Predigt/ Andacht am 10

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Predigt am 21.06.15 in Oslo
1 Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner
und Sünder, um ihn zu hören.
2 Und die Pharisäer und Schriftgelehrten
murrten und sprachen: Dieser nimmt die
Sünder an und isst mit ihnen.
3 Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis
und sprach:
4 Welcher Mensch ist unter euch, der
hundert Schafe hat und, wenn er eins von
ihnen verliert, nicht die neunundneunzig
in der Wüste läßt und geht dem
verlorenen nach, bis er's findet?
5 Und wenn er's gefunden hat, so legt er
sich's auf die Schultern voller Freude.
6 Und wenn er heimkommt, ruft er seine
Freunde und Nachbarn und spricht zu
ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe
mein Schaf gefunden, das verloren war.
7 Ich sage euch: So wird auch Freude im
Himmel sein über einen Sünder, der Buße
tut, mehr als über neunundneunzig
Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.
8 Oder welche Frau, die zehn
Silbergroschen hat und einen davon
verliert, zündet nicht ein Licht an und
kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis
sie ihn findet?
9 Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie
ihre Freundinnen und Nachbarinnen und
spricht: Freut euch mit mir; denn ich
habe meinen Silbergroschen gefunden,
den ich verloren hatte.
10 So, sage ich euch, wird Freude sein
vor den Engeln Gottes über einen Sünder,
der Buße tut. Lk 15, 1-10
In der Schule haben wir einen
Jesusfilm angeschaut. Zum Abschluss
in den beiden vierten Klassen, am
Mittwoch.
Das Leben Jesu: so wie es aussah an
Originalschauplätzen gedreht. Mit vielen
sorgfältig nachgestellten Einzelheiten
und Personen.
Und dazu einige Kinder, die alles
mitansehen und kommentieren. Die
mitfiebern und am Ende mit der
Auferstehungshoffnung ihren Glauben
leben.
Ein Junge ist dabei, dessen Vater warnt
ihn die ganze Zeit vor Jesus. Bei jeder
gemeinsamen Mahlzeit in der Familie,
wenn er ihn wieder fragt, mit wem er
zusammen war.
„Halte dich von diesem Jungen fern, sein
Vater glaubt an diesen Jesus. Glaub ihnen
nicht. Jesus ist ein Betrüger. Sie werden
ihn bald zum Schweigen bringen.“
Und dann kommt einmal der Junge zu
einem ihrer Treffen und sagte den
anderen, die Argumente seines Vaters im
Ohr, etwas enttäuscht: „Mein Vater hat
gesagt, dass viele Sünder bei Jesus
sind ….“
Und darin sind sich ja gut erzogene
Kinder einig, dass das kein gutes Zeichen,
kein Qualitätsmerkmal sein kann.
Aber der andere Junge sagt ganz locker:
Ja, das stimmt schon. Weil er alle
annimmt.
Ja. Darum sind sie bei ihm. Woanders
werden sie nicht angenommen. Am
allerwenigsten bei denen, die andauernd
von den Verpflichtungen und
Anforderungen des Glaubens und von der
Moral reden. Darum bei Jesus.
- So wird das hier auch berichtet.
„Schaut euch das doch mal an“, sagen
die Religiösen, die Frommen. „Was für
Leute da bei Jesus sind. Die es mit dem
Gesetz und den Regeln, mit der
Aufrichtigkeit und mit dem Anstand nicht
so genau nehmen.
Da ist schon zu viel schief gelaufen.
Eieiei. Die können sich so etwas wie
einen normalen Glauben gar nicht mehr
leisten. Die wollen das auch gar nicht.“
„Wieso gehen die ausgerechnet zu Jesus?
Ist das nicht ein schlechtes Zeichen für
ihn? Einen guten Ruf bekommt man
dadurch wirklich nicht.“
„Dieser nimmt die Sünder an und spricht
mit ihnen.“
Manche haben auch die Jünger von Jesus
hinter vorgehaltener Hand gefragt:
„Wieso gibt sich euer Meister mit solchen
Leuten ab?“
Vielleicht auch ihn selber:
„Beeindruckend, deine Deutung des
Gesetzes, deine Art, von Gott zu reden.
Wenn da nur nicht diese …… wären. Diese
Kleinkriminellen. Diese Schwindler. Die
immer etwas zu verbergen haben. Wie sie
schon schauen und gehen. Im Tempel
siehst du sie nie. Die passen doch – unter
uns gesagt - nicht zu uns Gottesmännern“
Dieser nimmt die Sünder an und spricht
mit ihnen – sagen sie. Und sie murren.
Für viele ist das sehr wohl ein Argument.
Ob einer was Gutes will und tut oder
nicht, siehst du daran, wer da mit dabei
ist.
Wenn du in einen Club oder Verein
eintreten willst: schau dir an, wer da
schon dazu gehört. Und warum.
- Ja, wie soll Jesus darauf eingehen, was
kann er mit dieser Einstellung dieser
Zuschauer machen?
Argumentieren? Sagen, dass es – wie
immer so auch hier - anders ist als es
aussieht?
Die Frommen beleidigen und
konfrontieren mit ihrer Heuchelei? Das
hat Jesus auch gemacht. Aber nicht hier.
Hier erzählt er Geschichten. Er beginnt in
seinem raffinierten Doppelgleichnis das
Thema Sünder aufzugreifen, indem er
erst einmal von Verlorenem redet.
Und er greift das Murren, die
Verstimmtheit, das Unverständnis für die
Sünder in der Gemeinschaft mit Jesus
auf, indem er dem: Gottes Freude
gegenüber stellt.
2 Gleichnisse also: über einen Mann, der
ein Schaf und über eine Frau, die ein
Geldstück verliert, Geschichten über das
Verlieren, Zählen und Suchen.
Etwas verlieren ist nicht schön.
Manchmal ist es nur peinlich oder lästig,
manchmal kann es einen zur
Verzweiflung bringen.
Wie ein Hirte, der sein liebes Schaf
nirgends mehr findet.
Wie eine Frau, die einfach ein verlorenes
Geldstück nicht mehr findet, so oft sie
auch zählt.
In beiden Geschichten wird nach dem
ersten Schrecken über den Verlust - nach
dem Verlorenen gesucht.
„Wer unter euch“ – sagt Jesus, würde
anders handeln? Jeder Hirte würde seine
99 Schafe zurücklassen und das eine
suchen, das es gerade bräuchte.
Welche Frau würde nicht sofort nach dem
verlorenen Geldstück suchen und sich
dann freuen, wenn sie es gefunden hat?
Etwas, was für sein Gegenüber
selbstverständlich ist. Da wird niemand
widersprechen.
Und jede und jeder würde in dieser
Situation die gleiche Freude über das
Wiedergefundene empfinden wie der
Hirte oder die Frau. Mehr oder weniger.
Und das ist in den beiden Gleichnissen
bunt und anschaulich herausgearbeitet
und geschildert:
Hier wird nicht so nebenbei gefunden,
sondern voller Freude. Das Suchen hat
sich gelohnt. Alle freuen sich
ungeheuer.... Da werden die Nachbarn
und Freunde eingeladen, da wird ein Fest
gefeiert.
Freut euch mit mir, denn ich habe das
Schaf gefunden, das verloren war, ich
habe das Geldstück gefunden, das
verloren war.
- Jesus fordert mit seiner Geschichte
nicht nur auf zu einer allgemeinen
Finderfreude. Sondern er will eine
Antwort geben auf die murrende Anfrage:
„Dieser nimmt die Sünder an und spricht
mit ihnen.“
Die Pharisäer und Schriftgelehrten
denken ja gerade, dass das Verhalten der
Leute, mit denen Jesus zusammen ist,
dem Himmel missfällt. Die Engel werden
rot vor Zorn, Gott runzelt die Stirn und
kämpft mit seinem Unmut.
So wie ihr euch alle freuen würdet über
ein Wiederfinden: so freut sich Gott.
Nehmt einander an, wie Christus euch
angenommen hat.
Wir alle sind heute morgen durch diese
beiden Geschichten und die murrenden
Frommen gefragt:
Amen.
Jetzt geht es genau um Verlorene, die
gefunden werden, Sünder, die umkehren
können.
Und um das Murren der Pharisäer und
Schriftgelehrten.
Und sie meinen, ihre Haltung dagegen,
die sich von den Zöllnern und Sündern
deutlich distanziert, die würde dem
Himmel, würde Gott gefallen. Da würde
ihnen Gott von weitem anerkennend auf
die Schulter klopfen.
Aber ganz sicher sind sie sich vielleicht
gar nicht.
Wie seht ihr die Menschen, wie
seht ihr euch?
Jesus redet nach jeder Geschichte
nämlich von Gottes Freude:
Ich sage euch: So wird auch Freude im
Himmel sein über einen Sünder, der
umkehrt, mehr als über neunundneunzig
Gerechte, die das scheinbar nicht
brauchen.
So, sage ich euch, wird Freude sein vor
den Engeln Gottes über einen Sünder, der
umkehrt.
Gott ist wie eine Frau, die nicht
nachgibt, nicht aufhört, sich auf den
Boden hinunter zu bücken. Wie ein Hirte,
der sich um sein 100. Schaf kümmert, das
ihm im Moment wichtiger ist als die 99
anderen.
Und Gott freut sich wie ein Kind, wie ein
Schneekönig, wenn er findet.
Und der ganze Himmel freut sich mit.
Über diese Menschen, die ihr so
verachtet und die ihr nicht an euch ran
lasst, geschweige denn annehmt und mit
denen ihr nicht redet.
Die sind sozusagen verloren für euch, für
die manchmal so strenge Gemeinschaft
der Gläubigen, die bringen euch nichts,
die sind verloren für die
Leistungsgesellschaft, für das Normale,
fürs reibungslose Funktionieren.
Die will Gott haben. Über die freut sich
Gott.
Einfach deshalb, weil sie in seiner Nähe –
bei Jesus - sind. Wieder in seiner Nähe
sind.
Jesus aber nimmt den Himmel für sich in
Anspruch. Genauso wie wir uns alle über
etwas Verlorenes freuen, das wir wieder
finden, freut sich Gott über jeden, der
wieder in seine Nähe kommt.
Ja, und auch die Pharisäer und
Schriftgelehrten - sie selber haben dann
auch viel mehr Chancen, dass über sie
Freude im Himmel ist.
Ein tolles Argument: was Gott denkt und
fühlt, das sollen wir auch denken und
fühlen. Ganz fremd ist das den Frommen
der damaligen Zeit nicht.
Das können wir lernen, mit Gottes Augen
zu sehen, mit seinem Herzen zu fühlen.
Auch sonst nimmt Jesus sehr gern das,
was Gott tut, als Vorbild für uns
Menschen:
Seid vollkommen, wie euer himmlischer
Vater vollkommen ist….
Seid barmherzig wie Gott es ist.
Orientiert euch an Gottes Wesen, anstatt
von irgendwelchen Vorstellungen und
Ängsten, religiösen Mechanismen und
eurem kranken Denken bewegt zu
werden.
Und hier sagt er: Freut euch über diese
Menschen, die gerade etwas Neues
entdecken.
- Wie seht ihr die Sünder, die
Versklavten, die Enterbten, die
Kriminellen, die Verstrickten, die
Süchtigen?
Versucht sie doch einmal zu sehen als
Verlorene, die wieder gefunden werden.
Genau diesen Status haben sie ja bei
Jesus: im Gespräch mit ihm,
angenommen von ihm.
Es sind Menschen, die dazu gehören, die
nicht ausgegrenzt, isoliert,
ausgeschlossen werden dürfen.
- Und wie seht ihr euch selber? Als
Menschen, über die Gott sich freut?
Ihr fragt: Wer freut sich über mich? Für
wen bin ich so wichtig, dass er sich auf
die Suche nach mir machen würde?
Ein Wohlgefalln Gott an uns hat… - singen
wir in unseren Gottesdiensten.
- Freut euch, dass diese Menschen zu
Gott gefunden haben.
Seid barmherzig und hoffnungsvoll.
Vertraut nicht nur auf menschliche
Qualitäten, sondern auf Gottes Kraft,
Gottes Trost, Gottes Licht, Gottes
Weisheit.
Dann werdet ihr auch euch selber anders
sehen können.
Dann werdet ihr glauben können, dass
sich Gott uneingeschränkt über euch
freut!
Und seid dann Leute, die dabei sind,
andere zu suchen und zu finden:
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