Predigt am 6.9.2000 in der Fildergemeinde Text: 1.Mose 15: Abraham glaubte Gott (Was wir von Abraham über den Glauben lernen können) Einleitung Von Abraham über den Glauben lernen, darüber möchte ich in dieser Predigt mit euch nachdenken. Im Alter von 75 Jahren, wenn andere sich schon längst zur Ruhe gesetzt haben, fängt für Abraham das große Abenteuer seines Lebens erst an. Er lebte in einer reichen Stadt, die einiges an Kunst und Kultur zu bieten hatte, als Gott zu ihm sprach: Verlass dein Vaterland und deine Verwandtschaft und ziehe in ein Land, das ich die zeigen werde. Abraham war bereit, seine Heimat und alle Sicherheiten hinter sich zu lassen und in ein neues, ihm unbekanntes Land zu ziehen. Daran wird uns das erste Wesensmerkmal des Glaubens deutlich: 1 Glaube bedeutet Aufbruch Und dieser Aufbruch führt oft zu einem Bruch mit dem bisherigen Leben. Abraham musste viele Bindungen und wertvolle Beziehungen hinter sich lassen und das ist ihm sicherlich nicht leicht gefallen. Das einzige, worauf er sich verlassen konnte, war die Zusage Gottes, bei ihm zu sein und ihn zu segnen. Aufbruch muss nicht immer ein Wechsel des Wohnorts bedeuten. Jeder von uns kennt eingefahrene Gleise in seinem Leben. Aufbruch könnte bedeuten, diese Gleise zu verlassen und sich auf Neue Erfahrungen mit Gott einzulassen. Da denke ich z.B. an zwei ältere Brüder in unserer Gemeinde auf den Fildern, beide schon über 80. Sie gehörten früher zur Stuttgarter Gemeinde. Als sie von der neuen Gemeindearbeit hörten, machten sie sich auf und haben sich uns angeschlossen, obwohl die meisten Gottesdienstbesucher recht jung sind und die Gemeinde entsprechend geprägt ist. Das stört sie nicht. Sie fühlen sie bei uns zu Hause und machen überall fröhlich mit. Aufbruch ist ein Anfang des Weges mit Gott, denn 2 Glaube heißt, unterwegs mit Gott zu sein Einmal im Leben einen Aufbruch zu wagen, etwas Neues anzupacken, das ist ganz reizvoll, aber ständig unterwegs zu sein, das ist nicht jedermanns Sache. Abrahams Vater hatte sich auch auf den Weg gemacht, aber ihm wurde die Reise zu beschwerlich. Auf halbem Wege in das verheißene Land kehrte er in eine Stadt ein, die ihn an seine Heimatstadt, Ur, erinnerte. Abraham glaubte Gott: 1. Mose 15 Seite 1 Die Bindungen an die Vergangenheit waren bei ihm noch sehr stark. So ließ er sich in Haran nieder und wurde der Berufung durch Gott untreu. Abraham setzte die Reise fort und machte viele Erfahrungen mit Gott auf dem Weg. Sein Glaube konnte sich bewähren und wachsen. Das Leben auf der Wanderschaft war eine große Herausforderung. Aber in dieser Unsicherheit lernte er Gott besser kennen. So wurde er durch diese Herausforderung reifer und fester im Glauben. Abraham war aber noch lange kein vollkommener Mann. 3 Glaube schließt auch Fehler und Versagen ein "Nach diesen Geschichten", so fängt unser Predigttext an. Zu Abrahams Leben gehören Geschichten, bei denen er sich nicht gerade mit Ruhm bekleckerte. So z.B. als er nach Ägypten ging, um einer Hungersnot zu entkommen. Aus Angst davor, dass man ihn dort umbringen könnte, um an seine schöne Frau, Sara, heranzukommen, hat er sie als seine Schwester ausgegeben. Das führte zu einer peinlichen Situation, weil der König von Ägypten sie dann zu sich nahm und Abraham Geschenke machte, damit er Sara zur Frau haben konnte. Die Frauen konnten damals nicht selber bestimmen, wen sie heiraten, dies wurde mit den Eltern oder dem ältesten Bruder ausgehandelt. Gott sorgte aber dafür, dass der Schwindel bald aufflog. Abraham musste als Mann Gottes seine Lüge zugeben und war sehr beschämt. Mich tröstet es zu wissen, dass Gott keine vollkommenen und sündlosen Menschen beruft. Denn Abraham war ein Mensch wie wir, mit Schwächen und Stärken. Er lernte, dass Versagen nicht das Ende bedeutet, dass Gott Vergebung und Möglichkeiten zur Umkehr schenkt. Wir haben oft einen große Angst vor Fehlern und Versagen, denn damit können wir uns blamieren. Viel schlimmer ist es aber, wenn wir, wegen dieser Angst nichts mehr wagen und auf der Stelle treten. Zurück zu Abraham: Er hatte Gott gehorcht und sich auf den Weg in ein neues Land gemacht. Gott hatte seine Treue bewiesen und viele Verheißungen, die er am Anfang gab, erfüllt. Abraham wurde gesegnet, er war um einiges reicher geworden. Gott hatte ihn auch vor Feinden und Gefahren beschützt, doch die Erfüllung der wichtigsten Verheißung, nämlich, dass Abraham und Sara Nachwuchs bekommen sollten, ließ noch auf sich warten. Mit jedem Jahr wurde aber die Chance geringer, dass der Nachwuchs sich einstellt, denn Abraham und Sara waren nicht mehr die jüngsten. Das bringt uns auf die nächste, wichtige Aussage über den Glauben: Abraham glaubte Gott: 1. Mose 15 Seite 2 4 Glaube erfordert Geduld Das Warten auf die Erfüllung einer Verheißung erfordert Geduld und bringt uns oft in große Nöte. Wenn ein guter Freund uns etwas verspricht, dann erwarten wir, dass er es bald erfüllt. Tut er es nicht, dann zweifeln wir an sein Versprechen, oder an seine Fähigkeit, dieses Versprechen zu einzuhalten. Wie ist das, wenn wir die gleiche Erfahrung mit Gott machen? Wir sind fest überzeugt, dass Gott durch sein Wort oder durch eine persönliche Verheißung uns etwas versprochen hat, aber es geschieht lange Zeit gar nichts. Das ist oft eine harte Belastungsprobe für unseren Glauben. Wir merken, dass der Zeitfaktor eine wichtige Rolle im Glauben spielt. Gott hat offensichtlich andere Zeitmaßstäbe als wir Menschen. Bei uns führt Langes Warten häufig zu Enttäuschungen und damit kommen wir zum nächsten Punkt 5 Glaube heißt, offen mit Gott über Enttäuschungen zu reden Gott fängt das Gespräch mit Abraham so an: "Fürchte dich nicht Abraham, ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn." Gott verspricht, Abraham zu beschützen und ihn für seine Treue zu belohnen. Was kann man sich mehr wünschen? Abraham müsste ganz begeistert und richtig dankbar sein. Statt dessen, fängt er an zu klagen. Die ganze Enttäuschung bricht aus ihm heraus: "Herr, was nützt mir dies alles. Ich bin ein alter Mann und werde bald sterben. Du hast mir aber den größten Wunsch versagt, nämlich ein eigenes Kind zu bekommen, einen Erben." Es war ja viel mehr als ein bloßer Wunsch, es war die wichtigste Verheißung, die Gott ihm auf den Weg mitgab, als er von seiner Heimat aufbrach. Gott ist gar nicht erbost über dieses offene Wort von Abraham. Er macht Abraham Mut, an der Verheißung fest zu halten: "Geh aus deinem Zelt hinaus." In der klaren Nacht sind viele Sterne am Himmel zu sehen. "Kannst du diese Sterne zählen?" fragte ihn Gott, "So zahlreich sollen deine Nachkommen werden." Und nun stand Abraham da. Auf der einen Seite, sah er seinen alten, fast abgestorbenen Leib, er sah seine Frau, die keine Kinder gebären konnte, auf der anderen Seite war diese ganz klare Verheißung von Gott. Wem sollte er glauben? Der Realität, die so deutlich ihm vor Augen stand, oder Gottes Wort? Damit kommen wir zu einer weiteren, wichtigen Aussage über den Glauben: Abraham glaubte Gott: 1. Mose 15 Seite 3 6 Glaube lebt im Spannungsfeld zwischen Gottes Verheißungen und der sichtbaren Realität Dieser Konflikt ist eine der größten Zerreißproben im Leben der Gläubigen. Kann man den so gegen den Augenschein glauben? Machen wir uns nicht lächerlich, wenn es doch nichts wird mit der Verheißung und wir eine unsanfte Bruchlandung mit unserem Glauben erleben? Weil wir Angst haben vor solch einer Bruchlandung und vor Enttäuschungen, schrauben wir unsere Hoffnungen auf ein menschliches Maß wieder herunter. Nicht Gottes Verheißung bestimmt den Horizont unserer Erwartungen, sondern das menschlich Machbare. Jeder von uns kennt solche Konfliktsituationen. Abraham konnte diese Spannung einfach nicht mehr aushalten; er hatte sich zunächst entschieden, der Realität, die ihm vor Augen stand, mehr zu glauben als Gottes Verheißung. Die Hoffnung auf eigene Kinder hatte er innerlich abgehakt. Ich denke, wir können es sehr gut nachvollziehen, wie Abraham sich hier verhält. Wir finden uns oft mit der Realität unseres Lebens ab, auch wenn diese in krassem Widerspruch zu Gottes Verheißungen steht. Es kostet einfach zu viel Kraft, gegen diese Realität zu glauben. Gott hat es aber verstanden, den Glauben in Abraham wieder neu zu entfachen. Abraham war nun in der Lage, die Dinge aus Gottes Perspektive zu sehen. Er konnte wieder glauben, dass bei Gott nichts unmöglich ist. In unserem Bericht heißt es ganz schlicht: "Abraham glaubte dem Herrn." Damit wird uns eine andere Eigenschaft des Glaubens deutlich: 7 Glaube klammert sich an Gottes Verheißungen fest Glaube ist ein Vertrauen in Gott und sein Wort, das sich nicht erschüttern lässt durch Nöte und Schwierigkeiten im Alltag. Das ist nicht immer leicht durchzuhalten. Ich habe von einem jungen Studenten gelesen, der zum Glauben an Jesus gekommen war. Kurz danach erlebte er viele Schwierigkeiten: Seine langjährige Freundin lief ihm davon, die Ehe seiner Eltern ging zu Bruch. Er kriegte das nicht auf die Reihe und haderte mit Gott. Eines Nachts, als er wieder diese Probleme wälzte, entschloss er sich, mit dem Glauben Schluss zu machen. Er nahm seine Bibel und alle anderen christlichen Bücher und verbrannte sie im Garten. Diese Geschichte hat kein Happy End. Es dauerte Jahre, bis dieser junge Mann überhaupt wieder ansprechbar war auf das Thema Glaube. Es ist ein Geschenk von Gott, wenn wir, trotz negativer Erfahrungen am Glauben festhalten. Er stellt uns andere Christen zur Seite, die uns ermutigen, dass wir den Glauben nicht über Abraham glaubte Gott: 1. Mose 15 Seite 4 Bord werfen, wie dieser junge Mann es tat. Deshalb ist es so wichtig, Gemeinschaft und Austausch mit anderen Christen zu haben. Ich komme zum letzten Punkt 8 Glaube findet bei Gott Anerkennung Unser Predigttext schließt mit dem Satz: Abraham glaubte dem Herrn und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit. In einer neuen Übersetzung steht: "und so fand er Gottes Anerkennung." Von welchem Glauben spricht die Bibel hier? Wir kennen den Spruch: "Hauptsache man glaubt an etwas." Ich erinnere mich an eine ältere Dame, die einmal neben mir im Flugzeug saß. Ich flog über Zypern in den Libanon – damals tobte noch der Bürgerkrieg dort – und sie wollte Urlaub machen auf Zypern. Wir kamen unterwegs ins Gespräch und haben uns auch über den Glauben unterhalten. Kurz bevor das Flugzeug landete, holte sie einen Pfennig aus ihrer Tasche und gab ihn mir. "Der soll ihnen Glück bringen," sagte sie. Ich habe freundlich abgelehnt und versuchte ihr zu erklären, dass ich an Gott glaube und nicht an Gegenstände, die Glück bringen sollen. Die arme Frau war enttäuscht. Sie konnte nicht unterscheiden zwischen Glauben und Aberglauben. Der Glaube, den die Bibel meint, gründet sich allein auf das Wort Gottes und auf seine Verheißungen. Es ist der Glaube, der dieses Wort ernst nimmt und bereit ist, mit Gott Wagnisse einzugehen und neues Land zu betreten. Dieser Glaube ehrt Gott und macht ihm Freude. Solch ein Glaube findet bei Gott Anerkennung. Abraham glaubte Gott: 1. Mose 15 Seite 5