Zur Geschichte der keltischen Religion in Europa

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Zur Geschichte der keltischen Religion in Europa
unbekannter Autor
Die erste Erwähnung der Kelten als Volksgruppe ist ca. 10000 Jahre her,
damals verließen die Kelten ihren Lebensraum im heutigen Grenzgebiet
zwischen Ungarn und Slowenien.
Ca. 1000 Jahre später findet man Erwähnungen der Kelten im heutigen
Skandinavien, von wo aus sich die Kelten vor ca. 4000 Jahren über ganz
Zentral- und Mitteleuropa ausbreiteten. Von Frankreich aus siedelten sie
vor ca. 3500 Jahren auch auf den britischen Inseln. Bei dieser Besiedelung
übernahmen sie viele Heiligtümer (Stonehenge, Heidenmauer bei
Straßburg u.v.m.) und Feste von den Ureinwohnern.
Mit der Ausbreitung des Christentums vollendete sich der Niedergang der
keltischen Religion, der schon mit dem Wandel vom Matriarchat zu
Patriarchat begann. (Siehe hierzu die Sagen der Mabinogi.) Das
Christentum wurde die offizielle Religion in Europa, die alten Weisen des
keltischen Glaubens lebten jedoch weiter und arbeiteten als Kräuterfrauen
oder -männer. Die Fürsten mußten sich mit den christlichen Herrschern
jedoch gutstellen, weshalb viele keltische Heiligtümer und Heilquellen
durch sogenannte Wunderheilungen von frisch Konvertierten an die neue
Religion übergeben wurden (als Beispiel die Heidenmauer mit der
Heilquelle am Odilienberg bei Straßburg, das größte keltische Heiligtum in
Europa).
Jedoch war es bis zum Beginn der Hexenverbrennungen im 15.
Jahrhundert noch möglich, die keltische Rituale zu pflegen und die
Heilkunst weiterzugeben. Mit Papst Innozenz VIII. wurde 1484 die
Hexenverfolgung eingeleitet und durch den Hexenhammer von 1487 zum
allgemeinen Gesetzbuch in Europa.
Da die keltischen Überlieferungen nur innerhalb der Familie mündlich
weiter gegeben wurden, sind mit dem Verbrennen der als Hexen
verleumdeten Priesterinnen, Priester, Kräuterfrauen und -männern auch
die alten Überlieferungen vieler Priesterlinien vernichtet worden.
Allgemein
Artikel 1
Die Kelten - Religion
Die Religion und Mythologie der Kelten wurde nur unvollständig aus
Berichten der römischen Eroberer überliefert. Erst in christlicher Zeit
entstanden schriftlich festgehaltene irische Sagen und Märchen, die aus
Bräuchen und archäologischen Befunden erschlossen werden konnten.
Die keltischen (gallischen) Götter wurden meist mit griechischen und
römischen Göttern in Verbindung gebracht.
Die keltischen Hauptgötter waren Lug (Merkur), Grannus, Belenus
(Apollon), Esus, Teutates (Mars), Taranis
(Jupiter) und Ogma (Herkules).
Die hohe soziale Stellung der Frau bei den Kelten spiegelte sich in einer
großen Zahl weiblicher, v.a. Muttergottheiten wider.
Träger der keltischen Religion waren die Druiden, nach deren Lehre es ein
Weiterleben nach dem Tod im Jenseits, einem Land der Glückseligkeit,
gab.
Eingefriedete Heiligtümer, aber auch kompliziertere Anlagen dienten als
Kultstätten. Bäume galten als heilig, Tiere wurden als Stammeszeichen
verehrt und Voraussagen für die Zukunft wurden aus dem Vogelflug oder
den
Eingeweiden von Opfertieren abgelesen.
Die Abstammung
Die Entstehung der Menschen
Zwischen den heidnischen Mythen über die Herkunft der Menschen und
den Lehren der Bibel und ähnlichen Systemen gibt es vier schwerwiegende
Unterschiede: Erstens erkennen wir den Menschen als Teil der Natur,
statt ihn „über" sie zu stellen, zweitens ist er nicht das Willkürprodukt und
damit auch Eigentum eines Schöpfers, sondern ein freies Kind der Mutter
Erde und der Götter, drittens sind Mann und Frau gleichwertig, nicht wie
in
der Bibel der Mann das göttliche Ebenbild und die Frau nur Beiwerk, und
viertens sind wie die verschiedenen Geschlechter auch die
Verschiedenheiten der Persönlichkeiten, der Rassen und Kulturen, der
individuellen und
gesellschaftlichen Lebensgestaltungen gleichwertig. Natur ist Vielfalt,
jedes Wesen ist anders einzigartig und von unwiederbringlichem Wert.
Unsere Herkunft aus der Natur
Das Wissen, daß wir von der Mutter Erde abstammen, ist so allgemein und
auf Anhieb verständlich, daß es nicht näher erklärt werden muß. Auch die
Eddadichter betrachteten es als Selbstverständlichkeit und erwähnten
daher die Erdabstammung des Menschen nicht ausdrücklich. Ganz anders
Tacitus, der seinen römischen Landsleuten genau schilderte, daß sich die
Germanen als Kinder ihrer heimatlichen Erde fühlten.
Er berichtet von heiligen Liedern, in denen sie das erdgeborene Urwesen
Tuisto oder Tuisco („der Zweifache") besangen, das wie Ymir Mann und
Frau zugleich war. Tuisto hatte einen Sohn mit Namen Mannus („der
Mensch"), dieser wiederum drei Söhne, von denen die Völkergruppen der
Ingväonen, Istävonen und Herminonen abstammen, die mythischen
Urvölker der Germanen. Ähnliche Mythen gab es auch in Griechenland,
dessen Ureinwohner stolz erklärten, ihre Stammesväter seien
„autochthon", von der Heimaterde selbst geboren worden.
Menschen und Bäume
Die Abstammung von Bäumen ist ein Mythos, der eine sehr klare Sprache
spricht, wenn man von der Verwurzelung in der Erde ausgeht. So wie
unser Tiertotem haben wir auch ein Baumtotem, die Esche, die Odin
geweiht ist. Sie war schon ein gemeinsames indogermanisches Totem,
denn ein griechischer Stamm, die Danaer, stammte von der
Eschennymphe Melia ab. Aesc hieß ein mythischer Urahn der englischen
Könige,
Askr heißt in der Edda der erste Mann, der gemeinsam mit der ersten
Frau, Embla (Ulme), in die Welt kam. Beide waren ursprünglich Bäume.
Drei Götter, eigentlich Odin in der Dreigestalt Odin-Hönir-Lodur, fanden
die beiden Bäume angespült am Meeresstrand Treibholz in den Wellen des
Schicksals. Sie erfüllten die leblosen Stämme mit neuem Dasein.
Odin gab ihnen den Atem des Lebens (nord. önd), Lodur Wärme (lA) und
Gestalt (litr) und Hönir Geisteskraft (SPr). Diese Geschenke der drei
Götter sind einige Aspekte dessen, was man vereinfacht Seele und Geist
nennt. Sie existieren nicht für sich allein, sondern sind Teil der Ganzheit
des Lebens.
Diese Ganzheit heißt in unserer Tradition Heil (vgl. engl. whole, griech.
holos). Sie muß wie ein Baum aus den Wurzeln wachsen und in die Höhe
streben, sich ausbreiten und Früchte tragen. Heil im Sinn der heidnischen
Religion ist kein bloßes Seelenheil, sondern die Entfaltung des ganzen
Menschseins, zu dem auch die Verbindung zu Umwelt, Gemeinschaft,
Göttern, Ahnen und Nachkommen gehört. Der Baum als mythischer
Urahn des Menschen symbolisiert dieses Heilsein, das wir nicht demütig
von einem despotischen Gott erbetteln müssen, sondern mit unseren
Wurzeln von der Erde und mit der Sonne vom Himmel erhalten. Wie der
Baum müssen wir eine Einheit von Wurzeln, Stamm und Krone sein: fest
in unserem Ursprung verankert, wachsen wir zu Stärke und Größe.
Die Abstammung von den Göttern
Da wir aus der Natur stammen, die heilig und göttlich ist, haben wir einen
natürlichen, angeborenen Anteil am Göttlichen. Die Heiligkeit unserer
Mutter Erde lebt in uns, und wie sie sind auch die anderen Götter der
Natur,
der wir angehören, in uns lebendig. Wir sind keine bloßen Geschöpfe,
sondern Angehörige der Götter, die um uns und in uns, unser Ursprung
und unsere Ahnen sind. Wir stammen aus der Natur, das heißt: wir
stammen von
den Göttern ab.
Viele Mythen aller heidnischen Völker berichten davon, viele Anrufungen
sprechen es aus, viele Riten feiern es.
Odin heißt Allvater, weil er der „Vater der Götter und Menschen" ist, wie
auch der griechische Zeus und der keltische Teutates. Den gleichen Sinn
hat auch der Eddamythos, in dem Heimdall, ein Sohn Odins, die Urahnen
der drei alten Ständen zeugt. Manche Sippen führten ihre Herkunft auch
auf andere Götter zurück, z.B. die schwedischen Ynglinge auf Freyr, doch
der meistverehrte Stammesgott aller Germanen ist Wodan/Odin der
Allvater eben, der dem ganzen Volk seinen Geist gegeben hat.
Alle Menschen stammen von ihren eigenen Göttern ab
Diese göttliche Abstammung ist kein Grund, überheblich zu sein, denn so
wie von unseren stammen andere von ihren Göttern ab. In der Vielfalt der
Erde gibt es überall andere Götter, und die Menschen, die dort leben,
gehören den Göttern ihrer Länder an. Wir alle haben auf je eigene Art
Anteil am Göttlichen. Daraus leiten wir das gleiche Recht aller Menschen
auf ihre eigenen Götter und die Verwirklichung ihres Wesens ab, und
natürlich die gleiche Freiheit und Würde. Als Angehörige von Göttern sind
wir alle frei geboren und bestimmt, niemandes Sklaven zu sein.
„Eins und das gleiche sind das Geschlecht der Menschen und Götter. Von
einer Mutter haben sie beide den Atem." (Pindar)
Leben und Tod
Geburt und Tod
Geburt und Tod, die beiden entscheidenden Übergänge im Leben eines
Menschen, waren in der Vorgeschichte immer wieder
Thema von Mythen und Erzählungen. Mehrfach wird von Besonderheiten
bei Zeugung oder Geburt von Göttern oder besonderen Menschen
berichtet.
Zeus erschien als Goldregen oder Nebel, Athena wurde aus seinem Haupt
geboren, Mithras aus einem Felsen.
Besonders im Mittelmeerraum wurde großer Wert auf herausragende
Vorzeichen bei Geburten gelegt. Es war orientalische Tradition, hieraus auf
das zukünftige Leben zu schließen.
Beispiele
Die Geburt an der Palme
Im Homerischen Hymnos an Apollon wird die mühevolle Geburt des Gottes
erzählt:
... Da Eileithyia, die Helferin, Delos betreten,
Wirkten die Wehen gewaltig, es nahte Leto's Entbindung.
Mit den Armen umschloß die Göttin den Palmbaum; die Füße
Stemmte sie gegen das Gras, die Erde lächelte. Mächtig
Sprang an's Licht der göttliche Sohn, es jauchzten die Frauen, ...
Die 19. Sure des Koran - Maria - schildert einen ähnlichen Vorgang bei der
Geburt des Propheten Jesus:
Und so empfing sie ihn und zog sich mit ihm an einen entlegenen Ort
zurück.
Und es überkamen sie die Wehen an dem Stamm einer Palme.
Sie sprach: "O dass ich doch zuvor gestorben und vergessen und
verschollen wäre!"
In der Eck-Bibel - Luce. Das II. Capitel - wird ebenso wie vorher eine
Geburt in erbärmlicher Lage geschildert:
Und es geschach / dieweil sie do selbst waren/ kam die zeit das sie
gebaeren solt/ vnd sie gebar ihren erst gebornen
Sune/ vnd wickelt jn in windel: Vnd leget jn in ain krippen/ dan sie haeten
sunst kain stat in d'herberg.
In der Herberge hatte sich kein geeigneter Platz für das Neugeborene
gefunden, so dass es in eine Krippe gelegt werden
musste.
Alle die Ausschmückungen der späteren Zeiten fehlen hier: Kein freies
Feld, kein Stall und weder Ochs noch Esel.
Das Kind war einfach, aber liebevoll von seiner Mutter umsorgt worden.
Dies zeigt uns, dass in diesen Erzählungen die Mutter besonders
hervorgehoben wird. Ihre Entbehrungen und ihre aufopfernde
Fürsorge für das Neugeborene werden betont.
Auch in den folgenden Teilen seines Berichts wendet sich der Evangelist
Lukas besonders der Rolle der Gottesmutter zu. Die
weiteren Evangelien haben andere Zielsetzungen, in ihnen fehlt daher
auch die Geschichte von der Geburt.
Auch ein rein technisches Detail ist den ersten beiden Beschreibungen zu
entnehmen: Die Geburt fand an einer Palme statt. Die
Mutter hat ihr Kind also entweder im Stehen oder im Sitzen bekommen.
Hierfür gibt es in der Völkerkunde mehrfache Belege.
Auch die Bibel erwähnt eine Sitzgeburt:
Genesis 30
Rachel sah, daß sie dem Jakob keine Kinder gebar. ...
... "Hier hast du meine Leibmagd Bilha! Gehe zu ihr! Sie soll auf meinen
Knien gebären, damit auch ich durch sie zu Kindern komme!"
(Bilha gebar zwei Söhne.)
Auch der Tod wurde oftmals als Übergang in ein neues, andersartiges
Leben empfunden.
Hervorragende Menschen erhielten besondere Bestattungen.
Die Existenz im jenseitigen Leben erschien verschwomen und unklar, die
großen Mysterien-Kulte versuchten, hierüber Auskunft
zu geben.
Erst das Christentum gab klare Antworten auf diese grundlegenden Fragen
der Menschen.
Weihnachten und Ostern spiegeln die beiden fundamentalen Inhalte des
christlichen Glaubens wieder: Die Menschwerdung
Gottes und die, durch die Auferstehung gezeigte, fortdauernde Existenz
unserer Seelen.
Gegen Mißbrauch
THE INFINITY AWARD
*Der* Preis für ausserordentliche Leistungen in den Sparten:
Schindluder - Vorsätzliche Täuschung - Etikettenschwindel
THE INFINITY AWARD
*Die* Auszeichnung für Privatpersonen, Gruppierungen und
Organisationen, welche die Frechheit besitzen, sich selbst mit einem
offiziellen, anerkannten und ehrenvollen Titel des lebendigen keltischen
Klerus zu schmücken, nur weil's ihnen gerade so in den Kram passt.
THE INFINITY AWARD
*Die* humorvolle Waffe gegen Missbrauch des Titels 'Druide' für all
Diejenigen, welche dieser Bezeichnung noch (oder wieder...) die
gebührende Achtung entgegenbringen und wissen, wieviel Aufwand,
Studium und geistige Reife erforderlich sind, um sich im kulturellen Kreis
der keltischen
Allgemeinheit 'Druide' nennen zu dürfen.
An alle Angehörigen von heidnischen Religionsgruppen im Allgemeinen
und
Interessierte der keltischen Geschichte, Kultur und Spiritualität im
Speziellen:
In zunehmenden Mass wird das deutschsprachige Internet überflutet; von
WebSeiten, die bei einer Abfrage über die gängigen Suchmaschinen unter
Angabe des Namens "Druide", "Druiden", "Druidentum", "Druiden Orden",
"Druiden Loge", "Druiden Gemeinschaft" etc. etc. erscheinen.
Zumal einer missbräuchlichen Verwendung dieses uralten Begriffes weder
durch die modernen Mittel 'Copyright', 'Trademark' oder 'Schutzmarke'
vorgebeugt werden kann, noch dieser Titel unter dem Protektorat einer
anerkannten politisch-sozialen Lobby steht (ganz im Gegenteil), haben wir
uns zum Ziel gesetzt, mit dieser Seite den Kampf aufzunehmen - den
Kampf gegen die schamlose Ausbeutung eines offiziellen keltischen Titels
sowie den Kampf für einen sensibleren Umgang mit demselben.
Zu diesem Zweck verleihen wir in unregelmässigen Abständen den
INFINITY AWARD an Privatpersonen, Vereinen oder Organisationen,
welche durch ihren sorglosen Umgang mit dem Begriff 'Druide' zusätzlich
die Ehre haben, mit ihrem Namen und/oder Signet für eine gewisse Zeit
die
Kopfzeile dieser Homepage zu schmücken.
INFINITY AWARD für Selbsternennung und kulturellen Kolonialismus
November 1998
Schweizerischer Druidenorden
http://www.druiden-loge.ch/
Unser einsamer Tabellenführer ist ein weitverbreiteter 'Geheimbund' mit
dem selbstverliehenen Prädikat "Druiden Orden". Von einem (mit der
damaligen sozialen Position der unteren, englischen Mitelklasse
frustrierten...) Schreiner in seiner Londoner Stamm-Kneipe gegründet,
etablierte sich
dieser Club "auf einer philosophischen Ebene in der judeo-christlichen
Sphäre, indem er die Bibel auf den Altar seiner geschlossenen Tempel
legte." <Dr.M.Raoult -The Druid Revival in Brittant, France and Europe>
Den Preis verleihen wir für das gesamte, rotzfreche Auftreten dieser
Herrenriege als 'Druiden' von eigenen Gnaden und besonders für die
Aussage auf der eigenen Homepage (man beachte besonders das "wir" :-)
"Ausserdem stützen wir heutigen Druiden uns immer wieder - ausser der
Religion - auf das ideelle Gedankengut der Kelten, besonders seiner
geistigen Führer, den Druiden, ab."
Religion
DIE RELIGION DER KELTEN
Ein wichtiges Merkmal der keltischen Kultur war der Kopfkult. Der Kopf
war den Kelten heilig, da sie ihn als Sitz des Lebens und der Seele
ansahen. Sie bewahrten die Köpfe ihrer toten Gegner auf, da sie der
Überzeugung waren, daß diese ihrem neuen Besitzer die Stärke ihres
ehemaligen Gegners übertragen konnten.
Auch maßen sie dem Umgang mit dem Wort große Bedeutung bei (-->
Ogma-Bildnis). So glaubten sie durch bewußte Einsetzung von
Schwingungsphänomenen die menschliche Psyche und auch Gegenstände
manipulieren zu können, jedoch gaben sie nie grundlos Proben ihrer
Kraft (auch Christus weigerte sich, bevor er zum Tode verurteilt wurde).
(große Macht auch im gemeinsamen Gebet --> verbindet & vergrößert
spirituelle Kräfte aller)
Autre Monde
DIE AUTRE MONDE
Die Kelten verachteten den Tod, weil sie an die Unsterblichkeit der Seele
glaubten, an eine Wiederauferstehung, bzw. an eine Existenz in einer
anderen
Welt, der autre monde, glaubten.
Die autre monde ist ein zeit- und raumloser Ort, an dem die Welt des
Imaginären nach dem göttlichen Plan Wirklichkeit geworden ist. Es gibt
dort keine Klassen, keine Arbeit und auch keine Leiden mehr, da alle
Bewohner der autre monde einen so hohen Grad an Weisheit erlangt
haben, daß sie alle zu Druiden und Göttern geworden sind.
Da in der autre monde keine Zeit existiert, gibt es auch kein Altern und
keinen Tod - alle Widersprüche der "realen" Welt haben sich aufgelöst
(synthetisiert). Es entstanden viele Sagen um diesen paradiesischen Ort,
zum Beispiel die
Insel Avalon in der Artus-Sage oder die der Meerfahrt des Bran, der mit
seinen Gefährten 200 Jahre in der anderen Welt verbrachte, obwohl er das
Gefühl gehabt hatte, nur ein paar Wochen dort gewesen zu sein.
In der autre monde, in der alles im Überfluß vorhanden ist, herrscht meist
eine göttliche Gestalt (Morgane), die Fremde freundlich empfängt. Es gibt
dort zu jeder Jahreszeit Äpfel, himmlische Musik, ewig heiteres Wetter,
Reichtum und
Schönheit, feenhafte Frauen und göttliche Getränke.
Der Ort der autre monde wird zuweilen unter der Oberfläche von
bestimmten Hügeln, den sogenannten sidhe (d.h. soviel wie Frieden)
lokalisiert. Diese bafanden sich in der Nähe der Menschen, in den
Seelenhügeln, jedoch jenseits der sichtbaren Welt. Nichteingeweihte
sahen dort nur feuchte, kalte Unterwelten.
Doch auch die autre monde blieb vom ewigen Wandel nicht verschont, da
dies der Konzeption der Druiden, daß alles sich ständig, dem Handeln aller
Lebewesen zufolge, verändert, widersprochen hätte. So konnten die
Seelen
auch verlöschen, doch dies bedeutete nicht ihren Tod, sondern lediglich
den Übergang in eine andere Welt als die autre monde, die demnach
nichts Endgültiges, sondern ebenfalls nur ein Übergang war, einer von
unendlich
vielen.
Einer druidischen Theorie nach war die Bewegung der Evolution periodisch
und hatte deshalb eine bestimmte Frequenz. Demzufolge konnte man die
Pforten der autre monde, die eigentlich nie ganz geschlossen waren, an
manchen Tagen leichter durchschreiten. Vor allem in der Samhain-Nacht,
dem heutigen Allerseelen (--> Christianisierung), war es besonders leicht,
sich in die Welt der sidh zu begeben, und sei es auch nur im Traum (wie
die Schamanen).
Da jeder Mensch die autre monde einmal passieren mußte, war es gut,
sich schon zu Lebzeiten mit ihr vertraut zu machen. Natürlich kostete es
einige Mühe, sie zu betreten und es gab auch viele verschiedene Wege zu
ihr
Die Lehre der Druiden scheint die Absicht gehabt zu haben, jeden
einzelnen auf den Weg, der für seine individuelle Suche am besten
geeignet war, vorzubereiten. Die Suche (Quete) war das Mittel zur
Erkenntnis und
Vervollkommnung durch die Überwindung des eigenen Selbst. Wie im
Christentum mußte man sich schon auf Erden Mühe geben, die göttlichen
Gesetze/Regeln (die nicht so dogmatisch waren wie die christlichen, dafür
aber eher paradox schienen) unter der Aufsicht der Druiden zu
respektieren.
Das schwierigste bei der Suche nach der autre monde war es, sich selbst,
seine Angst und sein Zögern zu überwinden. Mangelnde Berufung oder
das Fehlen von Wissen oder
Mut konnten das Betreten der autre monde unmöglich machen. Jeder
Mensch mußte zuerst seine Seele von Ängsten und Hemmungen befreien
und war verpflichtet, am Leben teilzunehmen.
Das Druidentum ist heute zwar beinahe tot, doch seine Botschaft ist
immer noch nicht ganz von der Erde verschwunden.
Weltbild
DAS DRUIDISCHE WELTBILD
Da vom Weltbild der Kelten wenig Konkretes und nichts Schriftliches
überliefert ist, ist es schwer, ein klares Bild davon zu konstruieren. Auch
die Schilderungen der antiken Autoren sind mit Sicherheit nicht
authentisch, da diese die keltischen Götter mit ihren eigenen
gleichsetzten. Fest steht, daß die Druiden ("soviel wie die sehr Weisen")
die geistige und religiöse Führung des keltische Volkes innehatten. Das
Druidentum war Ausdrucksform des Keltentums und konnte gesondert
davon nicht betrachtet werden. Es hatte nur innerhalb der keltischen
Gesellschaft eine Existenzberechtigung, weil es das Bewußtsein dieses
Volkes verkörperte und starb deshalb mit den Kelten aus. Eines der
Hauptmerkmale des keltischen Denkens war das Imaginäre, das sie als
wirklich erlebten. Die Kelten waren einerseits im rationalen Hier und Jetzt
beheimatet und andererseits in der autre monde (Anderswelt). Im
Gegensatz zum christlichen Glauben basierte das keltische Denken auf der
Idee einer bestandigen Evolution des Werdens, in dem die Grenzen
zwischen Schöpfer und Geschöpf verschwimmen. Auch der Dualismus
wurde abgelehnt und es gab keine Trennung zwischen Gut und Böse. Dies
brachte die Relativität aller Dinge zum Ausdruck. Auch die keltischen
Gottheiten waren weder gut noch böse, deshalb war der höchste Gott (der
Gott in dem sich alle anderen Gottheiten/Aspekte vereinigen) beides
zugleich oder neutral, da ja die Idee des Guten ohne die Idee des Bösen
nicht existieren kann. Auch die Idee der Sünde war den Kelten unbekannt.
Es wurde höchstens als Vergehen betrachtet, wenn jemand unfähig war,
sein eigenes Selbst zu überwinden. (Doch dies war eigentlich weniger ein
Vergehen, als ein Eingeständnis der eigenen Schwäche) Man unterschied
nur zwischen dem Verhalten, das dem eigenen oder dem Schicksal der
Gemeinschaft förderlich war und dem entgegengesetzten, aber es gab im
Prinzip wahrscheinlich keine genauen Verhaltensmaßregeln oder Normen.
Jedes Individuum war zu ständigem aktiven Handeln und zu stetiger
Vervollkommnung aufgefoerdert. Auch verachteten sie den Tod, da sie an
ein Weiterleben glaubten und extrem naturverbunden waren. Das
Christentum hat sicherlich dazu beigetragen, diese Bindung zu lösen, da
es den Menschen zur Krone der Schöpfung erklärte. Die Kelten weigerten
sich auch, die (scheinbare) Wirklichkeit als etwas Absolutes zu betrachten,
da es in ihrer Vorstellung keine absolute und offenbarte Wahrheit gab.
Ihrer Ansicht nach war die Wahrheit das Resultat eines Urteils, das der
Geist (von allem) zu einer bestimmten Zeit gefällt hatte. Der Geist war
Materie und die Materie war Geist, es gab also keine klare Trennung
zwischen den beioden. In der Handlung (des Menschen) wurde die
Energie, die in allem steckte, sichtbar und manifestierte sich sowohl in der
Materie als auch im Geist. Das keltische Denken setzte großes
Verantwortungsbewußtsein des einzelnen Individuums voraus, da die
Entwicklung des Universums ihrer Meinung nach in den Händen alle
Wesen, aus denen es besteht, lag, eine Geisteshaltung, die in unserer Zeit
leider verlorengegangen ist. Man war sich der Einheit aller Teile trotz ihrer
äußeren Unterschiede bewußt. Dies brachte gleichzeitig mit der
Verantwortung ein großes Maß an Freiheit mit sich. Frei zu sein hieß auch,
das volle Bewußtsein über Ursachen und Wirkungen zu haben. Auch aus
diesem Grund kannten sie den Begriff der Sünde nicht, also folglich auch
keine Buße oder Bestrafung. Dies war nicht notwendig, da jeder die
Konsequenzen seines Handelns am eigenen Leib erfahren mußte. Dieses
Denken prägte auch den irischen Mönch Pelagius, doch er stieß bei dem
Versuch, es zu verbreiten auf den Widerstand der (christlichen) Kirche und
die römischen Dogmen von Schwäche und Sündhaftigkeit des Menschen.
Abstinenz und Askese waren den Druiden ebenfalls fremd (siehe irische
Mönchsgemeinschaften), da aus ihrem Denken (Materie <--> Geist) eine
aktive Partizipation des Körpers und der Materie am Leben des Geistes
resultierte.
So hatten die Druiden die Aufgabe, Kraft ihrer Predigten und Sprache ein
Schöpfungswerk zu erhalten und fortzusetzen. Die Kraft des Geistes
manifestierte sich auch im Nichthandeln, da dieses ebenfalls eine Formdes
Handelns darstellt (aufgrund der menschlichen Entscheidungsfreiheit).
Das treffendste Symbol für das Handeln war das Feuer (siehe hl. Geist),
da es die Materie in alle drei Aggregatzustände bringen kann. Es war
ebenfalls mit dem Wort Gottes identisch, das beständig die Schöpfung
auslöst und das Universum im Gleichgewicht hält. Die Druiden waren di
Hüter dieses Wortes, das die Energie des Alls repräsentiert. Da der
Mensch ebenfalls ein Teil dieses Ganzen ist, kann er sich ihm gegenüber
auch nicht indifferent verhalten, sowie sich Gott dem Individuum
gegenüber nicht indifferent verhält. (Materie/Geist <--> Energie)
Auch dem Gebet wurde große Bedeutung beigemessen, da sich im Gebet
die individuellen Energien zu einer einzigen spirituellen Energie bündeln. (-> dies ist auch in allen anderen großen Religionen bekannt)
Für die Kelten manifestierte sich die Handlung jedes einzelnen und der
Gemeinschaft in jedem Augenblick der relativen Zeit. Die Grundlage des
Druidischen Denkens war die universelle Harmonie der Wesen und Dinge,
die ununterbrochen Wirklichkeit wird. Jedes Wesen (das eine doppelte
Natur hat) löste seine inneren Widersprüche durch ein ganzgheitliches
Bewußtsein.
Die sogenannten finsteren Mächte waren phantasmatische Projektionen
der Unentschlossenheit des Menschen (--> die Formore = Mächte des
Chaos). Der Gott Lug vereint zum Beispiel beides in sich; die Mächte der
Ordnung und die Mächte des Chaos (Thuatha DI Danann & Formore) und
sorgt für einen universellen Ausgleich. Das Wirkliche, die Realität war nur
die Illusion einer Barriere, die der Mensch vor sich sieht, einer Barriere,
die er sich aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit selbst geschaffen hat.
Wären alle Menschen dazu fähig, bis zur letzten Konsequenz von ihrem
Wissen und Denken Gebrauch machen zu können, so wäre das
Gleichgewicht des Universums nie in Gefahr, da jeder seine Freiheit richtig
nutzen könnte.
(Aber würde dies nicht möglicherweise, zumindest dem Dualitätsprinzip
nach einen totalen Stillstand und das Ende der Existenz von allem
bedeuten; ist absolute Synthese der Anfang oder das Ziel von allen, gibt
es sie überhaupt, (siehe Monaden)
Heidentum 1
Heidentum - die andere Religion
Obwohl über das Heidentum noch immer viel Unsinn verbreitet wird,
dürfte zumindest in der sogenannten spirituellen Szene bei Menschen, die
geistig-religiösen Alternativen offen und informiert gegenüberstehen
halbwegs klar sein, daß es dabei nicht um eine neue Religion oder Sekte
geht, sondern um die natürlichste, selbstverständliche Sache, die es in der
Welt der Religionen gibt, etwas, das in jedem Land der Erde mit
seinen Menschen hervorgewachsen ist und sie seit jeher begleitet hat:
seine eingeborene Naturreligion. Wie die native Americans oder
eingeborene Afrikaner, die sich heute in wachsender Zahl wieder stolz zu
ihren
traditionellen Religionen bekennen, finden auch immer mehr native
Europeans in den spirituellen Traditionen ihrer "vorchristlichen" Ahnen
einen Zugang zum Heiligen, der langsam auch von Nichtheiden akzeptiert
und als gleichwertig anerkannt wird.
Darin liegt aber auch ein Problem. Wer das Heidentum anderen,
nichtheidnischen Religionen gleichstellt, bestätigt ihm nicht immer nur
eine gleiche Würde und Ernsthaftigkeit, wie es der Respekt vor den
religiösen
Überzeugungen aller Menschen gebietet, sondern verfällt oft auch dem
Irrtum, es wäre inhaltlich ebenfalls mehr oder weniger gleich oder doch im
großen und ganzen auf die gleichen Ziele und Vorstellungen ausgerichtet
eine Religion wie alle anderen, von denen ein beliebter Gemeinplatz
behauptet, daß sie doch letzten Endes "alle das gleiche meinen." Das ist
bequem für alle, die ein einseitiges Verständnis von Religion vor der
Irritation
durch Andersartiges zu retten suchen, und eine Krücke für manche, die
halb auf dem Weg zum Heidentum sind, aber den Sprung in eine völlig
neue, unbekannte geistige Welt noch nicht ganz wagen. Für manche
Seminarleiter und Buchautoren am boomenden Esoterikmarkt ist es auch
nur eine gute Ausrede, um alten Wein in neuen Schläuchen verkaufen zu
können. Für echte Heiden ist es ganz einfach unrichtig.
Denn wie immer man Heidentum verstehen mag, eines ist es sofern es
wirklich Heidentum und kein Verschnitt ist auf jeden Fall: Naturreligion.
Damit aber unterscheidet es sich von allen Lehren, deren "Reich nicht von
dieser Welt ist", so grundlegend, daß es nicht bloß als eine andere Form,
sondern als völlig andere Art von Religion betrachtet werden muß. Es hat
nicht nur andere Mythen und Riten als das Christentum und ähnliche
Glaubenssysteme, deren Vergleich zu der Ansicht führte, daß "alle das
gleiche" meinten. Als Naturreligion meint es auch etwas ganz anderes als
naturferne, weltabgewandte Lehren, die den Sinn der Welt und des Lebens
außerhalb ihrer selbst und das Göttliche in einem fernen Reich jenseits der
Wirklichkeit der Natur suchen. Naturreligion heißt: Das Heilige ist in der
Welt und eins mit ihr, die Natur ist göttlich und das Göttliche natürlich.
Etwas "Übernatürliches" gibt es im Heidentum nicht und damit ist der
gängige Begriff von Religion
als "Hinwendung zum Übernatürlichen" hinfällig. Religion überhaupt muß
neu definiert werden.
Wenn sich aber schon an den Grundprämissen ihrer Weltsichten die
Geister scheiden, liegt der Unterschied zwischen heidnischen und
nichtheidnischen Religionen nicht erst auf der Ebene der einzelnen Inhalte,
sondern
bereits in den Grundvoraussetzungen ihres Denkens und Erkennens, in
ihren Paradigmen. Der Wissenschaftshistoriker Thomas Kuhn, der diesen
Begriff eingeführt hat, erklärt ein Paradigma (griechisch: "Vorbild") als
eine Konstellation von Überzeugungen, Wertvorstellungen und Techniken,
die von den Wissenschaftlern eines bestimmten Fachs zu einer
bestimmten Zeit geteilt und akzeptiert werden. Es ist die gemeinsame
Weltanschauung dieser Wissenschaftler und das vorgegebene
Denkmuster, nach dem sie die
Phänomene ordnen, beschreiben und erklären, ja oft die Bedingung, unter
der Erfahrung überhaupt möglich ist: der Rahmen dessen, was sich
überhaupt denken läßt. Neue Erkenntnisse, die sich ins herrschende
Paradigma
nicht einordnen lassen, setzen sich daher erst durch, wenn sich auch das
Paradigma verändert hat denken wir an Kepler, Galilei oder Darwin. Kuhn
geht denn auch davon aus, daß verschiedene Paradigmen grundsätzlich
"inkommensurabel" sind: Wissenschaftler, die mit ihnen arbeiten,
betrachten die Welt unter völlig verschiedenen Gesichtspunkten,
verstehen sie verschieden und sprechen verschiedene Sprachen.
Der Paradigmenbegriff hat sich auch in der Sozialforschung als fruchtbar
erwiesen. Er erklärt nicht alle, aber eine ganze Menge der
Verständigungsprobleme, die zwischen Menschen mit verschiedenen
Weltbildern, Kulturen oder eben auch Religionen auftreten und oft beim
besten Willen nicht lösbar sind. Die betroffenen Menschen können
einander gar nicht verstehen, denn durch die gegensätzlichen
Paradigmen, die sie durch ihre
Erziehung und Bildung aufgenommen haben, denken sie völlig
verschieden, arbeiten gewissermaßen mit inkompatibler Software. Was für
die einen logisch, vernünftig, normal und glaubwürdig ist, erscheint
anderen
irreal und verrückt, Normen und Werte der einen Seite haben für die
andere keine Gültigkeit, Weisheit der einen ist für die anderen albern, das
Heiligste einer Religion ist für eine andere Blasphemie, Aberglaube oder
ganz
ohne Bedeutung. Es ist unverständlich, daß jemand "so etwas glauben"
kann, daß das überhaupt etwas mit Religion zu tun haben könnte.
Im Grunde ist das ein alter Hut. "Wir wissen, daß der weiße Mann unsere
Wege nicht versteht", erkannte Chief Seattle in der berühmten Rede über
das Naturverständnis seines Volkes. Auch Paulus aus Tarsus, der das
Christentum nicht nur verkündete, sondern auch sein zentrales Dogma
über die Erlösung durch den Kreuzestod Christi schuf und damit als sein
eigentlicher Gründer gelten kann, war sich völlig klar darüber, daß er in
der
heidnischen Welt vor einer geistigen Barriere stand. Seinen Anhängern in
Korinth schrieb er (1 Kor 1, 23), seine Lehre sei "den Juden ein Ärgernis
und den Heiden eine Torheit". Er bezog sich dabei, obwohl er sich
ihrer bewußt war, nicht auf die intellektuelle Schwäche seiner
Verkündigung, sondern auf die, wie er es nannte, "ungeistige" oder
"fleischliche" Lebenseinstellung der Heiden ihre "Weltverfallenheit" in
einem religiösen
Paradigma, das Welt und Gottheit nicht trennte und daher für
weltabgewandte Erlösungslehren keinen Platz hatte. "Der ungeistige
Mensch nimmt nicht an, was vom Geist Gottes kommt", schrieb Paulus im
selben Brief (1
Kor 2, 1-3): "Torheit ist es für ihn, und er kann es nicht verstehen." Die
Juden konnten das zwar, aber als konsequente Monotheisten lehnten sie
die Vergöttlichung des Menschen Jesus ab. Den Heiden dagegen war
die ganze Art dieses Denkens fremd. Sie konnten nichts damit anfangen
und empfanden es nur als wirr und unsinnig.
Gegen diese paradigmatische Barriere half es auch nichts, daß sich
Generationen christlicher Apologeten (wörtlich: "Verteidiger" vor Gericht,
im Alltag eher "Entschuldiger") die Finger krumm schrieben, um das
intellektuelle Manko auszugleichen und mit Anleihen bei der "Weisheit der
Welt", die sie eigentlich ablehnten, die fehlenden Argumente
nachzuliefern. Die griechische Philosophie lieferte dazu das
Handwerkszeug, doch
das Christentum näherte sich keineswegs dem europäisch-heidnischen
Denken an. Es plünderte seinen Wortschatz, sein Welt- und Menschenbild
aber blieb ihm fremd. Die Gebildeten der urbanen Oberschicht, an
die sich diese nachträgliche Intellektualisierung eines blinden Glaubens
wandte, blieben denn auch unbeeindruckt. Einige wenige schrieben
Gegendarstellungen, die meisten aber ignorierten das Christentum
völlig. Erst als Kaiser Theodosius die traditionelle Bildungsschicht
entmachtet und teilweise ausgerottet hatte, konnte sich das christliche
Denken etablieren und nahm prompt eine Umwertung aller bisherigen
Vorstellungen von Geist, Vernunft und Logik vor. Augustinus (354 - 430)
schob jede rationale Kritik beiseite und erklärte offen: "Credo quia
absurdum est. Ich glaube, weil es widersinnig ist."
Diesem Augustinus verdanken wir letztlich auch die irreführende
Vorstellung, Religion wäre im Grunde für alle Menschen das gleiche
nämlich Religion nach christlichem Vorbild. "Die Wirklichkeit, die jetzt
Christentum
genannt wird", schrieb er, "gab es schon bei den Alten. Sie fehlte nicht
seit Anbeginn der Menschheit, bis Christus im Fleisch erschien. Von da ab
begann die wahre Religion, die schon da war, die christliche zu
heißen." 1400 Jahre später präzisierte Friedrich von Hardenberg, alias
Novalis, mit deutscher Gründlichkeit:
"Es gibt keine Religion, die nicht Christentum wäre." Als Vertreter der
"wahren Religion", die "seit Anbeginn der Menschheit" da war, fühlen sich
auch die Moslems, die ledigich dem Juden- und Christentum gewisse
Teilwahrheiten zugestehen, weil sie inhaltlich verwandt sind. Scheinbar
weltoffene und tolerante Theorien von "universaler Religion" erweisen sich
bei näherer Betrachtung als genau das gleiche: Um darin überhaupt
Berücksichtigung zu finden, muß eine Religion ausreichende inhaltliche
Verwandtschaften zu den "ewigen Wahrheiten" aufweisen, die sie nach
christlich-abendländischer Denktradition braucht, um als wahr und weise,
als "Hochreligion" oder überhaupt als Religion anerkannt zu werden.
Was Heidentum nicht ist, läßt sich demnach auch daran erkennen, welche
religiösen Lehren zu dem nach christlichen oder von christlicher Tradition
bestimmten Kriterien auserwählten Kreis der "Hochreligionen"
gezählt werden. Ganz verläßlich ist das nicht, denn es war nicht gut
möglich, Religionen hoch entwickelter Kulturen mit Hunderten Millionen
lebender Mitglieder ganz aus diesem Kreis auszuschließen. Aber die Frage,
was christlich-abendländische Deuter an einer polytheistischen Religion
wie dem Hinduismus oder einer theoretisch atheistischen, in der Praxis mit
heidnischen Gottheiten verbundenen Philosophie wie dem
Buddhismus als wahr und weise beurteilen, läßt sich eindeutig
beantworten: Es sind ausschließlich die dualistischen, weltabgewandten,
jenseits- oder erlösungsorientierten Denkmuster, die moralisierenden
Weltdeutungen, die Skandalisierung von Leiden und Tod, der Frust an der
Vergänglichkeit und die Sehnsucht nach einem Ewigen, Unwandelbaren
und Absoluten jenseits der unbeständigen Realität steten Wandelns und
Werdens.
So pickt sich die konventionelle Interpretation aus der gewaltigen
geistigen Vielfalt Indiens, die auf dreitausend Jahre freier Entwicklung
zurückblickt, nur jenen Teil heraus, der ins gewohnte Bild christlichabendländischen
Religionsverständnisses paßt, genauso wie einst die christlichen
Apologeten aus der griechischen Philosophie nur diejenigen Denker
zitierten, die ihnen gelegen kamen, genauso wie jene Althistoriker, die in
der durchaus
heterogenen religiösen Szene der griechisch-römischen Antike die
traditionellen, kulturprägenden Naturreligionen als bloße Folklore abtun
und höhere Religiosität nur in subkulturellen Mysterienkulten vermuten,
und ebenso wie vergleichende Religionsforscher, denen zu Mythen und
Riten "primitiver" Kulturen nur vorgefaßte Deutungsmuster einfallen, die
lediglich ihr eigenes Denken spiegeln etwa die notorische
Fehlinterpretation sexuell betonter weiblicher Kultfiguren ausschließlich als
"Fruchtbarkeitsidole", weil in der christlichen Denktradition weibliche
Sexualität nur als Mittel zur Fortpflanzung toleriert wird und die
Vorstellung,
sie könnte etwas an sich selbst Heiliges sein, einfach undenkbar ist.
Heidentum 2
Wer das Heidentum - die Art von Religion, deren Paradigma im
europäischen Kulturkreis seit der Zwangsmissionierung durch christliche
Kaiser und Könige unterdrückt und als "ungeistig", fehlerhaft, irreal oder
barbarisch und primitiv denunziert wird - verstehen und selbst wieder
ausüben will, muß aber genau das tun: das Undenkbare zu denken lernen.
Heidnisch zu denken heißt zuallererst, sich von sämtlichen Vorurteilen der
christlich-abendländischen Denktradition zu befreien, jede aus ihr
überkommene Vorstellung von Göttlichkeit, Heiligkeit, Diesseits und
Jenseits, Natur und Mensch zu hinterfragen und nichts als bekannt
vorauszusetzen.
Dinge, die einander scheinbar gleichen, sind oft ganz verschieden: Die
keltische Anderswelt ist kein weltfernes Jenseits, sondern inmitten der
Alltagswelt gegenwärtig und untrennbar mit ihr verwoben, die neun
Welten im
germanischen Mythos sind durch den Weltbaum Yggdrasil sogar ein
einziger lebender Organismus, das Schicksal ist keine von außen gelenkte
Vorsehung, sondern ein immanentes Kausalgesetz, Seele und Geist nicht
vom Körper getrennt und die Wiedergeburt kein wiederkehrendes Leid,
das Erlösung verlangt, sondern ein Aspekt des natürlichen Kreislaufs von
Werden und Vergehen, der heilig und gut ist.
Als Naturreligion ist das Heidentum immer lebensbejahend. Eben deshalb,
weil es das Heilige in der Natur findet, ist ihm das Leben in dieser Welt
heilig. Es ist durchaus nicht "diesseitig" im oberflächlichen Sinn, denn es
weiß, daß die Welt tiefer als ihre Oberfläche ist, wohl aber insofern, als es
Sinn und Ziel des Daseins nicht außerhalb seiner selbst, sondern in der
Welt und im richtigen Leben sucht. Heiden streben genauso nach
religiösem Heil wie die Anhänger anderer Religionen, doch sie wollen nicht
von der Welt geheilt, sondern in der
Welt heil werden ganz (griechisch "holos"), intakt, vollendet und "rund",
sowohl im spirituellen als auch im ganz handfesten Sinn: gesund, frei und
ein bißchen glücklich. Heidnisches Heil ist das, worum es auch im
Christentum den Menschen in Wirklichkeit immer ging, dann nämlich,
wenn sie um gesunde Kinder, eine gute Ernte und Frieden beteten. "Gute
Ernte und Frieden" (!r ok friPr) war auch der traditionelle Heilswunsch der
heidnischen Wikinger. Dieses Heil ist keine theologische Spekulation,
sondern konkret erfahrbar: als Freude an den Segnungen der Natur, als
Kraft, Schwierigkeiten zu meisten, und selbst noch im Scheitern, wenn wir
mit
dieser inneren Kraft auch ihm ins Auge sehen können. Das europäische
Heidentum war nie groß im Trösten, aber stets unerreicht darin, in
Dichtungen wie der Völsungasaga und der griechischen Tragödie das
Scheitern
nicht nur schonungslos darzustellen, sondern mit dieser Darstellung auch
die Kraft zu vermitteln, es anzunehmen.
Woher aber kommt diese Kraft, an der es Religionen, denen der
Weltschmerz nur die Flucht in billigen Trost und Verheißungen eines
besseren Jenseits erlaubt, ganz offenbar mangelt? Zum Teil sicherlich aus
der Vitalität
früher Kulturen, deren Menschen mit beiden Beinen im Leben standen.
Der verwöhnte Prinz Siddharta hielt der Konfrontation mit Krankheit, Alter
und Tod nicht mehr stand, er verzweifelte an der Welt und erfand den
Buddhismus. Zivilisationskrüppel waren aber auch die Griechen der
Spätantike, von denen etliche auf die Erlösungsverheißungen
orientalischer Jenseitsmysterien abfuhren, ähnlich wie sich heute
frustrierte
Stadtneurotiker in den Netzen von Scientology und abstrusen
Geheimkulten fangen. Nur sehr viele, nach der ungebrochenen Beliebtheit
der homerischen Götter zu schließen die meisten, verstanden immer noch,
warum
es Odysseus, dem Kalypso Unsterblichkeit versprach, dennoch vorzog, zu
seiner Familie heimzukehren und einmal zu sterben.
Denn genau daher kommt diese Kraft: aus den Wurzeln, die uns von
Geburt an mit der Natur und dem Göttlichen, dem Mysterium allen Seins
und der Quelle aller Kraft und Stärke verbinden. Die Familie, die Kette
der Generationen bis zurück zum Ursprung des Lebens und vorwärts in
ferne Zukunft, ist ein Teil davon, ein anderer ist das Land, dem wir
angehören, die Erde, aus der wir gewachsen sind und in die wir
zurückkehren
werden, und ein dritter, nicht unwesentlicher ist das Bewußtsein darüber.
Religion, lateinisch re-ligio, Rückverbindung, ist auch für europäische
Heiden, die Eingeborenen unseres Kontinents, genau das, was
eingeborene Amerikaner in der Sprache des weißen Mannes die spirituelle
Verbundenheit mit der Erde nennen das Bewußtsein eingeborener
Menschen, daß sie eins mit der Erde ihres Landes sind, eins mit der Natur,
die sie umgibt, deren Geist in ihnen lebt und in deren Geist sie leben.
Diese Natur ist nicht "Umwelt", sondern ein Teil von ihnen. Sie sind keine
Fremden in der Welt. Sie sind Verwandte, Angehörige allen Seins.
Deshalb kann man nicht oder eben nur aus der Sicht eines anderen
Paradigmas behaupten, das Heidentum "übersehe" etwas, sei "blind" für
ein angeblich höheres Sein jenseits der Welt oder ließe die Menschen mit
ihren letzten Fragen allein. Diese Fragen stellen sich gar nicht. Der Welt
und das heißt, um es noch einmal zu betonen: der Ganzheit des Seins in
allen seinen Dimensionen, dem umfassenden Organismus der neun
Welten Yggdrasils fehlt gar nichts, das man in einem "Reich" suchen
müßte, das "nicht von dieser Welt ist." Der griechische Philosoph Thales,
einer jener ältesten Denker, die in der christlich-abendländischen Tradition
als "bloße" Naturphilosophen nur noch eine Nebenrolle spielen durften,
während die Hauptrollen
spinnigen Metaphysikern zuerkannt wurden, faßte das heidnische Wissen
um die Heiligkeit der Natur in einem einzigen Satz: "Alles ist voll von
Göttern." Das höhere Sein, das sie verkörpern, ist nicht irgendwo
draußen. Es
ist um uns und in uns, seit jeher und immerdar. Wenn wir unsere wahren
Ursprünge und Wurzeln in der Natur finden, die ganz ohne Zweifel
existiert, greifbar und echt ist, haben wir keinen Grund, sie in einer
erdachten
Hinterwelt zu vermuten, von der wir bloß glauben könnten, daß es sie
gibt.
Das Heidentum ist daher auch kein Glaube. Die Gleichsetzung von Religion
und Glaube ist nur eine protestantische Altlast der deutschen Sprache.
Eine der an diesem Buch mitarbeitenden Gurppe, der Heidenkreis
Hamburg, prägte den Begriff "Erfahrungsreligion". Als solche
unterscheidet sich das Heidentum
einmal dadurch von den Offenbarungsreligionen, daß es anstelle einer
autoritären Offenbarung eine freie mythische Überlieferung besitzt, die
selbst in Freiheit entstanden ist und frei akzeptiert und kritisiert werden
kann, und zum anderen dadurch, daß es an einer solchen Offenbarung
auch gar keinen Bedarf hat. Sie würde voraussetzen, daß die Menschen
selbst nicht in der Lage wären, das Göttliche zu erfahren, und deshalb
Hilfe
von außen bräuchten: gleichsam Signale aus dem All, die der ewige Alien
schickt, um mit uns in Kontakt zu treten. Seit mindestens 30.000 Jahren
gezählt nach den ältesten erhaltenen religiösen Kunstwerken in den
Pyrenäenhöhlen und an der Donau haben die Heiden in aller Welt
bewiesen, daß das nicht nötig ist. Das Heilige gehört derselben Realität an
wie wir und ist mit angemessenen Mitteln, die sich millionenfach bewährt
haben, durchaus erfahrbar. Die Aufgabe der Religion ist es daher nicht,
Lehren zu verkünden und Glauben an sie zu predigen, sondern diese
bewährten Mittel zur eigenen religiösen Erfahrung jedes Menschen
bereitzustellen oder, wie die Wicca-Heidin Viviane Crowley schreibt, "uns
zu befähigen, das Universum zu
erfahren, um so zu unserem eigenen Verständnis über seine Natur und
seinen Sinn zu gelangen." Somit ist Heidentum selbstbestimmte
Erfahrungsreligion. Es ist im ganz persönlichen Sinn die eigene Religion
jedes einzelnen Heiden.
Zugleich ist es aber die eigene Religion seines Landes, seiner Kultur und
Geschichte. Es ist keltisches, finnisches, russisches oder japanisches
Heidentum, native American und traditional African religion,
englisches Wicca und nordische !satrP. Die Vielfalt und Verschiedenheit
der heidnischen Traditionen ist notwendig und richtig, denn sie kommt aus
der Vielfalt der Natur, die überall anders ist, und der
Verschiedenheit kultureller und historischer Erfahrungen. Im Heidentum
wird der Mensch nicht auf das "allgemein Menschliche" reduziert, das ihn
zwar mit allen Menschen ein wenig, aber mit niemandem fest und
ganz verbindet. Der "Mensch an sich" ist keine konkrete Person, nur ein
auswechselbares Individuum ohne
Eigenart, Ursprung und Platz in der Welt. Er ist nirgends zu Hause und
überall fremd. Daher legen Heiden Wert
auf historische und kulturelle Verwurzelung, knüpfen an die Tradition ihrer
Vorfahren und ihres Landes an und begnügen sich nicht mit individueller
Selbstverwirklichung und persönlicher Reifung. Eine rein kontemplative,
nur
auf Erhöhung und Weisheit des einzelnen zielende Tradition gab es im
alten Heidentum ebensowenig wie eine eigentlich elitäre,
geheimbündlerische. Selbst die Druiden waren keine abgehobene Elite,
sondern hatten mit
ihrem Wissen, ihrer geistigen Stärke und ihren magischen, seherischen
und heilenden Kräften in erster Linie eine gesellschaftliche Aufgabe zu
erfüllen.
Nur in dieser Einheit von ökologischer, sozialer und traditioneller
Verwurzelung und Verantwortung kann sich das Heidentum auch als
eigene Religion jedes einzelnen verwirklichen. Als Lebewesen, die nicht für
sich allein
existieren, können wir nur in ihr ganz und heil werden, nur in ihr sind wir
überhaupt wir selbst. "Erkenne dich selbst", der Rat des Apollon von
Delphi, ist keine Aufforderung zu selbstgenügsamer Nabelbeschau, und
"Du
selber leite dich selbst", wie die Seherin Groa in der Edda sagt, keine
Ermunterung zur Beliebigkeit oder zu der in heutigen Esoterikerkreisen so
weit verbreiteten unbekümmerten Mischung verschiedener Traditionen zu
einem indifferenten Brei nur sehr lose und künstlich verbundener Ideen.
Man mag einwenden, daß auch in diesem Beitrag Griechen, Germanen
und Kelten bunt durcheinander zitiert werden, doch ich denke hinreichend
gezeigt zu haben, daß deren Traditionen als Ausprägungen ein und
desselben religiösen Paradigmas mit Recht vergleichbar sind. Von einer
Mischung heterogener Traditionen, etwa Runen und Kabbalistik, keltischer
und buddhistischer Wiedergeburtslehren, Theosophie und schamanischer
Erfahrung, kann man das nicht behaupten. Es ist zwar durchaus
begrüßenswert, wenn sich esoterisch orientierte Menschen nun endlich
auch
mit den eingeborenen Traditionen der eigenen Länder und Kulturen
beschäftigen, statt immer nur stur nach dem Osten zu blicken, doch es
muß auch klar sein, daß sich heidnische Elemente nicht in das bestehende
Schema
einordnen lassen.
Die landläufige Esoterik verfolgt sein gut zweitausend Jahren, seit sie sich
aus den gnostischen, neoplatonischen und manichäischen HinterweltPhilosophien der Spätantike entwickelt hat, ein im Grundprinzip
dualistisches Schema, das geistige Höherentwicklung als Abkehr von allem
zu Irdischen, Materiellen und
menschlich Natürlichen sieht. Weltabgewandtheit, Mißachtung des
sterblichen Lebens, Körper- und Sexualfeindlichkeit gehören trotz allen
heute offenbar nötigen Gegenbehauptungen zum Grundrepertoire
esoterischer Lehren, die auf "Vergeistigung" zielen und eine
Selbstverwirklichung anstreben, die eigentlich
Selbsterlösung ist, also letztlich nur das christliche durch das
buddhistische Modell ersetzt. Damit bietet die traditionelle abendländische
Esoterik keine wirkliche Alternative. Sie ist nur eine weitere Variante im
Spektrum
naturferner Hinterwelt- und Erlösungslehren, die mit Versatzstücken
heterogener Traditionen ihr eigenes, Nichteingeweihten verschlossenes
"Reich" schafft, das "nicht von dieser Welt" ist und nicht von dieser
Gesellschaft, denn die selbsternannte Elite der Eingeweihten besteht eben
nicht aus Druiden und Medizinmännern, die ihrem Stamm dienen, sondern
ist lediglich an ihrer eigenen, individuellen Vervollkommnung interessiert.
Ich will nicht alle Esoteriker in einen Topf werfen, aber was heute im
Großen und Ganzen im Handel ist, bestätigt meine Behauptung, daß das
Heidentum der einzige gangbare Weg ist, der aus der Entfremdung und
Entwurzelung des modernen Menschen hinausführt, ihn wieder mit seinen
wirklichen Ursprüngen in der Natur und im Göttlichen in Verbindung und
Einklang setzt und ihm ermöglicht, sein eigenes Wesen als Kind der Natur
und der Götter, seines Landes und seiner Kultur und Geschichte, als in
seinem Dasein geborgener, freier und für sich selbst und die Seinen
verantwortlicher Angehöriger seiner menschlichen und nichtmenschlichen
Mitwelt
erfüllen, verwirklichen und vollenden zu können. Keine elitäre
Selbstverwirklichung auf "rein geistiger" Ebene, keine beliebigsynkretistische Heilslehre ohne konkrete Wurzeln, sondern einzig das
heidnische Paradigma der Einheit von Natur und Gottheit, der bewußten
Bindung an Erde, Ahnen und Sippe, des Dienstes der Religion am Heil aller
auf allen Ebenen des Lebens und ihrer Verwurzelung in der eigenen,
eingeborenen Tradition ist
imstande, uns nach all den Jahrhunderten geistiger Fremdbestimmung
durch autoritäre Glaubenslehren wieder auf den Weg eigenständiger
religiöser Erfahrung zu führen.
Der Markt ist voll von Lehren, deren "Reich nicht von dieser Welt" ist. Sie
unterscheiden sich nur dem Namen nach voneinander. Das Heidentum,
die einzige wirklich "andere" Religion, ist die einzige wirkliche Alternative.
Religion
Keltische Religion und die Druiden
W ie die Griechen und Römer huldigten auch die Kelten einer Vielzahl von
Göttern. Einige davon wurden als Dreiheit verehrt oder als drei Aspekte
eines einzigen Gottes, manchmal dreigesichtig dargestellt. Ihre Namen
variieren regional, dennoch sind bestimmte Grundmotive auszumachen.
Wichtige Gottheiten waren zum Beispiel Cernunnos, der Gehörnte, Herr
der Tiere, Epona, gallische Pferdegöttin mit Fruchtbarkeitsbedeutung und
"Der Grüne Mann", ein Symbol für den männlichen Aspekt der nährenden
Natur, dem wir vielfach in der Welt wieder begegnen, z.B. im ägyptischen
Gott Osiris, immer (wie auch Cernunnos) als Beschützer, Liebhaber und
Sohn der großen Göttin. Ein anderer seiner Aspekte ist der exstatische
Rausch von Sinnlichkeit und Gefühl, vergleichbar dem Dionysos
D ie Natur war ihnen heilig. Ihre Tempel lagen häufig fern der
menschlichen Behausung in der Nähe der Mächte der Natur, auf
Hügelkuppen oder in Grotten. Die klassischen Schriftsteller erwähnen
heilige Haine, heilige Seen, Tümpel oder Quellen. Man nimmt heute an,
daß die Druiden tief im Wald Rituale vollzogen, denn im religiösen Leben
der Kelten spielten Bäume eine große Rolle. Das Wort "Druide" hängt mit
dem keltischen Wort für Eiche zusammen und Pinius erzählt, von Eichen
seien Mistelzweige gepflückt worden.
Die Druiden (die es allerdings nur in Gallien und Britannien gab) waren
nicht nur Priester, sondern auch Gelehrte und Richter und genossen hohes
Ansehen in der Gesellschaft. Sie waren (laut Caesar) eine
hochorganisierte, stammes- übergreifende Bruderschaft, die sich einmal
im Jahr in Gallien zur Beratung und zur Wahl eines obersten Druiden
versammelten. Ihre Ausbildung konnte bis zu 20 Jahre dauern, da sie eine
Unzahl von magischen Formeln, Gesetzen und Überlieferungen auswendig
lernen mußten.
Eine Vorstellung von Himmel und Hölle als Belohnung oder Bestrafung für
ihr Erdenleben kannten die Kelten offenbar nicht, sondern hielten die
Wiedergeburt mit immer neuen irdischen Leben für ein Naturgesetz, was
erklärt, weshalb ihre Krieger keine Angst vor dem Tode hatten. Die Grenze
zwischen der Welt der Lebenden und dem Reich der Götter und Toten war
verschwommen und konnte sich zum großen Samhainfest (Sommerende/
Winterbeginn am 1. November) auch schon völlig auflösen.
Verlorene Wurzel
1 La Queste
La Qu@te- auf der Suche nach unseren spirituellen Wurzeln
"Unsere Sprache ist nicht nur Mittel zur Verständigung, sondern
spirituelles Erbe. Nur mir ihr können sich keltische Geheimnisse
vollständig erschließen."
(Gwenc'hlan Le Souezek über das Bretonische)
Diejenigen, die ihre spirituellen Wurzeln im nordwestlichen Europa nicht
finden können, glauben gelegentlich, sich in die umgekehrte Richtung,
nach Osten, wenden zu müssen. (Jedoch) hat der Osten seine eigene
Logik, die sich nicht unbedingt mit der unseren deckt, und das
Christentum, das ja ebenfalls aus dem Orient kommt, hat den normalen
Gang der Entwicklung der westlichen Welt zu ihrem Nachteil
beeinträchtigt. Mehr denn je müssen uns in dieser Zeit der Zweifel und
Umwälzungen daher folgende Fragen interessieren: Wer sind wir? Hätte
uns das Druidentum darauf eine Antwort geben können? Oder ist es
womöglich bereits zu spät, diese Antwort zu finden? Es liegt in den
Händen und in der Macht jedes einzelnen, mit seiner persönlichen Suche
ans Ziel zu gelangen und die Antwort selbst zu finden.
Der dies schrieb, der französische Gymnasiallehrer Jean Markale, gilt als
Spezialist auf dem Gebiet der keltischen Geschichte, Mythologie und
Kultur, ein Franzose, der sich mit seinen eigenen Wurzeln, der keltischgallischen Kultur, beschäftigt, welche vor der Expansion der griechischrömischen Stadtkultur weite Teile West- und Mitteleuropas beherrscht
hatte. 1984 erschien in Frankreich sein Buch "Le Druidisme - Traditions et
Dieux des Celts", wo er sich mit der keltischen Erkenntnisphilosophie
beschäftigt. Markale glaubte zu spüren, "daß hier die Wurzeln einer
wahrhaft abendländischen Tradition zu suchen sind, die dem Wesen der
europäischen Völker in besonderem Maße entsprechen." Gleichzeitig
bekennt er aber: "Das Druidentum ist heute tot. Es ist als Institution und
als Religion endgültig ausgestorben, da es außerhalb seines
soziokulturellen Rahmens nicht existieren kann. Und doch ist die Botschaft
der Druiden nicht vollkommen von der Erdoberfläche verschwunden. ..."
2 Botschaft
Die Botschaft der Druiden
"Wir werden versuchen, diese Botschaft, wie sie interpretiert, im
folgenden näher zu bestimmen: Markale sie interpretiert, im folgenden,
her zu bestimmen:
Die Druiden gingen davon aus, daß alle Dinge und Wesen Teil eines
universellen Ganzen sind, und daß das Universum zu einem
Gleichgewichtszustand tendiert. In ihrer Vorstellung unterschieden sie
zwischen der "höheren" Wirklichkeit (dem "göttlichen" Plan) und der
Alltagswelt, die für sie (durch ihre Vergänglichkeit) nur eine scheinbare
Realität darstellt. Der spirituelle Weg zur Überwindung der scheinbaren
Wirklichkeit, ..., ist nur dann möglich, wenn man das Dahinterliegende,
das Jenseitige objektiviert (für die Kelten war die Realität ja nicht über die
sinnliche Wahrnehmung erfahrbar und daher dem subjektiven
menschlichen Denken unzugänglich). Alles menschliche Tun ist auf ein Ziel
gerichtet ... Für die Kelten ist das angepeilte Ziel des Lebens die Autre
Monde, die "Andere Welt" (die Glückseligkeit und Unsterblichkeit
bedeutet)..
3 Andere Welt
Suche nach der "Anderen Welt"
Der Mensch lebt in einer im wahrsten Sinne des Wortes unvollkommenen,
das heißt un-vollendeten Welt: daher all die Erlebnisse von Schmerz,
Krankheit, Kummer, Gewalt und Bloßstellung, die die zögende Haltung des
Geistes angesichts des zu gehenden Weges repräsentieren. Die
Überwindung (der inneren Widerstände) ist der erste Schritt zur Befreiung
der Seele. Das
gelingt nicht ohne Kampf ... Und schließlich kommt es vor, daß man den
Eingang zur Autre Monde nicht erkennt; ... (er) ist nur dann zu erkennen,
wenn man wirklich mit dem inneren Auge sucht, denn nur dieses Suchen
zählt bei der Qu@te.
Der Mensch, der sich auf die "Suche" begibt, muß mit anderen Worten
durch sein Handeln alle Unvollkommenheiten der Welt beseitigen. Wenn
es ihm gelungen ist, alle "Ungeheuer", die diese Unvollkommenheit
repräsentieren, aus der Welt zu schaffen, ist vielleicht das Ziel erreicht.
4 Aktives Handeln
Aktives Handeln als oberstes Gesetz ...
Aus diesem Grund erhält nach der Lehre der Druiden jeder Mensch die
"Mission", aktiv zu handeln. Diese Haltung ist also nicht passiv, wie die der
östlichen Erleuchteten, die sich darauf beschränken, die maya, die Welt
als Illusion, abzulehnen und Verzicht und Abkehr als einzige Quelle von
Harmonie und Freude zu betrachten. Der Druide strebt vielmehr nach
Aktivität, nach
Handeln: Jeder Mensch hat eine bestimmte Rolle mit dem Ziel, die Welt zu
vollenden, und diese Vollendung kann nur durch den aktiven Beitrag des
einzelnen innerhalb des gemeinschaftlichen Handelns erreicht werden.
...Die Frage, ob die Druiden an die universelle Weltseele glaubten - wie
die Hindus - oder an die individuelle Einzelseele ... wird schon daraus
ersichtlich (und
entschieden), mit wieviel Genauigkeit in allen keltischen Geschichten das
individuelle Handeln, der persönliche Weg, die Verantwortlichkeit des
einzelnen und damit seine freie Entscheidung geschildert werden.
Daher läßt sich das druidische Denken nicht mit dem buddhistischen auf
einen Nenner bringen, sondern es handelt sich um zwei
parallele, aber vollkommen gegensätzliche Konzeptionen.
Handeln ist das oberste Gesetz, und das steht im Gegensatz zur
Philosophie des Ostens. Der keltische Held lebt in der Welt und wirkt auf
die Welt ein, da er danach strebt, die Welt zu verändern, um ihre Gestalt
dem göttlichen Plan immer mehr anzugleichen. ...
Daher sind die Druiden auch Richter, die die Anwendung der göttlichen
Gesetze überwachen. In ihrem Interesse liegt es, die Autre Monde nach
Möglichkeit im Diesseits zu verwirklichen, und dies ist vielleicht das
einzige Mittel, um dem Tod zu entgehen
5 Kosmisches Gleichgewicht
... und die Bewahrung des kosmischen Gleichgewichts
Die Druiden waren "Sehende". Sie waren des Glaubens, daß jeder einzelne
ebenfalls einen überdurchschnittlichen Grad an innerer Sicht erreichen
kann. Sie hatten Vertrauen in das Wesen des Menschen und behaupteten,
daß es für den Menschen nichts Unmögliches gibt, da die Macht des
Menschen ... unendlich groß ist, nur, daß er gelegentlich außerstande ist,
ihr Ausmaß
einzuschätzen, und nicht immer weiß, wie sie genutzt werden kann.
Da es (für die Druiden) keinen Unterschied zwischen dem sakralen und
dem profanen (Bereich) gibt (beide bilden im Denken und Handeln eine
Einheit, alles dient dem Ziel der Bewahrung des kosmischen
Gleichgewichts), ist der Mensch also heilig. Nur weil er das vergessen hat,
ist der Kosmos, die Welt, zur Beute der dunklen Mächte geworden. ...
Damit ist das Problem der Unvollkommenheit der Welt jedoch nicht gelöst.
Die sogenannten finsteren Mächte sind Projektionen der
Unentschlossenheit des Menschen. Wenn er mit höheren Wirklichkeiten
konfrontiert wird, weiß der Mensch oft nicht, wie er handeln, wie er
reagieren soll. Er nimmt nicht vollkommen am universalen, kosmischen
Handeln teil, und die Folge davon sind jene Unzulänglichkeiten,
Abweichungen, Sackgassen und das metaphysische - nicht aber das
moralische - Böse. Wenn alle Menschen in der Lage wären, bis zur letzten
Konsequenz von ihrem Denken und Wissen Gebrauch zu machen, dann
wäre das Gleichgewicht des Universums nie in Gefahr. Unter den
gegenwärtigen Umständen ist das menschliche Denken aber noch nicht
fähig, sich vollkommen zu verwirklichen. Das Druidentum zeigt dem
Menschen, auf welchem Weg er diese Stufe erreichen
kann.
Letztendlich ist das Wirkliche, die Realität, nur die Illusion einer Barriere,
die der Mensch aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit in seiner Einbildung
vor sich sieht. Es gibt aber keine Barriere, der Horizont existiert nicht.
... Die Kelten scheinen etwas begriffen zu haben: Obwohl sie jeden Begriff
von Sünde aus ihrem Denken verbannten, haben sie die Idee der
Verantwortung keineswegs verbannt. Da es weder Bestrafung noch Buße
in der Autre Monde gibt, hat jeder für seine Taten direkt einzustehen und
erfährt ihre Konsequenzen am eigenen Leibe.
Auch auf juristischer Ebene ist es nicht anders: Das Reglement der
Wiedergutmachung sieht keine Strafen vor, sondern nur einen
angemessenen Beitrag zur Wiederherstellung des Gleichgewichts in der
Gesellschaft - und damit im Kosmos -, wenn es durch irgendeine Tat aus
dem Lot gebracht worden sein sollte.
6 Schlußfolgerungen
Schlußfolgerungen: Die alten keltischen Tugenden
"Die keltische Sicht der Welt ist es wert, wiederentdeckt zu werden. Sie ist
ein Vermächtnis an alle Europäer späterer Jahrhunderte, sich auf ihre
spirituellen Wurzeln zu besinnen, und eine Aufforderung, das Wissen der
Druiden zu nutzen, um die anstehenden Probleme unserer Zeit zu
bewältigen. Das bevorstehende 21. Jahrhundert stellt die Menschheit vor
Entscheidungen, die von existentieller Bedeutung für das Überleben
kommender Generationen auf dieser Erde sind, Entscheidungen, die Mut
und Weitblick erfordern.
Eine Weltphilosophie, wie sie die Druiden gelehrt und von Generation zu
Generation an Eingeweihte weitergegeben haben, kann helfen, die
einseitige Hinwendung der westlichen Gesellschaft auf das materialistische
und rationalistische Denken zu überwinden, die das größte Hindernis
darstellt bei der Bewältigung der anstehenden Probleme.
Jeder Strukturwandel bedeutet, daß die Karten neu gemischt werden. Die
Angepassten von heute sind so u.U. die Verlierer von morgen. Nach wie
vor stehen einflußreiche Interessengruppen und institutionelle Hemmnisse
dem notwendigen Wandel entgegen. Gefragt sind jetzt mehr Mut zum
persönlichen Risiko, mehr soziales Engagement und die Bereitschaft, die
ausgetretenen Pfade zu verlassen, um neue Wege zu gehen, anstelle von
Besitzstandsdenken, passivem Konsumverhalten und Ablehnung von
sozialer Verantwortung und gemeinnützigem Engagement. Mit einem
Wort: die alten keltischen Tugenden.
Wer mehr darüber erfahren will, kann sich Anregungen bei Asterix, dem
Gallier, und seinem Freund Obelix holen ... oder sich gleich engagieren, ob
bei Greenpeace, Amnesty International oder sonst wo. Es gibt massenhaft
zu tun.
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