Predigt im Taufgottesdienst am 22

Werbung
Predigt im Taufgottesdienst am 10.02.08
in Oslo
„Er ist mein Vater"
Hoch über dem Marktplatz einer kleinen
Stadt hatte ein Seiltänzer sein Seil gespannt und machte dort oben unter den
staunenden Blicken vieler Zuschauer
seine gefährlichen Kunststücke. Gegen
Ende der Vorstellung holte er eine Schubkarre hervor und fragte einen der Anwesenden: "Sagen Sie, trauen Sie mir zu,
daß ich die Karre über das Seil schiebe?"
"Aber gewiß", antwortete der Gefragte
fröhlich, und auch mehrere andere der
Unstehenden stimmten der Frage sofort
zu.
Dass ich einen Menschen hinüber fahren
kann? Äh, ja.
"Würden Sie sich dann meiner Geschicklichkeit anvertrauen, sich in die Karre
setzen und von mir über das Seil fahren
lassen?" fragte der Schausteller weiter.
Da wurden die Mienen der Zuschauer
ängstlich. Nein, dazu hatten sie keinen
Mut! Nein, das trauten sie sich und ihm
nicht zu.
Plötzlich meldete sich ein Junge. "Ich
setze mich in die Karre", rief er, kletterte hinauf, und unter dem gespannten
Schweigen der Menge schob der Mann das
Kind über das Seil. Als er am anderen
Ende ankam, klatschten alle begeistert
Beifall. Einer aber fragte den Jungen:
"Sag, hattest du keine Angst da oben?"
"Oh nein", lachte der, "der mich über das
Seil schob, ist ja mein Vater!"
1. Also mich hätten keine 10 Pferde in
diese Schubkarre gebracht.
Hättet ihr so was mitgemacht?
Auf einem wackeligen Seil. In diesem
Blechgestell?
Ein Mordsrisiko. Da wird es mir ganz
schwindlig, wenn ich daran denke.
- Befiehl dem Herrn deine Wege und
hoffe auf ihn. Er wird’s gut machen.
Das Leben ist riskant genug.
Ich bin ja froh, wenn ich mich einigermaßen halten kann. Wenn ich auf dem Boden mit meinem Leben einigermaßen
zurecht komme.
Solche waghalsigen Experimente sind
nichts für mich.
- Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts
fehlen.
Wenn man bei so einer Wahnsinnsaktion mitmachen sollte, da bräuchte man
ein genauso wahnsinniges Vertrauen.
Da müsste ich den Seiltänzer schon sehr
genau kennen.
Da wollte ich sehen, wie er 20 Leute
vor mir rüber gebracht hat.
Und das jeden Tag, ein ganzes Jahr
lang.
Dann vielleicht.
Klar, der kleine Junge, der war sein
Kind. Der kannte den Seiltänzer und
vertraute ihm, er war ja sein Vater.
- Wenn jetzt Gott wie so ein Seiltänzer wäre, der mich einlädt in die
Schubkarre zu steigen?
Wenn Gott jetzt zu mir sagen würde:
Hei, steig ein. Du brauchst keine Angst zu
haben. Ich bringe dich über die Abgründe
deines Lebens. Dir wird nichts passieren.
Ich sorge dafür.
Ja, wenn ich Gott kennen würde,
wenn ich ein ganz großes Vertrauen
zu ihm hätte….
- Und doch gibt es das, dass Menschen
von Gott ganz ähnlich reden wie einer,
der bei einem Seiltänzer in die Karre
steigt.
In den Psalmen:
- Mit meinem Gott kann ich über Mauern
springen.
- Trotz allem bleibe ich ganz nah bei dir.
Denn du hältst mich bei meiner rechten
Hand. Du leitest mich nach deinem Rat
und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
- Da wird Gott genannt: meine Burg,
mein Schutz, meine Zuflucht, mein Fels,
meine Hoffnung.
Oder den Taufspruch von Maya:
Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass
sie dich behüten auf allen deinen Wegen,
dass sie dich auf den Händen tragen
und du deinen Fuß nicht an einen Stein
stossest.
„Ist Gott für uns, wer kann gegen uns
sein?“ sagt Paulus in Römer 8.
Und: Alle Dinge dienen zum Besten denen, die Gott lieben.
Da wird es einem fast wieder ein wenig
schwummrig bei so viel Vertrauen.
Aber diese Leute aus der Bibel würden
uns heute sagen:
Der Seiltänzer in eurer Geschichte hat
sich selber und seinen Schubkarren voll
unter Kontrolle. Klasse.
Aber Gott hält die ganze Welt in der
Balance.
Die ganze Welt gerät wegen ihm nicht
aus dem Gleichgewicht, stürzt nur wegen
ihm nicht in den Abgrund.
Wir müssen keine Angst haben, wenn wir
mit unserem Gott selbst die tollsten
Kunststücke wagen!
Und, würden sie sagen: er ist doch
unser Vater!
Er wird uns doch nicht in der Schubkarre
sitzen lassen, wenn er uns nicht halten
könnte.
Er lädt uns doch nicht ein zum Abenteuer
des Lebens und lässt uns dann aus der
Hand rutschen.
Er wird uns sicher über das Seil dieses
Lebens bringen, er ist der Herr über die
Tiefe unter uns, über alle Schrecken und selbst noch über den Tod.
Es kann uns nichts geschehen. Der "Vater"
fährt uns über den Abgrund!
Gott ist dein Vater, der dich unter allen
Umständen halten wird – darum geht es
bei der Taufe.
2. Der Seiltänzer hätte auch jedes andere Kind oder jeden anderen
Erwachsenen sicher über das Seil
gebracht! Wenn die sich getraut hätten.
Aber - und das ist der entscheidende
Punkt an der Geschichte: Nur dieser
eine Junge wagt es und vertraut sich
ihm an.
Weil er der Sohn ist, den Vater kennt.
Und das ist ein großer Unterschied.
- Gott liebt jeden Menschen genauso, ob er getauft ist oder
nicht.
Gott fängt ja nicht erst an, sich an
einen Menschen zu gewöhnen, ihn lieb zu
gewinnen, wenn er getauft wird.
Wenn das stimmt, was die Bibel über
Gott erzählt, dann war er dabei, als wir
ins Leben traten, schon vorher, als er
uns sich liebevoll ausdachte. Er wollte uns.
Und er wirbt um unser Vertrauen.
Er will, dass wir das Leben mit
ihm wagen…
Dass Gott unser Vater ist, das sollen wir
genau in diesem Zeichen der Taufe erfahren. Und ein Leben lang umsetzen
- Und das könnte uns den Mut geben, uns ganz in seine Hand zu geben?
Gott will unser Leben segnen,
bewahren, über jedem Abgrund halten
und sicher nach drüben begleiten dorthin, wo einmal unser irdisches Leben in
ein ewiges übergehen soll.
Sonst würden wir heute nicht so
ausdrücklich von seiner Macht und seiner
Liebe, von seinen Zielen und seinem
Segen reden.
Wenn Gott als Seiltänzer jede Gleichgewichtsverschiebung wieder ausbügeln kann, warum dann nicht auch meine wackelige Lebenssituation, meine
Fehlentscheidungen, meine Schwächen?
Diese grundsätzliche Ermutigung
brauchen wohl manche andere in unserer
Umgebung, damit sie Gottvertrauen wagen.
Es gibt ja auch in unseren Tagen weiß
Gott viel Angst und Sorge.
Und manches, was misstrauisch machen könnte Gott gegenüber.
Wenn andere sehen, wie wir uns an Gott
halten und er uns hält – das wäre etwas
für die, die hoffnungslos und eingeschüchtert sind in unserer Umgebung.
Und es wäre gut, wenn wir vor allem
selbst nicht vergessen, dass der
Vater die Karre unseres Lebens
schiebt und sicher hält.
Wir werden nicht fallen. Wir kommen
einmal drüben an, auf der anderen Seite,
in Gottes neuer Welt, im Leben, das uns
Jesus Christus schenkt.
- Und Gott wirbt um unser Vertrauen, so geduldig und ausdauernd.
Klar: eine Schubkarre ist kein Sofa, das
Leben mit Gott fordert uns manchmal
einiges ab.
Aber er trägt durch.
Die wunderbaren Schlussverse aus
dem Psalm 91, aus dem unser Taufspruch
ist, möchte ich uns allen mit auf den
Lebensweg geben.
Vielleicht schaffen sie es, uns
aufs Seil mit Gott zu bringen.
3. Er ist ja mein Vater – sagt der
Junge. Und er ist stolz dabei.
Gott selber sagt zu dem Menschen der
ihm vertraut:
Du hast einen Vater im Himmel, der dich
trägt. Du hast einen Vater, an den du
dich wenden kannst.
Wenn wir das unserem Taufkind Maya
heute und in Zukunft zusprechen, weil sie
getauft ist,
dann sollten wir das ruhig noch etwas
lauter als bisher auch in unsere Welt
hineinsprechen.
14 »Dieser Mensch liebt mich, darum will
ich ihn erretten; er kennt meinen Namen,
darum will ich ihn schützen.15 Er ruft
mich an, darum will ich ihn erhören; /
ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn
herausreißen und zu Ehren bringen. 16
Ich will ihn sättigen mit langem Leben
und will ihm zeigen mein Heil.«
Amen.
Herunterladen