Pflanzen, die sich Tiere fangen Klaus Brauner, Göcklingen Niveau: Klasse 6 Dauer: 6 Unterrichtsstunden Ziele: Die Schülerinnen und Schüler ... können drei Sonderformen der Ernährung von Pflanzen beschreiben; sind in der Lage, die Fang- und Verdauungsmechanismen von Sonnentau, Venusfliegenfalle und Kannenpflanze zu erläutern; erkunden durch Versuche, welche Objekte die Fangmechanismen von Sonnentau und Venusfliegenfalle auslösen; bringen anhand von Langzeitversuchen in Erfahrung, wie lange die Pflanzen zur Verdauung bestimmter Beutetiere brauchen bzw. wann sie diese als unverdaulich identifizierte Stoffe vorzeitig wieder freigeben; vermögen die Notwendigkeit einer Zusatzversorgung bestimmter Pflanzen mit Stickstoff zu begründen; eignen sich das notwendige Wissen an, um Sonnentau und Venusfliegenfalle in Zimmerkultur pflegen zu können. Didaktisch-methodische Orientierung Sonnentau ist auf den Fang kleinerer Insekten wie Mücken spezialisiert. Im Unterricht wird eine kultivierte Art mit langen, grasartigen Blättern und rosa Blüten (Drosera capensis) eingesetzt. Ihre roten Stieldrüsen glitzern in der Sonne wie Tauperlen. Sie sondern ein klebriges Sekret ab, das leicht nach Honig duftet und auch bei warmen Temperaturen nicht eintrocknet. Durch die Befreiungsversuche eines festgeklebten Insekts werden immer mehr der seitlich abstehenden Drüsenhaare gereizt. Durch Wachstumsbewegungen krümmen sie sich im Laufe einer Stunde nach innen. Dabei drücken sie die Beute auf die Blattmitte, wo sie mit den Verdauungsdrüsen in Berührung kommt. Lässt sich ein Insekt in der Nähe der Blattspitze nieder, so rollt sich das Blatt von der Spitze her ein und hält das gefangene Insekt zusätzlich fest. Größeren Insekten wie Stubenfliegen oder Käfern gelingt es häufig, sich rechtzeitig zu befreien. Außer einem Leim scheiden die Stieldrüsen auch Säuren ab. Sie töten Fäulnisbakterien und verhindern damit eine verfrühte Zersetzung der Beute. Für die Verdauung einer Stechmücke braucht Sonnentau etwa eine Woche. Dann spreizen sich die Stieldrüsen wieder ab und geben unverdauliche Reste wie Chitinpanzer frei. Stoffe, die kein Eiweiß enthalten, werden schon nach etwa einer Stunde ausgeschieden. Die breit entfalteten Blattflächen der Venusfliegenfalle tragen an den Rändern zentimeterlange kammartige Zinken oder Borsten. Auf den beiden Hälften der Innenseite sitzen je drei sehr feine, kaum sichtbare Fühlborsten. Werden mehrere gleichzeitig berührt, klappen die beiden Blatthälften innerhalb einer hundertstel Sekunde wie die Seiten eines Buchs zusammen. Dabei greifen die Randborsten genau ineinander und bilden ein Gitter, das größeren Insekten und Spinnen die Flucht verwehrt. Je nach Größe der Beute öffnet sich die Fangeinrichtung nach Ablauf von 9 bis 20 Tagen. Vor allem ältere Blätter können mit der Verdauung einer größeren Beute überforder t sein. Sie öffnen sich auch nach langer Zeit nicht mehr, werden schwarz und sterben ab. Bei der Kannenpflanze ist ein Teil der Blattspreite in ein kannenförmiges Gebilde umgewandelt, das zu einem Drittel mit einer wässrigen Flüssigkeit gefüllt ist. Insek ten, die durch Farbe oder Duft angelockt werden, rutschen auf dem glatten Rand der Kanne aus und fallen in die Flüssigkeit. Dort werden sie innerhalb 5 bis 8 Stunden verdaut. Fluchtversuche scheitern daran, dass die Kammerwand sehr glatt ist und nach unten gerichtete Borsten den Ausgang wie eine Reuse versperren 1 /D3 Pflanzen, die sich Tiere fangen Damit die Schülerinnen und Schüler möglichst viele Erkenntnisse weitgehend selbsttätig gewinnen können, werden mehrere Versuchsreihen geplant und durchgeführt. Dabei soll erkundet werden, wie Fangmechanismen der angegebenen Pflanzen funktionieren und von welchen Stoffen sie ausgelöst werden. Die meisten Experimente sind Langzeitversuche, bei denen erst nach Stunden oder Tagen Veränderungen zu beobachten sind. Wichtige Voraussetzung für eine genaue Auswertung der Versuche, mit denen auch einzelne Schülerinnen und Schüler als Hausaufgabe betreut werden können, ist deshalb eine sorgfältige Protokollierung. Alle drei zu behandelnden Pflanzenarten werden als preiswerte Topfpflanze n in Garten-märkten angeboten. Da Sonnentau und Venusfliegenfalle über längere Zeit zur Verfügung stehen müssen, aber auch für häusliche Beobachtungen, wird den Schülerinnen und Schülern eine Pflegeanleitung für Zimmerkultur an die Hand gegeben. Als Medien stehen drei FWUFilme mit Zeitrafferaufnahmen zur Verfügung. Es ist zweckmäßig, sie erst nach Abschluss einer Versuchsreihe zur Überprüfung der Ergebnisse einzusetzen. Der Unterricht über Tiere fangende Pflanzen lässt sich in den Zusammenhang „Ernährung von Pflanzen” einordnen. Er bezieht sich auf „Zusatzversorger”, d. h. Pflanzen, die zur Deckung ihres Stickstoffbedarfs eigentümliche Fang- und Verdauungswerkzeuge wie Kleborgane (Sonnentau), Klappfallen (Venusfliegenfalle) und bauchige Kannen (Kannenpflanze) entwickelt haben. Eine wichtige Lernvoraussetzung sind gesicherte Kenntnisse über die (normale) Ernährung grüner Pflanzen. Der Unterricht beginnt deshalb mit der Wiederholung über die Ernährung einer grünen Pflanze anhand des Arbeitsblattes M 1. Dabei werden Fotosynthese und Nährstoffaufnahme zusammengefasst und schematisch dargestellt. Im Zusammenhang mit den folgenden Arbeitsblättern (M 1-M 8) lässt sich die Farbfolie M 11, auf der Fotos von Sonnentau und Kannenpflanze zu sehen sind, immer wieder einsetzen (siehe auch Erläuterungen zu M 11). Mit der Frage „Was nützen der Pflanze die ,Tauperlen`?” wendet sich der Unterricht der eigentlichen Thematik zu. In den Arbeitsblättern M 2-M 3 werden die Lernenden zu Untersuchungen an Sonnentaupflanzen angeleitet. In Versuchen erkunden die Arbeitsgruppen, auf welche Objekte der Fangmechanismus reagiert. Die Ergebnisse der Versuche dokumentieren die Lernenden im Arbeitsblatt M 4. Auf ähnliche Weise wie beim Sonnentau untersuchen die Schülerinnen und Schü ler in den Materialien M 5-M 6 den Fangapparat der Venusfliegenfalle. Im Arbeitsblatt M 7 beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit den zu einer „Kanne” umgestalteten Blättern der Kannenpflanze. Im Rahmen des Arbeitsblattes M 8 werden die Fangmechanismen bei den vorgestellten Pflanzen einander gegenübergestellt. Dabei kommt die Lerngruppe zu dem Ergebnis, dass die Pflanzen zwar über verschiedene Einrichtungen verfügen, diese aber ein und demselben Ziel, der zusätzlichen Versorgung mit Stickstoff, dienen. Als Langzeitbeobachtung erkunden die Schülerinnen und Schüler Sonnentau und Venusfliegenfalle in Zimmerkultur. Dazu erhalten sie die Pflegeanleitung M 9. Den Abschluss der Unterrichtseinheit bildet das Rätsel M 10, anhand dessen die Lernenden ihr Wissen überprüfen. Verlauf Stunde 1 Ernährung einer grünen Pflanze 2 Material Verlauf M1 Am Beispiel einer Topfpflanze wiederholen die Schülerinnen und Schüler, wie sich eine grüne Pflanze ernährt, und halten das Ergebnis in einer schematischen Zeichnung fest. /D3 Pflanzen, die sich Tiere fangen Stunde 2 Sonnentau, ein Mückenfänger Material Verlauf M 2-M 3 Die Arbeitsgruppen untersuchen die „Tauperlen” an Blättern des Sonnentaus und erkennen, dass sie klebrig sind. Reste von Insekten deuten darauf hin, dass sie wie ein Fliegenfänger wirken. Anhand von Versuchsreihen wird erkundet, worauf die Fangmechanismen reagieren und wie lange die Verdauung dauert. M 11 Stunde 3 Sonnentau klebt kleine Tiere fest Material Verlauf M4 Das Arbeitsblatt M 4 dient der Ergebnissicherung im Hinblick auf die in M 2 durchgeführte Versuchsreihe. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, den FWU-Film „Sonnentau und Fettkraut” zu zeigen, in dem die Fangmechanismen des Sonnentaus thematisiert werden. So können die Lernenden nochmals die Vorgänge nachvollziehen und ihre eigenen Beobachtungen überprüfen. Stunde 4 Eine Pflanze mit Klappfallen Material Verlauf M 5-M 6 An umgewandelten Blättern der Venusfliegenfalle erkunden die Arbeitsgruppen, mit welchen Einrichtungen und Stoffen der Klappmechanismus ausgelöst wird. Ergänzend bietet es sich an, den Film „Wasserschlauch und Venusfliegenfalle” (siehe Mediothek) mit Aufnahmen zum Fangmechanismus in den Unterricht einzubringen. M 11 Stunde 5 Eine Pflanze lockt Tiere in eine Kesselfalle Material Verlauf M7 M 11 Die Lerngruppen untersuchen die Fangvorrichtung an den umgestalteten Blättern der Kannenpflanze. Zusätzlich kann der Film „Kannenpflanze” (siehe Mediothek) gezeigt werden. Stunde 6 Verschiedene Einrichtungen, ein Ziel 3 Material Verlauf M 8-M 9 M 11 Im Material M 8 stellen die Lernenden die Fangeinrichtungen der untersuchten Pflanzen einander gegenüber. Als einheitlicher Zweck wird die Sicherstellung des Stickstoffbedarfs der Pflanzen erarbeitet. Nachdem die Schülerinnen und Schüler Anweisungen für eine Zimmerkultur von Sonnentau und Venusfliegenfalle erhalten haben (M 9), überprüfen sie ihr Wissen an dem Rätsel M 10. /D3 Pflanzen, die sich Tiere fangen Materialübersicht M 1 (Ab) So ernährt sich eine grüne Pflanze M 2 (Ab) Was nützen der Pflanze die „Tauperlen”? Für jede Arbeitsgruppe werden benötigt: 1 Sonnentau-Pflanze im Topf eine lebende und eine getötete Stechmücke oder Ameise 1 Federpinzette 1 Stückchen Fleisch, Käse und gekochtes Ei 1 Streifen Filtrierpapier 1 Stückchen Kunststoff und Streichholz farbige Klebepunkte M 3 (Ab) Ihm geht so manches Insekt auf den Leim M 4 (Ab) So verdaut Sonnentau kleine Tiere gegebenenfalls der FWU-Film Nr. 36 0168 (Sonnentau und Fettkraut) M 5 (Ab) Eine Pflanze mit Klappfallen Für jede Arbeitsgruppe werden benötigt: 1 Venusfliegenfalle im Topf 1 Federpinzette 1 Zahnstocher eine Stubenfliege oder ein ähnlich großer Käfer 1 Präpariernadel M 6 (Ab) In den Fängen der Venusfliegenfalle gegebenenfalls der FWU-Film Nr. 36 0169 (Wasserschlauch und Venusfliegenfalle) M 7 (Ab) In einer tückischen Fallgrube ertränkt Für jede Arbeitsgruppe werden benötigt: 1 Kannenpflanze im Topf 1 kleines Becherglas 1 Rasierklinge eine Stubenfliege oder ein ähnlich großer Käfer gegebenenfalls der FWU-Film Nr. 36 0170 (Kannenpflanze) M 8 (Ab) Verschiedene Einrichtungen, ein Ziel M 9 (Ab) Beobachtung in Zimmerkultur M 10 (Ab) Rätsel rund um fleischfressende Pflanzen M 11 (Fo) Die bunte Vielfalt fleischfressender Pflanzen Die Erläuterungen und Lösungen finden Sie ab Seite 19. Sämtliche Fotos in diesem Beitrag stammen - falls nicht anders vermerkt - von Klaus Brauner. 52 RAAbits Biologie Apri12007 4 /D3