Gottesdienst als Entdeckungserise Predigt am 17. Juli 2011 in der Gedächtniskirche – (Predigt: Pfr. Carsten Schwarz) Teil1: Menschen sagen „Ich glaube nicht!“ Soviel ist eindeutig und klar! Eindeutig und klar ist auch, dass es in keinem Teil der Erde so viele Menschen gibt, die das sagen. Der Religionswissenschaftler Prof. Eberhard Tiefensee hat mal gesagt: „Wenn Westeuropa ein kirchliches Katastrophengebiet ist (das hatte wiederum jemand anders gesagt), dann ist Ostdeutschland das Epizentrum!“ Aber wie kommen Menschen eigentlich dazu, das zu sagen? Das ist nämlich gar nicht unbedingt so eindeutig und einheitlich. Wir haben versucht, den einen oder anderen Grund einmal in den Blick zu bekommen. Aber sehen und hören Sie selbst: Glauben Sie an Gott? – Bestimmt nicht! Warum nicht? – Wenn Sie das erlebt hätten, was ich in der Kindheit erlebt habe, dann würden Sie auch nicht glauben. Ich wurde zwar nicht sexuelle missbraucht. Aber mir hat schon gereicht, dass ich in die Kirche geprügelt wurde. Wenn ich als Kind allein an Gott gedacht habe, bin ich zusammengezuckt! Und noch heute, möchte ich mich am liebsten wegducken, wenn es um Gott geht! So was brauch ich echt nicht mehr! Man kann oft echt nur darüber erschrecken, was Menschen für schräge Bilder von Gott vermittelt wurden, die dann in ihren Köpfen und Herzen herumgeistern! Mit dem, was von Gott aus durch Jesus zu uns rüber kommt, hat das herzlich wenig zu tun. Aber sie sind ja da, diese Bilder. Und diese Erfahrungen! Und sie machen etwas mit den Menschen. Und deshalb absolut ernst zu nehmen! Mein Chef Hans-Georg Filker fragt manchmal Leute, wenn sie über den christlichen Glauben ins Gespräch gekommen sind: Was meinen Sie eigentlich glaube ich als Christ? Und dann fangen die Leute manchmal auch kräftig an zu erzählen. Und nicht selten sagt er dann: Wenn ich das glauben würde, was Sie glauben, dass ich glaube – das würde ich auch nicht glauben! Jemand hat mal gesagt: Ein Atheist ist einer, der sich ein Bild von Gott macht (bzw. es eingetrichtert bekommt) und es verneint! (was das Bild angeht meist auch zu Recht!) An der Stelle wird deutlich, was für eine Verantwortung wir als Christen haben in dem, was und wie wir von Gott reden und wie wir handeln! Darum wird es das nächste Mal gehen, wenn es heißt: Ich glaube nicht – ich seh die Kirche! Aber es kann auch sein, dass derjenige, den ich frage, ganz anders antwortet: Glauben Sie an Gott? Halten Sie mich für dumm? – natürlich nicht! Ich glaube nur an das, was man beweisen kann –und das kann man ja von Gott wohl nicht sagen! Die Naturwissenschaften sind doch eindeutig in dieser Sache: Alles Leben ist aus natürlichen Gesetzen hervorgegangen, die fort und fort wirken – daraus hat sich alles Leben entwickelt. Diese veraltete und dazu noch gefährliche, weil verdummende Krücke Gott braucht man heute nun wirklich nicht mehr – ja, man sollte sie echt endlich abschaffen! Es ist wohl eher so, dass nicht Gott den Menschen geschaffen hat, sondern der Mensch Gott! So ähnlich klingt der Standpunkt der sog. „neuen Atheisten“, oft sogar noch schärfer. Aber wer sich mit ihnen auseinandersetzt, merkt relativ schnell, dass die Grundlage ihrer Aussagen für ihr „Ich glaube nicht!“ selbst auch wieder ein Glaubensbekenntnis ist – und kein wissenschaftlicher Beweis. Ihr Glaubenssatz: Ich glaube, dass Leben sich ohne einen Schöpfer entwickelt hat. Man kann zwar nicht beweisen, dass es keinen Gott gibt, aber es ist sehr wahrscheinlich – und irgendwann wird die Wissenschaft das auch beweisen können. So in etwa bei Richard Dawkins in seinem Buch „Der Gotteswahn“ zu lesen. Richard Dawkins kämpft geradezu darum und will die Leute dazu bekehren (sagt er so), dass sie nicht glauben! Weil es ihm so ernst ist, dass der Glaube ein gefährlicher Unsinn ist! Andere Biologen glauben wie er, dass sich das Leben ohne Gott, sprich Schöpfer, aus sich selbst entwickelt hat – aber sie sind da etwas klarer und wie ich finde auch ehrlicher. Der Wissenschaftler Sir Arthur Keith: Die Selbstentwicklung der Welt und des Lebens ist unbewiesen und unbeweisbar. Wir glauben aber daran, weil die einzige Alternative dazu der Schöpfungsakt eines Gottes ist – und das ist undenkbar! Und Ernest Kahane, Biochemiker, sagt: Es ist absurd und absolut unsinnig zu glauben, dass eine lebendige Zelle von selbst entsteht, aber dennoch glaube ich es, denn ich kann es mir nicht anders vorstellen. Das sind ganz klar Glaubensbekenntnisse. Aber viele Wissenschaftler glauben auch etwas anderes. Vor einigen Jahren machte das Wissenschaftsmagazin „Nature“ eine Umfrage unter Biologen, Physikern, Mathematikern. Ergebnis: 40 % der Forscher glauben an einen persönlichen Gott … 100 Jahre vorher hatte man eine ähnliche Umfrage gemacht, da waren es ebenso viele. Und das jeweils aus gutem Grund. Der Glaube steht nämlich in keinem Widerspruch zur Naturwissenschaft. Werner Heisenberg, Atomphysiker, Nobelpreisträger sagt: Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott. Glaube und Naturwissenschaft widersprechen sich nicht - sie ergänzen einander, denn sie stellen ganz unterschiedliche Fragen. Die Naturwissenschaft fragt: Wie ist etwas entstanden? Der Glaube fragt: Warum ist etwas entstanden? Beide Fragen, die Wie-Fragen und die Warum-Fragen, sind wichtig, und man darf sie nicht gegeneinander ausspielen. Sie nähern sich dem Geheimnis des Lebens von zwei verschiedenen Seiten. Die Naturwissenschaft ist für die Warum-Fragen nicht kompetent, wie der Glaube nicht für die Wie-Fragen zuständig ist. Deshalb muss man an dieser Stelle auch genauso klar sagen: Wer die Schöpfungserzählungen auf den ersten Seiten der Bibel als naturwissenschaftliche Bericht im modernen Sinne liest, geht genau dem gleichen Fehler auf dem Leim wie die, die vollmundig erklären, es sei wissenschaftlich bewiesen, das Leben habe sich von selbst entwickelt. Die Bibel ist kein Naturwissenschaftliches Lehrbuch, sondern kleidet wichtige theologische Aussagen in die jeweiligen Erkenntnisse ihrer Zeit ein. Wie nah sie damit oft an dem dran ist, was wir durch die Naturwissenschaften wissen oder manchmal ja auch nur ahnen, ist schon faszinierend. Ein kleines Beispiel. Gleich am Anfang der Bibel wird die Schöpfung in sieben Tagen beschrieben. Auch wenn man die Tageseinteilung bei der Schöpfung an Anfang der Bibel nicht mit 24 Stunden gleichsetzt, sondern mit Schöpfungsabschnitten von Millionen oder Miilairden von Jahren, bekommt man beim 4. Tag Probleme: Da nimmt Gott Sonne, Mond und Sterne und setzt sie als Lichter zur Unterscheidung von Tag und Nacht. Die wurden vorher schon am 1. Tag gemacht …Da kommt man vielleicht als moderner Mensch schon ins Schmunzeln über so viel Dummheit. Allerdings völlig zu unrecht. Denn damals wurden in den Völkern um Israel herum Sonne, Mond und Sterne als Gottheiten angebetet. Israels Glaubensbekenntnis im 1. Buch Mose, Kapitel 1: Sie sind keine Götter, sondern mittendrin im Rahmen der anderen Schöpfung entstanden. Sie sind Teil der Natur! - Wie wir heute wissen: Wohl wahr! Ich weiß, das ist ein heißes Eisen. Aber absolut spannend. Aber wir sind noch nicht fertig mit unserer Interviewreihe. Deshalb frage ich erst mal noch weiter: Würden Sie sich eher als christlich oder als atheistisch einstufen? Hä, wie? Äh, weder noch – normal halt! Das ist tatsächlich eine Antwort, die nicht nur einmal bei Umfrage auf diese Frage auf dem Leipziger Hauptbahnhof kam. In einer anderen Erhebung wurden Jugendliche gefragt: Würdet Ihr in einer Gesellschaft ohne Kirche leben wollen? 43 % sagten: Ist mir egal! Man kann diese Leute nicht mal Atheisten nennen, denn dazu müssten sie sich ja mit Gott und Glauben auseinandersetzen. Sie sind wohl eher Untheisten. Areligiös. Null spirituelle Erfahrung und Gott ist unendlich weit entfernt von ihren Gedanken. Sie haben vergessen, dass sie Gott vergessen haben. Da ist nichts. Da fehlt nichts.Gott zu leugnen, kommt ihnen nicht mal in den Sinn. Der franz. Journalist und Schriftsteller, André Frossard früher selbst absolut areligiöser Untheist, beschreibt das für sich so: Größer als mein Skeptizismus und Atheismus war damals meine Gleichgültigkeit: Mich kümmerten ganz andere Dinge als ein Gott, den zu leugnen mir nicht einmal in den Sinn kam … Die letzten militanten Antiklerikalen, die in öffentlichen Versammlungen immer noch Tiraden gegen die Religion losließen, kamen uns damals eher rührend vor – wie etwa Historiker, die sich mit Scharfsinn bemühen, das Märchen vom Rotkäppchen zu widerlegen. So traurig ich es persönlich finde, wenn Gott jemandem nicht mal mehr in den Sinn kommt – Frossard ist hier zumindest an einer ganz entscheidenden Stelle: Gläubige und Ungläubige beschreiben sich oft gegenseitig als defizitär, als mies, als unglaublich (dumm). Atheisten bzw. Untheisten werden als Gottlose beschimpft, sittlich verroht, als Ignoranten belächelt oder sogar bekämpft. Gläubige werden andererseits als Spinner verlacht, ideologisch verblendet, als gefährliche Menschheitsverdummer bekämpft. Beweisen im wissenschaftlichen Sinn kann man beide Positionen nicht, so sehr beide, Gläubige und Ungläubige, aus ihrer Sicht überzeugende Gründe und auch glaubwürdige Hinweise für ihre Position haben – aber eben keine Beweise! Was sich hier begegnet sind zwei grundsätzliche mögliche Sichten auf die Wirklichkeit unseres Lebens - zwei Glaubensbekenntnisse, wie das Leben zu erklären und zu verstehen ist. Wohlbemerkt: Dabei ist es überhaupt nicht egal und unwichtig und folgenlos, ob das eine stimmt oder das andere. Es ist nicht egal, ob es Gott gibt oder nicht – ob es eine Instanz gibt, vor der wir uns Menschen zu verantworten haben – oder nicht, ob es so etwas wie Vergebung braucht und ein Leben nach dem Tod gibt – oder nicht. Denn auf meinen Standpunkt hin baue ich ja nicht nur meine persönliche Weltsicht und – erklärung auf, sondern auch meine Zukunft, die Erziehung meiner Kinder, das, was Bildung angeht und auch sonst gesellschaftliche Grundlagen - usw.. Und es kann auch nicht beides gleichermaßen wahr sein. Deshalb kann man schon ernsthaft miteinander darum ringen. Aber es ist auch alles andere als egal, wie wir miteinander umgehen, wenn wir über diese Fragen diskutieren. Sie merken: Das ist ein riesiges Thema, das Menschen, die glauben, und solche, die das nicht tun, gleichermaßen bewegt, z.T. ganz unaufgeregt bewegt, z.T. aber regelrecht aufwühlt! – vielleicht geht es Ihnen in den letzten Minuten selbst so … Bitte, wenn Sie da bedarf haben, melden Sie sich gerne nach dem Gottesdienst bei uns. Wir möchten im Herbst wieder mit einer Gesprächsreihe „Kirche für Neugierige“ beginnen, wo es genau um solche Fragen ausführlicher und nicht nur mit Referat, sondern auch im Gespräch gehen soll – Über NW und Glaube, über Gottesbilder und Erfahrungen, darüber, wie wir uns mit dem Glauben auseinandersetzen können, wenn wir da unsere Zugangsschwierigkeiten haben oder andere Probleme … Es lohnt sich, dem nachzugehen, tiefer zu gehen. Das würde heute Abend den Abend mächtig sprengen! Aber ich hoffe, an dieser Stelle ist eine Fährte gelegt: Es gibt verschiedene Gründe zu sagen Ich glaube oder eben Ich glaube nicht … … und ich weiß nicht, wo Sie persönlich in dieser Sache stehen … Lassen Sie uns heute Abend weiter schauen, warum Menschen durchaus auch sagen Ich glaube! Und lassen Sie uns schauen, wie Menschen dazu kommen, das sagen, obwohl sie vorher noch ganz klar gesagt haben: Ich glaube nicht! Nachdem wir noch einmal das Kenia Musikprojekt gehört haben, möchten wir Ihnen eine Geschichte aus dem Alten Testament erzählen. Es ist die Geschichte eines Mannes, der mit Gott, wie er uns in der Bibel begegnet, so ziemlich gar nichts anfangen kann. Sie können die Geschichte in ihrer Bibel im 2. Buch der Könige nachlesen, Kapitel 5, die Verse 1-17 – oder auch auf ihren Programmen. Was er von Gott mitbekommt, ist für ihn zunächst so was von weit weg, fremd, unverständlich – ja, einfach nur abzulehnen. Teil 2: Der Mann, von dem ich Ihnen jetzt erzählen möchte, heißt Naäman. Er lebte circa 800 Jahre vor Christi Geburt und war von Hause aus Aramäer (also aus der Gegend des heutigen Syrien). Er war General des Königs von Aram. Absolut erfolgreich. Absolut gefährlich – für die Gegner. Er hatte entscheidend dazu beigetragen, dass Aram auf dem Vormarsch zur Vorherrschaft in der Region war und ein Land nach dem anderen um sich herum eroberte. Israel eingeschlossen! Er hatte nur einen Makel. Er war an Aussatz erkrankt. Eine Hautkrankheit. Mehr oder weiniger ansteckend – nur wollte das keiner ausprobieren. Wer Aussatz hatte, durfte nach damaligem Gesetz nicht länger in der Gemeinschaft leben. So ein Hautausschlag, der hatte unweigerlich die Isolation zur Folge. Es sei denn, der Ausschlag war eindeutig wieder weg Bisher war das noch gut unter seinem Gewand verborgen. Aber das war nur noch eine Frage der Zeit. Die Krankheit erwischt ihn auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn gänzlich ungelegen. Naeman konnte alles kontrollieren: seine Soldaten, die Strategien im Kampf, den Feind. Er kontrollierte das Leben von Tausenden, aber nicht diesen kleinen Flecken auf seiner Haut, der sich immer mehr ausdehnt und allem Guten in seinem Leben ein Ende bereitet. Naeman wird erst isoliert werden – von der Familie, von Freunden und Kollegen. Er wird alles verlieren, was er hat. Er wird früher oder später einsam sterben. Aber da ist eine junge Frau –eine vom Leben tief enttäuschte junge Frau. Sklavin im Hause Naämans. Auf Naämans Kriegszügen entführt als Beute aus Israel. Und die spricht Frau Naäman an: Wenn mein Herr doch in Samaria wäre. Dann könnte er zum Propheten gehen. Der könnte ihn gesund machen. Frau Naäman erzählt es ihrem Mann. Aus der Sicht von Naäman natürlich eine völlig schwachsinnige Idee. Die Idee einer schwachen Frau mit einem für ihn völlig fremden und abwegigen Glauben! Aus verschiedenen Gründen völlig abwegig und unakzeptabel. 1. Der Prophet war der Mann des Gottes Israel. Und das Letzte, was er tun würde, war, bei diesem Gott Hilfe zu suchen! Dieser Gott hatte Israel nicht vor ihm und seinem Heer schützen können! Das liegt doch offensichtlich auf der Hand: Dieser Gott hat keine Macht! Er ist schwach, wenn es ihn überhaupt gibt! Deshalb ist es schwachsinnig, an ihn zu glauben, sich an ihn zu wenden, bei ihm Hilfe zu suchen. Er, Naäman, ist ein Siegertyp! Sein Glaube in knappen, modernen Worten: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! – Gott ist mit den Starken und Erfolgreichen! 2. Dieser Gott war der Gott seiner Feinde. Wenn er zu seinem Feinden kommt und fragt: Könnte mir Euer Gott bitte eben mal bei meinem Problem helfen? – Wie sähe das denn aus? Ein Gespött würde er aus sich und seinem Land und seiner Grundüberzeugung machen! Andererseits: Dieser Ausschlag ließ sich nicht mehr länger verbergen. Und unversucht wollte er auch nichts lassen. So ließ er sich von seinem König Empfehlungs- oder besser gesagt Befehlungsschreiben mitgeben, der König Israels solle dafür sorgen, dass sein Gott gefälligst dafür sorgt, dass er gesund wird. Jede Menge wertvolle Geschenke als Gegenleistung, als Bezahlung hatte er außerdem mit – schließlich wollte er nichts geschenkt! Wie befürchtet gab es wirklich jede Menge Komplikationen, weil das Ganze natürlich als eine einzige bösartige, abartige internationale Provokation gesehen wurde und alles wäre beinahe gescheitert, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte. Aber schließlich kommt Naäman doch noch zu Elisa, dem Propheten. Mit großem Gefolge landet er vor dem Haus des Propheten. Und Elisa schickt seinen Knecht, einen Boten, zu Naäman (!!!) Das kann nicht wahr sein, oder?!?! Die Botschaft: Geh hin und wasche dich siebenmal im Jordan, so wird deine Haut wieder gesund. (Punkt) Das haut dem Fass den Boden aus! Naäman ist schier am Platzen! Er hätte ja jede große Show mitgemacht: gewaltige Gebete, jeden Hokuspokus. Er hätte auch alles gegeben, viel Geld und Beifall. Aber in diesen lächerlichen Fluss steigen, auf das Wort eines Lehrlings? – Nein, er wird vielleicht sterben, aber er wird seinen Stolz nicht verlieren. Er wusste ja gleich, dass das alles Quatsch war! Ich hätte wenigstens erwartet, dass der Prophet selbst zu mir herauskommt und mit mir redet. Dass er zu mir kommt, den Namen seines Gottes anruft, seine Hand auf mich legt, die andere Hand zum Heiligtum aufhebt und mich so von meinem Aussatz befreit! Sind nicht alle Flüsse, die wir in und um Damaskus haben, besser, klarer, schöner als dieses braune Geplärre von Jordan, dass ich mich nicht auch da waschen könnte!!! Völlig wütend und enttäuscht macht er auf dem Absatz kehrt, will nur noch nach Hause. Wenn da nicht mutige Untergebene gewesen wären: „Naäman, hätte er etwas Großes von Dir verlangt, du hättest es doch ohne Zögern alles getan. Nun will er etwas Kleines von dir. Was hindert dich, es zu tun?“ Und so zieht Naäman zum Jordan. Taucht siebenmal unter. Und wird gesund. Und er ist nicht nur gesund, sondern beeindruckt – und mächtig froh. Er kehrt um zum Propheten. Und diesmal spricht er mit ihm persönlich. Siehe, nun weiß ich, dass es keinen Gott gibt in allen Landen, außer in Israel. Nimm von mir diese Segensgabe von mir. – Nein, sagt Elisa, so wahr Gott lebt und jetzt hier bei uns ist, das werde ich nicht tun. Für das, was Gott an dir getan hat, werde ich keine Bezahlung nehmen. Auch keine Geschenke für mich. Das ist eine Sache zwischen Gott und Dir! Jetzt ist Naäman nicht nur beeindruckt, sondern platt. Eine Sache zwischen mir und Gott … ohne Gegenleistung?!? Ich könnte doch auch deinem Knecht, der mit die Botschaft überbracht hat, das Geld geben, wenn du es nicht willst … - Nein, das, was geschehen ist, kannst du nicht bezahlen – brauchst du nicht bezahlen – es ist eine Sache zwischen dir und Gott … ein Geschenk von Gott an dich! Mach was drauß! Wenn das so ist, dann will ich in Zukunft keinen andern Göttern mehr dienen, sondern allein dem Herrn … Denn wer ist diesem Gott gleich?! Wer ist mir je begegnet, wie er mir begegnet ist? - Ja, damit bist du auf der richtigen Spur! Ziehe hin mit Frieden! Teil 3: So ein Thema Ich glaube nicht! in einem Gottesdienst weckt ja gewisse Erwartungen – zumal in einem Gottesdienst als Entdeckungsreise, wo wir dazu einladen, Gott für sich zu entdecken! Wie aber kann der Glaube an Gott, der Glaube an Jesus für jemanden interessant oder sogar relevant werden, der eigentlich und vielleicht erklärtermaßen sagt: Ich glaube nicht!? - wo doch die Standpunkte und Erfahrungswelten wie vorhin beschrieben so weit voneinander entfernt sind! So viel kann ich Ihnen sagen: Ein Schlagabtausch von Argumenten wird das in aller Regel nicht bewirken! Ich bin sicher, die unter Ihnen, die ihre Probleme mit dem Glauben haben, werden mir zustimmen: Wenn mir irgendwelche überfrommen Eiferer oder vielleicht sogar aus meiner Sicht religiösen Spinner den Glauben einreden wollen, dann weiß ich, was ich davon zu halten habe. Alexander Garth ist Pfarrer hier in Berlin und er hat in Hellersdorf eine Gemeinde, eine Kirche für Junge Leute gegründet. Dabei hat er sehr viel mit Menschen zu tun bekommen, denen es genau so geht: Gott? Null Peilung! Keine Erfahrung! Und ist mir eigentlich wirklich ziemlich egal! Seit über 10 Jahren macht er jetzt die Erfahrung, dass die Hälfte der Mitglieder seiner Gemeinde aus eben diesem nicht religiösen atheistischen bzw. untheistischen Hintergrund herkommen und dennoch den christlichen Glauben für sich entdecken. – Wie geht das? Das geht doch eigentlich gar nicht! Denn das sind wirklich Leute, die sich vor ein paar Jahren nie hätten vorstellen können, je zu einer Kirchengemeinde zu gehören, sich da einzubringen und zu glauben! Alexander Garth sagt auch: Das ist nicht ohne! Da ist tatsächlich etwas passiert, ein Paradigmenwechsel nämlich … … ein Para-was, bitte schön? Ein Paradigmenwechsel. Ein Beispiel: In der U-Bahn währen der Hauptverkehrszeit. Ein Vater mit seinen beiden Kindern. Sie schreien und toben herum, zerren den Mitreisenden echt mächtig an den Nerven. Der Vater starrt nur vor sich hin, als ginge ihn das alles nichts an. Irgendwann wird es einem der Mitfahrer zu dumm. Können Sie Ihre Jungs nicht etwas im Zaum halten, Sie sehen doch, dass alle anderen sich wirklich gestört fühlen! – Entschuldigen Sie, sagt der Vater, wir kommen gerade aus dem Krankenhaus. Die Beiden haben heute ihre Mutter verloren. Schlagartig ändert sich die Atmosphäre. Das ganze Abteil ist auf einmal mit Mitgefühl und Verständnis erfüllt. Niemand ist mehr genervt oder sauer. Sie merken ein Paradigmenwechsel, das ist eine entscheidende Veränderung des Blickwinkels auf die Wirklichkeit, die alles Bisherige verändert. Und er erzählt, dass er Ähnliches immer wieder bei Menschen erlebt, die den Glauben an Gott und Jesus für sich entdecken. Und so unterschiedlich und einzigartig jede der Geschichten dieser Menschen ist, so spielen doch bestimmte Dinge immer wieder eine Rolle, die sie erleben. 1. Da ist z.B. die Begegnung mit lebendiger Spiritualität, mit lebendig gelebtem Glauben. Susanne z.B. besucht sonst nie, wirklich einen Gottesdienst. Diesen Sonntag tut sie es. Eine Studienfreundin hat sie eingeladen mitzukommen. Schaden kann es ja nicht.Sagt sie sich. Als sie die Kirche betritt, überrascht sie einiges. Zunächst ist die Kirche gut gefüllt mit jungen Leuten – sie hätte eher gedacht, Kirche ist was für alte Menschen. Auch der Raum erstaunt sie: Freundlich, zeitgemäß, im Foyer sogar eine Café-Bar, Hocker, Ledersofas. Als der GD beginnt keine schwermütige Orgelmusik, sondern frische mitreißende Musik von einer Band, Stil Rock-Pop, ein Lied über Gottes Liebe Ein bisschen amerikanisch vielleicht, denkt sie. Richtig überrascht ist sie allerdings durch etwas , was dann passiert: Während die Leute Gott mit der Musik loben, spürt Susanne, wie sie in ihrem Herzen berührt ist. Sanft, zärtlich, wohltuend. Sie weint den ganzen GD über. Warum, weiß sie gar nicht. Aber es ist ihr peinlich, Irgendetwas in ihrem Innern ist ins Schwingen gekommen. Nach dem GD ist sie ziemlich verwirrt. Als ihre Freundin sie fragt, ob sie Sonntag wieder mitkommt, will sie zuerst nicht. Was, wenn sie wieder weinen muss. Aber sie geht schließlich mit. Und wieder muss sie den ganzen GD über weinen. Das Ganze hat nichts Bedrohliches, auch wenn´s komisch ist. Fast jeden Sonntag sitzt sie mit Tränen in den Augen in der Kirche. Was ihr Herz berührt, tut ihr gut. Sie besorgt sich eine Bibel in einer verständlichen Übersetzung, redet mit Leuten aus der Gemeinde und versucht herauszufinden, was mit ihr geschieht und was hier anders ist. Jemand versucht ihr zu erklären: Das ist Gottes Geist. Es ist wie Gottes Finger, der an die Tür deines Herzens klopft. Das tut er, um dir zu zeigen, dass er gerne mit dir leben will! Er wirbt um dich! Sie liest Bücher über den Glauben und besucht schließlich einen Glaubenskurs in der Gemeinde. Als es um den HG geht, erzählt sie, wie sie das Anklopfen Gottes selber erlebt hat. Am Ende des Seminars lässt sie sich taufen. – Eine völlig arreligiöse junge Frau entdeckt, dass man sehr wohl vom Ich glaube nicht zum Ich glaube finden kann. Das ist tatsächlich etwas, das passiert immer wieder: Durch den Kontakt zu einem Christen erleben völlig unreligiöse Menschen Gemeinschaft, die von Gott berührt, erfüllt und bestimmt ist – in Gottesdiensten, auf Freizeiten, bei Treffen zuhause im Wohnzimmer – und das ist etwas, das sie berührt und weiterfragen lässt. Das ist der Auftakt für Weiteres – für einen Weg, auf dem sie dann auch Weiteres erfahren, erleben. Es ist vielleicht ähnlich wie Naäman. Da ist diese junge Frau, diese Sklavin, die eigentlich als Entführte, Feindin fast froh sein müsste, dass es Naäman jetzt doch endlich auch mal erwischt hat. Aber statt dessen ist sie besorgt, nimmt Anteil – hat eine Erfahrung aus ihrer Heimat, ihrem Glauben, teilt das, hat eine Idee – spricht die Idee aus und eine Art Einladung. Und Naäman, so verrückt und kompliziert die Sache ist, wagt es macht sich auf ins „Feindesland“, wo so vieles so fremd ist und bisher nur bekämpfen war. 2. Was auch immer wieder passiert, wenn areligiöse Menschen den Glauben für sich entdecken, erzählt Alexander Garth, ist, dass sie eine Art Zuwendung Gottes erleben – eine Hilfe – etwas, das einen Eindruck hinterlässt. Manchmal etwas sehr eigenartig, manchmal eher ganz alltäglich. Am Ende einer Veranstaltung stand einmal ein älterer Mann vor ihm. Das war noch in Sonneburg, wo er vorher Pfarrer war. Um die 70, klein, feingliedrig, randlose Brille – offensichtlich ein Intellektueller. Dr. Gerhard Jackisch ist mein Name. Ich bin hier, weil Gott durch den Heiligen Antonius zu gesprochen hat, dass es Gott gibt und dass ich ihn bei Jesus Christus finden werde. Na klasse, da ist ja einer religiös mächtig durchgeknallt, war sein erster Gedanke. Aber weit gefehlt. Der Doktor der Physik war zur zeit der DDR Leiter der Sternwarte in Sonneberg und Dozent für Marxismus-Leninismus an der Bezirksparteischule dort. Dort lehrte er den wissenschaftlichen Atheismus. Als Wissenschaftler wusste er sehr wohl, dass sein Weltbild auf Axiomen beruht. Ein Axiom ist ein Satz, der beweislos vorausgesetzt wird. Ein Axiom ist also durchaus zu hinterfragen. Je länger, je mehr fand er den Atheismus unbefriedigend als Lebensphilosophie. Und als er in einer Kirche war, saß er unter der Figur des Heiligen Antonius von Padua und wie auch immer: Er hörte die Worte: Gerhard, es gibt Gott, du findest ihn in Jesus Christus. Daraufhin hatte er sich zuhause in Sonneberg nach Angeboten der Kirche erkundigt, hatte von diesem Glaubenskurs gehört und ging hin – erst als Teilnehmer, später als Mitarbeiter. Das war das einzige Mal, dass ihm so etwas passierte, aber es war ein Paradigmenwechsel für ihn – der Beginn, anders als bisher auf die Wirklichkeit des Lebens zu schauen, als er es bisher tat. Und das wiederum öffnete neue Perspektiven und Erfahrungen. Aber es geht auch viel normaler. Bei Christian z.B.. Er hatte es nicht gerade einfach. Kind mitten im ostdeutschen Atheismus. Gott Null Peilung, keine Ahnung und keine Erfahrung. Kein Thema. Egal. Er war noch Teenager, als seine Mutter ihn rausschmiss. Da blieb als erste Zuflucht das Obdachlosenheim. Dann bekam er Kontakt zur Arche (sie kennen vielleicht auch diese recht bekannte christliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus sozial sehr schwierigen Verhältnissen), wird dort zum GD eingeladen. Er ist ein ziemlich praktisch denkender Mensch: Wenn er an Gott glauben soll, dann muss ihm das schon was bringen. Er ist Fan der Kelly Family. Aus der Zeitung weiß er, dass Joey beim Berlin Marathon mitläuft. Okay, Gott, wenn es dich gibt, dann lass mich Joey beim Marathon treffen. Er selbst läuft auch mit. Mit 25000 Läufern. Und einer der Ersten, den er trifft, ist Joey. Sie kommen ins Gespräch. Laufen ein paar Kilometer zusammen. Er ist überglücklich! Das ist allerdings nur der Anfang, was den Glauben angeht. Durch den Glauben wächst er in die Gemeinde hinein. In ihm wächst die Überzeugung, dass er ein wertvoller, geliebter Mensch ist, mit dem Gott etwas anfangen will und kann in dieser Welt. Wie, weiß er zunächst nicht recht. Es ist für ihn jedenfalls eine völlig neue Erfahrung, wertvoll und geliebt zu sein – bisher wurde ihm was anderes vermittelt. Im Laufe der Zeit findet Christian viele neue Herausforderungen: Mit Kindern arbeiten, Familienfreizeiten mitgestalten, babysitten, fotographieren, beten mit anderen. Und er bekommt ein Ziel: Seinen Realschulabschluss machen und dann Erzieher werden – sein Traumberuf. Und jetzt kann man gerade sehen, wie zwei Träume wahr werden: der von Gott, der Christian kräftig gebrauchen möchte, und der von Christian, der jetzt eine Ahnung davon bekommt, wie das aussehen kann. Ich selbst kenne auch eine Reihe von Menschen, die einen Anstoß bekommen haben oder ein Gebet gewagt haben, Hilfe erfahren und dann weitergefragt haben. Vielleicht ist auch das ähnlich wie bei Naäman: Die Heilung selbst war schon ganz schön beeindruckend – und befreiend. Aber sie hat er – wenn – als Dienstleistung, erwartet, für die er bereit war zu bezahlen – möglichst mit guter Show (und die war eher sehr enttäuschend, wie wir gehört haben). Was bei ihm letzten Endes wirklich alles auf den Kopf gestellt hat, war eher etwas anderes. Denn als er die Heilung erlebt hatte und der Prophet auch keine Geschenke, sprich Bezahlung wollte, da ist sein bisheriges Weltbild und Glaubensbekenntnis gekippt: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Gott ist mit den Starken! Dieser Gott hatte ihn angesehen, ja, helfend rettend angesehen, als er schwach war! – am Ende seiner Karriere, seiner Zukunft angekommen, wenn das mit dem Ausschlag weitergegangen wäre. Aber er hatte ihn angesehen nicht nur, als er schwach war, sondern obwohl er sein Feind war – obwohl er das Volk dieses Gottes überfallen, unterworfen und geplündert hatte, über den Gott dieses Volkes, der es nicht retten konnte, gespottet, hatte er! Und dennoch diese Zuwendung, dieses Angesehen werden! - und ohne Gegenleistung seinerseits! Es ging nicht um seine Geschenke und Reichtum, nicht um seine Macht und Befehlsgewalt es ging wirklich um ihn und sein Heil als Person! Das war schon das, was ihn bei der Sklavin nachdenklich gemacht hatte! Alles lief ganz anders, als er es gedacht und erwartet hätte! Sein Weltbild wurde auf den Kopf, sein Blick auf die Wirklichkeit seines Lebens war im wahrsten Sinne des Wortes „ver-rückt“. Diesen Gott wollte er genauer kennenlernen, mehr von ihm, mit ihm erleben! Dieser Eindruck sollte künftig sein Leben prägen. 3. Etwas Drittes erzählt Alexander Garth, was völlig untheistische Leute immer wieder ins Nachdenken und immer wieder auch zum Glauben bringt: Die Frage nach dem Sinn des Lebens. Was soll das mit dem Leben, mit meinem Leben? Wer bin ich? Wozu bin ich auf dieser Welt? Wohin führt das Ganze eigentlich? Hat das alles ein Ziel oder bin ich letztlich ein austauschbares Rädchen im Getriebe unendlichen Universum, ein vorübergehendes Kettenglied einer Entwicklung vom Nichts ins Nichts? Ein genetischer Zufalls-Shake – ein Treffer oder vielleicht gar eher eine Niete der Entwicklung innerhalb der Evolution?! Bin ich gewollt, geliebt, geleitet? Von Wo, von wem, wohin? Und er erzählt von Leo. Leo studiert seit einem halben Jahr Medizin. Eine Freundin lädt ihn zu einer WG-Einweihungs-Party ein. Leo kommt mit Tina ins Gespräch. Sie reden über Gott und die Welt. Und Leo ist überrascht: So eine junge, hübsche Frau, die von Gott schwärmt. Und dumm scheint sie auch nicht zu sein. Leo ist interessiert. An Tina. Religion war nie sein Thema. Mutter, Ärztin aus Ostdeutschland. In ihrer „wissenschaftlichen“ Sicht ist dafür kein Platz. Überzeugter Atheist ist Leo allerdings auch nicht. Es ist ihm … eher egal. Weit weg. Als Abiturient kommt ihm erstmals eine Frage hoch: Wozu lebe ich eigentlich? Wenn er seine Mutter schockieren will, sagt er: Nur in die Welt gepresst zu werden, um am Ende zu sterben – wo ist da der Sinn – da kann man sich doch gleich das Leben nehmen? Eigentlich will er mit dem Spruch wirklich nur seine Mutter schocken, aber die Frage arbeitet in ihm weiter. Und an der Stelle zurück zur Party – und zu Tina. Endlich mal jemand, mit dem man vernünftig über so was reden kann! denkt er. Und nicht nur das. Er würde ihr durchaus gerne näher kommen. Sie lädt ihn zum Gottesdienst ein. Klar, er geht hin. Die Predigten sprechen ihn an. Er bekommt Antworten auf manche Fragen. Die Musik gefällt ihn. Die Leute sind in Ordnung und in ihrem Glauben alles andere als lebensfremd. Er geht öfter hin, beginnt selber zu beten. Mit der Zeit sehr konkret und immer wieder: Gott, ich will dich kennen lernen! Dass er eigentlich in die Gemeinde kam, um Tina kennen zu lernen, tritt immer mehr in den Hintergrund. Wann Leo anfängt zu glauben, kann er gar nicht genau sagen. Das ist ein längerer Prozess. Aber er lässt sich taufen, weil er merkt: er gehört dazu. Zu Gott, in die Gemeinde. Weil er merkt: Der Glaube tut ihm gut. Aber das ist mehr als ein wohltuender Gedanke. Glaube ist eine Lebens- und Liebesbeziehung zu Gott. Und Gott wird in Jesus für ihn konkret. An Jesus sieht er, was Gott tut, was er will, wie er zu ihm steht. Und wenn er sich danach richtet, dann wirkt sich das aus auf sein Leben – auf sein Denken, sein Reden, sein Handeln. Wenn man ihn heute fragt, warum er Christ wurde, sagt er mit einem breiten Grinsen. Aus zwei Gründen: Ich wollte eine Frau kennenlernen und ich wollte den Sinn des Lebens finden. Die Leere und Sinnlosigkeit des Lebens waren der springende Punkt. Das hat mich mächtig runtergezogen – und wer weiß: Vielleicht wäre das mit dem „Dann kann man sich ja gleich das Leben nehmen“ irgendwann mehr nur ein Spruch mehr gewesen, um meine Mutter zu schocken. Leo beginnt, sich in der Kirche zu engagieren. Und er weiß jetzt, wozu er Arzt werden will. Er spürt eine Berufung zu helfen – und diese Berufung ist nicht nur von dieser Welt. Er spürt: Gott möchte ihn gebrauchen und für Menschen zum Segen machen. Lassen Sie uns an dieser Stelle noch mal schauen, wo wir hergekommen sind und wo wir stehen. Wir haben die Frage gestellt: Was bewegt Menschen dazu, sich mit Gott und Glauben auseinanderzusetzen, obwohl sie eigentlich mal gesagt haben: Ich glaube nicht! Bei dem, was wir bisher gehört haben, war es, wie anfangs vermutet, nicht die Aneinanderreihung von stimmigen Argumenten – so wichtig an vielen Stellen gute Gespräche und gute Gründe auch waren. Sondern immer wieder war es dieser Paradigmenwechsel – der Blick auf die Wirklichkeit hatte sich verändert. Und das hat Leben geprägt und verändert. Offensichtlich gibt es da etwas, was ich bisher nicht kennengelernt hatte. Und wenn dem so ist, dann ist jetzt die Frage: Was ist es denn, was diesen Menschen hilft, von A nach B zu kommen – vom Ich glaube nicht zum Ich glaube? Bei Naäman war es diese Einladung seiner Sklavin – und die Ermutigungen der anderen Knechte auf dem Weg dranzubleiben – und er hat es gewagt, obwohl das alles sehr schwierig, ja zwischendurch unsinnig und aussichtslos schien, Schritte in dieses unbekannte Land des Glaubens zu gehen. Das, was er da erfahren hat, das hat sein Leben, sein Weltbild, seinen Glauben verändert. Ähnlich war es bei den Leuten, von denen die Rede war: Sie hatten eine Situation, einen Kontakt, ein Erlebnis – und haben es gewagt weiterzusuchen, weiterzufragen, weiterzugehen – und haben Erfahrungen gemacht, die ihr Leben, ihr Weltbild, ihren Glauben verändert hat. Sie haben Gott erfahren. Bei Jesus selbst ist es eigentlich immer wieder genauso gelaufen: Er ist Menschen begegnet, hat sie zum Leben mit Gott eingeladen. Sie hatten ein Gespräch, eine Begegnung, ein Erlebnis mit Jesus – und in dieser erlebten Gemeinschaft mit Jesus und seinen Jüngern sind sie in sehr unterschiedlicher Weise Gott begegnet, in der Begegnung mit Jesus haben sie für sich Gottes Zuwendung erfahren – und sie haben sich auf das Wagnis eingelassen, das darin steckte, wenn Jesus sagt: Komm, folge mir nach. Bau dein Leben auf das, was ich dir sage und tue! Komm und sieh. Probier es aus! Und sie haben dabei erfahren: Ich bin gewollt, geliebt – ich werde gebraucht – ich habe mit Gott und bei Gott ein Ziel, im Leben und über das Leben hinaus. Mein Leben hat und macht Sinn! Und Jesus hat das bis zum Ende durchgehalten: Er hat die Leute nie tot argumentiert, bis sie nichts mehr entgegenzusetzen hatten, sondern immer wieder gesagt: Komm, folge mir nach! Komm und sieh! Wage es und vertrau dich mir an! Bis zum Schluss am Kreuz sind Jesu Arme ganz weit auf für die, die am Ende sind, die nicht mehr weiter wissen. Bis zum Schluss sind die Arme offen – für die bisher Gleichgültigen, sogar für die, die ihn bisher beschimpft und bekämpft haben. Und er betet für sie: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! Noch am Kreuz, bis zum Schluss! Und bis heute sind diese Arme offen: Komm und sieh! Ich möchte dir Dinge geben und sie Dich erfahren lassen, von denen du bisher gar nicht wusstest, dass sie möglich sind! Bis heute geht es nicht um einen ideologischen Kampf der Weltanschauungen, sondern darum, das Menschen Gott in ihrem Leben anfangen zu erfahren. Dass Menschen, die in ihrer Aussichtslosigkeit feststecken, ins Leben zurück finden. Dass sie in Not, Krisen und Leid gehalten, getröstet, getragen werden, dass sie vielleicht sogar da herausgerissen werden, raus aus Zukunftsangst und Minderwertigkeitskomplexen. Bis heute geht es darum, dass Menschen aus Schuld und Irrwegen herausfinden, die sie und andere kaputt machen. Da geht es um geheilte Ehen und Beziehungen, darum, dass Leben zerstörende Süchte und Bindungen überwunden werden, um tapferes Anpacken von Problemen, wo früher nur geflohen und verdrängt wurde. Es geht darum, dass Menschen ihr Leben in Ordnung bringen und aufhören zu lügen, zu stehlen, zu betrügen. Es geht um einen erfahrbaren Paradigmenwechsel. Deshalb können und dürfen wir hier heute nicht mehr, aber auch nicht weniger tun, als mit Worten und mit Musik einladen und ermutigen: Komm und sieh! Vertrau dich mir an, folge mir nach! Es ist ein Wagnis, aber dieses Wagnis des Vertrauens lohnt sich!