Ostersonntag 2014 - Lesejahr A Gottfried Ugolini Kleine Exegese: 1. Lesung: Apg 10,34a. 37-43 – Wir erzählen immer wieder neu, von dem was uns zutiefst erregt, berührt und bewegt. Dieser Abschnitt aus der Apostelgeschichte schildert wie Petrus von der Auferweckung Jesus erzählt. Er knüpft dort an, wo die Geschichte um Jesu für die Menschen mit seinem Tod endet. Er eröffnet ihnen eine neue Sichtweise durch die österliche Glaubenserfahrung: Gott hat Jesus auferweckt. In den direkt erfahrenen Begegnungen mit ihm erwachsen ein neues Verstehen und eine neue Einsicht in die Geschichte Gottes mit den Menschen. Petrus tut dies nicht aus sich aus, sondern er versteht sich als eingesetzter Zeuge, um andere zu dieser Erfahrung anzustecken. Wie bringen wir unseren österlichen Glauben auf den Punkt und wie verstehen wir unsere Berufung, österliche Zeugen im Alltag und in der Welt zu sein? 2. Lesung: Kol 3,1-4 – Zu den menschlichen Grundfragen gehört die Frage: Wer bin ich? Diese gilt auch für uns als Christen. Es ist Immer wieder notwendig, dass wir uns unserer christlichen Identität vergewissern, um diese neu von Ostern her zu hinterfragen und zu beleben. Wer mit Jesus Christus verbunden ist, ist mit ihm auferweckt. Der österliche Glauben richtet sich nach dem Himmel aus, dem Dasein Gottes mitten unter uns. Gott erweist sich in Jesus Christus als der, der Leben erschafft, zum Leben erweckt und zum Leben in ihm einlädt. Wie zeigt sich in meinem Leben die österliche Freude und Kraft? Wie wirkt sich meine christliche Identität als österlicher Mensch im Umgang mit der Welt aus? Evangelium: Joh 20,1-18 – Dabei sein ist alles – heißt es nicht nur im Sport. In den Ostererzählungen geht es um mehr. Über das Mit-dabei-Sein, über das Zuschauen und Miterleben hinaus, steht in den Ostererzählungen die alles verändernde Begegnung mit dem Auferstandenen im Mittelpunkt. Die Szenen die Ostererzählung erzeugen eine sich steigernde Spannung: Maria von Magdala kommt allein ans Grab, sieht, dass es offen ist und lief zu den Jüngern, diese darüber zu informieren. Zwei von den Jüngern laufen zum Grab und kommen zeitlich ungleich an. Der Erste geht nicht hinein. Der Zweite geht hinein. Dann geht auch der Erste hinein. Von ihm heißt es: „Er sah und glaubte!“ Beide kehren sie zurück. Nur die Frau bleibt (!). Sie begegnet dem Auferstandenen. Er spricht davon, dass er zum Vater, zu seinem und ihrem Gott, hinaufgeht (2x). In seinem Auftrag kehrt sie zu den Jüngern zurück und erzählt ihnen, was er ihr gesagt hat. Wie sieht es mit meinen österlichen Bewegungen aus? Wo bin ich gerade unterwegs? Zu welchen österlichen Bewegungen Zielsatz: Die Zuhörerinnen und Zuhörer lernen anhand der Ostererzählungen wesentliche Merkmale für den persönlichen und gemeindlichen Glaubensweg zu erkennen. Motivation: Die Frage nach dem Wesentlichen des christlichen Glaubens stellt sich immer wieder neu. Sie erweist sich als bleibende kritische Herausforderung und als notwendige Auseinandersetzung. Das gilt für den einzelnen wie für die christliche Gemeinde und für die Kirche als Ganze. Ostern bezeichnet das neu-schaffende und heilvolle Handeln Gottes: Gott erweckt Jesus aus dem Tod zum Leben. Das österliche Glaubensbekenntnis besagt: der am Kreuz getötete Jesus ist auferstanden. Damit wird schon angedeutet: christlicher Glaube gründet in Ostern. Damit wird deutlich, der österliche Glaube ist ein lebendiger und zielgerichteter Glauben. Er setzt im konkreten Leben an und vollendet sich im Tod bzw. in der Auferstehung. Österlicher Glaube steckt an, erweckt zum Leben und schafft Neues: er lädt ein, sich auf das Ostergeschehen (neu) einzulassen. Problemfrage: Wie geht das, österlich glauben? Versuch und Irrtum: Ostern die Grunderfahrung, von dem der christliche Glaube ausgeht und zu einem österlichen Glauben bewegt. Dennoch wird der vermittelte, gefeierte und erlebte Glaube oft als lebensfremd und menschenfeindlich wahrgenommen oder empfunden. Ostern ist dann weit weg von meiner persönlichen Geschichte, von den Krisen und Konflikten im Leben und von den Leiden und vom Aufschrei der Menschen gegenüber Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Unfrieden und vielfältiger Not in aller Welt. Auferweckung zum Leben ist angesagt. Doch jede/r scheint mit sich oder mit etwas anderem beschäftigt, das wichtiger, befriedigender oder gewinnträchtiger ist. Ostern bleibt dann realitätsfern und wird aus dem Angebot ausgespart. Lösungsangebot: Ganz anders die Ostererzählungen. Sie setzen bei den Menschen und im konkreten Leben an. In seiner Osterverkündigung knüpft Petrus bei der Erinnerung der Menschen an den Tod Jesu an. Die Ostererzählungen im Johannesevangelium beginnen damit, dass Maria von Magdala zum Grab Jesu geht. Die Jünger hatten sich in Angst eingeschlossen. Aufgeschreckt durch die Nachricht der Maria von Magdala, dass der Stein vor dem Grab weggewälzt ist, starten sie einen Wettlauf dorthin, um sich selbst davon zu überzeugen. Zu den wesentlichen Merkmalen des österlichen Glaubens gehört das Gehen. Maria von Magdala geht zum Grab, sie läuft zu den Jüngern, die Jünger gehen hin zum Grab, sie laufen – einer schneller als der andere. Alle kommen sie ans Grab: Maria blieb kurz stehen und lief zu den Jüngern. Der Jünger, der zuerst ankommt, bleibt stehen und wagt sich nicht hinein. Der zweite Jünger kommt nach und geht hinein. Dann geht auch der andere Jünger hinein. Von ihm heißt es: Er sah und glaubte. Wir kennen solche Geh-Geschichten aus unserem Alltag. Zum Beispiel, wir gehen gezielt auf etwas zu und plötzlich stehen wir vor einer Veränderung: wie gehen wir damit um? Wenden wir uns enttäuscht ab? Das würden wir nur dann tun, wenn uns der Inhalt, das Anliegen, der Mensch usw. nicht wichtig ist. Andernfalls tun wir was: wir teilen unsere Beobachtung Menschen, die mitbetroffen sind, mit. Wir holen uns von ihnen Unterstützung und Verstärkung. Unsere Aufmerksamkeit ist gefragt sowie unsere Bereitschaft, anderen unserer Beobachtung mitzuteilen und sie zum Handeln zu bewegen. Umgekehrt ist genauso die Fähigkeit gefragt, sich ansprechen und bewegen zu lassen, wenn etwas nicht in Ordnung ist, wenn Veränderungen wahrgenommen werden. Je mehr wir uns miteinander verbunden wissen, umso motivierter sind wir, uns auf die Nachricht einzulassen und uns selbst vom Mitgeteilten zu überzeugen – und seines in einem Wettlauf. Doch dann bedarf es des Mutes, sich die Veränderung genauer anzusehen, ja diese zu inspizieren. Man darf sich ruhig gegenseitig dabei stützen und stützen lassen. Zum Beispiel in den eigenen Lebens- oder Glaubenskrisen oder in jenen, der eigenen Lebenspartner, Kinder, der Freunde und anderer Menschen, die mir nahe stehen. Sowie in den Veränderungen und Herausforderungen im Pfarrgemeindeleben. Diese Aufbruchsmotive zum Gehen, Ankommen, Hingehen und Hineingehen sowie Wahrnehmen der Veränderungen kennzeichnen die bleibende Dynamik des österlichen Glaubens und zeigen uns wie österliches Glauben geht. Die Ostererzählungen bieten uns Modelle an, österliche Erfahrungen zu machen und österlich zu glauben. Lösungsverstärkung: Wir dürfen dabei jedoch nicht beim Äußerlichen stehen bleiben. Österlicher Glaube führt zur Beziehung zum Auferstandenen. Vom Jünger, der als zweiter am Grab angekommen war, hieß es: Er sah und glaubte. Damit ist eine innere Erfahrung angesprochen. Ihm ist sozusagen innerlich ein Licht aufgegangen: Jesus lebt. Im Moment bleibt ihm diese Einsicht noch verschlossen. Neben dem Modell der beiden Jünger, bietet uns das Johannes-Evangelium auch das Modell des österlichen Glaubens von Maria von Magdala an. Sie bleibt am Grab. In ihrer Trauer und Aufregung durch das offene Grab bleibt sie Jesus innerlich verbunden. Sie sucht ihn. Sie fragt nach ihm. Sie vertraut sich dem Engel an und lässt sich auf ein Gespräch mit Jesus ein, den sie zunächst für den Gärtner hält. Erst als sie ihn ihren Namen aussprechen hört, wendet sich sie ihm zu und erkennt ihn. Dann gibt auch er sich zu erkennen und sein Hinaufgehen zum seinem und unserem Vater. Damit wird das österliche Glaubensmotiv gestärkt: sich auf die Begegnung mit dem Auferstandenen einzulassen und in sein Hinaufgehen zum Vater mitzugehen. Österlicher Glaube ist im Leben geerdet und auf Gott hin ausgerichtet. Österliche Glaube nimmt das Leben tod-ernst und vertraut auf Gottes schöpferischem Heilshandeln. Daraus ergibt sich eine befreiende Hoffnung, die auf die Treue Gottes setzt, der Jesu auferweckt hat. Schluss: Österliche Christen erkennt man daran, dass sie sich bewegen lassen. Ich möchte die GehFreudigkeit als ein wesentliches Merkmal der österlichen Christen im Blick auf die Ostererzählungen hervorheben. Gehen wir hin im Vertrauen unseren Dienst zu tun – sei es auch der letzte an einen Menschen, wie Maria von Magdala. Nehmen wir wie Maria von Magdala wahr, dass das Grab offen ist. Teilen wir mit unseren Mitchristen, was wir beobachten und was uns befremdet – wie Maria von Magdala. Damit hat sie die Jünger aus ihrer Angst zum Leben erweckt. Lassen wir uns bewegen – wie die Jünger, und laufen wir zum Ort des Geschehens. Gehen wir hinein in die veränderte Wirklichkeit und lassen wir uns davon berühren – wie der Jünger, der sah und glaubte. Bleiben wir wie Maria von Magdala am offenen Grab, um ihn zu suchen und zu sehen. Hören wir auf unseren Namen, mit dem er uns ruft und lassen wir uns senden als Osterzeugen – wie Maria von Magdala.