oder äußeren Ereignissen, die sie wahrnehmen, Sinn zu verleihen. Sinn verleihen, bedeutet, dass die Menschen nach Ursachen für Handlungen suchen, dass sie aus beobachtetem Verhalten auf innere Dispositionen schließen und dass sie für eigene Handlungen und die anderer Menschen Zuschreibungen von Verantwortung und Schuld vornehmen. Attributionen spielen auch eine sehr zentrale Rolle bei der Eindrucksbildung, damit auch bei der Bildung von Stereotypen und bei der Interpretation der Welt im Allgemeinen. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 2 Sozialpsychologie 4. Spontane Urteilsbildungen und Stereotypen: 4.1. spontane Urteilsbildungen: Die Attributionen, zu denen wir bezüglich des Verhaltens einer Person gelangen, können durch äußere Eindrücke verzerrt werden. Bei vielen Gelegenheiten werfen wir nur einen Blick auf eine Person oder ein Geschehen und fällen sofort ein spontanes Urteil darüber, welche Person wir gegenüber haben. In einigen Fällen, mag ein solch spontanes Urteil ganz vernünftig sein. Unglücklicherweise entspringen aber viele spontane erste Eindrücke rassistischen, sexistischen und anderen Gruppenstereotypen, die entweder schlichtweg falsch oder auf grobe Entstellung der Wahrheit aufgebaut sind. 4.2. Stereotypen: In jedem Kollektiv entwickeln sich auch gruppeneigenen Klassifikationen der Angehörigen der eigenen und der Mitglieder fremder Gruppen. Solche kollektiven Urteile nennt man Sterotype. Heterostereotyp: ist ein kollektives Urteil über alle Mitglieder einer anderen, fremden Gruppe Autostereotyp: ist ein kollektives Urteil die eigene Gruppe betreffend. Ein soziales Stereotyp spiegelt die Überzeugung wider, die Menschen in bezug auf Persönlichkeitseigenschaften oder Fähigkeiten hegen, die üblicherweise bei einzelnen Mitgliedern einer bestimmten sozialen Gruppe zu finden sind. Stereotypen also schließen das Vorurteil mitein, jedes Mitglied eines Kollektivs habe genau all die Eigenschaften, die man dem ganzen Kollektiv, dem es angehört, als typisch zuschreibt. In Stereotypen zeigt sich die Neigung der Menschen, das zu sehen, was sie, aufgrund oft unreflektierter Haltungen, erwarten, zu sehen. Meist verhält es sich so, dass ein Angehöriger einer Gruppe einen Angehörigen einer anderen Gruppe beurteilt, ohne dabei die Normen des anderen Kollektivs genau zu kennen. Er beurteilt also nach seinen, in seiner Gruppe geltenden Maßstäben und wird damit dem anderen sicher nicht gerecht. Deshalb kann der Mensch nur im sozialen und kulturellen Zusammenhang verstanden werden. 4.3. Vorurteile: Von einem Vorurteil im engeren Sinn spricht man dann, wenn vorläufige Urteile (Stereotype) auch unter dem Eindruck neuen Wissens, neuer Informationen nicht korrigiert werden. Werden aus Stereotypen Vorurteile, die eine moralische oder sonstige Abwertung der fremden Gruppe bedeuten, zeigt sich die Problematik besonders deutlich. In der Antike entwickelten sich die Stereotype „Römer sind glattrasiert und Germanen bärtig“. Daraus entstanden bald das Vorurteil „Alle Bärtigen sind roh und unkultiviert“ Besonders gefährlich werden Vorurteile dann, wenn sie in eine sog. „Herrenmoral“ ausarten, wo bestimmte Gruppen, Rassen oder Minderheiten als minderwertig gelten; sich die anderen den anderen gegenüber von Natur aus überlegen und als zum Herrschen geboren empfinden; in grauenhafte Weise hat sich die Konsequenz aus solcher Überzeugungen in den Geschehnissen des Nazi-Regimes gezeigt. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 3 Sozialpsychologie 5. Die Beziehungen in der Gemeinschaft 5.1. Soziogramm: Eine recht einfache, aber grundlegende experimentelle Methode der Sozialpsychologie ist das Soziogramm. Moreno untersuchte, ausgehend von der Frage „Wenn sie auf einem sinkenden Schiff wären und ein kleines Rettungsboot hätten, auf dem sie außer sich noch eine einzige Person retten könnten, wen (von den Anwesenden) würden sie mitnehmen?“ die Beliebtheit von Gruppenmitgliedern in ihrem Kollektiv. Die graphische Darstellung der Beziehungen bezeichnet man als Soziogramm. B A C E < < < < > > > > gegenseitige Wahl Einseitige Wahl gegenseitige Ablehnung Einseitige Ablehnung D Weitere soziometrische Konfigurationen sind: das Paar, das Dreieck, die Kette, der Stern (eine Person, die sehr häufig gewählt wird, diese anderen Personen wählen einander aber nur selten), die Clique (eine Personengruppe weist viele Wahlen untereinander auf, aber nur sehr wenige gegenüber Außenstehenden, die ihrerseits auch nur selten Personen dieser Gruppe wählen), die graue Eminenz (eine Person, die nur zum Star Beziehungen hat), der Isolierte, der Vergessene Dieses System der Soziometrie findet vielfache Anwendung in der Erforschung von Gruppen und Kollektiven, vor allem auch in der Meinungsforschung. 5.2. Die Beeinflussung des Einzelnen durch das Kollektiv Bevor man die Gesetzmäßigkeiten feststellen kann, nach denen die Interaktionen in einem Kollektiv ablaufen, muss die Stellung des Einzelnen in der Gemeinschaft untersucht und die psychischen Einflüsse, die das Kollektiv auf den Einzelnen ausüben, geklärt werden. Der österreichische Psychologe Alfred Adler beschrieb die Bedeutung der Stellung des Einzelnen in der Gemeinschaft am Beispiel der Familie. 5.2.1 Angleichung der Leistung in der Gruppe: Moede, beobachtete, dass bei individuellen Leistungsunterschieden, in der Gruppe die Tendenz besteht, sich dieser anzugleichen; Schüler, die wenn sie isoliert arbeiteten, schlechte Leistungen brachten, verbesserten diese in der Gruppe. Solche, die allein recht passable Leistungen brachen, sanken in ihrem Leistungsniveau in der Gruppe ab So entsteht innerhalb von Gruppen eine gewisse Konformität. 5.2.2.Angleichung von Urteilen, Konvergenz der Meinungen: der in Amerika tätige türkische Psychologe Sherif erbrachte den Nachweis, dass sich in einer Gruppe ein kollektives Bezugssystem ausbildet, welches die Ähnlichkeit der Urteile und Handlungen der Gruppenmitglieder bedingt. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 4 Sozialpsychologie Wenn man in einem dunklen Raum einen Lichtpunkt betrachtet, entsteht eine optische Täuschung. Der Lichtpunkt scheint sich nach einiger Zeit zu bewegen. Sherif forderte seine Vpn auf, ein Signal zu geben, sobald der Punkt sich bewege und eine Schätzung abzugeben, wie weit er sich bewegt habe. Im Einzelversuch waren die Schätzungen über die Strecke bei ein und derselben Vp ziemlich konstant. Bei verschiedenen Vpn zeigten sich jedoch große individuelle Differenzen in den Schätzungen. Wenn man aber verschiedene Vpn in einer Gruppe zusammenbrachte, näherten sich die Schätzungen einander an, die Differenzen wurden wesentlich geringer. Sherifs Versuch führte zu dem Schluss, dass in einer Gruppe eine Tendenz zur Konvergenz der Meinungen besteht: die Mitglieder der Gruppe neigen dazu, ihre zunächst sehr unterschiedlichen Urteile und Meinungen einander anzunähern. Diese Konvergenz nimmt ein fortgesetzter Wechselwirkung in der Gruppe zu. In anderen Untersuchungen zeigte sich auch, dass die individuelle Urteilsbildung durch das wissen, wie die anderen Menschen urteilen, beeinflusst wird. Im Kollektiv hat der Mensch die Tendenz, sein Urteil der Meinung der anderen Gruppenmitglieder anzugleichen. Je größer das Prestige einer Person in einer Gruppe, desto eher werden sich Mitglieder an ihrer Meinung orientieren. 5.2.3. Beeinflussung der Minorität durch die Majorität: Asch hat in den späten 50er Jahren untersucht, dass die Wirkung in Bezug auf Wahrnehmung, Urteil und Verhalten der Majorität auf die Minorität zwar beträchtlich ist, aber nicht in jedem Fall nachweisbar. Er ließ Vpn die Länge mehrere Strecken miteinander vergleichen und bat sie anzugeben, welche zwei Strecken gleich lang seien. Während die Vpn mit der Lösung der Aufgabe beschäftigt aren, gab eine Mehrheit (die aus Helfern des Versuchsleiters bestand, die als Vpn getarnt waren) einabsichtlich falsches Urteil ab. Nur 29 von 123 Vpn ließen sich von dem falschen Urteil der Mehrheit überhaupt nicht beeinflussen, 6 unterwarfen sic in jedem Fall gegen die eigene Überzeugung der falschen Meinung der Mehrheit und der Rest passte sich mehr oder weniger oft der Meinung der Majorität an. In der Regel blieben die Vpn dabei bei ihrem Urteil bei mehrmaligen Wiederholungen, nur einzelne Vpn begannen, durch die Wiederholungen an der Richtigkeit ihrer eigenen Sinneswahrnehmung zu zweifeln. Im Rahmen dieser Untersuchungen kam Asch zu der Unterscheidung in unabhängige und abhängige (unselbstständige) Typen. Unter den unabhängigen gibt es solche, die im festen Vertrauen auf die Richtigkeit des eigenen Urteils darauf beharren und die Gegnerschaft einer Mehrheit der Gruppe erfolgreich überwinden; die sich bewusst von der Meinung der Mehrheit distanzieren, sie sind „individualistisch aus Prinzip“ die sich zwar in Opposition zur Majorität befinden, dadurch aber angespannt sind und psychisch belastet; dennoch bleiben sie bei ihrer eigenen Meinung. Unter den anhängigen Typen Lassen sich manche s sehr von der Majorität beeinflussen, dass sie deren falsche Meinung für wirklich richtig halten; bei ihnen kommt es also zu einer Verfälschung des Urteils Stimmen andere der Meinung der Majorität zu, obwohl ihnen bewusst ist, dass deren Meinung Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 5 Sozialpsychologie falsch ist. Hier handelt es sich um eine Verfälschung des Handelns. 6. Interaktion und Kommunikation: 6.1. Interaktion: Als Interaktionen sind alle wechselseitigen intellektuellen und emotionalen Beziehungen zwischen Menschen zu bezeichnen. Zu Interaktionen kommt es überall dort wo ein Mensch mit einem anderen zu tun hat oder wo Menschen in einer Gruppe persönlich miteinander zu tun haben. Schaut man sich die Frequenz der Interaktionen genauer an, kann man sowohl über die agierenden Personen etwas erfahren als auch über die Gruppe selbst. Beobachten sie zum Bsp. wie häufig sich ein Gruppenmitglied an die anderen wendet, erfährt man zunächst etwas über die Persönlichkeit der Person; der eine ist redseliger, die andere übt mehr Einfluss aus usw. Bringt man nun diese Menschen in anderer Zusammensetzung in neuen Gruppen zusammen, zeigt sich, dass ihr Verhalten nicht nur von der persönlichen Eigenart abhängt, sondern auch von dem Verhalten ihres Gegenübers in der Gruppe. Das Verhalten des einzelnen in der Gruppe wird also von seiner persönlichen Eigenart und dem Verhalten seines Gegenübers im gegenseitigen Wechselspiel (Interaktion) bestimmt. 6.1.1. Indikatoren für Störungen in der Interaktion sind zum Beispiel: Auftretende Gefühle der Einsamkeit: Soziologen weisen seit Jahren darauf hin, dass die Massengesellschaft den Trend zur Individualisierung und zur Isolierung fördert. Wer zum Beispiel beim Demonstrieren von Gruppenzugehörigkeit nicht mithalten kann, wird ausgeschlossen oder geht von selbst auf Distanz. Wer einsam ist, fühlt sich einerseits nicht gesellschaftsfähig und andererseits ist das gehemmte Verhalten von einsamen Menschen manchmal schwer auszuhalten und sie werden gemieden. Diesem Teufelskreis ist schwer zu entrinnen, zumal die sozialen Ängste zunehmen, je länger dieser Zustand anhält Sozialphobie: bezeichnet ein heutzutage zunehmendes Leiden, das gekennzeichnet ist durch quälende Angst vor anderen Menschen, Angst vor deren Kritik, Angst sich nicht adäquat zu verhalten. Menschen, die darunter leiden, fühlen sich hässlich, unzulänglich, minderwertig bis überflüssig. Versuche anderer Menschen mit ihnen Kontakt aufzunehmen, können sie, sofern sie diese überhaupt wahrnehmen, nicht positiv bewerten. Sozialphobiker neigen zu Depressionen und die Mehrzahl von ihnen wird im Verlauf des Leidens so sehr auffällig, dass eine psychiatrische Behandlung erfolgt. Viele dieser Menschen haben auch ein erhöhtes Risiko, Alkohol und/oder Medikamentenmissbrauch zu betreiben. 6.2. Kommunikation: Ist jede Art von Beziehung zwischen Menschen; sie umfasst alles, was Beeinflussung durch andere Menschen darstellt. Kommunikation ist also der umfassende Begriff, Interaktion ist eine besondere Art von Kommunikation: Die Kommunikation ist der Träger des gesamten sozialen Geschehens, durch sie wird der Mensch zum sozialen Wesen. Sie ermöglicht es dem Menschen, die Erfahrungen anderer Menschen zu nutzten und das in sich aufzunehmen, was er selbst nicht direkt erfahren konnte. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 6 Sozialpsychologie Kommunikation kann in zwei Richtungen erfolgen, wenn beide Teile (diese können jeweils auch aus mehreren Personen bestehen) sowohl aktiv als auch passiv an ihr teilhaben. Dabei ist jeder Teil sowohl „Sender“ als auch „Empfänger“, wie wir dies von Konversationen und Diskussionen kennen. Diese Art der Kommunikation stellt eine Interaktion dar. Kommunikation kann aber auch nur in einer Richtung vor sich gehen, sodass ein Teil nur „Sender“, der andere nur „Empfänger“ ist. Diese Art der Kommunikation findet vor allem in den Massenmedien statt; Der Zuhörer oder Leser ist ausschließlich der Empfänger, und als solcher ist auch nur er allein durch den Inhalt der Kommunikation mehr oder weniger beeinflussbar. Er wird sich allerdings nicht völlig passiv verhalten, sondern den Inhalt der Information interpretieren. Seine Interpretation wird von seinem Wissen, seiner Einstellung zum Thema selbst und seiner Einstellung zum Übermittler der Information abhängen; Kommunikation ist aber nicht so einfach, dass man sie mit dem „Sender und EmpfängerBild“ ausreichend beschrieben hätte. In beeindruckender Weise haben sich Paul Watzlawick, Gregory Bateson und andere mit dem Phänomen der Kommunikation beschäftigt und viele Bücher damit gefüllt. Der Psychologe Watzlawick hat in seiner bekannten Darstellung der Phänomene menschlicher Kommunikation einige kommunikationstheoretische Axiome aufgestellt: Man kann nicht nicht kommunizieren; jedes Verhalten eines Menschen unter Menschen begründete Kommunikation. Jede Kommunikation hat einen Inhalts und einen Beziehungsaspekt: Jede Mitteilung, jede Kommunikation enthält außer der sachlichen Information (Inhaltsaspekt) eine meist weniger augenfällige, gefühlsmäßige, meist nonverbale (z.B. durch den Tonfall mitgeteilte) Botschaft; diese Botschaft soll zeigen, wie die gegebene inhaltlich-sachliche Information im Rahmen der bestehenden gegenseitigen Beziehung emotional aufzufassen ist (Beziehungsaspekt) Kommunikation enthält also auch eine affektive Komponente, die unsere Gefühle nonverbal übermittelt. Auf nonverbaler Ebene kommunizieren wir mittels Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Stimmlage und Körperhaltung. Für grundlegende Emotionen wie Freude, Ärger, Überraschung, Zorn haben alle Kulturen einen sehr ähnlichen Gesichtsausdruck, der auch auf der ganzen Welt ziemlich ähnlich interpretiert wird; vergessen darf man aber auf Reisen nicht,, dass die Anlässe für Freude, Ärger, Zorn etc. je nach Kultur sehr abweichen können!!! Auch gibt es Menschen, die ihre Mimik sehr gut unter Kontrolle halten können und der Klang der Stimme straft mitunter jede noch so freundliche sprachliche Äußerung Lügen. Ein wesentliches Phänomen nonverbaler Kommunikation ist die Körpersprache: die Haltung demonstriert Zuneigung, Ablehnung, Aufregung, Schüchternheit usw. Kopfhaltung, FußHandbewegungen, Gangart, Sitzweise etc. können dem aufmerksamen Beobachter ein Hinweis auf die Befindlichkeit seines Gegenübers sein. Es sei aber unbedingt darauf hingewiesen, dass sich Körpersprache immer nur anlässlich einer Situation und im Verlauf der Kommunikation interpretieren lässt!! Körpersprache ist grundsätzlich individuell- jeder Mensch hat seine höchstpersönliche Art des Gestikulierens in bestimmten Situationen, einen individuellen Klang der Stimme usw. Man kann also über sein Gegenüber erst eine Aussage machen, wenn man ihn über längere Zeit wahrgenommen hat. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] 7 April 2005 Sozialpsychologie Drei Prinzipien der Körpersprache, die recht eindeutig Hinweise auf das Erleben und Verhalten geben, können aber erwähnt werden: Kongruenz des körpersprachlichen Verhaltens: Übereinstimmung von Inhalt des Gesagten mit dem körpersprachlichen Ausdruck des Sprechers; Symmetrisierung: wenn Personen ein „psychisches Gleichgewicht“ erreicht haben, zeigen sie auch nach außen hin spontan eine symmetrische Körperhaltung Aufbau eines Rapports: Ob Menschen harmonisch miteinander kommunizieren, sich also gegenseitig spiegeln, erkennt man an deren Tendenz, mit dem Körper ähnliche Bewegungen auszuführen. 6.3. Kommunikation und Meinungsbildung Wie bereits erwähnt unterscheidet man den Sender einer Information, weiters ihren Empfänger und schließlich die Kommunikation selbst, ihren Inhalt und ihre Wirkung auf die Beteiligten. 6.3.1. Eigenschaften des Senders: der Sender (Kommunikator), sei es eine Politikerin, Journalistin, Schriftstellerin, wird in vielen Fällen die Absicht haben, ihre Leser oder Zuhörer zu bestärken, wenn diese ihre Ansichten teilen; oder deren Einstellung zu verändern, sollten sie ihren Ansichten nicht entsprechen. Sie wird sich also bemühen, die Information so zu gestalten, dass ihre Meinung vermittelt und dennoch akzeptiert wird. Den Vorgang einer gezielten Beeinflussung, die zur Einstellung bzw. Verhaltensänderungen führen soll, bezeichnet man als Manipulation; die Beeinflussung wird dabei so angelegt, dass die Menschen glauben, ihre Entscheidungsfähigkeit bliebe gewahrt. Der Erfolg von Kommunikation hängt von vielen Faktoren ab; dabei spielen Fachkenntnis, Glaub- und Vertrauenswürdigkeit eine große Rolle; Experiment von Ash 6.3.2. Eigenschaften des Empfängers: ob eine Information Änderung der Einstellung oder des Verhaltens bewirkt, hängt auch von Faktoren ab, die ganz vom Empfänger der Information abhängig sind. 6.3.2.1. Theorie der kognitiven Dissonanz: Ferstinger versucht in dieser Theorie jene Bedingungen zu beschreiben, die einen Menschen dazu bewegen, in einer bestimmten Richtung zu denken und zu handeln. Jeder Mensch verfügt laut Ferstinger über eine Anzahl von Informationen, Kenntnissen (kognitive Elemente) , Meinungen, Verhaltenstendenzen, die mehr oder weniger stark affektiv mitbestimmt sind. Diese einzelnen Faktoren können zueinander entweder konsonant oder dissonant sein- also entweder harmonisch zueinander passen oder eine Disharmonie ergeben. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 8 Sozialpsychologie Wenn einzelne Inhalte miteinander eine Dissonanz ergeben, besteht die Tendenz, durch Ausscheidung oder Angleichung eines dieser dissonanten Inhalte wieder einen Zustand des inneren Gleichgewichts, der Konsonanz, herzustellen. Zum Beispiel kann eine Person, die ein starker Raucher ist (affektiv bestimmtes Verhalten), die Information besitzen, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist (kognitives Element). Der Informationsstand befindet sich in Verhältnis zum Verhalten in Dissonanz. Es wird bei der Person die Tendenz bestehen, diese unangenehme Dissonanz auszugleichen- etwa dadurch, dass sie die Schädlichkeit des Rauchen bagatellisiert oder aber die Person akzeptiert das kognitive Element und ändert ihr Verhalten, um Konsonanz herzustellen. 6.3.3. Eigenschaften der Botschaft: Ferstingers Theorie geht davon aus, dass Harmonie der Disharmonie vorgezogen wird und im Menschen die Tendenz angelegt ist, Homöostase herzustellen. Um neue Inhalte, die zu bisher bekannten Einstellungen und Verhaltenstendenzen hinzukommen, integrieren zu können, müssen diese so geartet sein, dass sie die innere Harmonie der Person nicht zur Gänze in Frage stellen. Daher werden im Allgemeinen Informationen die zu einer Verhaltens- oder Einstellungsänderung führen sollen, vorsichtig dosiert. Untersuchungen haben gezeigt, dass Appelle, die ausschließlich Angst auslösen eher negiert werden. Bei schwach angsterregenden Appellen, bei Bildern die das erwünschte Verhalten von der schönen Seite zeigen, die also eher die Vorteile und Annehmlichkeiten des erwünschten Verhalten zeigen, wird eher eine Verhaltensänderung erreicht. Es schient auch so zu sein, dass Menschen, die aufgrund stark angsterzeugender Appelle ihr Verhalten verändert haben, leichter verunsichert sind, wenn sie wieder neue Erkenntnisse zu eben diesem Thema erfahren und sie dann ihr Verhalten auch eher wieder aufgeben. Das heißt, eine Information, die wenig Angst macht und vor allem das Angenehme betont, kann leichter integriert werden und zu einer Veränderung des Verhaltens führen, da die Dissonanz zwischen Altem und Neuem gering ist. Ist die Dissonanz zwischen alten Einstellungen und neuem Inhalt zu groß, wird eine Reduzierung oftmals nicht durch Integration dieses neuen Inhalts, sondern durch seine Abweisung bewerkstelligt. 7. Sozialpsychologische bzw. soziologische Einheiten – Kollektive 7.1. Menge: unter einer Menge versteht man eine unorganisierte und zufällige Ansammlung einer größeren Anzahl von Menschen, die nicht durch Beziehungen miteinander verbunden sind. eine Menge ist ein unstrukturiertes Kollektiv, eine beziehungslose Anhäufung von Individuen. Die einzige Gemeinschaft, die die Individuen einer Menge miteinander verbindet, ist eine Situationsgemeinschaft (z.B. gleichzeitige Anwesenheit an einem bestimmten Platz...) 7.2. Masse: unter einer Masse versteht man ein Kollektiv, das gleichzeitig durch eine äußere Wahrnehmung von einem gemeinsamen emotionalen Antrieb erfasst wird. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 9 Sozialpsychologie Eine Masse entsteht nicht durch verstandesmäßige Bindung, sondern durch affektive Ansteckung, durch unwillkürliche Nachahmung. Sie besteht aus Mitgliedern, die gefühlsmäßig miteinander verbunden sind bzw. auf ein stark emotional betontes Ziel hin „gleichgeschaltet“ sind. 7.2.1 Die Entstehung der Masse: Die Masse entsteht meist aus einer Menge und zwar dadurch, dass deren Mitglieder gemeinsam und zur gleichen Zeit von einem affektiv beeindruckenden Erlebnis betroffen und so zu einem affektiv verbundenen Kollektiv werden; Eine Masse kann auch aus einer Gruppe mit fester innerer Ordnung entstehen; zum Beispiel, wenn ein äußerer Feind auftritt und sich dadurch die Gruppe durch einen gemeinsamen starken Affekt, z.B. Zorn, zu einer Einheit verbinden. Im Grunde sind hierbei die gleichen Faktoren wirksam, wie bei der Entstehung aus einer Menge. Allerdings wird eine gut geordnete Gruppe gegen äußere Reize oft widerstandfähiger sein als die beziehungslose Menge; so wird zum Bsp. bei einem Brand, eine Schulklasse etwas geordneter reagieren als eine zufällig zusammengewürfelte Menschenmenge. 7.2.1.1. Äußere Ursachen für die Entstehung einer Masse: Die Reaktion auf einen gemeinsam erlebten, starken affektiven Reiz ist regelmäßig eine unmittelbare, plötzliche; auf den äußeren Anreiz erfolgt mehr oder weniger sofort eine Aktion. 7.2.1.2. Innere Ursachen für die Entstehung einer Masse: Innere Ursachen liegen also im Kollektiv selbst; bis diese Affekte an die Oberfläche dringen, vergeht in der Regel einige Zeit, der Druck muss ein gewisses Maß erreicht haben, bis sich Subgruppen bilden, die ev. den affektiven Reiz auslösen und dann zum Bsp. zu Reformen aufrufen 7.2.1.3. Anführer können die in einer Menge aufgestauten Gefühle oft in einer Art und Weise anstacheln oder bündeln, dass sie plötzlich zum Ausbruch kommen. Der AnführerIn hat dann die Möglichkeit, den Ausbruch in die von ihm gewünschte Richtung zu lenken. Charakteristisch für die Masse ist die hochgradige Bereitschaft für Suggestionen; in Folge des Zurücktretens der verstandesmäßigen Kritik ist die Masse suggestiblen Beeinflussungen leicht zugänglich; wenn die Suggestion, den in der Masse vorhandenen Affekt und die zutreffenden Gefühle anspricht, wird sie die Masse bewegen. Anführer von Massenbewegungen werden oft deshalb akzeptiert, weil sie hochsuggestiv artikulieren; Die Mitglieder einer Masse identifizieren sich miteinander und mit dem Anführer, der ihre Gefühle aufgreift und formuliert. Die Identifikation entspringt der starken gefühls- und triebmäßigen gegenseitigen Verbundenheit. Entsprechend ihrer Bereitschaft, ein Vorbild nachzuahmen, ist in der Masse ein starkes Bedürfnis wirksam, von einem Anführer geleitet zu werden. Die Aufgabe des Anführers kann sein, die Masse durch einen Zuruf in Bewegung zu setzten und eine einmalige Aufgabe bleiben; oder aber er kann zur Institution werden. Jedoch kann er nur solche Aktionen auslösen, zu denen die Masse bewusst oder unbewusst bereit ist, die ihren gefühlsmäßigen Tendenzen entsprechen. Der Anführer ist daher nicht der völlig willkürliche Beherrscher der Masse, sondern ihr Exponent. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 10 Sozialpsychologie 7.2.2. Massenpsychologische Erscheinungen Die psychologische Verbundenheit vieler Individuen zu einer Masse ist durch ein Vorherrschen der Affekte und Triebe und ein Zurücktreten der intellektuellen Funktionen gekennzeichnet. Dies zeigt sich bei massenpsychologischen Phänomenen besonders deutlich. 7.2.2.1. Panik: Bei einem Brand zum Beispiel ist der verbindende Affekt die Angst und das gemeinsame Ziel die (blinde) Flucht. Zu Massenpanik kann es aber auch ohne faktischen äußeren Anlass kommen, wenn zum Beispiel eine große Menschenmenge sich auf einen engen Ausgang zubewegt. 7.2.2.2. Tumult: ist das Gegenstück zu Panik; ein Tumult bricht durch angestaute Affekte aus, mit oder auch ohne äußeren Anlass, eventuell durch einen Anführer oder eine Provokation angestachelt. Der gemeinsame Affekt ist die Aggression, die Wut, das gemeinsame Affektive Ziel ist dementsprechend die Zerstörung. 7.3. Gruppe: Ist ein hochorganisiertes Kollektiv, das sich aus Mitgliedern zusammensetzt, die untereinander in Beziehung stehen. Die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit stellt ein übergeordnetes System aus einer Vielzahl größerer und kleinere Gruppen dar, wobei sich immer mehrere Gruppen zu einem größeren, übergeordneten Kollektiv zusammenschließen. Auch die einzelnen Gruppen innerhalb der Gesellschaft beeinflussen einander, geben aber ihre Selbstständigkeit nicht auf; sie sind einander verbunden, stehen sich aber auch kritisch gegenüber. 7.3.1. Charakteristika der Gruppe Die einzelnen Mitlieder sind miteinander affektiv und intellektuell verbunden. Wie in der Masse findet eine gegenseitige psychische Beeinflussung statt, diese wird aber durch individuelle Kontrollvorgänge reguliert. Die Mitglieder stehen einander wohlwollend aber auch kritisch gegenüber. Unter den Mitgliedern findet eine ständige Interaktion statt. Die gegenseitige psychische Beeinflussung darf nicht zu stark werden, wenn die innere Organisation der Gruppe aufrecht erhalten werden soll. In der Gruppe schafft jeder Einzelne um sich und die Gruppe schafft um jedes Mitglied einen Raum psychischer Freiheit und Selbstständigkeit. Durch die Mitgliedschaft in einer Gruppe kann der Mensch mehr Freiheit erlangen, als dem Einzelnen zu erreichen möglich wäre. Dafür muss der Mensch in der Gruppe einen Teil seiner individuellen Freiheiten zugunsten der anderen Gruppenmitglieder bzw. der Gemeinschaft zurückstellen. Vermehrung der Freiheit und freiwillige Selbstbeschränkung stehen in einer Wechselbeziehung. In einer Gruppe besteht ein Gleichgewicht der Kräfte; wenn ein Teil der Gruppe von der bisherigen Linie der Gruppe stark abweicht, bringt der Rest regelmäßig Gegenargumente vor. Wenn die vorgeschlagenen Neuerung nur wenig von der bisherigen Einstellung der Gesamtheit der Gruppe abweicht, kann sie nach Diskussion akzeptiert werden. Jede Gruppe strebt nach Erhaltung des Gleichgewichts. Die Gruppe kann als Ganzes die Stelle einer Bezugsperson einnehmen. Die Übertragung persönlicher Gefühle auf eine Gruppe statt auf einen einzelnen Menschen Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 11 Sozialpsychologie ist oft leichter möglich, weil sich hier die psychischen Ansprüche nicht auf einen Einzelnen konzentrieren, der ihnen vielleicht nicht gewachsen wäre. Die Gruppe ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder. Durch gegenseitige Beeinflussung, Rücksichtnahme und Bestärkung werden Verhaltensweisen des Einzelnen abgeschwächt und andere bestärkt. Dinge, die dem einzelnen nur schwer möglich wären, sind in der Gruppe zu bewältigen. Experimentell hat sich erwiesen, dass eine Gruppe Problemlösungen leichter findet als Einzelpersonen. 7.3.2. Gruppenstrukturen Aus den Beziehungen der Teilnehmern der Gruppe ergeben sich verschiedene Gruppenstrukturen 7.3.2.1. Führerzentrierte Gruppen: Auffällig sind dabei besondere psychische Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern einerseits und dem Anführer der Gruppe andererseits; auf den Anführer konzentrieren sich die psychischen Beziehungen und Interaktionen um ein vielfaches mehr als unter den restlichen Mitgliedern. Diese Art von Gruppe hat insofern Ähnlichkeit mit der Masse, als der „Anführer“ für jedes einzelne Mitglied des Kollektivs etwas Besonderes bedeutet und auch einen besonderen Einfluss ausübt. Der Anführer hat eine Sonder- aber keine Monopolstellung; sein Handeln wird von der Gruppe kontrolliert und unterliegt auch der Regulation durch die Gruppe. b a c A f d e 7.3.2.2. Gruppenzentrierte Gruppen: der Anführer ist hier nur der Erste unter Gleichen; die Zahl der psychischen Wechselbeziehungen zwischen allen Gruppenmitgliedern untereinander ist für jedes einzelnen Mitglied in etwa gleich. Die Rolle des Anführers beschränkt sich darauf, Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern anzuregen, Vorgange zu initiieren. Im Übrigen ist er ein Mitgleid wie jeder anderes. b c A d f e Anführerinnen von Gruppen können Einzelpersonen sein oder aber auch Führungsteams. In der Regel besitzen Gruppen nicht eine einzige Anführerin sondern zwei, nämlich eine „Leistungsführein“, die als die Tüchtigste gilt und den Weg vorgibt und einer Zweiten, die die Beliebteste ist und dementsprechend gefühlsmäßig den Ton angibt. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 12 Sozialpsychologie 7.3.3. Führungsstile: 7.3.3.1. Autoritärer Führungsstil: zu finden in führerzentrierten Gruppen Solcherart gelenkte Gruppen können Aufgaben, die den Interessen und Fähigkeiten des Leiters entsprechen, gut lösen. Heftige Konflikte können aber entstehen, wenn sich Bedarf und Bedürfnisse der Gruppe stark von den Ideen des Leiters entfernen. 7.3.3.2. Demokratischer Führungsstil: gruppenzentrierte Gruppen Gruppen die sich auf diese Weise organisieren, können zwar Aufgaben nicht so prompt bewältigen wie führerzentrierte Gruppen, sie sind jedoch in vielerlei anderer Hinsicht einer autoritär geführten Gruppe überlegen, so zum Bsp. in ihrer Fähigkeit, sich wechselnden Umweltsituationen anzupassen. 7.3.3.3. Laissez-faire- Stil: dieser überlässt die Initiative völlig den Mitgliedern; in Untersuchungen hat sich gezeigt, dass unter Erwachsenen dieser Stil zwar subjektiv ein starkes Gefühl von Befriedigung vermittelt, aber der Bewältigung von Aufgaben nur mäßig gewachsen ist. Bei Kindern hat sich gezeigt, dass selbst das Gefühl der anfänglichen Befriedigung schwindet, wenn auf Dauer eine Leitung völlig fehlt; es entsteht der Wunsch nach Anleitung, Lenkung und Orientierung. 7.3.4. Rollenverteilung Eine Rolle ist ein sozial definiertes Verhaltensmuster, das von einer Person, die eine bestimmte Funktion in einer Gruppe hat, erwartet wird. Wenn sie eine Mannschaft beim Sport beobachten, so können sie sehen, dass jedes Mitglied von einer bestimmten Position aus spielt. Jede Position ist durch einen bestimmten Satz von Verhaltensweisen beschrieben und steht in unterschiedlicher Weise zu allen anderen Positionen in Beziehung und für das Ergebnis ist, neben vereinzelten individuellen Leistungen, die gut koordinierte Anstrengung der Mitglieder der Mannschaft verantwortlich. Die Regeln darüber, wer was wann tut, formen die Interaktionen zwischen den Gruppenmitgliedern und sorgen für die Erwartungen bezüglich der Handlung jeder Persondiese Erwartungen und deren Erfüllung sind in der Rolle definiert, die der einzelne in seine Position einnimmt. Rollen sind größtenteils von dem bestimmten Individuum, das sie innehat, unabhängig. Die erwarteten Verhaltensweisen sind die gleichen,, gleichgültig, über welche persönlichen Merkmale der Rolleninhaber verfügt. Immer wieder passiert es uns, dass wir zwar wissen, dass die Erwartungen der Erfüllung einer Rolle, das Verhalten einer Person leiten, und dennoch sind wir manchmal unsensibel und interpretieren rollengeleitetes Verhalten fälschlicherweise als ein Verhalten, das die Eigenschaften der Person wiedergibt. Zum Beispiel halten wir in der Regel einen Quizmaster für intelligenter als die Teilnehmer, unterstellen manchmal Leitungspersonal persönliche Machtgelüste und ähnliches mehr. Dies ist eine weitere Spielart eines unter Umständen fundamentalen Attributionsfehlers. 7.3.5. Gruppennormen: Neben Rollenerwartungen entwickeln Gruppen auch noch weitere Erwartungen in bezug auf angemessenes Verhalten und Einstellungen ihrer Mitglieder. Diese Erwartungen werden als Gruppennormen bezeichnet. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 13 Sozialpsychologie In einigen Fällen handelt es sich dabei um klare, explizite Maßstäbe, die beinahe wie Gesetzte funktionieren. Oftmals jedoch sind die Erwartungen an das, was Gruppenmitglieder tun oder lassen sollten, um „sozial akzeptabel“ zu sein, nirgends explizit formuliert. Sie funktionieren eher als informelle Verhaltensregulatoren; Neue Mitglieder erfahren von ihrer Wirkung nur, indem sie zwei Phänomene beobachten: Gleichförmigkeit im Verhalten fast aller anderen Mitglieder und negative Konsequenzen bei unerwünschten, nicht normgerechten Verhalten (z. B. Dresscode...) Alle Interaktionsteilnehmer können im Laufe der Zeit antizipieren, wie andere die Situation angehen werden, was sie aller Wahrscheinlichkeit nach sagen, oder tun werden und welches Verhalten sie erwarten und gutheißen werden. Ein gewisses Maß an Toleranz für Abweichung von den Normen gehört ebenfalls zur Norm, in manchen Fällen etwas mehr n anderen etwas weniger. Die Mitglieder können üblicherweise einschätzten wie weit sie gehen können ohne die zwingende Macht der Gruppe in Form von Sanktionen zu spüren zu bekommen. Sich an die Gruppennormen zu halten ist der erste Schritt zum Aufbau einer Identifikation mit der Gruppe. Solch eine Identifikation ermöglicht dem Individuum das Gefühl der Teilhaberschaft am Prestige und an der Macht der Gruppe. Skriptum erstellt von DSA Angermayr Petra, [email protected] April 2005 14